Urteil vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (9. Senat) - 9 K 12/06

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Ein Pauschsatz wird nicht erhoben. Das Verfahren ist nicht gebührenpflichtig.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Ergebnisse des Flurneuordnungsverfahrens X..

2

Der Kläger macht geltend, er sei Alleinerbe und Gesamtrechtsnachfolger nach der am 27.07.2004 verstorbenen Frau M.. Diese war Eigentümerin der Flurstücke 102/2 zur Größe von 1.859 m² und 104 zur Größe von 1.594 m² der Flur 2 Gemarkung X.. Inmitten des Flurstückes 102/2 lag das Flurstück 102/1, das im Eigentum der Beigeladenen steht und mit einem Einfamilienhaus bebaut ist. Das Flurstück 102/1 hatte somit keinen Zugang zu der davorliegenden D.straße. Zwischen dem Flurstück 102/2 und der D.straße befand sich das keilförmige Flurstück 103; vor dem an das Flurstück 102/2 angrenzende Flurstück 104 das keilförmige Flurstück 53.

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Durch Beschluss vom 25.04.1996 wurde die Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens nach § 64 Landwirtschaftsanpassungsgesetz angeordnet. Der Einleitungsbeschluss betraf die Flurstücke 102/1 und 102/2. Die Anordnungsverfügung wurde öffentlich bekannt gemacht. Dieser Beschluss wurde am 08.08.1996 bestandskräftig.

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Der Bodenordnungsplan vom 06.05.1996, der das Ergebnis der Wertermittlung und den Bodenordnungsplan im engeren Sinne enthält, wurde im Termin am 28.08.1997 bekannt gegeben. Die Neuordnung der Eigentumsverhältnisse wurde wie folgt angeordnet: Vom Flurstück 102/2 werden durch Zerlegung zwei Teilflächen in der Gesamtgröße von 392 m² abgetrennt und mit den Flurstücksnummern 102/3 und 102/4 bezeichnet. Die Restfläche des Flurstücks 102/2 zur Größe von 1.466 m² erhält die neue Flurstücksnummer 102/5. Die neuen Flurstücke 102/3, das zwischen dem bisherigen Hausgrundstück 102/1 und der D.straße liegt, sowie das rückwärtige Flurstück 102/4 werden auf die Beigeladenen übertragen. Sie zahlen an Frau M. für die Mehrabfindung von 393 m² eine Abfindung in Geld. Für die Flurstücke 102/3 und 102/4 wird Frau M. wegen fehlender Ersatzflächen statt in Land vollständig in Geld abgefunden. Das neue Flurstück 102/5 verbleibt in ihrem Eigentum. Das selbständige Gebäude- und Anlageneigentum und das bisherige bestehende Nutzungsrecht der Beigeladenen werden aufgehoben. Gegen die Anberaumung des Termins am 28.08.1997 hatte Frau M. "Widerspruch" eingelegt. Zu dem Termin selbst erschien sie nicht.

5

Mit Bescheid vom 27.11.1997 wurde die Ausführungsanordnung erlassen und der Zeitpunkt des Eintritts des neuen Rechtszustandes auf den 09.01.1998 festgesetzt. Die Ausführungsanordnung wurde Frau M. durch Einschreiben/Rückschein am 29.11.1997 zugestellt.

6

Mit Schreiben vom 26.01.1998 wurde Frau M. mitgeteilt, die Ausführungsanordnung sei seit dem 21.01.1998 bestandskräftig. Da sie nach dem Plantext für eine Teilfläche des Flurstückes 102/2 mit einer Abfindung in Höhe von 56.985,00 DM zu entschädigen sei und das Geld auf dem Verwahrkonto des Amts für Landwirtschaft zur Auszahlung bereit liege, werde sie nochmals aufgefordert, ihre Kontoverbindung anzugeben.

7

Die Änderung der Eigentumsverhältnisse wurde im Grundbuch auf Grund Ersuchens des Beklagten vom 04.02.1998 am 01.02.2000 eingetragen.

8

Mit Urkunde vom 27.04.2001 wurde der Diplomsozialpädagoge (FH) K., befristet bis zum 25.10.2001, zum vorläufigen Betreuer von Frau M. bestellt. Sein Aufgabenkreis umfasste unter anderem die Vermögensfürsorge und die Vertretung gegenüber Behörden.

9

Mit Schreiben vom 23.05.2001 unterrichtete der Betreuer den Beklagten, dass er durch das Vormundschaftsgericht München für Frau M. unter anderem in Vermögensangelegenheiten zum vorläufigen Betreuer bestellt sei und sie daher in Vermögensangelegenheiten gesetzlich vertrete. Er bitte nunmehr um dringende Auszahlung der genannten Abfindung auf das näher benannte Konto von Frau M..

10

Bereits am 06.05.2001 hatte Frau M. dem Kläger eine Generalvollmacht ausgestellt, die sie mit Schreiben vom 05.02.2002 widerrief.

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Am 30.03.2004 erließ der Beklagte die Schlussfeststellung im Bodenordnungsverfahren X.. Dieser Beschluss wurde im Bereich der Gemeinde durch drei Aushänge in der Zeit vom 12.05. bis 18.06.2004 öffentlich bekannt gemacht. Gemäß einem Vermerk vom 14.07.2004 ist die Schlussfeststellung am 13.06.2004 bestandskräftig geworden.

12

Der Kläger hat am 03.05.2006 zu Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Klage erhoben. Zu ihrer Begründung führt er im Wesentlichen aus:

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Die beteiligte, nicht vertretene Frau M. sei im Zeitraum von 1993 bis 1998 auf Grund Intelligenzdefekts nicht mehr beteiligungsfähig gewesen. Beweiszeichen würden nachgeliefert werden. Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz sei nicht anwendbar gewesen. Der allein das Flurstück 102 betreffende Bodenordnungsplan schneide dem anstoßenden Flurstück 104 von Frau M. die Zuwegung an den öffentlichen Verkehrsweg ab und nehme dem Flurstück 104 dadurch die Qualität als Bauland und entwerte es gänzlich. Die anderen Beteiligten, die Beigeladenen dieses Verfahrens, hätten als Eigentümer des Flurstückes 102/1 keinen Anspruch auf Eigentumsübertragung, sondern lediglich einen Anspruch auf Bestellung einer Dienstbarkeit. Das Flurstück 104 sei zuvor über das Flurstück 102/2 gegen Nordosten hinter dem Flurstück 103/1 über eine Zufahrt zur Länge von 13,1 m mit der befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche verbunden gewesen. Das Flurstück 104 sei nunmehr nach Durchführung des Bodenordnungsplans ohne Zuwegung. Es sei mit einem Wohnhaus Baujahr 1912 bebaut, dessen Restnutzungsdauer gering und Beschaffenheit schlecht sei. Daher könne allein für den Grundstückswert die Qualität als Baugrundstück maßgebend sein. Die Flurstücke 102/2 und 104 seien nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise als ein Grundstück anzusehen. Es könne nicht darauf ankommen, ob Frau M. es unterlassen habe, diese Grundstücke rechtlich zu vereinigen. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass diese Grundstücksverbindung über das Flurstück 102/2 niemals benutzt worden sei, der Verkehr vielmehr den Weg vom und zum Flurstück 104 zu allen Zeiten über das offene Flurstück 53 genommen habe. Dies ergebe sich aus BGHZ 53, 166.

14

Schon die Einleitung des Bodenordnungsverfahrens sei rechtswidrig gewesen. Die Beigeladenen hätten auf dem Flurstück 102/1 keine Gebäude oder Anlagen, die in ihrem Eigentum gestanden hätten. Hinsichtlich der Versorgungsleitung habe kein Anspruch auf Bestellung von Dienstbarkeiten bestanden. Hinsichtlich des Flurstücks 102/1 sei eine Zusammenführung ausgeschlossen (Verweis auf OVG Greifswald VIZ 1999, 579). Auch die Abgrenzung des Verfahrensgebiets sei grob rechtswidrig. Das Problem der Zuwegung für das Flurstück 102/1 habe aus den genannten Gründen nur durch ein Servitut gelöst werden können, nicht durch eine Bodenneuordnung.

15

Die inhaltliche Sinnwidrigkeit des Bodenordnungsbeschlusses im engeren Sinne ergebe sich auch daraus, dass das Flurstück 102/1 eine Zuwegung erhalten und damit eine Wertsteigerung zu 100% zum Nachteil des Flurstücks 104 erhalten habe. Zu seinem Vorteil sei lediglich die Abfindungssumme anzusetzen. Insgesamt sei aber ein Wertverlust von 305.820,00 DM eingetreten. Er habe nicht die Feststellung der Nichtigkeit des Verwaltungsaktes bei dem Beklagten beantragt, weil ihm dafür das Vertrauen in das Amt fehle.

16

Der Kläger beantragt sinngemäß,

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festzustellen, dass die Anordnung zur Durchführung des Bodenordnungsverfahrens vom 25.04.1996, der Bodenordnungsplan (Feststellung des Ergebnisses der Wertermittlung und Bodenordnungsplan im engeren Sinne) vom 06.05.1996, sowie die Ausführungsanordnung vom 28.11.1997 nichtig sind.

18

Der Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Er führt aus: Das Bodenordnungsverfahren sei durch Schlussfeststellung bestandskräftig abgeschlossen. Anhaltspunkte für eine vom Kläger behauptete Geschäftsunfähigkeit der Frau M. lägen nicht vor. Die von ihr zur Zusammenführung damals verfassten Schreiben ließen einen solchen Schluss auch nicht zu. In der Sache selbst seien nach wie vor die Voraussetzungen für eine Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum im Sinne von § 64 LwAnpG gegeben. Die Wertermittlung orientiere sich am Maßstab des § 19 Sachenrechtsbereinigungsgesetz i.V.m. §§ 35 und 194 Baugesetzbuch.

21

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

22

In ihrer Stellungnahme schildern sie zunächst im einzelnen den Werdegang der Flurstücke 102/1, 102/3 und 104. Im Übrigen machen sie geltend, es habe zu keiner Zeit eine Zuwegung vom Flurstück 102 bzw. 102/3 auf das Flurstück 104 gegeben. Das Grundstück habe immer seinen eigenen Zugang bzw. eine eigene Zufahrt von der Landesstraße L 21 her gehabt. Das Flurstück 104 sei mit einem schilfgedeckten Zweifamilienhaus und einigen Stallungen bebaut. Soweit äußerlich erkennbar, sei es in einem sehr guten Zustand und werde in einem solchen von den Mietern erhalten.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

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1. Die Schlussfeststellung ist weder nichtig noch unwirksam.

26

Die Schlussfeststellung vom 30.03.2004 ist ausweislich der Verwaltungsvorgänge an drei Stellen im Gebiet der Gemeinde in der Zeit vom 12.05. bis 18.06.2004 öffentlich bekannt gemacht worden, indem der Bescheid des Beklagten ausgehängt worden war. Diese öffentliche Bekanntmachung ist auch gegenüber Frau M. wirksam geworden unabhängig davon, ob zu diesem Zeitpunkt sie geschäftsfähig war, ob noch eine Bestellung eines Betreuers bestand oder zwischenzeitlich eine Rechtsnachfolge in dem Eigentum an den betroffenen Grundstücken eingetreten ist. Die öffentliche Bekanntmachung nämlich wird jedenfalls bei Entscheidungen im Flurbereinigungsverfahren auch gegenüber solchen Personen wirksam, die von der öffentlichen Verlautbarung des Verwaltungsaktes keine Kenntnis nehmen konnten, etwa weil sie zum Zeitpunkt der Bekanntgabe nach § 12 VwVfG handlungsunfähig waren. Das Flurbereinigungsgesetz lässt die öffentliche Bekanntmachung der Beschlüsse, die in einem Flurbereinigungs- oder Zusammenlegungsverfahren ergehen, deswegen zu, weil es ohne langwierige Ermittlungen in der Regel nicht möglich ist, alle Beteiligten festzustellen. Dass dabei die Rechte geschäftsunfähiger Personen nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt werden, dafür hat der Gesetzgeber in § 134 Abs. 2 FlurbG Sorge getragen. Demnach muss die Flurbereinigungsbehörde bei unverschuldeter Versäumung einer Frist nachträglich Erklärungen zulassen, wenn diese unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) nach Beseitigung des Hindernisses nachgeholt werden (BVerwG, U. v. 07.05.1965 - IV C 24.65 = BVerwGE 21, 91 = NJW 1965, 1546 = RdL 1965, 245; vgl. grundsätzlich U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar 7. Aufl. 2008 § 41 Rn. 137).

27

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

28

Die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Schlussfeststellung ist nicht unverzüglich erfolgt. Am 30.03.2004 erließ der Beklagte die Schlussfeststellung. Sie wurde in der Zeit vom 12.05. bis 18.06.2004 öffentlich bekannt gemacht. Der Kläger war nach eigenem Vortrag seit dem 27.07.2004 Alleinerbe und Rechtsnachfolger. Er hat aber erst am 03.05.2006 zu Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Klage erhoben. Er hatte sich auch nicht zuvor an die Behörden gewandt. Bei Prüfung der Frage, welche Anforderungen in dieser Hinsicht zu stellen waren, muss zwar die Zeit berücksichtigt werden, die notwendig ist, damit der Kläger sich über die Verhältnisse unterrichten konnte (vgl. BVerwG, U. v. 12.07.1960 - I C 249.58 - RzF Nr. 2 zu § 110 FlurbG). Für die Beurteilung der "Sittenwidrigkeit" bzw. der behaupteten Nichtigkeit des Bodenordnungsplans und der Ausführungsanordnung sind aber nicht nahezu zwei Jahre notwendig. Dies wird auch daraus deutlich, dass der Kläger im Jahre 2001 auf Grund der seinerzeit bestehenden Generalvollmacht der Frau M. den Beigeladenen einen Teil des seinerzeitigen Flurstücks 102/5, das aus dem Bodenordnungsverfahren hervorgegangen war, veräußerte und somit mit den Verhältnissen bekannt war.

29

Damit ist die Schlussfeststellung gegenüber Frau M. bzw. ihrem Rechtsnachfolger gegenüber bestandskräftig geworden.

30

2. Mit der Schlussfeststellung ist die Geltendmachung der Nichtigkeit des Bodenordnungsplans ausgeschlossen.

31

Die gemäß § 149 Abs. 1 Satz 1 FlurbG von der Flurbereinigungsbehörde zu treffende Schlussfeststellung ist der letzte der inhaltlich aufeinander bezogenen Verfahrensabschnitte, in die das Flurbereinigungsverfahren gegliedert ist. Diese Verfahrensstufung hat zur Folge, dass die in den einzelnen Verfahrensabschnitten ergangenen Regelungen einer selbständigen Anfechtbarkeit unterliegen und Einwendungen, die in einem früheren Verfahrensabschnitt gegen eine konkrete Regelung hätten vorgebracht werden müssen, in einem späteren Stadium regelmäßig unbeachtlich sind, sofern nicht eine Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 und 3 FlurbG in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U. v. 16.09.1975 - 5 C 44.75 - BVerwGE 49, 176 <178>). Die Schlussfeststellung hat, wie sich aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, (u.a.) zur Voraussetzung, dass den Beteiligten keine Ansprüche mehr zustehen, die "im Flurbereinigungsverfahren hätten berücksichtigt werden müssen". Vorher geltend zu machen und nach Bestandskraft der Schlussfeststellung regelmäßig ausgeschlossen sind somit solche Ansprüche, die unmittelbar im Flurbereinigungsverfahren selbst geltend zu machen sind (BVerwG, B. v. 12.06.2007 - 9 B 28/07, 9 B 28/07 (10 B 28/07) - RdL 2007, 245). Die unanfechtbare Schlussfeststellung steht somit der Zulässigkeit von Klagen gegen den Bodenordnungsplan entgegen. Die Unanfechtbarkeit einer Schlussfeststellung schließt jede Möglichkeit des Eingriffs in den Bodenordnungsplan aus. Diese Ausschlusswirkung verhindert, dass die Regelungen des Bodenordnungsplans noch verändert werden könnten (VGH München, U. v. 23.06.2005 - 13 A 03.948 - zit. nach juris).

32

Diese Ausschlusswirkung der unanfechtbaren Schlussfeststellung läßt auch einen Eingriff des Flurbereinigungsgerichts in die Regelungen des Bodenordnungsplanes im Wege einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO nicht zu. Dies folgt aus der Regelung in § 149 Abs. 2 FlurbG. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung dem Interesse an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden den Vorrang eingeräumt gegenüber dem Interesse, durch Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens eine fehlerhafte Gerichtsentscheidung aus der Welt schaffen zu können. Ist die Schlussfeststellung unanfechtbar geworden und ist innerhalb der zweiwöchigen Widerspruchsfrist (§ 141 Abs. 1 FlurbG) kein Wiederaufnahmeantrag gestellt worden, sollen alle Beteiligten darauf vertrauen können, dass das Flurbereinigungsverfahren beendet ist und Änderungen der Ergebnisse dieses Verfahrens ausgeschlossen sind. Dieser Vertrauensschutz der Beteiligten gebietet die entsprechende Anwendung des § 149 Abs. 2 FlurbG auf Feststellungsklagen gemäß § 43 VwGO. Auch eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO kann deshalb nicht zum Erfolg führen, wenn sie nach Ablauf der Widerspruchsfrist gegen die Schlussfeststellung erhoben wurde (vgl. VGH München, U. v. 26.05.1994 - 13 A 92.746 = RdL 1994, 240 = AgrarR 1995, 224). Dies gilt auch dann, wenn - was aus den nachfolgenden Gründen allerdings zu verneinen ist - zeitliche Rücksichten bei Rechtsbehelfen gegen den Bodenordnungsplan oder die Ausführungsanordnung hätten genommen werden müssen: Auch sie können in diesem Zusammenhang nur insofern eine Rolle spielen, als der Anspruch auf Nachsichtgewährung nur bis zur Schlussfeststellung geltend gemacht werden kann (BVerwG, U. v. 21.03.1978 - 5 C 57.76 = RdL 1979, 38).

33

3. Nach alledem kommt es auf die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte, die im Laufe des Bodenordnungsverfahrens erlassen worden sind, nicht an. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

34

Gründe für die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des Bodenordnungsplans und der Ausführungsanordnung im Sinne des § 44 VwVfG sind nicht ersichtlich.

35

a) Der Bodenordnungsplan, der das Ergebnis der Wertermittlung und den Bodenordnungsplan im engeren Sinne enthält, wurde im Termin am 28.08.1997 bekannt gegeben. Mit Bescheid vom 27.11.1997 wurde die Ausführungsanordnung erlassen und Frau M. durch Einschreiben/Rückschein am 29.11.1997 zugestellt. Mit Schreiben vom 26.01.1998 wurde Frau M. mitgeteilt, die Ausführungsanordnung sei seit dem 21.01.1998 bestandskräftig. Jedenfalls in dem Zeitraum vom 16.05.2001 bis 05.02.2002, in dem der Kläger Generalvollmacht von Frau M. hatte, bestand für ihn Gelegenheit, die Bedenken gegen die genannten Verwaltungsakte unverzüglich geltend zu machen. Das etwaige Hindernis einer Geschäftsunfähigkeit oder Unfähigkeit zur Betreuung eigener Vermögensangelegenheiten seitens Frau M. war im übrigen schon durch die Bestellung des Betreuers Dipl. Sozialpädagoge (FH) K. seit dem 27.04.2001 beseitigt. Er war zur Vermögensbetreuung und zur Vertretung vor Behörden bestellt. Indem er mit Schreiben vom 23.05.2001 die Auszahlung der Abfindung in Geld bei dem Beklagten begehrte, hat er zu erkennen gegeben, dass er um das Bodenordnungsverfahren wusste und davon ausging, dass diese Handlungsweise dem Wohl von Frau M. entsprach (vgl. § 1901 Abs. 2 BGB). Hat er dies - wie er nunmehr erklärt - ohne Kenntnis der Einzelheiten des Verfahrens getan, lässt dies jedenfalls nicht das Verschulden entfallen, das eine "unverzügliche" Geltendmachung der Einwendungen entgegensteht.

36

b) Nach § 44 Abs. 1 VwVfG M-V ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts als eine besondere Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass ein Akt staatlicher Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt. Der dem Verwaltungsakt anhaftende Fehler muss diesen schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lassen. Der schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen, wenn die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (vgl. BVerwG, U. v. 17.10.1997 - 8 C 1.96 - NVwZ 1998, 1061; B. v. 11.05.2000 - 11 B 26/00 - NVwZ 2000, 1039).

37

Allerdings erscheint es zweifelhaft, ob die Voraussetzungen nach § 64 LwAnpG hinsichtlich der in das Verfahren einbezogenen Flurstücke vorlagen. Der Kläger dürfte zutreffend der Auffassung sein, dass auf dem Flurstück 102/1 kein getrenntes Gebäudeeigentum der Beigeladenen mehr bestand, weil die Beigeladenen das Grundstück erworben hatten. Selbständiges Eigentum am Gebäude ist aber Voraussetzung für die Anordnung eines Verfahrens nach § 64 LwAnpG (vgl. OVG Magdeburg, U. v. 08.04.1997 - C 8 S 1/96 - RzF Nr. 4 zu § 64 LwAnpG). Ob auf dem Flurstück 102/2 ein Zusammenführungsfall vorlag, erscheint fraglich. Ziel der Verfahrens war in erster Linie offenbar die Lösung des durch die Insellage des Flurstücks 102/2 entstandenen Erschließungsproblematik.

38

Die Beigeladenen hatten in ihrem Zusammenführungsantrag vom 20.01.1993 aber auch darauf verwiesen, dass ihnen ein Nutzungsrecht an den Flächen zwischen der D.straße und dem Flurstück 102/1 und einem Streifen hinter diesem Flurstück zugewiesen worden sei und sie auf diesen Flächen durch Herstellung einer Zufahrt und Anpflanzungen Investitionen getätigt hätten. Der Beklagte ist ausweislich eines Schreibens an Frau M. vom 11.02.2003 davon ausgegangen, dass gem. Art. 231 § 5 EGBGB an diesen Anlagen getrenntes Eigentum entstanden war, das die Durchführung des Bodenordnungsverfahrens rechtfertigte. Ob diese Auffassung zutrifft, kann dahinstehen. Jedenfalls wäre die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich, was auch daraus deutlich wird, dass der Kläger erst 2006 diesen Punkt rügt, zuvor aber in Kenntnis der Ergebnisse des Bodenordnungsverfahrens Teile des entstandenen Flurstücks 102/5 an die Beigeladenen veräußert hat.

39

Die Bestimmung des Umfang des Bodenordnungsgebiets liegt im Ermessen der Bodenordnungsbehörde. Sie ist grundsätzlich durch das Gericht nur daraufhin zu überprüfen, ob sie ermessensfehlerhaft ist. Allerdings spricht einiges dafür, dass eine sachgerechte Lösung, die der Beklagte anstrebte, jedenfalls diejenigen Flurstücke hätte einbeziehen sollen, die zwischen der Straße und den angrenzenden Grundstücken liegen, möglicherweise auch das Flurstück 104. Ein in dieser Richtung etwaig vorliegender Ermessensfehler würde jedoch keine offensichtliche und schwerwiegende Rechtswidrigkeit des Anordnungsbeschlusses bedeuten.

40

Zweifelhaft ist weiterhin, ob Frau M. offenbar ohne ausdrückliche Erklärung ihres Einverständnisses entgegen § 58 Abs. 2 LwAnpG statt in Land Geld abgefunden werden durfte (dagegen BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 11 C 5/97 - BVerwGE 108, 202 = RdL 1999, 93 = AgrarR 1999, 253). Diese Frage war aber zum Zeitpunkt des Erlasses des Bodenordnungsbeschlusses noch nicht höchstrichterlich geklärt; der Senat hatte zunächst eine abweichende Position eingenommen (vgl. OVG Greifswald, U. v. 04.07.1996 - 9 K 5/94 - AgrarR 1997, 59 = RdL 1997, 298). Von daher kann von einem offensichtlichen und schwerwiegenden Fehler nicht gesprochen werden (vgl. BVerwG B. v. 11.05.2000 - a.a.O.), zumal dieser Gesichtspunkt weder von Frau M. noch von ihrem Betreuer und nunmehr dem Kläger geltend gemacht worden ist.

41

Soweit der Kläger weiter geltend macht, das Ergebnis des Bodenordnungsverfahrens habe dazu geführt, dass das Flurstück 104 über das Flurstück 102/2 nicht mehr erschlossen werde und daher eine wesentliche Wertminderung erfahren habe, so kann offen bleiben, ob hierin die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung gesehen werden muss. Die Beigeladenen haben in diesem Zusammenhang in ihrer Stellungnahme zu der Klage wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass das Flurstück 104 seit jeher über das Flurstück 53 erschlossen wird. Dies räumte der Kläger in seinem Schriftsatz vom 10.02.2009 auch ein, wenn er auch in Hinblick auf die von ihm angestrebte Erschließung über das Flurstück 102 diesen Gesichtspunkt für rechtlich unerheblich hält. Dies wird auch aus dem Foto Bl. 12 der Gerichtsakte deutlich.

42

Aus diesem Grunde sind die Überlegungen des Klägers zu dem behaupteten Wertverlust des Flurstückes 104 nicht nachvollziehbar. Auf die von dem Kläger behauptete Wertsteigerung des Grundstücks des Klägers (Flurstücks 102/1) kommt es bei der Frage einer wertgleichen Abfindung nicht an.

43

Der nachgereichte Schriftsatz des Klägers vom 16.02.2009, bei Gericht eingegangen am 18.02.2009 kann nicht mehr berücksichtigt werden, da das Urteil durch Verkündung am 11.02.2009 wirksam geworden ist (vgl. BVerwG, B. v. 03.01.1989 - 9 B 103/88 - NVwZ 1989, 750).

44

Die Klage ist daher abzuweisen.

45

Der Ausspruch über die Kosten richtet sich nach § 147 Abs. 1 FlurbG und § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gebührenpflicht wurde nicht angeordnet. Von der Festsetzung eines Pauschsatzes wurde abgesehen. Der Kläger hat damit keine Gerichtskosten zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).

46

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht vorliegen.

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