Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 17 UF 308/12

Tenor

1. Auf die Beschwerden der Allianz Lebensversicherungs-AG vom 10.12.2012 und die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 10.12.2012 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Oberndorf am Neckar vom 16.11.2012 (5 F 193/08) in Ziffer 2 Abs. 2 des Tenors wie folgt

a b g e ä n d e r t :

Hinsichtlich des Anrechts des Antragstellers aus der Pensionszusage der M. Werkzeug-Schleiftechnik GmbH (Firmen-Nr.: ...) bleiben Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Verfahrensbeteiligten jeweils selbst.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.140,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind seit dem 09.02.2013 rechtskräftig geschiedene Ehegatten. Das Amtsgericht - Familiengericht - Oberndorf am Neckar hat in dem Scheidungsverbundverfahren 5 F 139/08 neben dem Ausspruch der Ehescheidung den Versorgungsausgleich zwischen den beiden Ehegatten geregelt. Dabei wurden neben den beiden gesetzlichen Rentenanrechten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und einem Anrecht aus einer betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers bei der Allianz Lebensversicherungs-AG (Vers.-Nr.: ...) über 10.805,90 EUR noch der folgende Ausgleich vorgenommen:
„Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Allianz Lebensversicherungs-AG (Versicherungs-Nr.: ...) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 43.853,00 EUR nach Maßgabe der aktuellen Teilungsordnung des Versorgungsträgers, bezogen auf den 31.05.2008, übertragen.“
Hinsichtlich zweier weiterer Anrechte des Antragstellers bei der Allianz Lebensversicherungs-AG hat das Familiengericht festgestellt, dass der Ausgleich nicht stattfindet. Grund hierfür war eine dahingehende Vereinbarung zwischen den Ehegatten im Termin vom 16.11.2012, wonach diese beiden Anrechte ihren Kindern zu Gute kommen sollen.
Die Allianz Lebensversicherungs-AG hat gegen den ihr am 05.12.2012 zugestellten Beschluss am 10.12.2012 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, das Anrecht bestehe nicht bei der Allianz Lebensversicherungs-AG, sondern bei der M. Werkzeug-Schleiftechnik GmbH. Sie selbst habe lediglich im Auftrag des Versorgungsträgers den Vorschlag für den Ausgleichswert ermittelt. Dieser belief sich auf den Ausgleichswert von 43.853,00 EUR (vgl. Berechnung vom 09.04.2011, Blatt 152/156 SH VA). Sie beantragt daher, die Allianz Lebensversicherungs-AG durch die M. Werkzeug-Schleiftechnik GmbH zu ersetzen.
Der Antragstellerin wurde der Beschluss des Familiengerichts am 28.11.2012 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 10.12.2012 hat die Antragstellerin Beschwerde hiergegen eingelegt und beantragt die Endentscheidung des Familiengerichts hinsichtlich des Versorgungsausgleichs aufzuheben und nach den gesetzlichen Vorschriften zu entscheiden.
Tatsächlich habe das Familiengericht bei der von der M. Werkzeug-Schleiftechnik GmbH zugesagten betrieblichen Versorgung nur die bei der Allianz Lebensversicherungs-AG bestehende Rückdeckungsversicherung berücksichtigt. Da diese der Höhe nach mehrheitlich nicht dem Wert der rückgedeckten betrieblichen Zusage entspreche, müsse der Ausgleichswert höher liegen. Auch sei die Rückdeckungsversicherung selbst entsprechend dem Antrag der Antragstellerin am Gesamtanrecht mit einem unwiderruflichen Bezugsrecht zu ihren Gunsten auszustatten.
Der Antragsteller bestreitet diesen Vortrag. Im Übrigen sei dieses Anrecht derzeit nicht auszugleichen, da es gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG noch unverfallbar und damit nicht ausgleichsreif sei, weil das Betriebsrentengesetz in diesem Fall nicht zur Anwendung komme. In der Begründung hinsichtlich der beiden Direktversicherungen bei der Allianz Lebensversicherungs-AG, die nach dem Willen der Ehegatten vom Wertausgleich ausgenommen wurden, habe das Familiengericht zu Unrecht ausgeführt, dass die Ehegatten deren Ausgleich nach der Scheidung vereinbart hätten.
II.
1.)
Die Beschwerden sind gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 63, 64 FamFG).
2.)
Auf die Beschwerden der Allianz Lebensversicherungs-AG und der Antragstellerin war der Tenor des familiengerichtlichen Beschlusses in Ziffer 2 Abs. 2 abzuändern.
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Bei der Pensionszusage der M. Werkzeug-Schleiftechnik GmbH mit der Firmen-Nummer ... handelt es sich um ein Anrecht, das nicht den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) unterliegt. Der Antragsteller ist als Gesellschafter-Geschäftsführer der M. Werkzeug-Schleiftechnik GmbH mit einem Anteil von 100 % an der GmbH beteiligt. Die Pensionszusage unterliegt damit gemäß § 17 BetrAVG nicht dem Geltungsbereich des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung. Dies wäre nur der Fall, wenn der Antragsteller weniger als 50 % der Anteile an der GmbH halten würde, also nicht beherrschender Gesellschafter wäre. Insofern fehlt dem Antragsteller die Eigenschaft eines Arbeitnehmers im Sinne von § 17 BetrAVG (BGH NJW 2005, 2231; BGH ZIP 1991, 396; BGH BB 1981, 1276; BGH BB 1980, 1527; BGH MDR 1980, 688).
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Dies bedeutet, dass zwar ein dem Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 und 2 VersAusglG unterliegendes Anrecht auf Altersversorgung vorliegt, jedoch nicht die Regelungen zur Unverfallbarkeit eines erteilten Versorgungsanrechts gemäß § 1 b BetrAVG eingreifen. Vielmehr ist aufgrund der konkreten Bestimmungen der Pensionszusage zu prüfen, ob ein dem Grunde oder der Höhe nach hinreichend verfestigtes Anrecht als Voraussetzung für eine dingliche Teilung des Anrechts im Versorgungsausgleich besteht. Nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG fehlt einem Anrecht die Ausgleichsreife, wenn es dem Grunde und der Höhe nach nicht ausreichend verfestigt ist. Dies ist bei der vorliegenden Pensionszusage zugunsten des Antragstellers der Fall. Nach Nr. 5 der Pensionszusage vom 20.12.2007 (Blatt 34 SH VA) verfällt die Anwartschaft, wenn der Antragsteller vor Vollendung des 50. Lebensjahres aus den Diensten der Firma ausscheidet, also vor dem Jahr 2017. Auch wenn der Antragsteller der alleinige Gesellschafter ist, ist dies grundsätzlich nicht auszuschließen. Hinzu kommt, dass nach Nr. 3 der Pensionszusage vom 20.12.2007 für den Fall des Todes eine lebenslängliche monatliche Hinterbliebenenrente in Höhe von 60% der Altersrente besteht, die im Fall der Wiederverheiratung erlischt.
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Nach dem Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 11.02.2009 (DB-Drucksache 16/11903, S. 55) wird ausgeführt, dass auch Anrechte, für die das Betriebsrentengesetz nicht gilt, Regelungen kennen, die den Verfallbarkeitsbestimmungen des Betriebsrentenrechts entsprechen können und denen deshalb die Ausgleichsreife fehlt. Das ist etwa bei Versorgungszusagen für herrschende Gesellschafter-Geschäftsführer der Fall, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen (Verfallbarkeitsklauseln, Widerrufsrechte, Bedingungen) jedenfalls noch nicht so hinreichend verfestigt sind, dass eine interne oder externe Teilung dieser Anrechte möglich wäre. Da für diese Anrechte das Betriebsrentengesetz nicht anwendbar ist, wurde der Tatbestand des § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG auf diese Konstellationen erweitert.
13 
Als Folge dieser Regelung ist das vorliegende Anrecht dem Wertausgleich nach der Scheidung gemäß § 20 - 26 VersAusglG vorbehalten, kann also nur schuldrechtlich ausgeglichen werden (§ 19 Abs. 4 VersAusglG). Damit ist derzeit sowohl die Frage nach der Höhe des Anrechts unerheblich wie auch der Umstand, dass vom Familiengericht der unzutreffende Versorgungsträger benannt wurde. Analog § 224 Abs. 3 FamFG i. V. m. § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG war dementsprechend festzustellen, dass der Wertausgleich der Pensionszusage bei der M. Werkzeug-Schleiftechnik GmbH zugunsten des Antragstellers bei der Scheidung gemäß §§ 9 - 19 VersAusglG nicht stattfindet. Gemäß § 224 Abs. 4 FamFG wird ebenfalls festgestellt, dass dieses Anrecht für einen Ausgleichsanspruch nach der Scheidung nach § 20 - 26 VersAusglG bestehen bleibt.
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Zwar ist es gemäß § 224 Abs. 4 FamFG ausreichend, wenn Anrechte, die für Ausgleichsansprüche nach der Scheidung verbleiben, nur in der Begründung benannt werden. Dennoch hält es der Senat zumindest in Fällen, in denen es in der Beschwerdeinstanz ausschließlich um ein Anrecht geht, bezüglich dessen Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten bleiben, zur Klarstellung für zweckmäßig, diesen Vorbehalt auch im Tenor zum Ausdruck zu bringen (so auch KG Berlin, FamRZ 2012, 1218; Prütting/Helms/Wagner, FamFG, 2. Auflage 2011, § 224, Rn. 17; Zöller/Lorenz, ZPO, 29. Auflage 2012, § 224 FamFG, Rn. 19).
15 
Gemäß § 224 Abs. 4 FamFG ist ebenfalls festzuhalten, dass die Ehegatten im Termin vom 16.11.2012 eine Vereinbarung dahingehen geschlossen haben, dass die beiden Anrechte des Antragstellers aus privater Altersversorgung bei der Allianz Lebensversicherungs-AG mit den Versicherungs-Nummern ... und... mit den Ausgleichswerten von 1.881,91 EUR und 3.303,19 EUR vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden, weil diese Anrechte den beiden Kindern zu Gute kommen sollen. Insofern war die Ausführung des Familiengerichts in der Begründung des Beschlusses vom 16.11.2012, wonach die Ehegatten den Ausgleich dieser Anrechte nach der Scheidung vereinbart haben, unzutreffend und antragsgemäß richtigzustellen.
III.
16 
Der Senat entscheidet gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne erneute mündliche Anhörung.
17 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 1 und 3 FamFG.
18 
Die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG (21.400,00 EUR x 10%).
19 
Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht (§ 70 Abs. 2 FamFG).

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