Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (10. Zivilsenat) - 10 W 18/13 (Abl), 10 W 18/13

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 30. Januar 2013 abgeändert und das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die Vorsitzende Richterin am Landgericht ... vom 25. Januar 2013 für begründet erklärt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 80.000,-€ festgesetzt.

Gründe

I.

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Der Kläger wendet sich gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs, das er gegen die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...       angebracht hat, nachdem diese einen von ihm gestellten Antrag auf Verlegung eines Termins zur Fortsetzung der Beweisaufnahme und zur mündlichen Verhandlung zurückgewiesen hat.

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In dem vor der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle unter Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am Landgericht ... geführten Ausgangsverfahren nimmt der Kläger mit seiner am 31. März 2008 eingereichten Klage die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Diesen Anspruch stützt er darauf, dass er infolge ärztlicher Fehlbehandlung im Verlaufe seiner Geburt eine rechtsseitige Armplexusparese in Form einer Erb’schen Lähmung erlitten habe. Die Beklagten haben unter anderem die Fehlerhaftigkeit der medizinischen Begleitung des Geburtsvorgangs bestritten.

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Das Landgericht hat zunächst über den Verlauf der Geburt durch die Vernehmung zweier Zeugen Beweis erhoben und sodann durch am 17. Februar 2010 verkündeten Beschluss (Bl. 82 ff GA II) die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den die Beachtung der geburtshilflichen Regeln betreffenden streitigen Behauptungen der Parteien angeordnet. Nachdem die Parteien zu dem unter dem 30. Dezember 2011 erstellten Gutachten des beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. med. T.   bis zum 26. März 2012 Stellung genommen und die Beklagten zu 1. und 2. die mündliche Anhörung des Sachverständigen beantragt hatten, hat die Vorsitzende durch Verfügung vom 17. Oktober 2012 (Bl. 109 GA III) Termin zur Erläuterung des Gutachtens und zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 7. Februar 2013 bestimmt und das Erscheinen des Sachverständigen angeordnet. Durch Schriftsatz vom 22. November 2012 haben die Beklagten zu 1. und 2. die Verlegung des auf den 7. Februar 2013 anberaumten Termins beantragt, weil ihr Prozessbevollmächtigter am Terminstag einen bereits zuvor festgesetzten Termin vor dem Oberlandesgericht Celle wahrzunehmen hatte. Durch Verfügung vom 21. Dezember 2012 (Bl. 125 GA III) hat die Vorsitzende nach Anhörung der übrigen Parteien, auf die der Bevollmächtigte des Klägers mit ausdrücklichem Einverständnis mit der Terminsverlegung reagiert hat, den Termin vom 7. Februar 2013 aufgehoben und neuen Termin auf den 21. März 2013 bestimmt.

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Unter dem 3. Januar 2013, eingegangen am 7. Januar 2013 (Bl. 134 GA III) hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die ihm an diesem Tage zugestellte Terminsladung die Verlegung des auf den 21. März 2013 bestimmten Termins beantragt und die vorherige Abstimmung des neu zu bestimmenden Termins angeregt, weil er sich vom 12. bis zum 25. März 2013 in einem bereits gebuchten Urlaub befinden werde. Durch Beschluss vom 18. Januar 2013 (Bl. 135 GA III) hat die Vorsitzende Richterin am Landgericht ... den Terminsverlegungsantrag des Klägers zurückgewiesen, weil hierfür Gründe nach § 227 Abs. 1 ZPO nicht ersichtlich seien, und zur Begründung sinngemäß weiter ausgeführt, die erneute Verlegung des Termins werde angesichts der Terminslage der Kammer und des anzuhörenden Gutachters zu einer beträchtlichen und bei einem seit 2008 rechtshängigen Verfahren nicht hinnehmbaren Verzögerung führen. Deswegen und vor dem Hintergrund der noch verbleibenden Zeit zur Vorbereitung müsse sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die Möglichkeit, einen Vertreter zum Termin zu entsenden, verweisen lassen.

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Diese Ablehnung der beantragten Terminsverlegung hat der Kläger zum Anlass genommen, die Vorsitzende Richterin am Landgericht ...       wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die urlaubsbedingte Verhinderung eines Prozessbevollmächtigten stelle einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO dar. Die Verlegung könne nicht mit der Begründung verweigert werden, dass der verhinderte Prozessbevollmächtigte sich vertreten lassen könne, weil die betroffene Partei regelmäßig erwarten dürfe, im Termin von demjenigen Anwalt vertreten zu werden, der das Mandat sachlich bearbeitet habe. Daneben begründe die im Verhältnis zu dem vorangegangenen Terminsverlegungsantrag der Beklagten zu 1. und 2., der mit der Verhinderung ihres Prozessbevollmächtigten auf eine zum Antrag des Klägers identische Begründung gestützt gewesen sei, ungleiche Entscheidung der abgelehnten Richterin die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Kläger.

6

Die abgelehnte Richterin hat in ihrer dienstlichen Äußerung unter Vertiefung der bereits in der Ablehnung der Terminsverlegung ausgeführten Begründung darauf hingewiesen, dass bei einer Terminsabsprache mit dem Büro des Sachverständigen deutlich geworden sei, dass eine erneute Terminsverschiebung erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung zu realisieren sei. Auch vor der Kammer sei ein verlegter Termin erst im Frühsommer 2013 möglich.

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Durch Beschluss vom 30. Januar 2013 hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen und zugleich den Termin zur Beweisaufnahme mit anschließender mündlicher Verhandlung vom 21. März 2013 aufgehoben. Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass den Mitwirkungserfordernissen der Parteien im Zivilprozess mit Rücksicht auf den grundgesetzlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör eine besondere Bedeutung zukomme, könne die ermessensfehlerhafte Ablehnung eines Terminsverlegungsantrages im Einzelfall einen Ablehnungsgrund darstellen. Es sei jedoch nicht ermessensfehlerhaft gewesen, dass die abgelehnte Richterin die bisherige Verfahrensdauer, die Existenz einer unmittelbar vorangegangenen Terminsverlegung und die vom Sachverständigen für den Fall einer weiteren Verschiebung angekündigten erheblichen Verzögerung gegen die urlaubsbedingte Abwesenheit des Klägervertreters abgewogen und ihr unter besonderer Berücksichtigung der Förderungsbedürftigkeit des Verfahrens übergeordnet habe.

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Gegen diesen ihm am 13. Februar 2013 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 20. Februar 2013 beim Landgericht Halle angebrachten Schriftsatz sofortige Beschwerde erhoben, mit der er die Stattgabe des Ablehnungsgesuches weiterhin verfolgt. Unter Vertiefung seines bereits zum Ablehnungsantrag angebrachten Vorbringens führt der Kläger aus, dass die Zurückweisung seines Terminsverlegungsantrages in einer Weise ermessensfehlerhaft sei, die die Besorgnis der Befangenheit begründe. Ein erheblicher Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO habe vorgelegen, denn die urlaubsbedingte Abwesenheit des mit dem Rechtsstreit bereits befassten Prozessbevollmächtigten rechtfertige die Verlegung eines Termins. Weder könne dem Prozessbevollmächtigten angesonnen werden, den Urlaub zu verschieben oder zu unterbrechen, noch könne er, auch wenn er Mitglied einer Sozietät sei, darauf verwiesen werden, einen Vertreter zu entsenden. Eine solche Vorgehensweise laufe zumindest in komplexen Rechtsstreitigkeiten den berechtigten Erwartungen der Partei zuwider. Die von der abgelehnten Richterin für vorrangig erachteten Belange seien nicht geeignet, die Zurückweisung des Terminsverlegungsantrages zu rechtfertigen. Die bisherige Verfahrensdauer eigne sich deswegen nicht, dem Ansinnen des Klägers auf eine Verlegung des Termins entgegen gehalten zu werden, weil ihre Ursachen in einer schleppenden Bearbeitung durch das Landgericht zu suchen seien. Schließlich sei es unangebracht, dem das Verfahren betreibenden und damit am ehesten an seiner Förderung aber auch an einer richtigen Entscheidung interessierten Kläger die Möglichkeit, im Termin optimal vertreten zu werden, unter Hinweis auf die erhöhte Förderungsbedürftigkeit des Verfahrens abzuschneiden.

9

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde, nachdem es den Beklagten die Beschwerdebegründung bekannt gegeben hat, nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

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Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den angefochtenen Beschluss der 6. Zivilkammer ist zulässig. Die Statthaftigkeit der gem. § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde ergibt sich aus de §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 46 Abs. 2 ZPO.

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Die sofortige Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Feststellung der Begründetheit des Ablehnungsgesuches.

12

Gemäß § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ob der abgelehnte Richter wirklich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält, ist dabei unerheblich. Entscheidend ist, ob vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung genügend objektive Gründe vorliegen, die die Befürchtung wecken können, der Richter stehe dem Rechtsstreit nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BVerfG, Beschl. v. 25.07.2012, 2 BvR 615/11, NJW 2012, 3228 f., zitiert nach juris). Es kommt darauf an, ob die vorgetragenen und nach § 44 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemachten Tatsachen nach Meinung einer ruhig und besonnen urteilenden Partei geeignet erscheinen, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Objektivität des Richters zu begründen.

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Nur ausnahmsweise und unter besonderen Voraussetzungen kann eine Ablehnung auf die richterliche Verfahrensleitung gestützt werden. Die Prozessleitung gehört zum Kernbereich der richterlichen Entscheidungstätigkeit, die in sachlicher Unabhängigkeit zu treffen ist und einer Nachprüfung im Ablehnungsverfahren nach § 42 ZPO grundsätzlich verschlossen bleibt. So begründet insbesondere die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nach § 227 ZPO nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders ist es nur dann, wenn erhebliche Gründe für die Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (BGH, Beschluss zu V ZB 194/05 vom 06.04.2006, zitiert nach juris, Rdnr. 31 unter Hinweis u.a. auf BGHZ 27, 163, 167 und KG, MDR 2005, 708; vgl. auch Vollkommer, in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 42, Rdnr. 23 m.w.N.).

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Die Zurückweisung der beantragten Terminsverlegung ist hierin die Besorgnis der Befangenheit begründender Weise ermessensfehlerhaft gewesen, weil sie sowohl einen erheblichen Grund negiert und dadurch den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör unzulässig beschnitten hat, als auch weil sich der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung des Klägers aufdrängte.

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Nach wohl überwiegender Meinung stellt es einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO dar, wenn der Prozessbevollmächtigte durch Urlaub an der Wahrnehmung des anberaumten Termins gehindert ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.01.2008 zu 9 W 32/07, zitiert nach juris, Rdnr. 2), jedenfalls dann, wenn der Urlaub vor der Terminierung geplant und gebucht war (vgl. auch Stöber, in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 227, Rdnr. 6). Die Verlegung kann im Regelfall auch nicht mit der Begründung verweigert werden, einer der Sozii des verhinderten Prozessbevollmächtigten könne die Vertretung übernehmen (OLG Frankfurt a.a.O.). Der Senat schließt sich zu diesem Gesichtspunkt zunächst auch den Ausführungen des Klägers in der Beschwerdebegründung zur Unzumutbarkeit des Verweises auf die Vertretung durch ein weiteres Mitglied der Sozietät seines Prozessbevollmächtigten an. Das Interesse des Klägers, im anstehenden Termin zur Fortsetzung der Beweisaufnahme und mündlichen Verhandlung durch den das Mandat bearbeitenden Bevollmächtigten persönlich vertreten zu werden, ist im Ausgangsverfahren besonders ausgeprägt, da die Erörterung eines umfangreichen Gutachtens ansteht. Das Ergebnis dieses Gutachtens sowie die Schlussfolgerungen, die daraus zu ziehen sind, ist zwischen den Parteien streitig, was daran deutlich wird, dass die Beklagten zu 1. und 2. darauf bestanden haben, dass der Sachverständige das Gutachten mündlich erläutern möge. Der Kläger darf erwarten, dass gerade auch die durch die bisherige Begleitung des Verfahrens gewonnene persönliche Sachkunde seines Prozessbevollmächtigten bei der Erörterung des Gutachtens eingesetzt werden kann.

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Die Erheblichkeit der Verhinderung des klägerischen Prozessbevollmächtigten ist nicht dadurch in den Hintergrund getreten, dass die von der abgelehnten Richterin in die Abwägung einbezogene Verfahrensdauer vorrangig zu dem Interesse des Klägers an sachkundiger Vertretung durch den eingearbeiteten Prozessbevollmächtigten zu berücksichtigen war. Allerdings ist die Frage, worin die Ursache der bisherigen Verfahrensdauer zu suchen ist, nicht in dem vom Kläger vertretenen Ausmaß von Bedeutung für die Entscheidung darüber, ob die Förderungsbedürftigkeit des Rechtsstreits überhaupt in die Abwägung der für und gegen eine Terminsverlegung sprechenden Gründe einbezogen werden durfte. So kommt es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, ob die Ursachen für die Verfahrensdauer in einer schleppenden Bearbeitung durch das Landgericht zu suchen sind, wie der Kläger geltend macht. Auch in diesem Falle kann allein eine zwischenzeitlich eingetretene objektive Eilbedürftigkeit ein Grund sein, eine Terminsverlegung zu verweigern, wenn berechtigte und vorrangige Belange der antragstellenden Partei nicht entgegen stehen. Deswegen liegt auch allein darin, dass die Vorsitzende die Befürchtung einer erheblichen Verzögerung zum Anlass der Zurückweisung des Terminsverlegungsantrages genommen hat, nicht der an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtete Vorwurf, er betreibe Prozessverschleppung. Gleichwohl hat die abgelehnte Richterin der Vermeidung weiterer Verzögerung einen unverhältnismäßig hohen Vorrang vor dem legitimen Interesse des Klägers eingeräumt. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass sie die in der vorliegenden Konstellation naheliegende und vom Prozessbevollmächtigten des Klägers ausdrücklich angeregte Möglichkeit, einen Termin mit den durchweg in zahlreichen anderen Terminen gebundenen Beteiligten abzustimmen, nicht wahrgenommen hat. Zwar kann einem Gericht nicht angesonnen werden und entspricht auch nicht der Üblichkeit, jeden Termin zur mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten abzusprechen. Hier handelte es sich indessen um den (möglicherweise die Entscheidungsreife herbeiführenden) Termin zur Erörterung einer komplexen medizinischen Fragestellung in einem bereits seit erheblicher Zeit anhängigen Verfahren. Der von der abgelehnten Richterin erstrebte Effekt, weitere Verzögerung durch eine sichere Terminierung zu vermeiden, wäre durch eine Absprache einigermaßen zuverlässig zu erreichen gewesen und konnte der Kammer in diesem Fall zugemutet werden. Die dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin vermag das Gewicht des Beschleunigungsinteresses für die Zurückweisung des Terminsverlegungsantrages auch deswegen nicht überzeugend zu belegen, weil sich daraus nicht ergibt, welchen Umfang die zeitliche Verzögerung aufgrund der Terminslage des Sachverständigen erhalten werde. Soweit die abgelehnte Richterin darauf abstellt, dass die Terminslage der Kammer einen verlegten Termin voraussichtlich erst im Frühsommer zulassen werde, ergibt sich daraus der Vorrang des Beschleunigungsinteresses vor den klägerischen Belangen nicht, weil die Verschiebung eines Termins, der auf die zweite Märzhälfte anberaumt war, in den Mai oder Juni auch angesichts der vorangegangenen Verfahrensdauer nicht als unangemessen lang erachtet werden kann. Zu berücksichtigen ist schließlich bei der Bewertung des klägerischen Interesses an einer Verlegung des Termins auch der Umstand, dass ein erster Terminsverlegungsantrag von seiner Seite zu bescheiden war, den der Kläger unmittelbar nach Erhalt der Ladung angebracht hat.

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Zusätzlich ist die aus den ausgeführten Gründen ohne ausreichende Abwägung der klägerischen Interessen gegen die Förderungsbedürftigkeit des Verfahrens zurückgewiesene Terminsverlegung auch deswegen geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, weil die abgelehnte Richterin ohne erkennbaren sachlichen Grund abweichend zu dem unmittelbar vorausgegangenen Antrag der Beklagten zu 1. und 2. entschieden hat. Dieser Antrag war mit der Verhinderung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. und 2. auf denselben Grund gestützt, wie der nachfolgende klägerische Antrag. Auch dieser Prozessbevollmächtigte ist Mitglied einer Sozietät, weshalb der Umstand, dass die abgelehnte Richterin diesem nicht angesonnen hat, sich durch ein weiteres Mitglied der Sozietät vertreten zu lassen, zu dem Eindruck, sie behandele die Parteien unterschiedlich, beitragen konnte. Auch zwischen dem Zeitpunkt der Anbringung dieses Antrages, dem 22. November 2012, und dem Termin, dessen Verlegung von den Beklagten zu 1. und 2. beantragt wurde, dem 7. Februar 2013, lag ein beträchtlicher Zeitraum. Deswegen konnte auch die unterschiedliche Bewertung der in beiden Fällen vorhandenen Einarbeitungszeit für einen unterstellten Vertreter den Eindruck des Klägers, sein Anliegen werde ohne ausreichenden sachlichen Grund zum gleichartigen Anliegen der Beklagten zu 1. und 2. abweichend behandelt, verstärken.

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Aus den dargestellten Gesichtspunkten ist das Verhalten der abgelehnten Richterin geeignet, die Besorgnis der Befangenheit beim Kläger zu begründen. Nicht entscheidend ist, ob die abgelehnte Richterin tatsächlich befangen ist. Ihr Verhalten lässt sich durchaus auch in dem Sinne interpretieren, dass sie den klägerischen Terminsverlegungsantrag allein deswegen zurückgewiesen hat, weil durch die vorangegangene Terminsverlegung der Beschleunigungsdruck rein objektiv gestiegen war, ohne dass dies auf eine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber den Belangen des Klägers zurückzuführen ist. Diese mögliche Interpretation ändert nichts daran, dass der objektive Bedeutungsgehalt des Verhaltens geeignet ist, den Eindruck der sachwidrigen Benachteiligung des Klägers zu erwecken und damit bei ihm die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

III.

19

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da aufgrund des Erfolges der sofortigen Beschwerde der Anwendungsbereich des § 97 Abs. 1 ZPO nicht eröffnet ist und infolgedessen die Kosten der erfolgreichen Beschwerde zu den Kosten des Rechtsstreits gehören, deren Verteilung der Endentscheidung in der Hauptsache vorbehalten bleibt (Vollkommer, in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 42, Rdnr. 20 m.w.N.).

20

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren richtet sich gem. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 GKG in Verb. mit § 3 ZPO nach dem Streitwert der Hauptsache (BGH, Beschluss vom 06.04.2006 zu V ZB 194/05, zitiert nach juris; Hergert, in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rdnr. 16, Stichwort „Ablehnung“ m.w.N.), den das Landgericht entsprechend den klägerischen Angaben mit 80.000,- € angenommen hat.


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