Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (5. Senat) - 5 Bs 228/20

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. November 2020 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, ihr hamburgisches Hotel ohne die Einschränkungen durch die Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in der Freien und Hansestadt Hamburg (Hamburgische SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO) vom 30. Juni 2020 (HmbGVBl. S. 365), zuletzt geändert am 8. Januar 2021 (HmbGVBl. S. 10), betreiben zu dürfen.

2

Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), betreibt bundesweit 19 Hotels im Eigenbetrieb, davon eins in Hamburg, und sechs Hotels durch Tochtergesellschaften. Sie ist ihrerseits Tochtergesellschaft der Konzernmuttergesellschaft GmbH mit der mehr als 60 Hotels und Resorts in Deutschland, Österreich und der Schweiz als Eigenbetriebe, Franchisebetriebe oder auf Grundlage von Betriebsmanagementverträgen betrieben werden. Die Konzernmuttergesellschaft GmbH ist Teil der Unternehmensgruppe, die als Finanzholding mit einem Stammkapital von 126 Millionen Euro Beteiligungen an Hotelbetriebs- und Immobiliengesellschaften hält.

3

Am 27. Oktober 2020 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht Hamburg gestellt, um ihr Hotel in Hamburg ohne das damals in § 16 Abs. 1 Nr. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO in der Fassung vom 16. Oktober 2020 geregelte Verbot zu betreiben, Gäste mit touristischem Aufenthaltszweck zu beherbergen, die sich in den vorangegangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet aufgehalten haben.

4

Mit Gültigkeit ab dem 2. November 2020 hat die Antragsgegnerin § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO geändert und Übernachtungsangebote in Beherbergungsbetrieben für touristische Zwecke generell untersagt. Daraufhin hat die Antragstellerin ihren Eilantrag dahingehend umgestellt, dass sie ihr Hotel ohne die neu gefassten Einschränkungen betreiben darf.

5

Mit Beschluss vom 19. November 2020, der Antragstellerin am 23. November 2020 zugestellt, hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt, dass die Regelung in § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO nach summarischer Prüfung rechtmäßig sei. Die Verordnungsermächtigung in § 32 Satz 1 und 2 IfSG, § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG sei voraussichtlich mit höherrangigem Recht vereinbar und die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG lägen vor. Das Verbot, Übernachtungsangebote für touristische Zwecke bereitzustellen, sei hinreichend bestimmt und unter Berücksichtigung des dem Verordnungsgeber eingeräumten Entscheidungsspielraums noch verhältnismäßig. Insbesondere verletze dieses Verbot weder die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin noch ihr allgemeines Gleichheitsrecht.

6

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

7

Im laufenden Beschwerdeverfahren hat die Antragsgegnerin § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO mit Wirkung ab dem 16. Dezember 2020 insoweit geändert, als nunmehr Übernachtungsangebote für beruflich, medizinisch oder zwingend sozial-ethisch veranlasste Aufenthalte bereitgestellt werden dürfen, während solche für touristische Zwecke weiterhin untersagt sind.

II.

8

1. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht am 7. Dezember 2020 eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

9

Die mit der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen es nicht, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben, denn sie erschüttern nicht die tragenden Annahmen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die Einwände der Antragstellerin gegen die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, das Verbot, Übernachtungsangebote für touristische Zwecke bereitzustellen, beruhe nach summarischer Prüfung auf einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage (hierzu unter a) und sei voraussichtlich verhältnismäßig, insbesondere geeignet (hierzu unter b), erforderlich (hierzu unter c) und angemessen (hierzu unter d), um den legitimen Zweck der Eindämmung des Infektionsgeschehens zu erreichen, greifen nicht durch.

10

a) Die Antragstellerin erschüttert nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Verordnungsermächtigung verstoße nach summarischer Prüfung nicht mit der für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs erforderlichen Wahrscheinlichkeit gegen höherrangiges Recht.

11

aa) Insoweit meint die Beschwerdeführerin, die Verordnungsermächtigung des § 32 Satz 1 IfSG sei auch nach Erlass des neuen § 28a lfSG verfassungswidrig. § 28a IfSG sei eine unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 GG), weil die zum Ausgleich unverhältnismäßiger Belastungen erforderliche gesetzliche Entschädigungsregelung fehle. In den Fällen, in denen bei Erlass einer Inhalts- und Schrankenbestimmung – wie vorliegend – ein Ausgleich geboten sei, um die Eingriffsintensität abzumildern, müsse der Gesetzgeber die Entschädigungsregelung im selben Gesetz klar und deutlich regeln.

12

Dieser Einwand greift aus zwei unabhängig voneinander entscheidungstragenden Gründen nicht durch:

13

(1) Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung steht nicht mit der für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs erforderlichen weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit (OVG Hamburg, Beschl. v. 20.5.2020, 5 Bs 77/20, juris Rn. 17; Beschl. v. 30.4.2020, 5 Bs 64/20, GewArch 2020, 289, juris Rn. 13) fest, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28a Abs. 1 IfSG in das Eigentumsgrundrecht der Antragstellerin (Art. 14 i.V.m Art. 19 Abs. 3 GG) eingreifen.

14

Die von der Antragstellerin zitierte Rechtsprechung zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Entschädigungsregelung verhält sich nicht zu der Frage, ob eine solche Regelung auch im Fall des § 28a IfSG erforderlich ist. Der von der Antragstellerin zitierte (S. 8 der Beschwerdebegründung) Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juli 1981 (1 BvL 77/78, NJW 1982, 745) ist schon nicht einschlägig, weil er sich auf die Entschädigungspflicht nicht bei einer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bezieht, sondern bei einer – hier nicht streitgegenständlichen – Enteignungsregelung des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981, a.a.O., juris Rn. 105 ff.).

15

Die übrigen von der Antragstellerin (teilweise durch Verweis auf die Verfassungsbeschwerde vom 30. November 2020) zitierten Entscheidungen (BVerfG, Beschl. v. 14.7.1981, 1 BvL 24/78, BVerfGE 58, 137; Beschl. v. 2.3.1999, 1 BvL 7/91, NJW 1999, 2877; Beschl. v. 15.9.2011, 1 BvR 2232/10, NVwZ 2012, 429) beziehen sich zwar auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit von Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG. Diese Entscheidungen treffen aber keine Aussage dazu, ob infektionsschutzrechtliche Maßnahmen, die den Betrieb von Unternehmen beschränken, in Art.14 Abs. 1 GG eingreifen.

16

Die Antragstellerin beruft sich insoweit darauf, dass die nach § 28a IfSG zulässigen Beschränkungen, wie vorliegend die des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO, in ihr Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingriffen, das seinerseits durch Art. 14 GG geschützt sei. Diese Argumentation ist aber zweifelhaft, weil das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung bisher offengelassen hat, ob das im Fachrecht als sonstiges Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB anerkannte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG genießt (hierzu und zum Folgenden: BVerfG, Beschl. v. 30.6.2020, 1 BvR 1679/17, WM 2020, 1691, juris Rn. 86; Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11, BVerfGE 143, 246, juris Rn. 240, jeweils m.w.N.). Jedenfalls kann der Schutz des Gewerbebetriebs nicht weitergehen als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage genießt, und erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; bloße Umsatz- und Gewinnchancen oder tatsächliche Gegebenheiten werden hingegen auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht von der Eigentumsgarantie erfasst. Dagegen, dass die auf § 28a IfSG gestützten Betriebsbeschränkungen in Art. 14 Abs. 1 GG eingreifen, spricht auch, dass das Bundesverfassungsgericht die infektionsschutzrechtliche (vorübergehende) Schließung von Gastronomiebetrieben nicht am Maßstab des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs oder an Art. 14 Abs. 1 GG, sondern ausschließlich an der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) gemessen hat (BVerfG, Beschl. v. 11.11.2020, 1 BvR 2530/20, juris Rn. 11). Die wegen der aus ihrer Sicht fehlenden Entschädigungsregelung von der Antragstellerin erhobene Verfassungsbeschwerde vom 30. November 2020 (1 BVR 2680/20) und den damit verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 11. Dezember 2020, den das Gericht nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG nicht begründet hat, gemäß § 93b Satz 1 BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen.

17

(2) Unabhängig davon ist nicht weit überwiegend wahrscheinlich, dass – wenn zu Gunsten der Antragstellerin von einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, der einem Eingriff in Art. 14 GG gleichgestellt wäre, ausgegangen würde – § 28a IfSG deshalb verfassungswidrig wäre, weil er keine Entschädigungsregelung vorsieht. Vielmehr bestehen beachtliche Gründe dafür, dass das Instrument der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG nicht auf infektionsschutzrechtliche Tätigkeitsbeschränkungen – wie die Regelung des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO – anwendbar ist (vgl. ausführlich LG Hannover, Urt. v. 20.11.2020, 8 O 4/20, juris Rn. 117 ff., m.w.N.).

18

Nichts anderes folgt aus dem von der Antragstellerin in ihrer Verfassungsbeschwerde vom 30. November 2020 zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April 1981 (1 BvL 11/78, BVerfGE 57, 107), denn in diesem Beschluss lässt das Gericht die Frage, ob infektionsschutzrechtliche Tätigkeitsverbote im Interesse der Allgemeinheit nur dann verhältnismäßig sein könnten, wenn den Betroffenen eine Entschädigung gewährt würde, die nicht im freien Belieben des Gesetzgebers stünde, explizit offen (juris Rn. 28). Auch in seiner aktuellen Rechtsprechung geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Rechtsfrage, ob und inwieweit die Verhältnismäßigkeit eine § 28a IfSG korrespondierende, angemessene gesetzliche Entschädigungsregelung gebiete, offen sei (BVerfG, Beschl. v. 28.12.2020, 1 BvR 2692/20, juris Rn. 10). Diese komplizierte Rechtsfrage lässt sich im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls nicht mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Gunsten der Antragstellerin entscheiden (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 7.1.2021, 3 B 446/20, juris Rn. 17; Beschl. v. 22.12.2020, 3 B 438/20, juris Rn. 51).

19

bb) Soweit die Antragstellerin einen Verstoß der Verordnungsermächtigung gegen den Vorbehalt des Gesetzes auch angesichts des neu geschaffenen § 28a IfSG – unabhängig von der aus ihrer Sicht fehlenden Entschädigungsregelung (dazu s.o. aa) – rügen sollte, dringt sie damit nicht durch. Dieser Vortrag bleibt unsubstantiiert. Zwar ist im Beschwerdeverfahren eine Bezugnahme auf andere Schriftstücke, die dem Beschwerdegericht vorliegen, nicht ausgeschlossen; sie muss aber hinreichend konkret erfolgen (vgl. Guckelberger in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 79, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die mehrfach gestufte Bezugnahme der Antragstellerin, die sich inhaltlich nicht mit dem neu eingeführten § 28a IfSG auseinandersetzt, nicht. Die Antragstellerin verweist in ihrer Beschwerdebegründung (S. 9) lediglich auf die Ausführungen auf den Seiten 54 ff. der Verfassungsbeschwerde vom 30. November 2020. Auf Seite 62 der Verfassungsbeschwerde verweist sie dann auf die Seiten 35 ff. der Verfassungsbeschwerde, auf denen sie Ausführungen zum Vorbehalt des Gesetzes hinsichtlich der Rechtslage vor Einführung des § 28a IfSG referiert.

20

Lediglich ergänzend weist das Beschwerdegericht darauf hin, dass die Verordnungsermächtigung in § 32 Abs. 1 IfSG nach Einführung des § 28a IfSG keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen dürfte (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 30.12.2020, 13 B 1787/20.NE, juris Rn. 24 ff.; VGH München, Beschl. v. 8.12.2020, 20 NE 20.2461, juris Rn. 22 ff., jeweils m.w.N.).

21

b) Die Antragstellerin erschüttert nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Verbot, Gäste mit touristischem Aufenthaltszweck zu beherbergen, sei dazu geeignet, den legitimen Zweck zu erreichen, das Infektionsgeschehen einzudämmen.

22

aa) Die Antragstellerin macht insoweit zunächst geltend, die Einschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO seien nicht zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geeignet, weil es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür gebe, dass der Betrieb von Hotels und Gaststätten die Infektionszahlen erhöhe.

23

Dieser Einwand greift schon deshalb nicht durch, weil das Verwaltungsgericht einen solchen wissenschaftlichen Nachweis – zurecht (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 7.1.2021, 3 B 446/20, juris Rn. 17; Beschl. v. 22.12.2020, 3 B 438/20, juris Rn. 45) – nicht für erforderlich gehalten hat, um von der Geeignetheit der Maßnahme auszugehen. Vielmehr hat das Gericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 9.2.2001, 1 BvR 781/98, juris Rn. 22; Beschl. v. 26.4.1995, 1 BvL 19/94 u.a., juris Rn. 52) ausgeführt, eine Maßnahme sei geeignet, wenn der gewünschte Erfolg mit ihrer Hilfe gefördert werden könne, wobei nicht erforderlich sei, dass der Zweck durch das Mittel vollständig erreicht werde. Es genüge vielmehr, dass das Mittel die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass das verfolgte Ziel zumindest teilweise eintrete. Dies sei der Fall, denn das Verbot, Übernachtungen zu touristischen Zwecken bereitzustellen, könne die Anzahl von Touristen in Hamburg verringern, was in der Folge die Kontakte von Touristen in Hamburg mit anderen Menschen verringern könne. Sofern die Antragstellerin geltend mache, in Hotels seien nach den Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) keine wesentlichen Infektionsherde festgestellt worden, sei zu berücksichtigen, dass es den Gesundheitsämtern bei der inzwischen großen Zahl von täglichen Neuinfektionen nur noch eingeschränkt möglich sei, die Infektionsketten und -orte nachzuvollziehen. Insofern könne es nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch in Hotels oder im Rahmen der dazugehörigen Gastronomieangebote Personen angesteckt hätten und es beim Unterlassen von Einschränkungen weiter tun würden. Im Übrigen verkenne die Argumentation der Antragstellerin, dass durch die getroffene Regelung auch maßgeblich erreicht werden solle, touristische Reisen und die damit verbundenen sozialen Kontakte der Touristen in Hamburg außerhalb von Hotels (z.B. öffentliche Verkehrsmittel, Sehenswürdigkeiten, Einkaufsläden etc.) zu reduzieren.

24

Die Richtigkeit dieser Erwägungen des Verwaltungsgerichts stellt die Antragstellerin nicht hinreichend konkret, substantiiert und schlüssig in Frage, was sie aber hätte tun müssen, um die Argumentation des Verwaltungsgerichts zu erschüttern (vgl. Guckelberger in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 76, m.w.N.). Insbesondere setzt sich die Antragstellerin nicht mit der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung zur Geeignetheit der Maßnahme (BVerfG, Beschl. v. 11.11.2020, 1 BvR 2530/20, juris Rn. 15; OVG Magdeburg, Beschl. v. 4.11.2020, 3 R 218/20, juris Rn. 78) auseinander.

25

bb) Darüber hinaus wendet die Antragstellerin ein, die Maßnahmen der Antragsgegnerin seien nicht konsequent, schlüssig und notwendig. Das Ziel des „Lockdown Light“ sei gewesen, die Infektionszahlen erheblich zu senken und anschließend die Maßnahmen wieder zu lockern. Die Entwicklung der Infektionszahlen von Ende Oktober bis Anfang Dezember 2020 zeige aber, dass dieses Ziel verfehlt werde. Eine Trendwende habe es nicht gegeben. Die Zahl der Neuinfektionen und der Reproduktionswert hätten sich aufgrund der Wellenbrecher-Maßnahmen (vgl. ausführlich zu diesem Konzept: Begründung zur Dreiundzwanzigsten Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 27. November 2020 – Verordnungsbegründung, HmbGVBl. S. 597, 603 ff.) nicht wesentlich geändert. Vielmehr gebe es eine andere logische Erklärung für den exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen im Oktober. Diese Zahlen hätten sich im Zeitraum September/Oktober kontinuierlich auf ein Herbst- bzw. Winter-Niveau eingependelt. Die These, man habe sich in einem exponentiellen Wachstum befunden und dieses sei durch die Maßnahmen gebrochen und zu einem Plateau abgeflacht worden, sei bei einer Überprüfung nach den Gesetzen der Logik nicht mit den bisher veröffentlichten Erkenntnissen über das Coronavirus vereinbar. Das Niveau der Neuinfektionen, das bereits in der letzten Oktober-Woche, also vor Beginn der Maßnahmen, vorhanden gewesen sei, sei in den darauffolgenden Wochen – mit den gewöhnlichen Abweichungen innerhalb der jeweiligen Woche – in etwa konstant geblieben. Da die Zahlen in den ersten zwei Novemberwochen eher nicht Ergebnis der Maßnahmen gewesen sein könnten, müsse gefolgert werden, dass sich die Maßnahmen nicht auf das Infektionsgeschehen ausgewirkt hätten.

26

Dieser Einwand dringt nicht durch. Die Antragstellerin macht schon nicht hinreichend deutlich, ob sie sich mit diesen Ausführungen gegen die Geeignetheit oder die Erforderlichkeit der Beschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO wendet. Inhaltlich spricht viel dafür diesen Vortrag so zu verstehen, dass er gegen die Geeignetheit der Maßnahme gerichtet ist. Denn wenn eine Maßnahme – aus Sicht der Antragstellerin – nicht dazu beitragen würde, die Infektionszahlen zu senken, dann wäre sie nicht zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geeignet. Jedenfalls stellt die Antragstellerin auch mit diesen Ausführungen, die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Beschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO seien zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geeignet, nicht hinreichend konkret, substantiiert und schlüssig in Frage. Insbesondere belegt die Antragstellerin ihre Behauptung, die Infektionszahlen hätten sich auch ohne die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen auf einem Herbst- bzw. Winter-Niveau eingependelt, durch keine wissenschaftlichen Nachweise. Sie legt keine Stellungnahmen oder Prognosen von Virologen oder anderen Infektionsschutz-Experten dazu vor, wie sich die Infektionszahlen ohne die Maßnahmen – wie die Beschränkung des Hotelbetriebs in § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO – entwickelt hätten, und trägt auch nicht vor, dass sie selbst eine besondere Expertise auf dem Gebiet der Virologie bzw. des Infektionsschutzes habe. Das Verwaltungsgericht weist zutreffend darauf hin (BA S. 14), dass die Antragstellerin beabsichtigt, ihre eigene Einschätzung des Infektionsgeschehens, ohne dass sie einen besonderen Sachverstand geltend macht, an die Stelle des dazu gesetzlich berufenen (vgl. § 4 IfSG) und mit besonderem Sachverstand ausgestatteten RKI zu setzen, was nicht überzeugen kann.

27

Unabhängig davon setzt sich die Antragstellerin nicht mit dem Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers, auf den das Verwaltungsgericht entscheidungstragend abgestellt hat (BA S. 11), auseinander. Dies hätte sie aber tun müssen. Denn die bloße Behauptung, eine Maßnahme sei nicht geeignet, greift angesichts des weiten Einschätzungsspielraums hinsichtlich der geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen, der dem Verordnungsgeber bei der Beurteilung komplexer Gefahrenlagen zusteht, wie sie bei der aktuellen Corona-Pandemie gegeben ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 20.5.2020, 5 Bs 77/20, juris Rn. 28; Beschl. v. 30.4.2020, 5 Bs 64/20, juris Rn. 21, jeweils m.w.N.), nicht durch. Dieser Einschätzungsspielraum steht dem Verordnungsgeber auch im Rahmen der „zweiten Welle“ wegen der weiterhin bestehenden komplexen Gefahrenlage und einer weiterhin unzureichenden Tatsachengrundlage über die genauen Infektionsquellen zu (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 18.11.2020, 5 Bs 209/20, juris Rn. 28).

28

cc) Des Weiteren behauptet die Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit ihrem erstinstanzlichen Vortrag gegen die Geeignetheit und Erforderlichkeit des Verbots, Übernachtungsangebote für touristische Zwecke zur Verfügung zu stellen, auseinandergesetzt. Mit diesen Ausführungen erschüttert die Beschwerde die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht; sie setzt sich bereits nicht hinreichend mit diesen auseinander. Das Verwaltungsgericht hat nämlich die Einwände der Antragstellerin gegen die Geeignetheit (BA S. 12 f.) und die Erforderlichkeit (BA S. 13 f.) des Verbots ausführlich erörtert.

29

dd) Zudem wendet die Antragstellerin ein, § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO sei nicht deshalb zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geeignet und erforderlich, weil er in einem Gesamtkonzept verankert sei. Wenn die Maßnahme nicht notwendig sei, könne sie auch nicht Teil eines Gesamtkonzepts sein. Wenn das Gesamtkonzept auf fehlerhaften Annahmen beruhe und erhebliche Fehler aufweise, müsse dieses Konzept verworfen werden. Dieser Einwand greift nicht durch, weil die Antragstellerin die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Verbot des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO sei schon für sich genommen zur Kontaktreduzierung und damit zu Eindämmung des Infektionsgeschehens geeignet, nicht erschüttert hat [s.o. b) aa) und bb)].

30

ee) Dem von der Antragstellerin gestellten Beweisantrag, den Leiter der Abteilung Systemimmunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, ist schon deshalb nicht nachzugehen, weil er nicht hinreichend substantiiert ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts braucht das Gericht einem unsubstantiierten Beweisantrag nicht nachzugehen (hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Beschl. v. 19.10.2011, 8 B 37/11, juris Rn. 13; Beschl. v. 25.1.1988, 7 CB 81/87, NJW 1988, 1746, juris Rn. 11, jeweils m.w.N.). Unsubstantiiert sind etwa solche Beweisanträge, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren. Bei einem Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen ist im Einzelnen darzulegen, welche Bekundungen über konkrete Wahrnehmungen von dem Zeugen zu erwarten sind, so dass das Gericht in die Lage versetzt wird, die Tauglichkeit des Beweismittels zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 8.2.1983, MDR 1983, 869, 9 C 598/82, juris Rn. 11). Erforderlich ist es, hinreichend bestimmte Beweistatsachen (§ 98 VwGO i.V.m. § 373 ZPO) anzugeben. Beweisbar sind allein Tatsachen, nicht jedoch rechtliche Wertungen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.2011, 8 B 37/11, juris Rn. 13). Solche hinreichend bestimmten Beweistatsachen hat die Antragstellerin nicht dargelegt.

31

c) Die Antragstellerin stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Verbot, Gäste mit touristischem Aufenthaltszweck zu beherbergen, sei erforderlich, weil kein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ersichtlich sei, nicht durchgreifend in Frage. Die Antragstellerin macht insoweit geltend (S. 17 der Beschwerdebegründung), es erscheine vertretbar, Hotels – ggf. schrittweise – zu öffnen und dabei genauestens im Auge zu behalten, ob dies die Zahl der Neuinfektionen spürbar erhöhe.

32

Dieser Einwand dringt nicht durch, denn die Antragstellerin geht von einem falschen Maßstab aus. Eine Maßnahme ist nicht bereits dann nicht erforderlich, wenn es andere vertretbare Maßnahmen gibt. Vielmehr schließen nur mildere aber zur Infektionsbekämpfung gleich effektive Maßnahmen die Erforderlichkeit aus (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.1.2014, 1 BvR 2998/11, BVerfGE 135, 90, juris Rn. 80, m.w.N.). Eine weitergehende Öffnung der Hotels auch für Übernachtungen zu touristischen Zwecken ist zwar milder als das Verbot des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO, aber nicht ebenso effektiv zur Eindämmung des Infektionsgeschehens. Die Antragstellerin hat die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dieses Verbot zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geeignet ist, weil dadurch die mit Übernachtungen zu touristischen Zwecken einhergehenden zusätzlichen sozialen Kontakte und des daraus folgenden zusätzlichen Infektionsrisikos bekämpft werden, nicht erschüttert (s.o. b). Wenn Hotels für Übernachtungen zu touristischen Zwecken wieder geöffnet würden, könnte diesem zusätzlichen Risiko auch bei strenger Beobachtung des Infektionsgeschehens nicht ebenso effektiv begegnet werden.

33

d) Die Antragstellerin erschüttert nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Verbot des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-Eindämmungs-VO sei – unter Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen – nach summarischer Prüfung nicht mit der erforderlichen, weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit unangemessen.

34

aa) Die Antragstellerin meint insoweit zunächst, dass die Beschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO deshalb unangemessen seien, weil kein erhebliches Infektionsrisiko vorliege, das die weitreichenden Einschränkungen ihrer gewerblichen Tätigkeit rechtfertigen könnte. Das Verwaltungsgericht habe lediglich auf die allgemeinen, eher schwammigen und pauschalen Aussagen des RKI zur Infektionslage abgestellt. Die Formulierung: „Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland derzeit weiterhin insgesamt als hoch ein, für Risikogruppen als sehr hoch“ sei stets in den Situationsberichten des RKI zu lesen, so z.B. auch im Situationsbericht vom 30. Juli 2020, als relativ niedrige Infektionszahlen vorgelegen hätten und von einem „Lockdown“ keine Rede gewesen sei.

35

Dieser Einwand greift nicht durch, weil die Antragstellerin die Richtigkeit der auf die Einschätzung des RKI gestützten Erwägung des Verwaltungsgerichts, es bestehe für die gesamte Bevölkerung ein hohes Infektionsrisiko und für Risikogruppen ein sehr hohes Risiko nicht hinreichend konkret, substantiiert und schlüssig in Frage stellt. Sie bestreitet lediglich pauschal die Richtigkeit der Einschätzung des RKI, ohne wissenschaftliche Belege für die Fehlerhaftigkeit dieser Einschätzung zu liefern oder darzulegen. Unabhängig davon ist das Infektionsrisiko im laufenden Beschwerdeverfahren noch angestiegen. Das RKI hat seine Risikobewertung am 11. Dezember 2020 angepasst und die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch einschätzt (www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Dez_2020/2020-12-11-de.pdf). Auch damit setzt sich die Antragstellerin nicht auseinander.

36

bb) Darüber hinaus wendet die Antragstellerin ein, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sei zu berücksichtigen, dass das Gesundheitssystem derzeit nicht überlastet sei und eine Überlastung auch nicht unmittelbar bevorstehe. Dies werde durch die Entwicklung der Anzahl von intensivmedizinischen Behandlungen von Ende Oktober bis Anfang Dezember 2020 verdeutlicht.

37

Dieser Einwand erschüttert nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Beschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO seien angemessen, denn das Verwaltungsgericht begründet diese Annahme nicht mit einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems, die abzuwehren sei (BA S. 14 f.).

38

Unabhängig davon hat die Antragstellerin inhaltlich nicht substantiiert in Frage gestellt, dass bei dem Infektionsgeschehen, das vor Verabschiedung der Wellenbrecher-Maßnahmen, zu denen die Einschränkungen des Hotelbetriebs gehören, bestand, ohne zusätzliche Infektionsschutzmaßnahmen zeitnah eine Überlastung des Gesundheitssystems gedroht hätte. Das Verwaltungsgericht hat dazu (bei der Prüfung der Erforderlichkeit des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO, BA S. 13 f.) ausgeführt, dass nach der Einschätzung des RKI die Belastung des Gesundheitssystems im November 2020 in weiten Teilen Deutschlands bereits angespannt sei und sehr schnell weiter zunehmen könne, so dass das öffentliche Gesundheitswesen, aber auch die Einrichtungen für die ambulante und stationäre medizinische Versorgung örtlich stark belastet würden. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat sie keine wissenschaftlichen Nachweise oder Stellungnahmen von Experten aus dem Gesundheitswesen vorgelegt, die ihre Behauptung stützen, eine Überlastung des Gesundheitssystems hätte auch ohne weitere Schutzmaßnahmen nicht gedroht.

39

Lediglich ergänzend weist das Beschwerdegericht darauf hin, dass sich die Belastung des Gesundheitssystems nach Einschätzung des RKI im laufenden Beschwerdeverfahren weiter verschärft hat. Danach ist diese Belastung aktuell in weiten Teilen Deutschlands bereits sehr angespannt und kann sehr schnell weiter zunehmen, so dass das öffentliche Gesundheitswesen, aber auch die Einrichtungen für die ambulante und stationäre medizinische Versorgung örtlich überlastet werden (www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 12. Januar 2021).

40

cc) Darüber hinaus meint die Antragstellerin unter Verweis auf das Vorgehen Frankreichs (S. 20 der Beschwerdebegründung), dass ein kompletter strenger Lockdown für einen kürzeren Zeitraum besser gewesen wäre als der weiter andauernde „Teil-Lockdown“ im Bundesgebiet. Dieser Einwand dringt nicht durch, weil schon der rechtliche Anknüpfungspunkt der Antragstellerin unklar bleibt. Sie legt nicht dar, ob sie sich mit diesem Einwand gegen die Geeignetheit, Erforderlichkeit oder Angemessenheit des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO wendet. Unabhängig davon ist eine Rechtsverletzung der Antragstellerin in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Die komplexen Abwägungen, welche grundrechtlich geschützten Lebensbereiche in welchem Umfang Einschränkungen unterworfen werden, unterliegen dem Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers [s.o. b) bb)]. Dass sich der Verordnungsgeber mit den Wellenbrecher-Maßnahmen, zu denen § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO gehört, für einen weniger eingriffsintensiven, dafür aber möglicherweise längeren „Teil-Lockdown“ und gegen einen strengeren, aber ggf. kürzeren kompletten Lockdown entschieden hat, ist von diesem Einschätzungsspielraum gedeckt. Im Übrigen hat der Verordnungsgeber den Lockdown im laufenden Beschwerdeverfahren weiter verschärft.

41

dd) Die Antragstellerin macht weiter geltend, die Einschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO seien auch deshalb unangemessen, weil sie keine ausreichende finanzielle Hilfe erhalte. Als Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und einer Vielzahl von Betrieben bekomme sie im Rahmen der Wirtschaftshilfen im Zusammenhang mit der Corona-Krise weit weniger als zur Deckung der fixen Kosten erforderlich wäre.

42

Dieser Einwand greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt (BA S. 14), das Verbot, Übernachtungen zu touristischen Zwecken bereitzustellen, und die damit einhergehenden Dokumentationspflichten nach § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO seien nicht unangemessen. Zwar greife dieses Verbot mit erheblicher Intensität in die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG ein. Jedoch sei die angegriffene Verordnung zeitlich eng befristet und die Antragstellerin könne weiterhin Geschäftsreisende aufnehmen. Zudem dürfte auch die allgemeine Pandemielage ohne normative Regelung zu einem deutlich verminderten Zustrom an Touristen führen, so dass die Einbußen nicht vollständig kausal auf die angegriffene Regelung zurückzuführen seien. Außerdem sei nicht mit der erforderlichen, weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit ersichtlich, dass es mangels finanziellen Ausgleichs unangemessen wäre, die Antragstellerin als Nichtstörerin in Anspruch zu nehmen. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass der Antragstellerin finanzielle, staatliche Hilfe zustehe.

43

Die Richtigkeit dieser Erwägungen hat die Antragstellerin nicht erschüttert. Weder setzt sie sich damit auseinander, dass sie weiterhin Geschäftsreisende aufnehmen darf, noch damit, dass die allgemeine Pandemielage auch ohne normative Regelung zu einem deutlich verminderten Zustrom an Touristen führen würde. Darüber hinaus legt die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend konkret, substantiiert und schlüssig dar, dass sie keine staatliche Hilfe erhalten werde.

44

Auf die Höhe und den Auszahlungszeitpunkt einer zu erwartenden staatlichen Hilfe hat das Verwaltungsgericht seine Argumentation hingegen nicht gestützt. Das musste das Gericht im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht. Die Frage, ob die vorgesehenen staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten völlig hinter dem zurückbleiben, was die Antragstellerin in der gegebenen Situation von der Allgemeinheit vernünftigerweise an Hilfestellung erwarten könne, lässt sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu ihren Gunsten beantworten (vgl. hierzu und zum Folgenden: OVG Bautzen, Beschl. v. 7.1.2021, 3 B 446/20, juris Rn. 17; Beschl. v. 22.12.2020, 3 B 438/20, juris Rn. 51). Dabei ist zu berücksichtigen, dass den Hotelbetrieben in der derzeitigen Situation keine individuell besondere Last auferlegt wird. Vielmehr ist die Lage dadurch gekennzeichnet, dass die Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung schon bisher und erst recht unter den seit Mitte Dezember wieder geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen eines erneuten „Lockdowns" bundes- und landesweit bei einem großen Teil der Bevölkerung und einer Vielzahl anderer Unternehmen zu erheblichen Eingriffen in Grundrechte wie auch zu tiefgreifenden Einschnitten in deren Erwerbsmöglichkeiten geführt haben. Zwar versucht der Staat diese Einschnitte in ihren wirtschaftlichen Folgen durch verschiedenste, unterschiedlich ausgestaltete staatliche Hilfen abzufedern. Ein vollständiger Ausgleich ist dabei regelmäßig – unabhängig von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit derartiger Beihilfen – schon angesichts begrenzter finanzieller Mittel des Staates nicht möglich (vgl. ausführlich: LG Hannover, Urt. v. 20.11.2020, 8 O 4/20, juris Rn. 80 ff. m.w.N.). Auch das Bundesverfassungsgericht geht in seiner aktuellen Rechtsprechung davon aus, dass derzeit offen ist, ob und in welcher Höhe wegen infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen Entschädigungsansprüche bestehen (BVerfG, Beschl. v. 28.12.2020, 1 BvR 2692/20, juris Rn. 10).

45

dd) Schließlich trägt die Antragstellerin vor, angesichts der Einschränkungen ihres Hotelbetriebs und der fehlenden angemessenen Entschädigungsregelung sei sie voraussichtlich gezwungen, Insolvenz anzumelden. Es sei aber rechtswidrig, wenn bestimmte Branchen und Unternehmen – wie Hotels – als Nichtstörer zugunsten der Allgemeinheit in Anspruch genommen und ersatzlos und unwiederbringlich aufgeopfert würden.

46

Mit diesem Einwand dringt die Antragstellerin nicht durch:

47

(1) Die Antragstellerin hat schon nicht hinreichend konkret, substantiiert und schlüssig dargelegt, dass sie aufgrund der Einschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO in ihrer Existenz gefährdet ist.

48

Gegen eine Existenzgefährdung spricht zunächst, dass die Antragstellerin ihr hamburgisches Hotel nicht komplett schließen muss, sondern nur Gäste zu touristischen Zwecken nicht beherbergen darf. Insoweit ist der Antragstellerin seit der am 16. Dezember 2020 in Kraft getretenen Änderung durch die Fünfundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 14. Dezember 2020 wieder möglich, Übernachtungsangebote für Gäste zur Verfügung zu stellen, die aus medizinischen Gründen anreisen. Auch die finanziellen Auswirkungen dieser Öffnungsmöglichkeiten legt die Antragstellerin nicht dar.

49

Zudem hat die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert dargelegt, dass sie keine staatlichen Hilfeleistungen im Rahmen der staatlichen Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (sogenannte November- und Dezemberhilfen, vgl. www.xxxx, letzter Aufruf am 19. Januar 2021) erhalten wird. Auch diese (möglichen) Hilfeleistungen sprechen gegen eine existentielle Bedrohung.

50

Jedenfalls macht die Antragstellerin nicht substantiiert geltend, dass die allein streitgegenständliche Einschränkung des Betriebs ihres Hotels in Hamburg zu einer existenzbedrohenden Situation führt. Insbesondere legt sie nicht – wie es in diesem Zusammenhang erforderlich wäre (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.11.2020, 1 BvR 2530/20, juris Rn. 14) – konkret dar, welche Umsatzeinbußen durch die angegriffene Regelung zu erwarten sind und welche auf die Pandemie als solche und das veränderte Reiseverhalten der Bevölkerung zurückzuführen wären. Vielmehr trägt die Antragstellerin zu den Umsatz- und Gewinneinbußen ihres Hamburger Hotels aufgrund des Verbots, Gäste zu touristischen Zwecken zu beherbergen, nicht weiter vor. Weder in der Beschwerdebegründung vom 7. Dezember 2020 noch in der Verfassungsbeschwerde vom 30. November 2020 (S. 44-51 der Verfassungsbeschwerde), auf die die Beschwerdebegründung insoweit verweist (S. 10), sind dazu Angaben enthalten. In der Anlage Bf 10 zur Verfassungsbeschwerde (Kommentierung zum Budget 2020, S. 83) findet sich lediglich eine Aufstellung zum Umsatz und zum Gewinn, die die Antragstellerin im Jahre 2020 beim Betrieb des hamburgischen Hotels erwartete (Bl. 1099 der Gerichtsakte). Wie sich Umsatz und Gewinn aufgrund der Einschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO entwickelt haben bzw. voraussichtlich entwickeln werden, trägt die Antragstellerin nicht vor.

51

Unabhängig davon legt die Antragstellerin nicht dar, dass die Unternehmensgruppe, zu der sie gehört, finanziell existenziell bedroht ist und der Antragstellerin keine Überbrückungshilfe gewähren kann. Dass eine solche Überbrückungshilfe nicht möglich sein sollte, erscheint angesichts des Stammkapitals der Unternehmensgruppe von 126 Millionen Euro (vgl. im Internet: www.xxx, letzter Aufruf am 19. Januar 2021) nicht naheliegend.

52

Ebenso wenig trägt die Antragstellerin substantiiert vor, dass es ihr unmöglich ist, Überbrückungskredite oder andere Finanzierungen auf dem privaten Kapitalmarkt zu erhalten.

53

(2) Soweit die Antragstellerin befürchtet, ggf. einen Insolvenzantrag stellen zu müssen, dringt sie damit – unabhängig von ihrer bisher nicht substantiiert dargelegten finanziellen Notlage – weil auch für Januar 2021 die Insolvenzantragspflicht für Geschäftsleiter von Unternehmen ausgesetzt wird, die einen Anspruch auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie haben (vgl. www.xxxx; letzter Aufruf am 19. Januar 2021). Diese Aussetzung wird aller Voraussicht nach bis April 2021 verlängert (vgl. www.xxxx, letzter Aufruf am 20. Januar 2021).

54

(3) Selbst wenn trotz der weiterhin möglichen Übernachtungsangebote und trotz der geplanten staatlichen Hilfsmaßnahmen ein Risiko gravierender finanzieller Folgen für die Antragstellerin bestehen bleiben sollte, stünde nicht mit der erforderlichen, weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest, dass die Einschränkungen des § 16 Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO unangemessen wären.

55

Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt (BA S. 14 f.), dass die Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin – auch wenn sie eine erhebliche Intensität habe – grundsätzlich angesichts der mit dem Infektionsgeschehen einhergehenden, nicht abschließend absehbaren Gefahren für Leib und Leben der Menschen rechtfertigbar sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei im Infektionsschutzrecht der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, nach welchem an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden sei. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit könnten deshalb im Falle eines besonders schweren Schadens entsprechend zurückgenommen werden. Dies gelte im vorliegenden Fall, weil die durch das Virus hervorgerufene Infektion in vielen Fällen eine schwere Lungenentzündung auslösen könne, die in nicht wenigen Fällen auch bei intensivmedizinischer Betreuung zum Tod führe.

56

Die Richtigkeit dieser Erwägungen hat die Antragstellerin nicht substantiiert in Frage gestellt. Insbesondere hat sie sich nicht mit der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung (BVerfG, Beschl. v. 11.11.2020, 1 BvR 2530/20, juris Rn. 11; BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, 3 C 16/11, BVerwGE 142, 205, juris Rn. 32 m.w.N.; OVG Magdeburg, Beschl. v. 27.10.2020, 3 R 205/20, juris Rn. 25) auseinandergesetzt.

57

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts bleibt einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen