Beschluss vom Oberlandesgericht Rostock (3. Zivilsenat) - 3 U 41/19

Tenor

1. Das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers zu 3) wird zurückgewiesen.

2. Der Senat beabsichtigt die Berufung des Klägers zu 3) aufgrund der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger zu 3) erhält Gelegenheit, hierzu binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

1

Der Kläger zu 3) wendete sich erstinstanzlich neben den Klägern zu 1), 2) und 4) bis 6) mit einer Drittwiderspruchsklage gegen die Durchführung eines Teilungsversteigerungsverfahrens zur Auflösung einer Erbengemeinschaft. Das Landgericht Stralsund hat diese mit Urteil vom 08.04.2019 betreffend die Kläger zu 1), 2) sowie 4) bis 6) mangels erteilter Prozessvollmacht als unzulässig und betreffend den Kläger zu 3) als unbegründet abgewiesen.

2

Der Kläger zu 3) hat gegen dieses Urteil unter Wechsel seiner Prozessbevollmächtigten fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist lief unter Berücksichtigung der Pfingstfeiertage am 11.06.2019 ab. Eine Berufungsbegründungsschrift ging bis zum Ablauf dieses Tages nicht beim Oberlandesgericht ein.

3

Stattdessen beantragte der Kläger zu 3) mit Schriftsatz vom 02.07.2019 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und kündigte an, die Berufungsbegründungsschrift bis zum 12.07.2019, dem Tag des Ablaufes der Wiedereinsetzungsfrist, zu Gericht zu reichen. Die Berufungsbegründung vom 11.07.2019 ist am gleichen Tage bei Gericht eingegangen.

4

Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beruhe weder auf dem eigenen Verschulden des Klägers, noch auf dem Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten.

5

Das angefochtene Urteil sei den vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.04.2019 zugestellt worden. Somit wäre die Berufungsbegründungsfrist am 11.06.2019, Dienstag nach Pfingsten, abgelaufen. Nach fristgerechter Einlegung der Berufung wurde die Begründung nicht bis zum 11.06.2019 bei Gericht eingereicht. Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist habe dabei weder auf einem Verschulden des Klägers noch seiner Prozessbevollmächtigten, sondern auf einem nicht erwartbaren und im Nachhinein unerklärlichen Fehler der zuständigen Rechtsanwaltsfachangestellten beruht.

6

In der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten, die in der Berufungsinstanz die Vertretung des Klägers zu 3) übernommen haben, würden die Akten einschließlich der Termins- und Fristenkalenders vollständig digital mit dem Programm „WinMacs“ der FA Rummel AG geführt, wobei das Programm die Funktionalitäten einer herkömmlichen Papierakte digital abbilde. In der Kanzlei seien überdies organisatorische Maßnahmen zur Meidung von Fehlern bei der Fristennotierung und zur Fristenkontrolle implementiert, die den Anforderungen der Rechtsprechung an die Fristenorganisation genügen, auf deren Darlegung im Einzelnen durch den Kläger zu 3) verzichtet werde, da dies für die Fristversäumung nicht ursächlich gewesen sei.

7

Für das Dezernat der Prozessbevollmächtigten des Klägers sei in ihrer Kanzlei die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte und geprüfte Rechtsfachwirtin N. M. tätig. Neben der Tätigkeit für das Dezernat seiner Prozessbevollmächtigten sei Frau M auch für die Betreuung der Kanzleitechnik und damit auch für die Implementierung des elektronischen Rechtsverkehrs zuständig. Seit Frühjahr 2019 sei dabei in der Kanzlei damit begonnen worden, gerichtliche Schriftsätze (auch) mit qualifizierter elektronischer Signatur über beA/EGVP zu versenden. Anfangs sei dies zur Sicherheit zusätzlich per Telefax erfolgt.

8

Am 10.05.2019 gegen 13.00 Uhr habe sich Frau M. mit der vorbereiteten Berufungsschrift in das Büro der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 3) begeben. Die Berufungsschrift habe elektronisch versandt werden sollen und seine Prozessbevollmächtigte sei mit dem Vorgang des elektronischen Signierens noch nicht so vertraut gewesen und habe insoweit von Frau M. angeleitet werden wollen. Der eigentliche Signiervorgang sollte dabei in der Weise erfolgen, dass das Dokument aus der elektronischen Akte, in der – gleich einer herkömmlichen Handakte – alle Informationen – namentlich alle Dokumente und Fristen – vereinigt seien, aufgerufen und mittels Kartenlesegerät und Signaturkarte signiert werden. Seine Prozessbevollmächtigte habe das Dokument signiert, so dass es für die Versendung durch Frau M. bereit gewesen sei. Bei dieser Gelegenheit und in Anwesenheit von Frau M. habe sie die ordnungsgemäße Fristennotierung überprüft. Dabei habe sie festgestellt, dass Frau M. in der Akte zwar die Berufungsfrist korrekt notiert hatte. Diesbezüglich habe Frau M. auch die von seiner Prozessbevollmächtigten bei Mandatsannahme angeordnete Rückversicherung bei den erstinstanzlichen Bevollmächtigten über das korrekte Zustelldatum ordnungsgemäß ausgeführt und die Berufungsfrist korrekt notiert, nicht aber die Berufungsbegründungsfrist.

9

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers habe daher die neben ihr stehende Frau M. mündlich aufgefordert, dies sofort und vorrangig vor allen anderen Arbeiten an ihrem eigenen Arbeitsplatz im Nachbarzimmer nachzuholen. Da es sich bei diesem Vorgang um einen der ersten von ihr ausgeführten Signiervorgänge gehandelt habe und die elektronische Signiermöglichkeit eine einschneidende Änderung der anwaltlichen Arbeitsweise bedeute, habe der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 3) die Situation noch plastisch vor Augen gestanden.

10

Frau M. habe in der Zeit vom 11.06.2019 bis 14.06.2019 Urlaub gehabt. Im Zuge der Planung der anstehenden Aufgaben und der zu bearbeitenden Akten habe sich seine Prozessbevollmächtigte an die zu fertigende Berufungsbegründung erinnert und am Abend des 12.06.2019 die Handakte gezogen, um das genaue Datum des Fristablaufes zu ermitteln. Dabei habe sie festgestellt, dass entgegen ihrer Weisung die Notierung der Berufungsbegründungsfrist unterblieben sei und die Berufungsbegründungsfrist bereits am Vortag abgelaufen gewesen war.

11

Nach Rückkehr von Frau M. aus dem Urlaub am 17.06.2019 habe sie Frau M. zu der unterbliebenen Fristnotierung befragt. Diese habe angegeben, sich an den vor ihrem Urlaub und über einen Monat zurückliegenden Vorgang nicht mehr erinnern zu können. Auf Vorhalt, dass man doch gemeinsam an dem Schreibtisch der Rechtsanwältin gestanden und den Schriftsatz signiert habe, habe sie sich zwar an die Situation im anwaltlichen Büro erinnern können, nicht aber die Erörterung in diesem Zusammenhang bzw. warum sie die Anweisung zur sofortigen Fristenkontrolle nicht ausgeführt habe.

12

Bei Frau M. handele es sich um eine langjährige, seit 2015 in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten tätige, geschulte und zuverlässige Bürokraft. Sie sei seit 2012 gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte und seit 2015 geprüfte Rechtsfachwirtin. Seit ihrer Ausbildung sei sie ununterbrochen in Rechtsanwaltskanzleien tätig. Dabei sei sie auch mit der Notierung und Kontrolle von Fristen vertraut. Ihr seien die Berechnung der Fristen und die Notwendigkeit der Fristennotierung – namentlich die einmonatige Berufung und die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist – vertraut. Warum sie in diesem Fall die Begründungsfrist nicht gleich notiert habe, sei weder Frau M. noch der Prozessbevollmächtigten des Klägers erklärlich.

13

Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger zu 3) eine eidesstattliche Versicherung der Frau M. vom 02.07.2019 vorgelegt. Weiterhin hat seine Prozessbevollmächtigte die Angaben zu den Gründen der Fristversäumung im Einzelnen anwaltlich versichert. Frau M. bestätigt in ihrer eidesstattlichen Versicherung die Anweisung vom 10.05.2019 nicht, sondern, dass sie sich an diese nicht mehr habe erinnern können.

14

Nachdem die Beklagte auf das von der Rechtsprechung entwickelte Erfordernis der Eintragung von Vorfristen hingewiesen hat, zu der sich die Darstellung des Klägers zu 3) nicht verhalte, hat der Kläger zu 3) mit Schriftsatz vom 27.09.2019 vorgetragen, in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten bestehe eine allgemeine Anweisung, bei Notierung einer Frist, darunter auch einer Rechtsmittelbegründungsfrist, im Fristenkalender zusätzlich noch eine ausreichende Vorfrist von einem Minimum von einer Woche zu notieren. Zur Glaubhaftmachung hat seine Prozessbevollmächtigte dies anwaltlich versichert. Eine Vorfrist könne aber nur dann richtig in den Kalender eingetragen werden, wenn auch die Berufungsbegründungsfrist notiert ist. Eine fehlerhaft unterbliebene Notierung einer Vorfrist sei daher vorliegend nicht ursächlich für die Fristversäumnis.

15

Die Beklagte ist dem Wiedereinsetzungsantrag entgegengetreten. Nach der Rechtsprechung gehöre zur ordnungsgemäßen Organisation einer Anwaltskanzlei auch die allgemeine Anordnung, dass regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen außer dem Datum des Fristablaufes zusätzlich noch eine Vorfrist notiert werden müsse. Die Vorfrist diene dazu sicher zu stellen, dass auch für den Fall von Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen noch eine ausreichende Überprüfungs- und Bearbeitungszeit bis zum Ablauf der zu wahrenden Frist verbleibt. Die Dauer der Vorfrist habe grundsätzlich etwa eine Woche zu betragen. Eine allgemeine oder konkrete Anweisung zur Notierung einer solchen Vorfrist habe es in der klägerischen Kanzlei nicht gegeben.

II.

1.

16

Das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers zu 3) ist statthaft, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

17

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, ist ihr gemäß § 233 ZPO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO muss die Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist innerhalb einer Frist von einem Monat beantragt werden. Die Frist beginnt gemäß § 234 Abs. 2 ZPO an dem Tage, an dem das Hindernis behoben ist. Der Wiedereinsetzungsantrag muss gemäß § 236 Abs. 2 ZPO die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten. Diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.

18

Der Kläger zu 3) hat die Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zwar innerhalb der Frist des § 234 ZPO beantragt und die versäumte Prozesshandlung nachgeholt. Innerhalb dieser Frist hat er allerdings nicht hinreichend vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass ihn an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kein Verschulden trifft. Dabei muss sich der Kläger zu 3) gemäß § 85 Abs. 2 ZPO auch das Organisationsverschulden seiner Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen.

19

Der Kläger hat vorgetragen, seine Prozessbevollmächtigte habe bei der Signatur der Berufungsschrift festgestellt, dass die Frist für die Erstellung der Berufungsbegründungsschrift nicht im Fristenkalender eingetragen war und daher die Büroangestellte M. angewiesen, diese Frist sofort und vor allen anderen Arbeiten im Kalender nachzutragen. Eine solche spezielle Anweisung ist geeignet, den Rechtsanwalt und damit auch die Partei zu entschuldigen und geht grundsätzlich allgemeinen Organisationsanweisungen vor (BGH, Urt. v. 02.11.1988, IVB ZR 109/87, FamRZ 1989, 373). Der Kläger hat diesen Vortrag auch hinreichend glaubhaft gemacht. Eine Behauptung ist schon dann im Sinne von § 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 294 ZPO glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (BGH, Beschl. v. 21.03.2019, V ZB 97/18, NJW-RR 2019, 827; BGH, Beschl. v. 18.01.2018, V ZB 113/17, NJW 2018, 1691; BGH, Beschl. v. 21.10.2010 - V ZB 210/09, NJW-RR 2011, 136; Koch, NJW 2016, 299). Zwar hat die Büroangestellte M. diese Einzelanweisung in ihrer eidesstattlichen Versicherung nicht bestätigen können. Allerdings hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erteilung dieser Einzelanweisung anwaltlich versichert. Was der Rechtsanwalt in dieser Eigenschaft selbst wahrgenommen hat, kann er durch ausdrückliche von ihm unterzeichnete anwaltliche Versicherung glaubhaft machen (Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 294 Rn. 5). Hierzu ist neben einer eidesstattlichen Versicherung der Rückgriff auf eine anwaltliche Versicherung, das heißt die auf standesrechtlichen Pflichten beruhende Versicherung der Richtigkeit einer Tatsache, zulässig, wenn diese unter Bezugnahme auf die standesrechtlichen Pflichten erfolgt (BGH, Beschl. v. 05.07.2017, XII ZB 463/16, MDR 2017, 1071 = NJW-RR 2017, 1266; BGH, Urt. v. 02.11.1988, IVB ZR 109/87, FamRZ 1989, 373; BGH, Beschl. v. 18.05.2011, IV ZB 6/10, juris; BGH, Beschl. v. 18.05.2011, IV ZB 6/10, juris; BGH Beschl. v. 22.10.2014, XII ZB 257/14, FamRZ 2015, 135; Koch, NJW 2016, 299). Ob diese vorliegend eine Überzeugung von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Vortrages des Klägers zu begründen vermag, kann der Senat offenlassen.

20

Ein Verschulden ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 3) auch nicht deshalb vorzuwerfen, weil sie die Ausführung der von ihr erteilten Einzelanweisung nicht kontrolliert hat. Hat der Rechtsanwalt eine Einzelanweisung getroffen, dass die von ihm beauftragte und stets zuverlässige Bürokraft eine Tätigkeit sofort und vor der Erledigung aller anderen Arbeiten auszuführen hat, muss er die Umsetzung dieser Anweisung nicht mehr kontrollieren (BGH, Beschl. v. 06.04.2016, VII ZB 7/15, NJW-RR 2016, 1262 = MDR 2016, 1040; BGH, Beschl. v. 10.02.2016, VII ZB 36/15, juris; BGH, Beschl. v. 25.03.2009, XII ZB 150/08, FamRZ 2009, 1132; BGH, Beschl. v. 02.04.2008, XII ZB 189/07, NJW 2008, 2589; BGH, Beschl. v. 15.11.2007, IX ZB 219/06, NJW 2008, 526; BGH, Beschl. v. 22.06.2004, VI ZB 10/04, NJW-RR 2004, 136; BGH, Urt. v. 02.11.1988, IVB ZR 109/87, FamRZ 1989, 373; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.2014, I-14 U 14/14, juris).

21

Die Anweisung, allein die Berufungsbegründungsfrist im Kalender nachzutragen stellt jedoch keine hinreichende Büroorganisation dar. Zur ordnungsgemäßen Organisation einer Anwaltskanzlei gehört die allgemeine Anordnung, dass bei Prozesshandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine Vorfrist notiert werden muss, die regelmäßig eine Woche zu betragen hat (BGH, Beschl. v. 17.02.2009, VI ZB 33/07, juris; BGH, Beschl. v. 10.06.2008, VI ZB 2/08, NJW 2008, 3439 = FamRZ 2008, 1615; BGH, Beschl. v. 25.09.2003, V ZB 17/03, FamRZ 2004, 100; BGH, Beschl. v. 06.07.1994, VIII ZB 26/94, NJW 1994, 2551). Die Vorfrist dient dazu, sicherzustellen, dass auch für den Fall von Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen noch eine ausreichende Überprüfungs- und Bearbeitungszeit bis zum Ablauf der zu wahrenden Frist verbleibt (BGH, Beschl. v. 23.07.1997, IV ZB 8/97, VersR 1998, 77; BGH, Beschl. v. 05.10.1999, VI ZB 22/99, VersR 2000, 202; BGH, Beschl. v. 30.10.2001, VersR 2002, 506). Wird eine allgemeine Organisationsanweisung durch eine konkrete Anweisung im Einzelfall ersetzt, muss diese die gleichen Anforderungen erfüllen. Eine Anweisung, neben der Berufungsbegründungsfrist auch eine Vorfrist zu notieren, um die rechtzeitige Erstellung der Berufungsbegründung zu sichern und mögliche Fehler bei der Notierung der Berufungsbegründungsfrist festzustellen, hat der Kläger zu 3) nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht. Soweit der Kläger zu 3) geltend macht, dass eine solche Frist ebenfalls von der Büroangestellten nicht eingetragen worden wäre, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass eine konkrete Einzelanweisung, die die Eintragung zweier voneinander abweichender Fristen zum Gegenstand hat, bei dieser weniger in Vergessenheit geraten wäre. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass auch die Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 3) zeitnahe zum Fristablauf sich an diesen erinnert hat. Somit ist es durchaus denkbar, dass im Bewusstsein einer früheren Fristbestimmung auch die Prozessbevollmächtigte des Klägers zu 3) den Fristablauf noch rechtzeitig überprüft hätte.

22

Soweit der Kläger zu 3) weit nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO auf Hinweis der Beklagten vorgetragen hat, es habe eine allgemeine Anweisung in der Kanzlei gegeben, auch für die Berufungsbegründungsfrist eine Vorfrist zu notieren, ist dies für das Wiedereinsetzungsgesuch unbeachtlich.

23

Zwar müssen alle Tatsachen, die für die Wiedereinsetzung von Bedeutung sein können, grundsätzlich innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden (§ 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Deshalb muss eine Partei die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen im Rahmen ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist gemäß § 236 Abs. 2 ZPO vortragen und glaubhaft machen. Hierzu gehört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus denen sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumnis beruht (BGH, Beschl. v. 21.03.2019, V ZB 97/18, NJW-RR 2019, 827).

24

Erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten ist, dürfen aber auch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH, Beschl. v. 21.03.2019, V ZB 97/18, NJW-RR 2019, 827; BGH, Beschl. v. 23.01.2019, VII ZB 43/18, juris; BGH, Beschl. v. 16.10.2018, VI ZB 68/16, MDR 2019, 244; BGH, Beschl. v. 02.06.2016, III ZB 2/16, NJW-RR 2016, 1022; BGH, Beschl. v. 06.04.2016, VII ZB 7/15, NJW-RR 2016, 1262 = MDR 2016, 1040; BGH, Urt. v. 07.03.2002, IX ZR 235/01, NJW 2002, 2107). Nach Ablauf der Antragsfrist nachgeschobene Tatsachen, die nicht der Erläuterung oder Ergänzung fristgerecht geltend gemachter Wiedereinsetzungsvoraussetzungen dienen, müssen indessen unberücksichtigt bleiben (BGH, Beschl. v. 21.03.2019, V ZB 97/18, NJW-RR 2019, 827; BGH, Beschl. v. 06.04.2016, VII ZB 7/15, NJW-RR 2016, 1262 = MDR 2016, 1040; BGH, Beschl. v. 26.09.2013, V ZB 94/13, juris; BGH, Beschl. v. 21.02.2002, IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180 = MDR 2002, 774; BGH, Beschl. v. 05.10.1999, VI ZB 22/99, NJW 2000, 365; BGH, Beschl. v. 12.05.1998, VI ZB 10/98, NJW 1998, 2678; BGH, Beschl. v. 27.02.1997 I ZB 50/96, NJW 1997, 1708).

25

Die Darstellung der Büroorganisation in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der die Wiedereinsetzung begehrenden Partei gehört nicht zu den Umständen, die auf einen Hinweis nach § 139 ZPO weiter zu erläutern sind, da es eines solchen Hinweises nicht bedarf. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Organisation des Fristenwesens stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein (BGH, Beschl. v. 29.06.2017, III ZB 95/16, JurBüro 2018, 503; BGH, Beschl. v. 19.07.2016, II ZB 3/16, NJW-RR 2016, 1529). Tragen die zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags gemachten Angaben diesen Anforderungen nicht Rechnung, deutet das nicht auf Unklarheiten oder Lücken des Vortrags hin, die aufzuklären oder zu füllen wären, sondern erlaubt es den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (BGH, Beschl. v. 29.06.2017, III ZB 95/16, juris).

2.

26

Da das Wiedereinsetzungsgesuch keinen Erfolg hat, ist die Berufungsbegründung nicht innerhalb der hierfür bestimmten Frist erfolgt und die Berufung somit gemäß § 522 Abs. 1 ZPO im Beschlusswege als unzulässig zu verwerfen.

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