Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 16 UF 217/13

Tenor

1. Es ist beabsichtigt, die Beschwerde des Antragstellers vom 25.07.2013 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tettnang vom 26.06.2013, Az. 7 F 67/13, ohne erneute mündliche Verhandlung und ohne erneute persönliche Anhörung der geschiedenen Ehegatten gemäß § 68 Abs. 3 FamFG zurückzuweisen, da das Rechtsmittel nach Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg hat, und die Entscheidung mit den nachfolgend dargestellten Gründen zu versehen.

2. Der Antragsteller mag die Zurücknahme des Rechtsmittels erwägen und prüfen, ob er zeitgleich die Aussetzung der Kürzung in einem gesonderten Verfahren neu beantragt.

3. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 10.03.2014.

Insbesondere wird um Mitteilung gebeten, ob die Beschwerde aufrechterhalten bleibt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Abweisung seines Antrags auf Aussetzung der Kürzung der Versorgung nach §§ 32 ff. VersAusglG.
Unter dem Az. 7 F 391/09 führte das Familiengericht das Verbundverfahren über den Scheidungsantrag des Antragstellers vom 17.08.2009 durch, beim Familiengericht eingegangen am 19.08.2009 und der Antragsgegnerin zugestellt am 01.09.2009. Mit Beschluss vom 19.08.2010 trennte es die Folgesache Versorgungsausgleich gemäß § 140 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 FamFG vom Verbund ab. Mit Beschluss vom 28.07.2010, rechtskräftig seit dem 28.07.2010, sprach das Familiengericht die Scheidung der Ehe von Antragsteller und Antragsgegnerin aus.
Das abgetrennte Verfahren über den Versorgungsausgleich hat das Familiengericht fortgesetzt und ab Februar 2013 unter dem Az. 7 F 67/13 geführt. Mit Verfügung vom 04.02.2013 hat es darauf hingewiesen, dass das Versorgungsausgleichsverfahren nach Art. 111 Abs. 4 Satz 2 FGG-RG in einem selbständigen Verfahren fortzuführen sei, weil es vor dem 01.09.2009 anhängig gewesen und später vom Scheidungsverbund abgetrennt worden sei. Unter dem 26.02.2013 haben die Bevollmächtigten des Antragstellers dessen Vertretung angezeigt und in dessen Namen beantragt, die Kürzung der Versorgung des Antragstellers bei der Bayerischen Ärzteversorgung sowie bei der Zusatzversorgungskasse des kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg in Höhe des von ihm an die Antragsgegnerin bezahlten Unterhalts (derzeit 1.500,00 EUR) auszusetzen, bis die Antragsgegnerin die Voraussetzungen für Altersrente erfülle und den Kürzungsbetrag gegebenenfalls noch um die Rentenbeträge zu kürzen, die der Antragsteller aufgrund der an ihn übertragenen Anrechte der Deutschen Rentenversicherung Bund der Antragsgegnerin in Höhe von 2,9210 Entgeltpunkten erhalte.
Nach vorangegangenem Hinweis und von den geschiedenen Ehegatten erteilter Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren hat das Familiengericht mit Beschluss vom 26.06.2013 den Versorgungsausgleich geregelt, Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten und unter Ziff. 2 entschieden: „Der Antrag des Antragstellers auf Anpassung/Aussetzung des Versorgungsausgleichs wird abgewiesen“.
Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt:
Bei dem Verfahren auf Durchführung der Anpassung wegen Unterhalts gemäß § 33 VersAusglG handele es sich um ein selbständiges Verfahren gemäß § 217 VersAusglG, da die §§ 32 ff. VersAusglG eine rechtskräftige Entscheidung zum Wertausgleich bei der Scheidung voraussetzten.
Dem Antragsteller ist der Beschluss am 01.07.2013 zugestellt worden. Mit am 26.07.2013 bei dem Familiengericht eingegangenem Schriftsatz vom 25.07.2013 hat er Beschwerde gegen den Beschluss vom 26.06.2013 eingelegt und die Beschwerde zugleich begründet. Der Antragsteller und Beschwerdeführer beantragt,
I. den Beschluss des Amtsgerichts Tettnang vom 26.06.2013 in Ziffer 2 abzuändern und
II. die Kürzung der Versorgung des Antragstellers bei der Bayerischen Ärzteversorgung sowie bei der Zusatzversorgungskasse des kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg in Höhe des von ihm an die Antragsgegnerin bezahlten Unterhalts (derzeit 1.500,00 EUR) auszusetzen, bis die Antragsgegnerin die Voraussetzungen für Altersrente erfülle und den Kürzungsbetrag gegebenenfalls noch um die Rentenbeträge zu kürzen, die der Antragsteller aufgrund der an ihn übertragenen Anrechte der Deutschen Rentenversicherung Bund der Antragsgegnerin in Höhe von 2,9210 Entgeltpunkten erhalte.
10 
Zur Begründung hat der Antragsteller ausgeführt:
11 
Zu Unrecht habe das Familiengericht den Antrag auf Aussetzung der Kürzung der Versorgung abgewiesen. Die Auffassung, dass die §§ 32 ff. VersAusglG eine rechtskräftige Entscheidung zum Wertausgleich voraussetzen würden, entspreche nicht der herrschenden Meinung. Über den Antrag könne auch zusammen mit der Entscheidung zum Versorgungsausgleich entschieden werden.
12 
Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
13 
Der Senat stellt gegenwärtig folgende Erwägungen an:
14 
Die statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde ist voraussichtlich unbegründet.
1.
15 
Zu Recht hat das Familiengericht den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Kürzung seiner Versorgung als verfrüht zurückgewiesen.
16 
Der Antragsteller meint, da die Antragsgegnerin aus den ihr im Rahmen des Wertausgleichs bei der Scheidung zufließenden Anrechten aufgrund ihres Lebensalters noch keine laufende Versorgung erhalten könne, könne er die Anpassung des Versorgungsausgleichs wegen Unterhalts bereits jetzt verlangen. Diese Auffassung geht fehl.
17 
Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte.
18 
Diese Voraussetzungen der Anpassung liegen gegenwärtig noch nicht vor.
19 
In der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur wird allerdings streitig beurteilt, ob die Durchführung einer Anpassung wegen Unterhalts gemäß §§ 33 ff. VersAusglG den rechtskräftigen Abschluss des Wertausgleichs bei der Scheidung gemäß §§ 9 ff. VersAusglG voraussetzt oder nicht. Dabei konzentriert sich der Streit auf die Fälle, in denen die Anpassung im Verbund begehrt wird. Der Bundesgerichtshof hat die Frage zuletzt unbeantwortet gelassen (BGH, 11.12.2013, XII ZB 253/13, bei juris Rn 18).
a)
20 
Das Oberlandesgericht Zweibrücken und das Oberlandesgericht Köln sowie ein Teil der Literatur sind der Ansicht, über die Aussetzung könne aus Gründen der Verfahrensökonomie und zur Vermeidung einer Doppelbelastung des Unterhaltsschuldners schon im Verbund entschieden werden. Auch die Anpassung des noch durchzuführenden Versorgungsausgleichs sei eine Regelung für den Fall der Scheidung.
21 
Das Oberlandesgericht Zweibrücken hält es jedenfalls dann, wenn im Scheidungsverbund neben dem Versorgungsausgleich auch über den nachehelichen Unterhalt zu befinden ist, für zulässig und aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten, die Entscheidung über einen Antrag auf Anpassung wegen Unterhalts bereits im Verbundverfahren zu treffen (25.11.2011, 2 UF 158/09, FamRZ 2012, 722 ff., Leitsatz). Zwischen geschuldetem Unterhalt und Umfang der Kürzung der laufenden Versorgung infolge des Versorgungsausgleichs bestehe eine gegenseitige Abhängigkeit. Ohne Aussetzung der Kürzung in der Verbundentscheidung müsse der Ausgleichs- und Unterhaltspflichtige gegebenenfalls sogleich nach Beendigung des Verbundverfahrens das Anpassungsverfahren nach §§ 33 f. VersAusglG und daran anschließend ein Unterhaltsabänderungsverfahren einleiten. Zudem wäre er für eine Übergangszeit trotz Rentenkürzung zur Zahlung des aus der ungekürzten Rente errechneten Unterhalts verpflichtet. Demgegenüber bedürfe es bei Einbeziehung der Anpassung in den Verbund keiner weiteren gerichtlichen Verfahren; weitere Belastungen der Beteiligten könnten vermieden werden. Schließlich könne mit einer gemeinsamen Entscheidung auch der wegen der unterschiedlichen Ermittlungsgrundsätze (Amtsermittlung beim Versorgungsausgleich, Dispositionsmaxime beim Unterhalt) bestehenden Gefahr unterschiedlicher Ergebnisse besser begegnet werden (a.a.O., bei juris Rn 48 ff.).
22 
Das Oberlandesgericht Köln hat sich dieser Argumentation angeschlossen (13.06.2012, 21 UF 15/12, FamRZ 2012, 1814, bei juris Rn 21).
23 
Mit gleichem Begründungsansatz spricht sich Gutdeutsch für die Zulässigkeit der Geltendmachung der Kürzungsaussetzung im Verbund aus und befürwortet auch eine Verbindung isolierter Verfahren entsprechend § 20 FamFG, § 147 ZPO, wobei er sich insbesondere auf die eintretende Arbeitsersparnis und den Gleichlauf im Rechtsmittelzug bezieht (FamRZ 2010, 1140 f., insbesondere unter III. 1.; Gutdeutsch in Bamberger/Roth, Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 01.11.2013, VersAusglG § 34 Rn 15 mit dem Bemerken, besser wäre es, wenn der Gesetzgeber für Unterhaltsprivileg und Unterhalt einen kleinen Verbund einführen würde; so auch Norpoth in Erman, BGB, 13. Aufl. § 34 VersAusglG Rn 3 unter Verweis auf Gutdeutsch; für die Zulassung als Folgesache auch: Gräper in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. § 34 VersAusglG Rn. 3 ohne Begründung; Brudermüller in Palandt BGB, 73. Aufl. § 34 VersAusglG Rn. 10 ohne Begründung; Götsche in Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht § 34 Rn. 4 ohne Begründung; Götsche, ZFE 2010, 407, 409 ohne Begründung mit Verweis auf Gutdeutsch; Heiter in Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. Rn 71 a.E.; wohl auch Weber in Keidel, FamFG, 18. Aufl. § 137 Rn 23, § 111, Rn 7 - aber § 217 Rn 6; Helms in Prütting/Helms, FamFG, 2. Aufl. § 137 Rn. 29, jetzt offengelassen: 3. Aufl. a.a.O.; vgl. Breuers in jurisPK-BGB, 6. Aufl. § 34 VersAusglG Rn 44, der zunächst aus Gründen der Verfahrensökonomie vertreten hat, die Geltendmachung im Verbund zuzulassen, diese Auffassung dann aber unter Bezug auf die Begründung des Oberlandesgerichts Celle vom 16.05.2013 aufgegeben hat, a.a.O. Rn 44.3).
b)
24 
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle und des Kammergerichts Berlin sowie eines Teils der Literatur kann dagegen über Anträge nach § 33 VersAusglG nicht im Verbund entschieden werden, weil die gesetzliche Konzeption dies nicht zulasse und verfahrensökonomischen Gründen die Gefahr in sich widersprüchlicher Entscheidungen im Verbund gegenüberstehe.
25 
Das Oberlandesgericht Celle (16.05.2013, 10 UF 66/13, FamRZ 2013, 1313 ff., bei juris Rn 15 ff.; zustimmend Breuers in jurisPK-BGB, 6. Aufl. § 34 VersAusglG Rn 44.3 und Oldenburger, jurisPR-FamR 16/2013 Anm. 5) begründet seine Auffassung damit, dass eine Entscheidung über einen Antrag nach § 33 VersAusglG nicht für den Fall der Scheidung, sondern für den Fall eines wirksam gewordenen Wertausgleichs bei der Scheidung getroffen werde, so dass sie nicht in den Verbund fallen könne, weil der Wortlaut des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG dies nicht zulasse. Eine Aussetzung der Kürzung, die § 33 VersAusglG voraussetze, komme begrifflich erst in Betracht, wenn die ausgleichsberechtigte Person aufgrund einer rechtskräftigen und wirksamen Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung tatsächlich ein ausgeglichenes Anrecht erworben habe und bei der ausgleichspflichtigen Person ein entsprechender Verlust eingetreten sei.
26 
Außerdem sei es zum Zeitpunkt der Verbundentscheidung noch offen, ob und in welchem Umfang die Entscheidung über den Wertausgleich rechtskräftig und wirksam werde. Bis dahin könnten sich die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des nachehelichen Unterhaltsanspruchs geändert haben. Auch könne im zweiten Rechtszug eine Abänderung des Wertausgleichs erfolgen, der der Anpassungsentscheidung nach § 33 VersAusglG zugrunde gelegt worden sei, wobei das Oberlandesgericht Celle von einer isolierten Anfechtbarkeit beider Versorgungsausgleichssachen ausgeht.
27 
Auch hinsichtlich der Versorgungskürzung ließen sich weder der Zeitpunkt ihres Eintritts, noch ihr genauer Umfang, noch die Höhe des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der ausgleichsberechtigten Person im Zeitpunkt der Verbundentscheidung sicher feststellen. Weil das Amtsgericht nicht sicher abschätzen könne, wann die Entscheidung über den Wertausgleich rechtskräftig werde, sei nicht einmal gesichert, dass die ausgleichsberechtigte Person zu diesem Zeitpunkt immer noch keine laufende Versorgung aus dem auszugleichenden Anrecht erhalte. Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie geböten danach die Einbeziehung in den Verbund nicht. Vielmehr sei zu besorgen, dass etwa dann, wenn ein Versorgungsträger Rechtsmittel gegen den Wertausgleich einlege, von den Ehegatten vorsorglich auch die Anpassungsentscheidung angegriffen werde, was zudem dann zu erwarten sei, wenn ein Ehegatte die Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt angreife.
28 
Die Einbeziehung der Entscheidung über den Antrag nach § 33 VersAusglG in den Verbund sei auch nicht deshalb geboten, damit gewährleistet wird, dass die Kürzung einer schon während des Scheidungsverfahrens laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person gemäß § 34 Abs. 3 VersAusglG unmittelbar ab Rechtskraft des Wertausgleichs bei der Scheidung ausgesetzt wird. Diese Wirkung könne auch dadurch erreicht werden, dass der Antrag nach § 33 VersAusglG entweder kurz vor oder unmittelbar nach Eintritt der Rechtskraft in einem selbständigen Verfahren gestellt werde.
29 
Es sei auch nicht erforderlich, die Entscheidungen über den Wertausgleich, den nachehelichen Unterhalt und den Anpassungsantrag nach § 33 VersAusglG zu verbinden, um damit ein nach isolierter Entscheidung über den Antrag nach §§ 33, 34 VersAusglG notwendiges anschließendes Unterhaltsabänderungsverfahren zu vermeiden. Denn zum einen könnten die zu erwartenden Änderungen in der Einkommenssituation der Ehegatten aufgrund des Wertausgleichs bei der Scheidung bereits bei der Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt berücksichtigt werden. Zum anderen bestünde für den Unterhaltsberechtigten auch die Möglichkeit, den nachehelichen Unterhalt zunächst nicht im Verbund, sondern im Wege einstweiliger Anordnung geltend zu machen, bis rechtskräftige Entscheidungen über den Wertausgleich und den Aussetzungsantrag ergangen seien, und - falls noch erforderlich - anschließend ein Hauptsacheverfahren über den nachehelichen Unterhalt einzuleiten.
30 
Das Kammergericht Berlin (02.11.2012, 13 UF 132/12, FamFR 2013, 137, bei juris Rn 8 ff.; zustimmend Weil, FamRB 2013, 179) verweist ebenfalls auf den Wortlaut des § 137 FamFG. Es bezieht sich außerdem darauf, dass der Gesetzgeber die Problematik, dass der Ausgleichspflichtige schon im Zeitpunkt der Scheidung Rentner ist, offenbar nicht gesehen habe. Mit der Regelung in § 137 FamFG seien die bisherigen Vorschriften über den Verbund nicht entscheidend geändert worden. Die Einbeziehung weiterer nicht unmittelbar sich als Ehefolge ergebender Sachen sei daher der Entscheidung des Gesetzgebers zu überlassen. Das Kammergericht nimmt auch zur Möglichkeit einer Verbindung des Unterhalts- mit dem Anpassungsverfahren Stellung und meint insoweit, dem stehe die Nichtöffentlichkeit der Unterhaltssache entgegen.
31 
Mit dem Begründungsansatz, die Anpassung sei Folge des vollzogenen Versorgungsausgleichs und erfolge deshalb nicht für den Fall der Scheidung, hat auch Borth vertreten, das Verfahren nach §§ 33 ff. VersAusglG könne nicht in den Verbund fallen (Versorgungsausgleich, 6. Aufl. Rn 961, jetzt 7. Aufl. Rn 1084; so auch in Musielak/Borth, FamFG, 4. Aufl. § 137 Rn 7 und FamRZ 2012, 724; Wick in Weinreich/Klein, Fachanwaltskommentar Familienrecht, 4. Aufl. § 34 VersAusglG Rn. 3 mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut; Hauß, NJW 2012, 1300 als Stellungnahme zu OLG Zweibrücken mit Verweis auf die Problematik einer Sachentscheidung erster Instanz; ebenso vgl. in Schulz/Hauß, Familienrecht, 2. Aufl. S. 1472, § 34 VersAusglG Rn 4; Glockner/Hoenes/Weil, Der Versorgungsausgleich, 2. Aufl., § 11, Rn 33 mit Verweis auf die Rechtskraft als Voraussetzung der Aussetzung; Ruland, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn 957).
c)
32 
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.
33 
Vom Willen des Gesetzgebers getragen ist nur eine Auslegung, die berücksichtigt, dass das Verfahren nach §§ 33 ff. VersAusglG die Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung voraussetzt.
aa)
34 
Dem Oberlandesgericht Celle ist zunächst darin zu folgen, dass bereits der Wortlaut des Gesetzes eine Anpassung vor Rechtskraft des Wertausgleichs bei der Scheidung nicht hergibt.
35 
Das Gesetz setzt gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG voraus, dass die ausgleichsberechtigte Person im Versorgungsausgleich ein Anrecht bereits erworben hat, aus der sie jedoch eine laufende Versorgung noch nicht erhalten kann. Erworben hat sie, da Endentscheidungen, die den Versorgungsausgleich betreffen, gemäß § 224 Abs. 1 FamFG erst mit Rechtskraft wirksam werden, die ihr im Wertausgleich bei der Scheidung zu übertragenden Anrechte erst bei Eintritt der Rechtskraft der Ausgleichsentscheidung. Entsprechendes gilt für die gesetzlich vorausgesetzte Kürzung, die erst eingetreten ist und demgemäß erst ausgesetzt werden kann, wenn der Wertausgleich bereits wirksam vollzogen ist.
bb)
36 
Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte der Norm sprechen für eine wortlautgetreue Auslegung.
37 
Die unter dem Kapitel des Versorgungsausgleichsgesetzes „Anpassung nach Rechtskraft“ erfassten Regelungen ersetzen die vorherigen Härtefallregelungen der §§ 4 bis 9 VAHRG. Der Gesetzgeber wollte deren Geltung fortschreiben; die §§ 33 und 34 VersAusglG sollten das Anpassungsrecht in Unterhaltsfällen regeln und §§ 5 und 6 VAHRG ersetzen (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucksache 16/10144, Seite 72 links). Die in den Blick genommene Neuerung konzentrierte sich auf die Beschränkung des Umfangs der Kürzung und die Verlagerung der Prüfungskompetenz von den Versorgungsträgern auf die Familiengerichte (hierzu die Gegenäußerung des Bundesrates, a.a.O. Seite 118 und die Antwort der Bundesregierung, a.a.O. Seite 126). Auch geringe Unterhaltslasten hatten zuvor die vollständige Aussetzung der Kürzung zur Folge gehabt. Die Neuregelung sollte einem Vorschlag aus dem Gesetzgebungsverfahren bei Einführung der §§ 4 ff. VAHRG (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 9/2296, Seite 14 f.) entsprechen, bei dem bereits angedacht war, die Kürzung nur in Höhe des Unterhaltsanspruchs, der bei ungekürzter Versorgung gegeben wäre, zuzulassen. Der vollständigen Aussetzung der Kürzung war seinerzeit aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung der Vorzug gegeben worden, weil die Umsetzung der Aussetzung den Versorgungsträgern oblag, denen eine Prüfung des Unterhaltsanspruchs erspart werden sollte.
38 
Die Einführung der §§ 5 und 6 VAHRG wiederum beruhte auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das postuliert hatte, nachträglich eintretenden grundrechtswidrigen Auswirkungen des Versorgungsausgleichs müsse begegnet werden können (BVerfG, 28.02.1980, 1 BvL 17/77 u.a., FamRZ 1980, 326-337, bei juris Rn 168 ff.; BT-Drucksache 9/2296, Seite 1 unter „A. Problem“; vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 7. Aufl. Rn 1072). Dieser Entscheidung wollte der Gesetzgeber auch mit der Einführung der §§ 33 und 34 VersAusglG gerecht werden (BT-Drucksache 16/10144, S. 72 links). Im Übrigen sollte die Verantwortung für den Zeitpunkt der Anpassung nach Rechtskraft auf die ausgleichspflichtige Person verlagert werden (BT-Drucksache 16/10144, S. 71 rechts).
39 
§ 33 Abs. 1 VersAusglG sollte die Voraussetzungen der Unterhaltsfälle also wie im bislang geltenden § 5 Abs. 1 VAHRG normieren (BT-Drucksache 16/10144, Seite 72 rechts, Abs. 2). Der Gesetzgeber hatte bei der Neuregelung demnach nur Fälle nach Rechtskraft des Wertausgleichs bei der Scheidung im Blick. Sich an die Konzeption der §§ 5 und 6 VAHRG anlehnend, bei denen eine Einbeziehung in den Verbund schon wegen der Zuständigkeit der Versorgungsträger ausschied und in dem Bedürfnis, die Ausgangsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen und dabei bislang eintretende Belastungen der Versichertengemeinschaft und der Versorgungsträger zurückzuführen, war eine mögliche Einbeziehung der Aussetzungsentscheidung in den Scheidungsverbund offenkundig nicht angedacht.
40 
Der Charakter der Vorschrift als gesetzliche Ausnahme vom Grundsatz der Versorgungskürzung spricht zudem dagegen, den Anwendungsbereich des § 33 VersAusglG durch eine erweiternde oder entsprechende Anwendung über das vom Gesetzgeber ausdrücklich Angeordnete und erkennbar Gewollte hinaus auszudehnen (BGH, 11.12.2013, XII ZB 253/13, bei juris Rn 22 zur Ablehnung einer analogen Anwendung auf Fälle, in denen der Ausgleichspflichtige anderen Personen als dem ausgleichsberechtigten Ehegatten zur Unterhaltsleistung verpflichtet ist). Ausdrücklich angeordnet und erkennbar gewollt hat der Gesetzgeber nur die Anpassung nach bereits eingetretener Rechtskraft des Wertausgleichs.
cc)
41 
Die gesetzliche Zwecksetzung wird durch die Beschränkung der Anpassung auf die Zeit nach eingetretener Rechtskraft des Wertausgleichs nicht vereitelt; verfahrensökonomische Gründe erzwingen die Zulassung der Anpassung vor Rechtskraft nicht.
42 
Angesichts der von dem Oberlandesgericht Celle aufgezeigten Umsetzungsproblematik vermögen verfahrensökonomische Gesichtspunkte ein Abgehen von der gesetzgeberischen Konzeption nicht zu rechtfertigen. Nicht zwingend ist im Übrigen die Auffassung, die Befrachtung des Verbunds mit einem amtswegig zu prüfenden Unterhaltsanspruch sei als verfahrensökonomischer vorzuziehen. Nach dem Grundsatz der Prozessökonomie soll der Streit der Beteiligten zwar möglichst in einem Verfahren vollständig bereinigt werden (BGH, 15.01.1982, V ZR 50/81, BGHZ 83, 12 ff., bei juris Rn 11). Der Ansatz beschränkt sich aber nicht auf Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte im Sinne einer Kostenersparnis für die Beteiligten, sondern darf auch die Praktikabilität, also die Handhabbarkeit der Verfahrensführung durch das zur Entscheidung berufene Familiengericht berücksichtigen (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl., Einleitung Rn 95 m.w.N.). Verfahrensvorschriften sind Zweckmäßigkeitsnormen, gerichtet auf eine sachliche Entscheidung des Rechtsstreits im Wege eines zweckmäßigen und schnellen Verfahrens (BGH, 08.10.1953, III ZR 310/51, BGHZ 10, 350 ff., Rn 25). Sie haben dem Interesse an einer möglichst schnellen und einfachen Beilegung des Streits zu dienen (BGH, 10.12.2002, X ARZ 208/02, BGHZ 153, 173 ff., bei juris Rn 15). Der Wertausgleich ist jedenfalls dann schneller entschieden und die Folgesache Versorgungsausgleich deutlich einfacher abzuwickeln, wenn sich das Familiengericht auf die Ermittlung der in aller Regel unstreitigen auszugleichenden Versorgungsanwartschaften beschränken kann und nicht im Anschluss an deren Ermittlung in die für das Gericht deutlich komplexere Prüfung bestehender Unterhaltsansprüche bei gegebenenfalls streitigen Tatsachengrundlagen einzutreten hat (zum Ermittlungsumfang: BGH, 21.03.2012, XII ZB 234/11, NJW 2012, 1661 ff., Leitsatz 3 und Rn 23 ff.).
43 
Zwar wird durch die Nichtzulassung der Anpassung vor Rechtskraft der Regelungszweck, Doppelbelastungen des Ausgleichspflichtigen entgegen zu wirken (KG Berlin, 24.10.2012, 25 UF 50/12, bei juris Rn 15 a.E.; vgl. BGH, 26.06.2013, XII ZB 677/12, FamRZ 2013, 1364 ff., bei juris Rn 17; Borth, a.a.O. Rn 1079; Holzwarth, FamFR 2011, 569 a.E.), gegebenenfalls nicht völlig lückenlos erreicht. Der darin liegende, bei richtiger Handhabung geringfügige Eingriff in die Rechtsstellung des Unterhalts- und Ausgleichspflichtigen ist aber hinzunehmen; es entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, dass der Wegfall der Kürzung einer Rente mit dem ersten Tag des auf den Antrag des Ausgleichsverpflichteten folgenden Monats eintritt, ohne dass eine Rückabwicklung erfolgt; hierin ist kein Verstoß gegen das Grundgesetz zu sehen (Saarländisches LSG, 29.03.2012, L 1 R 78/11, bei juris Leitsatz 3 und Rn 22 m.w.N.). Im Übrigen wird es als zulässig anzusehen sein, den Antrag auf Aussetzung der Kürzung bereits im Monat vor Eintritt der Versorgungskürzung bei dem Familiengericht einzureichen und auf dessen sofortige Zustellung hinzuwirken (OLG Celle, 16.05.2013, a.a.O. bei juris Rn 18; Borth, a.a.O. Rn 1083 f.).
2.
44 
Die von dem Antragsteller begehrte Anpassung setzt demnach die Rechtskraft des Wertausgleichs bei der Scheidung voraus.
45 
Der von dem Familiengericht in der angefochtenen Entscheidung durchgeführte Wertausgleich ist hier noch nicht rechtskräftig geworden; Teile der Versorgungsausgleichsentscheidung erwachsen, auch wenn sie nicht angefochten werden, wegen der Eröffnung der nicht fristgebundenen Anschlussbeschwerde nicht in Rechtskraft (OLG Stuttgart, 30.12.2013, 15 UF 306/13, bei juris Leitsatz 1 und Rn 31 ff.).
46 
Der von dem Antragsteller verfolgte Antrag kann also derzeit keinen Erfolg haben.
47 
Die Beschwerde wird deshalb mit der Kostenfolge des § 84 FamFG zurückzuweisen sein.

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