Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (3. Zivilsenat) - 3 U 77/12

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. Juli 2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten monatliche Zahlung für die Nutzung einer Transformatorenstation, insgesamt 13.038,84 € ab dem 1. März 2007. Über diese Mittelspannungs-Niederspannungsstation mit einem Gewicht von ca. 10 t hat die Klägerin am 19. September 2001 mit der zwischenzeitlich insolventen M-GmbH (Schuldnerin) einen Mietkaufvertrag geschlossen. Der Mietzins war mit 482,92 € netto bei einer Laufzeit von 20 Jahren vorgesehen. Nach Ablauf der Mietzeit oder bei vorzeitiger Beendigung nach der dann im Einzelnen vorgesehenen Restzahlung sollte die Anlage Eigentum der Schuldnerin werden. Die Station mit den Ausmaßen etwa einer PKW-Garage wurde auf dem Betriebsgelände der Schuldnerin direkt neben eine Werkshalle gesetzt, deren Energieversorgung sie dient. Die Schuldnerin übertrug 2003 im Rahmen der Ausgliederung eines Teilbereichs ihres Geschäftes das fragliche Betriebsgrundstück auf eine neu gegründete GmbH & Co. KG. Die Beklagte ihrerseits hat das Grundstück und das Unternehmen im Jahr 2007 in der Insolvenz dieser Gmbh & Co. KG von dem Insolvenzverwalter erworben.

2

Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien I. Instanz und ihrer dortigen Anträge wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

3

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der Klage stattgegeben. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Betrag „als Nutzungsentschädigung für die Transformatorenstation zu“. Die Beklagte habe Kenntnis von dem Bestehen des Mietkaufvertrages gehabt, weil ihre jetzige Geschäftsführerin Tochter des damaligen Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin sei. Die streitgegenständliche Transformatorenstation sei mit dem Grundstück nicht fest verbunden. Weil die Beklagte die Station wirtschaftlich genutzt habe, sei sie verpflichtet, die geltend gemachte Nutzungsentschädigung zu zahlen.

4

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten.

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Die Beklagte macht in erster Linie geltend, bei der fraglichen Transformatoren-Station handele es sich nicht um eine bewegliche Sache, sondern um einen wesentlichen Grundstücksbestandteil, der mithin in ihrem Eigentum stehe. Das ergebe sich schon daraus, dass die Station durch ihr Eigengewicht von 10 t - ähnlich einer Fertigbetongarage, für die die Rechtsprechung ebenfalls von einem wesentlichen Bestandteil des Grundstücks ausgehe – fest auf dem Boden stehe und mit diesem insoweit verbunden sei. Das reiche aus. Darüber hinaus bestehe ihr unterer Teil aber aus einer massiven Betonwanne, die ca. 1 m tief in das gepflasterte Erdreich eingelassen und damit ohne weiteres mit einem Betonfundament vergleichbar sei. Darauf stehe der oberirdische Teil der Trafostation, der mit dieser Betonwanne fest verschraubt sei. Das erfülle nach der Rechtsprechung auch die Voraussetzungen für einen wesentlichen Bestandteil nach § 94 Abs. 2 BGB.

6

Selbst wenn aber doch von einer beweglichen Sache ausgegangen werden sollte, habe die Beklagte die Trafostation jedenfalls gutgläubig nach § 932 BGB erworben. Ihr sei bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages weder der ursprüngliche Mietkaufvertrag zwischen der Klägerin und der M-GmbH bekannt gewesen, noch die Tatsache, dass die Trafostation als bewegliche Sache im Eigentum der Klägerin stehen sollte.

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Die Beklagte beantragt,

8

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen;

9

Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

11

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und meint, die Station sei weder aufgrund ihres Eigengewichts noch aufgrund ihrer Bauweise fest mit dem Grundstück im Sinne des § 94 Abs. 1 BGB verbunden. Bei der Transformatorenstation handele es sich anders als bei einer Fertigbaugarage nicht um ein Bauwerk und dies ergebe sich auch nicht im Wege einer Wertung durch Blick auf die Umgebung. Schon vom äußeren Erscheinungsbild her fehle es bei dieser Station an dem Charakter eines ortsfesten Bauwerkes. Auch steuerrechtlich sei die Station nicht als Gebäude, sondern als Betriebsvorrichtung zu werten. Die Verkehrsanschauung führe nicht dazu, dass sie mit dem Grundstück als im Sinne von § 94 Abs. 1 BGB fest verbunden anzusehen sei.

12

Die Beklagte habe auch nicht gemäß § 932 Abs. 1 BGB gutgläubig Eigentum erworben. Ihr sei das fehlende Eigentum der Schuldnerin bzw. des Insolvenzverwalters bekannt gewesen. Jedenfalls aber liege grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 932 Abs. 2 BGB vor.

.

13

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerin vom 7. Mai 2013 verwiesen.

II.

14

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin steht die begehrte monatliche Zahlung von 482,92 € ab dem 1. März 2007 – der geltend gemachte und zuerkannte Betrag entspricht genau 27 Monatsbeträgen – weder aus den vom Landgericht offenbar zugrunde gelegten §§ 987, 990 BGB noch aus einer anderen Anspruchsgrundlage zu.

1.

15

Für einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus den §§ 987, 990 BGB fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung, nämlich dem Eigentum der Klägerin an der Transformatorenstation. Die Station ist mit dem Einbau auf dem Grundstück der Schuldnerin wesentlicher Bestandteil dieses Grundstücks nach § 94 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB geworden. Es handelt sich dabei auch nicht nur um einen Scheinbestandteil im Sinne des § 95 BGB. Mithin hat die Klägerin schon zum Einbauzeitpunkt das Eigentum an der fraglichen Trafostation verloren und ist die Beklagte ihrerseits mit dem Erwerb des Eigentums an diesem Grundstück auch Eigentümerin der Station geworden.

a.

16

Gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbunden Sachen, insbesondere Gebäude. Das Gesetz hebt durch den Einschub „insbesondere Gebäude“ selbst hervor, dass ein „Gebäude“ gerade der Regelfall der fest mit einem Grundstück verbundenen Sachen im Sinne dieser Norm ist.

17

Die Klägerin ist der Auffassung, bei der Station handele es sich nicht um ein Gebäude, weil es im Wesentlichen nicht zum Betreten von Menschen bestimmt sei und weil es auch steuerrechtlich nicht als Gebäude, sondern als Betriebsvorrichtung gewertet werde. Das ist indes nicht richtig. Die Transformatorenstation ist ein Gebäude im Sinne des § 94 Abs. 1 S. 1 BGB, denn der dortige Begriff des Gebäudes ist weit zu fassen und beinhaltet Bauwerke aller Art, weil nur so der Zielsetzung der Vorschrift, wirtschaftliche Werte zu erhalten und für rechtssichere Vermögenszuordnungen zu sorgen, ausreichend Rechnung getragen werden kann (Jickeli/Stieper in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2012, § 94 Rn. 23). Der BGH hat dazu in einer jüngeren Entscheidung (NJW 2011, 380 bei juris Rn. 12) wie folgt ausgeführt:

18

„Dem Begriff des Gebäudes kommt in unterschiedlichen Regelungszusammenhängen unterschiedliche Bedeutung zu. Unter dem in § 94 f BGB zur Bestimmung der Bestandsteileigenschaft einer Sache verwendeten Gebäudebegriff, der in seiner sachenrechtlichen Zielsetzung auf Erhaltung wirtschaftlicher Werte sowie die Wahrung rechtssicherer Vermögenszuordnungen ausgerichtet ist (BGH … NJW 1999, 2434 unter III.1), werden etwa auch Brücken und Windkraftanlagen (…) sowie vereinzelt sogar Mauern gefasst (…), während etwa in steuerrechtlichen Bewertungszusammenhängen die Abgrenzung zwischen Gebäuden und Betriebsvorrichtungen im Vordergrund steht und zu anderen Abgrenzungsergebnissen führen kann (…).“

19

Die weite Fassung des Gebäudebegriffs in § 94 BGB ist vor diesem Hintergrund anerkannt (vgl. etwa Vieweg in jurisPK-BGB 6. Aufl. 2012, § 94 Rn. 7).

20

Ist das Gebäude nach der Gesetzesfassung von § 94 Abs. 1 S. 1 BGB gerade der Regelfall eines wesentlichen Bestandteils eines Grundstücks, so kann es in Einzelfällen allerdings auch einmal so sein, dass ein Gebäude doch nicht die dort weiter genannten Voraussetzungen – mit dem Grund und Boden fest verbunden – erfüllt. Gebäude sind allerdings in der Regel mit ihrem Fundament in das Grundstück eingelassen und damit eben fest mit diesem verbunden. Indes kann ein Gebäude auch ohne Fundament fest mit einem Grundstück im Sinne der Norm verbunden sein, wenn es nämlich bereits durch sein Eigengewicht so auf dem Grundstück festgehalten wird, dass nach der maßgeblichen Verkehrsanschauung eine feste Verbindung besteht. Das ist etwa bei Fertiggaragen aus Beton in der Rechtsprechung anerkannt (BayObLG WuM 1989, 93 bei juris Rn. 29; OLG Düsseldorf BauR 1982, 164 ff, Orientierungssatz 2; BFH NJW 1979, 392). Dem ist die Literatur ganz weitgehend gefolgt. Sie hebt hervor, dass im Gegensatz dazu (als Ausnahme bei Gebäuden) leicht auseinander zu nehmende und anderweitig wieder aufstellbare Baracken keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks seien (Westermann in Erman, BGB, 13. Aufl. 2011, § 94 Rn. 4; Marly in Soergel, BGB, 13. Aufl. 2000, § 94 Rn. 8; Vieweg in jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 94 Rn. 7).

21

Nach dieser von der Literatur unterstützten Rechtsprechung wäre hier mithin auch dann von einem wesentlichen Bestandteil auszugehen, wenn die fragliche Trafostation lediglich mit ihrem Eigengewicht von ca. 10 t auf dem Boden aufstehen würde (tatsächlich ist es allerdings anders, dazu sogleich). Das Eigengewicht eines Bauwerkes steht in einem solche Fall selbst dann einer Verankerung im Boden gleich, wenn es allerdings mit den Mitteln der modernen Technik möglich wäre, dieses Bauwerk im Ganzen aufzuheben, zu transportieren und anderweitig aufzustellen. Letzteres ist hinsichtlich der Transformatorenstation der Fall, allerdings eben nur mit Hilfe eines großen Tiefladers (wie auf dem Bild Bl. 114 R d.A. anschaulich zu sehen), für den hier allerdings vermutlich noch eine besondere Zuwegung geschaffen werden müsste. Das aber schließt gerade nicht aus, von einem wesentlichen Bestandteil des Gebäudes zu sprechen. Der BFH hat in der zitierten Entscheidung zu der Fertigbetongarage ausgeführt:

22

„Soll dieser vorgenannten Verankerung das Eigengewicht eines Bauwerkes gleichwertig sein, so kann es demzufolge nicht darauf ankommen, dass die Mittel der modernen Technik es möglich machen, eine Fertiggarage der hier zu beurteilenden Art im Ganzen zu transportieren und aufzustellen. Es genügt vielmehr, dass derartige Garagen infolge ihres Eigengewichts ohne Verankerung in dem Boden eine ihrem Verwendungszweck entsprechende Standfestigkeit haben. Sie werden in der Praxis ebenso wie an Ort und Stelle gebaute Garagen in Garagenanlagen oder Wohnanlagen integriert. Dadurch erhalten sie überdies auch in ihrem äußeren Erscheinungsbild den Charakter eines ortsfesten Bauwerkes und zwar in stärkerem Maße als das vorgenannte Holzhaus oder der beschriebene Pavillon…“

23

Die Klägerin meint zwar, diese auf die Verkehrsanschauung zurückgreifenden Argumente würden für eine Fertiggarage gelten, nicht aber für die hier fragliche Transformatorenstation. Sie hebt in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 7. Mai 2013 hervor, die Station sei eine technische Anlage, die unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhanges nicht Bestandteil des Grundstücks geworden sei. Dem vermag der Senat aber nicht zu folgen. Betrachtet man die in der Akte und dem Beilagenordner enthaltenen Fotografien, wird nämlich deutlich, dass es sich bei der Station um ein Gebäude von sehr ähnlichem Ausmaß wie eine Garage handelt, das durch zwei Türen betretbar ist. Darin liegt bereits ein deutlicher Unterschied zu dem von der Klägerin erwähnten Öltank (der allerdings nach § 94 Abs. 2 BGB ebenfalls wesentlicher Grundstücksbestandteil ist, BGH MDR 2013, 329 f). Die Station ist der Werkshalle zugeordnet und baulich ähnlich wie die Garage bei einem Wohnhaus an diese Halle angelehnt, deren wirtschaftlichen Betrieb sie dient und für den sie erforderlich ist. Sie ist ersichtlich auch dem äußeren Erscheinungsbild nach als Wirtschaftseinrichtung dem Betriebsgebäude zugeordnet und hat deutlich den Charakter eines ortsfesten Bauwerks.

24

Auch vor dem Hintergrund des Zwecks von § 94 Abs. 1 S. 1 BGB - Erhaltung wirtschaftlicher Werte und Wahrung rechtssicherer Vermögenszuordnung – ist hier mithin ähnlich wie bei einer Fertiggarage von dem Regelfall eines Gebäudes auszugehen, das nach dieser Norm zu einem wesentlichen Bestandteil des Grundstücks wird.

b.

25

Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen ist aber zu bedenken, dass die fragliche Transformatorenstation nicht schlicht mit ihrem Eigengewicht auf dem Boden aufliegt, sondern mit ihrem Fundament durchaus im Erdreich verankert ist. Die Beklagte spricht in der Berufungsbegründung – ohne Widerspruch der Klägerin – davon, dass die Station zum einen aus einer unteren, massiven Betonwanne besteht, die ca. 1 m tief in das gepflasterte Erdreich eingelassen worden sei, und zum anderen aus einem darauf stehenden oberirdischen Teil.

26

Der Sachverständige hat festgestellt (Bl. 138 d. A.): „Eine feste Verbindung der Bodenwanne (also die Betonwanne unter dem Haus, die damals mit eingelassen wurde und fest zum Trafohaus gehört) existiert nicht“. Er hat im Übrigen darauf verwiesen, dass das Bild 4 aus dem Fachartikel Bl. 112 ff d. A. (nämlich Bl. 113 oben d.A.) auch auf diese Station zutreffe. Bild 4 zeigt eine Transformatorenstation mit einer Fundamentwanne, wie sie mit ihren Einzelbestandteilen auch auf Bl. 112 R d. A. zu erkennen ist. Dazu heißt es auf Bl. 112 R d. A., dass die Fundamentwanne in der Regel 0,8 bzw. 0,9 m tief in das Erdreich eingegraben werde. Insoweit spricht der Sachverständige eben auch von dem „Einlassen“ der „Betonwanne unter dem Haus“, die „fest zum Trafohaus gehört“. Man kann das auch auf dem Foto Bl. 114 R d. A. (in dem Prospekt) erkennen, wo die dortigen Fundamentwanne deutlich farblich abgesetzt ist und es dazu heißt, dass die Station von dem Tieflader „in die bauseits vorbereitete Baugrube“ gesetzt werde.

27

Die Besonderheit besteht insoweit darin, dass die Fundamentwanne nicht gesondert im Boden aufgebaut, sondern zusammen mit dem Trafohaus geliefert und sodann in die vorbereitete Baugrube eingelassen wird. Indes liegt die Transformatorenstation dadurch nicht etwa nur mit ihrem Eigengewicht auf dem Boden auf, sondern besteht durch die Einlassung der Betonwanne als Fundament tief in den Boden bereits eine feste Verbindung zu diesem, auch wenn die feste Verbindung durch moderne Technik wieder getrennt werden kann.

28

Der oberirdische Aufbau der Trafostation ist dann jedenfalls Bestandteil eines Gesamtbauwerkes, das eben auch aus diesem in den Boden eingelassenen Fundament besteht. Gerade für solche Fälle hat der BGH – und zwar unabhängig von der Frage einer festen Verbindung zwischen Aufbau und Fundament - § 94 Abs. 2 BGB zur Anwendung kommen lassen, mit der Folge, dass das Gebäude dann insgesamt als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks anzusehen ist (BGH NJW 1978, 1311 bei juris Rn. 9; vgl. auch BFH NJW 1979, 392, bei juris Rn. 10 und 12). So ist es auch hier.

c.

29

Die Transformatorenanlage ist kein Scheinbestandteil im Sinne des § 95 BGB.

30

§ 95 BGB ist ein Ausnahmetatbestand zu den § 93 und 94 BGB und kann dazu führen, dass ein Gebäude trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 94 BGB als Scheinbestandteil eben nicht im rechtlichen Sinne Bestandteil des Grundstücks geworden ist. Gerade für Energieerzeugungsanlagen und eben auch Transformatorenanlagen wird in Rechtsprechung und Literatur darauf aufmerksam gemacht, dass diese als Scheinbestandteil im Eigentum des Energieversorgungsunternehmens verblieben sein können, soweit die vertraglichen Gestaltungen so gefasst sind, dass die Voraussetzungen eines Scheinbestandteils gewahrt sind (vgl. LG Chemnitz RdE 1998, 163 ff und ausführlich Schweizer in WuM 2006, 415 ff).

31

Gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 BGB gehören zu den Bestandteilen eines Grundstücks solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Ob eine Sache zu einem nur vorübergehenden Zweck mit einem Grundstück verbunden wird, beurteilt sich in erster Linie nach dem im Zeitpunkt der Verbindung vorliegenden Willen des Erbauers, sofern dieser mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen ist. Zu einem vorübergehenden Zweck geschieht die Verbindung, wenn die spätere Trennung vom Verbindenden beabsichtigt ist. Diese innere Absicht muss anhand der äußeren Umstände erkennbar dokumentiert sein. Ein vorübergehender Zweck kann etwa vorliegen, wenn jemand in Ausübung eines zeitlich begrenzten Nutzungsrechtes z.B. als Pächter oder Mieter handelt. Hat allerdings in einem solchen Fall der Verpächter/Vermieter nach den vertraglichen Bestimmungen bei Auflösung des Vertragsverhältnisses ein Wahlrecht, ob er die Anlage gegen Zahlung einer Entschädigung übernimmt oder deren Rückbau verlangt, ist § 95 BGB nicht mehr anwendbar (FG Sachsen-Anhalt EFG 2002, 1250 f bei juris Rn. 22; BGH WM 1971, 822, 824; Schweizer, a. a. O., 415, 417).

32

Entscheidend ist letztlich immer, ob der Wille des Einfügenden im Einfügungszeitpunkt dahin geht, das fragliche Gebäude auch bei Aufhebung des Nutzungsrechts auf dem Grundstück zu belassen. Der Zweck bestimmt sich nach der inneren Willensrichtung des Einfügenden, die aber mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen sein muss (BGH NJW 1988, 2789 ff bei juris Rn. 12 und BGH NJW 1996, 916 ff bei juris Rn. 8).

33

Nach diesen Grundsätzen ist die Transformatorenstation im vorliegenden Fall nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden worden. Denn bei regulärem Verlauf sind die Erwartungen beider Parteien des Mietkaufvertrages vom 19. September 2001 dahin gegangen, dass die Station auf dem Grundstück verbleibt. Dort heißt es nämlich, die Anlage würden „nach Ablauf der Mietzeit bzw. nach Restzahlung Eigentum des Kunden“. Das Eigentum sollte also nicht nur bei der regulären Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Zahlung sämtlicher 240 Raten übergehen, sondern auch bei Beendigung des Strombezugs vor Ablauf der 240 Monate und der dann vertragsmäßig geschuldeten Restzahlung.

34

Zu Recht hat das Landgericht angesichts der Regelung des Mietkaufvertrages auch bereits in einer Zwischenverfügung vom 24. Juni 2010, Bl. 74 d. A. (durch einen damals zuständigen anderen Richter) darauf hingewiesen, dass die Beteiligten des Mietkaufvertrages die Transformatorenstation als Sachgesamtheit angesehen haben und die in den Betonwänden verbauten Geräte mithin ihrerseits wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sind. Dies ergibt sich bereits aus § 93 BGB, weil ersichtlich die Einbauten nicht von der Betonhülle getrennt werden können, ohne dass die Transformatorenstation ihrem Wesen nach verändert wird. Eine Transformatorenstation ohne die Einbauten ist eben keine Transformatorenstation mehr. Zu demselben Ergebnis würde aber auch § 94 Abs. 2 BGB führen, wonach zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes alle Bauteile gehören, die zur Errichtung in das Gebäude eingefügt werden und dem Gebäude sein spezifisches Gepräge geben (BGH MDR 2013, 329 f, bei juris Rn. 11).

35

Die Klägerin hat das Eigentum an der Transformatorenstation mithin deshalb auch unter Berücksichtigung von § 95 BGB verloren, weil sie diese Station nicht als Scheinbestandteil eingebracht hat, sondern mit der vertraglichen Zielrichtung des – wenn auch vermeintlich späteren – Eigentumsübergangs bei Beendigung des Vertragsverhältnisses. Deshalb hilft ihr der Verweis auf die Entscheidung des Landgerichts Chemnitz (in RdE 1998, 163 ff) nicht weiter. Dort wird eine Transformatorenanlage als Scheinbestandteil im Sinne von § 95 Abs. 1 BGB eingeordnet, weil der Energieversorger in jenem Fall erkennbar im eigenen Interesse insoweit handelte, als er davon ausging, dass die Station nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sein sollte. Diesen Willen hat die Klägerin hier aber gerade ersichtlich nicht gehabt.

36

Das vom Landgericht Chemnitz verstärkend herangezogene Argument aus § 11 der Verordnung über allgemeine Bedingungen für Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden hilft im vorliegenden Fall nicht weiter. Danach kann das Elektrizitätsversorgungsunternehmen für die Erstellung einer zur Versorgung notwendigen Transformatorenanlage die Bereitstellung eines entsprechenden Grundstücksteiles verlangen. Es kann nach späterer Einstellung des Strombezuges auf dem Grundstück weiter verlangen kann, dass der Anschlussnehmer die Anlage noch 5 Jahre unentgeltlich duldet. Dies betrifft aber einen Sachverhalt, wo das Unternehmen im eigenen Interesse die Transformatorenanlage nur zum vorübergehenden Gebrauch zur Verfügung stellt. Die Regelungen stehen keinesfalls einer ausdrücklichen vertraglichen Abmachung – basierend auf einem anderen Willen des Elektrizitätsversorgungsunternehmens - entgegen, diese Anlage nach Vertragsbeendigung in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen zu lassen.

37

Als Anspruchsgrundlage für die Klägerin kommen die §§ 987, 990 BGB mithin nicht in Betracht.

2.

38

Auch die von den Parteien (jedenfalls bis zu dem zutreffenden Hinweis des zunächst in der I. Instanz zuständigen Richters Bl. 74 d. A.) noch diskutierte Anspruchsgrundlage § 25 Abs. 1 S. 1 HGB kommt zugunsten der Klägerin nicht in Betracht. Danach haftet für alle im Betrieb des Geschäftes begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt.

39

Hier geht es um eine Verbindlichkeit der Firma M-GmbH aus dem Mietkaufvertrag vom 19. September 2001. Die Klägerin trägt vor, diese Firma M-GmbH als Muttergesellschaft habe im Wege der Ausgliederung eines Teilbereiches ihres Geschäftes im Jahre 2003 eine Firma X-GmbH & Co. KG gegründet und auf diese Firma bei dieser Gelegenheit auch das fragliche Grundstück übertragen (Bl. 45 d. A.). Die Klägerin meint, die Beklagte würde im Wesentlichen den Geschäftsgegenstand dieser KG fortführen, von der sie das fragliche Betriebsgrundstück übernommen habe.

40

Indes hat die Beklagte das fragliche Grundstück in der Insolvenz der genannten KG von dem Insolvenzverwalter erworben, also aus der Insolvenzmasse der KG (Protokoll Bl. 62 d.A. und Kaufvertrag vom 12. März 2007 Bl. 178 ff d. A.). Nach dem Kaufvertrag ist sowohl das Grundstück als auch das Unternehmen zum 1. März 2007 an die Beklagte verkauft worden. Ein Erwerb im Sinne von § 25 Abs. 1 S. 1 HGB liegt damit aber nicht vor, weil unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck dieser Norm der Erwerb vom Insolvenzverwalter nicht unter die Vorschrift fällt. Wäre dies anders, würde das zur Unveräußerlichkeit eines Unternehmens in der Insolvenz führen, was ersichtlich mit der Norm nicht beabsichtigt ist. Es ist deshalb allgemeine Meinung, dass § 25 Abs. 1 HGB nicht anwendbar ist, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen des Gemeinschuldners veräußert (BGH NJW 1988, 1912 f bei juris Rn. 4; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, § 25 Rn. 4 mwN).

3.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

42

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor.


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