Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (11. Zivilsenat) - 11 U 138/20

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 25.09.2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile gegen ihn zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 37.146,92 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger macht mit der Klage Rechtsanwaltsgebühren geltend.

2

Der Kläger war Partner einer Rechtsanwaltsgesellschaft zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Rechtsanwalt R. Die Partnerschaftsgesellschaft war vom Ehemann der Beklagten mit der Führung von Vergleichsgesprächen beauftragt worden. Der Ehemann hatte zuvor seine gegen die H-Bank gerichteten Ansprüche an die Beklagte abgetreten und diese hatte die Ansprüche auch bereits eingeklagt. Im Jahr 2010 schlossen die Beklagte, ihr Ehemann und die Bank einen Vergleich, mit dem der Rechtsstreit zwischen der Beklagten und der Bank wegen des Erwerbs von Beteiligungen an einem M-Fonds beigelegt wurde.

3

Die Rechtsanwaltsgesellschaft stellte der Beklagten unter dem 01.03.2013 61.594,40 € für einen Vergleichsabschluss in Rechnung und forderte die Beklagte und deren Ehemann zur Zahlung auf. Diese zahlten zunächst nicht. Die Rechtsanwaltsgesellschaft nahm die Beklagte daraufhin gerichtlich in Anspruch (LG Kiel 13 O 220/13). Gegenstand des Rechtsstreits war die auch im vorliegenden Prozess geltend gemachte Gebührenrechnung.
Die Rechtsanwaltsgesellschaft erhielt aus einem anderen Rechtsstreit, den sie für den Ehemann der Beklagten geführt hatte, vom Prozessgegner 37.146,92 €. Sie rechnete gegen die aus der Zahlung resultierende Erstattungsforderung des Ehemanns in dieser Höhe auf und erklärte den Rechtsstreit teilweise für erledigt. Die verbleibenden 24.447,48 € zahlte die Beklagte am 12.10.2015 an die Rechtsanwaltsgesellschaft. Sie zahlte zudem 5.296,76 € auf die Zinsen und 2.620,46 € auf die Kosten. Die Klage in der Sache 13 O 220/13 nahm die Rechtsanwaltsgesellschaft daraufhin zurück.

4

Die Sparkasse N. machte später aus abgetretenem Recht des Ehemanns gegenüber dem Kläger 36.736,40 € geltend, die in den aufgerechneten 37.146,92 € enthalten waren, mit der Begründung, dass die Verrechnung mit einer gegen den Ehemann gerichteten Honorarforderung unwirksam sei. Der Kläger wurde durch das Landgericht Bremen verurteilt, diesen Betrag zu zahlen.

5

Der Kläger hat behauptet, Rechtsnachfolger der Partnerschaftsgesellschaft zu sein. Die Beklagte habe ihn durch ihren Ehemann beauftragt, sie in Vergleichsverhandlungen mit der Bank zu vertreten. Durch die Zahlungen auf die Gebührenrechnung habe sie jedenfalls anerkannt, dass ein Mandatsverhältnis bestanden habe. Nachdem die Aufrechnung nicht zum Erlöschen der Gebührenforderung geführt habe, stehe ihm der Restbetrag aus seiner Rechnung zu.

6

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwischen den Parteien kein Anwaltsvertrag bestanden habe. Die Beklagte habe den Kläger oder die Rechtsanwaltsgesellschaft nicht beauftragt. Vielmehr habe der Ehemann der Beklagten den Auftrag erteilt. Er habe die Klägerin nicht vertreten. Der Partnerschaftsgesellschaft sei zur Zeit des Vertragsschlusses mit dem Ehemann unbekannt gewesen, dass die Forderung vom Ehemann an die Beklagte abgetreten worden sei. Die Zahlung auf die Forderung in einem Vorprozess sei kein Schuldanerkenntnis oder Schuldbeitritt. Dies setze eine Einigung der Parteien voraus. Diese sei jedoch nicht ersichtlich. Die vorbehaltlose Zahlung wirke grundsätzlich nicht über die Erfüllung hinaus. Anderes gelte nur dann, wenn eine Interessenlage bestehe, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gebe.

7

Gegen die Klageabweisung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Die Beklagte habe die Kanzlei des Klägers durch den Generalbevollmächtigten, den Zeugen B, in eigenem Namen beauftragen lassen, für sie die Vergleichsgespräche mit der Bank zu führen. Kostenschuldnerin habe ohnehin nur die Beklagte sein können, nicht der Ehemann. Denn sie habe das Verfahren gegen die Bank vor dem Landgericht Flensburg und dem OLG Schleswig geführt, so dass die Vergleichsgespräche folgerichtig auch nur in ihrem Namen hätten geführt werden können. Der Ehemann habe durch die Vollmachtunterzeichnung die Schuldmitübernahme aus dem Vertrag erklärt. Dies ergebe sich aus der Vergleichsvereinbarung, in der die Beklagte ausdrücklich als Klägerin genannt sei. Die Beklagte habe die Zahlung auf die Klageforderung im Vorprozess nur geleistet, weil sie genau gewusst habe, dass zwischen ihr und dem Kläger ein Mandatsverhältnis begründet worden sei. Deshalb handele es sich um ein einseitiges Schuldanerkenntnis. Zudem liege ein Anerkenntnisvertrag vor. Ein Anspruch ergebe sich auch aus Geschäftsführung ohne Auftrag.

8

Der Kläger beantragt,

9

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 37.146,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Berufung zurückzuweisen.

12

Die Beklagte verteidigt das Urteil. Sie bestreitet die Beauftragung des Klägers in ihrem Namen durch ihren Ehemann oder den Zeugen B. Eine unmittelbare Beauftragung durch sie - die Beklagte - sei vom Kläger nicht vorgetragen. Dass sie Prozesspartei in einem Rechtsstreit mit der Bank gewesen sei, führe nicht zu einem Mandat des Klägers. Denn dieser habe jenen Prozess nicht geführt. Für ein Schuldanerkenntnis oder einen Schuldbeitritt fehle es an der erforderlichen Einigung der Parteien.

13

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2021 Bezug genommen.

II.

14

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

1.

15

Einen vertraglichen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte hat der Kläger nicht. Eine zum Vertragsschluss führende Willenserklärung der Beklagten fehlt. Infrage kommt damit nur ein Vertragsschluss mit der klägerischen Kanzlei durch einen Vertreter. Dass ein Auftrag an die klägerische Kanzlei in Vertretung der Beklagten durch den Ehemann oder den Zeugen B erteilt wurde, steht indessen nicht fest. Voraussetzung für eine wirksame Stellvertretung wäre, dass die Beklagte ihren Ehemann oder den Zeugen B zum Vertragsschluss bevollmächtigt hat und die Stellvertreter ausdrücklich oder konkludent in ihrem Namen aufgetreten sind. Beides hat der Kläger nicht bewiesen.

1.1.

16

Die Beauftragung im Namen der Beklagten ergibt sich nicht schon daraus, dass - wie der Kläger meint - ein Anwalt mit der außergerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs nur von dessen Gläubiger beauftragt werden könne, dass also die Beauftragung durch einen Dritten als im Namen des Anspruchsgläubigers erklärt anzusehen sei und dass auch die für eine solche Mandatserteilung erforderliche Vollmacht keiner näheren Begründung bedürfe.

17

Dies trifft nicht zu. Zwar kann derjenige, der dem Anwalt das Mandat erteilt, hierbei auch konkludent erklären, dass er dies im Namen des Gläubigers des außergerichtlich geltend zu machenden Anspruchs tun will, zumal dann, wenn dieser Gläubiger – wie hier – auch bereits selbst – vertreten durch andere Anwälte - eine entsprechende Klage erhoben hat. Der Kläger betont aber selbst, dass die Anwaltspartnerschaft bei der Mandatserteilung von der Abtretung an die Beklagte und von deren Prozess noch gar nichts wusste, also den Ehemann selbst für den Gläubiger derjenigen Ansprüche hielt, die einem außergerichtlichen Vergleich zugeführt werden sollten. Die entsprechende Anwaltsvollmacht stammt zudem weder von der Beklagten selbst noch vom Ehemann, sondern von dem Zeugen B, der „Generalbevollmächtigter“ des Ehemanns – also nicht etwa der Beklagten – gewesen sein soll. Auch für die Zeit von Februar 2010, als die Anwaltspartnerschaft von der Abtretung an die Beklagte und von deren Prozess erfuhr, bis zum Vergleich von September 2010, trägt der Kläger keine Erklärung des Ehemanns vor, mit der dieser die Anwaltspartnerschaft erneut mit der Führung von Vergleichsgesprächen mit der Bank beauftragt haben könnte, und zwar diesmal im Namen der Beklagten.

18

Wäre der Ehemann bei der Mandatserteilung tatsächlich im Namen der Beklagten aufgetreten, so wäre auch nicht erklärlich, dass der Kläger den streitigen Honoraranspruch später gegen einen Anspruch des Ehemanns aufrechnete.

1.2.

19

Auch die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass die Beklagte die Kanzlei des Klägers in eigenem Namen beauftragen ließ, für sie Vergleichsgespräche mit der Bank zu führen. Die Aussage des zu dieser Behauptung des Klägers vernommenen Zeugen B war unergiebig. Der Zeuge hat angegeben, er habe nur für den Ehemann der Beklagten, eine Generalvollmacht gehabt. Dieser habe ihm die Generalvollmacht über einen Notar erteilt. Er wisse nichts davon, dass die klägerische Kanzlei vertreten durch ihn von der Beklagten beauftragt worden sei, Vergleichsgespräche mit der Bank zu führen. Es habe zwar während dieser Zeit Kontakt zu dem Rechtsanwalt aus der klägerische Kanzlei gegeben. Der Ehemann habe bei seinen geschäftlichen Gesprächen mit ihm aber nie gesagt, dass er auch für seine Frau etwas tun sollte und dass er deshalb im Namen seiner Frau beauftragt werde.

2.

20

Die Beklagte haftet für die Gebührenforderung auch nicht auf der Grundlage eines Anerkenntnisses, insbesondere hat sie nicht durch ihre Teilzahlung anerkannt, selbst Gebührenschuldnerin zu sein.

21

Ein konstitutives Schuldanerkenntnis scheitert schon an dem Schriftformerfordernis nach § 781 S. 1 BGB. Die Zahlung der Beklagten kann aber auch weder als deklaratorisches noch auch nur als beweiserleichterndes Anerkenntnis angesehen werden.

22

Nur unter ganz besonderen, engen Voraussetzungen kann nämlich einer bloßen Zahlung der Wille zu entnehmen sein, ein Schuldverhältnis in bestimmten Beziehungen dem Streit zu entziehen, hier dem Streit über die Frage, wer überhaupt Schuldner sei (vgl. Palandt/Sprau, 80. Aufl., § 781 Rn. 3). Der Zahlung der Beklagten konnte man aber nicht ansehen, dass die Beklagte ihre Schuldnerstellung nicht mehr bestreiten oder auch nur dem Kläger den entsprechenden Beweis erleichtern wolle, dass das Mandat in ihrem Namen erteilt worden sei. Ohne weiteres konnte die Beklagte nämlich ein Interesse daran haben, mit der Zahlung gemäß §§ 267 Abs. 1 S. 1, 362 Abs. 1 BGB eine Schuld ihres Ehemannes zu erfüllen, gegen den die Anwaltspartnerschaft kurz zuvor noch Honoraransprüche im Wege der Aufrechnung erhoben hatte. Unter anderem wegen dieser Aufrechnung musste die Beklagte ernsthaft befürchten, dass der Kläger wegen des restlichen, also nicht aufgerechneten Honoraranspruchs auch ihren Ehemann noch mit einem Mahnbescheid oder mit einer Klage überziehen werde. Einen mit Argumenten ausgetragenen Streit, dessen Beilegung die Zahlung gedient haben könnte, gab es hierüber damals auch noch gar nicht: Seine Rechnung hatte der Kläger auch an den Ehemann geschickt. Seinen Mahnantrag hatte der Kläger dann zwar nur noch gegen die Beklagte gerichtet. Im Mahnverfahren hatte er den Anspruch aber noch nicht begründet, so dass für die Beklagte auch noch nicht die Notwendigkeit bestand, mit Argumenten zu bestreiten, dass sie überhaupt die richtige Adressatin der Rechnung und des Mahnbescheides sei. All dies spricht gegen die Annahme, dass die Beklagte mit ihrer Zahlung einen solchen Streit habe beilegen wollen.

3.

23

Der klägerische Anspruch gegen die Beklagte ergibt sich auch nicht gemäß §§ 677, 683 Satz 1 BGB aus Geschäftsführung ohne Auftrag, weil der Rechtsanwalt für die Beklagte Vergleichsverhandlungen mit der Bank führte, deren Übernahme dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprachen. Es fehlt an der Geschäftsbesorgung für die Beklagte.

24

Die Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag setzt voraus, dass der Geschäftsführer ein Geschäft für einen anderen besorgt. Das kann auch dann der Fall sein, wenn er das Geschäft nicht nur als eigenes, sondern auch als fremdes führt, sei es in dem Bewusstsein und mit dem Willen zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln. Dabei kann eine Geschäftsbesorgung für einen anderen auch dann vorliegen, wenn der Geschäftsführer zur Besorgung des Geschäfts einem Dritten gegenüber verpflichtet ist (vgl. BGH X ZR 66/01 Rn. 15, 17). Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Verpflichtung auf einem mit einem Dritten wirksam geschlossenen Vertrag beruht, der Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und insbesondere die Entgeltfrage umfassend regelt, oder soweit dadurch die in anderen Vorschriften des bürgerlichen Rechts vorgesehene Risikoverteilung unterlaufen würde (vgl. BGH am angegebenen Ort Rn. 17; Staudinger/Bergmann 2020, Vorbemerkung zu §§ 677 Rn. 317; OLG Düsseldorf, 09.01.2017, 24 U 34/16, Rn. 34).

25

Der Kläger beruft sich darauf, dass auch der Ehemann der Beklagten vor Februar 2010 die klägerische Kanzlei beauftragt hat, dies auch nicht durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht, sondern wirksam. Damit liegt nach seinem Vorbringen ein mit einem Dritten wirksam geschlossener Vertrag vor, der auch die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und auf der Grundlage des RVG auch die Entgeltfrage umfassend regelt. Aus den oben genannten Gründen kommt dann ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht infrage.

4.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.


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