Urteil vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 E 26/18
Tenor
Es wird festgestellt, dass die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Erlaubnis Nr. 4/5 AI 43 in der Fassung vom 4. Oktober 2010 mit der Änderung durch den Bescheid vom 21. Januar 2011 insoweit rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, als darin der Beigeladenen die Entnahme und die Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung des Kraftwerks erlaubt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene als Gesamtschuldner mit Ausnahme ihrer außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger, eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Erlaubnis zur Gewässerbenutzung für den Betrieb des Kohlekraftwerks Moorburg.
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Das am Südufer der Süderelbe gelegene Kraftwerk besteht aus zwei Blöcken und kann in den Betriebsarten Durchlaufkühlung und Kreislaufkühlung betrieben werden. Bei der Durchlaufkühlung wird für jeden Kühlungsvorgang Wasser aus der Süderelbe entnommen und anschließend erwärmt in einen Restarm der Alten Süderelbe, der in die Süderelbe mündet, eingeleitet. Bei der Kreislaufkühlung wird Wasser zur Kühlung aus der Süderelbe entnommen und unter Nutzung eines Hybrid-Kühlturms für mehrere Kühlungsvorgänge verwendet.
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Im Oktober 2006 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Kraftwerks. Für den Wasserbedarf des Kraftwerks stellte sie am 5. Dezember 2006 einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Danach sollte über ein Entnahmebauwerk am Südufer der Süderelbe Kühlwasser über drei Kühlwasserpumpen pro Kraftwerksblock entnommen und um 6 K im Sommer bzw. um 7,5 K im Winter erwärmt über ein sog. Tosbecken zur Sauerstoffanreicherung des Abwassers wieder in die Alte Süderelbe eingeleitet werden. Als Entnahmemenge gab der Antrag für die Durchlaufkühlung 64 m³/s Kühlwasser an.
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Die Beigeladene legte eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung und ergänzende Fachbeiträge und -gutachten, u.a. ein „Fachgutachten zur FFH-Prüfung über die Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele der aquatischen Anteile der Natura 2000-Gebiete im Flusseinzugsgebiet der Elbe“, vor. Die vorgelegten Unterlagen enthielten keinen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag.
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Das Vorhaben wurde am 22. Mai 2007 im Amtlichen Anzeiger und in einigen Tageszeitungen bekannt gemacht. Anträge und Unterlagen wurden in der Zeit vom 29. Mai 2007 bis zum 28. Juni 2007 zur Einsichtnahme ausgelegt. Mit Schreiben vom 12. Juli 2007 erhob der Kläger Einwendungen. Er trug u.a. zu Gefährdungen durch die Wasserentnahme und -wiedereinleitung für Fische und Kleinlebewesen und zu Beeinträchtigungen für naturschutzrechtlich geschützte Fischarten und Habitate vor. Nach dem Erörterungstermin im September 2007, an dem sich auch der Kläger beteiligte, reichte die Beigeladene weitere Unterlagen nach. Die entscheidungsrelevanten Unterlagen wurden daraufhin in der Zeit vom 29. Januar 2008 bis zum 11. Februar 2008 erneut ausgelegt. Zu diesen Unterlagen erhob der Kläger mit Schreiben vom 26. Februar 2008 Einwendungen.
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Die Beklagte führte im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungs- und des wasserrechtlichen Erlaubnisverfahrens eine einheitliche Umweltverträglichkeitsprüfung durch. Da sich die Prüfung von Genehmigungs- und Erlaubnisantrag verzögerte, erhob die Beigeladene am 14. April 2008 vor dem erkennenden Gericht Untätigkeitsklage (5 E 4/08.P), die sie zunächst darauf richtete, die Beklagte zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten, und die sie in der Folge um den Antrag auf Verpflichtung zur Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis erweiterte. Der auf die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichtete Teil des Klageverfahrens wurde daraufhin abgetrennt (5 E 10/09.P). Das abgetrennte Verfahren wurde aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung mit Beschluss vom 5. August 2009 eingestellt, nachdem die Beklagte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung mit Bescheid vom 30. September 2008 antragsgemäß erteilt hatte.
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Ebenfalls mit Bescheid vom 30. September 2008, öffentlich ausgelegt in der Zeit vom 14. bis zum 27. Oktober 2008, erteilte die Beklagte eine wasserrechtliche Erlaubnis. Diese enthielt zahlreiche inhaltliche Beschränkungen und Nebenbestimmungen zur zulässigen Menge der Wasserentnahme und -wiedereinleitung; u.a. war die Kühlwassermenge im Winterbetrieb auf 42,9 m³/s beschränkt. Daraufhin führte die Beigeladene das Klageverfahren 5 E 4/08.P als Verpflichtungsklage auf Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis ohne die beigefügten Einschränkungen fort.
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Parallel betrieb die Beigeladene vor dem International Center for Settlement of Investment Disputes in Washington auf der Grundlage des Übereinkommens vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (ICSID) ein Schiedsverfahren, in dem sie von der Bundesrepublik Deutschland Schadenersatz u.a. für den durch die Verzögerung der Zulassung des Projekts entstandenen Vermögensschaden verlangte. Dieses Verfahren wurde einvernehmlich beendet, nachdem sich die Beklagte und die Beigeladene auf eine neue wasserrechtliche Erlaubnis und die vergleichsweise Beendigung des Verfahrens 5 E 4/08.P verständigt hatten. In dem in diesem Verfahren geschlossenen Prozessvergleich vom 17. September 2010 verpflichtete sich die Beklagte zum Erlass einer neuen Erlaubnis mit anderen, für die Beigeladene günstigeren Beschränkungen und Nebenbestimmungen. Der im Verfahren 5 E 4/08.P beigeladene Kläger stimmte dem Vergleich nicht zu.
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Zur Erfüllung des Prozessvergleichs erließ die Beklagte ohne erneute Öffentlichkeitsbeteiligung und unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Änderungsbescheid vom 4. Oktober 2010. Dieser erlaubt der Beigeladenen u.a. für die Durchlaufkühlung die Entnahme von Kühlwasser aus der Süderelbe und die Einleitung von Kühlwasser in die Alte Süderelbe und in die Süderelbe im Umfang von bis zu 64,4 m3/s im Sommer- und Winterbetrieb; weitere erlaubte Gewässerbenutzungen beinhalten u.a. die Einleitung von Abwasser aus der Rauchgasentschwefelungsanlage im Umfang von 40 m³/h in die Alte Süderelbe. Die Erlaubnis ist erneut mit Einschränkungen und Nebenbestimmungen zur Beschränkung der Wasserentnahme und -einleitung versehen. Diese betreffen insbesondere die Aufwärmspanne, die Temperatur und den Sauerstoffgehalt des wiedereingeleiteten Kühlwassers sowie die zulässige Entnahmemenge in Abhängigkeit von dem jeweiligen Abfluss-Dargebot und dem jeweiligen Sauerstoffgehalt der Elbe. Insbesondere darf – vereinfacht – die Summe der schon zugelassenen und der streitgegenständlichen Gewässernutzungen nicht mehr als ein Drittel des jeweiligen Oberwasserabflusses, gemessen am Bezugspegel Neu Darchau, in Anspruch nehmen (sog. dynamische 1/3-Regel). Bei Überschreitung des Grenzwerts ist die Entnahme linear zu drosseln. Nach dem Erlaubnisbescheid ist überdies als „Schadensbegrenzungsmaßnahme“ die Errichtung und der Betrieb einer Fischaufstiegsanlage am Nordufer der Elbe (FAA-Nord) am Wehr in Geesthacht vorgesehen. Dort befindet sich bereits am Südufer der Elbe eine Fischaufstiegsanlage (FAA-Süd). Mit Beginn der Kühlwasserentnahme hat die Beigeladene der Erlaubnisbehörde die Wirksamkeit der FAA-Nord als Schadensbegrenzungsmaßnahme durch ein in drei Phasen unterteiltes „Fischmonitoring“ nachzuweisen. Als weitere „Schadensbegrenzungsmaßnahme“ sieht der Bescheid den Betrieb einer elektrischen Fisch-Scheuchanlage nach dem Stand der Technik am Entnahmebauwerk vor.
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Auf Antrag der Beigeladenen erließ die Beklagte am 21. Januar 2011 einen weiteren Änderungsbescheid zur wasserrechtlichen Erlaubnis vom 4. Oktober 2010, dessen sofortige Vollziehung sie ebenfalls anordnete. Darin ließ sie zusätzlich zu der bereits erlaubten Wasserentnahme u.a. die Entnahme von Oberflächenwasser für die Betriebsart Kreislaufkühlung mit Hybrid-Kühlturm bei einer maximalen Entnahmemenge von 1 m3/s zu. Dem Erlass des Änderungsbescheides war die Durchführung einer neuen Umweltverträglichkeitsprüfung für Hybrid-Kühlturm und Kreislaufkühlung vorausgegangen.
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Mit seiner bereits am 7. November 2008 erhobenen Klage, in die er die Änderungsbescheide vom 4. Oktober 2010 und vom 21. Januar 2011 einbezogen hat, hat der Kläger Verfahrensfehler sowie Verstöße gegen Vorschriften des Wasserrechts und des naturschutzrechtlichen Habitat- und Artenschutzes gerügt.
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Der Kläger hat beantragt,
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die wasserrechtliche Erlaubnis Nr. 4/5 AI 43 in der Fassung vom 4. Oktober 2010, zuletzt ergänzt durch Bescheid vom 21. Januar 2011, aufzuheben,
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hilfsweise, diese Erlaubnis insoweit aufzuheben, als sie der Beigeladenen die Entnahme von Elbwasser zum Zwecke der Durchlaufkühlung erlaubt und das Wiedereinleiten des Kühlwassers erlaubt,
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weiter hilfsweise, Beweis zu erheben durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu der folgenden Frage: Wie hoch sind die zu erwartenden Rückkehrraten von das Entnahmebauwerk passierenden Individuen der abwandernden Exemplare der FFH-Langdistanzwanderarten Flussneunauge, Meerneunauge, Lachs, Maifisch und Schnäpel?
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Die Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte und die Beigeladenen sind dem Vorbringen des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegengetreten. Sie haben ferner geltend gemacht, der Kläger sei mit einem Teil seines Vorbringens präkludiert.
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Die Beigeladene hat im gerichtlichen Verfahren überdies ergänzende Fachbeiträge und -gutachten zu den Auswirkungen des Vorhabens auf das Gewässer vorgelegt. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung hat insoweit nicht stattgefunden.
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Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2013 hat das Oberverwaltungsgericht die wasserrechtliche Erlaubnis aufgehoben, soweit der Beigeladenen die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung erlaubt wird, und die Klage im Übrigen – bezogen auf die Gewässerbenutzung für andere Zwecke – abgewiesen: Die Klage sei jedenfalls aus unionsrechtlichen Gründen zulässig. Sie sei auch zum überwiegenden Teil begründet. Die auf das Naturschutzrecht bezogenen Rügen führten allerdings nicht zum Erfolg der Klage. Mit seinen Einwendungen zu erheblichen Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen der unterhalb des Wehres Geesthacht gelegenen Natura 2000-Schutzgebiete sei der Kläger präkludiert. In Bezug auf die oberhalb des Wehres gelegenen Schutzgebiete dringe er mit seinen Einwendungen in der Sache nicht durch. Durch den Bau und Betrieb der neuen Fischaufstiegsanlage würden erhebliche Beeinträchtigungen dieser Gebiete vermieden. Ein Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Zugriffsverbot in Bezug auf den Nordseeschnäpel, das Fluss- und das Meerneunauge könne dahinstehen. Denn die Erlaubnis sei jedenfalls in Bezug auf die Entnahme und Wiedereinleitung von Kühlwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung nicht mit dem Verschlechterungsverbot nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG vereinbar. Das als unmittelbar geltendes Recht zu beachtende Verschlechterungsverbot verbiete die substantielle Verschlechterung der Qualität der betroffenen Oberflächenwasserkörper über eine Relevanzschwelle hinaus. Auf einen Wechsel in eine schlechtere Zustandsklasse komme es nicht an. Vielmehr seien die Auswirkungen der Gewässerbenutzung auf die Qualitätskomponenten entscheidend. Hier komme es jedenfalls zu Beeinträchtigungen der chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten wegen einer Verringerung des Sauerstoffgehalts. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot nach § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG lägen nicht vor. Insbesondere sei der Betrieb eines Hybrid-Kühlturms zum Zwecke der Kreislaufkühlung eine geeignete Alternativmaßnahme.
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Gegen dieses Urteil haben die Beklagte und die Beigeladene die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt.
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Zwischenzeitlich hat der Kläger am 21. März 2014 beim Bundesverwaltungsgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die wasserrechtliche Erlaubnis wiederherzustellen, soweit diese die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zwecke der Durchlaufkühlung erlaube. Den Eilantrag hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2014 abgelehnt: Die Erfolgsaussichten der Klage seien offen, und bei Abwägung der wechselseitigen Interessen überwiege das Vollzugsinteresse der Beigeladenen gegenüber dem von dem Kläger als Umweltvereinigung vertretenen Interesse.
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Im Revisionsverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst mit Beschluss vom 24. Oktober 2014 auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Revisionsverfahrens angeordnet. Hintergrund waren das Vorabentscheidungsersuchen C-461/13 an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie und das Vertragsverletzungsverfahren C-137/14 zur Unionsrechtskonformität der früheren Präklusionsregelungen. Nachdem das Verfahren zeitweilig wieder fortgeführt worden war, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. September 2016 erneut dessen Ruhen angeordnet. Hintergrund war diesmal das Vertragsverletzungsverfahren C-142/16 zum Kraftwerk Moorburg. In diesem Verfahren stellte der EuGH mit Urteil vom 26. April 2017 fest, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 FFH-RL verstoßen habe, indem sie bei der Genehmigung des Kraftwerks keine korrekte und vollständige Verträglichkeitsprüfung durchgeführt habe. Daraufhin hob die Beklagte die Anordnung der sofortigen Vollziehung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 insoweit, als damit die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zwecke der Durchlaufkühlung erlaubt wird, durch Bescheid vom 1. Juni 2017 auf.
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Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Mai 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 18. Januar 2013 aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Sache insoweit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen: Das angefochtene Urteil beruhe in seinen entscheidungstragenden Ausführungen zu der Feststellung, die angefochtene Erlaubnis verstoße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot, auf einer Verletzung von Bundesrecht. Das Oberverwaltungsgericht habe einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, indem es für die Annahme eines Verstoßes gegen das Verschlechterungsverbot nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG eine negative Veränderung auch in Bezug auf unterstützende Qualitätskomponenten über eine Relevanzschwelle hinaus für maßgeblich erachtet habe. Veränderungen dieser Komponenten seien jedoch nur darauf zu prüfen, ob sie zu einer Verschlechterung einer biologischen Qualitätskomponente führten. Eine negative Veränderung von unterstützenden Qualitätskomponenten, auch solchen in der niedrigsten Klassenstufe, reiche daher nicht aus. Das Urteil erweise sich auch nicht gemäß § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig. In Bezug auf das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot fehlten die nach dem zutreffenden rechtlichen Maßstab relevanten Tatsachenfeststellungen. Außerdem habe das Oberverwaltungsgericht die Frage einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Zugriffsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG offengelassen und deshalb auch hierzu keine hinreichenden Feststellungen getroffen, welche die Aufhebung der angefochtenen Erlaubnis stützen könnten. Die Ergebnisrichtigkeit folge zuletzt auch nicht aus der verbindlichen Feststellung des EuGH, die Bundesrepublik Deutschland habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 FFH-RL verstoßen, dass sie bei der Genehmigung der Errichtung des Kraftwerks keine korrekte und vollständige Verträglichkeitsprüfung durchgeführt habe. Die durch den EuGH festgestellten habitatschutzrechtlichen Fehler – der unzureichende Nachweis der Wirksamkeit der Fischaufstiegsanlage als Schadensminderungsmaßnahme und die unzureichende Prüfung der kumulativen Auswirkungen des Kraftwerks Moorburg und des Pumpspeicherkraftwerks Geesthacht – rechtfertigten ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht die Aufhebung der angegriffenen wasserrechtlichen Erlaubnis. Denn diese Fehler seien in einem ergänzenden Verfahren nach § 7 Abs. 5 UmwRG behebbar.
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Nach Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Seine Rügen seien nunmehr umfassend zu prüfen, weil die Vorschriften zur materiellen Präklusion entfallen seien. Zu beachten sei ferner die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den verfahrensrechtlichen Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes. Diesen Anforderungen habe die der Erlaubniserteilung vorausgegangene Öffentlichkeitsbeteiligung nicht genügt. Die Fehler setzten sich im ursprünglichen Erlaubnisbescheid fort und seien auch durch die beiden Änderungsbescheide nicht geheilt worden. Des Weiteren knüpfe die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung rechtsfehlerhaft nicht an den Vorhabenbegriff des jeweiligen Fachplanungsrechts an. Sie betrachte stattdessen nur die Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens in ihrer Gesamtheit. Eine solche Prüfung sei zwar unter Kumulationsgesichtspunkten erforderlich, ersetze aber nicht die gebotene Prüfung und Bewertung der Umweltauswirkungen der jeweiligen für sich UVP-pflichtigen Einzelvorhaben. Zudem verstoße die angefochtene Erlaubnis gegen die habitatschutzrechtlichen Vorgaben des § 34 BNatSchG und des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL. Für die FFH-Gebiete oberhalb der Staustufe Geesthacht sei dies durch das Urteil des EuGH vom 26. April 2017 bindend festgestellt worden. Aber auch für die FFH-Gebiete unterhalb der Staustufe Geesthacht sei die durchgeführte Prüfung fehlerhaft. Dies betreffe insbesondere die vorhabenbedingten Auswirkungen für Fluss- und Meerneunaugen, die zu den Erhaltungszielen einiger FFH-Gebiete in Niedersachsen gehörten. Schließlich verstoße die angefochtene Erlaubnis hinsichtlich des Nordseeschnäpels und der Fluss- und Meerneunaugen gegen die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Das Risiko von Individuen dieser Arten, trotz der Fisch-Scheuchanlage mit tödlicher Folge in das Entnahmebauwerk zu geraten, werde durch das Vorhaben signifikant erhöht.
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Der Kläger beantragt,
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die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Erlaubnis Nr. 4/5 AI 43 i.d. Fassung vom 4. Oktober 2010 mit der Änderung durch den Bescheid vom 21. Januar 2011 insoweit aufzuheben, als darin der Beigeladenen die Entnahme und die Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung des Kraftwerks erlaubt wird,
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hilfsweise festzustellen, dass die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Erlaubnis Nr. 4/5 AI 43 in der Fassung vom 4. Oktober 2010 mit der Änderung durch den Bescheid vom 21. Januar 2011 insoweit, als darin der Beigeladenen die Entnahme und die Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung des Kraftwerks erlaubt wird, rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
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Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt nach Zurückverweisung der Sache vor allem zum Umfang der Bindungswirkung des Revisionsurteils aus § 144 Abs. 6 VwGO vor.
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Die Beigeladene trägt nach Zurückverweisung der Sache im Wesentlichen vor: Soweit der Kläger die Aufhebung der Erlaubnis für die Betriebsart Durchlaufkühlung begehre, sei die Klage unbegründet. Etwaige Fehler wären jedenfalls in einem ergänzenden Verfahren nach § 7 Abs. 5 UmwRG bzw. nach § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG heilbar. Es sei auch nicht festzustellen, dass die angefochtene Erlaubnis rechtswidrig und nicht vollziehbar sei. Ein Verfahrensfehler folge nicht aus dem Unterbleiben der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung wegen des Fehlens eines den wasserrechtlichen Anforderungen entsprechenden wasserrechtlichen Fachbeitrags. Die in der wasserrechtlichen Erlaubnis zugelassene Gewässerbenutzung sei schon kein UVP-pflichtiges Vorhaben. Dessen ungeachtet habe jedenfalls eine hinreichende Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Erlaubnisverfahrens stattgefunden. Die Antragsunterlagen hätten die erforderliche Anstoßwirkung hinsichtlich der Umweltauswirkungen des Vorhabens erfüllt. Was die habitatschutzrechtliche Prüfung anbelange, so sei hinsichtlich der FFH-Gebiete oberhalb des Wehres Geesthacht die Wirksamkeit der Fischaufstiegsanlage mittlerweile nachgewiesen. Für die drei niedersächsischen FFH-Gebiete unterhalb des Wehres Geesthacht sei der Nachweis erbracht worden, dass erhebliche Beeinträchtigungen dieser Gebiete ohne jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel ausgeschlossen seien; dies betreffe insbesondere die Reproduktionsfunktionen für Fluss- und Meerneunaugen. Das artenschutzrechtliche Tötungsverbot werde weder im Hinblick auf die Fischart Schnäpel noch im Hinblick auf die Meer- und Flussneunaugen verletzt. Die in der Elbe auftretende Schnäpel gehörten schon nicht zu den besonders geschützten Arten i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, weil diese aus fortlaufenden Besatzmaßnahmen stammenden Tiere nicht selbständig reproduktionsfähig seien und sie nicht der in Anhang IV der Habitatrichtlinie genannten Schnäpelart zugehörten. Im Übrigen führe das angegriffene Vorhaben nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die Individuen geschützter Arten; jedenfalls enthalte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30. September 2008 eine artenschutzrechtliche Ausnahme bzw. Befreiung. Die angefochtene Erlaubnis verstoße auch nicht gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot. Die biologische Qualitätskomponente Fischfauna werde im Hinblick auf die potentiellen Auswirkungen der Kühlwasserentnahme auf den Sauerstoffhaushalt des OWK Hafen nicht verschlechtert. Im Urteil des erkennenden Gerichts vom 18. Januar 2013 würden die Auswirkungen der Kühlwasserentnahme auf den Sauerstoffhaushalt überschätzt. Auch aufgrund direkter Fischverluste komme es nicht zu einer Verschlechterung der biologischen Qualitätskomponente Fischfauna im OWK Hafen. Es komme auch nicht zu einer Verschlechterung der Qualitätskomponenten Phytoplankton und Makrozoobenthos. Schließlich verstoße die Kühlwasserentnahme und -wiedereinleitung auch nicht gegen das wasserrechtliche Verbesserungsgebot. Dieses unterliege einem Planungsvorbehalt, der durch die Bewirtschaftungsplanung nach § 83 WHG und das Maßnahmenprogramm nach § 82 WHG realisiert werde. Das beanstandete Vorhaben halte sich in diesem Rahmen.
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Das Gericht hat mit Beschluss vom 26. Februar 2020 einen Antrag der Beklagten und der Beigeladenen auf Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf die beabsichtigte Durchführung eines ergänzenden Verfahrens abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 26. Februar 2020 Bezug genommen.
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Mit Verfügung vom 8. Juni 2020 hat das Gericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass weiterhin eine Präklusion des Klägers im Hinblick auf sein Vorbringen zur habitatschutzrechtlichen Prüfung von FFH-Gebieten unterhalb der Staustufe in Geesthacht in Betracht kommen könne, dass es möglicherweise an einer Prüfung des besonderen Artenschutzrechts im Verwaltungsverfahren fehle und dass hieraus sowohl ein materieller (Beurteilungs-) Fehler als auch ein Verfahrensmangel folgen könne, und dass zu klären sei, ob die Prüfung namentlich des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots den normativen Anforderungen entspreche und ob insoweit die nach Erlaubniserteilung vorgelegten Unterlagen berücksichtigt werden könnten. Die Beteiligten haben zu den aufgeworfenen Fragen schriftsätzlich Stellung bezogen. Hierauf wird Bezug genommen.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Sachakten, die Gerichtsakten dieses Verfahrens – insbesondere den detaillierten Tatbestand in dem Urteil des erkennenden Gerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2013 – und auf die Gerichtsakten der Verfahren 5 E 4/08.P und 5 E 10/09.P Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Streitgegenstand des Verfahrens ist noch die von dem Kläger begehrte Aufhebung der Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 mit der Änderung durch den Bescheid vom 21. Januar 2011 insoweit, als darin der Beigeladenen die Entnahme und Wiedereinleitung von Elbwasser zum Zweck der Durchlaufkühlung des Kraftwerks erlaubt wird. Soweit sich die Klage zunächst auch gegen die Erlaubnis zur Gewässerbenutzung für andere Zwecke als die Durchlaufkühlung gerichtet hat, hat das erkennende Gericht die Klage mit dem Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2013 (5 E 11/08, NordÖR 2013, 357, juris Rn. 287 ff.) abgewiesen. Im Umfang der Klageabweisung ist das Urteil rechtskräftig, weil der Kläger hiergegen kein Rechtsmittel eingelegt hat. Dies betrifft insbesondere die mit der Erlaubnis auch erlaubte Kühlwasserentnahme und -einleitung für die Betriebsart Kreislaufkühlung (Betrieb des Hybrid-Kühlturms) sowie die Einleitung von Abwasser aus der Rauchgasentschwefelungsanlage.
- 37
Soweit über die Klage danach weiterhin zu entscheiden ist, ist sie zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.5.2018, 7 C 18.17, NVwZ 2018, 1734, juris Rn. 12).
- 38
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Die gemäß §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 und 4 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) in der zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung am 4. Oktober 2010 geltenden Fassung des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585; im Folgenden: WHG) erlaubnispflichtige Gewässerbenutzung erfüllt nicht die Erlaubnisvoraussetzungen des § 12 Abs. 1 WHG. Sie verstößt gegen wasserrechtliche Vorschriften (hierzu I.). Rechtsfehlerhaft ist auch die habitatschutzrechtliche Prüfung (hierzu II.) sowie die Prüfung des besonderen Artenschutzrechts (hierzu III.). Die Mängel führen nicht zur Aufhebung der Erlaubnis, sondern dazu, dass ihre Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit festzustellen ist (hierzu IV.).
I.
- 39
Die erteilte Erlaubnis verstößt gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot des § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG (hierzu 1. und 2.). Verstöße gegen das wasserrechtliche Verbesserungsgebot des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG (hierzu 3.) und gegen § 57 Abs. 1 Nr. 1 WHG (hierzu 4.) liegen dagegen nicht vor.
- 40
1. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG sind oberirdische Gewässer, soweit sie nicht nach § 28 WHG als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird. Oberirdische Gewässer, die nach § 28 WHG als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, sind nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung ihres ökologischen Potenzials und ihres chemischen Zustands vermieden wird.
- 41
Das Verschlechterungsverbot, mit dem Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. i) der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie; im Folgenden: WRRL) umgesetzt wird, stellt nicht lediglich eine Zielvorgabe für die Bewirtschaftungsplanung dar, sondern muss bei Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG im Rahmen des § 12 Abs. 1 WHG strikt beachtet werden. Die Genehmigung für ein Vorhaben ist zu versagen, wenn es eine Verschlechterung des ökologischen Zustands bzw. Potenzials eines Oberflächengewässers und seines chemischen Zustands verursachen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 1.7.2015, C-461/13, NVwZ 2015, 1041, juris Rn. 51; BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 478; Hinweis-Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16, ZUR 2018, 623, juris Rn. 46). Dies ist nach dem allgemeinen ordnungsrechtlichen Maßstab der Fall, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht; die bloße Möglichkeit einer Verschlechterung genügt nicht. Eine Verschlechterung muss daher nicht ausgeschlossen, aber auch nicht sicher zu erwarten sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 480; Czychowski/Reinhardt, WHG, 21. Aufl. 2019, § 27 Rn. 14a).
- 42
Die Prüfung des Verschlechterungsverbots gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. i) WRRL, § 27 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 WHG muss sich trotz des weiter gefassten Wortlauts des § 27 WHG („oberirdische Gewässer“) auf einen bestimmten, in den Bewirtschaftungsplänen festgelegten OWK i.S.v. Art. 2 Nr. 10 WRRL, § 3 Nr. 6 WHG beziehen (so der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 lit. a] Ziff. i] WRRL), nicht auf das gesamte Gewässer oder bestimmte Einzelstellen darin (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 479, 506; Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Loseblatt, Stand: Februar 2020, § 27 WHG Rn. 11; Czychowski/Reinhardt, WHG, 21. Aufl. 2019, § 27 Rn. 7a). Im vorliegenden Fall ist § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG anzuwenden. Die von der erlaubten Gewässerbenutzung betroffenen Oberflächenwasserkörper (im Folgenden: OWK) sind erheblich verändert.
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Im möglichen Einwirkungsbereich der Gewässerbenutzung zum Zwecke der Durchlaufkühlung des Kraftwerks liegen die OWK Elbe-Ost (el_01), Elbe-Hafen (el_02) und Elbe-West (el_03). Diese hat die Beklagte durch den auf der Grundlage von § 27b des Hamburgischen Wassergesetzes in der Fassung vom 29. März 2005 (HmbGVBl. S. 97 – im Folgenden: HWaG) erstellten Beitrag der Freien und Hansestadt Hamburg zum Bewirtschaftungsplan nach Artikel 13 der Richtlinie 2000/60/EG der Flussgebietsgemeinschaft Elbe (Amtl. Anz. 2010, S. 151 – im Folgenden „Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009“) festgelegt (vgl. Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009, S. 4 sowie Anhang 1 Karte 1). Diese Festlegung, die auf § 4 Abs. 1 Satz 2 der Hamburgischen EG-Wasserrahmenrichtlinien-Umsetzungsverordnung vom 29. Juni 2004 (HmbGVBl. S. 277 – im Folgenden: EG-WRRL-UmsVO) beruhte und nach derzeitigem Recht ihre Grundlage in § 3 Nr. 1 der Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer vom 20. Juni 2016 (BGBl. I S. 1373, Oberflächengewässerverordnung - OGewV) findet, ist von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden; auch im Übrigen sind keine Gründe ersichtlich, aus denen sie zu beanstanden wäre (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.2013, 5 E 11/08, NordÖR 2013, 322, juris Rn. 219). Die genannten OWK sind als erheblich verändert i.S.v. § 3 Nr. 5 WHG eingestuft worden (vgl. Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009, S. 12, Anhang 2, S. 21-23, Kennzeichnung „HMWB“). Die erhebliche Veränderung beruht auf Vorbelastungen durch Schifffahrt, Hafennutzung, verschiedene Hochwasserschutzmaßnahmen, Wasserstandsregulierung, Freizeitnutzung, Verrohrung, Rückstau durch Staubauwerke, Nutzung als Bundeswasserstraße, Vertiefung, Deichbau, Kaianlagen und eingeschränkte Flächenverfügbarkeit.
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Bezugspunkt der Prüfung des Verschlechterungsverbots ist damit im vorliegenden Fall gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG das ökologische Potenzial und der chemische Zustand dieser OWK. Da Verschlechterungen des chemischen Zustands durch die Gewässerbenutzung zum Zwecke der Durchlaufkühlung nicht im Streit stehen, kommt es vorliegend maßgeblich darauf an, ob die Gewässerbenutzung zum Zweck der Durchlaufkühlung zu einer Verschlechterung des ökologischen Potenzials der o.g. OWK führt.
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a) Der Begriff ökologisches "Potenzial" beschreibt allgemein den ökologischen Zustand eines erheblich veränderten OWK (hierzu eingehend BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 483 ff.). Erheblich veränderte Gewässer sind gemäß Anhang V, Nr. 1.2.5, 1.4.2 ii) der WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 Tabelle 6, § 9 Abs. 2 i.V.m. Anhang 7 Nr. 1.2 der zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung am 4. Oktober 2010 geltenden EG-WRRL-UmsVO in die Potenzialklassen höchstes, gutes, mäßiges, unbefriedigendes oder schlechtes ökologisches Potenzial einzustufen. Aus den normativen Begriffsbestimmungen für das höchste, gute und mäßige ökologische Potenzial von erheblich veränderten Wasserkörpern gemäß Anhang V, Nr. 1.2.5 der WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 Tabelle 6 EG-WRRL-UmsVO ergibt sich, dass Referenzzustand für das ökologische Potenzial ein hypothetischer ökologischer Gewässerzustand ist, der unter Beibehaltung der Nutzungen bzw. Eingriffe erreichbar ist, auf denen seine Einstufung als erheblich verändert i.S.v. Art. 4 Abs. 3 WRRL, § 28 WHG beruht (vgl. Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Loseblatt, Stand: Februar 2020, § 27 WHG Rn. 37).
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b) Eine Verschlechterung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. i) WRRL, § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG liegt vor, sobald sich das Potenzial mindestens einer der für das betroffene Gewässer maßgeblichen Qualitätskomponenten (im Folgenden: QK) gemäß Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 1, 2 i.V.m. Anhang 3 und 4 EG-WRRL-UmsVO um eine Klasse verschlechtert. Nicht erforderlich ist, dass diese Verschlechterung auch zu einer Verschlechterung der Einstufung des OWK insgesamt führt. Ist die betreffende QK bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine Verschlechterung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. i) WRRL, § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG dar (vgl. EuGH, Urt. v. 1.7.2015, C-461/13, NVwZ 2015, 1041, juris Rn. 70; BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 479).
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Im vorliegenden Fall sind für die Einstufung des ökologischen Potenzials gemäß § 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang 3 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 bis 3 EG-WRRL-UmsVO (Anhang V, Nr. 1.1.5 i.V.m. Nr. 1.1.1 WRRL) die biologischen und unterstützend die hydromorphologischen sowie chemischen und chemisch-physikalischen QK maßgeblich, die für Flüsse gelten. Die OWK Elbe-Ost und Elbe-Hafen gehören zur Kategorie der Flüsse i.S.v. § 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang 1 Nr. 1.1 EG-WRRL-UmsVO und zum Fließgewässertyp 20 (Ströme des Tieflandes) i.S.v. § 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang 1 Nr. 2.1 EG-WRRL-UmsVO. Der OWK Elbe-West gehört zur Kategorie der Flüsse i.S.v. § 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang 1 Nr. 1.1 EG-WRRL-UmsVO und zum Fließgewässertyp 22 (Marschengewässer) i.S.v. § 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang 1 Nr. 2.1 EG-WRRL-UmsVO.
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c) Bei der Verschlechterungsprüfung ist maßgeblich auf die biologischen QK abzustellen. Die biologischen QK umfassen bei Flüssen die aquatische Flora (Gewässerflora), die Wirbellosenfauna (benthische wirbellose Fauna) und die Fischfauna. Teilkomponenten der Gewässerflora sind bei Flüssen das Phytoplankton und die Makrophyten bzw. das Phytobenthos. Die benthische wirbellose Fauna umfasst das Makrozoobenthos. Den hydromorphologischen, chemischen und allgemein chemisch-physikalischen QK kommt nur unterstützende Bedeutung zu. Veränderungen dieser Komponenten sind nur daraufhin zu prüfen, ob sie zu einer Verschlechterung einer biologischen QK führen. Eine negative Veränderung von unterstützenden QK, auch solchen in der niedrigsten Klassenstufe, reicht für die Annahme einer Verschlechterung nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 497 ff.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 21. Aufl. 2019, § 27 Rn. 14d).
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d) Eine ordnungsgemäße Prüfung des Verschlechterungsverbots nach diesen Maßstäben setzt regelmäßig sowohl eine Ermittlung des Ist-Zustands als auch eine Auswirkungsprognose für die einzelnen zu bewertenden OWK voraus (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.11.2018, 9 A 8.17, BVerwGE 163, 380, juris Rn. 22). In diesem Zusammenhang enthält Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. i) – iii) WRRL nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zum Folgenden Hinw.-Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16, ZUR 2018, 615, juris Rn. 32 ff.; Urt. v. 27.11.2018, 9 A 8.17, BVerwGE 163, 380, juris Rn. 61 ff.; im Ergebnis bestätigt durch EuGH, Urt. v. 28.5.2020, C-535/18, NuR 2020, 403, juris Rn. 76, 90) nicht nur einen materiell-rechtlichen Prüfungsmaßstab, sondern auch eine Vorgabe für das behördliche Zulassungsverfahren. Art. 4 WRRL verlangt, dass das Verschlechterungsverbot (und das Verbesserungsgebot) bereits vor der Zulassungsentscheidung in einem anhand entsprechender Dokumentationen nachvollziehbaren behördlichen Verfahren geprüft werden müssen. Dies schließt aus, dass eine solche Prüfung erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt. Ermittlungs- und Bewertungsdefizite können grundsätzlich und abgesehen von Fällen bloßer Erläuterung und Vertiefung nicht allein anhand nachträglichen Vortrags im Prozess aufgefangen werden. Zur Behebung solcher Defizite ist regelmäßig ein ergänzendes Verfahren erforderlich.
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Des Weiteren besitzt die Behörde bei der gebotenen wasserkörperbezogenen Feststellung des Ist-Zustands und der Auswirkungsprognose einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren fachlichen Beurteilungsspielraum. Mangels existierender Standardmethoden und Fachkonventionen hat die Behörde bei der Prognose, ob es vorhabenbedingt zu einer Verschlechterung des Zustands bzw. Potenzials der maßgeblichen QK kommt, einen erweiterten Spielraum bei der Entwicklung eigener Methoden. Der gerichtlichen Überprüfung unterliegt allerdings, ob die Behörde dabei eine Methode anwendet, die transparent, funktionsgerecht und schlüssig ausgestaltet ist, und sie die angewandten Kriterien definiert und ihren fachlichen Sinngehalt nachvollziehbar darlegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.10.2014, 7 A 14.12, NuR 2014, 785, juris Rn. 5 f.; Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 502; Vorlage-Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16, ZUR 2018, 615, juris Rn. 34; vgl. zu einem entsprechenden Beurteilungsspielraum ferner z.B. OVG Bremen, Urt. v. 4.6.2009, 1 A 7/09, NordÖR 2009, 525, juris Rn. 109; Durner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Loseblatt, Stand: Februar 2020, WHG § 27 Rn. 40; ders., NuR 2019, 1 [9]; de Witt/Kause, NuR 2015, 749 [754]; Nutzhorn, W+B 2016, 56 ff.). Bei der Ausübung ihres Beurteilungsspielraums muss die Behörde außerdem den oben dargestellten rechtlichen Maßstab zugrunde legen, den die WRRL bzw. das WHG und (im vorliegenden Fall) die EG-WRRL-UmsVO zur Beurteilung einer wasserrechtlichen Verschlechterung vorgeben. Die Verschlechterungsprüfung muss sich insbesondere auf einen bestimmten OWK beziehen. Sie muss außerdem auf die Frage gerichtet sein, ob die prognostizierten Auswirkungen der Gewässerbenutzung zu einem Klassenwechsel der maßgeblichen biologischen QK bzw. der weiteren Verschlechterung einer biologischen QK, die bereits in die niedrigste Klasse eingestuft ist, führen. Dies setzt eine Einstufung des ökologischen Zustands/Potenzials dieser QK im Ist-Zustand und im prognostizierten Zustand unter Anwendung des vorgegebenen Zustands-/Potenzialklassensystems voraus.
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Entgegen der Ansicht der Beigeladenen genügt bei der Bewertung der biologischen QK eine verbal-argumentative Beschreibung von Ist-Zustand und Auswirkungen grundsätzlich nicht. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich lediglich, dass eine solche Vorgehensweise ausreicht, um die Wirkzusammenhänge zwischen den unterstützenden und den biologischen QK zu beschreiben. Denn für die Bewertung dieser Wirkzusammenhänge gibt es keine normativen Vorgaben. Deshalb genügt eine verbale Beschreibung der Effekte, die sich aus der Veränderung unterstützender QK auf die biologischen QK ergeben (eingehend BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 499 ff.). Im Übrigen liegt es zwar nahe, dass auch die Prüfung der biologischen QK in der Regel in einem ersten Schritt eine verbal-argumentative Beschreibung der tatsächlichen Auswirkungen der Gewässerbenutzung auf die jeweilige Komponente enthält. Diese Beschreibung muss bei den biologischen QK aber in die für das Verschlechterungsverbot entscheidende Bewertung münden, ob die festgestellten Auswirkungen zu einem Wechsel der Potenzialklasse der jeweiligen Komponente (bzw. der weiteren Verschlechterung einer bereits in die niedrigste Klasse eingestuften Komponente) im Vergleich zum Ist-Zustand führen. Dieser Bewertungsschritt kann lediglich dann als entbehrlich betrachtet werden, wenn bereits aufgrund der bloßen Beschreibung auszuschließen ist, dass die Gewässerbenutzung negative Auswirkungen auf die betrachteten biologischen QK haben kann (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Urt. v. 22.4.2016, 7 KS 27/15, juris Rn. 453, 455).
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2. Nach diesem Maßstab ist die von der Beklagten bis zur Erlaubniserteilung vorgenommene Prüfung des Verschlechterungsverbots fehlerhaft:
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Zwar hat die Beklagte ihre verfahrensrechtliche Pflicht aus Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. i) WRRL zur dokumentierten Prüfung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots vor Zulassung der Gewässerbenutzung erfüllt. Denn sie hat in der angegriffenen Erlaubnis (vgl. insbesondere UVP, Anlage 8 zum Erlaubnisbescheid vom 30.9.2008, S. 70 ff., 75 ff., 85 ff.; in Bezug genommen auch im Erlaubnisbescheid v. 4.10.2010, S. 67, 84) eine Prüfung der gewässerökologischen Ist-Situation und eine Bewertung der Auswirkungen durch die Kühlwasserentnahme und -einleitung auf der Grundlage dokumentierter und öffentlich ausgelegter Gutachten (vgl. insbesondere KLS, Fachbeitrag Oberflächengewässer, Oktober 2006 [im Folgenden: KLS 2006]; limnobios, Fachbeitrag Fischfauna, November 2006 [im Folgenden: limnobios 2006]; DHI, Auswirkungen einer Wärmeeinleitung in die Süderelbe bei Moorburg/Hamburg, Oktober 2006 [im Folgenden: DHI 2006]; Kieler Institut für Landschaftsökologie, Fachgutachten zur FFH-Prüfung, 25.10.2006 [im Folgenden: KIfL 2006], sowie nachträglich vorgelegt: DHI, Sauerstoffbilanz der Tideelbe, Dezember 2007 [im Folgenden: DHI 2007]) vorgenommen.
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Diese Prüfung des Verschlechterungsverbots weist jedoch inhaltliche Defizite auf, die zur Folge haben, dass eine abschließende Beurteilung der Vereinbarkeit der Gewässerbenutzung mit § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung vom 4. Oktober 2010 vorliegenden Unterlagen nicht möglich (hierzu a] – d]). Zu den erst nach Erlass der Erlaubnis im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen für die wasserrechtliche Prüfung hätte die Beklagte – was unterblieben ist – die Öffentlichkeit nach den Vorschriften den Hamburgischen Wassergesetzes beteiligen müssen (hierzu e]). Angesichts der bestehenden Defizite der Verschlechterungsprüfung scheidet die Annahme einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 2 WHG derzeit von vornherein aus (hierzu f]). Im Einzelnen:
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a) Die bis zur Erlaubniserteilung erfolgte Prüfung der maßgeblichen biologischen QK leidet an zwei wesentlichen Defiziten: Bei der Beurteilung des Ist-Zustands und der Auswirkungsprognose fehlt es zum einen an dem gebotenen Oberflächenwasserkörperbezug und zum anderen an der Bewertung anhand des Potenzialklassensystems nach Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 EG-WRRL-UmsVO. Diese Bewertungsdefizite betreffen biologische QK, bei denen die Fachgutachten und die Beklagte sowohl verbal-argumentativ als auch in eigenen Bewertungsschemata durchaus von negativen Auswirkungen der Kühlwassernutzung ausgehen, eine tatsächliche Verschlechterung mithin nicht bereits von vornherein ausgeschlossen werden kann. Deshalb wäre die OWK-bezogene Bewertung dieser Auswirkungen anhand des Potenzialklassensystems ein nach dem dargelegten Maßstab wesentlicher Beurteilungsschritt der Beklagten gewesen, der unterblieben ist.
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aa. In Bezug auf die QK Fischfauna ergeben sich diese Mängel aus Folgendem:
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(1) Zur Beurteilung des Ist-Zustands enthält die UVP vom 30. September 2008 (Anlage 8 zum Erlaubnisbescheid v. 30.9.2008, S. 72 ff.) zwar eine „Darstellung der gewässerökologischen Ist-Situation der Elbe“, die zutreffend die biologischen QK der jeweiligen OWK – darunter die Fischfauna – unterscheidet. Sie stuft deren Ist-Zustand allerdings nicht in die durch Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 Tabelle 6 EG-WRRL-UmsVO vorgegebenen Potenzialklassen ein. Stattdessen übernimmt die UVP (UVP, S. 72, Tabelle 19) eine Tabelle aus einer Bestandsaufnahme der ARGE Elbe aus dem Jahr 2005 (vgl. ARGE Elbe, Konzept zur Überwachung des Zustands der Gewässer - Bearbeitungsgebiet Tideelbestrom – (C-Ebene) – Entwurf, Stand: 17.10.2005, S. 8 [im Internet abrufbar unter https://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2012/15631/pdf/Konz_Moni_TELStrom.pdf]; im Literaturverzeichnis der UVP [S. 66] zitiert als „ARGE Elbe, 2005“). In dieser Tabelle wird die Wahrscheinlichkeit beurteilt, dass die OWK in den jeweiligen QK bis 2015 das gute ökologische Potenzial erreichen. Das verwendete Bewertungsschema beschränkt sich auf die Kategorien „Zielerreichung wahrscheinlich“, „Zielerreichung unwahrscheinlich“ und „Zielerreichung unklar“. Die QK Fischfauna wird für die drei OWK Elbe-West, Elbe-Hafen und Elbe-Ost mit „Zielerreichung unwahrscheinlich“ bewertet.
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Die Darstellung der Ist-Situation in der UVP enthält außerdem weitere Ausführungen (insbesondere zur Situation der Fische, zu Nährstoff- und Schadstoffbelastungen und zum Sauerstoffhaushalt), die der Sache nach einzelne QK betreffen. Diese beziehen sich jedoch nicht mehr auf konkrete OWK und nehmen ebenfalls keine Potenzialklasseneinstufung vor (UVP, S. 73).
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Zwar lagen zum Zeitpunkt der Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 bereits Einstufungen des ökologischen Potenzials der hier maßgeblichen OWK anhand des Potenzialklassensystems vor. So stuft der Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009 das (gesamte) ökologische Potenzial der OWK Elbe-Hafen und Elbe-West als „mäßig“ und den chemischen Zustand als „nicht gut“ ein (Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009, Anhang 1, Karten 16 und 18, Stand: 15.10.2009). Der im Erlaubniszeitpunkt geltende Bewirtschaftungsplan nach Artikel 13 der Richtlinie 2000/60/EG für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe der FGG Elbe vom 11. November 2009 (im Folgenden: Bewirtschaftungsplan 2009) nimmt zudem eine zwischen den maßgeblichen OWK und den einzelnen biologischen QK differenzierende Einstufung vor (vgl. dort S. 67). Diese Bewertungen wurden jedoch im vorliegenden Fall nicht der Beurteilung des Ist-Zustands und der Auswirkungsprognose vor Erteilung der Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 zugrunde gelegt.
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Die Bewertung des Ist-Zustands der Fischfauna in der UVP weist überdies einen Widerspruch auf: In „Tabelle 19“ (UVP, S. 72) wird die QK Fischfauna für die drei OWK Elbe-West, Elbe-Hafen und Elbe-Ost wie ausgeführt mit „Zielerreichung unwahrscheinlich“ bewertet. Unter Hinweis auf eine vorläufige Bewertung der Qualitätskomponenten der Tideelbe durch die Beklagte aus dem Jahr 2007 führt die UVP dagegen ohne Bezug zu einem bestimmten OWK weiter aus, die QK Fischfauna weise einen „guten ökologischen Zustand“ auf. Zutreffender Bezugspunkt für die Bewertung des Ist-Zustands wäre im Übrigen nicht der ökologische Zustand, sondern das ökologische Potenzial dieser QK gewesen. Im weiteren Text (UVP S. 73) führt die Beklagte aus, die Elbe sei trotz der erfreulich hohen Zahl von aktuell 104 Fischarten für Fische „noch kein optimaler Lebensraum“. Hinsichtlich eines „guten fischökologischen Zustandes“ bestünden innerhalb des Hamburger Beurteilungsgebiets noch Hindernisse. Diese Aussagen widersprechen wiederum der Feststellung, die QK Fischfauna weise einen „guten ökologischen Zustand“ auf.
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Des Weiteren übernimmt die Beklagte in der UVP aus dem Fachbeitrag Fischfauna (limnobios 2006) ein Bewertungsschema (UVP, S. 73 f.), das nicht den Anforderungen des Anhangs V WRRL bzw. des § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 EG-WRRL-UmsVO entspricht: Das Gutachten limnobios 2006 beschreibt und bewertet als Ergänzung zu KLS 2006 den Ist-Zustand der Fischfauna auf der Grundlage von Probenahmen an verschiedenen Befischungsstationen und -abschnitten in der Süderelbe, der Alten Süderelbe und der Norderelbe (limnobios 2006, S. 6 ff.). Das Gutachten bezieht seine Untersuchung und Bewertung jedoch nicht auf einen bestimmten OWK. Außerdem nimmt es keine Einstufung der QK Fischfauna in die Potenzialklassen der WRRL bzw. der EG-WRRL-UmsVO vor. Stattdessen ordnet es die Fischfauna in dem nicht gewässerkörperbezogenen „Untersuchungsgebiet“ nach den Kriterien Seltenheit, Lebensraumspezifität, besondere Standortverhältnisse, Regenerationsfähigkeit, ökologische Funktion und Vernetzungsfunktion in die Wertstufen I („geringste Wertigkeit“) bis V („höchste Wertigkeit“) ein. Dabei kommt das Gutachten zu dem Gesamtergebnis, die Fischfauna in der „Süderelbe“ und der „Alten Süderelbe“ weise eine „hohe Wertigkeit“ (Wertstufe IV) auf (limnobios 2006, S. 47 ff., 53). Lediglich bei einem der sechs angewandten Bewertungskriterien („Lebensraumspezifität“) verweist der Fachbeitrag auf eine mündliche Mitteilung der Wassergütestelle Elbe aus dem Jahre 2006, wonach diese die Fischfauna im Untersuchungsgebiet anhand des fischbasierten Bewertungsverfahrens fiBS vorläufig als „mäßig“ im Sinne der Zustandsklassen nach der WRRL bewertet habe (limnobios 2006, S. 50). Diese Einstufung referiert auch das Gutachten KLS 2006 unter Bezugnahme auf eine „mündl. Mitteilung“ des limnobios-Gutachters und bezieht sie auf den Zustand der Fischfauna im „Stromspaltungsgebiet der Unterelbe“ (KLS 2006, S. 30), bewertet den Ist-Zustand der Fischfauna letztlich jedoch wie limnobios 2006 in dem dort verwendeten Bewertungsschema mit der zweithöchsten Stufe „hohe Wertigkeit“ (Wertstufe IV, vgl. KLS 2006, S. 135, 137).
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Das Gutachten limnobios 2006 setzt die Einordnung „mäßig“ i.S.v. Anhang V WRRL mit einer Wertstufe III in dem von ihm angewandten System gleich (limnobios 2006, S. 50). Diese Gleichsetzung wird jedoch nicht weiter begründet und ergibt sich auch im Übrigen nicht ohne weiteres: Das angewandte Bewertungsschema ist zwar ebenfalls fünfstufig. Die Verbalbeschreibungen der einzelnen Stufen (limnobios 2006, S. 48 f.) unterscheiden sich allerdings in einer Weise von denen der Zustands- bzw. Potenzialklassen nach Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 Tabelle 6 bzw. Tabelle 2 EG-WRRL-UmsVO, dass die Wertstufen nicht ohne weiteres mit den Zustands- bzw. Potenzialklassen gleichgesetzt werden können. Der Gutachter stellt auch nur im Zusammenhang mit dem Kriterium „Lebensraumspezifität“ fest, diese „Vorgehensweise“ entspreche der Bewertung nach den Richtlinien der WRRL (limnobios 2006, S. 47). Tatsächlich lassen sich die weiteren im Gutachten limnobios 2006 verwendeten Bewertungskriterien Seltenheit, besondere Standortverhältnisse, Regenerationsfähigkeit, ökologische Funktion und Vernetzungsfunktion und deren Verbalbeschreibungen der Sache nach nicht ohne weiteres den Zustandsklassenbeschreibungen nach § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 Tabelle 2 EG-WRRL-UmsVO zuordnen. So werden die Kriterien für einen „sehr guten“ Zustand der Fischfauna in Flüssen dort wie folgt beschrieben: „Zusammensetzung und Abundanz der Arten entsprechen vollständig oder nahezu vollständig den Referenzbedingungen. Alle typspezifischen störungsempfindlichen Arten sind vorhanden. Die Altersstrukturen der Fischgemeinschaften zeigen kaum Anzeichen anthropogener Störungen und deuten nicht auf Störungen bei der Fortpflanzung oder Entwicklung irgendeiner besonderen Art hin.“ Diese Bezugnahme auf Artenzusammensetzung und -abundanz kommt inhaltlich lediglich dem im Fachbeitrag limnobios 2006 verwendeten Kriterium „Lebensraumspezifität“ und seinen Verbalbeschreibungen (limnobios 2006, S. 48) nahe.
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(2) Die beschriebenen Mängel betreffen auch die Beurteilung der zu erwartenden Auswirkungen der Gewässerbenutzung auf die QK Fischfauna:
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(2.1) Das Gutachten KLS 2006 kommt zu dem Ergebnis, die Kühlwasserpassage und die durch die Kühlwassernutzung verursachte Temperaturerhöhung und Änderung der Strömungsverhältnisse hätten hohe (Strömungsverhältnisse, Temperaturerhöhung) bzw. mittlere (Kühlwasserpassage) Umweltauswirkungen auf die Fischfauna der Alten Süderelbe und mittlere Umweltauswirkungen auf die Fischfauna der Süderelbe (KLS 2006, S. 135). Dem Restarm der Alten Süderelbe komme als Rastplatz und zur Nahrungsaufnahme von Fischen eine hohe Bedeutung zu (KLS 2006, S. 135, 137). Die Veränderung des Strömungsregimes und die Temperaturerhöhung in der Alten Süderelbe sowie die Trennung funktionsräumlicher Zusammenhänge würden die hohe Wertigkeit der dortigen Fischfauna deutlich reduzieren (KLS 2006, S. 132, 135, 137). Nach den LAWA-Vorgaben seien bei Temperaturerhöhungen in sommerwarmen Fließgewässern bis 3 K und maximalen Gewässertemperaturen von 28°C keine Beeinträchtigungen der Fischfauna zu erwarten. Diese Grenzen würden in der Alten Süderelbe überschritten. Temperaturerhöhungen von bis zu 3 K träten in der Süderelbe nur kleinräumig beim Übergang des Kühlwassers aus dem Restarm der Alten Süderelbe in die Süderelbe für 30 bis 40 Minuten während der Tideumkehr auf. Allerdings mieden einige Fischarten von Kühlwassereinleitungen betroffene Gewässerabschnitte oder umschwämmen die Zonen mit den höchsten Temperaturen. Insofern könnten solche Bereiche die Wanderungen von Fischen und Rundmäulern zeitweise behindern (KLS 2006, S. 132 f.). Infolge der geplanten Schadensbegrenzungsmaßnahmen würden die für die Süderelbe ansonsten zu erwartenden hohen Umweltauswirkungen durch die Änderungen der Strömungsverhältnisse und die Temperaturerhöhung vermieden (KLS 2006, S. 128 ff., S. 135). Insgesamt ergebe sich bei „Betrachtung aller Wirkfaktoren sowie der Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen [...] (Fischscheuchanlage, Fischrückführung, Kaskade zur Sauerstoffanreicherung) und der Maßnahmen zur Schadensbegrenzung (erschütterungsarmer Einbau der Spundwände, Fischaufstiegsanlage beim Wehr Geesthacht) [...] eine mittlere Umweltauswirkung durch den [...] Betrieb des Kraftwerkes Moorburg auf die Fischfauna der Süderelbe“ (KLS 2006, S. 138).
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Eine Einordnung dieser „mittleren“ Auswirkungen anhand des Potenzialklassensystems der WRRL und der gebotene Bezug zu einem bestimmten OWK fehlt; die im Gutachten KLS 2006 (dort S. 12 ff.) eingangs lediglich abstrakt dargestellten Maßstäbe der WRRL und die Benennung der OWK im Vorhabenbereich werden bei der eigentlichen Bewertung nicht wieder aufgegriffen und angewendet. Die Aussagen werden pauschal für die Süderelbe und die Alte Süderelbe (vgl. KLS 2006, S. 132 f., 135 ff.) getroffen. Da das verwendete Bewertungsschema erst bei einer hohen Umweltauswirkung von einer „Erheblichkeit“ ausgeht (KLS 2006, S. 135), stellt das Gutachten „erhebliche“ Umweltauswirkungen auf die QK Fischfauna für das „Gebiet der Süderelbe“ nicht fest. Es bleibt offen und ist auch nicht ohne weiteres ersichtlich, wie sich diese Bewertung in die Bewertungsmatrix nach Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 Tabelle 6 bzw. Tabelle 2 EG-WRRL-UmsVO übersetzen lässt. Insbesondere ist nicht nachzuvollziehen, auf welcher Wertungsgrundlage eine „Erheblichkeit“ erst ab einer „hohen“ Umweltauswirkung angenommen wird. Mit dieser Bewertung lässt sich deshalb nicht begründen, es liege keine einen Potenzialklassenwechsel auslösende Veränderung der QK Fischfauna vor. Dies erscheint auch deshalb nicht ohne weiteres plausibel, weil der Fachbeitrag den Ist-Zustand der Fischfauna in seinem System mit der zweithöchsten Stufe „hohe Wertigkeit“ (IV) beurteilt (KLS 2006, S. 135). Nach dem Bewertungssystem des Anhangs V WRRL erscheint es ohne weiteres möglich, dass eine „mittlere“ Auswirkung auf eine in der zweithöchsten Zustands-/Potenzialklasse befindliche QK eine Klassen-Herabstufung und damit eine Verschlechterung bewirken könnte.
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(2.2) Das Gutachten KIfL 2006 setzt sich mit der Gefahr einer Schädigung von Fischen durch die Temperaturerhöhung (KIfL 2006, S. 66 ff.), die Veränderung des Sauerstoffhaushalts (KIfL 2006, S. 71 ff.) und die Kühlwasserentnahme (KIfL 2006, S. 81 ff., 93 ff.) auseinander. Es führt aus, die prognostizierte Temperaturerhöhung lasse keine negativen Effekte auf die Fischfauna erwarten, solange die Sauerstoffversorgung für die Fische ausreichend sei (KIfL 2006, S. 80). Auf der Grundlage von KLS 2006 nimmt das Gutachten an, die Sauerstoffbilanz des Kraftwerkbetriebs werde aufgrund der Sauerstoffanreicherung positiv sein (KIfL 2006, S. 177). Eine Gefahr durch die Kühlwasserentnahme bestehe trotz der Scheuch- und Rückführungsanlage insbesondere in Abhängigkeit vom artspezifischen Verhalten und der – die vertikale Verteilung der Fische im Fluss beeinflussenden – saisonalen Sauerstoffsättigung für Fische mit einer Länge unter 8 cm und für größere Fische, die wegen schlechter Kondition, Fluchtreaktionen vor Schiffsschrauben oder aus sonstigen Gründen in den Ansaugbereich gerieten. Verluste von Fischen und Neunaugen ließen sich deshalb trotz der eingesetzten Technik nicht vermeiden; diese reduziere lediglich das Risiko (KIfL 2006, S. 93 ff., 98, 177 f.).
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Die beschriebenen Auswirkungen auf die QK Fischfauna werden im Gutachten jedoch nicht weiter gewässerkörperbezogen quantifiziert und bewertet (vgl. KIfL 2006, S. 181). Da das Gutachten eine Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL vornimmt und die Süderelbe als solche kein FFH-Gebiet ist, war die Verschlechterung der dortigen Fischfauna für den Gutachter auch ausdrücklich nicht prüfungsrelevant (KIfL 2006, S. 176).
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(2.3) Die UVP differenziert bei der auf die Fischfauna bezogenen Auswirkungsprognose zwischen den Wirkungen der Kühlwasserentnahme (S. 78 ff.) und der Kühlwassereinleitung (S. 85 ff.):
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(2.3.1) Die Kühlwasserentnahme hat nach den Prognosen in der UVP einen erheblichen Verlust von Fischen, Fischlarven und Laich zur Folge (zum Folgenden S. 81 f.). Diese würden durch die Schadensbegrenzungsmaßnahmen zwar abgemildert. Wegen fehlender Erfahrungswerte könne jedoch keine gesicherte Aussage dazu getroffen werden, in welchem Umfang die Verluste reduziert würden. Insoweit bedürfe es weiterer Nachweise und Monitoring-Erkenntnisse. Der in der Süderelbe dominierende Stint würde im Übrigen nicht wirksam gescheucht und könne wegen seiner Empfindlichkeit nicht von der Rückführung profitieren. Um die Schädigung dieses Fisches niedrig zu halten, sei es erforderlich, die maximale Wasserentnahmemenge auf höchstens ein Drittel des Oberwasserabflusses festzulegen. Beim Aal sei damit zu rechnen, dass adulte Blankaale „in relevanten Mengen“ über den Grobrechen entnommen würden. Auch sei die erfolgreiche Rückführung der juvenilen Glasaale von mindestens 90% nicht sichergestellt. Die Wirksamkeit der Fischscheuch- und -rückführungsmaßnahmen sei durch ein Monitoring nachzuweisen. Für den Fall, dass diese Maßnahmen nicht ausreichend seien, seien weitere Maßnahmen im Rahmen des „Risikomanagements“ erforderlich.
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Eine gewässerkörper- und potenzialklassenbezogene Bewertung der angenommenen Auswirkungen auf die Fischfauna fehlt auch hier. Letztlich geht die Beklagte in der UVP von „erheblichen“ Fischverlusten aus, ohne diese Erheblichkeit nach den normativen Vorgaben präzise einzustufen. Weiter geht sie von einer Abmilderung dieser Verluste durch die Scheuch- und Rückführungsmaßnahmen aus, ohne dies näher konkretisieren zu können, da sie sich nicht in der Lage sieht, die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ohne das erst mit Aufnahme des bestimmungsgemäßen Betriebs einsetzende Monitoring einzuschätzen (zum Monitoring der Scheuch- und Rückführungsanlage vgl. Ziff. 2.2.4.2, 3.4.2, 3.4.3, 3.4.5, 3.4.6 des Bescheids vom 4. Oktober 2010). Eine Bewertung der durch die Scheuch- und Rückführungsmaßnahmen aus Sicht der Beklagten nur abgemilderten Fischverluste durch die Kühlwasserentnahme fehlt.
- 71
(2.3.2) Bei der Beurteilung der Folgen der Kühlwassereinleitung nimmt die UVP die Veränderungen der unterstützenden physikalisch-chemischen QK Temperatur (direkte Auswirkungen des Wärmeeintrags, S. 87 ff.) und Sauerstoffgehalt (S. 90 ff.) in den Blick:
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Die UVP (dort S. 89) geht auf der Grundlage des Gutachtens DHI 2006 davon aus, dass die Temperaturerhöhung in der Alten Süderelbe bis zum Übergang in die Süderelbe die Lebensbedingungen der Fischfauna sowie der übrigen Wasserlebewesen erheblich beeinträchtigen werde. In der Süderelbe werde es im Sommer je nach Ausgangstemperatur des Elbwassers zu einer Temperaturerhöhung von 1,5 bis 2 K, im Nahbereich von 2,7 bis 4,2 K kommen. Im Übergangsbereich zwischen Restarm der Alten Süderelbe und Süderelbe würden Wassertemperaturen von 28°C durch den Kühlwasserbetrieb erreicht, im weiteren Verlauf der Süderelbe werde diese Temperatur unterschritten. Im Einmündungsbereich des Restarmes der Alten Süderelbe reiche die keulenförmige Wärmefahne mit einer Gewässererwärmung von bis zu 4 K zeitweise (Beginn der Ebbeströmung) bis zum gegenüberliegenden Ufer der Süderelbe. Zusammenfassend geht die UVP (S. 90) davon aus, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Bewirtschaftungsziele für den Hamburger Hafen durch die geplante Wärmeeinleitung nicht erreicht würden. Um den Schutz der aquatischen Lebensgemeinschaften sicherzustellen, dürfe die maximale Gewässertemperatur am Übergang des Restarmes der Alten Süderelbe zur Süderelbe 28°C nicht überschreiten und die maximale Temperaturdifferenz im Sommer nicht mehr als 3 K betragen. Damit würden auch die Vorgaben des Wärmelastplans erfüllt. Daran anknüpfend führt die Begründung zum Erlaubnisbescheid vom 4. Oktober 2010 aus, mit den Nebenbestimmungen unter den Ziffern 3 bis 5 des Bescheids werde der Wärmelastplan umgesetzt. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass eine dauerhaft gewässerverträgliche Kühlwassereinleitung vorliege, wenn die Vorgaben des Wärmelastplans eingehalten würden. Dies sei hier im Hinblick auf die maximale Gewässertemperatur von 28°C, die maximale Aufwärmspanne im Gewässer von 3 K, die maximale Einleittemperatur des Kühlwassers von 30°C und die maximale Aufwärmspanne des Kühlwassers von 6 K im Sommer- und 7,5 K im Winterbetrieb der Fall (vgl. Bescheid vom 4. Oktober 2010, S. 63 f.).
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Des Weiteren geht die UVP von kraftwerksbedingten Veränderungen des Sauerstoffhaushalts des Elbwassers aufgrund der Temperaturerhöhung und der höheren Sauerstoffzehrung durch abgetötete Biomasse aus. Dabei teilt die UVP die Schlussfolgerungen der Fachgutachten zur vorhabenbedingten Veränderung des Sauerstoffhaushalts des Elbwassers nicht (dort S. 93 ff.): Sie nimmt eine höhere Sauerstoffzehrung durch die in der Kühlwasserpassage abgetöteten Biomasse an. Die Detritusmenge sei höher anzusetzen und betrage mindestens 33,3 t pro Tag. Zusammenfassend sei festzustellen, dass sich der Kraftwerksbetrieb bezüglich des Sauerstoffhaushaltes der Tideelbe nicht wirkungsneutral verhalte. In Abhängigkeit vom Biomassedargebot und der Ausgangs-Sauerstoffkonzentration sowie der Gewässertemperatur falle das Sauerstoffdefizit unterschiedlich hoch aus. Die genaue Höhe lasse sich nicht beziffern. Ebenso wenig lasse sich abschätzen, wie sich das Sauerstoffdefizit auf die bereits bestehenden Sauerstoffmangelsituationen auswirke. Hintergrund dieser Einschätzung sind die unabhängig vom Kraftwerk im Bereich des Hamburger Hafens in den Sommermonaten bei höheren Wassertemperaturen und niedrigem Oberwasserabfluss regelmäßig auftretenden Sauerstoffmangelsituationen mit einer Konzentration von unter 3 mg O2/l („Sauerstofflöcher“, vgl. hierzu KLS 2006, S. 34 ff.). Eine grundsätzliche Schwierigkeit in der Prognose besteht nach der UVP (dort S. 97) in den Unsicherheiten der Modellierung des Gutachtens DHI 2007, da bestimmte Parameter nur unzureichend hätten berücksichtigt werden können. Aufgrund dieser nicht auszuräumenden Unsicherheiten sei in Bezug auf die Auswirkungen auf den Sauerstoffhaushalt keine Prognosesicherheit zu erzielen. Eine Verschlechterung der Gewässerqualität sei nicht auszuschließen. Wegen dieser Unsicherheiten sei zur Vermeidung einer nachteiligen Veränderung des ökologischen Potenzials sicherzustellen, dass eine maximale Gewässertemperatur von 28°C sowie eine maximale Aufwärmspanne von 3 K im Gewässer eingehalten werde. Außerdem müsse über das Einlaufbauwerk ganzjährig ein Sauerstoffsättigungsgrad von mindestens 80% und mindestens 6 mg O2/l sichergestellt werden. „Ab“ (gemeint wohl „unter“) einem Sauerstoffgehalt von 6 mg O2/l im Gewässer sei die Kühlwassereinleitung zu drosseln und ab 3 mg O2/l einzustellen. Hierzu seien entsprechende Nebenbestimmungen formuliert worden. Damit orientierte sich die Beklagte an den Festlegungen des zum Zeitpunkt der UVP noch in der Planung befindlichen Wärmelastplans für die Tideelbe.
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Die wasserrechtliche Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 setzt diese Vorgaben in den Nebenbestimmungen unter Ziffer 4.1.2, 4.2 und 4.3 um und geht über diese insoweit hinaus, als bereits bei einem Sauerstoffgehalt von weniger als 4 mg O2/l die Kühlwassereinleitung einzustellen ist. Dennoch bleibt die Prüfung defizitär. Denn die Auswirkungen der bei Einhaltung der Nebenbestimmungen verbleibenden temperatur- und zehrungsbedingten Veränderungen des Sauerstoffgehalts auf die Fischfauna in den potenziell betroffenen OWK der Tideelbe werden nicht nach Maßgabe der WRRL bzw. der EG-WRRL-UmsVO bewertet. Die Beklagte geht selbst davon aus, dass trotz der genannten Nebenbestimmungen eine negative Veränderung des Sauerstoffgehalts zu erwarten ist. So stellt der von der Beklagten im Gerichtsverfahren vorgelegte Vermerk vom 29. Oktober 2012 (dort S. 3) fest, das Fehlen von Nutzungsbeschränkungen oberhalb einer Sauerstoffkonzentration von 6 mg O2/l bedeute nicht, dass die Kühlwassernutzung dann keinen negativen Einfluss auf die Sauerstoffbilanz des Gewässers habe. Die Prognoseunsicherheit hinsichtlich der Auswirkungen der Durchlaufkühlung auf den Sauerstoffgehalt der Elbe bei Einhaltung dieser Vorgaben hat auch das erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Gutachten der ARSU GmbH (Arbeitsgruppe für regionale Struktur- und Umweltforschung) vom 12. November 2012 (im Folgenden: ARSU 2012) bestätigt. Das Gutachten führt aus, der Einfluss der Kühlwassereinleitung auf die Sauerstoffzehrung und die zu erwartende Kompensation durch die Anreicherung ließen sich nicht beziffern und eine Verringerung des Sauerstoffgehalts sei nicht auszuschließen. Daher sei nach wie vor davon auszugehen, dass der Kraftwerksbetrieb die physikalisch-chemische QK Sauerstoffgehalt negativ verändere (ARSU 2012, S. 34 f.). Trotz der angenommenen verbleibenden negativen Auswirkungen der Kühlwassernutzung auf den Sauerstoffhaushalt hat die Beklagte jedoch die damit gebotene nachvollziehbare Beurteilung, ob dies zu einer Verschlechterung der Potenzialklasseneinstufung der QK Fischfauna des OWK Elbe-Hafen oder – wegen der möglichen Fernwirkung der Sauerstoffzehrung – des OWK Elbe-West führen könnte, unterlassen.
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bb. Auch die Bewertung der QK Makrozoobenthos leidet an den eingangs beschriebenen Mängeln:
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(1) Die UVP enthält zum Ist-Zustand der QK Makrozoobenthos lediglich die bereits oben im Zusammenhang mit der QK Fischfauna dargestellte, den rechtlichen Vorgaben nicht genügende Bewertung mit „Zielerreichung unwahrscheinlich“ (UVP, S. 72, Tabelle 19). Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Makrozoobenthos werden in der UVP ebenfalls nicht spezifisch gewürdigt. Die UVP geht zwar von einer erheblichen Beeinträchtigung der Alten Süderelbe im Hinblick auf die Lebensbedingungen der Fischfauna sowie der „übrigen Wasserlebewesen“ aufgrund des Wärmeeintrags und insoweit von einem „Funktionsverlust“ der Alten Süderelbe aus (UVP, S. 89). Was dies für die Bewertung der Auswirkungen auf die QK Makrozoobenthos im OWK Elbe-Hafen insgesamt bedeutet, wird nicht weiter geprüft. Die Beklagte prüft auch die Auswirkungen der Kühlwassernutzung auf das Makrozoobenthos außerhalb der Alten Süderelbe nicht. In Bezug auf die Relevanz lokaler negativer Veränderungen in einem OWK gilt, dass die räumliche Bezugsgröße für die Prüfung der Verschlechterung ebenso wie für die Zustands-/Potenzialbewertung grundsätzlich der OWK in seiner Gesamtheit ist. Ort der Beurteilung sind die für den Wasserkörper repräsentativen Messstellen. Lokal begrenzte Veränderungen sind daher nicht relevant, solange sie sich nicht auf den gesamten Wasserkörper oder andere Wasserkörper auswirken (BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 506). Dabei sind jedoch nicht nur die Größenverhältnisse, sondern ist auch die gewässerökologische Funktion des jeweiligen Bereichs in den Blick zu nehmen (vgl. auch OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.2013, 5 E 11/08, NordÖR 2013, 322, juris Rn. 226). Die Beklagte setzt sich in der UVP jedoch nicht mit der Frage auseinander, welches Gewicht der angenommene „Funktionsverlust“ der Alten Süderelbe für das Makrozoobenthos im OWK Elbe-Hafen besitzt.
- 77
Eine derartige Bewertung nimmt erstmals das Gutachten ARSU 2012 (S. 21 f., 37 f.) vor. Danach führen die Auswirkungen des Kühlwasserbetriebs nicht zu einer Verschlechterung des – in dem Gutachten als „unbefriedigend“ eingestuften – Zustands der QK Makrozoobenthos im OWK Elbe-Hafen. Der Verlust der ökologischen Funktion der Alten Süderelbe sei nur eine lokale Veränderung. Der Restarm der Alten Süderelbe stelle mit einer Fläche von ca. 5,5 ha nur 0,00004% der Gesamtfläche des OWK Elbe-Hafen, die mit ca. 135.000 km² veranschlagt wird, dar. Selbst wenn man unterstelle, die QK Makrozoobenthos sei in der Alten Süderelbe in einem „sehr guten“ Ist-Zustand und würde auf die Zustandsklasse „schlecht“ sinken, so wäre dies im Vergleich zum gesamten Wasserkörper als Bagatelle anzusehen und würde nicht zur Verschlechterung der QK Makrozoobenthos im OWK Elbe-Hafen beitragen. An diesem flächenbezogenen Ansatz hat die Gutachterin der ARSU-GmbH in einer Stellungnahme vom 9. Januar 2013 festgehalten. Die Beklagte hat zu dem Gutachten ARSU 2012 jedoch nicht die gebotene Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt (s. unten zu e]). Auch wenn es wegen der fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung nicht mehr entscheidungserheblich ist, wird in diesem Zusammenhang außerdem darauf hingewiesen, dass die in dem Gutachten angestellten Berechnungen der Flächenrelationen in sich nicht schlüssig sind: Zwar dürfte die Fläche der Alten Süderelbe ca. 5,5 ha betragen. Die Veranschlagung der Fläche des OWK Elbe-Hafen mit 135.000 km² ist jedoch offensichtlich viel zu hoch.
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(2) Das Gutachten KLS 2006 (S. 87 ff.) beurteilt den Ist-Zustand der QK Makrozoobenthos nicht gewässerkörperbezogen: Sie bewertet lediglich zwei Bereiche der Alten Süderelbe (Bereiche Sediment und Ufer) und drei Bereiche der Süderelbe (inner-, ober- und unterhalb der ehemaligen Kaianlage am Vorhabenstandort) ohne Bezug auf den maßgeblichen OWK. Der Ist-Zustand wird in diesem Fachbeitrag außerdem nicht nach Maßgabe der Zustands-/Potenzialklassen gemäß Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 EG-WRRL-UmsVO bewertet, sondern nach den Kriterien Seltenheit, Lebensraumspezifität, besondere Standortverhältnisse, Regenerationsfähigkeit, ökologische Funktion und Vernetzungsfunktion. Dabei werden die Wertstufen I („geringste Wertigkeit“) bis V („höchste Wertigkeit“) verwendet. Der Bereich Alte Süderelbe/Sediment wird mit der „überwiegenden“ Wertstufe III (mittlere Wertigkeit), der Bereich Alte Süderelbe/Ufer mit IV (hohe Wertigkeit), der Bereich Süderelbe innerhalb der ehemaligen Kaianlage mit II (geringe Wertigkeit), oberhalb der ehemaligen Kaianlage mit III (mittlere Wertigkeit) und unterhalb der ehemaligen Kaianlage mit IV (hohe Wertigkeit) bewertet (KLS 2006, S. 95). Es ist abgesehen von dem Kriterium der Lebensraumspezifität nicht ersichtlich, dass die verwendeten Kategorien den Kriterien entsprechen, die für die Einstufung der Potenzialklassen nach Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 EG-WRRL-UmsVO maßgeblich sind (vgl. hierzu auch die Ausführungen zur QK Fischfauna oben zu a] aa. [1] zum Gutachten limnobios 2006).
- 79
Auch bei der Bewertung der Auswirkungen der Gewässerbenutzung fehlt im Gutachten KLS 2006 der gebotene Gewässerkörperbezug. Es werden lediglich die genannten zwei Bereiche der Alten Süderelbe und drei Bereiche der Süderelbe in den Blick genommen (KLS 2006, S. 121). Die Auswirkungen werden außerdem nicht anhand des Potenzialklassensystems nach Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 EG-WRRL-UmsVO bewertet: Das Gutachten beurteilt die Auswirkungen zusammengefasst für die „Qualitätskomponenten Gewässergüte, Phytoplankton und Makrozoobenthos“ anhand eines dreistufigen Bewertungsschemas, das hohe, mittlere und geringe Umweltauswirkungen unterscheidet. Dieses Schema geht – wie bereits oben ausgeführt (s.o. zu a] aa. [2] [2.1]) – erst ab einer hohen Umweltauswirkung von einer „Erheblichkeit“ aus (vgl. KLS 2006, S. 121 f.). Das Gutachten betrachtet in diesem Zusammenhang unter Rückgriff auf das Gutachten DHI 2006 die Effekte der einleitungsbedingten Temperaturerhöhung des Elbwassers auf das Makrozoobenthos: Durch den Kühlwasserbetrieb werde sich die Wassertemperatur im Restarm der Alten Süderelbe dauerhaft um 4,5 bis 6 K erhöhen. In der Süderelbe sei im Nahbereich der Einleitung mit einer örtlich begrenzten Temperaturerhöhung von 2,7 K (bei einer Ausgangstemperatur des Elbwassers von 24°C) bis 4,2 K (bei einer Ausgangstemperatur des Elbwassers von 21°C) an der Gewässeroberfläche während der Tideumkehr und im gesamten restlichen Gewässerabschnitt der Süderelbe mit einer Temperaturerhöhung von 1,5 K (bei einer Ausgangstemperatur des Elbwassers von 24°C) bis 2 K (bei einer Ausgangstemperatur des Elbwassers von 21°C) zu rechnen (KLS 2006, S. 54 ff., 111, 116). Im Hinblick auf die dadurch bewirkte Veränderung des Sauerstoffhaushalts führt das Gutachten aus, die durch die Temperaturerhöhung verursachte Sauerstoffzehrung könne durch eine 70 bis 80%ige Sauerstoffsättigung des eingeleiteten Kühlwassers unter den im DHI-Modell angenommenen Ausgangsbedingungen zwar noch ausgeglichen werden, bei der Risikoabschätzung seien jedoch Unwägbarkeiten, z.B. extreme, nicht vorhersagbare hydrologische und ökologische Zustände der Elbe, zu berücksichtigen. Zu den unmittelbaren Auswirkungen der Temperaturerhöhung auf das Makrozoobenthos führt das Gutachten aus, höhere Wassertemperaturen förderten und beschleunigten allgemein das Wachstum der Organismen. Dies könne negative Folgen im Winter haben. Der temperaturabhängige Entwicklungszyklus der benthischen Organismen werde vorverlegt. Die Eier entwickelten sich schneller und die Larven schlüpften früher im Jahr. Hierbei bestehe die Gefahr, dass noch nicht ausreichend Nahrung für die Larven vorhanden sei und viele verhungerten. Thermotolerantere Arten wie viele Neozoen könnten sich dann gegenüber den einheimischen Arten immer mehr durchsetzen (KLS 2006, S. 115 f.). Im Ergebnis seien die Auswirkungen der Kühlwassereinleitung für den Bereich der Alten Süderelbe wegen der Temperaturerhöhung und der dortigen Änderung der Strömungsverhältnisse als hoch anzusehen (KLS 2006, S. 115 f., 121 f.). Für die verschiedenen Bereiche der Süderelbe werden die Auswirkungen als mittel (Temperaturerhöhung) bzw. mittel/gering (Änderung Strömungsverhältnisse) eingestuft.
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cc. Die Bewertung der QK Phytoplankton leidet an den gleichen Fehlern:
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Die UVP enthält gar keine Bestandsaufnahme und -bewertung der QK Phytoplankton (vgl. UVP, S. 72, Tabelle 19).
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Das Gutachten KLS 2006 (S. 65 ff.) bewertet den Ist-Zustand des Phytoplanktons auf der Grundlage eines im Rahmen eines LAWA-Projekts entwickelten Bewertungssystems. Daran anknüpfend stellt das Gutachten auf die Parameter Biomasse (Chlorophyll a-Konzentration und Gesamtphosphorkonzentration) und taxonomische Zusammensetzung der Phytoplanktonzönose (Indikatortaxa, insbesondere prozentualer Anteil von Blau- und Grünalgen am Phytoplankton-Gesamtbiovolumen) ab und ordnet den Zustand in ein fünfstufiges Degradationsklassen-Schema ein, das von „sehr gut“ bis „schlecht“ reicht. Es kommt zu dem Ergebnis, die „Süderelbe“ und der „Restarm Alte Süderelbe“ seien in die Degradationsklassen „unbefriedigend (4)“ einzuordnen. Übertragen auf die fünfstufige Bewertungsskala, die das Gutachten auch für die Einstufung des Makrozoobenthos verwendet (s.o. zu a] bb.), entspreche dies der Wertstufe II (geringe Wertigkeit). Da aber in diese Bewertung die Bedeutung des Phytoplanktons für den Sauerstoffhaushalt der Elbe nicht eingehe, das ausreichende Vorhandensein intakten Phytoplanktons jedoch gerade im Bereich des Hamburger Hafens eine sehr wichtige Rolle für den Sauerstoffhaushalt spiele, sei dessen Wertigkeit höher, nämlich in die Wertstufe III (mittlere Wertigkeit) einzustufen (KLS 2006, S. 96).
- 83
Zwar ist nicht ersichtlich, dass die im Gutachten KLS 2006 angewandten Bewertungsparameter inhaltlich verfehlt sind. Insbesondere finden die verwendeten Kriterien Biomasse und taxonomische Zusammensetzung ihre Entsprechung in den in § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 Tabelle 2 EG-WRRL-UmsVO genannten Parametern Abundanz und taxonomische Zusammensetzung. Jedoch fehlt bei der Bewertung erneut der hinreichende OWK-Bezug und eine Einstufung in die Potenzialklassen des Anhangs V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 EG-WRRL-UmsVO.
- 84
Diese Mängel weisen auch die Beurteilungen der Fachbeiträge zu den voraussichtlichen Auswirkungen der Gewässerbenutzung auf die QK Phytoplankton auf:
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Das Gutachten KLS 2006 stellt zum Restarm der Alten Süderelbe fest, die Veränderung der Strömungsverhältnisse durch die Kühlwassereinleitung werde wegen der kurzen Wasseraustauschzeit zur Folge haben, dass sich dort kaum noch Phytoplankton entwickeln könne (KLS 2006, S. 106). Ferner geht das Gutachten bei der Beurteilung der mechanischen Schädigung des Phytoplanktons durch die Kühlwasserpassage von einer Mortalitätsrate von 40% aus. Durch das Kühlwasser könne ein Eintrag freigesetzten organischen Materials aus Phytoplankton von durchschnittlich ca. 18,5 t/Tag und maximal ca. 33 t/Tag erfolgen (KLS 2006, S. 116 ff.). Zur Auswirkung der Temperaturerhöhung führt das Gutachten aus, für das Phytoplankton würden Letaltemperaturen zwischen 33 bis 45°C angegeben. Bei Temperaturerhöhungen ausgehend von niedrigen Gewässertemperaturen werde eine Erhöhung der Photosynthese-Leistung und der Primärproduktion beobachtet; bei Ausgangstemperaturen von über 20°C sei dagegen eine durch Temperaturerhöhung bewirkte Hemmung der Primärproduktion beobachtet worden (KLS 2006, S. 115). Das Gutachten bewertet die Umweltauswirkungen sodann zusammengefasst für die „Qualitätskomponenten Gewässergüte, Phytoplankton und Makrozoobenthos“ anhand des bereits dargestellten (s.o. zu a] aa. [2] [2.1]) dreistufigen Bewertungsschemas, das erst ab einer hohen Umweltauswirkung von einer „Erheblichkeit“ ausgeht (vgl. KLS 2006, S. 121 f.). Die Auswirkungen der Änderung der Strömungsverhältnisse durch das Kühlwasser bewertet es für den Bereich der Alten Süderelbe als hoch, für die Süderelbe innerhalb des Vorhabenbereichs als mittel und für die Süderelbe oberhalb und unterhalb des Vorhabenbereiches als gering. Die durch die Veränderung des Sauerstoffhaushalts verursachten Umweltauswirkungen bewertet es für alle Bereiche als mittel. Die durch die Temperaturerhöhung verursachten Umweltauswirkungen bewertet es für alle Bereiche der Süderelbe als mittel, für den Bereich der Alten Süderelbe als hoch. Die Schädigung durch die Kühlwasserpassage bewertet es in allen Bereichen als mittel.
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Das Gutachten DHI 2007 (S. 40) geht davon aus, dass ca. 15 t Phytoplankton pro Tag bei der Kühlwasserpassage abgetötet und in die Alte Süderelbe zurückgegeben werden. Eine Bewertung, inwieweit dies zu einer Verschlechterung der QK Phytoplankton im Sinne des oben darstellten rechtlichen Maßstabs führt, nimmt das Gutachten nicht vor.
- 87
Die gebotene Bewertung, ob und inwieweit die Abtötung des Phytoplanktons zu einer Verschlechterung der Potenzialklasse der QK Phytoplankton in den OWK Elbe-Hafen oder Elbe-West führt, fehlt auch in der UVP: Die Beklagte geht dort von deutlich höheren Detritusmengen als das Gutachten DHI 2007 aus. Auf der Grundlage von Erkenntnissen der Gewässergütestelle Elbe sei mit ca. 40 t/Tag abgetöteter Biomasse aus Phytoplankton und 11 t/Tag abgetöteter Biomasse aus Zooplankton zu rechnen (UVP, S. 83). Das Amt für Umweltschutz nehme eine Detritusmasse (bestehend aus Phytoplankton, Zooplankton und Fischeiern) von 33,3 t pro Tag an. Die Abtötung des Phytoplanktons wird in der UVP jedoch vor allem als Wirkfaktor der Sauerstoffzehrung betrachtet (UVP, S. 84, 95).
- 88
Auf der Grundlage der UVP und der bei Erlaubniserteilung vorliegenden Fachbeiträge bleibt angesichts der festgestellten Bewertungsdefizite offen, ob sich die QK Phytoplankton i.S.v. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG verschlechtert. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob – worauf die Beigeladene mit Schriftsatz vom 12. September 2019 hinweist – die Fachbeiträge noch von der ursprünglich beantragten unbeschränkten Kühlwasserentnahme und -einleitung ausgingen. Denn es hätte in jedem Fall der Beklagten vor Erlass der Erlaubnis oblegen, die Auswirkungen der durch die Nebenbestimmungen eingeschränkten Gewässerbenutzung auf die QK Phytoplankton in einer den Anforderungen der WRRL bzw. der EG-WRRL-UmsVO genügenden Weise zu beurteilen.
- 89
dd. Die Bewertung der QK Makrophyten und Phytobenthos weist die gleichen inhaltlichen Defizite auf.
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(1) Die QK Makrophyten und Phytobenthos waren im vorliegenden Fall bei der Verschlechterungsprüfung zu bewerten. Zwar sind nach Anhang 3 Nr. 1 EG-WRRL-UmsVO bei planktonführenden Flüssen Phytoplankton und bei nicht planktonführenden Flüssen Makrophyten bzw. Phytobenthos zu bestimmen. Die Tideelbe ist ein planktonführender Fluss. Ein Ausschluss der Prüfung von Makrophyten bzw. Phytobenthos bei planktonführenden Flüssen nach Anhang 3 Nr. 1 EG-WRRL-UmsVO wäre jedoch nicht mit der WRRL vereinbar. Deren Anhang V enthält eine solche Beschränkung nicht. Gleiches gilt im Übrigen für die nunmehr geltende (auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbare) Oberflächengewässerverordnung: Nach Anlage 3 Nr. 1 OGewV ist das Phytoplankton bei planktondominierten Fließgewässern zu bestimmen, daneben aber auch Makrophyten bzw. Phytobenthos. Anhang 3 Nr. 1 EG-WRRL-UmsVO ist deshalb richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass zwar bei nicht planktonführenden Flüssen (selbstverständlich) keine Prüfung des Phytoplanktons vorzunehmen ist, bei planktonführenden Flüssen aber die Prüfung von Makrophyten bzw. Phytobenthos nicht entfällt.
- 91
(2) Eine den normativen Vorgaben entsprechende Bewertung des Ist- und Prognose-Zustands der QK Makrophyten und Phytobenthos ist jedoch unterblieben:
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Nach KLS 2006 (S. 31) lagen über das Phytobenthos keine Daten für eine Auswertung vor. Außerdem sei die Elbe im Raum Hamburg frei von submersen – d.h. unter der Wasseroberfläche lebenden – Makrophyten. Im Bereich der Wasserwechselzone befänden sich in einigen Bereichen Röhrichte (Helophyten), die den emersen – d.h. ganz oder teilweise über der Wasseroberfläche lebenden – Makrophytenanteil ausmachten. Außerdem sei der Schierlings-Wasserfenchel eine im Süßwassertidegebiet der Niederelbe um Hamburg lebende endemische Art. Eine wasserkörperbezogene Einstufung des Ist-Zustands der Makrophyten und des Phytobenthos im OWK Elbe-Hafen oder Elbe-West fehlt in diesem Gutachten ebenso wie eine Auswirkungsprognose. Die UVP enthält ebenfalls keine Bestandsbewertung zu Makrophyten und Phytobenthos (vgl. UVP, S. 72, Tabelle 19). Bei der Auswirkungsprognose verneint sie (UVP, S. 116) in Übereinstimmung mit den Aussagen im Gutachten KIfL 2006 (S. 103) lediglich eine Beeinträchtigung des Schierlings-Wasserfenchels, ohne eine prognostische Bewertung der QK insgesamt vorzunehmen.
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Das Unterlassen der Bewertung dieser QK anhand des Potenzialklassensystems der WRRL bzw. der EG-WRRL-UmsVO wurde auch nicht durch die im gerichtlichen Verfahren nachgereichten gutachtlichen Stellungnahmen plausibel erklärt: Das Gutachten ARSU 2012 erklärt die fehlende Beprobung der Makrophyten im Rahmen des Überwachungsprogramms 2007 im OWK Elbe-Hafen damit, dass dort keine „relevanten“ Vegetationsbestände vorkämen. Es könne davon ausgegangen werden, dass sich der Wasserkörper mangels Makrophyten in einem schlechten Zustand befinde. In dem – nicht näher eingegrenzten – „Wirkraum“ des Kraftwerksvorhabens sei die QK Makrophyten mangels Beständen nicht erfasst worden; deshalb weise sie dort ebenfalls einen schlechten Zustand auf (ARSU 2012, S. 20). Zum Phytobenthos enthält das Gutachten ARSU 2012 keine Feststellungen. In der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 hat die Gutachterin der Firma ARSU erklärt, es gebe im OWK Elbe-Hafen keine relevanten Bestände an Phytobenthos (mangels hinreichenden Lichteinfalls) und an Makrophyten. Die Verneinung „relevanter“ Bestände stellt jedoch bereits eine Bewertung der QK dar, die anhand der Einstufungsvorgaben der WRRL bzw. der EG-WRRL-UmsVO hätte erfolgen müssen. Führt der Zustand der Bestände zu einer Einstufung in die niedrigste Potenzialklasse „schlecht“ (so auch die Bewertung im Bewirtschaftungsplan 2009, dort S. 67), so ist dadurch eine weitere Verschlechterung keineswegs ausgeschlossen. Vielmehr stellt in diesem Fall wie dargelegt jede weitere Verschlechterung dieser Komponente eine Verschlechterung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. i) WRRL, § 27 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 1 WHG dar. Zur Verneinung einer Verschlechterung hätte die Beklagte also nachvollziehbar darlegen müssen, dass die erlaubte Gewässerbenutzung keinerlei weitere Verschlechterung der QK Makrophyten und Phytobenthos erwarten lässt.
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ee. Kein Fehler der Verschlechterungsprüfung liegt vor, soweit die bei Erlaubniserteilung vorliegenden Fachbeiträge und die UVP bei der isolierten Betrachtung der vorhabenbedingten Auswirkungen auf die unterstützenden QK lediglich verbale Beschreibungen und Prognosen vornehmen. Negative Veränderungen der unterstützenden QK können wie ausgeführt nur dann zu einer Verschlechterung i.S.v. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG führen, wenn sie zur Verschlechterung einer biologischen QK führen. Eine Einstufung der unterstützenden QK in bestimmte Potenzialklassen bzw. ein entsprechender „Klassensprung“ der unterstützenden QK hat dabei mangels normativer Vorgaben der WRRL zum Verhältnis unterstützender und biologischer QK nicht automatisch eine bestimmte Bewertung der maßgeblichen biologischen QK zur Folge (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 499 ff.). Für eine ordnungsgemäße Verschlechterungsprüfung genügt deshalb nach Auffassung des erkennenden Senats eine fehlerfreie, d.h. nachvollziehbare, schlüssige und fachlich untersetzte tatsächliche Beschreibung der Veränderungen der unterstützenden QK und ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf die jeweiligen biologischen QK. Die Anwendung des Potenzialklassensystems bei der Bewertung dieser Veränderungen ist – wie oben ausgeführt – erst bei der Bewertung der biologischen QK geboten.
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b) Des Weiteren ist die Bewertung der Beklagten zur Gewässerverträglichkeit des sog. „Winterbetriebs“ nicht nachvollziehbar.
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Die UVP führt hierzu aus, in den Wintermonaten solle in Gebieten, in denen kälteliebende Arten laichten, eine Gewässertemperatur von 10°C nicht überschritten werden. Hierzu gehöre die Quappe, die von November bis März bei Temperaturen von 0,5-4°C laiche. Für den Bereich der Süderelbe sei sicherzustellen, dass nicht durch Bereiche mit erhöhter Temperatur eine Barriere für die Quappe zu den zwischen Bunthaus und Geesthacht liegenden Laichgebieten erzeugt werde. Aufgrund der reduzierten Kühlwasserentnahme (42,9 m³/s anstatt 64,4 m³/s) und des damit verbundenen geringeren Wärmeeintrages ergebe sich bei einer Elbtemperatur von 5°C eine deutlich geringere Ausdehnung der Wärmefahne als im Sommer. Die Bereiche mit Temperaturerhöhungen über 3 K reichten dann auch zu Beginn der Ebbeströmung nicht mehr bis zum gegenüberliegenden Ufer der Süderelbe. Somit sei davon auszugehen, dass die Wärmefahne keine vollständige Barriere für die Quappe darstellen werde (UVP, S. 89 f.).
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Der Kläger wendet dagegen zutreffend ein, in der neuen Fassung der Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 sei der im Bescheid vom 30. September 2008 (S. 4) geregelte Winterbetrieb vom 1. Dezember bis 31. März mit einer maximalen Entnahme- und Einleitmenge von 42,9 m³/s weggefallen. Zwar hat die Beklagte diesen Umstand in der Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 (S. 61 f.) gewürdigt. Dabei geht sie davon aus, dass die Erhöhung der maximal zulässigen Kühlwassereinleitmenge in den Wintermonaten von bisher 42,9 m³/s auf nunmehr 64,4 m³/s nicht zu einer Erhöhung der in die Süderelbe eingeleiteten Wärmeleistung führe, da eine Aufwärmspanne über 6 K aus technischen Gründen immer mit einer Reduzierung der Kühlwassermenge verbunden sei. Durch die höhere Aufwärmspanne (7,5 K) werde die Kühlwassermenge reduziert. Den vorliegenden Modellergebnissen der winterlichen Abwärmeausbreitung in der Süderelbe durch das DHI sei zu entnehmen, dass zu jeder Zeit ein Restkorridor von mindestens 2/3 des Fließquerschnittes der Süderelbe im Bereich der Einmündung des Restarms der Alten Süderelbe in die Süderelbe verbleibe, in welchem die Gewässererwärmung unter 1,5 K liege. Somit sei davon auszugehen, dass die Kühlwassereinleitung mit geringerer Kühlwassermenge und einer um bis zu 1,5 K höheren Aufwärmung des Kühlwassers auch zu keiner maßgeblichen negativen Beeinflussung beispielsweise der kaltstenothermen Quappe führe.
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Der Sache nach bezieht sich die Beklagte hier auf die ergänzende Stellungnahme der DHI vom 30. Mai 2007 (S. 2, 8 mit Abb. 11 Sachakte Bd. 1, Nr. 40). Diese untersucht u.a. die Auswirkungen der Wärmeeinleitung bei Wintertemperaturen. Bei einer Elbtemperatur von 5°C und einer Einleitung im Winterbetrieb von 42,9 m3/s und einer Aufwärmspanne von 7,5 K – so die gutachtliche Einschätzung – werde die Alte Süderelbe um mehr als 4 K aufgewärmt. In der Süderelbe bilde sich zu Beginn der Ebbeströmung an der Oberfläche eine Wärmefahne mit einer Temperaturerhöhung zwischen 2 und 4 K. Eine Wärmefahne mit einer Erwärmung über 3 K reicht nach den beigefügten Abbildungen bis etwas über die Mitte der Süderelbe im Längsverlauf und erfasst im Vertikalschnitt etwa das obere Fünftel des Gewässerkörpers (DHI, Stellungnahme vom 30.5.2007, S. 2, 8 f., Abb. 10 - 13). Diese Einschätzung beruht jedoch wie dargestellt u.a. auf der modellhaften Annahme einer Einleitung im Winterbetrieb von 42,9 m3/s. Zur Beurteilung der Auswirkungen der mit der neuen Erlaubnis auch im Winterbetrieb zugelassenen Einleitung von 64,4 m3/s kann sie deshalb nicht herangezogen werden. Soweit die Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 (S. 61 f.) darauf verweist, die Erhöhung der maximal zulässigen Kühlwassereinleitmenge in den Wintermonaten führe nicht zu einer Erhöhung der in die Süderelbe eingeleiteten Wärmeleistung, da eine Aufwärmspanne über 6 K aus technischen Gründen immer mit einer Reduzierung der Kühlwassermenge verbunden sei, wird dies nicht begründet. Eine nachvollziehbare Begründung für diese Annahme wurde auch in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts nicht gegeben. Soweit Mitarbeiter der Beklagten hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, die Beklagte sei damals von einer Fernwärme-Auskopplung im Winter ausgegangen und die Beigeladene habe das Kraftwerk auch in warmen Wintern unter Volllast betreiben wollen, so ist diese Begründung schon deshalb obsolet, weil zwischenzeitlich geklärt ist, dass das Kraftwerk keine Fernwärme auskoppelt.
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Allerdings betrifft die Temperaturerhöhung des Elbwassers im Winterbetrieb nach den vorliegenden Unterlagen offenbar vor allem die kälteliebende Quappe, also die QK Fischfauna. Die Beklagte müsste Ist- und Prognosezustand der QK Fischfauna jedoch bereits wegen der oben unter a) festgestellten Defizite in einem ergänzenden Verfahren erneut bewerten, wenn diese Fehler geheilt werden sollen. Auf das soeben aufgezeigte Begründungsdefizit bei der Beurteilung des Winterbetriebs käme es dabei nur an, wenn sich bei der erneuten Bewertung der QK Fischfauna mit dem (hierfür mittlerweile nach § 5 Abs. 3 i.V.m. Anlage 5 Nr. 1.3 OGewV vorgeschriebenen) Fischbewertungssystem FIBS eine durch die Temperaturerhöhung im Winter verursachte etwaige Schädigung der Quappe – die nach dem im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Gutachten des Instituts für angewandte Ökologie vom 30. Oktober 2012 (im Folgenden: IfÖ 2012) nach der für den Fließgewässertyp 20, Subtyp Tideelbe, maßgeblichen fischfaunistischen Referenz als typspezifische Art mit einem Anteil von 2% eingestuft wird (IfÖ 2012, S. 15) – überhaupt auswirken würde.
- 100
c) Soweit die Beklagte in der UVP des Weiteren auf einen Ausgleich des „gewässerbezogenen Funktionsverlusts“ der Alten Süderelbe durch Schaffung eines Ersatzbereichs bei Altengamme verweist (UVP, S. 87), so kann dies bei der Prüfung einer Verschlechterung biologischer QK nicht saldierend berücksichtigt werden. Es handelt sich laut UVP um eine naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme im Bereich des Altengammer Hauptdeichs (UVP, S. 58 f.). Zwar geht auch das WHG, wie §§ 12 Abs. 1 Nr. 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 lit. d) WHG zeigen, grundsätzlich von der Möglichkeit des Ausgleichs negativer Gewässerveränderungen aus. Ein Ausgleich liegt vor, wenn der nachteiligen Wirkung Vorteile gegenüberstehen, aufgrund deren im Ergebnis kein Schaden eintritt (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, Kommentar, 12. Aufl. 2019, § 13 Rn. 47). Dabei muss zwischen dem Ort der nachteiligen Wirkung und dem der Ausgleichsmaßnahme grundsätzlich auch kein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang bestehen (Czychowski/Reinhardt, a.a.O.). Die Prüfung einer Verschlechterung i.S.v. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG ist jedoch wie dargelegt gewässerkörperbezogen. Ein etwaiger Ausgleich, so er im vorliegenden Fall überhaupt in Betracht käme, müsste also in demselben OWK erfolgen. Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben: Der Restarm der Alten Süderelbe liegt im OWK Elbe-Hafen, Altengamme dagegen im OWK Elbe-Ost.
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d) Keiner Entscheidung bedarf, ob – wie der Kläger vorträgt – die in den Nebenbestimmungen zur Erlaubnis festgesetzten Grenzwerte zur maximalen Gewässertemperatur (28°C) und Aufwärmspanne (3 K) nicht mehr den fachlichen Erkenntnissen entsprechen und stattdessen Maximaltemperaturen von 25°C (Sommer) und 10°C (Winter) sowie eine zulässige Aufwärmspanne von 2 K zugrunde zu legen seien. Wie oben ausgeführt fehlt es bisher bereits im Ansatz an einer den Anforderungen der WRRL und der EG-WRRL-UmsVO genügenden Bewertung des Ist- und Prognose-Zustands der insoweit maßgeblichen QK Fischfauna. Eine Heilung dieses Fehlers setzt eine den normativen Vorgaben genügende Nachholung der Beurteilung in einem ergänzenden Verfahren voraus (hierzu unten VI.). Dabei kommt es nicht auf abstrakte, gewässerökologisch vorzugswürdige Temperatur- und Aufwärmspannen-Grenzwerte an, über die bereits vorab zu entscheiden wäre. Vielmehr wird die Beklagte im Hinblick auf die konkrete Fisch-Zönose des betrachteten Gewässerkörpers und die jeweiligen Temperaturbedürfnisse der dort vertretenen Arten ggf. nachvollziehbar, schlüssig und fachlich untersetzt prüfen und begründen müssen, ob die Auswirkungen der Kühlwassereinleitung mit der erlaubten maximalen Gewässertemperatur von 28°C und Aufwärmspanne von 3 K zu einer Verschlechterung der QK Fischfauna insgesamt führen.
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e) Zu den nach Erteilung der Erlaubnis erstellten und im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Gutachten zur Prüfung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots hätte die Beklagte die Öffentlichkeit beteiligen müssen. Dies ist verfahrensfehlerhaft unterblieben. Die maßgeblichen Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung ergeben sich im vorliegenden Fall nicht aus dem UVPG, sondern aus dem Hamburgischen Wassergesetz:
- 103
aa. Die Vorschriften des UVPG über die Öffentlichkeitsbeteiligung sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Eine Pflicht zur Durchführung einer UVP vor Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis bestand nicht. Die erlaubte Wasserentnahme und -einleitung zum Zweck der Durchlaufkühlung ist kein Vorhaben im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anlage 1 UVPG (in der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 geltenden Fassung; im Folgenden: UVPG a.F.). In Anlage 1 Nr. 1.1.1 UVPG a.F. sind zwar „Errichtung und Betrieb einer Anlage zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Einsatz von Brennstoffen in einer Verbrennungseinrichtung (wie Kraftwerk, Heizkraftwerk, Heizwerk, Gasturbine, Verbrennungsmotoranlage, sonstige Feuerungsanlage), einschließlich des jeweils zugehörigen Dampfkessels, mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als 200 MW“ genannt. Deshalb sind jedoch nicht auch ohne weiteres die damit verbundenen Vorhaben – hier die Gewässerbenutzung zum Zwecke der Durchlaufkühlung – UVP-pflichtig. Für die Gewässerbenutzung ist vielmehr ein eigenständiges Genehmigungsverfahren vorgesehen, dessen UVP-Pflicht auch isoliert zu betrachten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.11.2017, 7 C 25.15, UPR 2018, 227, juris Rn. 26 ff.). Sie ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Die erlaubte Gewässerbenutzung fällt nicht unter die in Anhang 1 Nr. 13 UVPG a.F. genannten wasserwirtschaftlichen Vorhaben.
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bb. Im vorliegenden Fall bestand jedoch eine Auslegungspflicht nach den Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem Hamburgischen Wassergesetz.
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Dabei kann dahinstehen, ob sich die Auslegungspflicht für die nachträglich eingeholten Fachbeiträge aus § 95 Abs. 6 HWaG ergibt, soweit diese die Einleitung des Kühlwassers betreffen. Nach § 95 Abs. 6 HWaG sind, wenn die zuständige Behörde bis zur Entscheidung über die Erlaubnis über zusätzliche behördliche Stellungnahmen oder von ihr angeforderte Unterlagen verfügt, die Angaben über die Auswirkungen der Einleitung auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit oder Empfehlungen zur Begrenzung dieser Auswirkungen enthalten, diese Unterlagen nachträglich für mindestens zwei Wochen auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf dieser Auslegungsfrist ist der Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Offenbleiben kann insbesondere, ob der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ihrem Wortlaut nach auf den Sonderfall nachträglich, aber vor Erteilung der Erlaubnis eingeholter Unterlagen beschränkt bleibt oder ihrem Sinn und Zweck nach auf alle (auch in einem gerichtlichen Verfahren) nachträglich eingeholten Fachbeiträge anzuwenden ist.
- 106
Denn die Berücksichtigung der im vorliegenden Fall im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Gutachten verstößt jedenfalls gegen die Auslegungspflicht nach § 95 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 i.V.m. § 87 Abs. 1 HWaG. Nach § 87 Abs. 1 HWaG sind die Pläne, Beschreibungen, Berechnungen und Nachweise, aus denen sich Art und Umfang des Vorhabens ergeben, einen Monat öffentlich auszulegen. Zu den Plänen, Beschreibungen, Berechnungen und Nachweisen gehören nach § 86 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 HWaG bei Vorhaben mit erheblichen Auswirkungen auf die Wassergüte die nachvollziehbare Darlegung der Auswirkungen. Der Inhalt muss so ausführlich dargestellt sein, dass die Auswirkungen auf die Gewässer und auf die Belange von Dritten beurteilt werden können.
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Zwar stellt nicht jede ohne neuerliche Öffentlichkeitsbeteiligung vorgenommene Ergänzung der ursprünglichen Unterlagen im gerichtlichen Verfahren eine Verletzung von § 87 Abs. 1 HWaG dar. Zur Bestimmung des Maßstabs, wann eine erneute Auslegung erforderlich ist, kann auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Ergänzung von Unterlagen bei UVP-pflichtigen Vorhaben zurückgegriffen werden. Diese orientiert sich an Sinn und Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem UVPG, nämlich der Gewährleistung einer besseren und transparenteren Gestaltung des behördlichen Entscheidungsprozesses durch Einbeziehung von aufgrund der Anstoßwirkung der Auslegung eingebrachten Meinungsäußerungen und Bedenken der Öffentlichkeit zu Umweltbelangen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.2016, 9 A 9.15, BVerwGE 155, 91, juris Rn. 34). Diesen Zweck verfolgt auch die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 87 Abs. 1 HWaG im förmlichen Verfahren. Der Verweis in § 95 Abs. 4 HWaG soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Informationen in Umsetzung des Art. 15 Abs. 1 und 2 der RL 2008/1/EG (IVU-RL) gewährleisten (Bü-Drs. 17/1371, S. 19).
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beseitigung von Ermittlungsdefiziten dann keine neue Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich, wenn sich die geänderten Unterlagen auf Detailänderungen und eine vertiefte Prüfung von Betroffenheiten beschränken, ohne das Gesamtkonzept der Planung zu ändern oder zu grundlegend anderen Beurteilungsergebnissen zu gelangen. Die Öffentlichkeit muss dagegen neu beteiligt werden, wenn nach Erlass der behördlichen Entscheidung nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe eine neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in neuen entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens findet (grundlegend BVerwG, Urt. v. 28.4.2016, 9 A 9.15, BVerwGE 155, 91, juris Rn. 34; ferner Urt. v. 10.11.2016, 9 A 18.15, BVerwGE 156, 215, juris Rn. 27; Vorl.-Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16, ZUR 2018, 615, juris Rn. 41; Urt. v. 27.11.2018, 9 A 8.17, BVerwGE 163, 380, juris Rn. 54).
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Im vorliegenden Fall gehen die im gerichtlichen Verfahren eingereichten Stellungnahmen der ARSU GmbH und des Instituts für angewandte Ökologie (IfÖ) aus den Jahren 2012 und 2013 in Systematik und Ermittlungstiefe über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinaus. Im Einzelnen ergibt sich dies aus Folgendem:
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(1) Das Gutachten ARSU 2012 nimmt gegenüber den bei Erlaubniserteilung vorliegenden Fachbeiträgen und der UVP erstmals eine durchgehend gewässerkörperbezogene Prüfung des Verschlechterungsverbots vor, in der die einzelnen QK zumindest für den OWK Elbe-Hafen systematisch unter Anwendung der Potenzialklasseneinstufungen der WRRL bzw. der EG-WRRL-UmsVO abgearbeitet werden (vgl. insbesondere ARSU 2012, S. 23 ff., S. 38 ff. zur QK Fischfauna; S. 19 f., 35 f. zur QK Phytoplankton; S. 21 f., 37 f. zur QK Makrozoobenthos; S. 20 zur QK Makrophyten/Phytobenthos). Die Zuordnung der zuvor in den Fachbeiträgen und der UVP beschriebenen Auswirkungen zu dem normativ vorgegebenen Potenzialklassensystem mit Bezug auf einen konkreten OWK ist wie ausgeführt ein wesentlicher Beurteilungsschritt, den die Beklagte vor Erteilung der Erlaubnis im Rahmen der Verschlechterungsprüfung i.S.v. Art. 4 WRRL bzw. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG hätte vornehmen müssen. Es handelt sich dabei auch nicht lediglich um eine neue materiell-rechtliche Bewertung des Vorhabens aufgrund der bereits zuvor ermittelten Tatsachengrundlage, sondern um die Ausübung des bestehenden fachlichen Beurteilungsspielraums bei der Würdigung der für die wasserrechtliche Verschlechterung maßgeblichen Tatsachen. Außerdem geht das Gutachten bei der Verschlechterungsprüfung teilweise auch methodisch über die bei Erlaubniserteilung vorliegenden Beiträge hinaus. Dies betrifft vor allem die Rezeption der durch IfÖ 2012 (hierzu sogleich) mit dem Bewertungssystem FIBS gewonnenen Ergebnisse, aber auch die Anwendung des Ästuartypieverfahrens bei der Bewertung der QK Makrozoobenthos (ARSU 2012, S. 21).
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(2) Das Gutachten IfÖ 2012 beurteilt erstmals das ökologische Potenzial der Fischfauna im OWK Elbe-Hafen anhand der Bewertungsvorgaben nach Anhang V WRRL bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. Anhang 4 Tabelle 2 EG-WRRL-UmsVO. Außerdem nimmt es eine systematische Bewertung der durch die Kühlwasserentnahme zu erwartenden Fischverluste vor. Es wendet dabei mit dem Bewertungssystem FIBS (fischbasiertes Bewertungssystem) eine gegenüber den bisherigen Gutachten neue Methode zur Beurteilung der negativen Auswirkungen der Kühlwassernutzung auf die QK Fischfauna und ihrer Einstufung in das Potenzialklassensystem der WRRL bzw. der EG-WRRL-UmsVO an. Die Verwendung von FIBS zur Bewertung der QK Fischfauna in Fließgewässern ist mittlerweile nach § 5 Abs. 3 i.V.m. Anlage 5 Nr. 1.3 OGewV normativ vorgeschrieben. Als tatsächliche Grundlagen berücksichtigt das Gutachten die Datensätze aus Monitoring-Untersuchungen der Wassergütestelle Elbe aus den Jahren 2000 bis 2007, aus einer Studie aus dem Jahr 2009 und aus den Bestandsaufnahmen, die dem Fachbeitrag Fischfauna (limnobios 2006) zugrunde liegen (vgl. IfÖ 2012, S. 16). Es kommt zu dem Ergebnis, von diesen repräsentiere der Datensatz aus dem Gutachten limnobios 2006 aufgrund der Kombination verschiedener Befischungsarten die Fischartengemeinschaft am besten (vgl. IfÖ 2012, S. 33). Auf dieser Grundlage stuft das Gutachten das ökologische Potenzial der QK Fischfauna im OWK Elbe-Hafen als „mäßig“ ein (IfÖ 2012, S. 33). Bei der Bewertung der Auswirkungen der Kühlwasserentnahme unterstellt das Gutachten als worst-case-Szenario die Vernichtung aller Fischeier/-larven und Jungfische in der gesamten Süderelbe, was unter Berücksichtigung der nicht betroffenen Norderelbe zu deren Halbierung im OWK Elbe-Hafen führe. Nach den FIBS-Bewertungskriterien würde dies zu einer Verbesserung des ökologischen Potenzials von „mäßig“ auf „gut“ führen, da der Rückgang der absoluten Zahl für die Bewertung des ökologischen Potenzials unerheblich sei und nicht nur sehr geringe, sondern auch sehr hohe Jungfischanteile zu schlechten Bewertungen führten, weil sie Anzeichen einer gestörten Fischartengemeinschaft sein könnten (vgl. IfÖ 2012, S. 34 ff.). Auch eine Verschlechterung des ökologischen Potenzials der QK Fischfauna durch die Kühlwassereinleitung verneint das Gutachten (vgl. IfÖ 2012, S. 37 ff.): Für den vom Kläger angeführten Reproduktionserfolg der Quappen sei die lokale winterliche Temperaturerhöhung des Elbwassers unerheblich, weil die Quappen erfolgreich nur stromaufwärts und nicht im OWK Elbe-Hafen laichen könnten. Grund sei, dass Eier und Brut aufgrund der Strömung aus dem OWK Elbe-Hafen flussabwärts verdriftet würden und aufgrund der Salzkonzentrationen im Elbästuar keine Überlebenschance hätten. Aus demselben Grund sei auch für den aus Besatzmaßnahmen stammenden Schnäpel ein Reproduktionserfolg im OWK Elbe-Hafen von vornherein auszuschließen. Die Laichgebiete der Finte lägen stromabwärts des OWK Elbe-Hafen. Die Kühlwassereinleitung werde voraussichtlich auch nicht aufgrund von sommerlichen Sauerstoffdefiziten zu einer Behinderung der Migration von Wanderfischen führen (vgl. IfÖ 2012, S. 40 ff.). Die Aufstiegszeiten der meisten Wanderfische lägen außerhalb der Sommermonate. Ausnahmen seien die Meerforelle und in zeitlich beschränkterem Umfang auch das Meerneunauge und der Lachs. Selbst wenn man unterstelle, die Laichwanderung der Meerforelle werde durch Sauerstoffdefizite vollständig unterbunden und die von Meerneunauge und Lachs um jeweils 50 % reduziert, so ergäbe die entsprechende Eingabe in das Bewertungssystem FIBS keine Veränderung der Einstufung des ökologischen Potenzials als „mäßig“.
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(3) Die im Revisionsverfahren vorgelegten Stellungnahmen des IfÖ-Gutachters vom 3. Mai 2013 (im Folgenden: IfÖ 2013) und der ARSU GmbH vom 18. Juni 2013 (im Folgenden: ARSU 2013) legen erstmals vertieft dar, in welchem Umfang sich die trotz der Nebenbestimmungen zur wasserrechtlichen Erlaubnis verbleibenden Effekte der Durchlaufkühlung auf den Sauerstoffhaushalt des Gewässerkörpers auf bestimmte Fischarten und damit die QK Fischfauna auswirken können.
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Im Gutachten IfÖ 2013 wird auf der Grundlage einer Literaturrecherche erstmals ausführlich der Sauerstoffbedarf maßgeblicher Fischarten dargestellt (IfÖ 2013, S. 5 ff.). Dabei werden für die Bewertung der Sauerstoffmesswerte im Hinblick auf die Lebensbedingungen von Fischen die Kategorien „Optimumbereich“, „eingeschränkter/unkritischer Bereich“, „kritischer Bereich“, „Toleranzbereich“ und „letaler Bereich“ unterschieden. Eine vergleichbare Unterscheidung trifft auch das Gutachten ARSU 2013 (S. 2). Laut IfÖ 2013 könne von einer Schädigung des Fischbestandes erst ausgegangen werden, wenn die Messwerte in den kritischen Bereich absänken. Sodann zieht das Gutachten verschiedene Studien heran, um den kritischen Bereich der Sauerstoffkonzentrationen für verschiedene Fischarten und Altersstadien bei einer Temperatur von 20°C darzustellen, und bewertet deren Plausibilität. Insgesamt ergebe sich, dass frühestens ab Sauerstoffkonzentrationen von weniger als 3 bis 4 mg/l eine Gefährdung der Fischfauna in der Tideelbe zu befürchten sei. Werte zwischen 5 und 3 mg/l seien unkritisch, die Mehrzahl der Arten erreiche unter diesen Bedingungen lediglich nicht mehr maximales Wachstum, optimale Kondition und Fitness. Sauerstoffkonzentrationen von 5 mg/l und mehr stellten den Optimumbereich der typischen Fischarten der Tideelbe dar (IfÖ 2013, S. 10, 22). Das Gutachten ARSU 2013 führt aus, die Darstellung im Wärmelastplan sei insoweit vereinfacht und wenig differenziert. Soweit dort in Bezug auf bestimmte Fische von einem „minimalen Sauerstoffbedarf“ die Rede sei, beschreibe dieser die untere Grenze des Sauerstoff-Optimums und nicht die Letalgrenze (ARSU 2013, S. 3). Zu einer Barrierewirkung durch niedrige Sauerstoffkonzentrationen führt das Gutachten IfÖ 2013 (S. 13 ff., 23) unter Auswertung der Aufstiegskontrollen am Wehr Geesthacht zwischen 2009 und 2012 aus, die Mehrzahl der Wanderfische steige zu 100% außerhalb der Zeiten auf, in denen die Gefahr niedriger Sauerstoffkonzentrationen bestehe. Bei der Meerforelle zeigten die Aufstiegskontrollen, dass erst eine Sauerstoffkonzentration unter 2 mg/l eine reduzierte Aufstiegsaktivität verursache. Der Lachsaufstieg steigere sich im Spätsommer und Herbst mit steigender Sauerstoffkonzentration; dies sei jedoch genetisch determiniert und werde nicht durch die Sauerstoffkonzentration verursacht.
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f) Eine Ausnahme vom wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot gemäß § 31 Abs. 2 WHG scheidet angesichts der festgestellten Mängel der behördlichen Prüfung derzeit von vornherein aus. Liegen wie im vorliegenden Fall wesentliche Mängel in der Beurteilung der für eine Verschlechterung i.S.v. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG maßgeblichen QK durch die Behörde vor, ohne dass das Gericht selbst eine Verschlechterung feststellen kann, dann kommt die Anwendung dieser Ausnahmeregelung nicht in Betracht. Denn die Ausnahmeprüfung nach § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG setzt voraus, dass zunächst die wasserrechtliche Verschlechterung eines bestimmten OWK zutreffend erfasst und bewertet wird (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.5.2018, 7 C 18.17, NVwZ 2018, 1734, juris Rn. 15). An derartigen Feststellungen fehlt es jedoch im vorliegenden Fall wie ausgeführt bisher.
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3. Die angefochtene Erlaubnis verstößt nicht gegen das wasserrechtliche Verbesserungsgebot des § 27 Abs. 2 Nr. 2 WHG.
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Nach dieser Vorschrift, mit der Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. iii) WRRL umgesetzt wird, sind oberirdische Gewässer, die – wie hier – nach § 28 WHG als erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass ein gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden. Das gute ökologische Potenzial ist nach Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. iii) WRRL spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der WRRL vorbehaltlich etwaiger Verlängerungen gemäß Art. 4 Abs. 4 WRRL zu erreichen. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 WHG bzw. § 27c Abs. 1 HWaG endet diese Frist am 22. Dezember 2015. Fristverlängerungen sind gemäß § 29 Abs. 3 WHG bzw. § 27c Abs. 2 Satz 1 HWaG in Umsetzung von Art. 4 Abs. 4 WRRL höchstens zweimal für einen Zeitraum von jeweils sechs Jahren, d.h. maximal bis zum 22. Dezember 2027, zulässig.
- 117
Das Verbesserungsgebot muss wie das Verschlechterungsverbot bei der Zulassung eines Projekts strikt beachtet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 478). Eine Erlaubnis ist vorbehaltlich der Gewährung einer Ausnahme zu versagen, wenn das konkrete Vorhaben die Erreichung eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der WRRL maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet. Dabei ist wie beim Verschlechterungsverbot auf den allgemeinen ordnungsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 582, Urt. v. 2.11.2017, 7 C 25.15, ZUR 2018, 281, juris Rn. 58; EuGH, Urt. v. 1.7.2015, C-461/13, NVwZ 2015, 1041, juris Rn. 51).
- 118
Das Verbesserungsgebot ist allerdings vorrangig durch die wasserwirtschaftliche Planung zu verwirklichen. Deshalb richtet sich die Prüfung, ob ein Vorhaben die Erreichung eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der Richtlinie maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet, maßgeblich nach den Instrumenten der wasserwirtschaftlichen Planung gemäß §§ 82, 83 WHG bzw. Art. 11, 13 WRRL (Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne) und den darin für den jeweiligen OWK festgelegten Bewirtschaftungszielen (zum Folgenden BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 585 ff.). Während die Bewirtschaftungspläne nach § 83 WHG vor allem dokumentarischen Charakter haben, sind die Maßnahmenprogramme nach § 82 WHG das zentrale Instrument der wasserwirtschaftlichen Planung und führen die Schritte auf, die unternommen werden sollen, um die Gewässer entweder einem guten ökologischen Zustand/Potenzial und chemischen Zustand zuzuführen oder sie diesem Ziel unter Ausnutzung der Ausnahmeregelungen der §§ 30, 31 WHG jedenfalls näherzubringen. Die Genehmigungsbehörden dürfen und müssen sich bei der Vorhabenzulassung nach deren Inhalt richten. Sie haben ihre Prüfung deshalb grundsätzlich darauf zu beschränken, ob die darin vorgesehenen Maßnahmen für das Erreichen eines guten ökologischen Potenzials und eines guten chemischen Zustands durch das Vorhaben ganz oder teilweise behindert bzw. erschwert werden. Dagegen müssen sie nicht prüfen, ob die vorgesehenen Maßnahmen zur Zielerreichung geeignet und ausreichend sind. Auch die gerichtliche inzidente Überprüfung des Maßnahmenprogramms beschränkt sich darauf, ob die zuständigen Stellen von ihrem wasserwirtschaftlichen Gestaltungsspielraum im Einklang mit den normativen Vorgaben der WRRL und des WHG Gebrauch gemacht haben. Von einer fehlerhaften Ausfüllung dieses Gestaltungsspielraums kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Plangeber seinem Planungsauftrag offensichtlich nicht gerecht geworden ist. Das Maßnahmenprogramm muss jedenfalls auf die Verwirklichung des jeweiligen Bewirtschaftungsziels angelegt sein. Dies erfordert ein kohärentes Gesamtkonzept, das sich nicht lediglich in der Summe von punktuellen Einzelmaßnahmen erschöpft. Ein Verstoß gegen das Verbesserungsgebot kann bei diesem Maßstab auch nicht automatisch aus einem Verstoß des Vorhabens gegen das Verschlechterungsverbot folgen (vgl. auch BVerwG, Urt. 11.8.2016, 7 A 1.15, BVerwGE 156, 20, juris Rn. 169).
- 119
Nach diesem Maßstab verstößt die wasserrechtliche Erlaubnis im vorliegenden Fall nicht gegen das Verbesserungsgebot.
- 120
a) Die maßgeblichen Bewirtschaftungsziele ergeben sich aus dem im Erlaubniszeitpunkt geltenden Bewirtschaftungsplan 2009, dem Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009 und aus dem Maßnahmenprogramm nach Artikel 11 der Richtlinie 2000/60/EG bzw. § 36 WHG der FGG Elbe vom 11. November 2009 (im Folgenden: Maßnahmenprogramm 2009).
- 121
Der Bewirtschaftungsplan 2009 führt zur Tide-Elbe u.a. aus, dass ein Wärmelastplan erstellt werden solle. Dieser solle die von Wärmeeinleitungen ausgehenden Einwirkungen auf die Tideelbe in ihrer räumlichen und zeitlichen Verteilung ordnen, um die gesamte Elbe als Lebensraum gemäß den Anforderungen und Qualitätskriterien der WRRL zu erhalten und zu verbessern (S. 36, 41). Wegen des in den warmen Jahreszeiten auftretenden Sauerstoffdefizits in der Tideelbe bei Hamburg nennt der Plan als Handlungsziele für den ersten Bewirtschaftungszeitraum ferner Maßnahmen zur Reduzierung der Nährstoffbelastung, die Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen „Stiftung Lebensraum Elbe“ der Freien und Hansestadt Hamburg sowie die inhaltliche Berücksichtigung des „Konzeptes für eine nachhaltige Entwicklung der Tideelbe“ der Hamburg Port Authority und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (S. 107).
- 122
Das Maßnahmenprogramm 2009 (S. 438) sieht für den Koordinierungsraum Tide-Elbe und die dortigen OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen und Elbe-West im Hinblick auf den Belastungstyp „Punktquellen“ und die Belastungsgruppe „Wärmebelastung (alle Verursacherbereiche)“ „Maßnahmen zur Reduzierung der Belastungen durch Wärmeeinleitungen“ vor.
- 123
Der Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009 sieht bei den „Hamburger Maßnahmen“ (Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009, Kap. 7 sowie Anhang 2) für die OWK Elbe-Ost, Elbe-Hafen und Elbe-West u.a. folgende Maßnahmen vor (Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009, Anhang 2, S. 21-23):
- 124
- „Betriebsoptimierung (P3.2)“ mit der Beschreibung „Umsetzung des Wärmelastplanes für die Tideelbe“
- „Reduktion von Kühlwassereinleitungen (P 3.1.)“ mit der Beschreibung „Bewirtschaftung der Kühlwasserentnahmemenge“.
- 125
Für den OWK Elbe-Hafen wird als zusätzliche Maßnahme genannt (Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009, Anhang 2, S. 22):
- 126
- „Anpassung wasserrechtlicher Erlaubnisse (P3.5)“ mit der Maßnahmenbeschreibung „Reduzierung der Wärmeeinleitung“.
- 127
Der Wärmelastplan für die Tideelbe der Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Amtl. Anz. 2009, 175), auf den diese Maßnahmenkataloge Bezug nehmen, sieht als gewässerbezogene Orientierungswerte eine maximal zulässige Gewässertemperatur von 28°C, eine maximal zulässige Aufwärmspanne im Gewässer von 3 K, eine Mindestsauerstoffkonzentration im Gewässer von 3 mg O2/l und einen Zielwert der Sauerstoffkonzentration im Gewässer von 6,0 mg O2/l vor. Er enthält außerdem als „Handlungsempfehlungen“ für die Aufnahme von Bestimmungen in Erlaubnisse für Kühlwassereinleiter u.a. den kontinuierlichen Nachweis einer mindestens 80%igen Sauerstoffsättigung (minimal jedoch 6,0 mg O2/l) im eingeleiteten Kühlwasser am Einleitbauwerk unmittelbar vor der Abgabe vor. Für Großemittenten enthält der Wärmelastplan u. a. folgende zusätzliche Empfehlungen für die Ausgestaltung der Erlaubnisse:
- 128
- Nachweis der Einhaltung der maximal zulässigen Gewässertemperatur von 28°C am Ort der Beurteilung (d.h. am Rand der Durchmischungszone, jedoch maximal 500 m von der Einleitstelle gelegen)
- 129
- Nachweis der Einhaltung der maximal zulässigen Aufwärmspanne von Δ T 3 K am Ort der Beurteilung im Gewässer (d.h. am Rand der Durchmischungszone, jedoch maximal 500 m von der Einleitstelle gelegen)
- 130
- In der Durchmischungszone zwischen Einleitstelle und Ort der Beurteilung ist eine Überschreitung der maximal zulässigen Gewässertemperatur von 28°C sowie der maximalen Aufwärmspanne im Gewässer von Δ T 3 K für maximal 1/3 des Fließquerschnittes zulässig. In diesem Bereich gelten folgende Empfehlungen: kühlwasserbedingte Wassertemperatur 30°C; kühlwasserbedingte Erwärmung Δ T 6 K (Sommerbetrieb), Δ T 7,5 K (Winterbetrieb). Einzuhalten sind alle Werte als gleitendes 6-Stunden-Mittel mit einer maximal zulässigen jährlichen Überschreitungshäufigkeit von 2%.
- 131
- Wird an einer dem Wirkungsbereich der Anlage zuzuordnenden Messstelle im Gewässer eine Sauerstoffkonzentration von weniger als 6 mg O2/l gemessen, sollte die Kühlwassereinleitung entsprechend der Sauerstoffkonzentration linear absteigend gedrosselt werden, sofern kein Nachweis einer neutralen Sauerstoffbilanz für den Nah- und Fernbereich der Einleitung erbracht wurde.
- 132
- Ab einer Sauerstoffkonzentration von 3 mg O2/l im Gewässer ist eine Kühlwassereinleitung unzulässig, sofern kein Nachweis einer neutralen Sauerstoffbilanz für den Nah- und Fernbereich der Einleitung erbracht wurde.
- 133
b) Diese planerischen Vorgaben hat die Beklagte bei Erteilung der Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 hinreichend beachtet.
- 134
aa. Zunächst hat die Beklagte ihre aus Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. iii) WRRL folgende Pflicht, das Verbesserungsgebot bereits vor der Zulassungsentscheidung in einem anhand entsprechender Dokumentationen nachvollziehbaren behördlichen Verfahren zu prüfen (vgl. BVerwG, Vorl.-Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16, ZUR 2018, 615, juris Rn. 32 ff.; Urt. v. 27.11.2018, 9 A 8.17, BVerwGE 163, 380, juris Rn. 61 ff.; im Ergebnis bestätigt durch EuGH, Urt. v. 28.5.2020, C-535/18, NuR 2020, 403, juris Rn. 76, 90), erfüllt. Sie hat in der Erlaubnis der Sache nach die Vorgaben des wasserrechtlichen Verbesserungsgebots berücksichtigt, auch wenn sie diese Frage systematisch nicht als strikte Erlaubnisvoraussetzung, sondern in der Ausübung ihres wasserwirtschaftlichen Ermessens behandelt hat. Bei der Ermessensausübung ist sie davon ausgegangen, u.a. den „Bewirtschaftungsauftrag“ nach §§ 27 f. WHG, die Vorgaben des Bewirtschaftungsplans 2009, des Maßnahmenprogramms 2009, des Beitrags zum Bewirtschaftungsplan 2009 und des Wärmelastplans berücksichtigen zu müssen. Sie hat auf dieser Grundlage ihr Ermessen neu ausgeübt (vgl. S. 48, 55 ff. des angefochtenen Bescheids). Den Erwägungen der Beklagten liegt eine Kombination der Umsetzung des Wärmelastplans (vgl. Nebenbestimmungen unter Ziff. 4.1 bis 4.4 der Erlaubnis, die über den Wärmelastplan insoweit hinausgehen, als die Kühlwassereinleitung bereits bei Sauerstoffkonzentrationen unter 4 mg O2/l im Gewässer unzulässig ist) und der anlagentechnischen Begrenzung der Kühlwasserentnahmemenge nach der „dynamischen 1/3-Oberwasserregel“ (vgl. Nebenbestimmungen unter Ziff. 3.1 der Erlaubnis) zugrunde. Fachliche Grundlage der zuletzt genannten Entnahmemengenbeschränkung war der damals behördeninterne Entwurf eines Kühlwassermengenplans für die Hamburgische Tideelbe (vgl. S. 57 des angefochtenen Bescheids). Mit diesem Plan sollte u.a. die Maßnahme „Bewirtschaftung der Kühlwasserentnahmemenge“ aus dem Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009 umgesetzt werden (vgl. Kühlwassermengenplan [Entwurfsstand 27. März 2012], dort S. 5). Den Erwägungen der Beklagten liegt die Grundidee zugrunde, die Elbe in ökologisch kritischen Phasen (niedrige Sauerstoffkonzentration, hohe Temperatur, geringes Oberwasserdargebot, also: vor allem in warmen Sommern) durch Herunterfahren der Durchlaufkühlung zu entlasten und in weniger kritischen Phasen stärker zu belasten („gewässerökologischer Belastungstransfer von kritischen in unkritische Gewässersituationen“, vgl. S. 58 des Bescheids vom 4. Oktober 2010).
- 135
bb. Durch die Zulassung der Gewässerbenutzung zum Zweck der Durchlaufkühlung werden die in den oben dargestellten Planungsinstrumenten vorgesehenen Maßnahmen nicht behindert oder erschwert. Mit den oben dargestellten Nebenbestimmungen zur Erlaubnis hat die Beklagte insbesondere die im Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009 vorgesehenen abstrakten Maßnahmen „Umsetzung des Wärmelastplanes für die Tideelbe“, dessen Vorgaben eingehalten werden, und „Bewirtschaftung der Kühlwasserentnahmemenge“ beachtet. Ein Konflikt mit der Maßnahme „Anpassung wasserrechtlicher Erlaubnisse“/„Reduzierung der Wärmeeinleitung“ ist ebenfalls nicht ersichtlich. Eine „Anpassung“ kommt bei bereits erteilten Erlaubnissen in Betracht; für die Regulierung von Wärmeeinleitungen aufgrund neu zu erteilender Erlaubnisse sind dagegen die Maßnahmen „Umsetzung des Wärmelastplanes für die Tideelbe“ und „Bewirtschaftung der Kühlwasserentnahmemenge“ einschlägig. Weitere konkretere Vorgaben, denen die angefochtene Erlaubnis zuwiderlaufen könnte, finden sich in den oben dargestellten Planungsinstrumenten nicht.
- 136
cc. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Plangeber seinem Planungsauftrag offensichtlich nicht gerecht geworden ist. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, die damalige Bewirtschaftungsplanung sei offensichtlich defizitär gewesen, so lässt sich diese Annahme nicht allein mit der rückblickenden Feststellung begründen, die maßgeblichen Umweltziele seien bis 2015 nicht erreicht worden. Maßgeblich ist nicht, ob sich die vorgesehenen Maßnahmen tatsächlich als unwirksam erweisen, sondern ob die Planung zum damaligen Planungszeitpunkt schon nicht auf die Verwirklichung des jeweiligen Bewirtschaftungsziels angelegt war und es an einem kohärenten Gesamtkonzept für die Zielerreichung fehlte. Das ist im vorliegenden nicht ersichtlich. Der Plangeber hat im Bewirtschaftungsplan 2009 u.a. die Wärmebelastung und das periodisch auftretende Sauerstoffdefizit in der Tideelbe als Belastungsschwerpunkte erkannt. Das Maßnahmenprogramm 2009 und der Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009 mit den „Hamburger Maßnahmen“ (Beitrag zum Bewirtschaftungsplan 2009, Kap. 7 sowie Anhang 2) sehen mehrere auf diese Belastungsschwerpunkte bezogene Maßnahmen vor. Der Umstand, dass diese lediglich abstrakt als Maßnahmetypen formuliert sind und keine bestimmten Einzelmaßnahmen in den jeweiligen OWK vorsehen, rechtfertigt noch nicht den Schluss auf eine offensichtlich defizitäre Maßnahmenplanung. Denn Art. 11 WRRL und § 82 WHG gehen von einem sehr weiten Maßnahmenbegriff aus und das Maßnahmenprogramm dient als Bindeglied zwischen den abstrakten Bewirtschaftungszielen (u.a. der §§ 27 bis 31 WHG) und den wasserbehördlichen Einzelfallentscheidungen (BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 590).
- 137
4. Die Erlaubnis der Gewässerbenutzung zum Zwecke der Durchlaufkühlung ist auch mit § 57 Abs. 1 Nr. 1 WHG vereinbar.
- 138
Danach darf eine Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Direkteinleitung) nur erteilt werden, wenn die Menge und Schädlichkeit des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik (vgl. § 3 Nr. 11 WHG) möglich ist.
- 139
Aus dem Einwand des Klägers, mit der Nutzung eines Hybridkühlturms existiere eine der Durchlaufkühlung gewässerökologisch vorzugswürdige Kühlungslösung, folgt kein Verstoß der streitgegenständlichen Erlaubnis gegen § 57 Abs. 1 Nr. 1 WHG.
- 140
a) Die auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 WHG erlassene Abwasserverordnung (AbwV) legt keine Regeln zum Verhältnis der verschiedenen Kühltechniken fest.
- 141
Gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 WHG können durch Rechtsverordnung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 WHG an das Einleiten von Abwasser in Gewässer Anforderungen festgelegt werden, die nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 WHG dem Stand der Technik entsprechen. Die auf der Grundlage der Ermächtigung in § 57 Abs. 2 Satz 1 WHG erlassenen Regelungen legen den Stand der Technik im Sinne des § 57 Abs. 1 Nr. 1 WHG abschließend fest, wenn und soweit sie für den konkreten Sachverhalt Vorgaben machen (z.B. Grenzwerte bestimmen), welche die gesetzlichen Anforderungen an den Stand der Technik im Sinne des § 3 Nr. 11 WHG erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.11.2017, 7 C 25.15, ZUR 2018, 281, juris Rn. 38). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem insoweit einschlägigen Anhang 31 der AbwV („Wasseraufbereitung, Kühlsysteme, Dampferzeugung“) in der zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung geltenden Fassung jedoch keine Vorgabe zur Vorzugswürdigkeit bestimmter Kühlsysteme.
- 142
b) Auch aus den sog. BVT-Merkblättern ergibt sich kein Vorrang der Kreislauf- gegenüber der Durchlaufkühlung.
- 143
Nach § 3 Nr. 11 i.V.m. Anlage 1 Nr. 12 WHG sind bei der Bestimmung des Standes der Technik unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen sowie des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung, jeweils bezogen auf Anlagen einer bestimmten Art, u.a. Informationen, die von der Europäischen Kommission gemäß Artikel 17 Abs. 2 der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (im Folgenden: IVU-RL) veröffentlicht werden, zu berücksichtigen. Nach Art. 17 Abs. 2 IVU-RL führt die Kommission einen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der betroffenen Industrie über die besten verfügbaren Techniken, die damit verbundenen Überwachungsmaßnahmen und die Entwicklungen auf diesem Gebiet durch. Alle drei Jahre veröffentlicht die Kommission die Ergebnisse des Informationsaustausches. Ein Ergebnis dieses Informationsaustauschs sind die sog. BVT-Merkblätter (vgl. jetzt Anl. 1 Nr. 13 WHG [Fassung vom 8. April 2013]).
- 144
Für industrielle Kühlsysteme existiert das noch auf Art. 16 Abs. 2 der Vorgängerrichtlinie 96/61/EG beruhende „Referenzdokument über die Besten Verfügbaren Techniken bei industriellen Kühlsystemen“ aus Dezember 2001 (abrufbar in einer teilweise ins Deutsche übersetzten Fassung auf der Webseite des Umweltbundesamts unter www.bvt.umweltbundesamt.de – im Folgenden „BVT-Merkblatt [UBA-Fassung]“). Auf dieses Dokument beziehen sich auch die Beteiligten (vgl. Protokoll des Verhandlungstermins im Erlaubnisverfahren zum Hybridkühlturm, Sachakte 9, Nr. 233, S. 20 f.). Dieses Merkblatt macht jedoch keine Vorgaben zu der Frage, ob die Durchlauf- oder Kreislaufkühlung als solche im Vergleich zum jeweils anderen Kühlungsverfahren dem Stand der Technik entspricht. Die Auswahl eines Kühlsystems unterliegt danach vielmehr letztlich standortspezifischen Erwägungen (BVT-Merkblatt [UBA-Fassung], Zusammenfassung S. i ff., ix) und die fehlende Präferenz des BVT-Merkblatts für ein bestimmtes Kühlsystem wird ausdrücklich hervorgehoben (vgl. BVT-Merkblatt [UBA-Fassung], S. 6).
II.
- 145
Die habitatschutzrechtliche Prüfung genügt nicht in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen. Der erkennende Senat unterscheidet hierbei zwischen Schutzgebieten oberhalb der Staustufe Geesthacht (hierzu 1.) und solchen Schutzgebieten, die unterhalb der Staustufe liegen (hierzu 2.).
- 146
1. Was die Schutzgebiete oberhalb der Staustufe Geesthacht anbelangt, steht nach Art. 260 Abs. 1 AEUV und überdies aufgrund des Revisionsurteils des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 29.5.2018, 7 C 18.17, NVwZ 2018, 1734, juris Rn. 18 ff.) für den erkennenden Senat bindend (§ 144 Abs. 6 VwGO) fest, dass die von der Beklagten bislang durchgeführte Verträglichkeitsprüfung aus den in der Entscheidung des EuGH vom 26. April 2017 (C-142/16) genannten Gründen rechtswidrig gewesen ist. Die von den Beteiligten auch in ihren jüngsten Schriftsätzen wieder diskutierten Fragen etwa zur Abgrenzung von Schadensbegrenzungs- und Kohärenzmaßnahmen oder betreffend „Sowieso-Maßnahmen“ stellen sich deshalb gegenwärtig nicht.
- 147
2. Auch die habitatschutzrechtliche Prüfung von Schutzgebieten unterhalb der Staustufe Geesthacht genügt teilweise nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger, der seine zunächst erhobenen Rügen im Hinblick auf die Prüfung des FFH-Gebiets „Heuckenlock-Schweenssand“ ausweislich seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 nicht weiter aufrechterhält, ist mit seinen Rügen betreffend Schutzgebiete unterhalb der Staustufe Geesthacht nicht präkludiert (hierzu a]). Allerdings rügt er insoweit ohne Erfolg die Verträglichkeitsprüfung für den Nordseeschnäpel (hierzu b]). Demgegenüber hat die Beklagte zu Unrecht erhebliche Beeinträchtigungen der heimischen Neunaugen in den niedersächsischen FFH-Gebieten „Ilmenau mit Nebenbächen“, „Gewässersystem der Luhe und der unteren Neetze“ sowie „Seeve“ verneint (hierzu c]).
- 148
a) Der Kläger ist mit seinen Rügen betreffend die von der Beklagten durchgeführte Verträglichkeitsprüfung von Schutzgebieten unterhalb der Staustufe Geesthacht nicht präkludiert.
- 149
Da § 2 Abs. 3 UmwRG a.F., auf den der 5. Senat des erkennenden Gerichts seine anderslautende Annahme in dem Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2013 (5 E 11/08, NordÖR 2013, 322, juris Rn. 126 ff.) noch gestützt hat, zwischenzeitlich durch Gesetz vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298) aufgehoben worden ist, könnte eine Präklusion nur unmittelbar aus § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG abzuleiten sein. Dies ist zu verneinen:
- 150
aa. Dies beruht allerdings nicht schon darauf, dass § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG nicht ausdrücklich eine Präklusionsfrist, sondern nur eine Hinweispflicht regelt. Der erkennende Senat teilt die Einschätzung des 5. Senats des erkennenden Gerichts in dem Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2013 (5 E 11/08, NordÖR 2013, 322, juris Rn. 127), mit § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG habe der Gesetzgeber auch in der Sache eine Präklusion regeln und nicht lediglich den Hinweis auf eine anderweitig geregelte Präklusion sicherstellen wollen. Dies legt die Gesetzesbegründung nahe, in der es u.a. heißt, dass die in der Entwurfsfassung in § 86 Abs. 2 Nr. 1 HWaG vorgesehene (Einwendungs-) Frist als angemessen und ausreichend angesehen werde; von anderweitigen Präklusionsnormen ist dort nicht die Rede (vgl. die Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Nr. 182 vom 1. Dezember 1959, S. 823 [897]). Offenbar ging der Gesetzgeber davon aus, ein Einwendungsausschluss nach Fristablauf folge unmittelbar aus der wassergesetzlichen Vorschrift selbst.
- 151
bb. Indes ergibt bereits eine Auslegung des § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG, dass diese Vorschrift nur für „Betroffene“, nicht aber für (Umwelt-) Vereinigungen gilt.
- 152
Das Bundesverwaltungsgericht hatte schon früh bei der Auslegung von Präklusionsvorschriften unterschieden zwischen Einwendungen von Betroffenen und Stellungnahmen von Naturschutzverbänden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1996, 4 C 19.95, BVerwGE 102, 358, juris Rn. 17) und hiervon ausgehend namentlich zu § 73 Abs. 4 VwVfG a.F. vertreten, die anerkannten Naturschutzvereine seien keine „Betroffenen“ im Sinne dieser Vorschrift (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.2.2003, 4 A 59.01, BVerwGE 118, 15, juris Rn. 16; in der Folge war § 73 Abs. 4 VwVfG um die Sätze 5 und 6 ergänzt worden [G. v. 31. Mai 2013, BGBl. I S. 1388]). Wird dieser Ansatz auf § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG übertragen, so ist zwar festzustellen, dass diese Vorschrift eine ausdrückliche Beschränkung auf Betroffene nicht enthält. Indes greift § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 HWaG die (Präklusions-) Regelung in § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG auf und setzt sie ausdrücklich in Beziehung zu den Einwendungen der „Betroffenen“. Die hierzu zuletzt von der Beigeladenen vorgeschlagene differenzierende Auslegung – nur § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 HWaG sei auf Betroffene beschränkt, während § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG auch für Naturschutz- und Umweltvereinigungen gelte – erscheint angesichts des in § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 HWaG angelegten einheitlichen Regelungssystems fernliegend.
- 153
cc. Die Unanwendbarkeit etwaiger Präklusionsbestimmungen folgt überdies aus § 7 Abs. 4 UmwRG, der vorliegend wegen § 8 Abs. 1 UmwRG Anwendung findet.
- 154
(1) Der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG eröffnet.
- 155
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG gilt das Umweltrechtsbehelfsgesetz u.a. für Rechtsbehelfe gegen Erlaubnisse nach § 8 Abs. 1 WHG für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung; im Folgenden: IE-Richtlinie) verbunden sind. Die von dem Kläger angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis wird von dieser Vorschrift erfasst (so auch BVerwG, Beschl. v. 16.9.2014, 7 VR 1.14, NuR 2014, 782, juris Rn. 8; Urt. v. 29.5.2018, 7 C 18.17, NVwZ 2018, 1734, juris Rn. 34).
- 156
Dass das Vorhaben – das Kraftwerk Moorburg – (immissionsschutzrechtlich) genehmigt worden ist, bevor die IE-Richtlinie in Kraft getreten ist, ändert hieran nichts, zumal das Vorhaben auch in den Anwendungsbereich einer Vorgängerrichtlinie fällt, nämlich der IVU-Richtlinie (hierzu i.E. OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.2013, 5 E 11/08, NordÖR 2013, 322, juris Rn. 109). In § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG in der bis zum 1. Mai 2013 geltenden Fassung war demgemäß noch bestimmt, dass das Umweltrechtsbehelfsgesetz auf Erlaubnisse nach § 8 Abs. 1 WHG für Gewässerbenutzungen Anwendung finde, die mit einem Vorhaben nach der IVU-Richtlinie verbunden sind. Im Übrigen erstreckt § 8 Abs. 1 UmwRG die Geltung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes auf alle „verbundenen“ Entscheidungen i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG, die nach dem 25. Juni 2005 ergangen sind, und bezieht damit auch solche (Alt-) Erlaubnisse ein, die ursprünglich mit einem IVU-Vorhaben verbunden gewesen sind.
- 157
Ohne Erfolg wendet die Beigeladene ein, die angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis sei nicht (mehr) i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG mit einem IVU-/IE-Vorhaben verbunden, weil die immissionsschutzrechtliche Genehmigung bestandskräftig geworden sei, dies eine „Zäsur“ bewirkt habe und mit der Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis keine wesentliche Änderung des (immissionsschutzrechtlich genehmigten) Vorhabens verbunden gewesen sei. Es kann offenbleiben, ob für diesen Ansatz wegen § 144 Abs. 6 VwGO schon deshalb kein Raum ist, weil das Bundesverwaltungsgericht dies ist seinem Urteil, mit dem die Sache an das erkennende Gericht zurückverwiesen worden ist (Urt. v. 29.5.2018, 7 C 18.17, NVwZ 2018, 1734, juris), nicht angenommen hat. Denn dessen ungeachtet greift der Ansatz der Beigeladenen auch in der Sache nicht durch. Dass die angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis und die zuvor erteilte (und bestandskräftig gewordene) immissionsschutzrechtliche Genehmigung grundsätzlich dem Koordinierungsgebot aus Art. 7 IVU-Richtlinie bzw. Art. 5 Abs. 2 IE-Richtlinie unterfallen, stellt auch die Beigeladene nicht in Abrede, und dies zu Recht nicht: Eine „Verbindung“ i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG liegt vor, wenn das wasserrechtliche Zulassungsverfahren akzessorisch zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist. Dies setzt voraus, dass die wasserrechtliche Erlaubnis gerade für die Errichtung oder den Betrieb einer IVU/-IE-Anlage erteilt werden muss und dass die Gewässerbenutzung integraler Bestandteil der IVU-/IE-Anlage ist (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Loseblatt, Stand: Februar 2020, § 1 UmwRG Rn. 56, m.w.N. und unter Verweis auf die Gesetzesbegründung [BT-Drs. 16/2495, S. 11]). Dies ist vorliegend der Fall: Zum einen aufgrund der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens in § 95 HWaG; denn gemäß § 95 Abs. 2 HWaG ist die vollständige Koordinierung sowohl des Verfahrens zur Erteilung der Erlaubnis als auch der Bestimmungen der Erlaubnis mit dem Verfahren zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und deren Inhalt sicherzustellen. Zum anderen deshalb, weil das Kraftwerk Moorburg nicht mit der Betriebsart Durchlaufkühlung betrieben werden kann, wenn die wasserrechtliche Erlaubnis zur Kühlwasserentnahme und -wiedereinleitung nicht erteilt wird. Es ist nicht erkennbar, dass bzw. aus welchem Grund eine danach gegebene „Verbindung“ i.S.v. Art. 7 IVU-Richtlinie bzw. Art. 5 Abs. 2 IE-Richtlinie zweier zu koordinierender Genehmigungen endet, wenn eine der Genehmigungen bestandskräftig wird. Maßgeblich ist vielmehr, dass neben der wasserrechtlichen Erlaubnis in einem parallelen Zulassungsverfahren eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die IE-Anlage beantragt wird. Hierbei ist nicht zwingend ein zeitlicher Gleichlauf beider Verfahren gefordert. Es genügt ein zeitlicher Zusammenhang, der durch das Ziel bestimmt wird, ein bestimmtes einheitliches Vorhaben zuzulassen (vgl. Schieferdecker, in: Hoppe/Beckmann/Kment, UVPG, 5. Aufl. 2018, § 1 UmwRG Rn. 47). All dies ist hier der Fall.
- 158
Auch der Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG bietet für die Annahme der Beigeladenen keinen Anknüpfungspunkt. Der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes ist danach eröffnet, wenn die wasserrechtliche Erlaubnis mit einem IVU-/IE-Vorhaben verbunden ist. Dass diese Verbindung im Fall der Bestandskraft der Genehmigung für das IVU-/IE-Vorhaben nicht (mehr) besteht, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Aus der von der Beigeladenen herangezogenen und in einem ganz anderen Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 2.11.2017, 7 C 25.15, UPR 2018, 227, juris Rn. 34) zu § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 der Industriekläranlagen-Zulassungs- und Überwachungsverordnung (IZÜV) folgt nichts anderes. Abgesehen davon, dass – was die „Verbindung“ anbelangt – der Wortlaut von § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 IZÜV nicht identisch ist mit dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG, geht es vorliegend, anders als in dem von dem Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall, um eine wasserrechtliche Erlaubnis, die mit dem Erlass einer den Betrieb betreffenden Anlagengenehmigung aufgrund eines gesetzlich angeordneten Gleichlaufs der Genehmigungsverfahren (§ 95 HWaG) zeitlich unmittelbar zusammentrifft. Dass die Anlagengenehmigung, weil sie nicht angefochten worden ist, bereits zu einem früheren Zeitpunkt bestandskräftig geworden ist, ändert an diesem Gleichlauf ebenso wenig wie der Umstand, dass die zunächst zeitgleich mit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erteilte wasserrechtliche Erlaubnis kurze Zeit später mit dem hier angefochtenen Änderungsbescheid modifiziert worden ist.
- 159
(2) Aus § 7 Abs. 4 UmwRG folgt die Unanwendbarkeit der Präklusionsregelung aus § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG auf die hier angefochtene wasserrechtliche Erlaubnis.
- 160
Gemäß § 7 Abs. 4 UmwRG findet § 73 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwVfG in Rechtsbehelfsverfahren gegen eine Entscheidung u.a. nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG keine Anwendung. Zwar ist § 73 Abs. 4 VwVfG vorliegend schon deshalb nicht einschlägig, weil es sich bei der angefochtenen wasserrechtlichen Erlaubnis nicht um einen Planfeststellungsbeschluss i.S.d. §§ 72 ff. VwVfG handelt. Der erkennende Senat entnimmt dem § 7 Abs. 4 UmwRG indes einen umfassenden Anwendungsausschluss von Präklusionsvorschriften – und damit auch von § 87 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HWaG – in Erlaubnisverfahren, die ein verbundenes Verfahren i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG betreffen. Denn der Gesetzgeber wollte, um der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Unionsrechtswidrigkeit nationaler Präklusionsregelungen (Urt. v. 15.10.2015, C-137/14, NVwZ 2015, 1665, juris) Rechnung zu tragen, im Zusammenhang mit allen Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 4 UmwRG fallen, umfassend regeln, dass Einwendungen bzw. Stellungnahmen gegen bzw. zu diese(n) Entscheidungen nicht der Präklusionseinwand entgegengehalten werden kann (vgl. BR-Drs. 422/16, S. 38). Dann aber greift die Inbezugnahme (nur) von § 73 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwVfG in § 7 Abs. 4 UmwRG zu kurz; dem ist bei der Auslegung von § 7 Abs. 4 UmwRG Rechnung zu tragen (i.E. ebenso BVerwG, Urt. v. 14.12.2017, 4 C 6.16, BVerwGE 161, 99, juris Rn. 12 ff.).
- 161
b) Ohne Erfolg rügt der Kläger die von der Beklagten durchgeführte Verträglichkeitsprüfung für die prioritäre Fischart (Nordsee-)Schnäpel.
- 162
Dabei kann in dem vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob es sich bei der in den Standarddatenbögen verschiedener FFH-Gebiete – etwa des hamburgischen FFH-Gebiets „Zollenspieker/Kiebitzbrack“ – aufgeführten Schnäpelart „Coregonus oxyrhynchus (Nordseeschnäpel)“ um die in der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (im Folgenden: FFH-RL) in Anhang II als prioritäre Art und in Anhang IV als streng geschützte Art von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführte Art „Coregonus oxyrhynchus (anadrome Populationen in bestimmten Gebieten der Nordsee)“ handelt (hierzu noch näher unten zu III. 1. b]). Denn der Kläger zeigt mit seiner im Hinblick auf den Habitatschutz wenig substantiierten Rüge schon nicht auf, dass die FFH-Gebiete, auf die er sich möglicherweise bezieht – die er aber nicht im Einzelnen benennt –, für den Nordseeschnäpel Reproduktions- bzw. Aufwuchsfunktion haben. Mit den gegen eine derartige Annahme gerichteten Erwägungen etwa der Beigeladenen in ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 6. August 2012 (dort S. 50), wonach die FFH-Gebiete unterhalb der Staustufe Geesthacht für den Nordseeschnäpel allenfalls Wanderfunktion haben, setzt er sich nicht weiter auseinander. Vor diesem Hintergrund muss die zwischen den Beteiligten streitige Frage nach der Signifikanz der Vorkommen des Nordseeschnäpels in den insoweit in Betracht kommenden FFH-Gebieten nicht weiter vertieft werden.
- 163
c) Zu Unrecht hat die Beklagte erhebliche Beeinträchtigungen der heimischen Neunaugen in den niedersächsischen FFH-Gebieten „Ilmenau mit Nebenbächen“, „Gewässersystem der Luhe und der unteren Neetze“ sowie „Seeve“ verneint.
- 164
aa. Allerdings ist die von dem Kläger in methodischer Hinsicht gerügte Heranziehung des Bewertungskriteriums „noch tolerierbar“ (vgl. UVP, S. 119) nicht zu beanstanden. Sein Einwand, diese Einstufung finde in Art. 6 FFH-RL keine Entsprechung, greift nicht durch. Sie geht zurück auf das Gutachten KIfL 2006 und ist Teil des darin zur Anwendung gebrachten und der Übersichtlichkeit dienenden Bewertungsverfahrens (vgl. dort S. 60). Danach werden die verschiedenen – insgesamt sechs – Einstufungen allesamt einer zweistufigen Erheblichkeitsskala zugeordnet, die – dem System des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 2 BNatSchG in der bei Erlaubniserteilung geltenden Fassung (vom 29. Juli 2009, BGBl. I S. 2542; im Folgenden: BNatSchG 2009) folgend – nur zwischen erheblichen und nicht erheblichen Beeinträchtigungen unterscheidet.
- 165
bb. Nicht zu beanstanden ist ferner die Einschätzung der Beklagten, die Kühlwasserentnahme und -wiedereinleitung führe nicht zu einer relevanten Beeinträchtigung der Schutzziele der niedersächsischen FFH-Gebiete hinsichtlich der dortigen Flussneunaugenbestände.
- 166
Es kann offenbleiben, welche genaue Größe die Flussneunaugenpopulationen in den niedersächsischen FFH-Gebieten im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung hatten. Denn die in dem Gutachten KIfL 2006 vertretene (dort S. 118 bis 121) und von der Beklagten übernommene (UVP, S. 119) Einschätzung, das erlaubte Vorhaben führe zu keiner erheblichen Beeinträchtigung i.S.v. Art. 6 FFH-RL, wird im Ergebnis in keiner der vorliegenden fachlichen Stellungnahmen in Zweifel gezogen. Dies gilt namentlich auch für die Stellungnahmen der Universität Hamburg (PD Dr. Thiel) vom 6. August 2007 (im Folgenden: Stellungnahme Thiel 2007) und der Gesellschaft für Naturschutz und Landschaftsökologie (GNL) e.V. (Dr. Krappe) vom 27. August 2009 (im Folgenden: Stellungnahme GNL 2009), auf die sich der Kläger bezieht. Beide Stellungnahmen gehen im Ergebnis davon aus, dass die Laicherbestände des Flussneunauges in den niedersächsischen FFH-Gebieten eine ausreichend stabile Größe aufweisen und dass die von der erlaubten Gewässerbenutzung ausgehenden Gefährdungen keine erheblichen Beeinträchtigungen dieser Bestände zur Folge haben.
- 167
(1) Die von dem Kläger wiederholt geäußerte und in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 erneut bekräftigte Kritik an der Bestandserfassung (auch) der Flussneunaugenpopulationen greift nicht durch. In dem Gutachten KIfL 2006 (dort S. 119 f.) werden einerseits die Daten aus den Standarddatenbögen der betreffenden FFH-Gebiete zugrunde gelegt; andererseits wird auf (neuere) Zahlen aus dem Jahr 2007 der zuständigen niedersächsischen Behörden zurückgegriffen. Es ist nicht ersichtlich, dass seinerzeit „bessere“ Daten zur Verfügung gestanden hätten. Auch der Kläger benennt solche nicht. Gleiches gilt für die verkürzende und nicht weiter substantiierte Kritik des Klägers, das Ableiten von Zahlen aus „Beobachtungen und Schätzungen von Fischern und Anglern“ entbehre der notwendigen wissenschaftlichen Qualität. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.11.2013, 9 A 14.12, BVerwGE 148, 373, juris Rn. 45); der Kläger gibt selbst nicht an, auf welche Zahlen die Beklagte hätte zurückgreifen bzw. mit welcher Methode die Beklagte die erforderlichen Zahlen hätte ermitteln können, um die gebotene wissenschaftliche Qualität sicherzustellen. Es ist auch nicht stets notwendig, eigene Untersuchungen zur Bestandsaufnahme der betroffenen Arten vorzunehmen, wenn hierfür bereits brauchbare Zahlen zur Verfügung stehen. Dass die Beklagte angesichts der seinerzeit schon vergleichsweise guten Datenlage vom Vorliegen valider Zahlen ausgehen konnte, haben ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 erneut nachvollziehbar bekräftigt. Im Übrigen wird auch in der Stellungnahme GNL 2009, auf die sich der Kläger bezieht, darauf verwiesen, dass die in dem Gutachten KIfL 2006 zugrunde gelegten Daten belastbar gewesen seien (s. dort S. 2). Und auch der Kläger bezieht sich in anderem Zusammenhang (hierzu sogleich) auf Daten, die ebenfalls auf Beobachtungen und Schätzungen der niedersächsischen Behörden beruhen. Dies geht aus dem ihm gegenüber ergangenen Bescheid des niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) vom 23. Dezember 2011 hervor, den der Kläger mit seinem anwaltlichen Schriftsatz vom 31. Januar 2012 in das vorliegende Verfahren eingeführt hatte.
- 168
(2) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den von dem Kläger vorgelegten neueren Zahlen, denen er entnimmt, die Bestände der Flussneunaugen in den niedersächsischen FFH-Gebieten seien rückläufig.
- 169
Da es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage vorliegend maßgeblich auf den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung ankommt (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.2013, 5 E 11/08, NordÖR 2013, 322, juris Rn. 138, 271; s. auch BVerwG, Urt. v. 29.5.2018, 7 C 18.17, NVwZ 2018, 1734, juris Rn. 46; allgemein BVerwG, Beschl. v. 28.7.2014, 7 B 22.13, UPR 2015, 34, juris Rn. 11 f. [für Planfeststellungsbeschlüsse]), können erst nach diesem Zeitpunkt gewonnene Erkenntnisse, auf die der Kläger im Laufe des Verfahrens verwiesen und die er in einer in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 vorgelegten Übersicht zusammengefasst hat, von vornherein keine Rolle spielen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.8.2009, 9 A 64.07, BVerwGE 134, 308, juris Rn. 50). Dies betrifft insbesondere die von dem Kläger mitgeteilten Erkenntnisse für die Jahre 2012 und 2017, wonach die Bestände auch der Flussneunaugen in den niedersächsischen FFH-Gebieten in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sein sollen.
- 170
Die weiteren Erkenntnisse, die bis zur Erlaubniserteilung vorgelegen haben, rechtfertigen demgegenüber nicht den Schluss, die niedersächsischen Flussneunaugenbestände seien entgegen der von der Beklagten der Verträglichkeitsprüfung zugrunde gelegten Einschätzung in einem unzureichenden Zustand gewesen. Auch wenn insoweit – ungeachtet der Frage ihrer Veröffentlichung – die von dem Kläger erstmals mit seinem anwaltlichen Schriftsatz vom 31. Januar 2012 vorgelegten Daten des LAVES für das Jahr 2010 berücksichtigt werden, bewegen sich die dort angegebenen Zahlen – geschätzte Flussneunaugenbestände von bis zu 200 Individuen in der Luhe und bis zu 250 Individuen in der Seeve – in einem Bereich, der auch nach Einschätzung der Fachgutachter, auf die der Kläger sich beruft, im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen durch die erlaubte Gewässerbenutzung als nicht kritisch angesehen wird (vgl. die Stellungnahme Thiel 2007, S. 17; s. auch die von dem Kläger mit seinem Schriftsatz vom 2. September 2009 vorgelegte Stellungnahme der Wassergütestelle Elbe [Gaumert] vom 27. August 2009). Der erkennende Senat erachtet deshalb die Einschätzung der Beklagten, das mit der angefochtenen Erlaubnis erlaubte Vorhaben führe zu keinen erheblichen Beeinträchtigungen der Flussneunaugenbestände in den niedersächsischen FFH-Gebieten, auch unter Berücksichtigung der von dem Kläger für das Jahr 2010 mitgeteilten Zahlen – unterstellt, die Beklagte hätte diese Daten berücksichtigen können – für noch vertretbar.
- 171
cc. Die Einschätzung der Beklagten, die Kühlwasserentnahme und -wiedereinleitung führe auch nicht zu einer relevanten Beeinträchtigung der Schutzziele der niedersächsischen FFH-Gebiete hinsichtlich der dortigen Meerneunaugenbestände, ist rechtsfehlerhaft.
- 172
Ein Vorhaben kann ein FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigen, wenn es droht, die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden. Maßgebliches Kriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL. Ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben, ein bestehender schlechter Erhaltungszustand darf jedenfalls nicht weiter verschlechtert werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.3.2013, 9 A 22.11, BVerwGE 146, 145, juris Rn. 41). Dass keine Beeinträchtigungen auftreten, muss gewiss sein. Nur wenn insoweit keine vernünftigen Zweifel verbleiben, darf die Verträglichkeitsprüfung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 215, m.w.N.). Es darf daher zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung, mit der das Vorhaben genehmigt wird, aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass es sich nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirkt (vgl. EuGH, Urt. v. 26.4.2017, C-142/16, NuR 2017, 393, juris Rn. 33 ff., m.w.N.).
- 173
Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte erhebliche Beeinträchtigungen der Meerneunaugenbestände in den niedersächsischen FFH-Gebieten zu Unrecht verneint. Weder konnte sie auf der Grundlage der ihr bei Erlaubniserteilung vorliegenden Erkenntnisse hinreichend sicher davon ausgehen, dass es nur zu vereinzelten Verlusten von Meerneunaugen durch die Kühlwasserentnahme kommen werde (hierzu [1]), noch konnte sie – selbst wenn unterstellt wird, es komme nur zu Einzelverlusten – sicher ausschließen, dass hierdurch die Laichpopulationen des Meerneunauges in den betreffenden FFH-Gebieten geschädigt würden (hierzu [2]).
- 174
(1) In dem von der Beklagten für ihre Einschätzung zugrunde gelegten Gutachten KIfL 2006 wird die Anzahl der Individuen, die namentlich im Zuge der Kühlwasserentnahme geschädigt zu werden drohen, nicht konkret bestimmt bzw. prognostiziert. Im Rahmen der vorgenommenen und von der Beklagten im Ergebnis geteilten (vgl. UVP, S. 119) Beurteilung, der Beeinträchtigungsgrad – auch für die Meerneunaugen – sei nur gering, heißt es allerdings, es sei (nur) „der eventuelle Verlust weniger Individuen“ zu besorgen (Gutachten KIfL 2006, S. 121).
- 175
Bereits diese Prämisse erweist sich als nicht ausreichend tragfähig. Sie steht im Widerspruch dazu, dass es an anderer Stelle in dem Gutachten KIfL 2006 (S. 114) heißt, das „Beeinträchtigungsrisiko ergibt sich aus der Möglichkeit des Verlustes eines potentiell hohen Anteils der wandernden Tiere an wenigen Terminen. Die langfristige Beeinträchtigung durch die Wasserentnahme ergibt sich aus der Summe singulärer Schadereignisse. Die Häufigkeit dieser singulären Schadereignisse kann nicht prognostiziert werden“. Auch in der von dem Kläger vorgelegten Stellungnahme GNL 2009 (dort S. 2 f.) wird die Tragfähigkeit der für das Ergebnis zugrunde gelegten Prämisse bezweifelt: Weder gebe es Nachweise für die Annahme, Individuen der (Meer-) Neunaugen würden allenfalls vereinzelt zu Schaden kommen, noch sei offenbar berücksichtigt worden, dass es artbedingte Verhaltensweisen der Neunaugen gebe, die dafür sprechen könnten, dass diese einem erhöhten Risiko am Entnahmebauwerk ausgesetzt seien. Außerdem seien weitere Verlustszenarien nicht ausreichend in die Gesamtbeurteilung einbezogen worden.
- 176
Die hierauf von dem Fachgutachter des Gutachtens KIfL 2006 vorgelegte ergänzende Stellungnahme vom 17. September 2009 ist nicht geeignet, den danach bestehenden Zweifeln an der Tragfähigkeit der Prämisse, es komme nur zu vereinzelten Verlusten, zu begegnen. Der Fachgutachter bezieht sich in seiner ergänzenden Stellungnahme (dort S. 4) vor allem darauf, dass es nur kurze Zeitfenster gebe, in denen die Sogströmung am Entnahmebauwerk stärker sei als die Strömungsgeschwindigkeit der Elbe. Die dem offenbar zugrunde liegende Erwägung, nur bei im Vergleich zur Strömungsgeschwindigkeit der Elbe stärkerer Einsaugströmung am Entnahmebauwerk könne es zu Schädigungen von Meerneunaugen kommen, wird aber schon nicht näher erläutert. Auch widerspricht sie teilweise den Ausführungen in dem Gutachten KIfL 2006 (dort S. 114), wonach das Einsaugrisiko vor allem durch externe Faktoren erhöht werde. Sie blendet im Übrigen aus, dass das Einsaugrisiko auch von der Größe der am Kraftwerk vorbeischwimmenden Individuen abhängen wird und dass insoweit eine differenzierende Betrachtung von adulten Tieren und von Jungtieren erforderlich ist.
- 177
Soweit der Fachgutachter des Gutachtens KIfL 2006 in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 im Rahmen der Erläuterung seiner gutachterlichen Erwägungen über die zwischenzeitlich gemachten Erfahrungen und insbesondere über die Ergebnisse des Monitorings in den Jahren 2015 bis 2017 berichtet hat, hat dies vorliegend angesichts des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts der Erlaubniserteilung außer Betracht zu bleiben. Wie es sich auswirkt, dass danach offenbar nur wenige adulte Individuen eingesaugt und dass eingesaugte Querder ganz überwiegend wohlbehalten in die Elbe zurückgeführt worden sein sollen, muss ggf. im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens beurteilt werden. Für die Frage, ob die Beklagte bei Erlaubniserteilung zu Recht davon ausgehen durfte, dass wesentliche Beeinträchtigungen der Meerneunaugenpopulationen in den niedersächsischen FFH-Gebieten sicher ausgeschlossen werden können, hat dies keine Relevanz.
- 178
(2) Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, dass die Laichpopulationen in den niedersächsischen FFH-Gebieten ausreichend groß und stabil sind, um die angenommenen Einzelverluste ausgleichen zu können.
- 179
Die Annahme in dem zugrunde gelegten Gutachten KIfL 2006 (dort S. 120), „aufgrund der Größe und des positiven Entwicklungstrends“ auch der Meerneunaugenpopulationen werde „der eventuelle Verlust weniger Individuen keine ernsthafte Beeinträchtigung nach sich ziehen“, ist nicht tragfähig. Sie steht im Widerspruch zu den Stellungnahmen Thiel 2007 (dort S. 17 f.) und GNL 2009 (dort S. 2), auf die sich der Kläger bezieht. Danach wiesen die Laichpopulationen der Meerneunaugen in den niedersächsischen FFH-Gebieten teilweise kritische Größen auf, die selbst Einzelverluste nicht ohne Weiteres kompensieren könnten. Dies gelte ausdrücklich auch dann, wenn die Zahlen zugrunde gelegt würden, die in dem Gutachten KIfL 2006 zugrunde gelegt worden sind. Der hiergegen von dem Fachgutachter des Gutachtens KIfL 2006 in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. September 2009 (dort S. 1 f.) vorgebrachte Einwand, die Erhaltungszustände auch der kleinen Meerneunaugenpopulationen seien für die Verhältnisse dieser vergleichsweise seltenen Art sehr gut, überzeugt nicht. Wegen der niedrigen absoluten Zahlen beim Meerneunauge muss sich der Verlust einzelner Individuen stärker als bei Arten mit größerer Individuenzahl auswirken. Wann die Grenze zur „Erheblichkeit“ überschritten ist, hängt mehr von der absoluten Größe der Population und weniger von der auf die jeweilige Art bezogenen Bewertung ihres Erhaltungszustands ab. Der dem Gutachten KIfL 2006 (dort S. 120) zugrunde gelegte Ansatz, die angenommenen Einzelverluste bei den Fluss- und bei den Meerneunaugen seien für beide Arten gleich zu bewerten, weil sich beide Arten – trotz der erheblich voneinander abweichenden Populationsgrößen – in einem für die jeweilige Art guten Erhaltungszustand befänden, greift deshalb insgesamt zu kurz. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass – worauf ein Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 hingewiesen hat – wegen der Seltenheit der Art auch das Einsaugrisiko für dieser Art zugehörige Individuen vergleichsweise gering sei. Dass es auch insoweit zumindest zu Einzelverlusten kommen kann, ist gleichwohl nicht ausgeschlossen. Schon solche Einzelverluste sind aber möglicherweise relevant für den Erhalt zahlenmäßig kleiner Populationen (s.o.).
- 180
Auch der Hinweis eines fachlichen Beistands der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020, nicht alle aufsteigenden (adulten) Neunaugen wanderten in die Laichgebiete, weshalb der Verlust einzelner Individuen am Entnahmebauwerk nicht zwingend bedeute, dass hierdurch die Laichpopulationen geschwächt würden, führt letztlich nicht weiter. Denn die in dem Gutachten KIfL 2006 beschriebene Möglichkeit, dass eine für den Populationserhalt relevante Anzahl von Individuen aus den zahlenmäßig vergleichsweise kleinen Laichpopulationen des Meerneunauges durch das erlaubte Vorhaben geschädigt wird, wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Allenfalls kann von einer geringeren Schädigungswahrscheinlichkeit ausgegangen werden. Die erforderliche Gewissheit, es werde nicht zu Beeinträchtigungen kommen, kann hieraus nach Auffassung des erkennenden Senats nicht abgeleitet werden.
III.
- 181
Die angegriffene wasserrechtliche Erlaubnis genügt nicht den Anforderungen des besonderen Artenschutzrechts. Die Beklagte hat es versäumt zu prüfen, ob durch die erlaubte Gewässerbenutzung die Zugriffsverbote aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG 2009 im Hinblick auf die vorhabenbetroffenen Individuen des Nordseeschnäpels und der heimischen Neunaugen verletzt werden (hierzu 1. und 2. a] und b]). Dies bleibt nicht deshalb folgenlos, weil – wie die Beigeladene meint – die Beklagte eine bestandskräftig gewordene Ausnahme bzw. Befreiung von den Zugriffsverboten des besonderen Artenschutzrechts erteilt habe (hierzu 2. c]).
- 182
1. Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2009 ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (sog. Tötungsverbot). Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2009 ist es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; dabei liegt eine erhebliche Störung vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (sog. Störungsverbot).
- 183
Die Beklagte hatte insbesondere angesichts der möglichen Auswirkungen der Kühlwasserentnahme und -einleitung, die in der Umweltverträglichkeitsprüfung im Einzelnen beschrieben werden (s. UVP, S. 75 ff.), Anlass, die Vereinbarkeit des erlaubten Vorhabens mit diesen Vorschriften im Hinblick auf die Arten Fluss- und Meerneunauge (hierzu a]) sowie Nordseeschnäpel (hierzu b]) zu prüfen.
- 184
a) Bei den Arten Fluss- und Meerneunauge handelt es sich um besonders geschützte Arten i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. c) BNatSchG 2009, denn nach der Anlage 1 zu § 1 Satz 1 der Bundesartenschutzverordnung (in der bei Erlaubniserteilung geltenden Fassung) gehören die heimischen Neunaugen, zu denen die Arten Fluss- und Meerneunauge zählen, zu den besonders geschützten Arten (s. i.E. OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.2013, 5 E 11/08, NordÖR 2013, 322, juris Rn. 146). Für Individuen dieser Arten kann danach ein Verstoß gegen das Tötungsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2009 grundsätzlich in Betracht kommen, weil dieses für Tiere der besonders geschützten Arten gilt.
- 185
b) In Anhang IV der FFH-Richtlinie wird der Nordseeschnäpel (Coregonus oxyrhynchus [anadrome Populationen in bestimmten Gebieten der Nordsee]) als streng zu schützende Tierart von gemeinschaftlichem Interesse genannt. Er kann damit als besonders geschützte und überdies streng geschützte Art (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b] aa] und Nr. 14 Buchst. b] BNatSchG 2009) sowohl dem Anwendungsbereich des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2009 als auch des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2009 unterfallen.
- 186
aa. Die in der Unterelbe ermittelten Individuen des Nordseeschnäpels (vgl. Gutachten KIfL 2006, S. 19 f.) gehören der in Anhang IV der FFH-Richtlinie genannten Art „Coregonus oxyrhynchus (anadrome Populationen in bestimmten Gebieten der Nordsee)“ an.
- 187
Die Beteiligten gehen – ungeachtet der Frage, ob diese Individuen allesamt und unmittelbar aus Besatzmaßnahmen stammen – übereinstimmend davon aus, dass es sich bei den in der Unterelbe vorkommenden Individuen des Nordseeschnäpels um Tiere handelt, die genetisch auf den Restbestand einer anadromen Nordseeform der Art „Coregonus maraena“ (Ostseeschnäpel) aus der dänischen Vidau zurückgehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 304). Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob es sich bei diesen Tieren um solche handelt, die in Anhang IV der Habitatrichtlinie als „Coregonus oxyrhynchus (anadrome Populationen in bestimmten Gebieten der Nordsee)“ bezeichnet werden. Hiergegen mag sprechen, dass die taxonomische Zuordnung der auf das Vorkommen in der Vidau zurückgehenden Nordseeschnäpel in der Unterelbe zu „Coregonus oxyrhynchus“ unpräzise sein könnte, weil – worauf etwa die Beigeladene in ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 30. Mai 2012 (dort S. 16 ff.) verweist – eine Zuordnung zu „Coregonus maraena“ ggf. fachlich präziser wäre. Für die artenschutzrechtliche Bewertung des Schnäpelvorkommens in der Unterelbe spielt dies jedoch keine Rolle. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die in der Unterelbe ermittelten und auf das Vorkommen in der Vidau zurückgehenden Nordseeschnäpel in Anhang IV der FFH-Richtlinie als „Coregonus oxyrhynchus (anadrome Populationen in bestimmten Gebieten der Nordsee)“ bezeichnet werden. Dies mag fachlich unrichtig oder jedenfalls unpräzise sein. In diesem Fall handelte es sich aber um eine bloße Falschbezeichnung, die in dem hier verstandenen Sinn ausgelegt werden kann und auszulegen ist. Denn der „echte“ Nordseeschnäpel ist seit etwa 1940 ausgestorben (vgl. BVerwG, a.a.O.). Bei Erlass der FFH-Richtlinie im Jahr 1992 konnte diese Art somit nicht gemeint sein; es erscheint fernliegend anzunehmen, die Union habe im Jahr 1992 eine seit 50 Jahren ausgestorbene Art unter strengen Schutz stellen wollen. Diese Auffassung vertreten im Ergebnis auch die Bundesregierung in einer Mitteilung an die EU-Kommission vom 9. Juli 2009 und die EU-Kommission in einer Mitteilung an das Bundesumweltministerium vom 16. März 2011. Auch die Beklagte ist hiervon ursprünglich ausgegangen, wie sich aus ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 13. August 2009 ergibt. Der erkennende Senat schließt sich dem an.
- 188
bb. Bei den in der Unterelbe vorkommenden Nordseeschnäpeln handelt es sich auch um „wild lebende Tiere“ i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG 2009. Dies gilt auch dann, wenn – was zwischen den Beteiligten streitig ist – diese Individuen nicht zu einer selbständigen art- und populationserhaltenden Reproduktion in der Lage sein sollten. Auch Tiere, die einer Population angehören, die sich nicht selbständig reproduziert, können den Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 BNatSchG unterfallen.
- 189
(1) Den Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes unterfallende „Tiere“ sind gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) BNatSchG 2009 solche, die einer „wild lebenden Art“ angehören. Wild lebend sind alle in Freiheit vorkommenden Arten, deren Exemplare nicht ausschließlich vom Menschen gezüchtet werden. Nicht unter die Definition fallen Haus- und Nutztiere, auch wenn diese aus einem Gehege o.ä. entwichen sind. Maßgeblich ist, ob die Tiere irgendwo – sei es auch in kleiner Zahl – in der Natur vorkommen (vgl. Klages, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Auflage 2016, § 7 Rn. 13, m.w.N.).
- 190
Danach gehören die auf das Vorkommen in der Vidau zurückgehenden Nordseeschnäpel in der Unterelbe einer wild lebenden Art i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) BNatSchG 2009 an. Denn Tiere dieser Art kommen in der freien Natur vor und werden nicht ausschließlich vom Menschen gezüchtet. Auf die Frage, ob es sich bei den in der Elbe vorkommenden Exemplaren um gezüchtete und/oder reproduktionsfähige Tiere handelt, kommt es hierbei nicht an. Für § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) BNatSchG 2009 ist allein maßgeblich die Art, nicht bestimmte Exemplare oder Populationen. Vor diesem Hintergrund teilt der erkennende Senat die insbesondere von der Beigeladenen vertretene abweichende Auffassung – die in der Unterelbe vorkommenden Nordseeschnäpel gehörten keiner wild lebenden Art an – nicht. Sie nimmt zu Unrecht eine Sonderbetrachtung der in der Unterelbe vorkommenden Nordseeschnäpel-Populationen vor, indem sie darauf abstellt, dass diese – was der Kläger in Abrede stellt – zur selbständigen Reproduktion nicht in der Lage seien. Indes mag es sich bei den in der Elbe ermittelten Nordseeschnäpeln um Angehörige einer eigenständigen Population handeln, aber nicht um eine eigenständige Art. Nur auf Letzteres kommt es bei der Anwendung von § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) BNatSchG 2009 an.
- 191
Aus der von der Beigeladenen zitierten Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 12.7.2007, C-507/04, NuR 2007, 537, juris) ergibt sich nichts anderes. Diese Rechtsprechung ist nicht einschlägig, denn sie betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen Tiere einer bestimmten Gattung als eigenständige Art angesehen werden können. Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Art „wild lebend“ i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) BNatSchG 2009 ist, enthält die Entscheidung keine Aussage.
- 192
(2) Die in der Elbe ermittelten Nordseeschnäpel sind „wild lebende“ Tiere i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG 2009. Insoweit kommt es, anders als im Rahmen von § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) BNatSchG 2009 (s.o. zu [1]), auf die konkret betroffenen Individuen bzw. Populationen an.
- 193
Tiere leben wild, wenn sie nicht gefangen oder gezüchtet sind. Gefangene und/oder gezüchtete Tiere werden wild lebend, wenn sie herrenlos werden. Dies ist anhand zivilrechtlicher Maßstäbe zu beurteilen (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, UmwR, Loseblatt, Stand: Februar 2020, § 44 BNatSchG Rn. 7; Müller-Walter, in: Lorz u.a., Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 7 Rn. 13; s. auch BGH, Urt. v. 19.7.2019, V ZR 177/17, NuR 2020, 50, juris Rn. 17 ff., m.w.N.). Danach sind die in der Unterelbe ermittelten Nordseeschnäpel wild lebende Tiere. Selbst wenn sie ursprünglich gezüchtet worden sein sollten, sind sie jedenfalls mit dem Aussetzen herrenlos geworden (§ 959 BGB [i.V.m. § 90a Satz 3 BGB], ggf. auch § 960 Abs. 2 und 3 BGB). Auf die Fähigkeit zur selbständigen Reproduktion kommt es auch insoweit nicht an.
- 194
(3) Nach Auffassung des erkennenden Senats sind die in der Unterelbe vorkommenden Nordseeschnäpel auch nicht im Lichte des Schutzsystems der Habitatrichtlinie von den Zugriffsverboten auszunehmen. Derartiges folgt – entgegen der von einem Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 vertretenen Auffassung – nicht aus Art. 1 Buchst. i) FFH-RL. Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Individuen einer streng zu schützenden Tierart von gemeinschaftlichem Interesse den Zugriffsverboten i.S.v. Art. 12 FFH-RL bzw. § 44 Abs. 1 BNatSchG 2009 unterfallen, ergibt sich aus der in Art. 1 Buchst. i) FFH-RL enthaltenen Begriffsdefinition eines (günstigen) Erhaltungszustands nichts, zumal Art. 12 FFH-RL nicht auf den Schutz von Arten beschränkt ist, die bereits einen günstigen Erhaltungszustand aufweisen. Im Übrigen zielt die Habitatrichtlinie – worauf der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat – auch darauf, einen günstigen Erhaltungszustand geschützter Arten wiederherzustellen (vgl. etwa den sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie; s. auch Art. 1 Buchst. a], Art. 22 Buchst. a] FFH-RL). Auch dies spricht dafür, Individuen geschützter Arten, auch wenn sie vollständig auf Besatzmaßnahmen beruhen sollten, umfassend den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten zuzuordnen; dies jedenfalls, solange eine natürliche Reproduktion bei den betreffenden Individuen nicht aus biologischen bzw. genetischen Gründen als von vornherein ausgeschlossen erscheint.
- 195
2. Die Beklagte hat eine Prüfung, ob das erlaubte Vorhaben zu einer Verletzung von § 44 Abs. 1 Nr. 1 und/oder Nr. 2 BNatSchG 2009 im Hinblick auf die vorstehend unter 1. genannten Arten führt, weder vor Erlass des angefochtenen Bescheides (hierzu a]) noch nachträglich vorgenommen (hierzu b]). Dies ist nicht deshalb unerheblich, weil – wie die Beigeladene meint – die Beklagte der Beigeladenen eine Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG 2009) oder eine Befreiung (§ 67 BNatSchG 2009) von den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten erteilt habe (hierzu c]) oder weil die Beklagte mit der Beigeladenen eine Vereinbarung über Ausgleichsmaßnahmen getroffen hat (hierzu d]).
- 196
a) Weder die der Beigeladenen zunächst unter dem 30. September 2008 erteilte Erlaubnis, noch die geänderte und hier streitgegenständliche Erlaubnis vom 4. Oktober 2010 enthalten einen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte eine Prüfung der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote vorgenommen hat. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagte – als Ergebnis einer solchen Prüfung – eine Entscheidung bzw. Beurteilung dahingehend getroffen hat, Verstöße gegen die Zugriffsverbote aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 und/oder Nr. 2 BNatSchG 2009 lägen nicht vor. Aus der Umweltverträglichkeitsprüfung ergibt sich Entsprechendes ebenfalls nicht. Ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag lag der Erlaubniserteilung bzw. der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung auch nicht zugrunde. Im Übrigen haben die Beklagte und die Beigeladene das Fehlen einer artenschutzrechtlichen Prüfung – bezogen auf den Nordseeschnäpel – anfangs ausdrücklich eingeräumt. So hat die Beigeladene in ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 8. Juli 2009 geltend gemacht, dass „eine spezielle Artenschutzprüfung (...) nicht erforderlich“ gewesen sei, „weil durch die Kühlwasserentnahme keine artenschutzrechtlichen Verbote verwirklicht werden“. Entsprechendes hat auch die Beklagte in ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 13. August 2009 vertreten.
- 197
Die anderslautenden Einschätzungen der Beigeladenen und der Beklagten überzeugen den erkennenden Senat nicht. Es geht, anders als die Beigeladene meint, aus den Erlaubnisbescheiden vom 30. September 2008 und vom 4. Oktober 2010 nicht hervor, dass die Beklagte eine artenschutzrechtliche Prüfung vorgenommen hat. Über die bloße Erwähnung des Begriffs „Artenschutz“ gehen die von der Beigeladenen in ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 23. Juli 2020 benannten Textauszüge, mit denen sie die Durchführung einer artenschutzrechtlichen Prüfung zu belegen sucht, nicht hinaus. Dies gilt insbesondere für den Verweis auf die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in der angefochtenen Erlaubnis (s. dort S. 80 f.), die sich mit dem hiergegen erhobenen Einwand des Klägers zur Verletzung des Tötungsverbots im Hinblick auf den Nordseeschnäpel befasst. Gerade die in Bezug genommenen Ausführungen machen deutlich, dass eine artenschutzrechtliche Prüfung nicht erfolgt ist, weil die Beklagte – zu Unrecht (s.o. zu 1. b]) – gemeint hat, für die in der Unterelbe vorkommenden Individuen des Nordseeschnäpels gelte das Tötungsverbot nicht. Nichts anderes gilt, soweit die Beklagte auf einen Aktenvermerk vom 25. Oktober 2007 verweist. Auch hieraus lässt sich nicht schließen, die Beklagte habe eine artenschutzrechtliche Prüfung vorgenommen, sondern nur, dass sie eine solche für nicht erforderlich gehalten hat.
- 198
Soweit die Beklagte in dem anwaltlichen Schriftsatz vom 24. Juli 2020 weiter darauf verweist, sie habe in der angefochtenen Erlaubnis eine Reihe von Schadensbegrenzungsmaßnahmen vorgesehen – die Begrenzung der Kühlwasserentnahmemenge (sog. dynamische 1/3-Regelung), den Bau einer Fisch-Scheuchanlage und den Einsatz einer Fischrückführungsanlage –, die die Vereinbarkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis „mit verschiedenen naturschutzrechtlichen Anforderungen“ sicherstelle und durch die „das Risiko für solche Tötungen auf das allgemeine Lebensrisiko der betroffenen Arten reduziert“ werde, überzeugt auch dies nicht. Es fehlen durchgreifende Hinweise darauf, dass den genannten Regelungen in der angefochtenen Erlaubnis tatsächlich auch Erwägungen zugrunde lagen, die den besonderen Artenschutz und eine hierauf bezogene Prüfung betreffen; aus den vorliegenden Unterlagen wird dies nicht erkennbar. Die vorgesehenen (Schutz-) Maßnahmen mögen ggf. auch den von den Zugriffsverboten erfassten Individuen der geschützten Arten zugutekommen. Dass sie Ergebnis einer auf die geschützten Arten bezogenen Risikobewertung waren, ist aber nicht erkennbar.
- 199
Die Beklagte hat die artenschutzrechtliche Prüfung auch nicht durchgeführt, indem sie eine Prüfung der Gebietsverträglichkeit i.S.v. Art. 6 FFH-RL vorgenommen und in diesem Zuge auch die nach Anhang IV der FFH-Richtlinie relevanten Arten in den Blick genommen hat. Es handelt sich bei der Prüfung der Gebietsverträglichkeit auf der einen und der Prüfung des besonderen Artenschutzrechts auf der anderen Seite um inhaltlich und (prüfungs-)methodisch zu unterscheidende Prüfgegenstände. Habitatschutz und Artenschutz sind trotz ihrer gemeinsamen Zielrichtung (Art. 2 Abs. 1 und 2 FFH-RL) zwei selbstständig nebeneinander stehende Rechtsbereiche. Sie sind in unterschiedlichen Vorschriften mit je eigenem Gehalt und unterschiedlichen Prüfprogrammen geregelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.7.2008, 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rn. 57 f.). Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob – wie die Beigeladene auch meint – auf der Grundlage der durchgeführten Gebietsschutzprüfung eine Beurteilung des Artenschutzrechts möglich ist bzw. wäre. Denn die Gebietsschutzprüfung umfasst nicht „automatisch“ die artenschutzrechtliche Prüfung. Letztere kann, wenn sie unterblieben ist, in Erstere nicht zusätzlich hineininterpretiert werden.
- 200
b) Die Beklagte hat eine Prüfung des besonderen Artenschutzrechts auch nicht nachträglich – nach Erlass der angefochtenen Erlaubnis – durchgeführt.
- 201
Die Beklagte und insbesondere die Beigeladene haben sich zwar im gerichtlichen Verfahren zu den Zugriffsverboten verhalten und geltend gemacht, es liege kein Verstoß vor. Es ist aber schon kein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag erstellt worden. Die Beklagte und insbesondere die Beigeladene haben sich bei ihren Beurteilungen – wenn überhaupt – auf die Fachbeiträge und Stellungnahmen zum FFH-Gebietsschutz gestützt. Zwar lassen sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben; sie hängen maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.7.2008, 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rn. 59). Es bedarf aber regelmäßig der Erfassung artspezifischer Verhaltensweisen und typischer Habitatstrukturen (vgl. BVerwG, a.a.O., juris Rn. 61) und hieran anknüpfend einer Beurteilung, welche Gefahren i.S. der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote durch das zu erlaubende Vorhaben für die relevanten Arten ausgelöst werden, des Weiteren der prognostischen Beurteilung, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich die vorstehend genannten Risiken realisieren, und der Abschätzung, wie viele Individuen der betroffenen Arten hiervon voraussichtlich betroffen sind, und nicht zuletzt der Beurteilung, in welcher Art und in welchem Umfang die betreffenden Individuen vergleichbaren oder anderweitigen Gefahren ohnehin bzw. zusätzlich ausgesetzt sind, wobei auch das spezifische Grundrisiko zu berücksichtigen ist, das mit einem Lebensraum in einer Bundeswasserstraße verbunden ist (vgl. zum letztgenannten Gesichtspunkt: BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 469).
- 202
Eine nach den vorstehenden Maßgaben vorzunehmende Beurteilung, ob artenschutzrechtliche Zugriffsverbote im Sinne einer signifikanten Risikoerhöhung (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.2.2017, 7 A 2.15, BVerwGE 158, 1, juris Rn. 466, m.w.N.) verletzt werden, ermöglichen die der Erlaubniserteilung zugrundeliegenden und im gerichtlichen Verfahren teilweise ergänzten Fachbeiträge und Stellungnahmen zum FFH-Gebietsschutz nicht. Ihnen lässt sich zwar entnehmen, welche (Fisch-) Arten in den Blick zu nehmen sind (vgl. das Gutachten KIfL 2006, S. 9 ff., in dem insbesondere auch das Gutachten limnobios 2006 ausgewertet wird). Aber schon die notwendigen Informationen über artspezifische Verhaltensweisen und eine damit verbundene Risikobewertung lässt sich den vorhandenen Unterlagen nicht ohne Weiteres und nur teilweise artbezogen entnehmen. Angaben zu Individuenzahlen fehlen vollständig, ebenso eine nicht nur allgemeine Beurteilung, in welcher Art und in welchem Umfang die betreffenden Individuen vergleichbaren oder anderweitigen Gefahren in der (Unter-) Elbe ohnehin bzw. zusätzlich ausgesetzt sind. Es bedarf aber einer Einschätzung gerade zu diesem Gesichtspunkt, um beurteilen zu können, ob mit dem beanstandeten Vorhaben eine signifikante Risikoerhöhung im Vergleich zum status quo ante verbunden ist.
- 203
c) Die Beklagte hat der Beigeladenen keine – bestandskräftig gewordene – Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG 2009) oder Befreiung (§ 67 BNatSchG 2009) von den artenschutzrechtlichen Zugriffsverboten mit der Folge erteilt, dass im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über einen etwaigen Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht mehr (inhaltlich) zu befinden ist. Der erkennende Senat teilt den entsprechenden Ansatz der Beigeladenen, den diese aus § 13 BImSchG und der in dieser Vorschrift geregelten Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ableitet, nicht.
- 204
Allerdings können naturschutzrechtliche Genehmigungen, Ausnahmen und Befreiungen von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG grundsätzlich umfasst sein (vgl. Giesberts, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand: Juli 2020, § 13 BImSchG Rn. 16, m.w.N.). Auch fehlt es vorliegend nicht von vornherein an dem erforderlichen Anlagenbezug i.S.v. § 13 BImSchG. Denn die potentielle Verwirklichung eines Verbotstatbestandes aus § 44 Abs. 1 BNatSchG 2009 geht zumindest mittelbar von der Anlage und ihrer Benutzung aus. Und auch darauf, was die Behörde namentlich bei der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung regeln wollte oder nicht regeln wollte, kommt es für den Umfang der Konzentrationswirkung nicht entscheidend an (vgl. Seibert, in: Landmann/Rohmer, UmwR, Loseblatt, Stand: Februar 2020, § 13 BImSchG Rn. 36). Unbeachtlich ist deshalb, dass in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 30. September 2008 (dort S. 187) ausdrücklich davon die Rede ist, die Auswirkungen der Durchlaufkühlung seien nicht betrachtet worden.
- 205
Demgegenüber ist für die Bestimmung der Reichweite der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG bei einem verbundenen Vorhaben i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Var. 3 UmwRG maßgeblich, ob die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem besonderen Artenschutzrecht zum Prüfprogramm des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens gehört – in diesem Fall könnte § 13 BImSchG Anwendung finden –, oder ob diese Frage im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren zu klären ist mit der Folge, dass die artenschutzrechtliche Beurteilung zu den von der Reichweite der Konzentrationswirkung aus § 13 BImSchG nicht erfassten Entscheidungen zählte. Die hiermit aufgeworfene Konkurrenzfrage ist vor allem dadurch bedingt, dass sowohl das Immissionsschutzrecht als auch das Wasserrecht für das Genehmigungs- bzw. Erlaubnisverfahren in § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG bzw. § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG jeweils ein Prüfprogramm vorsehen, das im Grundsatz Raum für die Prüfung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände bietet. Dies erfordert eine im jeweiligen Einzelfall zu treffende Entscheidung darüber, ob die – hier: artenschutzrechtlichen – Auswirkungen eines Vorhabens im Schwerpunkt dem Anlagenbetrieb oder eher der damit verbundenen Gewässerbenutzung zuzuordnen sind. Hierbei kommt es vor allem auf Gesichtspunkte der Sachnähe an (vgl. Gaentzsch, NJW 1986, 2787 [2794]); die Art und die spezifischen Auswirkungen der jeweiligen Vorhaben sind zu berücksichtigen.
- 206
Nach diesen Maßgaben ordnet der erkennende Senat die Prüfung der Frage, ob das erlaubte Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Zugriffsverbote verstößt, vorliegend dem wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren zu. Die potentielle Verwirklichung artenschutzrechtlicher Zugriffsverbote beruht nur mittelbar auf dem – mittels immissionsschutzrechtlicher Genehmigung erlaubten – Betrieb des Kraftwerks, hingegen unmittelbar auf der Gewässerbenutzung. Diese ist Gegenstand der wasserrechtlichen Erlaubnis. Da die Auswirkungen der Gewässerbenutzung im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren umfassend auf ihre rechtliche Zulässigkeit überprüft werden, gibt es keinen Grund, einen bestimmten Aspekt der Gewässerbenutzung – die hierdurch bewirkte Verwirklichung artenschutzrechtlicher Zugriffsverbote – aus dem sachnäheren wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren auszuklammern und in das sachlich „entferntere“ immissionsschutzrechtliche Verfahrens auszugliedern. Ist aber die Prüfung der Zugriffsverbote des besonderen Artenschutzrechts damit Gegenstand des wasserrechtlichen Erlaubnisverfahrens, greift insoweit die Ausnahme von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG zugunsten wasserrechtlicher Erlaubnisse und Bewilligungen ein (i.E. ebenso OVG Münster, Urt. v. 16.6.2016, 8 D 99/13.AK, NuR 2017, 482, juris Rn. 400, 803).
- 207
d) Soweit die Bevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2020 ergänzend auf § 44 Abs. 5 BNatSchG 2009 und darauf hingewiesen haben, die Beklagte und die Beigeladene hätten eine Vereinbarung über naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen im Bereich des Altengammer Hauptdeichs und der Fischbeker Heide getroffen, folgt hieraus nicht, dass es einer Prüfung des besonderen Artenschutzrechts nicht bedurfte oder dass sich das Fehlen einer notwendigen Prüfung jedenfalls im Ergebnis nicht auswirkt. Dies folgt schon daraus, dass die Wirkungen des Vorhabens, die möglicherweise zu einer Verletzung der Zugriffsverbote aus § 44 Abs. 1 BNatSchG 2009 führen können – namentlich die Fischverluste aufgrund der Kühlwasserentnahme zur Durchlaufkühlung –, nicht Gegenstand des vereinbarten Ausgleichs waren. Dieser betraf vielmehr insbesondere den Verlust der ökologischen Funktion des Restarms der Alten Süderelbe (vgl. UVP, S. 58 f.).
IV.
- 208
Die unter I. bis III. aufgezeigten Mängel im Wasser-, Habitatschutz- und besonderen Artenschutzrecht führen nicht zur Aufhebung der angefochtenen Erlaubnis, sondern dazu, dass ihre Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit festzustellen ist.
- 209
1. Dies gilt zunächst für die festgestellten Defizite der von der Beklagten durchgeführten wasserrechtlichen Prüfung.
- 210
a) Soweit die Beklagte Verfahrensrecht verletzt hat, weil hinsichtlich nachgereichter Unterlagen eine Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben ist, ergeben sich die Rechtsfolgen aus § 4 Abs. 1a UmwRG. Denn es handelt sich bei der teilweise versäumten Öffentlichkeitsbeteiligung nicht um einen absoluten Verfahrensfehler i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG, da er nach Art und Schwere nicht mit den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwRG genannten Verfahrensfehlern vergleichbar ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.2016, 9 A 9.15, BVerwGE 155, 91, juris Rn. 36 f.).
- 211
Nach § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts wegen eines relativen Verfahrensfehlers dann nicht beansprucht werden, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Verfahrensvorschrift die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Zur Aufklärung dieser Frage hat das Gericht im Rahmen seiner Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen alle verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen. Lässt sich nicht aufklären, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird gemäß § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG eine Beeinflussung vermutet (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 11.8.2016, 7 A 1.15, BVerwGE 156, 20, juris Rn. 42; Urt. v. 21.1.2016, 4 A 5.14, NVwZ 2016, 844, juris Rn. 41).
- 212
Hier ist nicht offensichtlich, dass der eingangs genannte Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat: Es ist nicht auszuschließen – und auch die Beklagte und die Beigeladene behaupten dies nicht –, dass im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung zusätzliche Gesichtspunkte zur Sprache gekommen wären, die im Hinblick auf die zusätzlich untersuchten Fragen weitere Änderungen in den Fachbeiträgen zur Folge gehabt hätten. Dies betrifft insbesondere die erstmalige Bewertung der zu erwartenden Fischverluste und -schädigungen durch die Kühlwasserentnahme und -wiedereinleitung.
- 213
Es kommt nicht darauf an, ob das Gericht aufgrund einer Prüfung der nachgereichten Unterlagen zu dem Ergebnis kommen könnte, dass das Vorhaben keine Verschlechterung i.S.v. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG bewirken würde und deshalb die Kausalität des Verfahrensfehlers für das Ergebnis offensichtlich auszuschließen ist. Art. 4 Abs. 1 lit. a) Ziff. i) WRRL enthält – wie dargelegt (dazu oben I. 1. d]) – nicht nur einen materiell-rechtlichen Prüfungsmaßstab, sondern auch eine Vorgabe für das behördliche Zulassungsverfahren. Deshalb entspricht es nicht der Aufgabenteilung zwischen Behörde und Gericht, dass das Gericht noch notwendige Ermittlungen und Bewertungen zum wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot nachholt und insbesondere aufgrund der im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Unterlagen und ggf. eigener ergänzender Sachaufklärung selbst materiell beurteilt, ob das Verschlechterungsverbot verletzt wird (vgl. hierzu im Zusammenhang mit der Kausalität des Verfahrensfehlers auch BVerwG, Urt. v. 27.11.2018, 9 A 8.17, BVerwGE 163, 380, juris Rn. 61 ff.).
- 214
Der Verfahrensfehler der fehlenden Auslegung der nachgereichten Unterlagen kann aber durch ein ergänzendes Verfahren i.S.v. § 4 Abs. 1b Satz 1 Var. 2 UmwRG behoben werden.
- 215
b) Soweit die Beklagte eine Verschlechterung i.S.v. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG auf der Grundlage einer inhaltlich defizitären Prüfung verneint hat, hat sie materielles Recht verletzt. Denn insoweit ist die inhaltliche Richtigkeit der durchgeführten Prüfung bzw. Beurteilung und damit der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung berührt, nicht dagegen die äußere Ordnung des Verfahrens, d.h. der Verfahrensablauf als solcher (vgl. zu dieser Unterscheidung BVerwG, Urt. v. 28.11.2017, 7 A 1.17, VRS 133, 187, juris Rn. 26).
- 216
Es besteht die hinreichende Möglichkeit, dass dieser Fehler nach § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG in einem ergänzenden Verfahren geheilt werden kann. Die aufgezeigten Defizite der wasserrechtlichen Prüfung sind nicht von solcher Art und Schwere, dass sie das Vorhaben von vornherein als Ganzes in Frage stellen. Es sind auch keine rechtlichen oder tatsächlichen Gründe erkennbar, die einer Beseitigung dieser Defizite auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Die Beklagte kann die wasserrechtliche Prüfung vielmehr auf der Grundlage des mittlerweile geklärten rechtlichen Maßstabs für eine Verschlechterung i.S.v. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG und mit dem gebotenen Bezug zu den in Betracht kommenden OWK wiederholen.
- 217
Der erkennende Senat kann auf der Grundlage der bei Erlaubniserteilung vorliegenden Fachbeiträge auch nicht selbst feststellen, dass die Durchlaufkühlung in jedem Fall eine Verschlechterung gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 1 WHG zur Folge hat und dass eine Heilung im ergänzenden Verfahren deshalb ausgeschlossen ist. Er muss diese Frage auch nicht auf der Grundlage der nachgereichten Unterlagen oder eigener Sachaufklärung prüfen. Auf die Ausführungen oben zu a) wird Bezug genommen.
- 218
2. Auch die fehlerhafte Prüfung des Habitatschutzrechts führt nicht zur Aufhebung, sondern zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der angefochtenen wasserrechtlichen Erlaubnis.
- 219
a) Die defizitäre Prüfung des Gebietsschutzrechts stellt im Hinblick auf die Gebiete oberhalb der Staustufe Geesthacht einen materiellen Fehler dar, der in den Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG fällt. Da der Fehler danach in einem ergänzenden Verfahren behebbar ist, führt er zur Feststellung der Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Aufhebung der angefochtenen Erlaubnis. All dies folgt in für den erkennenden Senat bindender Weise (§ 144 Abs. 6 VwGO) aus dem Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts (v. 29.5.2018, 7 C 18.17, NVwZ 2018, 1734, juris Rn. 29 ff.)
- 220
b) Im Ergebnis nichts anderes gilt für die fehlerhafte Prüfung des Habitatschutzrechts im Hinblick auf die Gebiete unterhalb der Staustufe Geesthacht. Auch insoweit handelt es sich um einen materiellen Fehler, denn er betrifft die inhaltliche Richtigkeit der durchgeführten Prüfung bzw. Beurteilung und damit den durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerten Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, nicht dagegen die äußere Ordnung des Verfahrens, d.h. den Verfahrensablauf als solchen (s.o. zu 1. b]).
- 221
Auch dieser Mangel ist in einem ergänzenden Verfahren i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG behebbar. Denn er beruht auf im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung nicht ausreichend plausiblen oder nachgewiesenen Grundannahmen, die im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens plausibilisiert, korrigiert und ergänzt werden können. Deshalb besteht auch insoweit kein Aufhebungsanspruch. Vielmehr ist die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit der angefochtenen Erlaubnis auch insoweit festzustellen.
- 222
3. Die unterbliebene Prüfung des besonderen Artenschutzrechts führt sowohl zu einem Verfahrensfehler (hierzu a]) als auch zu einem materiellen Fehler (hierzu b]). Beides kann in einem ergänzenden Verfahren geheilt werden (hierzu c]).
- 223
a) Das Unterlassen einer Prüfung der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote im Hinblick auf den Nordseeschnäpel als nach Anhang IV der FFH-Richtlinie streng zu schützende Tierart von gemeinschaftlichem Interesse ist verfahrensfehlerhaft. Der erkennende Senat überträgt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum verfahrensrechtlichen Gehalt von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und von Art. 4 WRRL (vgl. BVerwG, Vorl.-Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16,ZUR 2018, 615, juris Rn. 32 ff.; Urt. v. 27.11.2018, 9 A 8.17,BVerwGE 163, 380, juris Rn. 61 ff.) auf Art. 12 FFH-RL. Diese Vorschrift enthält danach nicht nur einen materiell-rechtlichen Prüfungsmaßstab, sondern beinhaltet darüber hinaus auch Vorgaben für das behördliche Zulassungsverfahren. Hierzu gehört, dass die artenschutzrechtliche Prüfung vor Erlass eines Bescheids, mit dem das artenschutzrechtlich relevante Vorhaben erlaubt wird, vorgenommen und nachvollziehbar dokumentiert werden muss. Fehlt es hieran, so liegt (auch) ein Verfahrensfehler vor, der regelmäßig nicht allein anhand nachträglichen Vortrags im Prozess aufgefangen werden kann.
- 224
Für diesen Ansatz bietet der Wortlaut des Art. 12 FFH-RL zwar keinen unmittelbaren Anknüpfungspunkt. Für ihn streiten aber die gleichen Gesichtspunkte, die es rechtfertigen, Art. 4 WRRL – dessen Wortlaut, was verfahrensrechtliche Vorgaben anbetrifft, ebenfalls unergiebig ist – Vorgaben auch für das behördliche Erlaubnisverfahren zu entnehmen: Hier wie dort kommt den Erlaubnisbehörden ein Spielraum bei der fachlichen Beurteilung zu, ob es zu einer Verschlechterung (i.S.v. Art. 4 Abs. 1 lit. a] Ziff. i] WRRL) bzw. zu einer signifikanten Risikoerhöhung (i.S.v. Art. 12 FFH-RL) kommt. In beiden Fällen bezweckt die verfahrensrechtliche Komponente einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und die Vermeidung einer Überfrachtung des gerichtlichen Verfahrens (zu diesen Aspekten vgl. BVerwG, Vorl.-Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16, ZUR 2018, 615, juris Rn. 34). Im Übrigen dient auch § 44 Abs. 1 BNatSchG 2009 bzw. Art. 12 FFH-RL abstrakt dem Umweltschutz und konkret dem Erhalt bestimmter Arten (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2009). Mit diesen Zielen dient es auch dem Vorsorgegrundsatz i.S.v. Art. 191 Abs. 2 Satz 2 AEUV (vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts vom 12. November 2019 in der Sache C-535/18, juris Rn. 45).
- 225
Der erkennende Senat teilt nicht die von der Beklagten in ihrem anwaltlichen Schriftsatz vom 24. Juli 2020 vertretene Auffassung, aus der – zu Art. 4 WRRL ergangenen – Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 28. Mai 2020 (C-535/18, NuR 2020, 403, juris) folge, dass eine von der Behörde im Verwaltungsverfahren versäumte Prüfung des besonderen Artenschutzrechts im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht nachgeholt werden könne, weil die behördliche Prüfungspflicht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (a.a.O., juris Rn. 75) „unbeschadet der Möglichkeit einer gerichtlichen Nachprüfung“ bestehe. Mit diesem Passus dürfte bloß klarstellend auf eine Selbstverständlichkeit hingewiesen worden sein, nämlich dass die – bis zur Erlaubniserteilung vorzunehmende – behördliche Prüfung einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden kann. Die Interpretation der Beklagten, wonach die behördliche Prüfung unter bestimmten Voraussetzungen durch eine gerichtliche Prüfung „ersetzt“ werden kann, überzeugt den erkennenden Senat vor dem Hintergrund nicht, dass der Europäische Gerichtshof (a.a.O., juris Rn. 90) festgestellt hat, die Behörde sei aus Gründen des Unionsrechts gehindert, eine erforderliche Prüfung erst nach Genehmigungserteilung vorzunehmen, und er die Vorlagefrage 2. a) des Bundesverwaltungsgerichts (Vorl.-Beschl. v. 25.4.2018, 9 A 16.16, ZUR 2018, 615, juris) damit im Ergebnis bejaht hat (a.a.O., juris Rn. 76, 90).
- 226
Der danach gegebene Verfahrensfehler ist kausal im Sinne § 4 Abs. 1a UmwRG. Da es allein Sache der Beklagten ist zu beurteilen, ob das erlaubte Vorhaben gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote verstößt (hierzu sogleich zu b]), kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass die verfahrensfehlerhaft unterbliebene Prüfung des Artenschutzrechts die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat (§ 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG).
- 227
b) Aus der unterbliebenen Prüfung des besonderen Artenschutzrechts im Hinblick auf die vorhabenbetroffenen Individuen des Nordseeschnäpels und der heimischen Neunaugen folgt auch ein materieller (Beurteilungs-) Fehler.
- 228
Die Frage, ob ein Vorhaben mit den Zugriffsverboten des besonderen Artenschutzrechts vereinbar ist, muss die zuständige Behörde im Rahmen einer eigenen Beurteilung beantworten. Diese umfasst sowohl die ökologische Bestandsaufnahme als auch deren Bewertung, namentlich die Quantifizierung möglicher Betroffenheiten und die Beurteilung ihrer populationsbezogenen Wirkungen. Grund hierfür ist der Umstand, dass es im Bereich des Naturschutzes regelmäßig um ökologische Bewertungen und Einschätzungen geht, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Rechtsanwendung ist daher auf die Erkenntnisse der ökologischen Wissenschaft und Praxis angewiesen, die sich aber nicht als eindeutige Erkenntnisgeber erweisen. Bei zahlreichen Fragestellungen steht – jeweils vertretbar – naturschutzfachliche Einschätzung gegen naturschutzfachliche Einschätzung, ohne dass sich eine gesicherte Erkenntnislage und anerkannte Standards herauskristallisiert hätten. Sind verschiedene Methoden wissenschaftlich vertretbar, bleibt die Wahl der Methode der Behörde überlassen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 27.8.2019, 7 KS 24/17,DÖV 2020, 79 [Ls], juris Rn. 255 f., m.w.N.).
- 229
Die gerichtliche Kontrolle der nach den vorstehenden Maßgaben vorzunehmenden behördlichen Beurteilung beschränkt sich darauf zu überprüfen, ob die Behörde von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ob allgemeine Bewertungsgrundsätze missachtet worden oder sonst sachfremde Erwägungen für die Entscheidung bestimmend geworden sind. Zur Rechtmäßigkeit einer Entscheidung gehört ebenfalls, dass die Behörde ihre Entscheidung so begründet, dass die (beschränkte) verwaltungsgerichtliche Überprüfung ermöglicht wird. Dazu gehört auch, dass die Behörde die tatsächlichen und rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe erkennen lässt, die sie ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 18.2.2019, 8 B 973/18, NuR 2019, 493, juris Rn. 5). All dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar nicht daraus abzuleiten, dass der Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zukommt; es beruht vielmehr darauf, dass es insoweit an einem Maßstab zur sicheren Unterscheidung von richtig und falsch fehlt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018, 1 BvR 2523/13 u.a., BVerfGE 149, 407, juris Rn. 17 ff.). Am Bestehen einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle ändert dies aber im Ergebnis nichts (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 13.3.2019, 12 LB 125/18, NuR 2019, 335, juris Rn. 65; Urt. v. 27.8.2019, 7 KS 24/17, DÖV 2020, 79 [Ls], juris Rn. 257; s. auch VGH Mannheim, Urt. v. 20.11.2018, 5 S 2138/16, ESVGH 69, 186 [Ls], juris Rn. 190; VGH München, Urt. v. 17.7.2020, 15 N 19.1377, juris Rn. 35; OVG Koblenz, Urt. v. 31.10.2019, 1 A 11643/17,NuR 2020, 345, juris Rn. 36).
- 230
Nach diesen Maßgaben liegt ein Beurteilungsfehler vor. Die Beklagte hat den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum bei der Prüfung des besonderen Artenschutzrechts nicht wahrgenommen, weil sie eine entsprechende Prüfung im Erlaubnisverfahren nicht durchgeführt hat (s.o. zu III. 2. a]). Es liegt damit ein Beurteilungsausfall vor (zu dieser Kategorie: Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblatt, Stand: Januar 2020, § 114 Rn. 108). Dieser führt zur materiellen Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Erlaubniserteilung. Ungeachtet der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Behörde die ihr obliegende Beurteilung im gerichtlichen Verfahren nachholen könnte (hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 114 Rn. 23 ff.), hat die Beklagte eine fehlerfreie Beurteilung auch im gerichtlichen Verfahren nicht nachgeholt. Ein ordnungsgemäßes Nachholen ist insbesondere nicht im Vorbringen ihrer Bevollmächtigten zum (Nicht-) Vorliegen eines Verstoßes gegen das Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2009 zu sehen. Denn die insoweit vorgenommene Beurteilung ist jedenfalls fehlerhaft, weil es an den erforderlichen (fachlichen) Feststellungen und Einschätzungen fehlt, um eine Beurteilung sachgerecht vornehmen zu können (s.o. zu III. 2. b]), und es somit an einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt mangelt.
- 231
Die fehlerhaft unterbliebene Beurteilung kann nicht durch eine Beurteilung des Gerichts ersetzt werden. Das Gericht ist angesichts der behördlichen Letztverantwortlichkeit nicht befugt, sich mittels einer eigenen Beurteilung an die Stelle der Behörde zu setzen (vgl. Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblatt, Stand: Januar 2020, § 114 Rn. 109).
- 232
c) Der Verfahrensfehler (oben zu a]) und der materielle Fehler (oben zu b]) können in einem ergänzenden Verfahren behoben werden. Sowohl der bislang versäumte Verfahrensschritt – die Durchführung einer Prüfung der Zugriffsverbote aus § 44 Abs. 1 BNatSchG 2009 im Hinblick auf den Nordseeschnäpel – als auch die bislang unterbliebene inhaltliche Beurteilung können nachgeholt werden. Aus den Mängeln der angefochtenen Erlaubnis im Hinblick auf das besondere Artenschutzrecht folgt daher kein Aufhebungsanspruch, sondern die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit (§§ 4 Abs. 1b Satz 1, 7 Abs. 5 Satz 1 UmwG).
V.
- 233
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 159 Satz 2 VwGO (vgl. i.E. OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.2013, 5 E 11/08, NordÖR 2013, 322, juris Rn. 299). Dass der Kläger nicht mit dem Haupt-, sondern nur mit dem Hilfsantrag (teilweise) durchdringt, ändert an der kostenrechtlichen Beurteilung wegen § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, den der erkennende Senat auch insoweit anwendet, nichts.
- 234
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO, § 709 ZPO.
- 235
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Die Fragen, ob es sich bei den in der (Unter-) Elbe vorkommenden Schnäpeln um „Coregonus oxyrhynchus (anadrome Populationen in bestimmten Gebieten der Nordsee)“ i.S.v. Anhang IV der FFH-Richtlinie handelt, die den Zugriffsverboten aus Art. 12 FFH-RL und § 44 Abs. 1 BNatSchG 2009 unterfallen, und ob Art. 12 FFH-RL auch Vorgaben für das behördliche Zulassungsverfahren enthält, haben grundsätzliche Bedeutung.
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