Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 4 Ws 38/15 (V)

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 21. Januar 2015

abgeändert

und wie folgt neu gefasst:

a) Auf den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung wird der Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Juni 2014

aufgehoben.

b) Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Antrag des Antragstellers vom 10. Juni 2014 auf kostenfreie Überlassung eines zur Zellenbelüftung geeigneten Gerätes zu entscheiden.

c) Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtlich Entscheidung als unbegründet

verworfen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, jedoch wird die Gebühr für das Verfahren jeweils um die Hälfte ermäßigt. Dem Antragsteller ist die Hälfte seiner notwendigen Auslagen in beiden Rechtszügen zu erstatten.

3. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller verbüßt eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt ……..(im Folgenden: Antragsgegnerin). Am 10. Juni 2014 beantragte er dort unter Hinweis auf die Hitzetage an Pfingsten die unverzügliche Überlassung eines zur Zellenbelüftung geeigneten Gerätes. Am 13. Juni 2014 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag ab. Sie verwies auf die Möglichkeit, einen Ventilator zu erwerben; weitergehende Maßnahmen seien nicht veranlasst. Diese Entscheidung wurde dem Antragsgegner am 16. Juni 2014 mündlich eröffnet. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung.
Der Antragsteller hat vorgetragen, im Zeitraum zwischen 2012 und 2013 habe die Antragsgegnerin die Hafträume mit neuen Fenstern ausstatten lassen, die nur einen minimalen Luftaustausch zuließen. Bereits bei moderaten Außentemperaturen entstünden in den Hafträumen „tropische Verhältnisse“. Er ist der Ansicht, die Antragsgegnerin sei verpflichtet, den Gefangenen kostenfrei Ventilatoren zu überlassen, weil die unzulänglichen Lüftungsverhältnissen und die Hitzebelastung Folge der Umbaumaßnahme sei.
Der Antragsteller hat (sinngemäß) beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm kostenlos ein Gerät zu überlassen, das eine ausreichende Luftzufuhr und Luftaustausch in den Hafträumen gewährleiste, und für die durch den Betrieb entstehenden Strom- und Wartungskosten aufzukommen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag des Antragstellers als unbegründet zu verwerfen.
Sie hat vorgetragen, gegen die eingebauten Fenster bestünden weder baurechtliche noch brandschutzrechtliche Bedenken. Die Fenster seien in Absprache mit dem Landesbetrieb Vermögen und Bau und dem Justizministerium eingebaut worden. Gegen eine mögliche Überhitzung der Hafträume seien wärmeabsorbierende Glasscheiben eingebaut worden. Der abgetrennte Sanitärbereich verfüge über eine Abluftanlage. Durch den Türschlitz oder das Öffnen der Türe könne ein Durchzug geringer Stärke hergestellt werden. Außerdem könne die Türklappe der Haftraumtüre tagsüber bei Anwesenheit eines Vollzugsbediensteten geöffnet werden, um den Durchzug im Haftraum zu verstärken. Die Gefangenen hätten die Möglichkeit, im Anstaltseinkauf für etwa 20 EUR einen Ventilator zu erwerben.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Ravensburg hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 21. Januar 2015 als unbegründet verworfen. Der Verpflichtungsantrag des Antragstellers könne keinen Erfolg haben, weil keine entsprechende Anspruchsgrundlage existiere. Insbesondere ergebe sich der vom Antragsteller verfolgte Anspruch nicht aus der Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 2 JVollzGB I. Es handele sich um eine Organisationsregelung, aus der die Gefangenen keine Rechte herleiten können. Der Anspruch des Antragstellers auf menschenwürdige Unterbringung sei bei Anwendung der von der Antragsgegnerin angeführten Maßnahmen nicht verletzt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner am 19. Februar 2015 zu Protokoll des Rechtspflegers erklärten Rechtsbeschwerde. Er verfolgt sein ursprüngliches Begehren weiter und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
1. Die statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Es ist geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen (§ 93 JVollzGB III, § 116 Abs. 1 Fall 1 StVollzG).
2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
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a) Allerdings ist die Verfahrensrüge, mit der der Antragsteller die Verletzung der § 24 Abs. 2 StPO, § 120 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, § 93 JVollzGB III rügt, jedenfalls unbegründet.
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aa) Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Mit Schreiben vom 28. Juli 2014 lehnte der Antragsteller die beim Landgericht Ravensburg mit der Sache befasste Richterin am Landgericht ……. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Er behauptete, die abgelehnte Richterin habe in anderen Verfahren Stellungnahmen der Antragsgegnerin - insbesondere eine Stellungnahme gegenüber dem Petitionsausschuss des Landtages von Baden-Württemberg - bei ihrer Entscheidung zu seinem Nachteil verwertet, ohne ihm vom Inhalt der Stellungnahmen Kenntnis zu gegeben. Trotz seiner Hinweise habe die abgelehnte Richterin in einem anderen Verfahren eine Gesamtstrafenbildung nicht überprüft. Ebenfalls in einer anderen Sache habe die abgelehnte Richterin acht Monate lang nicht entschieden, obwohl er auf die aus seiner Sicht bestehende Eilbedürftigkeit hingewiesen habe. Nach Einholung einer dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin wies eine andere Richterin den Befangenheitsantrag des Antragstellers als unbegründet zurück. Der Antragsteller legte gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde ein, mit der er vor allem eine ungenügende Sachverhaltsaufklärung der abgelehnten Richterin in anderen ihn betreffenden Verfahren rügte. Der Senat verwarf die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 12. November 2014 (4 Ws 440/14) als unzulässig.
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bb) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Verfahrensrüge den Anforderungen des § 118 Abs. 2 Satz 2 StVollzG entsprechend erhoben wurde und deshalb zulässig ist. Sie ist jedenfalls unbegründet.
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(1) Das Landgericht hätte das Ablehnungsgesuch bereits nach § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO als unzulässig verwerfen müssen. Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 StPO muss der Antragsteller auch die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens seines Ablehnungsgesuchs glaubhaft machen. Er muss nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO die Ablehnung unverzüglich geltend machen. An die Auslegung des Begriffs „unverzüglich“ ist im Interesse einer zügigen Durchführung des Verfahrens ein strenger Maßstab anzulegen. Die Ablehnung muss zwar nicht sofort, aber ohne schuldhaftes Zögern, also ohne unnötige, nicht durch die Sachlage begründete Verzögerungen geltend gemacht werden. Durch die Sachlage begründet ist eine Verzögerung, die dadurch entsteht, dass der Antragsteller, nachdem er Kenntnis vom Ablehnungsgrund erlangt hat, eine gewisse Zeit zum Überlegen und zum Abfassen des Gesuchs benötigt. Welche Zeitspanne dafür zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der jeweiligen Verfahrenssituation ab (BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - 3 StR 429/05, juris Rn. 10).
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Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, seit wann und wodurch ihm bekannt war, dass die abgelehnte Richterin zur Entscheidung über seine Antrag berufen ist. Nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers hat die abgelehnte Richterin bereits in mehreren anderen ihn betreffenden Verfahren entschieden. Deshalb liegt es nahe, dass ihm die Zuständigkeit der abgelehnten Richterin bereits bekannt war, als er seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellte. Weiter hat er nicht dargelegt, seit wann ihm die Verfahrenshandlungen und Entscheidungen der Richterin in den anderen Verfahren, auf die er sein Ablehnungsgesuch stützt, bekannt sind. Auf dieser Grundlage kann der Senat nicht beurteilen, ob der Antragsteller das Ablehnungsgesuch rechtzeitig gestellt hat.
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(2) Darüber hinaus musste dem Ablehnungsgesuch aber auch deshalb der Erfolg versagt bleiben, weil es unbegründet ist.
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Der Senat hat nach Beschwerdegrundsätzen zu prüfen, ob aufgrund des Verhaltens des abgelehnten Richters ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO, § 120 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, § 93 JVollzGB III). Dabei kommt es nicht auf die rein subjektive Sichtweise des Ablehnenden an. Maßgebend ist, ob ein vernünftiger Antragsteller bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zur Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Januar 2006 - 1 Ss 5/06, juris Rn. 11 mit weiteren Nachweisen).
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Gemessen hieran hat der Antragsteller keine Umstände glaubhaft gemacht, die eine Befangenheit der abgelehnten Richterin begründen. Wie aus ihrer dienstlichen Stellungnahme hervorgeht, hat die abgelehnte Richterin in den von ihr bearbeiteten den Antragsteller betreffenden Verfahren stets sämtliche Stellungnahmen der Antragsgegnerseite dem Antragsteller in Kopie zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme der Antragsgegnerin gegenüber dem Petitionsausschuss sei ihr nicht bekannt. Im Hinblick auf den vom Antragsteller vermissten Härteausgleich habe sie in dem betreffenden Beschluss dargelegt, warum sie der Meinung sei, dass dieser bereits erfolgt sei. Soweit der Antragsteller - pauschal - eine gründliche Sachverhaltsaufklärung vermisst und die Begründungen der Beschlüsse als zu oberflächlich empfindet, kann er die Besorgnis der Befangenheit hierauf allein nicht stützen. Ebenso lassen Verzögerungen in der Bearbeitung eines Verfahrens alleine nicht auf die Besorgnis der Befangenheit schließen. Der Antragsteller hat keine Tatsachen vorgebracht, aufgrund derer die Verfahrensweise und die Entscheidungen der abgelehnten Richterin als willkürlich erscheinen. In einer Zusammenschau der vorgebrachten Tatsachen hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass auch aus der maßgeblichen Sicht des Antragstellers keine Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richterin besteht.
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b) Die Rechtsbeschwerde erzielt jedoch mit der Sachrüge einen Teilerfolg, denn die Ablehnung des Antrags des Antragstellers durch die Antragsgegnerin war mangels ausreichender Begründung rechtswidrig und verletzte ihn schon deshalb in seinen Rechten. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Antragsteller die kostenfreie Überlassung eines Geräts verlangen kann, das eine ausreichende Luftzufuhr und Luftaustausch im Haftraum sicherstellt. Die hierfür maßgeblichen Tatsachen sind nicht ausreichend aufgeklärt. Deshalb ist die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden (§ 115 Abs. 4 Satz 2 StVollzG).
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aa) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt der Strafvollstreckungskammer. Danach können Gefangene aus den Organisationsregelungen des § 9 Abs. 1 JVollzGB I unmittelbar keine Rechte herleiten (Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 144 Rn. 4; Anm. zu § 9 JVollzGB I BW). Sie haben aber einen Anspruch auf menschenwürdige (Art. 1 Abs. 1 GG) Unterbringung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. November 2007 - 2 BvR 939/07, juris Rn. 12; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 1 Ws 27/03, juris Rn. 5), die auch den Schutz ihrer Gesundheit gewährleistet (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Ist der danach gebotene Mindeststandard verletzt, können sie von der Justizvollzugsanstalt geeignete Maßnahmen verlangen, die eine menschenwürdige Unterbringung sicherstellen und dem Gesundheitsschutz Rechnung tragen. Ein darauf zielendes Begehren können die Gefangenen mit einem Anfechtungsantrag oder - wie hier - mit einem Verpflichtungsantrag geltend machen (Verrel in Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel, Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl., D Rn. 59).
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bb) Nach den getroffenen Feststellungen reichen die Belüftungsmöglichkeiten des Haftraums noch aus, um den erforderlichen Luftaustausch sicherzustellen. Auf eine den grundrechtlichen Anforderungen nicht genügende Ausgestaltung des Vollzuges kann es hindeuten, wenn internationale Standards mit Menschenrechtsbezug nicht beachtet beziehungsweise unterschritten werden (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 13. November 2007 - 2 BvR 939/07, juris Rn. 15; vom 18. März 2015 - 2 BvR 1111/13, juris Rn. 31). Dies ist hier aber in Bezug auf eine ausreichende Belüftung nicht ersichtlich. Nach Nr. 18.2 Buchstabe b der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze, Empfehlungen Rec(2006)2, des Ministerkomitees des Europarats müssen Gebäude, in denen Gefangene leben, arbeiten oder sich aufhalten über Fenster verfügen, die groß genug sind, damit Frischluft einströmen kann, es sei denn eine entsprechende Klimaanlage ist vorhanden. Das von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen abhängige Ausmaß des erforderlichen Frischluftzustroms ist nicht vorgegeben. Die im Haftraum des Antragstellers eingebauten Fenster werden den Erfordernissen einer ausreichenden Frischluftversorgung im Allgemeinen gerecht. Die Metallprofilfenster zeichnen sich dadurch aus, dass sich ein Fensterflügel, der ein Drittel der Fensterfront bildet, hinter einer Lochblende befindet. Dieser Fensterflügel kann zur Belüftung geöffnet werden. Die übrigen zwei Drittel des Fensters sind nicht zu öffnen und bestehen aus einer Glasscheibe (LT-Drucks. 15/6175, S. 16). Diese Gestaltung der Haftraumfenster, die in mehreren Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg verbaut wurden, tragen einerseits dem Sicherheitsbedürfnis Rechnung und gewährleisten andererseits unter gewöhnlichen Bedingungen eine ausreichende Luftzufuhr. Die Hochbauverwaltung und das Justizministerium bewerteten die Blenden als ausreichend für den erforderlichen Luftaustausch (vgl. LT-Drucks. 14/5942, S. 23; LT-Drucks. 15/212, S. 15; LT-Drucks. 15/6175, S. 16).
21 
cc) Jedoch kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden, ob die Antragsgegnerin im Hinblick auf die in den Hafträumen herrschenden Temperaturen zu weitergehenden Maßnahmen verpflichtet ist, um den Mindeststandard einer menschenwürdigen und dem Schutz der Gesundheit hinreichend Rechnung tragenden Unterbringung zu gewährleisten.
22 
(1) Überschreitet die Raumtemperatur im Haftraum nicht nur an einzelnen Tagen für mehrere Stunden 30° C, obwohl der Gefangene alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Absenkung der Raumtemperatur ausnutzt, ist die Justizvollzugsanstalt verpflichtet, im Rahmen des technisch, organisatorisch und unter Sicherheitsbelangen Zumutbaren Abhilfe zu schaffen. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass die Justizvollzugsanstalt den Gefangenen an den Tagen, an denen zu erwarten ist, dass die Raumtemperatur 30° C überschreitet, Ventilatoren zum kostenlosen Gebrauch überlässt.
23 
Es existieren keine allgemeingültigen Regelungen über die zulässige Raumtemperatur für die Hafträume. Anhaltspunkte für das Erreichen einer unzumutbaren Überhitzung von zum Daueraufenthalt bestimmten Räumen können sich aus den Technischen Regeln für Arbeitsstätten zur Raumtemperatur (ASR A3.5) ergeben, die aufgrund § 7 Arbeitsstättenverordnung vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekannt gemacht wurden (GMBl. 2010, S. 751, zuletzt geändert GMBl. 2014, S. 287). So verpflichtet Ziffer 4.4 Abs. 2 der ASR A3.5 den Arbeitgeber bei einer Raumtemperatur von mehr als 30° zu wirksamen Schutzmaßnahmen gegen Gesundheitsgefährdungen.
24 
Soweit ein dem grundrechtlich geschützten Mindeststandard entsprechendes Raumklima nur durch den Einsatz eines Ventilators sichergestellt werden kann (vgl. LT-Drucks. 14/5942, S. 23), darf die Justizvollzugsanstalt die Gefangenen nicht auf die Möglichkeit eines entgeltlichen Erwerbs oder einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung von Geräten verweisen. Die Justizvollzugsanstalten dürfen Gefangene - über den unter den Voraussetzungen des nach § 51 JVollzGB III zu erhebenden Haftkostenbeitrags hinaus - nicht ohne gesetzliche Ermächtigungsgrundlage an den Kosten für Unterbringung und Verpflegung beteiligen, die zur Deckung des grundrechtlich geschützten Mindestbedarfs dienen (vgl. Däubler/Galli in Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl., § 50 Rn. 13 ff.).
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(2) Gemessen hieran durfte die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers mit der gegebenen Begründung nicht ablehnen. Aus der Begründung der Entscheidung der Antragsgegnerin und den von der Strafvollstreckungskammer getroffenen Feststellungen ergibt sich nicht, ob die vom Antragsteller als „tropische Verhältnisse“ umschriebene Hitzebelastung ein solches Ausmaß erreicht, dass sie die vom Antragsteller begehrte oder eine andere geeignete Abhilfemaßnahme treffen musste. Bei der erneuten Entscheidung kommt es maßgeblich darauf an, in welchen Zeiträumen welche Temperaturen in den Hafträumen erreicht werden. Die Antragsgegnerin hätte sich mit der Frage beschäftigen müssen, ob - gegebenenfalls auch aufgrund während Hitzeperioden in der Vergangenheit gewonnener Erfahrungen - im Haftraum des Antragstellers an mehreren Tagen über mehrere Stunden Temperaturen von über 30 ° C zu erwarten waren.
26 
Bei der erneuten Entscheidung wird die Antragsgegnerin auch zu prüfen haben, ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die der Antragsteller geltend macht, bereits bei niedrigeren zu erwartenden Raumtemperaturen Abhilfemaßnahmen gegen die Hitzebelastung erfordern.
III.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 StVollzG, § 467 StPO.
28 
Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 60 Halbsatz 1, § 52 Abs. 1 GKG.

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