Urteil vom Oberlandesgericht Rostock (3. Zivilsenat) - 3 U 94/15

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil des Landgerichts Stralsund vom 16.03.2015 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 136.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen eines Brandschadens am Ferienhaus einer Versicherungsnehmerin der Klägerin.

2

Hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen sowie der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf dieses gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

3

Mit ihrer Berufung begehren die Beklagten weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Sie stellen das Urteil in vollem Umfang zur Überprüfung durch den Senat.

4

Das Landgericht habe den Anspruch der Klägerin zu Unrecht bejaht. Ihnen sei weder ein fahrlässiges noch grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Es sei für sie als Feriengäste nicht zu erkennen gewesen, dass Kamin und Öffnungsklappe in Verbindung gestanden hätten. Die Öffnungsklappe sei von ihnen für eine Ofenklappe gehalten worden. Es hätte insoweit einer besonderen Warnung des Vermieters bedurft. Zudem hätte es der Versicherungsnehmerin der Klägerin oblegen, die Öffnungsklappe vor dem Zugriff von Mietern zu sichern. Dies wäre, gerade weil es sich um ein Ferienhaus mit wechselnden Mietern gehandelt habe, sogar zwingend notwendig gewesen. Eine Verbindung zwischen Öffnungsklappe, Kamin und Schornsteineinzug sei für sie nicht erkennbar gewesen. Anders als das Landgericht meine, hätten sie deshalb auch nicht mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass der Schornsteineinzug des Ferienhausobjektes nicht sicher gewesen sei. Hierüber habe man sie ausdrücklich in Kenntnis setzen müssen.

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Würde man gleichwohl von einem grob fahrlässigen Verhalten ausgehen, läge ein vollständig anspruchsausschließendes Mitverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin vor, welches diese sich entgegenhalten lassen müsse. Vorliegend sei von einem erheblichen Mitverschulden auszugehen, da die Versicherungsnehmerin der Klägerin trotz Kenntnis der baulichen Mängel und der angeordneten Stilllegung durch den Schornsteinfeger eine endgültige Stilllegung des Kamins nicht vorgenommen habe. Der Schornsteinfeger habe die Vermieterin darauf hingewiesen, dass die gesamte Kaminanlage stillzulegen sei und deren Betrieb untersagt. Hintergrund dessen seien Holzleisten bzw. Balken oberhalb des Kamins gewesen, die die Benutzung des Kamins als höchst gefährlich habe erscheinen lassen. Entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung sei der Kamin auch nicht jährlich überprüft bzw. eine Reinigung vorgenommen worden. Dieses sei vielmehr über Jahre hin unterblieben. Das alleinige Aufstellen eines Hinweisschildes reiche deshalb nicht aus. Zudem hätte der bestehende Zustand nicht über Jahre Bestand haben dürfen. Insbesondere nicht, weil das Objekt als Ferienhaus vermietet worden sei. Vielmehr wäre ein Rückbau des Kamins zwingend erforderlich gewesen.

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Zudem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft trotz angenommener lediglich einfacher Fahrlässigkeit gleichwohl eine Regressmöglichkeit der Klägerin bejaht. In Fällen lediglich einfacher Fahrlässigkeit liege jedoch ein versicherungsrechtlicher Regressverzicht des Versicherers vor. Anders als das Landgericht meine, komme es dabei nicht auf die Länge bzw. Art des Mietverhältnisses an. Dies ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach solle vielmehr allein verhindert werden, dass der nur fahrlässig handelnde Mieter Risiken in Bezug auf seinen Deckungsanspruch gegenüber seinem Haftpflichtversicherer ausgesetzt werde. Auch dürfe der Mieter, der die Versicherungsprämie des Vermieters mittrage, nach dem Bundesgerichtshof im Verhältnis zum Vermieter davon ausgehen, dass ihm seine Aufwendungen im Schadensfall zugutekommen.

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Das Landgericht gehe insoweit auch rechtsfehlerhaft davon aus, dass vorliegend kein Regressverzicht vorliege, da die Versicherungsbeiträge im streitgegenständlichen Mietvertrag nicht ausdrücklich den Mietern auferlegt worden seien. Hierauf komme es nicht an. Vielmehr genüge es vollkommen, dass überhaupt eine Umlage der Versicherungsbeiträge auf die Mieter erfolge. Dies sei hier jedoch der Fall gewesen, da die Versicherungsbeiträge mit in den Mietzins eingerechnet worden seien. Zudem habe der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein Schadensfall ausschließlich auf Ebene der Versicherungen zu regeln sei.

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Für eine Inanspruchnahme des Mieters müsse daher grobe Fahrlässigkeit vorliegen. Eine solche habe das Landgericht jedoch selbst abgelehnt. Selbst wenn man jedoch eine grobe Fahrlässigkeit annehme, würde der Versicherte nach § 81 Abs. 2 VVG in der neuen Fassung seinen Versicherungsschutz nicht mehr vollständig verlieren.

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Auch stelle sich das versicherte Risiko bei einem Ferienhaus nicht anders als bei einem Dauermietverhältnis dar. Zum einen werde ein etwaig höheres Risiko durch höhere Prämien bereits berücksichtigt. Zum anderen werde durch den Vertrag der Klägerin mit ihrer Versicherungsnehmerin dem wiederkehrenden Interessensgegensatz hinsichtlich des betroffenen Vertragstyps bereits hinreichend Rechnung getragen.

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Die Beklagten und Berufungskläger beantragen,

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unter Abänderung des Urteils des Landgericht Stralsunds vom 16.03.2015 (Az.: 7 0 125/14) die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

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Die Klägerin hält das Urteil des Landgerichts im Ergebnis für nicht zu beanstanden. Lediglich, dass das Gericht nur einfache Fahrlässigkeit angenommen habe, könne nicht akzeptiert werden. Vorliegend habe grobe Fahrlässigkeit vorgelegen.

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Dass die gusseiserne Öffnungsklappe nichts mit einem separaten Ofen zu tun gehabt habe, sei für jedermann zu erkennen gewesen. Bereits die Lage der Öffnungsklappe, kurz über dem Fußboden, würde gegen die Klappe eines Ofens sprechen. Auch den Angaben zum Mietobjekt sei das Vorhandensein eines Ofens nicht zu entnehmen gewesen. Zudem sei bei Übergabe des Mietobjekts nicht mitgeteilt worden, dass ein Kachelofen vorhanden sei. Auch seien weder Holz noch Gerätschaften für die Nutzung eines Ofens, wie Feuerhaken, Aschekasten, Anzünder etc. vorhanden gewesen. Die Nutzung des Kamins sei ausdrücklich verboten gewesen. Neben dem Schild mit dem entsprechenden Hinweis im Kamin seien die Beklagten bei Übergabe des Mietobjektes noch einmal konkret hierauf hingewiesen worden. Aufgrund der Warnhinweise habe der Kamin nicht in Betrieb genommen werden dürfen. Die Beklagten hätten schlichtweg jegliche Brandgefahr außer Acht gelassen. Das Brandereignis sei mithin grob fahrlässig verursacht worden.

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Ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin liege nicht vor. Diese sei ihrer Verpflichtung, die Feriengäste hierauf hinzuweisen, vielmehr umfassend nachgekommen. Dies sei ausreichend gewesen, um die Nutzung der Feuerstätte zu unterbinden. Einer regelmäßigen Überprüfung des Schornsteins habe es nicht bedurft. Eine offizielle schriftliche Stilllegungsverfügung habe ihre Versicherungsnehmerin im Übrigen nie erhalten. Es habe lediglich eine Empfehlung des Schornsteinfegers gegeben, die Feuerstelle nicht mehr zu betreiben. Diese Empfehlung sei umgesetzt worden. Eine Kürzungsquote nach § 81 VVG komme hier nicht zur Anwendung, da ihre Versicherungsnehmerin den Schaden selbst nicht – erst recht nicht grob fahrlässig – herbeigeführt habe. Aus diesem Grund sei auch keine Kürzung gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin vorgenommen worden.

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Zu Recht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Rechtsprechung zum Regressverzicht nur für dauerhafte Mietverhältnisse gelte und auf den Fall eines nur kurzzeitig genutzten Ferienhauses nicht anwendbar sei. Hintergrund hierfür sei der Schutz von Dauermietverhältnissen. Ein solches liege bei der Anmietung eines Ferienhauses jedoch nicht vor. Sie bestreite, dass bei Ferienhäuser ein höheres Versicherungsrisiko bestehe. Keinesfalls würden bei Ferienhäusern deshalb höhere Prämien begehrt werden.

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Selbst wenn jedoch die Grundsätze des sogenannten Regressverzichts auch hier zur Anwendung kommen würden, können sich die Beklagten hierauf nicht berufen, da der Anspruch gegen diesen nicht aus Vertrag, sondern aus Delikt folge.

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Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F. A. und J. B. sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens nebst mündlicher Erläuterung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für das Schornsteinfegerhandwerk U. G. hierzu.

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Zur Darstellung des Beweisergebnisses wird auf die gerichtlichen Protokolle vom 28.07.2016 und 04.01.2018 sowie das Gutachten vom 07.01.2017 verwiesen.

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Die Akten des Strafverfahrens 6 es 71/14 Amtsgericht Ribnitz-Damgarten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

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Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

23

Der Klägerin steht gegen die Beklagten aus dem Brandereignis vom 31.03.2013 kein Anspruch auf Schadensersatz aus übergegangenem Recht gem. § 280 BGB bzw. aus §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 306 a, 306 d StGB zu.

24

Die Klägerin ist Anspruchsinhaberin. Da sie ihrer Versicherungsnehmerin den Schaden aus dem Versicherungsfall vom 31.03.2013 ersetzt hat, ist deren diesbezüglicher Anspruch gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf sie übergegangen.

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Indes besteht vorliegend kein Haftungsanspruch gegenüber den Beklagten, da ein solcher Haftungsanspruch nach den versicherungsrechtlichen Grundsätzen zum Regressverzicht vorliegend ausgeschlossen ist.

26

Grundsätzlich kann dem Gebäudeversicherer nach den Grundsätzen zum Regressverzicht der Rückgriff auf den Mieter aus übergegangenem Recht verwehrt sein, wobei es nicht darauf ankommt, ob dieser haftpflichtversichert ist und abweichend von § 4 Abs. 1 Nr. 6 lit. a AHB Deckungsschutz auch für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen hat. Die Rechtsprechung nimmt im Rahmen der von ihr vertretenen sogenannten versicherungsrechtlichen Lösung stets eine ergänzende Vertragsauslegung des Gebäudefeuerversicherungsvertrages dahingehend vor, dass dieser einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers beinhaltet, wenn der Brand lediglich auf ein einfach fahrlässiges Verhalten des Mieters zurückzuführen ist (BGH, Urteil v. 19.11.2014 - VIII ZR 191/13 -, zit. n. juris, Rn. 28 m.w.N.; BGH, Urteil v. 13.09. 2006 - IV ZR 273/05 -, zit. n. juris, Rn. 8; OLG Oldenburg, Urteil v. 26.03.2015 - 8 U 32/14 - zit. n. juris, Rn. 43). Zum Ausgleich gesteht die Rechtsprechung dafür dem Gebäudeversicherer gegen den Haftpflichtversicherer nach den Grundsätzen der Doppelversicherung i.S.v. § 59 Abs. 2 S. 1 VVG a.F. 1 § 78 Abs. 2 S. 1 VVG n.F. einen Ausgleichsanspruch zu (BGH, Urteil v. 13.09.2006 - IV ZR 273/05 -, zit. n. juris Rn. 22; BGH, Urteil v. 27.01. 2010 - IV ZR 129/09 -, zit. n. juris, Rn. 12).

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Die Anwendung dieser Grundsätze zum Regressverzicht scheitert vorliegend nicht daran, dass nur ein Ferienhaus vermietet worden ist.

28

Die Rechtsprechung zum Regressverzicht resultiert aus einer ergänzenden Auslegung des Versicherungsvertrages zwischen dem Versicherungsnehmer als Vermieter und dem Gebäudeversicherer. Sie beruht darauf, dass dem Vermieter für den Versicherer erkennbar daran gelegen ist, seinen Mieter in den Schutz des Gebäudeversicherers mit einzubeziehen. Der Vermieter hat nämlich ein Interesse daran, dass der Mieter, auf den er in der Regel die Kosten der Versicherung abwälzt, in seiner Erwartung, er sei bei fahrlässiger Schadensverursachung durch die Versicherung geschützt, nicht enttäuscht wird (OLG Schleswig, Urteil v. 19.03.2015 - 16 U 58/14 -, zit. n. juris, Rn. 24). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es in diesem Zusammenhang vorrangig auf die Interessen des Versicherungsnehmers als Vermieter und des Gebäudeversicherers an, wobei allerdings die Interessen des Mieters mittelbar mit einzubeziehen sind, soweit sie sich in einem auf dem Mietverhältnis beruhenden Interesse des Vermieters niederschlagen (BGH, Urteil v. 13.09.2006 - IV ZR 273/05 -, zit. n. juris, Rn. 15 m.w.N.; OLG Hamm, Urteil v. 17.11.2015 - 1-9 U 26/15 -, zit. n. juris, Rn. 12).

29

Unter Berücksichtigung dessen besteht nach Auffassung des Senats kein Unterschied der Interessenslage zwischen der Vermietung einer Wohnung und der Vermietung eines Ferienhauses. Die Interessenslage der Versicherungsvertragsparteien ist vielmehr gleich gelagert. Für den Vermieter geht es in beiden Fällen um die Einbeziehung seiner Mieter in den Schutz des Gebäudeversicherers, gleichgültig, wie lange das Mietverhältnis andauert, auch wenn die Belastungsauswirkungen auf das Mietverhältnis unterschiedlich sein mögen. Vorliegend bezieht sich die Versicherungspolice dabei ausdrücklich auf ein Ferienhaus, welches gegen Entgelt vermietet wird. Für den Versicherer, die Klägerin, war daher nicht nur klar, dass hier ein häufiger Wechsel von Mietern eintreten würde, es lag dementsprechend auch ein erkennbares Interesse ihrer Versicherungsnehmerin als Vermieterin vor, ihre zahlreichen wechselnden Feriengäste als Mieter so weit wie möglich unbelastet zu lassen. Dieses umso mehr, als einen Vermieter die Obliegenheit trifft, seinen Gebäudeversicherer bei der Durchsetzung der Regressforderung zu unterstützen (BGH, Urteil v. 08.11.2000 - IV ZR 298/99 -, zit. n. juris, Rn. 16) und es gerade bei der Vermietung von Ferienhäusern häufiger als bei "normalen" Mietverhältnissen zu Konflikten aufgrund von Schadensfällen mit Mietern kommen dürfte, was schon in der Natur der Sache liegt, weil es im Laufe eines Jahres bei einem Ferienhaus zu unzähligen solcher Vermietungen mit wechselnden Mietern kommt, die mit dem Ferienhaus dann noch nicht so vertraut sind und vielleicht auch nicht die Sorgfalt wie bei einer "eigenen Wohnung" walten lassen. Dass die Eigentümerin das versicherte Objekt in weitem Umfang selbst nutzen wollte, war bei dieser Kennzeichnung des Objekts eher nicht zu erwarten. Gleichwohl ist es zum Abschluss des Versicherungsvertrages gekommen und eine nachvollziehbare Begründung, warum man denn ausdrücklich ein Ferienhaus, das gegen Entgelt vermietet wird, versichert hat, wenn man das Risiko der Einbeziehung der Feriengäste als Mieter in den Schutz des Versicherungsvertrages nicht tragen wollte, ist nicht ersichtlich. Bezeichnenderweise hat die Klägerin sich die diesbezügliche Auffassung des Landgerichts auch erst im Berufungsverfahren zu Eigen gemacht und noch erstinstanzlich nicht moniert, dass bei einem Ferienhaus die Grundsätze des Regressverzichts nicht gelten würden.

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Der Vermieter hat zudem in beiden Fällen ein gleichgelagertes grundsätzliches Interesse daran, dass Schadensfälle möglichst unkompliziert abgewickelt werden. Anders als bei einem auf Dauer angelegten Mietverhältnis kommt bei der Vermietung eines Ferienhauses aber noch dazu, dass sich hier - auch unter Beachtung der neuen Medien im Hinblick auf Bewertungsportale etc. - häufige Streitigkeiten im Zusammenhang mit Regressfällen unmittelbar negativ auf den Ruf der Vermietung des Mietobjektes auswirken können. Dies gilt es für den Vermieter möglichst zu vermeiden. Auch besteht für den Vermieter häufiger die Gefahr, dass er den an sich gegebenen Deckungsschutz wegen Obliegenheitsverletzungen verliert. Beides ist nicht im Interesse des Vermieters (BGH, Urteil v. 13.09.2006 - IV ZR 273/05 -, zit. n. juris, Rn. 18).

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Zudem hat auch der Feriengast, der im Ergebnis die Prämie (mit-) trägt, als Mieter die durchaus berechtigte Erwartung, hierfür eine Art Gegenleistung zu erhalten, die darin besteht, dass er in gewisser Weise geschützt ist, wenn er einfach fahrlässig einen Schaden verursacht, wobei die Erfüllung dieser berechtigten Erwartung wiederum auch im Interesse des Vermieters liegt, weil anderenfalls das Vertragsverhältnis auch insoweit belastet werden kann (BGH, Urteil v. 13.09.2006 - IV ZR 273/05 -, zit. n. juris, Rn. 19 m.w. N.).

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Die Interessen des Vermieters stehen denen des Versicherers insoweit auch deshalb nicht entgegen, weil der Versicherer ein konkretes Risiko - hier das Risiko "zur Vermietung bestimmtes Ferienhaus" - versichert, für das er eine bestimmte Prämie erhält. Welches Risiko er versichern will, ist seine Sache, er kann sich darüber vorher genau informieren. Der Versicherer ist also in der Lage, eine risikogerechte Prämie zu verlangen. In diese kann er eventuelle Regressausfälle wegen Regressverzichts einerseits und eventuellen Ausgleichserlösen nach § 59 VVG andererseits einkalkulieren (BGH. Urteil v. 13.09.2006 - IV ZR 273/05 - zit. n. juris, Rn. 21).

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Zu berücksichtigen ist vorliegend des Weiteren, dass die Klägerin selbst eingeräumt hat, dass es für sie keinen Unterschied mache, wozu das Objekt genutzt werde. Weder bestehe insoweit ein höheres Risiko bei der Versicherung von Ferienunterkünften, noch werde ein solches dementsprechend durch höhere Prämien aufgefangen. Wenn dies denn aber so ist, ist auch schon allein deshalb nicht erkennbar, wieso ein Unterschied zwischen der Versicherung einer Mietwohnung und eines Ferienhauses bestehen sollte. Die Interessen des Versicherers stehen denjenigen von Vermieter und Mieter vielmehr nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht entgegen.

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Anders, als das Landgericht meint, gelten die Grundsätze des Regressverzichts daher auch, wenn das Versicherungsverhältnis ein Ferienhaus zum Gegenstand hat, wobei sich im Übrigen dieser Regressverzicht nicht nur auf das Verhalten des Mieters selbst bezieht. Die Regressbefreiung kommt vielmehr stets auch denjenigen zu Gute, die zwar nicht Mieter sind, diesem aber nahestehen, wobei noch nicht einmal auf die häusliche Gemeinschaft abzustellen ist (OLG Schleswig, Urteil v. 19.03.2015 - 16 U 58/14 -, zit. n. juris, Rn. 24), also hier dem Beklagten zu 1).

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Soweit die Beklagten allerdings die Auffassung vertreten, dass der Regressverzicht mit Blick auf das neue Versicherungsvertragsgesetz nunmehr auch für Fälle der groben Fahrlässigkeit Anwendung finde, kann dem nicht gefolgt werden. Der Bundesgerichtshof hat dies vielmehr in einer (relativ) aktuellen Entscheidung mit dem Hinweis, dass ein so weitgehender Regressverzicht nicht mehr den Interessen der Parteien des Gebäudeversicherungsvertrages entspreche, ausdrücklich verneint (BGH, Urteil v. 26.10.2016 - IV ZR 52/14 -, zit. n. juris, Rn. 15).

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Die Grundsätze über den Regressverzicht kommen vorliegend auch zum Tragen, da die Beklagten hier zur Überzeugung des Senats zwar fahrlässig, nicht jedoch grob fahrlässig gehandelt haben.

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Grob fahrlässig verhält sich nach ständiger Rechtsprechung, wer nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen objektiv jedem einleuchten muss, oder schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und dadurch die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht lässt. Die Sorgfaltsanforderungen werden maßgeblich von der Gefährlichkeit der Handlung (mit-)bestimmt. Es muss sich um ein zudem subjektiv vorwerfbares, unentschuldbares Fehlverhalten handeln, welches das gewöhnliche Maß erheblich übersteigt (BGH, Urteil vom 14.04.1976 - IV ZR 29/74 -, zit. n. juris, Rn. 22; OLG Oldenburg, Urteil v. 26.03.2015 - 8 U 32/14 -, zit. n. juris, Rn. 44).

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Bei der Beurteilung hat der Senat zunächst berücksichtigt, dass die Hauseigentümerin den Gästen des Ferienhauses sowohl durch das im offen zugänglichen Kamin aufgestellte gerahmte papierne Schild mit der Aufschrift

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" Lieber Gast,
dieser Kamin/Ofen trägt leider nur noch dekorativen Charakter und darf nicht mehr betrieben werden!!! Der zuständige Schornsteinfeger hat den Betrieb wegen der Gefahr von Rauchgasentwicklungen und wegen des Brandschutzes untersagt. Wir bemühen uns um eine Lösung. Bis dahin vielen Dank für Ihr Verständnis." (vgl. BI. 29 BA 6 es 71/14)

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als auch durch eine geänderte Annoncierung des Ferienhauses klar und für jede des Lesens und der deutschen Sprache kundige Person verständlich gemacht hatte, dass der Kamin aufgrund einer amtlichen und bindenden Verfügung des Schornsteinfegers nicht mehr betrieben werden durfte und nur noch dekorativen Zwecken diente. Das im Kamin aufgestellte Schild bezog sich dabei, wie der Hinweis auf den ausschließlich dekorativen Charakter der Anlage und die auf den örtlichen Aufstellungsbereich im Kamin bezogene Verwendung des Wortes "dieser" belegen, allein auf den Kamin, der nur wegen der hiermit verbundenen Heizfunktion alternativ - wie durch den Schrägstrich kenntlich gemacht wurde - als Ofen bezeichnet wurde und in dem, wie sich aus der Bekundung der Zeugen B. und A. ergibt, bis zum Oktober 2012 noch eine Feuerschale stand.

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Nach Auffassung des Senats ist bei der Abwägung insoweit allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Beklagten über den Wortlaut dieses Verbots auch nicht hinweggesetzt haben, denn sie haben unstreitig davon abgesehen, den Kamin selbst zu befeuern. Insoweit haben die Beklagten glaubhaft vorgetragen, davon ausgegangen zu sein, dass der Kamin nicht habe genutzt werden können, weil die Gefahr bestanden habe, dass Funkenflug aus dem offenen Kamin zu Feuer im Wohnraum habe führen können. Diese unwiderlegte Darstellung wird gestützt durch den Umstand, dass der Zeuge A. als zuständiger Bezirksschornsteinfeger die Nutzung des Kamins gegenüber dem Voreigentümer Sch. untersagt hatte, weil sich unterhalb der Kaminschürze Holzbalken befanden, die nicht in einem ausreichenden Sicherheitsabstand verbaut waren und damit die Distanzen zwischen brennbaren und nicht brennbaren Bauteilen des Kamins nicht gewahrt waren und überdies die Verbrennungsluftversorgung als problematisch erschien. Der zuständige Schornsteinfeger hatte die Nutzung also nicht etwa deshalb untersagt, weil er es als gefährlich ansah, dass bei der Nutzung des Kamins glühende Rußteilchen über den Schornstein nach Außen gelangen und - wie geschehen - das Reetdach hätten entzünden können, sondern dass ein Feuer im offenen Kamin auf dessen äußere Holzschürze/Balkenrand hätte übergreifen können. Dadurch aber, dass die Beklagten im Kamin selbst gar kein Feuer entfachten, hatten sie diese Gefahr für sich ausgeschlossen. Dass eine noch größere Gefahr über den Schornstein drohte, war für sie dagegen nicht zu erkennen, wofür spricht, dass diese Gefahr noch nicht einmal von dem zuständigen Schornsteinfeger A. erkannt worden war. Dem aufgestellten Schild konnten und mussten die Beklagten nicht entnehmen, dass die eigentliche Gefahr in dem entgegen der Verordnung über die Kehrung und Überprüfung von Anlagen (Kehr- und Überprüfungsordnung - KÜO) vom 16.06.2009 seit mehreren Jahren nicht gekehrten und deshalb verrußten Schornstein selbst lag und ein Feuer hinter der Revisionsklappe über den Schornstein zum Brand führen konnte.

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Der Senat glaubt der Darstellung der Beklagten, dass sie die historische eiserne Ofentür, die als Revisionsklappe für den Kamin verbaut worden war, für die Öffnung eines separaten Ofens hielten, auf den sich das aufgestellte Schild nicht bezog und geht insoweit von einer einfach fahrlässigen Verwechslung aus. Die als Revisionsklappe verwendete historische Ofentür konnte nach dem Dafürhalten des Senats insbesondere für Feriengäste, die über keine aktuellen und vertieften Erfahrungen mit der Benutzung von Öfen als Heizquelle verfügen, durchaus den Eindruck erwecken, es handele sich bei dem dahinterliegenden, frei zugänglichen ausgemauerten Raum mit einer Größe von ca. 55 x 60 cm um einen kleinen Ofen, wie sich aus den in der Akte befindlichen Lichtbildern (BI. 595 f. d. A. Bd. IV) nach Auffassung des Senats trotz der tiefen Lage der Öffnung ergibt. Dabei mussten die Beklagten das im Kamin aufgestellte Schild, welches sich auf den dekorativen Kamin und die spezifisch durch den Betrieb des mit dem offenen Kamin verbundene Gefährdung bezog, nicht so verstehen, dass dieser Hinweis auch den hinter der eisernen Ofenklappe befindlichen Bereich betraf.

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Dies galt umso mehr, als die verbaute atypische Revisionsklappe in keiner Weise gesichert war, obwohl es durchaus nahe gelegen hätte, bei einer auch diesen Bereich betreffenden Nutzungsuntersagung die Öffnung mit nur geringem finanziellen Aufwand baulich fest zu verschließen oder auch dort zumindest ein die Nutzung untersagendes Schild aufzustellen. Zudem war nach Öffnen der atypischen Revisionsklappe für die Beklagten keine direkte Verbindung zum Kamin zu erkennen (vgl. BI. 596 d. A. Bd. IV oben), so dass der Rückschluss darauf, dass die Entfachung eines kleinen Reisigfeuers in diesem Bereich sich zugleich als Nutzung des Kamins darstellte, nicht zwingend gezogen werden musste. Dabei hatte der Senat von der unwiderlegten Darstellung der Beklagten auszugehen, sie hätten in dem Hohlraum hinter der Revisionsklappe bereits verbrannte Holzreste vorgefunden, was den Eindruck, dass es sich hier um einen Ofen handelte, verstärkt habe und nach Auffassung des Senats durchaus auch verstärken konnte. Zwar hatte der Zeuge R. B. als Ehemann der klägerischen Versicherungsnehmerin beim gemeinsamen Termin mit dem Schornsteinfeger, dem Zeugen A., im Oktober 2012 dort keine Feuerreste festgestellt; dies steht jedoch nicht im Widerspruch zum Vortrag der Beklagten. Es erscheint nämlich ohne weiteres als möglich, dass einer der "Vormieter" der Beklagten bei der von den Beklagten bemängelten unzulänglichen Wärmeentwicklung der Heizung des Ferienhauses die Revisionsklappe ebenfalls für die Öffnung eines Ofens gehalten und dort ebenfalls ein Feuer entfacht hat, ohne allerdings insoweit einen Brand zu entfachen. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich vielmehr, dass zumindest ein Mieter in der Zwischenzeit das Ferienhaus angemietet hatte. Auch haben die Beklagten nachvollziehbar und glaubhaft vorgetragen, dass es beim Anzünden des Feuers hinter der für sie als Offenklappe wahrgenommenen Revisionsklappe keine Rauchentwicklung im bzw. aus dem Kamin heraus gegeben habe, so dass auch hieraus nicht zwingend auf eine Verbindung zwischen Kamin und Klappe geschlossen werden konnte und musste.

44

Bei dieser Sachlage vermag der Senat unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls vorliegend kein die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht lassendes Fehlverhalten der Beklagten zu erkennen und sieht deshalb die Befeuerung des hinter der in der Form einer historischen eisernen Ofentür ausgestalteten Revisionsklappe gelegenen Raums, dessen Größe dem Schornsteinquerschnitt entsprach und eine Befeuerung zuließ, zwar als fahrlässig, nicht aber als grob fahrlässig an.

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Nach alledem war der Berufung stattzugeben.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

47

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

48

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens ergibt sich aus §§ 47, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

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