Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 A 10872/07



Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26.06.2007 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zugunsten der Beigeladenen zur Errichtung einer Biogasanlage.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Wohnhauses … in M…. Die Beigeladenen führen auf den ca. 180 m vom Wohnhaus der Kläger entfernten Grundstücken Gemarkung …, Flur …, Flurstücke … und … sowie Gemarkung …, Flur …, Flurstücks-Nr. … einen im Außenbereich liegenden landwirtschaftlichen Betrieb. Zu diesem Betrieb gehören ein mit Bauschein vom 29.07.1981 genehmigter Schweinemaststall mit 560 Liegeplätzen, eine Getreidehalle und ein Güllebehälter. Die Beigeladenen sind nach den Feststellungen erster Instanz ferner Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen von ca. 15,8 ha und haben weitere Flächen (ca. 100 ha) gepachtet. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geben Sie ihre Fläche mit 114,45 ha an. Der anlagenbezogene Lkw-Verkehr zu dem Betrieb führt über die ehemalige Bundesstraße 258 (B 258), die …, den … Weg, der durch die Ortslage von M… verläuft, sowie über eine im Außenbereich der von M… verlaufende Straße und einen in der Gemarkung … gelegenen Weg (Flur …, Flurstück …). Der … Weg sowie der sich anschließende Weg (Flurstück …) sind von der Stadt M… aufgrund des Stadtratsbeschlusses vom 03.11.1999 als Gemeindestraße gewidmet worden. Die Widmungsverfügung wurde unter dem 26.11.1999 öffentlich bekannt gemacht.

3

Im April 2002 teilten die Beigeladenen den Immissionsschutzbehörden mit, dass sie die Errichtung einer Biogasanlage sowie die Erweiterung ihres Schweinemastbetriebes auf 2.200 Tiere beabsichtigten. Nach Durchführung eines Ortstermins wies der Beklagte den Landkreis Mayen-Koblenz darauf hin, dass ein gemeinsames Genehmigungsverfahren für die Biogasanlage und die Anlagen zur Erweiterung der Schweinezucht nicht in Betracht komme. In der Folgezeit beantragten die Beigeladenen bei dem Landkreis Mayen-Koblenz unter dem 05.04.2004 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Haltung von 2.200 Schweinen, die der Landkreis mit Bescheid vom 04.01.2006 und Widerspruchsbescheid vom 08.05.2006 ablehnte. Auf die hiergegen von den Beigeladenen erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Koblenz den Landkreis Mayen-Koblenz zur Neubescheidung (Urteil vom 25.07.2006, 1 K 59/06.KO). Mit Bescheid vom 27.11.2006 wurde sodann die angestrebte Genehmigung unter Beifügung verschiedener Auflagen erteilt.

4

Beim Beklagten stellten die Beigeladenen im Frühjahr 2004 den Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur biologischen Behandlung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen mit einem Durchsatz von 10 t pro Tag sowie einer Verbrennungsmotoranlage zur Erzeugung von Strom für den Einsatz von Biogas mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 bis 10 Megawatt. Ausweislich der Antragsunterlagen des Ingenieurbüros für Abfallwirtschaft und Immissionsschutz … vom März 2004 können in der Biogasanlage 6.600 t Gülle, 5.950 t Getreide und 100 t Abfälle aus der Landespflege vergoren und einem Blockheizkraftwerk (BHKW), das abluftseitig mit Abgasschalldämpfern betrieben werden soll, zugeleitet werden. Der Schwerlastverkehr zur Anlage soll in der Zeit von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr erfolgen. Die Leistung der Anlage sollte ursprünglich 2 x 536 kW betragen. Mit Schreiben vom 18.02.2005 teilten die Beigeladenen dem Beklagten mit, der Antrag werde dahingehend geändert, dass die installierte elektrische Leistung der Anlage 0,5 MW nicht überschreite.

5

Mit immissionsschutzrechtlicher Genehmigung vom 29.07.2005 genehmigte der Beklagte das Vorhaben der Beigeladenen unter Beifügung zahlreicher Nebenbestimmungen. Nach Ziff. 3.4.2 der Nebenbestimmungen ist Substrat oder Gülle in geschlossenen und dichten Behältern zu transportieren und auszubringen. Beides darf nach Ziff. 3.4.3 nicht ausgebracht werden, wenn aufgrund immissionsfördernder Witterung (feuchtwarme Luft, ungünstige Windrichtung) unzumutbare Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zu erwarten sind. Weiterhin sind nach Ziff. 3.5.1 alle dem Fermenter nachgeschalteten Behälter gasdicht auszuführen. Gemäß Ziff. 3.5.2 sind Speicherbehälter für geruchsemittierende Stoffe bei Befüllvorgängen so abzusaugen, dass keine geruchsbeladene Verdrängungsluft nach außen dringt. In der übrigen Zeit ist ständig Luft abzusaugen.

6

Gegen die Genehmigung des Vorhabens legten die Kläger rechtzeitig Widerspruch ein und machten geltend: Die Biogasanlage und die geplante Erweiterung des Schweinemastbetriebes mit 2.200 Tieren seien ein Vorhaben und hätten nur einheitlich genehmigt werden dürfen. Die Ausgliederung der Biogasanlage aus der Gesamtanlage bewirke ihre Herauslösung aus dem förmlichen Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung, das für die geplante Schweinemast durchzuführen sei. Diese Verfahrensgestaltung verletze sie in ihren Rechten. Auch der durch die Anlage bedingte Verkehr führe für sie zu unzumutbaren Immissionen. Ihr Wohnhaus liege ungefähr 40 m vom Kreuzungsbereich … – … Weg – … Weg entfernt in einem faktischen reinen Wohngebiet. Die Fahrbahnbreite des … Weges betrage vor ihrem Haus nur 4,93 m. Unmittelbar mit dem Verlauf ihrer Grundstücksgrenze zum südöstlich gelegenen landwirtschaftlich genutzten Nachbargrundstück gehe der … Weg in Richtung Nettetal in einen unbefestigten Wirtschaftsweg über. Bereits der jetzt schon bestehende Schweinemastbetrieb führe zu Verkehrsimmissionen, welche die Grenze des Erträglichen überschritten. Eine Zählung an 27 Tagen habe ergeben, dass der landwirtschaftliche Betrieb in seiner heutigen Struktur bereits 1.744 Fahrbewegungen im Jahr überwiegend mit Lkw oder landwirtschaftlichen Fahrzeugen verursache. Zudem sei das vorgelegte Lärmgutachten des Büros … nicht brauchbar; es fehle eine detaillierte Berechnung der Schallausbreitung beim Betrieb der Anlage. Die Biogasanlage führe zudem zur Verstärkung der bereits jetzt von der Schweinemast der Beigeladenen ausgehenden erheblichen Geruchsbelästigung. Letztlich seien unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen durch die Biogasanlage selbst, insbesondere das Blockheizkraftwerk in Verbindung mit dem luftgekühlten Generator, dem Notkühler und der Biogasnotfackel vorprogrammiert.

7

Nach Einlegung des Widerspruchs beantragten die Beigeladenen zunächst erfolglos die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung (vgl. hierzu VG Koblenz, Beschluss vom 08.12.2005, 1 L 2102/05.KO, sowie OVG RP, Beschluss vom 03.02.2006, 1 B 11736/05.OVG, und Beschluss vom 04.04.2006, 1 B 11736/05.OVG).

8

Im Widerspruchsverfahren holte der Beklagte ein Gutachten des Landwirtschaftsmeisters … ein, das die Ermittlung von Stoffströmen zum Betrieb der geplanten Biogasanlage zum Gegenstand hat. Hierbei wurden die Stoffströme alternativ für den Fall untersucht, dass der Schweinemastbetrieb der Beigeladenen auf 2.200 Plätze erweitert oder in der jetzt betriebenen Dimension (560 Mastplätze) erhalten bleibt. In dem unter dem 07.01.2006 vorgelegten Gutachten ist ausgeführt, dass insgesamt mit 407 Transporten über die Kreuzung … Weg – davon 225 Schwertransporte – zu rechnen sei.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen die geplante Biogasanlage zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Kläger durch das Vorhaben keinen unzumutbaren Immissionen ausgesetzt seien. Hierbei gehe man über das Gutachten … hinausgehend davon aus, dass insgesamt 1.273 Transporte jährlich zum Betrieb der Beigeladenen erfolgten. Aus dieser gegenüber dem Lärmgutachten um das 3,35-fache abweichenden Anzahl an Transporten ergebe sich keine wesentliche Änderung des zu erwartenden Immissionspegels. Damit erhöhten sich die Immissionspegel von 52 dB(A) um 3 dB(A) auf 55 dB(A). Eine Überschreitung des Immissionsgrenzwertes von 59 dB(A) sei damit noch nicht gegeben.

10

Ferner ordnete der Beklagte im Widerspruchsbescheid zugunsten der Beigeladenen die sofortige Vollziehung der erteilten Genehmigung an. Hiergegen eingelegte Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes waren erfolgreich (vgl. VG Koblenz, Beschlüsse vom 14.02.2007, 1 L 1893/07KO und 1 L 44/07.KO).

11

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 29.11.2006 haben die Kläger am 22.12.2006 Klage erhoben. Sie vertiefen ihre Ausführungen und machen geltend, dass die streitgegenständliche Genehmigung zu unbestimmt sei. Im Widerspruchsbescheid sei von 2.200 Mastschweinen die Rede, deren Gülle bei Betrieb der Biogasanlage bearbeitet würde. In den Antragsunterlagen sei aber auch Bezug auf 560 Schweine genommen worden. Da die Frage Auswirkungen auf die Verkehrsbelastung habe, begründe bereits der Verstoß gegen das Gebot der Bestimmtheit eine Rechtsverletzung zu Lasten der Kläger. Darüber hinaus entstehe durch das Vorhaben für sie auch ein unzumutbarer Verkehrslärm. Das im Verfahren vorgelegte Gutachten des Ingenieursbüros … enthalte keine verwertbaren Angaben darüber, wie die tägliche Belastung der Kläger mit Verkehrsimmissionen tatsächlich aussehe. Auch die Ausführungen des Gutachters Schneider seien nicht verwertbar, da sie auf unzutreffenden Angaben der Beigeladenen beruhten.

12

Die SGD Nord überreichte in der mündlichen Verhandlung am 26.06.2007 eine eigene Berechnung des Verkehrsaufkommens. Es sei hiernach während der Ernte mit dem größten wöchentlichen Verkehrsaufkommen zu rechnen, nämlich mit 88 Fahrten, welche sich über sechs Tage verteilten. Daraus resultiere eine Verkehrsbelastung von etwa 15 Transporten täglich. Eine Überschreitung der Lärmrichtwerte sei damit ausgeschlossen, denn erst eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens führe zu einer Zunahme des Schallpegels um 3 dB(A).

13

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 26.06.2007 auf der Grundlage der vorhandenen Gutachten als unbegründet abgewiesen und die Berufung zugelassen (1 K 1892/06.KO).

14

Die Kläger haben zur Begründung ihrer rechtzeitig eingelegten Berufung im Wesentlichen geltend gemacht:

15

Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Anwendbarkeit von Ziffer 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm i.V.m der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung) angenommen. Die TA-Lärm finde als sachverständiges Regelwerk ihre Grenzen dort, wo es aufgrund der den Einzelfall prägenden Umstände keine brauchbare Orientierungshilfe mehr darstellen könne. Vorliegend gebe es jedoch keinen notwendigerweise erforderlichen fließenden Verkehr in einer jeweils dafür ausgebauten Straße, in welchen sich der zu erwartende Anlagenverkehr überhaupt einfügen könne. Das erstinstanzliche Gericht habe sich insoweit mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht auseinandergesetzt, sondern alleine auf eine erfolgte Widmung abgestellt. Zu Beginn des schlecht ausgebauten Weges werde der Verkehr durch das Verbotsschild Nr. 250 (Durchfahrtsverbot für Fahrzeuge aller Art) insoweit stark eingeschränkt, da nur Anliegern unter dem Hinweis „Straßenschäden und Benutzung auf eigener Gefahr“ das Befahren gestattet sei. Das bisherige Verkehrsbild im streitgegenständlichen Bereich sei daher schwerpunktmäßig durch geringen PKW-Verkehr der Anlieger ab der Kreuzung … Weg/… Weg gekennzeichnet. Der Weg nehme zwar auch Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen der bisherigen Anlagen der Beigeladenen auf. Dieser stehe jedoch nicht im Vordergrund und stelle keinen öffentlichen Verkehr dar, in den sich der neue Ziel- und Quellverkehr einzufügen hätte, so dass diesbezüglich der durch die Anlage ausgelöste Lärm auch nicht durch die pauschalierende Sichtweise der Verkehrslärmschutzverordnung angemessen beurteilt werden könne. Die erfolgte Widmung könne bei der Beurteilung, ob fließender Verkehr vorhanden sei, in den sich Ziel- und Quellverkehr auch tatsächlich einfügen könne, nicht das allein entscheidende Kriterium sein. Es komme bei der Frage der Anwendbarkeit der 16. BImSchV wesentlich auf die tatsächlich vorhandenen Verhältnisse an. Im Ergebnis sei daher ein Lärmgrenzwert von 55 dB(A) tagsüber einzuhalten, da von einem allgemeinen Wohngebiet auszugehen sei. In einer eigenen Berechnung des tatsächlich zu erwartenden Verkehrs werde aufgezeigt, dass bereits bei einer Annahme von 1.520 Fahrten ein Grenzwert von 58 dB(A) erreicht werde. Tatsächlich sei jedoch mit wesentlich mehr Fahrten zu rechnen, so dass selbst der für Wohngebiete nach der 16. BImSchV geltende Wert von 59 dB(A) nicht eingehalten werden könne.

16

Die Unbestimmtheit des Genehmigungsbescheides ergebe sich aus dem Folgenden:

17

Aus der Genehmigung sei zunächst nicht zweifelsfrei festzustellen, welches „Ausmaß an Betrieb“ bzw. welcher Betriebsumfang im Hinblick auf die Verwertung der hofeigenen Gülle genehmigt worden sei. So stelle sich bereits zu Beginn die Frage, ob die Biogasanlage der Verwertung hofeigener Gülle auf der Basis des bislang vorhandenen Schweinemastbetriebs von 560 Mastplätzen oder eines mittlerweile ebenfalls genehmigten Schweinemastbetriebs mit 2200 Tieren diene. Zwar vertrete das Verwaltungsgericht die Auffassung, dies könne auf sich beruhen, da die Konzeption der Biogasanlage hiervon unberührt bliebe. Dies betreffe jedoch lediglich die Frage der baulichen Errichtung der Anlage, doch habe der Betriebsumfang Auswirkungen auf die vor allem von den Klägern hinzunehmenden Immissionen und dürfe daher nicht offen bleiben. Dies betreffe im Übrigen auch die Frage einer Privilegierung der Biogasanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB und nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB hinsichtlich des Schweinemastbetriebes. Letzterer sei in den beabsichtigten Umfang mit 2.200 Schweinen bereits nicht mehr als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 201 BauGB anzusehen. Durch die im Außenbereich nicht zulässigen gewerblich industriellen Vorhaben müssten sich die Kläger aber keine Absenkung ihres Schutzniveaus entgegenhalten lassen.

18

Mit Auswirkung auf den erlaubten Betriebsumfang weise die Genehmigung auch hinsichtlich der zu verwertenden Abfälle Unbestimmtheiten auf, die sich auf den Nachbarschutz auswirkten. Sofern die Beigeladenen von der in der Anlage zur Genehmigung vom 29.07.2005 angeführten Positivliste Gebrauch machen könnten und ein Teil des Getreides durch dort genannte Abfälle ersetzen, hätte dies deutliche Auswirkungen auf den durch die Anlage ausgelösten Verkehr, der nochmals erheblich ansteigen würde.

19

Das Vorhaben verstoße auch gegen § 10 BImSchG. Biogasanlage und Schweinemastanlage bildeten eine Gesamtanlage im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b 4. BImSchV. Auf die Nichtbeachtung des Verfahrens nach § 10 BImSchG könnten sich die Kläger auch berufen. Besondere Relevanz habe dies beispielsweise im Hinblick auf die Bewertung des Verkehrsaufkommens.

20

Hinsichtlich des Verkehrslärms und der Anwendung der 16. BImSchV beruhe die Berechnung des Verwaltungsgerichts auf der ungeprüften Übernahme der Behauptung des Beklagten im Widerspruchsbescheid sowie in der mündlichen Verhandlung. Die durchgeführte Berechnung im Gutachten der Beigeladenen sei jedoch nicht nachvollziehbar; auch die Behauptung, 10 LKW ließen 52 dB(A) erwarten, sei in dieser Verkürzung unzutreffend. Es sei vielmehr bei einer konsequenten Durchrechnung des Zahlenmaterials von 67 einfachen Fahrten am Tag davon auszugehen, dass die Grenzwerte der 16. BImSchV überschritten würden.

21

Das Gericht habe sich ferner nicht näher mit dem Vortrag der Kläger auseinandergesetzt, die Ermittlung und Feststellung der von der Anlage ausgehenden Geruchsimmissionen sei bereits im Ansatz fehlerhaft erfolgt und aufgrund der Besonderheiten der Topografie sowie der anzutreffenden Wind- und Wetterverhältnisse sei nicht nachgewiesen, dass keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen von der Anlage ausgingen. Grundstücke, die nur in geringer Entfernung lägen, würden von den Geruchsimmissionen, die stark dem Einfluss der besonderen topografischen Lage, der thermischen Zirkulation sowie den Kaltluftzuflüssen unterlägen und nur bei günstiger Wetterlage nach Nordosten abgetrieben würden, mit mehr als 10 % der Jahresstunden (36,5 Tage) betroffen.

22

Der Senat hat durch Beschlüsse vom 16.01.2008, 11.02.2008 und vom 29.07.2008 Beweis erhoben über die für die Grundstücke … Weg … und … Weg … bei Realisierung der Anlage prognostisch zu erwartenden Lärm- und Geruchsimmissionen. Ebenfalls am 16.01.2008 hat der Senat die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 29.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006 angeordnet (1 B 11353/07.OVG).

23

Die beauftragten Gutachter legten ihre Ausarbeitungen unter dem 15.04.2008 (Dipl.-Ing. agr. …, Prognose der Stoffströme), unter dem 01.10.2008 (Dipl.-Ing. …, Lärmimmissionen) sowie unter dem 30.12.2008 (Prof. Dr.-Ing. …, Geruchsimmissionen) dem Senat vor. Gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme haben die Antragsteller umfassende Einwendungen erhoben (vgl. u.a. Schriftsatz vom 28.11.2008, Bl. 656 bis 663 GA; Schriftsatz vom 5.02.2009, Bl. 757 bis 759 GA; Schriftsatz vom 4.03.2009, Bl. 774 bis 778 GA) und zusammengefasst wie folgt vorgetragen:

24

Der Senat habe es ausweislich des Beschlusses vom 16.01.2008 (1 B 11353/07.OVG) als nicht hinreichend geklärt angesehen, ob die genehmigte Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufe. Die hierzu eingeholten drei Gutachten hätten in der Folgezeit diese Beweisfrage nicht hinreichend beantwortet. Das habe seinen Hintergrund zunächst darin, dass bereits im Stoffstromgutachten des Gutachters … dieser nicht nur vom Beweisbeschluss des Senats abgewichen sei, sondern auch darüber hinaus die Ausnutzungsmöglichkeiten der Genehmigung nicht berücksichtigt habe und lediglich einen von mehreren zahlreichen möglichen Betriebsabläufen begutachtet habe. In einer Art Kettenreaktion habe sich diese Unvollständigkeit in den weiteren Gutachten fortgesetzt, die ungeachtet dessen aber auch an eigenständigen Defiziten litten.

25

Im Beweisbeschluss des Senats vom 11.02.2008 sei eine Anlieferung von Getreide von 5.950 t vorgegeben gewesen. An diese Vorgabe habe sich der Sachverständige ... im Ergebnis nicht gehalten, da er letztlich nur die Menge zugrunde gelegt habe, die aus seiner Sicht energetisch verwertet werden könne. Ein Blick in die Planungsunterlagen zeige, dass hier ein weiteres Blockheizkraftwerk geplant sei, welches derzeit aus dem Antragsverfahren herausgenommen worden sei, um die Privilegierung des Betriebes vorzutäuschen. Es seien daher bei der Berechnung die Vorgaben des Senats dahingehend zugrunde legen, dass 5.950 t Getreide angeliefert würden.

26

Die Berechnung der anfallenden Gärreste sei nach dortiger Auffassung ebenfalls nicht in Ausführung des Beweisbeschlusses erfolgt. Bei seinen Berechnungen habe der Gutachter weder 5.950 t Getreide noch 6.600 t Gülle in Ansatz gebracht. Danach ergäben sich jedoch wesentlich höhere Transportfahrten. Es sei aber auch nicht korrekt, für die Fahrten, die zwangsläufig über den Notweg erfolgen müssen, 12 % in Ansatz zu bringen. Diese prozentuale Flächenverteilung aufgrund der Teilkarte und Schlagverteilung im Anbaujahr 2006 lasse sich nicht nachvollziehen. Bei realistischer Berechnung müsse davon ausgegangen werden, dass insgesamt 30.150 t vergorene Gülle anfallen könne. Selbst wenn diese Mengen mit einem 20 t-Gefäß abgefahren würden, verbliebe es bei 1.507 Transporten, demnach 3.014 Fahrten; würden gegebenenfalls mehrere 4 t-Gefäße eingesetzt, so ergäben sich 7.537 Transporte, folglich 15.074 Fahrten. Auch diesen Betriebsumfang lasse die Genehmigung ohne weiteres zu.

27

Auch weise das Lärmgutachten erhebliche Defizite auf, die auch mit der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters … vom 9.12.2008 nicht ausgeräumt worden seien. So würden nach wie vor nicht die Lärmquellen wie Rührwerke an Fermentern und Nachgärbehältern, Stützluftgebläse und Entschwefelungsgebläse an den Fermentern einbezogen. Die Ausführung des Gutachters … in der ergänzenden Stellungnahme (siehe Bl. 676ff GA) widersprächen den im Antrag auf Genehmigung als Anlage beigefügten Anlagen und Betriebsbeschreibungen (vgl. Bl. 763ff; 769ff GA). Des Weiteren fänden die Fahrten zur Anlieferung von Grünschnitt keine Beachtung. Ungeklärt sei zu dem, welche Lärmgrenzwerte sich die Kläger entgegenhalten lassen müssten. Bereits im Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vom 20.12.2006 hätten die Kläger darauf hingewiesen, dass ihr Grundstück nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gelegen sei, sondern aufgrund der näheren Eigenart der Umgebung in einem reinen Wohngebiet (WR) liege, was bei der Begutachtung zu berücksichtigen sei.

28

Das Gutachten zu den Geruchsimmissionen des Prof. … habe die von dem Beklagten angenommene Einschätzung der Irrelevanz der Biogasanlage zur Gesamtbelastung nicht bestätigt. Dies werde in der Stellungnahme zum Geruchsgutachten vom 05.02.2009 aufgezeigt (Bl. 757ff GA). Im Ergebnis lasse das bisherige Beweisergebnis eine verlässliche Beantwortung der Beweisfrage nicht zu.

29

Die Kläger und Berufungskläger beantragen,

30

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26.06.2007 den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 29.07.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006 aufzuheben.

31

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

32

die Berufung zurückzuweisen.

33

Er tritt der Berufung unter Verweis und Vertiefung der angefochtenen Bescheide entgegen.

34

Die Beigeladenen beantragen,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Sie treten dem Berufungsvorbringen ebenfalls umfassend entgegen. Die von dem Senat eingeholte schalltechnische Immissionsprognose bestätige die bisher im Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten und fachlichen Stellungnahmen; demnach sei von dem genehmigten Betrieb der Beigeladenen keine Richt- bzw. Grenzwertüberschreitung der Lärmimmissionen für die Kläger zu erwarten. Dies gelte auch für die sofort vollziehbar erklärte Erweiterung bzw. dem Neubau eines Schweinemaststalls mit 2.200 Plätzen. Die von dem Sachverständigen … in seinem Gutachten plausibel und nachvollziehbar ermittelten Werte lägen teilweise so signifikant unter den Grenzwerten, dass sich die von den Klägern befürchteten Gesundheitsgefahren offensichtlich nicht bewahrheitet hätten. Selbst eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens zu dem Betrieb der Beigeladenen führe nicht zu einer Überschreitung der Grenz- bzw. Richtwerte der TA Lärm und der 16. BImSchV. Schließlich sei auf Grundlage des Gutachtens des Ingenieurbüros … und des Sachverständigen Prof. … davon auszugehen, dass die ermittelten Geruchsbelastungen nicht ein Volumen einnähmen, das zu einer relevanten Beeinträchtigung führten. Im Übrigen sei bei dieser Form von Immission zu berücksichtigen, dass diese nicht zur Genehmigungsunfähigkeit eines Vorhabens führe, sondern allenfalls zu einer Nachregelung auf der Ebene von zusätzlichen Nebenbestimmungen zu einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Denn Geruchsimmissionen können durch entsprechende technische Vorrichtungen und Filteranlagen – dies gelte jedenfalls bei einer Biogasanlage – bis auf null reduziert werden.

37

Mit Beschluss vom 12.03.2009 (1 B 10069/09.OVG) hat der Senat die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Kläger gegen den Genehmigungsbescheid vom 29.07.2005 unter Abänderung des Beschlusses vom 16.01.2008 (1 B 11353/07.OVG) aufgehoben und damit die Vollziehbarkeit des Bescheides wiederhergestellt.

38

Der Senat hat am 29.05.2009 in der Sache mündlich verhandelt und die Sachverständigen ihre Gutachten erläutern lassen. Hinsichtlich der einzelnen Äußerungen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

39

Der Vertreter des Beklagten hat auf Anregung des Senats und im Einvernehmen mit den Beteiligten den Genehmigungsbescheid vom 29.07.2005 dahingehend geändert, dass statt wie nach der bisherigen Regelung „nachwachsende Rohstoffe (Getreide)“ nur „Getreidekörner“ statt der in Spalte 2 aufgeführten Stoffe („Garten- und Parkabfälle…“), nur „Grasschnitt“ verwendet werden darf und im Übrigen die Regelung zur Schweinegülle unverändert bleibe. Für Transporte über dem T. Weg dürfen nach dieser Neuregelung darüber hinaus 4 cbm-Tankwagen nicht mehr verwendet werden.

40

Der Senat hat den Beteiligten im Hinblick auf den Umfang der von den Klägern vorgelegten Fragen und der Komplexität der Materie zur Gewährung rechtlichen Gehörs und weiteren Aufklärung des Sachverhalts die Möglichkeit gegeben, schriftlich Fragen an die Gutachter zu richten und diese dem Gericht bis zum 12.06.2009 vorzulegen. Die Kläger haben unter dem 10.06.2009 (Bl. 847-866 GA) umfassende Fragen an alle drei Gutachter gerichtet. Der Senat hat diese Fragen mit bestimmten Maßgaben versehen (Bl. 919ff GA) und den Gutachtern zur Beantwortung vorgelegt.

41

Der Gutachter … hat vorab unter dem 10.06.2009 auf Anforderung des Senats eine erneute Berechnung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung – insbesondere der Abänderung des Genehmigungsbescheides – vorgenommen, die der Gutachter unter dem 10.07.2009 vorgelegt hat. Die Beantwortung der von den Beteiligten gestellten Fragen erfolgte im Ergänzungsgutachten (gutachtliche Stellungnahme) vom 13.08.2009. Der Sachverständige Prof. … hat sich unter dem 14.07.2009 zu den Fragen der Beteiligten geäußert, der Sachverständige … am 23.07.2009. Auf den Inhalt der Stellungnahmen wird im Einzelnen verwiesen. Die Kläger haben auf der Grundlage der Stellungnahmen u.a. mit Schriftsatz vom 21.09.2009 (Bl. 1034-1083) erneut umfangreich Einwendungen zu den Antworten auf die vorgenannten Fragen erhoben. Insbesondere wird ausgeführt, dass die Transportermittlung durch den Gutachter … aus verschiedenen Gründen fehlerhaft sei und daher eine Neubegutachtung sowohl der Stoffströme als auch der Lärmbelastung gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO beantragt werde.

42

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie Planunterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

43

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 29.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.11.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

44

1. Eine Rechtsverletzung der Kläger folgt zunächst nicht aus einer unzureichenden Beachtung des Verfahrensrechts. Die Anwendung des sogenannten vereinfachten Verfahrens nach § 19 BImSchG begründet vorliegend schon deshalb keine Verletzung von Rechten der Kläger, weil der Beklagte die Genehmigung der Biogasanlage und der Erweiterung der Schweinemast von 560 auf 2.200 Mastplätze zutreffend in zwei getrennte immissionsrechtliche Verfahren aufgespalten hat.

45

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 4. BImSchV gilt § 19 BImSchG für die in Spalte 2 des Anhangs genannte Anlagen. Die hier genehmigte Biogasanlage ist im Anhang der Verordnung unter Ziff. 8.6. in Buchstabe b, 2. Spalte aufgeführt, so dass gemäß § 19 Abs. 1 BImSchG das vereinfachte Verfahren anwendbar ist. Dem können die Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es sich bei der erweiterten Schweinemast und der Biogasanlage um eine einheitliche Anlage nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b der 4. BImSchV handele. Die von ihnen insofern vorgebrachten Argumente einer technisch, funktional und rechtlich untrennbaren Verbindung verfangen nicht:

46

Eine willkürliche Trennung zu Lasten der Kläger liegt nicht vor, da es sich technisch und rechtlich um zwei eigenständige Anlagen und nicht um eine gemeinsame Anlage im Sinne von § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt. Zwar verlangt die baurechtliche Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB einen Zusammenhang beider Betriebe, der vorliegend bereits durch die vorhandene Schweinemast hergestellt wird. Immissionsrechtlich besteht eine solche Verbindung gerade nicht, wie schon die unterschiedlichen Genehmigungserfordernisse und die unterschiedliche Zuordnung der Biogasanlagen einerseits und der Schweinemastanlage mit einer Größe von 2.200 Mastplätzen andererseits in dem Anhang zur 4. BImSchV zeigen (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 16.05.2006, 7 ME 6/06, RdL 2006, 212). Es handelt sich entgegen der Auffassung der Kläger daher gerade nicht um Anlagen derselben Art i. S. v. § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV. Die baurechtliche Verknüpfung der Anlagen über das Erfordernis einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sowie ein abgestimmtes Nutzungskonzept machen aus selbständigen und unterschiedlichen Anlagen keine einheitliche Anlage im Sinne des Immissionsschutzrechts.

47

Überdies ist im Hinblick auf den geringen energetischen Ertrag von Schweinegülle für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Biogasanlage technisch auch keinesfalls die Erweiterung der Schweinemast erforderlich, wie der Gutachter ... überzeugend bereits in seiner ersten Aufstellung der Biogaserträge (s. Tabelle 5, S. 22 des Gutachtens vom 15.04.2008) aufgezeigt hat. Insbesondere könnte hiernach der erforderliche Eintrag an Getreide nur um etwa 5 % verringert werden. Die gleichwohl vorhandenen wirtschaftlichen Gründe für eine Erweiterung der Mast sind indessen für die hier erforderliche immissionsrechtliche Betrachtung ohne Bedeutung. Dementsprechend ist die Genehmigung des Landkreises Mayen-Koblenz vom 27.11.2006 für eine erweiterte Schweinemast mit 2.200 Mastplätzen hinsichtlich der Beurteilung der Biogasanlage auch insoweit nicht von Belang. Insbesondere führt die dort normierte Bedingung der Vollziehbarkeit der Biogasanlage (Ziffer I, 1.) nicht zu einer technischen Verbundenheit, sondern garantiert lediglich, dass die anfallende Gülle auch im Falle der Erweiterung der Schweinemast einer Verstromung zugeführt werden kann.

48

Durch die Erteilung einer immissionsrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG statt in einem Verfahren nach § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung werden im Übrigen Dritte nicht in eigenen Rechten verletzt. Gegenteiliges folgt nicht aus europarechtlichen Vorgaben, insbesondere nicht aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG (UVP-Richtlinie). Die Klage Dritter kann deshalb nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung führen, wenn das fehlerhafte Verfahren zu einer Verletzung deren eigener materieller Rechte geführt hat (OVG RP, Urteil vom 29.10.2008, DVBl 2009, 390 m.w.N. in Abgrenzung zu OVG RP, Beschluss vom 25.01.2005, 7 B 12114/04.OVG), was indessen vorliegend nicht der Fall ist.

49

2. Eine Rechtsverletzung der Kläger folgt auch nicht aus einer angeblichen Verletzung des in § 37 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 LVwVfG RP verankerten Bestimmtheitsgrundsatzes. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach richten können und auch die mit der Angelegenheit befassten Behörden den Inhalt etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen oder sonstigen weiteren Entscheidungen zugrunde legen können. Ein Dritter kann sich auf die Verletzung dieses Gebots jedoch nur dann mit Erfolg berufen, wenn sich die Bestimmtheit auf einen Regelungsbereich auswirkt, der für die Gewährleistung seiner subjektiven Rechtspositionen von Bedeutung ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.09.1995, BRS 57 Nr. 162 und Beschluss vom 30.05.2005, BauR 2005, 1459 ff.).

50

Vor diesem Hintergrund greifen die auch zweitinstanzlich vorgetragenen umfassenden Vorbehalte gegen die Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bescheides nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat hierzu bereits zutreffend ausgeführt, dass die Bestimmtheit der Anlagenkonzeption in dem notwendigen und hinreichenden Maße gegeben ist, insbesondere drittschützende Rechte der Kläger nicht verletzt werden. Die Genehmigung vom 29.07.2005 sowie der Widerspruchsbescheid vom 22.11.2006 nehmen Bezug auf die Antragsunterlagen des Büros R. & H., die in dem Zeitraum vom 17.08.2004 und 25.07.2005 vorgelegt bzw. ergänzt worden sind. Danach ist die Anlagenkonzeption der Biogasanlage durch die Planung präzise vorgegeben und es sind die Stoffe festgelegt worden, die in der Biogasanlage maximal im Jahr verarbeitet werden dürfen, nämlich insgesamt 6.600 t Schweinegülle, 5.950 t Getreide und 100 t Abfälle aus der Landespflege.

51

Ist damit die Obergrenze hinreichend definiert, so ergab zudem die von dem Senat durchgeführte Beweisaufnahme, dass der vorgenannte Input nicht mit dem genehmigten Aggregat verwertet werden kann. Der Gutachter … hat in seinem Gutachten vom 15.04.2008 (u.a. Tabelle 5, Seite 22 – „Biogaserträge praxisorientiert“) eingehend dargelegt, dass die im Bescheid genannten Input-Mengen in der genehmigten Anlage nicht verstromt werden können, da in einem Blockheizkraftwerk mit 500 kWh Leistung bei einem Auslastungsgrad von 100 % maximal 4.380.000 kWh, tatsächlich aber bei realistischer Auslastung von 91 % nur etwa 4.000.000 kWh Stromerzeugung möglich sind. Demzufolge könne die genehmigte Input-Menge (insbesondere 5.950 t Getreidekörner und 100 t Grasschnitt) in einem 500 kW-Blockheizkraftwerk nicht verstromt werden. Dieser Berechnung legt er zutreffend die Formel –500 kW/h x 24 h/d x 365 d/Jahr– für die Kapazitätsermittlung (vgl. S. 19 des Gutachtens) zugrunde.

52

In den mündlichen Verhandlungen am 29.05. und 07.10. 2009 hat der Gutachter diese Angaben bestätigt und ausgeführt, dass die genehmigte Input-Menge ein größeres Blockheizkraftwerk erfordern würde. Dies liegt zur Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit den beauftragten Gutachtern daran, dass im ursprünglichen Genehmigungsverfahren eine elektrische Leistung von 1 MW festgelegt worden war, während in späteren Verfahren diese Leistung auf 0,5 MW im Hinblick auf den Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 Nr. 6d BauGB reduziert worden ist. Durch diese aus dem Verlauf des Genehmigungsverfahrens zu erklärende überhöhte Festsetzung der Input-Mengen können die Kläger jedoch keine Verletzung ihrer Rechte herleiten. Wie bereits ausgeführt, darf durch die installierte elektrische Leistung der Anlage 0,5 MW nicht überschritten werden, so dass verbindlich festgeschrieben ist, wie viel Strom maximal in der Anlage erzeugt werden darf . Damit ist jedoch zugleich technisch bedingt festgelegt, dass mit dem genehmigten Aggregat auch nur diese Menge Strom erzeugt werden kann . Dass die Beigeladenen entgegen der Anregung des Senats in der mündlichen Verhandlung an den maximal festgesetzten Mengen festgehalten haben, erscheint aus sachlichen Gründen zwar nicht nachvollziehbar, stellt jedoch nicht die Rechtmäßigkeit der Anlagengenehmigung insgesamt in Frage und führt insbesondere nicht zur einer Verletzung der Rechte der Kläger, da sich der erforderliche Input aus der Kapazität des genehmigten Aggregats ohne weiteres errechnen lässt.

53

Die weiteren theoretischen Erwägungen der Kläger im Hinblick auf eine Überkapazität der Anlage erweisen sich vor diesem Hintergrund ebenfalls als nicht erheblich. Insbesondere kann der Senat nicht davon ausgehen, dass der Beigeladene als unternehmerisch handelnder Landwirt Getreidevorräte am Markt aufkauft und diese – ohne die Möglichkeit einer Verstromung zu haben – für die Biogasanlage einlagert. Eine solche Vorgehensweise wäre realitätsfremd und würde letztlich die Rentabilität der gesamten Anlage nachhaltig in Frage stellen. Das Gericht ist indessen im Rahmen der von ihm vorgenommenen Amtsermittlung nicht gehalten, solche irrationalen Verhaltensweisen einer Immissionsprognose zugrunde zu legen, sondern diejenigen eines wirtschaftlich handelnden Unternehmers.

54

Die Kläger können auch nicht mit dem Argument durchdringen, der Beigeladene wolle mittels überhöhter Input-Mengen eine Bevorratung für eine künftige Erweiterung der Anlage betreiben. Dies kann schon deshalb dahinstehen, weil die Genehmigung in einem gerichtlichen Verfahren nur in ihrem tatsächlich gewährten Umfang zu überprüfen ist. Überdies erscheint die Annahme auch deshalb als irreal, da der Beigeladene durch eine erhöhte elektrische Leistung seine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6d BauGB verlöre. Der Vertreter des Beklagten hat erneut in der mündlichen Verhandlung am 07.10.2009 darauf verweisen, dass seine Behörde die Frage der Privilegierung auch nach Bestandskraft der Genehmigung im Blick behalten werde. Anhaltspunkte für die Genehmigung eines weiteren Aggregats bestehen daher nicht. Jedenfalls wäre es für diesen – rein theoretischen – Fall völlig abwegig im Vorfeld Getreidelieferungen zu veranlassen und diese im Lager im Hinblick auf spätere weitere Genehmigungen vorzuhalten, von der fehlenden Lagerkapazität an dieser Stelle ganz abgesehen. Darüber hinaus würde es sich um eine einmalige Einlieferung handeln, da nach Befüllung der Vorratsspeicher eine entsprechende Reduzierung der Getreidemengen nicht mehr zu verzeichnen wäre. Vielmehr wäre dann der Abgang an Getreide durch die Input-Menge limitiert, welche die Biogasanlage unter den genannten technischen Bedingungen derzeit tatsächlich verstromen könnte.

55

Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass nicht klar sei, ob sich der Betrieb der Biogasanlage auf einen Schweinemastbetrieb mit 2.200 (geplante Erweiterung) oder 560 (Bestand) Tieren beziehe. Dieser Umstand hat – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – im Ergebnis keine Auswirkungen auf die genehmigte Anlagenkonzeption der Biogasanlage und ist von daher für die Bestimmtheit der Genehmigung ohne Belang. Insbesondere hat auch der Gutachter … plausibel dargelegt, dass wegen der geringen energetischen Leistung von Gülle maximal nur eine Differenz von jährlich 202.428 KW/h bei einer Gesamtenergieleistung von 3.983.922 KW/h entsteht (vgl. Gutachten …, Tabelle 5, S. 22), so dass insoweit von vorrangigem Interesse ist, dass in jeder Betriebsvariante die Gülle vollständig dem Verfahren der Biogaserzeugung zur Verfügung gestellt wird. Dies ist für den hier zunächst maßgeblichen Ist-Betrieb (560 Mastplätze mit Biogasanlage) so offenkundig, dass es keiner weiteren Ausführungen bedarf; aber auch in den Zielbetrieben mit 2.220 Mastplätzen kann auf der Grundlage der Gutachten hiervon ohne weiteres ausgegangen werden. Ein drittschutzrelevantes Problem der Bestimmtheit des Genehmigungsbescheides kann jedenfalls nicht daraus resultieren, dass die Biogasanlage auch mit einer erweiterten Genehmigung zur Tierhaltung des verbundenen Betriebes funktionsfähig wäre. Gegenteiliges zu fordern geht ersichtlich über das System des zu gewährenden Drittschutz hinaus. Der umfangreiche diesbezügliche Vortrag der Kläger beruht im Wesentlichen auf einer rechtlichen Fehleinschätzung der Tragweite des Bestimmtheitsgebots. Eine immissionsrechtliche Prüfung beinhaltet eine Verkehrsprognose auf der Grundlage einer möglichst realitätsnahen Darstellung der Betriebsabläufe. Eine Genehmigung oder zumindest Nachvollziehbarkeit quasi jedes einzelnen Transports – so muss der Vortrag der Kläger letztlich wohl verstanden werden – kann offensichtlich im immissionsrechtlichen Verfahren nicht verlangt werden, da dies die Genehmigungsunfähigkeit jedes größeren Vorhabens zur Folge haben würde.

56

Vor diesem Hintergrund spielen die von den Klägern befürchteten „Verschiebungen“ beim Grünschnitt (siehe hierzu die Abgrenzung von „Grassilage“, „Heu/Langgut“, „Heu/Ballen“ und „Miscantus“ im Schriftsatz vom 10.06.2009 sowie die Darlegungen zum „Thema Grasschnitt“ im Schriftsatz vom 21.09.2009) weder für die Immissionsbelastung der Kläger nach der 16. BImSchV eine bedeutsame Rolle, noch können diese im Rahmen der Bestimmtheit des Bescheides von den Klägern gerügt werden.

57

Der Beklagte hat darüber hinaus auf Anregung des Senats zur näheren Bestimmung der Inputstoffe der geplanten Biogasanlage in der mündlichen Verhandlung die Anlage 1 zum Genehmigungsbescheid vom 29.07.2005 dahingehend geändert, dass statt wie nach der bisherigen Regelung „nachwachsende Rohstoffe (Getreide)“ nur „Getreidekörner“ und statt der in der Spalte 2 aufgeführten Stoffe („Garten- und Parkabfälle…“), nur „Grasschnitt“ verwendet werden darf. Damit sind der Beklagte und die Beigeladenen dem Anliegen der Kläger insoweit in der größtmöglichen Weise entgegengekommen. Eine weitere Differenzierung war rechtlich zugunsten der Kläger offensichtlich nicht geboten.

58

3. Das streitgegenständliche Vorhaben verstößt auf der Grundlage der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme auch nicht gegen nachbarschützende immissionsschutzrechtliche Bestimmungen. Nach den §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG darf eine Genehmigung nur erteilt werden, wenn schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind. Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (st. Rspr. des BVerwG, vgl. etwa Urteil vom 21.05.1976, BVerwGE 51, 38; Urteil vom 29.04.1988, BVerwGE 79, 254; Urteil vom 30.04.1992, NJW 1992, 2779; Urteil vom 24.09.1992, NJW 1993, 342). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind.

59

a. Unzumutbare Belastungen sind zunächst hinsichtlich der durch die Zulieferung der Biomasse zur Biogasanlage entstehende Verkehrslärmbelastung nicht festzustellen.

60

Maßgebliche Regelung ist Ziff. 7.4. Abs. 2 der TA Lärm i.V.m. den Regeln der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV). Hiernach sollen Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nummer 6.1c bis f TA Lärm durch Maßnahmen organisatorischer Art soweit wie möglich vermindert werden, soweit sie u.a. den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen und die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung erstmals oder weitergehend überschritten werden.

61

Der Vortrag der Kläger, Ziff. 7.4. Abs. 2 TA Lärm könne keine Anwendung finden, weil es keinen erforderlichen fließenden Verkehr gebe, in den sich der zusätzliche Verkehr einordnen könne, ist zurückzuweisen. Entscheidend für die Frage, ob Verkehrsgeräusche der Anlage gemäß Ziff. 7.4. Abs. 1 TA Lärm unmittelbar zuzuordnen sind oder gemäß Absatz 2 bis 4 nur eingeschränkt in die Beurteilung einbezogen werden, ist zunächst der Entstehungsort der Geräuschemissionen entweder auf öffentlichen Verkehrsflächen oder auf nicht-öffentlichen Flächen. Im Allgemeinen ist damit die Werks- oder Betriebsgrenze maßgeblich (vgl. Feldhaus, Kommentar zum Bundesimmissionsschutzrecht, B.3.6, Rn. 40ff).

62

Dabei ist grundsätzlich der durch die Nutzung einer baulichen Anlage bedingte Zu- und Abgangsverkehr dieser auch dann zuzurechnen, wenn er auf der öffentlichen Verkehrsfläche im Bereich der baulichen Anlage stattfindet (BVerwG, Urteil vom 27.08.1998, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr 190). Für die Beurteilung der Zumutbarkeit des vom Zu- und Abgangsverkehr ausgehenden Lärms ist die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) dann nicht anwendbar, wenn es sich um von üblichen Verkehrsgeräuschen unterscheidbare Betriebsgeräusche handelt (Feldhaus, Kommentar zum Bundesimmissionsschutzrecht B.3.6, Rn. 40ff). Dies hat der Gutachter … in Umsetzung der Vorgaben des Senats umfassend berücksichtigt, so dass insofern auf den Inhalt dieser Darstellungen verwiesen werden kann (siehe u.a. S. 41 ff des Gutachtens vom 01.10.2008).

63

Es gibt aber auch im Übrigen keinen plausiblen Grund, warum die 16. BImSchV über Ziff. 7.4. Abs. 2 TA Lärm vorliegend hinsichtlich des Anlieferverkehrs keine Anwendung finden sollte. Der Umstand, dass der … Weg bisher angeblich kaum befahren werde, kann nicht die Anwendbarkeit der Regelung, die für öffentliche Verkehrsflächen außerhalb des Anlagenbereichs allgemein Gültigkeit beansprucht, in Frage stellen. Zudem hat der Gutachter ... bei seiner Verkehrszählung durchaus eine messbare Vorbelastung festgestellt. Darüber hinaus kann nicht ernstlich in Frage gestellt werden, dass es sich bei den transportbedingten Geräuschen vor dem Grundstück der Kläger um Verkehrsgeräusche und nicht um Betriebsgeräusche der Biogasanlage handelt.

64

Der Gutachter hat auf dieser Grundlage in seiner Ausarbeitung und den nachfolgenden Stellungnahmen eindeutig die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte bestätigt. Er kam zu dem Ergebnis, dass im Zusammenhang mit dem Ziel- und Quellverkehr des Betriebs auf dem … Weg und der … davon auszugehen sei, dass der Tagesimmissionsgrenzwert von 59 dB(A) für Wohngebiete entsprechend der 16. BImSchV sicher eingehalten werde, was auch bei einer Verdoppelung des Verkehrsaufkommens durch den Betrieb … gelte. Nach der zusammenfassenden Darstellung auf S. 51 ergäben die im Zusammenhang mit dem Ziel- und Quellverkehr des Betriebes auf dem … Weg und auf der Industriestraße zu erwartenden Verkehrsgeräuschimmissionen gemäß Auflistung Gutachten ... in Überlagerung mit dem schon vorhandenen Verkehr aus dem Ortsbereich (Zählwerte mit erhöhtem Verkehrsaufkommen wegen Baustelle) für den Maximalansatz (Getreideernte, Zielbetrieb 1) einen zumutbaren Gesamtbeurteilungspegel, der in Tabelle 11 ausgeführt ist. Darin ist dargestellt, dass auf dem … Weg … der Wert von 54 db(A) tags und auf dem … Weg … von 30 db(A) tags nicht überschritten wird. Da auch während der Getreideerntezeit der Tagesimmissionsgrenzwert von 59 dB(A) für Wohngebiete entsprechend der Verkehrslärmschutzverordnung eingehalten werde, seien organisatorische Maßnahmen im Sinne der TA-Lärm nicht erforderlich.

65

Mit den hiergegen vorgebrachten Einwänden vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Das Gutachten ist nachvollziehbar in seinen Erhebungen und plausibel in den vorgenommen Bewertungen. Insbesondere können die auf der Grundlage der ersten mündlichen Verhandlung u.a. mit Schriftsatz vom 10.06.2009 vorgebrachten weiteren Einwendungen und Fragen der Kläger (Ende der 30 km/h-Zone, angeblich höheres Gesamtaufkommen des Verkehrs) nicht zu anderen Ergebnissen führen. Der Gutachter … war bereits in seiner Stellungnahme vom 09.12.2008 umfassend auf die Bedenken der Kläger eingegangen; in seiner von dem Gericht unter dem 23.07.2009 vorgelegten weiteren Stellungnahme (Bl. 984ff GA) hat er die Ermittlung des durch die Biogasanlage sowie den erweiterten Mastbetrieb verursachten Fahrzeug- bzw. Verkehrslärms nochmals eingehend und nachvollziehbar dargestellt (Bl. 991 ff GA). An mehreren Stellen hat der Gutachter bekräftigt (u.a. Bl. 994, 992 GA), dass es sich stets um Maximalannahmen handele, so dass selbst bei einer deutlichen Erhöhung von Fahrten durch die alternativen Berechnungen der Gärreste- und Getreidetransporte die Tagesimmissionsgrenzwerte von 59 dB(A) bei jeder Genehmigungsvariante (auch bei 50 km/h) sicher eingehalten werden. Dementsprechend sind derzeit auch keine organisatorischen Maßnahmen nach der TA Lärm erforderlich und war den weiteren Beweisanregungen und -anträgen der Kläger angesichts sicher eingehaltener Grenzwerte nicht weiter nachzugehen.

66

Auch konnten die – mit dem Ziel der Belegung der Annahme einer höheren Verkehrsbelastung – gegen das Stoffstromgutachten des Gutachters … vorgebrachten Einwendungen nicht verfangen. Insbesondere geben die in der ergänzenden Berechnung des Gutachters … vorgelegten Transportzahlen keine Veranlassung zu der Annahme, dass nunmehr maßgebliche Immissionsrichtwerte überschritten würden, wobei auf die vorherigen Ausführungen zu verweisen ist. Ergänzend ist das Folgende auszuführen:

67

Für die Annahme einer Gärrestmenge von über 25.000 t (vgl. Klägervortrag Bl. 1049 GA) gibt es keine reale Grundlage, was der Gutachter … der Sache nach mit seiner Stellungnahme vom 13.08.2009 hinreichend beantwortet hat. Bei den im Ist-Betrieb anfallenden 2.820 t Gärresten ist es ausgeschlossen auf ein Gesamtvolumen von 25.000 bzw. über 30.000 t zu gelangen. Denn die Gärrestmenge entspricht dem Gewicht der eingebrachten Substrate abzüglich des Gewichts des erzeugten Biogases (Gutachten …, S. 23). Eine Zuführung von über 23.000 bis 27.000 t Substrat (z.B. Wasser) ist – sofern die Kläger so zu verstehen sein sollten – als völlig fernliegend zurückzuweisen.

68

Hinsichtlich der weiteren Befürchtung einer „beliebigen Variation“ der Transporte (u.a. bei der Gärrestausbringung - 4t, 12t, 20t-Fässer etc.) gelten zunächst die vorherigen Ausführungen zur Rügefähigkeit der Bestimmtheit der Genehmigung. Im Übrigen wurde bereits dem Anliegen der Kläger insofern Rechnung getragen, dass durch Abänderung des Bescheids in der mündlichen Verhandlung am 29.05.2009 für Transporte über den … Weg Tankwagen mit einem Fassungsvermögen von 4 cbm ausgeschlossen worden sind. Darüber hinaus ist hinsichtlich dieser Frage auf die Stellungnahme des Gutachters … vom 13.08.2009 (S. 2 f) zu verweisen. Insbesondere hat der Gutachter hier ausgeführt, dass bei den Transportkapazitäten allgemein bereits 50 % durch 10 bis 12 t-Fahrzeuge (Zweiachsfahrzeuge) und weitere 25 % durch 15 bis 18 t-Fahrzeuge (Dreiachsfahrzeuge) bewältigt würden. Die Transporte von Landhandel zu Landwirt erfolgten heute bereits zu fast 100 % über LKW. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass die Anlage bei Direktbezug von Getreide aus Landwirtschaftsbetrieben auch mit Fahrzeugen ...er Gewichtskategorien angefahren würde. Jedoch liege deren Anteil aufgrund der üblichen Fahrzeugausstattung der landwirtschaftlichen Betriebe der Region bei ca. 25 %. Im Mittel liege die Transportkapazität bei diesem Getreidebezugsweg bei ca. 11 t. Für die restlichen Zukaufmengen würde realistischerweise ohnehin Bezug und Anfuhr aus hoffernen Gebieten unterstellt, die überwiegend als LKW-Transporte erfolgen würden. Auch hat der Gutachter ausdrücklich klargestellt, dass die Anlieferung von 5.950 t Getreide unter Zugrundelegung einer Transportkapazität von 5 t bis 7 t der heutigen Wirtschaftlichkeit im landwirtschaftlichen Transportwesen in keiner Weise entspreche und sich daher eine weitere Berechnung erübrige. Dem schließt sich der Senat ausdrücklich an.

69

Die hiergegen zuletzt mit Schriftsatz vom 21.09.2009 und in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwendungen vermögen eine andere Sicht nicht zu rechtfertigen. Sie sind schon im Hinblick auf die vorhandene Lagerkapazität des Betriebes des Beigeladenen (1.176 t für Getreide) als irreale Maximalberechnung zurückzuweisen. Diese Alternativberechnungen, die dem Ziel dienen sollen, den von dem Gutachter … als sicher eingehalten beurteilten Grenzwert der 16. BImSchV für einen Zeitraum von 12 Tagen Erntezeit als möglicherweise überschritten darzustellen, greifen auf der Grundlage der plausiblen Angaben des Gutachters ... nicht durch. Dies gilt im Hinblick auf die nicht vorhandene Lagekapazität ebenso wie die Annahme, die Beigeladenen erhielten in großen Mengen Getreide von Landwirten der Umgebung direkt bei der Ernte, wozu jegliche Belege fehlen. Letztlich können die sachverständigen Feststellungen des Gutachters ... auch nicht durch bloße (fiktive) Gegenrechnungen und Praxisbeispiele entkräftet werden. Hierzu hätte es in diesem Stadium des Verfahrens einer entgegenstehenden sachverständigen Stellungnahme bedurft.

70

Schließlich hat auch die vorsorglich – auf Anweisung des Senats – vorgenommene ergänzende Berechnung des Gutachters … zu keinem für die Kläger günstigerem Ergebnis geführt.

71

Der Gutachter hat auf Aufforderung des Senats in seinem „Ergänzungsgutachten“ vom 10.06.2009 zunächst eine Erhöhung der Substratmenge (Getreidekörner) um 15 % vorgenommen und dies auf den Maximalbetrieb (Zielbetrieb 2) erneut berechnet. Er hat auch einen um 15 % erhöhten Getreideinput der Zusammenfassung aller Transportfahrten (S. 5 des Ergänzungsgutachtens) zugrunde gelegt. Damit seien auf dieser Grundlage im erweiterten Ist-Betrieb (560 Mastplätze und Biogasanlage) mit 1.274 Fahrten (bei 10 t Transportgefäßen) und mit 1.001 Fahrten (bei 20 t Transportgefäßen) zu rechnen. Dabei ist indessen zu berücksichtigen, dass sich nach der aktuellen – vom Gutachter plausibel dargestellten – Flächenberechnung der Anteil der Fahrten über die Ortslage im Bereich der Kläger auf etwa 83 % verringern würde, was zu einer Anzahl von 1201 bzw. 944 Fahrbewegungen führen würde. Der Gutachter hat sodann in Tabelle 6 eine Zusammenfassung bei Erhöhung des Getreideinputs auf die maximal erlaubten 5.950 t vorgenommen und ist dabei zu einem Ergebnis (Ist-Betrieb mit Biogas) von maximal 1.498 Fahrten (10 t Behälter) und 1.187 Fahrten (20 t Behälter) gekommen, wobei erneut die entsprechende Relation von 83 % zugrunde zu legen wäre. Hinsichtlich der erforderlichen Getreidetransporte kommt er etwa für den Zielbetrieb 2 mit 2.200 Mastplätzen auf 32 Transporttage für zuzukaufende Getreidemengen, wobei für jeden Transporttag etwa mit 10 Tagestouren und damit durchschnittlich 20 Fahrten über den … Weg zu rechnen sei (S. 10 des Ergänzungsgutachtens).

72

Schließlich war die Anregung der Kläger, einen neuen Sachverständigen gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO zu beauftragen, zurückzuweisen, da die von den Klägern zuletzt mit Schriftsatz vom 21.09.2009 vorgetragenen Bedenken gegen die Eignung des Gutachtens … bzw. des Gutachters selbst zur Überzeugung des Senats unbegründet sind.

73

b. Unzumutbare Lärmbelastungen durch die Biogasanlage selbst sind im Rahmen der hier maßgeblichen Ziff. 6 der TA Lärm auf der Grundlage der Beweisaufnahme ebenfalls sicher auszuschließen.

74

Der maßgebliche Beurteilungspegel nach der TA Lärm ist abhängig von der Gebietsqualität. Vorliegend gibt es nach Auskunft der Stadt Mayen vom 28.05.2009 (Herr H., Stadtverwaltung Mayen, Fachbereich 3 – Bauen) im Bereich des Grundstücks der Kläger keinen Bebauungsplan, während der angrenzende Bebauungsplan „In der vorderen … – 1. Änderung und Ergänzung“ ein allgemeines Wohngebiet und Gemeinbedarfsflächen festlegt. Von daher erscheint es naheliegend, schon aus diesem Zusammenhang heraus, dem Grundstück der Kläger keine höhere Schutzwürdigkeit als die eines allgemeinen Wohngebiets zuzubilligen.

75

In Bereichen, wo Gebiete unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist zudem die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, die u.a. dazu führt, dass der Belästigte Nachteile hinnehmen muss, die er außerhalb eines derartigen Grenzbereiches nicht hinzunehmen brauchte. Das führt nicht nur zur Pflichtigkeit dessen, der Belästigungen verbreitet, sondern auch – im Sinne der „Bildung einer Art von Mittelwert“ – zu einer die Tatsachen respektierenden Duldungspflicht derer, die sich in der Nähe von – als solche legalen – Belästigungsquellen ansiedeln. (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1975, BVerwGE 50, 49 – Tunnelofen; BayVGH, Urteil vom 27.11.2006, 15 BV 06.422).

76

Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme (objektivrechtlich) stellt, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.06.1990, ZfBR 1990, 293) wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Maßgebend ist u.a. Art und Ausmaß der schutzwürdigen Stellung des Rücksichtnahmebegünstigten. Dessen Schutzbedürfnis ist gegen die ihrerseits schutzwürdigen Interessen des Bauherrn mit der Fragestellung abzuwägen, was dem einen und dem anderen nach Lage der Dinge billigerweise "zuzumuten" ist. Bei der Interessenabwägung dürfen bestehende Vorbelastungen nicht außer Betracht bleiben. Was von einem genehmigten Betrieb legal an Belastungen verursacht wird und sich auf eine vorhandene Wohnbebauung auswirkt, kann deren Schutzwürdigkeit mindern. Dementsprechend sind die Lage des Grundstücks der Kläger in der unmittelbaren Grenze zum Außenbereich und der bereits seit Jahrzehnten vorhandene Schweinemastbetrieb bei den Zumutbarkeitserwägungen zu berücksichtigen.

77

Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts spricht danach die Lage des Grundstücks der Kläger am Rande des Außenbereichs eher für eine Schutzwürdigkeit entsprechend derjenigen eines Dorfgebietes; andererseits ist zu berücksichtigen, dass es insbesondere der Betrieb der Beigeladenen ist, der dem angrenzenden Gebiet das landwirtschaftliche Gepräge gibt, sodass es sachgerecht erscheint, einen Mittelwert zwischen Dorfgebiet und allgemeinem Wohngebiet zu bilden. Jedenfalls kann aber den Klägern kein über denjenigen eines allgemeinen Wohngebietes hinausgehender Schutz zugebilligt werden.

78

Der Gutachter … ist vor diesem Hintergrund in seinem Gutachten vom 01.10.2008 zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) bei jeder Genehmigungsvariante sicher eingehalten würden (S. 49). Zwar ergäben sich „in Überlagerung der zu erwartenden Geräuschimmission der Biogasanlage und erweiterten Mastbetrieb mit dem vorhandenen Betrieb“ gemäß Tabelle 10 (S. 50) Beurteilungspegel, die deutlich über dem bisherigen Stand lägen. Der Tages- und Nachtimmissionsrichtwert eines allgemeinen Wohngebietes von 55 bzw. 40 dB(A) werde aber auch hier sicher eingehalten.

79

Der Gutachter führt weiter aus (S. 44), dass bei der Betriebsbeschreibung des landwirtschaftlichen Betriebes B. Angaben mitgeteilt worden seien, die eine Maximalsituation kennzeichneten, die nicht täglich zu erwarten sei. Daher korrespondiere die Fahrzeuganzahl insofern nicht mit dem Fahrzeugaufkommen des Gutachtens …, die aus Mittelwerten aus dem jährlichen Verkehrsaufkommen errechnet wurden und keine Spitzentage im Sinne der TA-Lärm darstelle. Bei Zugrundelegung eines maximalen Betriebsablaufs kommt der Gutachter bei den Immissionspunkten zu dem Beurteilungspegel, die er in Tabelle 6 (S. 46) dargestellt hat. Der Höchstwert wird hier am Wohnhaus der Kläger, … Weg …, Ostseite mit 43 dB(A) tags und 31 dB(A) nachts angegeben. Am … Weg … ergaben sich Werte von 44 db(A) tags und 23 db(A) nachts, so dass bereits bei Zugrundelegung eines allgemeinen Wohngebietes alle Grenzwerte der TA Lärm sicher eingehalten wurden.

80

Die hiergegen vorgetragenen Einwendungen der Kläger zu den angeblich unvollständigen und teilweise unzutreffenden Ermittlungen der Lärmquellen konnten keine ernstlichen Zweifel an den gutachterlichen Feststellungen begründen. Der Gutachter hat zur Überzeugung des Senats in seinen Stellungnahmen vom 09.12.08 (Bl. 676 ff GA) und vom 23.07.2009 (Bl. 984 ff GA) die aufgekommenen Fragen umfassend und erschöpfend beantwortet und im Ergebnis die von den Klägern geforderte weitere Berechnung („Neuberechnung“) für nicht erforderlich erachtet (S. 11 des Schreibens vom 23.07.2009, Bl. 994 GA). Dem schließt sich der Senat an, da erhebliches Vorbringen hiergegen nicht erbracht wurde.

81

c. Durch das hier allein streitgegenständliche Vorhaben der Beigeladenen – die Errichtung einer Biogasanlage nach Maßgabe der Genehmigung vom 29.07.2005 – werden die Kläger zur Überzeugung des Senats auch nicht von erheblichen Geruchsimmissionen betroffen. Dabei hat die Erweiterung der Schweinemast jedenfalls hier außer Betracht zu bleiben, weil sie Gegenstand einer gesonderten Genehmigung ist und die Geruchsimmissionen nicht der Biogasanlage unmittelbar zugeordnet werden können.

82

Für die Ermittlung und Bewertung von Geruchsimmissionen aus Biogaskraftwerken fehlen rechtsverbindliche Konkretisierungen. Eine sachgerechte Orientierungshilfe für die Beurteilung der Zumutbarkeit der mit einer Schweinehaltung verbundenen Immissionen kann die VDI-Richtlinie 3471 bieten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.07.1998, NVwZ 1999, S. 63). Werden die sich aus ihr ergebenden Mindestabstände eingehalten, stellt dies ein Indiz dafür dar, dass durch die Schweinezucht keine für die Nachbarn unzumutbaren Emissionen ausgelöst werden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.05.2003, 22 A 5565/00, juris). Eine unmittelbare Anwendung für Biogasanlagen kommt indessen wegen der insoweit fehlenden Vergleichbarkeit nicht in Betracht.

83

Auch die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) kann schon mangels normativer Wirkung keine unmittelbare Anwendung finden. Bei der GIRL handelt es sich um ein von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) entwickeltes (s. BT-Drs. 15/3600, S. 305), in einigen Bundesländern – jedoch nicht in Rheinland-Pfalz – als Verwaltungsvorschrift eingeführtes Regelwerk zur Ermittlung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen (vgl. zuletzt OVG RP, Urteil vom 04.07.2006, 8 C 11709/05.OVG; vgl. auch Beschluss vom 15.06.2005, 8 A 10548/05.OVG). Vor diesem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren primär anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann, jedoch für das Gericht in seinen inhaltlichen Aussagen nicht bindend ist. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke (hier diejenigen der Kläger und des Beigeladenen) gestellt sind und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Kläger zu erwarten ist.

84

Dabei ist auch in diesem Zusammenhang zu beachten, dass in den Bereichen, in denen Baugebiete von unterschiedlicher Qualität und unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet ist, die unter anderem dazu führt, dass der Belästigte Nachteile hinnehmen muss, die er außerhalb eines derartigen Grenzbereiches nicht hinzunehmen brauchte (BVerwG, Urteil vom 12.12.1975, BVerwGE 50, 49). Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 14.03.2007, RdL 2007, 145), müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt.

85

Vor diesem Hintergrund ist in der Gesamtschau der dem Senat vorliegenden Gutachten und sachverständigen Stellungnahmen nicht damit zu rechnen, dass die Kläger auf ihrem Grundstück unzumutbaren Geruchsimmissionen durch die Biogasanlage ausgesetzt wären.

86

Dies ergibt sich zunächst, worauf auch das Verwaltungsgericht bereits hingewiesen hat, aus der im Genehmigungsverfahren vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme „Geruchsgutachten und Ammoniakprognose für die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes …, Mayen-Koblenz“ des Ingenieurbüros … vom Januar 2004. Hierin ist im Hinblick auf die Erweiterung der Schweinemast auf 2.200 Mastplätze ausgeführt, dass auf keiner Beurteilungsfläche mit geschlossener Wohnbebauung eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,10 (entsprechend 10 % der Jahresstunden) erreicht oder überschritten werde und auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Ammoniakimmissionen vorlägen. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die Geruchsimmissionen westlich der Anlage in einer Entfernung von 150 m lediglich an 7,5 % der Jahresstunden wahrnehmbar seien. Da das Wohnhaus … Weg … mehr als 150 m von der geplanten Anlage entfernt steht, sah bereits die Vorinstanz keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger unzumutbaren Geruchsimmissionen nach den Regelungen der GIRL, ausgesetzt seien. Mit Schreiben vom 08.10.2004 hat der Beigeladene ergänzend mitgeteilt, dass bisher die anfallende Gülle in einem 1006 cbm großen Güllebehälter gelagert sei, so dass eine verminderte Geruchsbelastung zu erwarten sei.

87

Der Gutachter Prof. ... ging in seiner Beantwortung der Beweisfrage in dem Gutachten vom 30.12.2008 davon aus, dass bei keiner der vier beauftragten Betriebsvarianten mit letztlich erheblichen Geruchsimmissionen durch die Biogasanlage zu rechnen sei. Zusammenfassend führte er zwar aus (S. 59), dass die kalkulierten Gesamtgeruchsemmissionen von 66,496 MGE/h (Annahme für den erweiterten Planzustand II) den ungünstigsten Fall darstellten und um 33,5 % höher seien als die 49,824 MGE/h der Ausbreitungsrechnung des Büros .... Insgesamt kommt der Sachverständige jedoch zu dem Schluss, dass die Annahmen des genannten Ingenieurbüros sowie der genehmigenden Behörde zutreffend gewesen seien, die Geruchsstoffimmissionen der Biogasanlage bei der Ausbreitungsrechnung unberücksichtigt zu lassen, da deren Anteil an der Gesamtbelastung bei Nichtberücksichtigung der Geschlossenheit der Anlage im Hinblick auf den Zielbetrieb mit erweiterter Schweinemast maximal 14 % betrage.

88

Der Gutachter hat ergänzend zu den Fragen der Kläger unter dem 14.07.2009 ausführlich Stellung genommen. Dabei hat er zunächst ausgeführt, dass die unterschiedlich betrachteten Input-Mengen hinsichtlich der Geruchsimmissionen kaum von Bedeutung seien. Auch hinsichtlich der Geruchsimmissionen sei die Begrenzung des Blockheizkraftwerks auf 500 kW Leistung der limitierende Faktor. Die im vorliegenden Fall zugelassenen Input-Mengen seien wahrscheinlich dadurch entstanden, dass man ursprünglich von 2 BHKW-Modulen à 536 kW ausgegangen sei und im Folgenden aufgrund der Privilegierungsgrenze des § 35 Abs. 1 Nr. 6d BauGB das 2. BHKW aus der Planung genommen und dabei die Input-Mengen einfach beibehalten habe. Wenn die vom Ingenieurbüro ... angesetzte Gesamtemissionen von 13.840 GE/s (nur Mastschweinestall mit 2.200 Mastplätzen) zur Überschreitung der Geruchshäufigkeit an den Immissionspunkten von lediglich 4 bis 6 % führen, so wäre bei isolierter Betrachtung der Biogasanlage durch den Sachverständigen maximal 7.291 GE/s anzusetzen. Diese Quellstärke entspreche 52,7 % der vom Ingenieurbüro ... angesetzten Gesamtimmissionen von 13.048 GE/s und wäre damit nicht geeignet, zu höheren Geruchsimmissionen auf dem Grundstück der Kläger als 6 % zu führen. Dabei ist der Sachverständige auch nach der weiteren Befragung bei der Auffassung geblieben, dass die durch Messungen in der Wetterstation Mendig gewonnenen Wetterdaten für den Anlagenstandort grundsätzlich verwendungsfähig seien.

89

Hinsichtlich der Erheblichkeitsschwellen nach 3.3 GIRL weist der Gutachter zusammenfassend darauf hin, dass die Biogasanlage (bei Außerachtlassen der Geschlossenheit der Anlage) zwar mehr als 2 % zusätzliche Immissionen erzeugen könne, es aber unwahrscheinlich sei, dass die Berücksichtigung der Biogasanlage bedingten Geruchsimmissionen eine Grenzwertüberschreitung nach GIRL von 10 % hervorrufen würden. Lege man das vorhandene Gutachten ... zugrunde, so ergäben sich aus den ermittelten Wahrnehmungshäufigkeiten Werte von 6 % bis 8 % auf dem Grundstück der Kläger.

90

Der Sachverständige verweist ergänzend auf eine Vergleichsrechnung der SGD Nord gemäß Schreiben vom 26.06.2009. Danach sei eine Ausbreitungsberechnung mit den vom ihm ermittelten Geruchsfrachten von 2.200 Mastschweinen und der Biogasanlage durchgeführt worden (Tafeln 16 bis 19 Gutachten …). Die Wahrnehmungshäufigkeit der Geruchsimmissionen betrage hiernach auf dem auf dem Grundstück der Kläger 9 % (gelbe Zelle). Sofern die Vergleichsrechnung der SGD Nord mit den vom Sachverständigen angesetzten Maximalimmissionen (Gliederungspunkt 5, Tafel 20 des Gutachtens) erfolgt sei, wäre anzumerken, dass die Immissionen der Biogasanlage in der Realität etwas niedriger ausfallen würden, da die Geschlossenheit der Anlage unberücksichtigt geblieben sei. Daher würden die Geruchsquellen laut Tafel 18 des Gutachtens 1b (Lagerung Grünschnitt), 2b (Dosierung Grünschnitt), 3b (Verdrängungsluft Input-Stoffe), 9b (Luftwechsel BHKW-Raum) in der Realität nicht oder kaum in Erscheinung treten. Es sei dabei zu beachten, dass die gesamte Biogashalle unter Unterdruck stehe.

91

Im Falle der Nichterweiterung der Schweinemast sei der Anteil der Biogasanlagengerüche mit 2.332 GE/s mit 32 % an der Gesamtimmissionsfracht (7.291 GE/s) nicht unerheblich, jedoch insgesamt nicht dazu geeignet, zu mehr als 6 % Wahrnehmungshäufigkeit an den Immissionspunkten zu führen. Hierzu seien bekanntermaßen die von … gerechneten 13.840 GE/s bereits nicht fähig gewesen. Nach Einschätzung des Sachverständigen (ohne Verifizierung über eine eigene Ausbreitungsberechnung und nur durch Vergleich mit der Erstrechnung von … und der von der SGD Nord angefertigten Vergleichsrechnung vom 26.06.2009) liege die Sachlage hier so, dass die Zusatzbelastung durch Gerüche an den Immissionspunkten um mehr als 2 % betragen werde, der GIRL-Grenzwert von 10 % aber insgesamt unterschritten bleibe. Er habe bei der Begutachtung alle ihm relevant erscheinenden Geruchsquellen der Biogasanlage sowie auch der Mastschweinestallung (560 bzw. 2.200 Mastplätze) in zwei Leistungsstufen hinsichtlich der Tageszunahme der Tiere sorgfältig ermittelt und durch Vergleich der Relationen der ermittelten Geruchsimmissionen die Beantwortung der Beweisfrage ermöglicht.

92

Der Beklagte hat in dem genannten Schreiben vom 26.06.2009 mitgeteilt, dass die genannte Vergleichsrechnung auf der Grundlage der Bestimmungen der TA Luft 2002 und der GIRL 2008 (Fassung vom 29.02.2008) unter Anwendung des Rechenprogramms AUSTAL 2000 mit den von Prof. ... ermittelten Geruchsfrachten, der dortigen Geländetopografie sowie den Wetterdaten der Wetterstation Mendig vorgenommen worden sei. An dem Haus der Kläger werde danach der Immissionswert für Wohn-/Mischgebiete von 0,10 unterschritten. Die Verwendung der Wetterdaten von Mendig führe im vorliegenden Fall auch zu einer zutreffenden Prognose. Die Wetterstation Mendig liege in einer offenen, relativ flachen Landschaft, welche bis an die Ortslage von … heranreiche. Daher sei davon auszugehen, dass die Windverhältnisse auf dem freien Feld nordöstlich von … denen am Flugplatz Mendig entsprächen. Deshalb sei es zulässig, die Wetterdaten der Station Mendig für eine Berechnung der Geruchsimmissionen im Einwirkungsbereich der Anlage zugrunde zu legen. Diese Wetterdaten seien auf eine Anemometerposition 1.000 m nördlich der Anlage übertragen, also auf einen Punkt in der weiten Feldflur. Lokale Windsysteme (wie z.B. Kaltluftabflüsse), welche in besonderer Weise Immissionen der Vergärungsanlage zu den Häusern der Kläger tragen könnten, seien aufgrund der Topografie nicht anzutreffen.

93

Diese Berechnung der Beklagten ist von den Klägern nicht substantiiert fachlich in Abrede gestellt worden, so dass sie mit zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden konnte (vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 19.01.2009, 15 CS 08.2980). Hinzu kommt die geschlossene Ausführung der Anlage, die bei der Begutachtung ... ja außer Betracht geblieben ist. Denn die Geschlossenheit der Anlage ist ein wesentlicher Faktor für das Ausmaß der letztlich bei den Klägern ankommenden Immissionen. Dabei ist zu beachten, dass in Ziffer 3.5.2 der Nebenbestimmungen der Genehmigung vom 29.07.2005 dafür Sorge getragen worden ist, dass Speicherbehälter für geruchsemittierende Stoffe wie Nachgärer, Hygienisierungsbehälter und Güllevorratsbehälter bei Befüllvorgängen so abzusaugen sind, dass keine geruchsbeladene Verdrängungsluft nach außen dringt und in der übrigen Zeit ständig Luft abzusaugen ist. Hierdurch wird sichergestellt, dass die durch die bestimmungsgemäßen Betriebsabläufe entstehenden Geruchsimmissionen möglichst gering bleiben. Gerade auch vor diesem Hintergrund ist auf der Grundlage der Beweisaufnahme nicht zu erwarten, dass für die Kläger unzumutbare Geruchsimmissionen bereits bei Annahme eines Grenzwerts der Wahrnehmungshäufigkeit an 10 % der Jahresstunden entstehen.

94

Im Übrigen kommt auch dem von dem Gutachter unterstellten Wert von 10 % schon nach der zum Zeitpunkt der Genehmigung geltenden Fassung der GIRL keine Verbindlichkeit zu. So können vielmehr in einem (faktischen) Dorfgebiet, das durch praktizierende landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung geprägt ist, auch Gerüche zuzumuten sein, die 15 % der Jahresgeruchsstunden überschreiten (vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.09.2007, BauR 2008, 71). Die Werte nach Nr. 3.1. GIRL (Fassung vom 21.09.2004) für Immissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung (Schweine, Rinder) würden dem Begriff dessen, was unzumutbar im Sinn des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO bzw. im Sinn des § 3 Abs. 1 BImSchG "erheblich" ist, nicht gerecht (vgl. BayVGH, Urteil vom 17.09.2007, 15 BV 07.142 m.w.N.).

95

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat auch für Beurteilung von Gerüchen aus Biogasanlagen grundsätzlich an, da die Geruchsbelastung im Wesentlichen aus der zugrundeliegenden Tierhaltung wurzelt und die zu betrachtenden Geruchsimmissionen der Tierhaltung im weiteren Sinne zuzuordnen sind. Der genannten Kritik Rechnung tragend sieht Tabelle 1 von 3.1. der GIRL 2008 (in der Fassung der Ergänzung vom 10.09.2008) nunmehr ohnehin für Dorfgebiete einen Wert von 0,15 vor, der vorliegend auf der Grundlage der Begutachtungen ebenso sicher eingehalten werden kann, wie ein Mittelwert aus Wohn- und Dorfgebiet. Mit der Einordnung von 0,15 für Dorfgebiete wird dem Anliegen Rechnung getragen, für die in Tabelle der Ziffer 3.1. genannten Gebiete ein gebietsadäquates Immissionsniveau zu gewährleisten und damit den Erheblichkeitsbegriff des § 3 Abs. 1 BImSchG gesetzeskonform zu konkretisieren (vgl. Lang, NuR 2008, 15 m.w.N.).

96

Nach alledem greift bereits die postulierte Erheblichkeitsschwelle nach 3.3 GIRL schon deshalb nicht ein, weil bereits der Grenzwert von 10 % nach der GIRL nicht überschritten wurde. Für den hier maßgeblichen Mittelwert zwischen 10 % und 15 % kann dies naturgemäß mit einem noch deutlich erhöhten Grad an Sicherheit angenommen werden.

97

Den weiteren Sachermittlungsanregungen und dem in der mündlichen Verhandlung am 07.10.2009 gestellten Beweisantrag der Kläger war auf dieser Grundlage nicht mehr nachzugehen. Die fachlichen Aussagen des Ing.-Büros R. & H., des Sachverständigen Prof. … und des Beklagten sind von den Klägern nicht durch eine eigene sachverständige Stellungnahme erschüttert worden. Die vorhandenen sachverständigen Begutachtungen und Stellungnahmen bieten damit genügend Grundlage für die Beurteilung der immissionsrechtlichen Zulässigkeit der streitgegenständlichen Biogasanlage.

98

4. Eine Rechtsverletzung der Kläger ergibt sich ferner auch nicht aus den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen der VO (EG) 1774/2002. Der Senat geht mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass ein Verstoß gegen Vorschriften der genannten EG-Verordnung vom 03.10.2002 (Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte - ABl. L 273 vom 10.10.2002, S. 1-) nicht ersichtlich ist. Auf die dortigen Ausführungen kann verwiesen werden. Insbesondere ist eine Verletzung subjektiver Rechte der Kläger auch in zweiter Instanz nicht dargelegt worden ist. Die Genehmigung wäre daher allenfalls objektivrechtlich zu modifizieren oder gar zu widerrufen, wenn die Anlage entgegen den EG-Bestimmungen betrieben würde. Dafür bestehen derzeit keine Anhaltspunkte, so dass sich weitere Ausführungen erübrigen.

99

5. Schließlich können sich die Kläger auch nicht darauf berufen, der Betrieb des Beigeladenen sei nicht privilegiert nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, weil er nicht genügend eigene oder hinzu gepachtete Flächen für die Bewirtschaftung zur Verfügung habe, mithin die Biomasse nicht überwiegend aus dem eigenen oder Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben stamme. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird eine Biogasanlage vor diesem Hintergrund auch dann "im Rahmen" eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB betrieben, wenn der landwirtschaftliche Betrieb ausschließlich Biomasse erzeugt (BVerwG, Urteil vom 11.12.2008, DVBl 2009, 382).

100

Allerdings ist bei den Privilegierungstatbeständen des § 35 Abs. 1 BauGB von gebundenen Entscheidungen auszugehen, so dass nur bei Vorliegen der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen ein Vorhaben im Außenbereich privilegiert genehmigungsfähig ist. Eine andere Frage ist, ob sich ein Dritter auf das angebliche Nichtvorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebs berufen kann (vgl. etwa OVG SH, Beschluss vom 31.07.2008, 1 LA 39/08, juris). Der Eigentümer eines Grundstücks im Innenbereich kann gegenüber einer auf dem Nachbargrundstück im Außenbereich genehmigten Bebauung Rücksichtnahme auf seine Interessen im Rahmen einer Abwägung mit den Interessen des Nachbarn nur insoweit verlangen, als er über eine schutzwürdige Abwehrposition verfügt. Eine solche Position erlangt er nicht allein dadurch, dass die auf seinem Grundstück verwirklichte Nutzung baurechtlich zulässig, das auf dem anderen Grundstück genehmigte Vorhaben dagegen wegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die nicht dem Schutz privater Dritter zu dienen bestimmt sind, unzulässig ist (BVerwG, Urteil vom 28.10.1993, ZfBR 1994, 142).

101

So verhält es sich hier. Die Kläger können sich insbesondere nicht darauf berufen, ob Biomasse überwiegend aus dem Betrieb stammt oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben und somit privilegiert nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008, DVBl 2009, 382). Denn die gesetzgeberische Zielsetzung war es primär, überregionale Biomasse- und Gülletransporte zu vermeiden und dabei eine dezentrale Stromerzeugung zu fördern, nicht aber die Anlieger vor Immissionen zu schützen. Dies ist oftmals auch nicht möglich da – wie vorliegend – die Transporte letztlich auf einer Sammelzuwegung gebündelt werden und es im Rahmen der Lärm- Geruchs- und Abgasimmissionen unerheblich ist, welche überregionalen Routen die Transporter zuvor zurücklegen mussten, bevor sie das Grundstück des Nachbarn passieren. Die Berufung konnte daher auch insofern keinen Erfolg haben.

102

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

103

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

104

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

105

Beschluss

106

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,-- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG i.V.m. Ziff. 19.2. und 9.5. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327).

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen

This content does not contain any references.