Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (12. Zivilsenat) - 12 U 128/16

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen wird das am 27. Oktober 2016 verkündete Einzelrichterurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst wie folgt:

Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Halle vom 29.8.2013, Az. 4 O 1210/10, wird zu Ziffer 1 b und e des Tenors für unzulässig erklärt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagten zu 1/5.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 3/5 und die Beklagten zu 2/5.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO wird auf die Darstellung des Sachverhalts verzichtet.

II.

2

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die für eine zulässige Berufung nach § 511 ZPO erforderliche Beschwer ist insofern erreicht, als die Beklagten im Ergebnis des erstinstanzlichen Urteils darauf verwiesen sind, die im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Mängel mit einem geltend gemachten Kostenaufwand (behauptetermaßen durch Austausch der Fensterbank) von jedenfalls 640,00 € selbst beseitigen zu lassen.

3

In der Sache hat die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg.

4

Das Urteil beruht zwar auf keiner Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO. Die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten und nach § 529 ZPO vom Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren allerdings teilweise eine abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage (§ 513 Abs. 1 ZPO).

5

Soweit die Klägerin unter Ziffer 1.d des Tenors des Urteils des Landgerichts Halle vom 29. August 2013 (4 O 1210/10) zur Mangelbeseitigung durch Verschließen der Risse in den Stößen der Außenfensterbänke aus Blech bei den Dachgaubenfenstern verurteilt worden ist, ist die Vollstreckungsgegenklage der Klägerin nicht begründet.

6

Die Klägerin, die zur Mangelbeseitigung verurteilte Schuldnerin, hat nämlich nicht bewiesen, dass sie den fraglichen Mangel beseitigt hat. Zwar bringt die Abnahme von Werkleistungen üblicherweise eine Umkehr der Beweislast für das Vorliegen eines Mangels mit sich. Bleibt in solchen Fällen nach einer vorausgegangenen Nachbesserung ungeklärt, ob das erneute Auftreten des Mangels auf der erfolglosen Nachbesserung oder auf der unsachgemäßen Behandlung der Sache nach deren erneuter Übernahme durch den Besteller beruht, kann dieser gezwungen sein, das Fortbestehen des Mangels, mithin die Erfolglosigkeit des Nachbesserungsversuchs, zu beweisen (vgl. BGH, NJW 2011, 1664). Anders liegen die Dinge - wie vorliegend - im Falle eines bereits titulierten Anspruchs auf Mangelbeseitigung. Der Schuldner trägt dann nicht nur die Darlegungs- und Beweislast für den Einwand der Erfüllung, sondern auch dafür, dass die Mangelbeseitigung erfolgreich durchgeführt worden ist (z. B. Merl, in: Kleine-Möller/Merl/Glockner, Handbuch des privaten Baurechts, 5. Aufl., § 22 Rdn. 229; vgl. auch BGH, BauR 2005, 426; OLG Zweibrücken, JurBüro 2001, 155). Dies gilt sogar dann, wenn unstreitig eine Erfüllungshandlung vorgenommen worden ist, der Gläubiger aber behauptet, die Erfüllungshandlung habe nicht den gewünschten Erfolg gehabt (z. B. Werner/Pastor, Bauprozess, 15. Aufl., Rdn. 3244; vgl. auch OLG Köln, MDR 1993, 579). Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Gläubiger zunächst einmal erklärt hat, dass der Schuldner seine Pflicht zur Mangelbeseitigung erfüllt habe (hier Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 26. November 2014). Mangelbeseitigungsarbeiten, insbesondere im Zusammenhang mit Bauarbeiten, können es nun einmal mit sich bringen, dass sich erst nach gewisser Zeit zeigt, ob die Nachbesserung erfolgreich gewesen ist. Wollte man einer Bestätigung des Bauherrn darüber, dass die titulierten Nachbesserungsarbeiten ausgeführt worden sind, die Wirkung zumessen, dass sich die Beweislast umkehrt, hätte der Bauherr trotz bereits erreichter Titulierung gleichsam das Risiko eines zweiten Prozesses zu tragen. Dies ist nicht sachgerecht. Der Schuldner könnte sich dann nämlich durch eine augenscheinlich geleistete, aber vorerst nicht erkennbar fachlich unzureichende und nicht dauerhafte Mängelbeseitigung seiner Verpflichtung aus dem gerichtlichen Titel entledigen.

7

Im vorliegenden Fall steht nicht nur fest, dass die Klägerin im Lauf des Jahres 2014 die Risse in den Stößen der Außenfensterbänke verschlossen hat, was die Beklagten über ihren seinerzeitigen Bevollmächtigten zu der Erklärung mit Schriftsatz vom 26. November 2014 veranlasst hat, dass die Klägerin insoweit ihre Pflicht zur Mangelbeseitigung erfüllt habe. Ebenso steht im Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass erneut Risse aufgetreten sind. Ohne dass die Argumentation der Kammer zu der Authentizität der vorgelegten Lichtbilder überprüft werden müsste, steht jedenfalls in einer Gesamtschau durch das 1. Ergänzungsgutachten des Sachverständigen S. vom 30. März 2016 und dessen Ausführungen in der Anhörung am 4. August 2016 fest, dass bei dem Ortstermin am 23. Februar 2016 ein Riss an der südlichen Gebäudelängsseite festgestellt worden sind. Dies deckt sich auch mit dem Eindruck des Senats von den Lichtbildern, die der Sachverständige anlässlich seines Ortstermins gefertigt hat.

8

Unter Berücksichtigung der dargestellten Beweislast hatte die Klägerin zu beweisen, dass sie ihre Mangelbeseitigungsarbeiten auf eine Weise ausgeführt hat, dass der gelötete Stoß zwischen den beiden Teilen der Fensterbänke nicht schon innerhalb einer Frist von nicht einmal zwei Jahren aufreißt, dass also der schließlich aufgetretene Riss auf einer von ihr nicht zu verantwortenden Belastung der Fensterbank beruht. Die von der Kammer im Beweisbeschluss vom 16. Oktober 2015 zutreffend aufgeworfene Frage, ob es sich um eine bauliche Ursache handele oder ob die Risse die Folge nachträglicher Einwirkungen seien, hat der Sachverständige S. in seinem 1. Ergänzungsgutachten vom 30. März 2016 zunächst nicht beantwortet. Aber auch in seiner persönlichen Anhörung am 4. August 2016 hat er diese Frage nicht zu Gunsten der beweisbelasteten Klägerin beantworten können. Er hat zunächst einmal ausgeführt, dass das Löten der Stoßkante auch bei langen und großen Fensterbänken grundsätzlich eine zulässige Lösung ist. Aus seiner Sicht ist es dann aber erforderlich, dass die Lötnaht ordnungsgemäß hergestellt ist. Wenn man Fensterbänke herstelle, die so breit seien wie hier und dazu einlüden, Blumen darauf zu stellen, müsse man sie so herstellen, dass sie das aushielten. Nachdem zwischenzeitlich die Lötnaht gebrochen sei, sei es allerdings nicht möglich festzustellen, ob jene ursprünglich ordnungsgemäß hergestellt gewesen sei. Man könne auch nicht feststellen, ob ein Reißen auf falscher Herstellung der Lötnaht oder auf übermäßiger Belastung beruhe. Anders als die Klägerin meint, hat der Sachverständige bereits ausgeführt, dass er die Ursache des Risses nicht ermitteln kann.

9

Ob ein Riss an der Fensterbankverblechung auch an der nördlichen Gaubenfensterbank aufgetreten ist, hat der Senat hier nicht zu klären. Ist, wie vorstehend ausgeführt, der Riss im Stoß der Außenfensterbank am südlichen Gaubenfenster nicht mangelfrei beseitigt, ist die entsprechende Verpflichtung der Klägerin aus dem Urteil vom 29. August 2013 eben insgesamt noch nicht erfüllt.

10

Ohne Erfolg bleibt die Berufung der Beklagten hinsichtlich der weiteren Mängel (Ziffer 1.b und 1.e des Urteils des Landgerichts vom 29. August 2013 (4 O 1210/10)). Anders als die Beklagten meinen, war es zulässig, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 29. August 2013 teilweise - wegen bestimmter einzeln tenorierter Mängel - für unzulässig zu erklären.

11

Soweit sich die Beklagten hilfsweise gegen die Kostenlast wegen jener Mängel unter dem Gesichtspunkt des sofortigen Anerkenntnisses wenden, dringen sie damit nicht durch. Sie haben erstinstanzlich zu keinem Zeitpunkt ein entsprechendes Teilanerkenntnis erklärt. Im Gegenteil, sie haben stets umfassend Klagabweisung beantragt.

III.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

13

Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.


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