Urteil vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 Bf 32/17.A

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Februar 2017 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger, nach eigenen Angaben Staatsangehörige der Arabischen Republik Syrien, kurdischer Volkszugehörigkeit und moslemischen (sunnitischen) Glaubens, begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

2

Der Kläger zu 1) ist nach eigenen Angaben am ... ... in Amouda geboren, die Klägerin zu 2) am ... in Rakka und die Kläger zu 3) bis 5) am ..., am ... und am ... in Quamishli. Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der Kläger zu 3) bis 5).

3

Die Kläger haben nach eigenen Angaben ihr Heimatland am 15. September 2015 verlassen und sind am 15. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, suchten am selben Tag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) um die Gewährung von Asyl nach und stellten am 6. April 2016 einen Asylantrag. In der von den Klägern zu 1) und 2) unterschriebenen Niederschrift hierzu (Bl. 15 Beiakte A) ist als gegenwärtige Anschrift die Zentrale Aufnahmeeinrichtung Hamburg, Harburger Poststr. 1, 21079 Hamburg angegeben. Zu den Sprachkenntnissen der Kläger ist vermerkt: „Sprache (1.) Arabisch“ und „Sprache (2.) Kurdisch“. Den Klägern zu 1) und 2) wurde die Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten und allgemeine Verfahrenshinweise, einschließlich der Belehrung über die Regelungen u.a. in §§ 10, 25 Abs. 1 - 3 und 36 Abs. 4 Satz 3 AsylG in deutscher und in arabischer Sprache ausgehändigt. Auf die „Wichtige Mitteilung“ wird Bezug genommen (Bl. 17 - 24, 27 - 34 Beiakte A). Auszugsweise heißt es dort:

4

Wichtige Mitteilung

5

- Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten
und
- Allgemeine Verfahrenshinweise

6

Sehr geehrte/r Antragsteller(in)
(...)

7

Achten Sie bitte auf die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung, insbesondere auf die dort genannten Fristen. Nur innerhalb dieser Fristen können Sie gegen die Entscheidung bei dem angegebenen Verwaltungsgericht vorgehen.

8

Nach dem Asylgesetz sind Sie verpflichtet, im Asylverfahren mitzuwirken.

9

Die Erfüllung der Mitwirkungspflichten ist für Sie äußerst wichtig, denn die Vernachlässigung Ihrer Mitwirkungspflichten kann zu empfindlichen Nachteilen führen.

10

Deshalb müssen Sie dem Bundesamt, der Ausländerbehörde und im Falle eines Gerichtsverfahrens auch dem Verwaltungsgericht insbesondere jeden Wohnungswechsel umgehend mitteilen.

11

Im Asylverfahren müssen Ihnen von diesen Behörden oder vom Gericht Mitteilungen, Ladungen oder Entscheidungen übersandt werden. Die Übersendung erfolgt immer an die letzte Anschrift, die der Behörde oder dem Gericht mitgeteilt worden ist.

12

Wenn sich Ihre Anschrift geändert hat, ohne dass dies diesen Stellen bekannt geworden ist, wird die Mitteilung/Ladung/Entscheidung an Ihre alte Anschrift gesandt.

13

Das Gesetz bestimmt, dass diese Mitteilung/Ladung/Entscheidung auch dann wirksam ist, wenn Sie dort nicht mehr wohnen und daher von deren Inhalt keine Kenntnis erhalten.

14

Die Unterlassung der Mitteilung über Ihren Wohnungswechsel kann für Sie erhebliche Folgen haben, z.B. kann

15

- (...)
- die Entscheidung des Bundesamtes unanfechtbar werden, wenn Sie bei Entscheidungen die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels zum Gericht deshalb versäumen. Die Rechtsmittelfristen, die unbedingt eingehalten werden müssen, sind so bemessen, dass Sie ggf. sofort etwas unternehmen müssen (z.B. Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt). Ansonsten können Sie bei unanfechtbarer Entscheidung des Bundesamtes unter Umständen sofort abgeschoben werden.

16

Wichtig ist:

17

Teilen Sie den genannten Stellen jeden Wohnungswechsel mit. Dies gilt auch dann, wenn Ihnen von einer staatlichen Stelle ein neuer Wohnort und eine neue Unterkunft zugewiesen worden sind; denn die Zuweisungsbehörden sind in der Regel andere Behörden.
(...).“

18

Die Kläger wurden am 1. Juni 2016 von dem Bundesamt angehört. Ausweislich der Niederschrift (Bl. 74 Beiakte A) sind u.a. die Angaben in Teil 1 der Niederschrift zum Asylantrag, zu denen auch die Anschrift gehört, mit den Klägern abgeglichen worden.

19

Mit Bescheid vom 26. August 2016 gewährte das Bundesamt den Klägern den subsidiären Schutzstatus und lehnte im Übrigen den Asylantrag der Kläger ab. Dem Bescheid beigefügt ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die nach dem Bescheid „Bestandteil dieses Bescheides“ ist und in der es u.a. heißt (Bl. 105 Beiakte A):

20

„Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht Hamburg (...) erhoben werden. Für die Rechtzeitigkeit ist der Tag des Eingangs beim Verwaltungsgericht maßgebend.

21

Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein. Sie ist gegen die Bundesrepublik Deutschland (...) zu richten. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten.

22

Die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel sind binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Bescheides anzugeben. (...)“

23

Dem Bescheid vom 26. August 2016 beigefügt war zudem eine arabische Übersetzung der Bescheidtenorierung (Bl. 99 Beiakte A) und der Rechtsbehelfsbelehrung (Bl. 100 Beiakte A). In dem deutschen Begleittext heißt es u.a. (Bl. 99 Beiakte A):

24

„Dies ist eine Übersetzung der Entscheidung über Ihr Asylgesuch. Sie soll Ihnen lediglich als Hilfe dienen, den Bundesamts-Bescheid richtig zu verstehen, ersetzt aber nicht den deutschsprachigen Bescheid. Maßgeblich für die Entscheidung in Ihrem Asylverfahren ist deshalb ausschließlich der Bescheid in der Amtssprache Deutsch.

25

1. Der subsidiäre Schutzstatus wird zuerkannt.

26

2. Im Übrigen wird der Asylantrag abgelehnt.

27

Auf der folgenden Seite finden Sie die Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung. Darin ist das Verfahren für eine Klage gegen die Bundesamtsentscheidung beschrieben und die Adresse des zuständigen Verwaltungsgerichts genannt. Auch die maßgebliche Rechtsbehelfsbelehrung ist ausschließlich die in der Amtssprache Deutsch, welche Bestandteil des deutschsprachigen Bescheides ist.“

28

Nach der vom Berufungsgericht veranlassten Rückübersetzung der Hinweise zu der Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache (Bl. 101 d. Gerichtsakte - GA -) heißt es dort u.a.:

29

„Anweisungen bezüglich der Rechtsmittel a

30

Eine Klage kann gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung erhoben werden, bei dem Verwaltungsgericht Hamburg (...)

31

Das Eingangsdatum der Klage beim Verwaltungsgericht ist die Zeitgrenze der oben genannten Frist.

32

(Erste Version) in der Klage, die auf Deutsch geschrieben sein muss, muss der Kläger und die Beklagte sowie der Gegenstand der Klage erwähnt werden.

33

(Zweite Version) in der Klage, die auf Deutsch abgefasst sein muss, muss der Kläger und die Beklagte sowie der Gegenstand der Klage erwähnt werden.
(...).“

34

Nach der vom Berufungsgericht veranlassten Rückübersetzung der Hinweise zu der Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache (Bl. 102 d. GA) heißt es dort u.a.:

35

„Und auf den Pro-Seiten finden Sie die Übersetzung der Anweisungen bezüglich der Rechtsmittel. Darin finden Sie eine Aufklärung zum Verfahren, das durchgeführt werden muss, um eine Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes einzureichen, und auch die Adresse des zuständigen Verwaltungsgerichtes. Und ebenfalls ausschlaggebend in Bezug auf die Anweisungen bezüglich der Rechtsmittel sind in der Amtssprache Deutsch und keiner anderen abgefasst, die als Bestandteil des deutschsprachigen Bescheides zu betrachten ist.“

36

Der Bescheid wurde ausweislich der Zustellungsurkunde am 1. September 2016 einem Beschäftigten der Zentralen Aufnahmeeinrichtung Hamburg, Harburger Poststraße 1, 21079 Hamburg übergeben.

37

Die Kläger haben, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 26. September 2016 Klage bei dem Verwaltungsgericht Hamburg erhoben und begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Auf die Verfristung der Klagerhebung ist in der Klagbegründung nicht eingegangen worden.

38

Mit der Klagerwiderung vom 13. Oktober 2016 hat die Beklagte u.a. geltend gemacht, die Klage sei verfristet, da der Bescheid des Bundesamtes den Klägern am 1. September 2016 zugestellt worden sei bzw. als zugestellt gelte. Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. Oktober 2016, das am 18. Oktober 2016 abgesendet worden ist, wies das Gericht darauf hin, dass die Klage verfristet sein dürfte. Daraufhin haben die Kläger mit Schreiben vom „12.10.2016“, das bei Gericht per Telefax am 28. Oktober 2016 eingegangen ist, vorgetragen, dass die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO nicht gelte, weil die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung fehlerhaft sei. Mit der Formulierung „in deutscher Sprache abgefasst“ werde den Betroffenen unrichtigerweise nahegelegt, die Klage müsse schriftlich erhoben werden. Die Klage sei daher zulässig.

39

Die Kläger haben beantragt,

40

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. August 2016 zu Ziffer 2. zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

41

Die Beklagte hat beantragt,

42

die Klage abzuweisen.

43

Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die Klage sei verfristet. Im Übrigen hat sie sich ergänzend auf den angefochtenen Bescheid berufen.

44

Mit Urteil vom 3. Februar 2017 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Rechtsbehelfsbelehrung in dem angefochtenen Bescheid sei ordnungsgemäß. Die gewählte Formulierung, die Klage müsse in deutscher Sprache abgefasst sein, sei bei lebensnaher Betrachtung nicht irreführend. Insbesondere sei dieser Formulierung nicht zu entnehmen, die Klage müsse ausschließlich schriftlich und könne nicht auch zur Niederschrift erhoben werden. Gründe, die eine Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO rechtfertigen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 8. Februar 2017 zugestellt worden.

45

Auf den Antrag der Kläger vom 6. März 2017 hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. Juni 2017 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 27. Juni 2017 zugestellt.

46

Am 5. Juli 2017 begründeten die Kläger die Berufung dahingehend, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts und der angefochtene Bescheid rechtswidrig seien und die Kläger in ihren Rechten verletzten. Die Kläger hätten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Zur Begründung werde auf das bisherige Vorbringen der Kläger im Verwaltungsverfahren verwiesen.

47

Die Kläger beantragen,

48

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 3. Februar 2017 (Az: 11 A 5201/16) und unter Abänderung der Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten vom 26. August 2016 die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

49

Die Beklagte beantragt,

50

die Berufung zurückzuweisen.

51

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Rechtsbehelfsbelehrung der Beklagten nicht unrichtig i.S.d. § 58 Abs. 2 VwGO sei. Die Beklagte beruft sich insoweit auf Entscheidungen verschiedener Verwaltungsgerichte. Selbst wenn die Klage als zulässig angesehen werde, sei diese jedoch unbegründet, da den Klägern kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zustehe. Ergänzend wird auf den Schriftsatz vom 5. Juni 2018 Bezug genommen.

52

Die vom Berufungsgericht beauftragte Übersetzerin hat die möglichen Bedeutungen des im Arabischen verwendeten Verbes, das von ihr mit „geschrieben“ bzw. „abgefasst“ übersetzt worden ist, bezogen auf dessen Infinitivform („harra“) wie folgt angegeben (Bl. 101 d. GA):

53

„ausstellen, befreien, liberalisieren, ausfertigen, entledigen, erlösen, freigeben, schreiben, notieren, redigieren, freischalten, losmachen, bearbeiten, emanzipieren, edieren, freilassen, freisetzen, befreien, abfassen.“

54

In der mündlichen Verhandlung hat sie ergänzend erklärt, dass in der arabischen Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung das Verb „harra“ im Passiv verwendet worden sei.

55

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird ergänzend Bezug genommen. Die Sachakten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

56

Die Berufung der Kläger ist zulässig (A.), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht die Klage der Kläger zu Recht als unzulässig abgewiesen hat (B.).

A.

57

Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig.

58

1. Die Kläger haben innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung und damit fristgerecht i.S.d. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO die Berufung begründet. Die Berufungsbegründung genügt (noch) den Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO. Danach muss die Begründung der Berufung die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten. Grundsätzlich ist insoweit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen aufzuführen, weshalb das angefochtene Urteil nach der Auffassung des Berufungsführers unrichtig ist und geändert werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.4.2001, 1 C 33.00, BVerwGE 114, 155, juris Rn. 10). Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Kläger zwar nicht, da diese auf die Unzulässigkeit der Klage, auf die das Verwaltungsgericht die Klagabweisung gestützt hat, nicht eingeht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 8.3.2004, 4 C 6.03, NVwZ-RR 2004, 541, juris Rn. 21) soll es jedoch auch ausreichend sein, dass durch einen fristgerecht im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass und weshalb der Berufungsführer an der Durchführung des zugelassenen Berufungsverfahrens festhalten will. Im Übrigen komme es wesentlich auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann es zur Berufungsbegründung auch genügen, dass der Berufungsführer innerhalb der Berufungsbegründungsfrist durch einen gesonderten Schriftsatz erkennbar zum Ausdruck bringt, dass er die Berufung durchführen will und weshalb er sie für begründet hält. Einer ausdrücklichen Bezugnahme auf das bereits im Antrag auf Zulassung der Berufung enthaltene Begehren und die dort genannten Gründe bedarf es insbesondere nicht, wenn sich beides aus dem Gesamtzusammenhang (Urteil erster Instanz, Antrag auf Zulassung der Berufung und Zulassungsbeschluss) hinreichend deutlich ergibt.

59

Ein solcher Fall liegt hier (noch) vor. Durch den mit Schriftsatz vom 5. Juli 2017 gestellten Berufungsantrag wird deutlich, dass die Kläger das Zulassungsverfahren als Berufungsverfahren fortführen wollen. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung gehen zwar nicht mehr auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils ein, mit dem die Klage als unzulässig abgewiesen worden ist, sondern allein auf die Begründetheit der auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Klage. Auch dürfte der im Schriftsatz vom 5. Juli 2017 enthaltene Verweis auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht auch als Verweis auf das Vorbringen im Zulassungsverfahren verstanden werden können, da das Verwaltungsverfahren nicht das gerichtliche Verfahren und damit nicht das Zulassungsverfahren umfasst. Den im Berufungsverfahren allein geltend gemachten Gründen zur Begründetheit der Berufung, insbesondere zur Gewährung der Flüchtlingseigenschaft, kann jedoch entnommen werden, dass die Kläger (stillschweigend) die Klage zudem weiterhin - wie im Zulassungsverfahren geltend gemacht - für zulässig erachten.

B.

60

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen. Die Klage ist verfristet erhoben worden (I.). Den Klägern ist keine Wiedereinsetzung in Bezug auf die Versäumung der Klagefrist zu gewähren (II.).

I.

61

Die Klage ist verfristet erhoben worden.

62

Nach § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG muss die Klage innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes erhoben werden. Diese Klagefrist beginnt gemäß § 58 Abs. 1 VwGO nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist belehrt worden ist. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGO ist die Einlegung des Rechtsbehelfs regelmäßig (nur) innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig, wenn die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist.

63

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes gilt den Klägern als am 4. September 2016 zugestellt (1.). Der Bescheid kann nicht gemäß § 58 Abs. 2 VwGO innerhalb eines Jahres angefochten werden. Denn die Rechtsbehelfsbelehrung genügt den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO (2.). Weder die in deutscher Sprache abgefasste Rechtsbehelfsbelehrung (3.) noch deren dem Bescheid beigefügte Übersetzung in arabischer Sprache sind unrichtig i.S.d. § 58 Abs. 2 VwGO; eine unrichtige Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung könnte zudem allein - sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen - einen Anspruch auf Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO in Bezug auf die Versäumung der Klagefrist gewähren (4.). Die am 26. September 2016 erhobene Klage hält die zweiwöchige Klagefrist daher nicht ein (5.).

64

1. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 26. August 2016 gilt den Klägern als am 4. September 2016 zugestellt.

65

Vorliegend gilt gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 AsylG die Zustellung des angefochtenen Bescheides des Bundesamts an die Kläger am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt. Die Übergabe an die Zentrale Aufnahmeeinrichtung Hamburg, Harburger Poststr.1, 21079 Hamburg – nachfolgend Zentrale Aufnahmeeinrichtung - erfolgte ausweislich der Zustellungsurkunde am 1. September 2016. Im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 4 AsylG ist eine Ersatzzustellung nicht möglich, da die Vorschrift erkennbar die Regelungen über die Ersatzzustellung verdrängt. Vielmehr hat die Aufnahmeeinrichtung die Zustellung vorzunehmen (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AsylG, Stand März 2018, § 10 AsylG Rn. 87) bzw. die Zustellung gilt - so vorliegend - gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 AsylG am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt. Die für einen Eintritt dieser Zustellungsfiktion erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt:

66

a) Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) wurden zugleich für die Kläger zu 3) bis 5) schriftlich und gegen Empfangsbestätigung am 6. April 2016 (Bl. 17 - 24 und 27 - 34 Beiakte A) auf die Zustellvorschriften des § 10 AsylG hingewiesen, vgl. § 10 Abs. 7 AsylG. Dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) wurden diese Hinweise auch in arabischer Sprache ausgehändigt (vgl. zum Erfordernis der Belehrung: Bergmann in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Auflage 2018, § 10 AsylG Rn. 30). Die Belehrung genügt den an sie zu stellenden Anforderungen (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 8.7.1996, 2 BvR 96/95, DVBl. 1996, 1252).

67

b) Die Kläger mussten gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und 2 AsylG Zustellungen unter der Anschrift der Zentralen Aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen. Denn die Kläger hatten ausweislich der Niederschrift über den Asylantrag am 6. April 2016 angegeben, dass sie in der Zentralen Aufnahmeeinrichtung wohnen (vgl. Bl. 15 Beiakte A) und dies bei der persönlichen Anhörung am 1. Juni 2016 erneut bestätigt (vgl. Bl. 74 Beiakte A).

68

c) Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die in § 10 Abs. 4 Satz 2 AsylG genannten Voraussetzungen nicht eingehalten wurden.

69

d) Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 AsylG sind Zustellungen mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt; im Übrigen gelten sie am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt. Letzteres liegt hier vor. Die Zustellung des Schriftstücks gilt auch dann am dritten Tage nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt, wenn das Schriftstück zu einem späteren Zeitpunkt an die Kläger ausgehändigt wurde. In die Frist von drei Tagen sind - mangels abweichender Regelung in § 10 Abs. 4 AsylG - auch Samstage, Sonntage und Feiertage einzurechnen; der Zeitpunkt der Zustellung wird daher vorliegend nicht vom Sonntag, 4. September 2016, auf den darauffolgenden Werktag verschoben (vgl. Bergmann in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Auflage 2018, § 10 AsylG, Rn. 21; OVG Magdeburg, Beschl. v. 13.9.2001, 1 L 313/01, EzAR 604 Nr. 4, juris Rn. 9).

70

e) Die Zusammenfassung der Entscheidungen des Bundesamtes über die Asylanträge der Kläger in einem Bescheid sowie die Zustellung nur einer Ausfertigung des Bescheides ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG hinreichend. Die dort genannten Voraussetzungen liegen vor. Die verheirateten Kläger und ihre Kinder sind Familienangehörige i.S.d. § 26 Abs. 1 bis 3 AsylG und betreiben ein gemeinsames Asylverfahren (unter dem Aktenzeichen 6280148-475; vgl. hierzu: Bruns in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 10 AsylG Rn. 25). Alle Kläger müssen Zustellungen unter der Anschrift der Zentralen Aufnahmeeinrichtung nach § 10 Abs. 2 AsylG gegen sich gelten lassen. Im Bescheid sind zudem alle Familienangehörigen genannt, für die der Bescheid gilt; in der Anschrift sind der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) benannt und damit entsprechend § 10 Abs. 3 Satz 2 AsylG alle volljährigen Familienangehörigen.

71

2. Die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 VwGO für den Beginn des Laufes einer Rechtsbehelfsfrist sind erfüllt.

72

Die Kläger sind in der allein maßgeblichen (hierzu unter 4.) deutschen Rechtsbehelfsbelehrung über das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist (Verwaltungsgericht Hamburg), den Sitz des Gerichts und die einzuhaltende Frist (zwei Wochen) in deutscher Sprache (vgl. § 23 Abs. 1 VwVfG – die Amtssprache ist deutsch) belehrt worden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die in arabischer Sprache erfolgte Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung diese Angaben enthält. Eine Belehrung über das Formerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO, wonach die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann, ist nach § 58 Abs. 1 VwGO nicht erforderlich; dies entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1978, 6 C 77.78, BVerwGE 57, 188, juris Rn. 22; OVG Schleswig, Beschl. v. 16.11.2017, 1 LA 68/17, juris Rn. 8).

73

3. Der Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung (in deutscher Sprache), dass die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein muss, ist nicht unrichtig i.S.d. § 58 Abs. 2 VwGO.

74

Eine Rechtsmittelbelehrung ist dann unrichtig erteilt, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend erforderlichen Angaben nicht enthält, diese unrichtig wiedergibt oder wenn sie geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. Entscheidend ist, welcher Eindruck bei einem (objektiven) Leser erweckt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.3.2016, 3 PKH 5.15 u.a., juris Rn. 6, mit Verweis auf Beschl. v. 31.8.2015, 2 B 61.14, NVwZ 2015, 1699, juris Rn. 8).

75

Der Hinweis, dass die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein muss, entspricht der Vorgabe des § 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG, wonach die Gerichtssprache deutsch ist. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist zudem nicht geeignet ist, bei einem objektiven Leser einen Irrtum über die formellen Voraussetzungen einer Klageerhebung hervorzurufen; er erweckt insbesondere nicht den Eindruck, dass der Empfänger des Bescheides die Klage ausschließlich selbst in Schriftform bei Gericht einreichen muss, obwohl die Klage gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden kann (wie hier u.a.: VGH München, Urt. v. 10.1.2018, 13a B 17.31116, NVwZ 2018, 838; OVG Schleswig, Beschl. v. 16.11.2017, 1 LA 68/17, juris; VG Greifswald, Urt. v. 7.2.2018, 3 A 1089/17 As HGW, juris Rn. 23; VG Berlin, Urt. v. 24.1.2017, 21 K 346/16.A, juris Rn. 21 ff.; VG Berlin, Beschl. v. 19.5.2017, 6 L 383.17 A, juris Rn. 12; VG Göttingen, Beschl. v. 23.1.2017, 3 B 90/17, juris Rn. 7 ff.; VG Oldenburg, Beschl. v. 20.10.2016, 15 B 5090/16, juris Rn. 9; vgl. auch: BVerwG, Beschl. v. 5.2.1990, 9 B 506.89, NJW 1990, 3103, juris Rn. 3; a.A. z.B.: VGH Mannheim, Urt. v. 18.4.2017, A 9 S 333/17, NVwZ 2017, 1477, juris Rn. 27 ff.; VG Augsburg, Beschl. v. 3.12.2014, Au 7 S 14.50321, juris Rn. 19; VG Düsseldorf, GB v. 28.6.2016, 22 K 4119/15.A, juris Rn. 47 ff.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 10.2.2017, 3a K 4163/16.A, juris Rn. 20 ff.).

76

§ 81 Abs. 1 VwGO bestimmt, dass die Klage bei dem Gericht schriftlich zu erheben ist; bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten erhoben werden. Gemäß § 55a Abs. 1 Satz 1 VwGO können die Beteiligten dem Gericht zudem elektronische Dokumente übermitteln. Bei Erhebung der Klage zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist zu berücksichtigen, dass auch dann die Klage „verschriftlicht“ erhoben wird. Denn erforderlich ist die wörtliche Protokollierung der Klage durch den Urkundsbeamten. Das Protokoll soll nochmals vorgelesen und vom Kläger genehmigt werden. Für die Wirksamkeit der Klageerhebung sind die (nochmalige) Verlesung, die Beurkundung der Verlesung und der Genehmigung und die Unterzeichnung des Protokolls durch den Kläger allerdings nicht erforderlich (BGH, Beschl. v. 20.12.1979, 1 StR 164/79, BGHSt 29, 173 , juris Rn. 16 - fernmündlich zur Niederschrift möglich; vgl. auch: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 81 Rn. 13). Notwendig ist aber die Protokollierung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. An dessen Unterschrift sind prinzipiell dieselben Anforderungen zu stellen, wie an die Unterzeichnung bestimmender Schriftsätze durch einen Rechtsanwalt (BGH, Beschl. v. 20.12.1979, 1 StR 164/79, BGHSt 29, 173, juris Rn. 16; a.A. Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., § 81 Rn. 13). Hingegen ist ein bloßer Aktenvermerk nicht ausreichend. Bei diesem Verständnis sind „schriftlich“ und „zu Protokoll“ keine gegensätzlichen Begriffe, vielmehr ist zu Protokoll des Urkundsbeamten eine Unterform der Schriftlichkeit (vgl. VG Berlin, Beschl. v. 19.5.2017, 6 L 383.17 A, juris Rn. 26; Schübel-Pfister in: Gärditz, VwGO, 2. Auflage 2018, § 81 Rn. 34; Geiger in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 81 Rn. 11; Ortloff/Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 81 Rn. 5).

77

Die in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehenen Möglichkeiten der Klagerhebung beim Verwaltungsgericht setzen demnach voraus, dass die Klage dem Verwaltungsgericht in einer verschriftlichten Form vorliegen muss. Allerdings muss ein Kläger nicht zwingend selbst die Klage schriftlich beim Verwaltungsgericht einreichen.

78

Diese Rechtslage kommt in der vom Bundesamt in der Rechtsbehelfsbelehrung verwendeten Formulierung „Die Klage muss (...) in deutscher Sprache abgefasst sein“ zutreffend zum Ausdruck. Für das Berufungsgericht ist dabei von maßgeblicher Bedeutung die Verwendung des Verbes „abfassen“ im Passiv. Durch die Verwendung des Passivs wird nur eine Aussage dazu getroffen, dass die (verschriftlichte) Klage in deutscher Sprache verfasst sein muss, und es wird gerade keine Aussage dazu gemacht, wer die Klage verfassen bzw. die Klage in die Schriftform bringen muss; dies kann z.B. der Kläger, dessen Prozessbevollmächtigter oder eben der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts sein. Es wird zudem nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger selbst die Klage in schriftlicher Form einreichen muss. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Einbeziehung des vorangegangenen Satzes der Rechtsbehelfsbelehrung, wonach für die Rechtzeitigkeit der Klagerhebung der Tag des „Eingangs“ beim Verwaltungsgericht maßgebend ist. Denn der „Eingang“ bezieht sich ebenfalls auf den Eingang der verschriftlichten Form der Klage. Auch für die Klage, die zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben wird, ist der Tag des Eingangs beim Verwaltungsgericht maßgebend.

79

Dass bei flüchtigem Lesen und/oder aufgrund unzureichender Sprachkenntnisse unter Berücksichtigung des Empfängerkreises der Satz „Die Klage muss in deutscher Sprache abgefasst sein“ möglicherweise dahingehend missverstanden werden kann, dass der Empfänger des Bescheides selbst die Klage in deutscher Sprache abfassen oder diese bereits schriftlich beim Verwaltungsgericht einreichen muss, führt zu keiner anderen Bewertung (vgl. auch: VGH München, Urt. v. 10.1.2018, 13a B 17.31116, NVwZ 2018, 838, juris Rn. 31, 34; OVG Schleswig, Beschl. v. 16.11.2017, 1 LA 68/17, juris Rn. 15). Insoweit ist vielmehr auf einen „objektiven Leser“ bzw. den „objektiven Empfängerhorizont“ abzustellen. Im Hinblick darauf kann die Eignung zur Irreführung daher auch nicht schon daraus geschlossen werden, dass andere Gerichte die Rechtsbehelfsbelehrung im Ergebnis für unrichtig befunden haben.

80

Nach dem objektiven Empfängerhorizont ist zudem zu berücksichtigen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung erkennbar einen juristisch geprägten Text darstellt, der genau zu lesen und auszulegen ist. Diese Pflicht obliegt auch einem Asylantragsteller. In seiner spezifischen Verfahrenssituation wird er durch die ergänzenden Informationen, die das Bundesamt ihm gibt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Rechtsmittelfrist unbedingt eingehalten werden muss und so bemessen ist, dass ggf. sofort etwas unternommen werden muss. Wie der Asylantragsteller die Erhebung der Klage in deutscher Sprache bewerkstelligen will - z.B. durch ein eigenes Schreiben, durch Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt, durch Kontaktaufnahme zur Öffentlichen Rechtsauskunftstelle oder durch Niederschrift beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts - obliegt seiner Entscheidung. Darüber besagt die Rechtsbehelfsbelehrung nichts. Ein Asylantragsteller hat daher nach Erhalt des Bescheides des Bundesamts zu entscheiden, ob er Klage erheben und wie er dies ggf. in deutscher Sprache bewerkstelligen will. Es spricht nach Ansicht des Berufungsgerichts auch viel dafür, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Bundesamtes regelmäßig durch die Empfänger genau so verstanden wird.

81

Da in dem angefochtenen Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass allein die deutsche Fassung des Bescheides einschließlich der Rechtsbehelfsbelehrung maßgeblich ist, ist die in deutscher Sprache verfasste Rechtsbehelfsbelehrung auch nicht vor dem Hintergrund der arabischen Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung auszulegen.

82

Ergänzend kommt hinzu, dass das Verb abfassen zwar überwiegend, aber nicht allein auf eine schriftliche Form zielt. Nach Duden (https://www.duden.de/rechtschreibung/abfassen, abgerufen am 27.6.2018) wird unter „abfassen“ verstanden, dass einem vorgegebenen, nicht allzu umfangreichen Stoff die entsprechende sprachliche Form gegeben wird. Als Synonyme werden dort genannt anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, ausarbeiten, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen und (gehoben) niederlegen. Demnach bedeutet „abfassen“, dass ein bestimmter Tatsachenstoff vom bloßen Gedanken in eine sprachliche Formulierung transportiert wird und so nach außen dringen kann. Auch wenn die im Duden angeführten Synonyme in der Mehrzahl auf eine Verschriftlichung hindeuten, werden darüber hinaus andere Möglichkeiten genannt, wie etwa „formulieren“.

83

Der gegenteiligen Meinung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urt. v. 18.4.2017, A 9 S 333/17, NVwZ 2017, 1477, juris Rn. 27 ff.) wird aus den genannten Gründen nicht gefolgt. Soweit sich der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zudem darauf stützt, der Rechtsbehelfsbelehrung ließen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Betroffene nach der Verwaltungsgerichtsordnung auch die Unterstützung einer staatlichen Stelle in Anspruch nehmen könne, ist dem entgegenzuhalten, dass dies auch bei einer vollständig „richtigen“ Rechtsbehelfsbelehrung (ohne den streitgegenständlichen Zusatz) nicht der Fall ist. Darüber hinaus kann sich der Betroffene auch nicht generell darauf verlassen, dass in der Rechtsmittelbelehrung sämtliche Modalitäten für die Einlegung des Rechtsmittels genannt werden (BVerwG, Beschl. v. 31.8.2015, 2 B 61.14, NVwZ 2015, 1699, juris Rn. 11).

84

4. Die Klage durfte auch nicht deshalb nach § 58 Abs. 2 VwGO innerhalb eines Jahres erhoben werden, weil die in arabischer Sprache beigefügte Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig wäre. Die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache ist nicht unrichtig (a). Selbst wenn das Berufungsgericht diese als unrichtig ansehen würde, so käme nicht § 58 Abs. 2 VwGO zur Anwendung; stattdessen wäre bei einem hierauf beruhenden Irrtum, der zur Versäumnis der Klagefrist geführt hätte, ggf. gemäß § 60 VwGO unter den dort genannten Voraussetzungen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (b).

85

a) Die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache ist zutreffend.

86

Nach der (Rück-)Übersetzung lautet der hier streitige Satz, dass die Klage in deutscher Sprache „geschrieben“ bzw. „abgefasst“ sein muss. In der dem Bescheid beigefügten Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung in arabischer Sprache ist für „geschrieben“ bzw. „abgefasst“ das arabische Verb „harra“ in der Passivform verwendet worden, das eine Vielzahl von Bedeutungen hat und u.a. mit schreiben, abfassen, ausstellen oder ausfertigen übersetzt werden kann. In dieser Bedeutungsbreite entspricht es nahezu dem in der deutschen Fassung verwendeten Verb „abfassen“. Da das Verb zudem im Passiv verwendet wurde, handelt es sich um eine der deutschen Fassung entsprechende und damit zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung.

87

Selbst wenn das Berufungsgericht unterstellen würde, dass das Verb „harra“ nur mit „schreiben“ zu übersetzen wäre, wäre die arabische Übersetzung der Rechtsbehelfsbelehrung zutreffend. Denn auch dann käme durch die Verwendung des Passivs zum Ausdruck, dass die Klage in der verschriftlichten Form in Deutsch verfasst sein muss. Es wird gerade nicht der Eindruck erweckt, dass ein Empfänger des Bescheides die Klage selbst in geschriebener Form einreichen muss.

88

b) Selbst wenn das Berufungsgericht unterstellen würde, dass die arabische Übersetzung der deutschen Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig i.S.d. § 58 Abs. 2 VwGO wäre, so hätte dies nicht zur Folge, dass § 58 Abs. 2 VwGO zur Anwendung käme. Vielmehr bestünde dann allein die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO unter den dort genannten Voraussetzungen (vgl.: VG Berlin, Beschl. v. 19.5.2017, 6 L 383.17 A, juris Rn. 29; VG Stuttgart, Beschl. v. 17.5.2011, A 4 K 634/11, InfAuslR 2011, 311, juris Rn. 4; Funke-Kaiser in: GK-AsylG, Stand März 2018, § 31 Rn. 11 und § 74 AsylG Rn. 92; a.A. - Anwendung des § 58 Abs. 2 VwGO: VG Minden, Urt. v. 5.6.2015, 6 K 182/15.A, juris Rn. 21; VG Köln, Urt. v. 27.11.2014, 23 K 4781/13.A, juris Rn. 21; VG Meiningen, Urt. v. 7.3.2014, 1 K 20235/11 Me, S. 5 f. UA, juris; VG München, Urt. v. 29.11.2013, M 2 K 13.30275, juris Rn. 26; VG Münster, Urt. v. 25.8.2008, 6 K 1836/07.A, juris Rn. 11; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Januar 2018, § 31 AsylG Rn. 11; Schröder in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 31 AsylG Rn. 16; Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 31 Rn. 5).

89

In dem angefochtenen Bescheid wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die maßgebliche Rechtsbehelfsbelehrung ausschließlich die in der Amtssprache Deutsch ist. Der Hinweis auf die allein maßgebliche deutsche Fassung des Bescheides einschließlich der Rechtsbehelfsbelehrung ist zutreffend und sinnvoll; eine Übersetzung in eine andere Sprache birgt die Gefahr, dass das deutsche Wort nicht genau identisch in der ausländischen Sprache vorhanden ist bzw. dort nicht vollständig identisch wie im Deutschen verwendet wird.

90

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Bestimmung der Maßgeblichkeit der deutschen Fassung des Bescheides einschließlich der Rechtsbehelfsbelehrung verstößt weder gegen die Vorgaben des § 31 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 AsylG (aa) noch gegen das dieser Regelung zugrunde liegende Unionsrecht (bb).

91

aa) Der Hinweis auf die Maßgeblichkeit der deutschen Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung steht im Einklang mit § 31 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 AsylG. Die Vorschrift lautet:

92

„Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist [der Entscheidung des Bundesamtes] eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis [durch den Asylbewerber] vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann;“

93

Bereits die in der gesetzlichen Regelung verwendete Wortwahl spricht dafür, dass allein die deutsche Fassung maßgeblich ist, weil der Entscheidung des Bundesamtes (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 AsylG) eine „Übersetzung“ „beizufügen“ ist. Die Regelung fordert gerade nicht, dass die Entscheidung bzw. die Rechtsbehelfsbelehrung des Bundesamtes in einer Sprache zu ergehen hat, deren Kenntnis durch den Asylbewerber vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Bereits der Begriff der „Übersetzung“ legt nahe, dass die deutsche Fassung des Bescheides maßgeblich ist. Das Wort „beifügen“ unterstützt dies.

94

Dieser Auslegung entspricht die Gesetzeshistorie. Die Regelung wurde als § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG mit Wirkung ab dem 28. August 2007 auf der Grundlage von Artikel 10 Abs. 1 lit. e) RL 2005/85/EG des Rates (jetzt: Art. 12 Abs. 1 lit. f) RL 2013/32/EU) eingefügt. In der Begründung des der Einführung der Regelung zu Grunde liegenden Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (BT-Drs. 16/5065 v. 23.4.2007, S. 217) heißt es (Unterstreichung nur hier):

95

„Die Ergänzung in Absatz 1 Satz 2 und der neu eingefügte Satz 3 erster Halbsatz entsprechen der Regelung des Artikels 10 Abs. 1 Buchstabe e der Verfahrensrichtlinie. Die Regelung sieht vor, dass Asylbewerber, die nicht von einem Bevollmächtigten vertreten werden, über das Ergebnis der Entscheidung und mögliche Rechtsbehelfe in einer Sprache unterrichtet werden, von deren Kenntnis ausgegangen werden kann. Die Unterrichtung kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen.“

96

Auch hieraus wird deutlich, dass lediglich eine „Unterrichtung“ über das „Ergebnis der Entscheidung“ in einer Sprache erfolgen soll, von deren Kenntnis ausgegangen werden kann, nicht aber die Entscheidung selbst in einer Sprache zu ergehen hat, von deren Kenntnis ausgegangen werden kann.

97

bb) Diese Auslegung des § 31 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 AsylG verstößt nicht gegen Unionsrecht.

98

(1) Die Auslegung entspricht den Vorgaben der Asylverfahrensrichtlinien. Sowohl Art. 10 Abs. 1 lit. e) RL 2005/85/EG als auch Art. 12 Abs. 1 lit. f) RL 2013/32/EU sehen eine Unterrichtung des Antragstellers über das Ergebnis der Entscheidung in einer Sprache vor, von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass der Antragsteller diese verstehen könne; die Mitteilung muss auch Informationen darüber enthalten, wie die ablehnende Entscheidung angefochten werden kann. Es ist lediglich von einer „Unterrichtung“ bzw. in Bezug auf die Rechtsbehelfe ausdrücklich von „Informationen“ die Rede, nicht gefordert ist aber, dass der Bescheid bzw. die Rechtsbehelfsbelehrung selbst in einer Sprache ergehen müssen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Für diese Auslegung spricht auch, dass Art. 10 RL 2005/85/EG und Art. 12 RL 2013/32/EU Verfahrensgarantien für die Antragsteller regeln, während in Art. 9 RL 2005/85/EG bzw. Art. 11 RL 2013/32/EU die Anforderungen an die Entscheidung der Asylbehörde geregelt sind. Art. 9 RL 2005/85/EG bzw. Art. 11 RL 2013/32/EU bestimmt insoweit zwar, dass die Entscheidungen über die Anträge schriftlich zu ergehen haben, die rechtlichen Gründe für eine Ablehnung darzulegen sind und unter den dort genannten Voraussetzungen auch eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung zu ergehen hat. Dort gerade nicht geregelt ist aber die Verpflichtung zu einer Information über den Rechtsbehelf in einer für den Antragsteller verständlichen Sprache.

99

(2) Diese Auslegung steht zudem mit den Erwägungsgründen der Asylverfahrensrichtlinien im Einklang.

100

Im maßgeblichen Erwägungsgrund 13 der RL 2005/85/EG bzw. Erwägungsgrund 25 der RL 2013/32/EU heißt es lediglich, dass das Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz dem Antragsteller in der Regel zumindest das Recht einräumen sollte, in entscheidenden Verfahrensabschnitten in einer Sprache, die er versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht, über seine Rechtsstellung informiert zu werden. Erwägungsgrund 25 der RL 2013/32/EU erwähnt zusätzlich das Recht, im Fall einer ablehnenden Entscheidung über einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht informiert zu werden.

101

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass in Erwägungsgrund 27 der RL 2005/85/EG bzw. in Erwägungsgrund 50 der RL 2013/32/EU darauf hingewiesen wird, dass einem „Grundprinzip des Unionsrechts zufolge“ bzw. „Grundprinzip des Gemeinschaftsrechts zufolge“ gegen die Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz ein wirksamer Rechtsbehelf vor einem Gericht gegeben sein muss.

102

Durch die oben aufgezeigte Auslegung von § 31 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 AsylG wird dem Zweck der Asylverfahrensrichtlinien entsprochen und der Grundsatz der Effektivität des Unionsrechts beachtet. Die hier einschlägige Regelung in Art. 12 Abs. 1 lit. f) RL 2013/32/EU (zum zeitlichen Anwendungsbereich vgl. Art. 51 Abs. 1 und Art. 54 RL 2013/32/EU) soll einen fairen Umgang mit schutzsuchenden Antragstellern gewährleisten, die gerade auch der regelmäßig verletzlichen Situation eines Schutzsuchenden, die oft gekennzeichnet ist durch Flucht und Ankunft in einem fremden Land, Rechnung trägt. Dieses Ziel der Richtlinie erfordert nicht, dass der im Rechtsverkehr für alle Behörden maßgebliche Bescheid in einer Sprache abgefasst sein muss, die der Schutzsuchende, nicht aber die beteiligten weiteren Behörden verstehen. Allerdings können fehlerhafte Übersetzungen nicht dem schutzsuchenden Asylantragsteller angelastet werden, sondern begründen für diesen regelmäßig binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses ein Recht auf Wiedereinsetzung. Das Erfordernis, sich an ein Gericht zu wenden und diese Situation darzulegen, ist dem Schutzsuchenden zumutbar und wird in entsprechenden Situationen auch anderen Rechtsschutzsuchenden zugemutet. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die Schutzsuchenden in ihrer Situation an einen Rechtsanwalt oder auch an die Öffentliche Rechtsauskunftstelle wenden können, um Rechtsrat einzuholen. Dass in einer solchen Situation Eile geboten ist, versteht sich aus sich heraus. Hierauf wurde in der „Wichtigen Mitteilung“, die den Klägern am 6. April 2016 auch in arabischer Sprache ausgehändigt wurde, zudem ausdrücklich hingewiesen.

103

(3) Diese Auslegung verstößt auch nicht gegen das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip. Der Europäische Gerichtshof hat zum Äquivalenzprinzip ausgeführt (EuGH, Urt. v. 19.9.2006, C-392/04 u.a., Arcor, Slg. 2006 I-8559 Rn. 57):

104

„Hierzu ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats sind; sie dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzprinzip), und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip) (vgl. insbesondere Urteile vom 16. Mai 2000 in der Rechtssache C-78/98, Preston u. a., Slg. 2000, I-3201, Randnr. 31, und vom 7. Januar 2004 in der Rechtssache C-201/02, Wells, Slg. 2004, I-723, Randnr. 67).“

105

Dieser Grundsatz ist nicht verletzt. Hätte nach deutschem Recht eine (ergänzende) Information zu einem Rechtsbehelf zu erfolgen, wäre allein § 60 VwGO anwendbar, wenn diese (ergänzende) Information missverständlich formuliert wäre.

106

5. Da der angefochtene Bescheid als am 4. September 2016 zugestellt gilt, endete die zweiwöchige Klagefrist des § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG, § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 19. September 2016, einem Montag. Die am 26. September 2016 erhobene Klage hält diese Frist nicht ein.

II.

107

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO in Bezug auf die versäumte Klagefrist liegen nicht vor, da innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist keine Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht worden sind.

108

Nach § 60 VwGO ist auf Antrag oder von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist bei Versäumung einer Klagefrist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Innerhalb der Frist von zwei Wochen ist nicht nur die versäumte Verfahrenshandlung (vorliegend die Erhebung der Klage) nachzuholen, sondern es sind auch die Wiedereinsetzungsgründe geltend zu machen; die Glaubhaftmachung der Wiedereinsetzungsgründe - d.h. den Hinderungsgrund und darüber, wann der Hinderungsgrund weggefallen ist, - kann im Laufe des Wiedereinsetzungsverfahrens erfolgen, ohne dass insoweit eine Fristbindung besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.3.1981, 6 CB 91/80, DÖV 1981, 636, juris Rn. 2; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 60 Rn. 29, 32).

109

Die Kläger haben die Klage am 26. September 2016 mit Schriftsatz vom selben Tag erhoben. Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. Oktober 2016 ist dem Prozessbevollmächtigten der Schriftsatz der Beklagten weitergeleitet worden, in welchem diese die Verfristung der Klage geltend gemacht hat. Mit bei Gericht am 28. Oktober 2016 eingegangenem Schriftsatz haben die Kläger geltend gemacht, die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides sei in deutscher Sprache fehlerhaft. In dem angefochtenen Urteil vom 3. Februar 2017, das dem Prozessbevollmächtigten am 8. Februar 2017 zugestellt worden ist, wird eine Wiedereinsetzung abgelehnt, weil eine solche von den Klägern nicht beantragt worden sei und mangels entsprechender Anhaltspunkte auch nicht von Amts wegen zu gewähren sei. Auch im Berufungsverfahren haben die Kläger schriftsätzlich nicht geltend gemacht, dass die in arabischer Sprache dem angefochtenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung bei ihnen einen Irrtum hervorgerufen habe, der sie daran gehindert habe, Klage einzulegen.

110

Spätestens mit Eingang des Schriftsatzes der Beklagten vom 14. Oktober 2016 beim Prozessbevollmächtigten der Kläger begann vorliegend der Lauf der Wiedereinsetzungsfrist. Innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist haben sich die Kläger mit am 28. Oktober 2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz allein auf die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung in deutscher Sprache berufen.

C.

111

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen (vgl. auch: VGH München, Urt. v. 10.1.2018, 13a B 17.31116, NVwZ 2018, 838, juris Rn. 36).

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