Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Landesdisziplinarsenat) - 3 A 11032/12

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Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 14. August 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

1

Der Kläger strebt die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten an.

2

Der 1956 in B…. geborene Beklagte stand seit 1974 im Polizeidienst des klagenden Landes. Seit September 1993 verrichtete er seinen Dienst als Sachbearbeiter im Wechselschichtdienst beim Polizeipräsidium Trier (Polizeiinspektion D….) und war vom 1. November 2007 bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung am 4. September 2009 an die Zentralstelle für Polizeitechnik in M…. abgeordnet, wo er als Fachberater in der Projektgruppe POLADIS eingesetzt wurde. Im Jahre 2004 wurde er letztmals - zum Polizeikommissar - befördert. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom 26. Mai 2008 (Beurteilungszeitraum 21. März 2005 bis 20. März 2008) wurden seine dienstlichen Leistungen insgesamt mit „A“ bewertet. Mit Ablauf des Jahres 2010 wurde er auf eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

3

Der Beklagte ist geschieden und hat zwei erwachsene Kinder. Er ist - seit April 2010 mit einem Grad der Behinderung von 80 - als schwerbehindert anerkannt.

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Mit Verfügung vom 11. März 2009 wurde gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit - Fotografieren von Frauen und Vermittlung von Fotomodellen - unter Benutzung des ihm im Rahmen seiner Abordnung zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Er wurde über seine Rechte belehrt und ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Das Disziplinarverfahren wurde in der Folgezeit auf eine Reihe weiterer Verdachtsmomente ausgedehnt. Der Beklagte wurde verdächtigt, er habe

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- im Dienst auf Internet-Seiten ohne dienstlichen Bezug zugegriffen (Verfügung vom 5. Juni 2009),
- eine widerstandsunfähige Frau sexuell missbraucht (Verfügung vom 4. September 2009),
- als „Therapeut“ u.a. widerstandsunfähige Frauen sexuell missbraucht (Verfügung vom 25. Januar 2010),
- in den Jahren 2005 und 2007 gelegentlich der Ausübung seiner „Therapeutentätigkeit“ Kenntnis von Vergewaltigungen erlangt und diese als Polizeibeamter nicht zur Anzeige gebracht (Verfügung vom 25. Januar 2010),
- am 17. Januar 2008 während der Ausübung von SM-Praktiken mit einer Frau ein zuvor vereinbartes Stopp-Signal absichtlich ignoriert und diese mit einem Bambus-Stock fast bewusstlos geschlagen (Verfügung vom 25. Januar 2010),
- Fotos bzw. Filmdateien mit eindeutig kinderpornographischem Inhalt besessen (Verfügungen vom 25. Januar und 11. März 2010),
- eine Frau vergewaltigt bzw. sexuell genötigt (Verfügung vom 8. Dezember 2010), sowie
- wiederholt falsche Angaben im Zeiterfassungssystem „Tempus“ vorgenommen (Verfügung vom 8. Dezember 2010).

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Mit Verfügung vom 11. März 2010 wurde der Beklagte unter Einbehaltung von 15 Prozent seiner monatlichen Dienstbezüge vorläufig des Dienstes enthoben.

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Ein Teil der dem Beklagten im Rahmen des Disziplinarverfahrens zur Last gelegten Handlungen war Gegenstand mehrerer Strafverfahren:

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- Mit Strafbefehl vom 14. April 2010 - 8013 Js 811/10 - verhängte das Amtsgericht Daun gegen den Beklagten eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 70,00 €, da er es unternommen habe, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergegeben hätten. Aufgrund des auf die Höhe des Tagessatzes beschränkten Einspruchs des Beklagten wurde der Tagessatz durch Beschluss vom 29. November 2010 auf 40,00 € reduziert.

9

- Das wegen der unberechtigten Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Untreue - 8043 Js 8047/10 - stellte die Staatsanwaltschaft Trier mit Verfügung vom 13. April 2011 nach § 154 StPO ein. Nach einem internen Hinweis erfolgte die Einstellung im Hinblick auf die „Verurteilung“ durch das Amtsgericht Daun.

10

- Die Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses u.s.w. - 8041 Js 805, 807 sowie 808/10 - wurden von der Staatsanwaltschaft Trier durch Verfügungen vom 9. Februar 2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

11

- Das Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen - 8041 Js 20889/09 - wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Trier vom 14. Juli 2011 nach § 170 Abs. 2 StPO (3 Geschädigte) bzw. 154 Abs. 1 StPO (1 Geschädigte) eingestellt.

12

- Das von der Staatsanwaltschaft Koblenz geführte Verfahren wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung - 2070 Js 921/11 - wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

13

Mit Schreiben vom 30. September 2011 wurde dem Beklagten das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen bekanntgegeben. Zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung wurden folgende Vorwürfe aus dem Verfahren ausgeschieden:

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- der mit Verfügung vom 4. September 2009 erhobene Vorwurf des sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger,
- die mit Verfügung vom 25. Januar 2010 erhobenen Vorwürfe der Strafvereitelung und der gefährlichen Körperverletzung sowie
- die mit Verfügung vom 8. Dezember 2010 erhobenen Vorwürfe fehlerhafter Eintragungen im Zeiterfassungssystem und der Vergewaltigung.

15

Der Beklagte wurde auf die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage und die Möglichkeit hingewiesen, weitere Ermittlungen sowie die Mitbestimmung der Personalvertretung und die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu beantragen. Auf Antrag stimmten die Schwerbehindertenvertretung und der Gesamtpersonalrat beim Personalpräsidium Trier der Erhebung der Disziplinarklage zu.

16

Auf die vom Kläger erhobene Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten durch Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2012 das Ruhegehalt aberkannt. Darin heißt es im Wesentlichen:

17

„…
1.

18

Der Beklagte hat sich des Verschaffens und Besitzes kinderpornographischer Dateien schuldig gemacht. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des gegen den Beklagten durchgeführten Strafverfahrens und den Feststellungen des Amtsgerichts Daun in seinem Strafbefehl vom 14. April 2010 – rechtskräftig seit dem 12. November 2010 – (Az.: 8013 Js 811/10 Cs). …

19

Durch die Verwirklichung des Straftatbestandes nach § 184 b StGB hat der Beklagte sich in disziplinarrechtlicher Hinsicht achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG) und zugleich das Ansehen der Polizei geschädigt (§ 115 LBG). Die schuldhaften Pflichtverletzungen erfüllen auch die qualifizierenden Voraussetzungen an ein beachtliches außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG. …

2.

20

In der Zeit vom 4. Dezember 2007 bis zum 28. August 2009 nutzte der Beklagte die ihm zur Verfügung gestellten Dienstkraftfahrzeuge, um vereinbarte Fotoshoot-Termine wahrzunehmen, ohne hierzu berechtigt zu sein. Genehmigt waren lediglich Fahrten mit dem Dienstwagen zwischen Dienstort und Wohnort.

21

Dieser Sachverhalt ist erwiesen mittels Beiziehung der strafrechtlichen Ermittlungsakte in dem Verfahren Az. 8043 Js 8047/10 (§§ 67 Abs. 1, 21 LDG, 99 VwGO). … Dadurch, dass er in Kenntnis dessen, dass ihm die Dienstkraftfahrzeuge lediglich für die Wegstrecke zwischen seiner Dienststelle und seiner Wohnanschrift zur Verfügung gestellt wurden, dennoch Privatfahrten unternommen hat, hat er sich nicht nur eines Verstoßes gegen seine Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG), sondern auch gegen seine Hingabepflicht und seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 1 und 2 BeamtStG) schuldig gemacht.

3.

22

Soweit dem Beklagten eine Vielzahl von Internetzugriffen ohne ersichtlichen dienstlichen Bezug vorgehalten wird, ist der Beklagte vom Vorwurf eines dahingehenden Dienstvergehens freizustellen. …

4.

23

Auch der weitergehende Vorwurf, der Beklagte habe als „Therapeut“, „Heiler“ bzw. „Geistheiler“ im Jahr 2002 Kontakt zu den hilfesuchenden Zeuginnen M…., P…. und H…. geknüpft, denen er sich unter Ausnutzung eines aus vorgegebener Therapeuteneigenschaft resultierenden Vertrauensverhältnisses angenähert habe, um mit ihnen sexuell zu verkehren bzw. SM-Praktiken auszuüben, hält einer Überprüfung aus disziplinarrechtlicher Sicht nicht stand. …

24

Das Schwergewicht des disziplinarrechtlich relevanten Fehlverhaltens des Beklagten liegt im Besitz der kinderpornographischen Schriften. … hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 19. August 2010 … grundlegend ausgeführt, dass … beim Besitz kinderpornographischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt ist, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlungen zu groß ist. ... Maßgeblich für die Maßnahmebemessung soll die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten sein. … Ausgehend von der zum Tatzeitpunkt geltenden Strafandrohung von zwei Jahren Freiheitsstrafe (§ 184 b Abs. 4 in der Fassung vom 27. Dezember 2003 und 31. Oktober 2008) ist deshalb bei Lehrern angesichts ihrer besonderen Dienstpflichten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis der Orientierungsrahmen, innerhalb dessen sich die prognostische Gesamtabwägung des Verwaltungsgerichts zu bewegen hat.

25

Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 24. Februar 2012 (Az. 3 A 11426/11.OVG) ausgeführt, dass ausgehend von den Bemessungskriterien des § 11 LDG die Frage nach der angemessenen Disziplinarmaßnahme nicht davon abhängen kann, ob das Fehlverhalten des Beamten zugleich einen Straftatbestand erfüllt. … Begründet wird diese Entscheidung mit der unterschiedlichen Zwecksetzung von Straf- und Disziplinarverfahren.

26

Unabhängig davon, nach welchen Rechtsgrundsätzen die Maßnahmebemessung zu erfolgen hat, hat der Beklagte vorliegend in jedem Fall die Verhängung der Höchstmaßnahme verwirkt, denn auch unabhängig davon, dass § 184 b Abs. 4 StGB einen Strafrahmen ausweist, der im Hinblick auf den konkreten Dienstbezug im vorliegenden Fall entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Entfernung des Beklagten als Richtschnur der Maßnahmebemessung indiziert, wiegt die Dienstpflichtverletzung des Beklagten auch unter Zugrundelegung der allgemeinen Maßstäbe nach deren objektiven und subjektiven Handlungsmerkmalen derart schwer, dass der Beklagte unter Einbeziehung seines Persönlichkeitsbildes das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat. …

27

Wesentlich entlastende Milderungsgründe, die die Schwere der Tat aufwiegen könnten, sind demgegenüber weder nach dem Vortrag des Beklagten noch nach den Gesamtumständen ersichtlich. …

28

Im Besonderen die Allgemeinheit muss sich darauf verlassen können, dass sich Polizeibeamte dem sensiblen Bereich der Herabwürdigung von Kindern und Jugendlichen zum Zwecke der Befriedigung sexueller Begierden verschließen und sich gesetzestreu verhalten und in Ansehung ihrer besonderen Funktion, dahingehende Straftaten nachhaltig verhindern, verfolgen und ahnden. Sie dürfen keinesfalls selbst in diesem Deliktsbereich straffällig werden. Auch der Dienstherr muss darauf vertrauen können, dass Polizeibeamte den ihnen obliegenden Verfolgungsauftrag vorbehaltlos erfüllen und nicht selbst gegen Strafgesetze verstoßen. ... Ein Polizeibeamter, der sich als Sammler kinderpornographischen Materials erweist, sich auch im innerdienstlichen Bereich als resistent gegen Weisungen zeigt und ohne Not einen Vertrauensvorschuss verspielt, hat grundsätzlich das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren.

29

Zudem ist dem Ansehen des Beamtentums durch das Verhalten des Beamten, welches auch zum Gegenstand von Presseberichterstattungen geworden ist, ein irreparabler Schaden entstanden. Befände der Beklagte sich noch im aktiven Dienst, wäre das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Diensterfüllung auch in Ansehung der bereits herbeigeführten Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums und des Polizeidienstes im Besonderen endgültig zerstört. …

30

Die Aberkennung des Ruhegehalts verstößt schließlich auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. … Die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts verfolgt Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des Dienstherrn. … muss im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, dass die Verhängung der Höchstmaßnahme auf der schuldhaften und das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstörenden Pflichtverletzung während der aktiven Dienstzeit beruht und dem Ruhestandsbeamten daher die für alle öffentlich-rechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge derartige Pflichtverletzungen zuzurechnen ist (BVerwG, Urteil vom 14. November 2001, Az.: 1 D 60.00, - juris -). Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass der Ruhestandsbeamte bei der Aberkennung des Ruhegehalts keineswegs ohne Versorgung dasteht, da er in der Rentenversicherung nachzuversichern ist.
…“

31

Zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung trägt der Beklagte vor:

32

Das Verwaltungsgericht habe ihm abweichend von der Klageschrift ausschließlich zur Last gelegt, er habe sich kinderpornographische Dateien verschafft und diese besessen. Das Abstellen auf die für jeden Täter geltende abstrakte Strafandrohung für dieses Delikt könne jedoch nicht der Orientierungsrahmen für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme sein. Die Höchstmaßnahme sei unangemessen, da die gegen ihn verhängte Geldstrafe von 120 Tagessätzen deutlich mache, dass sein Verschulden und der Unwertgehalt seiner Tat sich am unteren Rand des Spektrums bewegten.

33

Das Verwaltungsgericht sei wohl aufgrund eines Schreibfehlers davon ausgegangen, er habe letztmals am 17. Mai 2009 Videodateien gespeichert; richtigerweise hätte das Datum "17. Mai 2007" lauten müssen. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht dem Umstand, dass zu dem behaupteten Zeitpunkt bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet gewesen sei, maßgebliche Bedeutung beigemessen. Das Disziplinarverfahren sei nämlich ohne Bezug auf diese Geschehnisse wegen des Verdachts der ungenehmigten Ausübung einer Nebentätigkeit unter Nutzung des Dienstfahrzeugs eingeleitet worden.

34

Eine Presseberichterstattung über das Strafverfahren vor dem Amtsgericht Daun habe es im Übrigen nicht gegeben, und auch über das vorliegende Verfahren wäre in der Presse nicht berichtet worden, wenn nicht das Gericht selbst eine Pressemitteilung verfasst hätte. Er selbst sei bemüht gewesen zu vermeiden, das Ansehen der Beamtenschaft in Mitleidenschaft zu ziehen, und habe nicht zuletzt deshalb den Strafbefehl ohne Rücksicht darauf, ob die erhobenen Vorwürfe zutreffen, akzeptiert.

35

Das Verwaltungsgericht habe es auch versäumt, sich mit seinem Persönlichkeitsbild auseinanderzusetzen. Insbesondere sei nicht berücksichtigt worden, dass seine dienstlichen Leistungen und sein Einsatz überdurchschnittlich gewesen seien. Zudem handle es sich bei den gegen ihn erhobenen Vorwürfen um außerdienstliches Verhalten, das zudem mehrere Jahre zurückliege. Daher sei die Aberkennung des Ruhegehalts unverhältnismäßig.

36

Der Beklagte beantragt,

37

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier die Disziplinarklage abzuweisen.

38

Der Kläger beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

41

Nach der Stellungnahme der Kriminaldirektion Trier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass am 17. Mai 2009 letztmals ein kinderpornographisches Video gespeichert worden sei. Das Verwaltungsgericht habe zudem in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Recht auf die abstrakte Strafdrohung abgestellt. Unter Geltung der erhöhten Strafandrohung des § 184b Abs. 4 StGB müsse bei Polizeibeamten, zu deren Aufgaben die Bekämpfung der Kinderpornographie gehöre, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis der maßgebliche Orientierungsrahmen sein. Da dem Beruf des Polizeibeamten aufgrund des intensiven Kontakts mit dem Bürger eine besondere Außenwirkung zukomme, habe der Beklagte auch damit rechnen müssen, dass seine Verfehlungen öffentlich bekannt geworden seien. Die bisherige Unbescholtenheit sowie die überdurchschnittlichen Leistungen des Beklagten träten hinter der besonderen Schwere des Dienstvergehens und dem hieraus resultierenden irreparablen Vertrauensverlust zurück.

Entscheidungsgründe

42

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

43

Der Beklagte hat ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, indem er es über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder unternommen hat, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, und die ihm zur Verfügung gestellten Dienstkraftfahrzeuge benutzt hat, um vereinbarte „Fotoshooting“-Termine wahrzunehmen, ohne hierzu berechtigt zu sein (I.). Wegen dieses Dienstvergehens ist ihm nach § 11 Abs. 2 des Landesdisziplinargesetzes - LDG - sein Ruhegehalt abzuerkennen (II).

44

Soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen keine Abweichungen von den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergeben, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug genommen und von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 21 LDG i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO).

I.

45

1. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs - StGB - grundsätzlich die Rechtslage zum Tatzeitpunkt maßgeblich ist. Hinsichtlich der vor dem 1. April 2009 begangenen Dienstpflichtverletzungen sind somit die §§ 64 Abs. 1 S. 3, 65 S. 2 und 85 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung vom 14. Juli 1970 (GVBl. S. 241, aufgehoben durch § 145 Abs. 5 Nr. 1 des Landesbeamtengesetzes vom 20. Oktober 2010, GVBl. 319) maßgeblich, da sich aus den am 1. April 2009 in Kraft getretenen §§ 34, 35 S. 2 und 47 Abs.1 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG - vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010, geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, BGBl. I S. 160) kein für den Beklagten günstigeres Recht ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173). Das Abstellen auf die genannten Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes durch das Verwaltungsgericht hat sich allerdings nicht zu Ungunsten des Beklagten ausgewirkt.

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2. Anders als der Beklagte behauptet, hat das Verwaltungsgericht ihm nicht ausschließlich zur Last gelegt, sich kinderpornographische Dateien verschafft und diese besessen zu haben. Vielmehr hat es auch die unbefugte Nutzung des zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs als weitere Dienstpflichtverletzung berücksichtigt. Den diesbezüglichen zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.

47

3. Der Beklagte hat sich, wie das Verwaltungsgericht im Grundsatz zutreffend festgestellt hat, nach § 184b Abs. 4 des Strafgesetzbuchs - StGB - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998, BGBl. I S. 3322, zul. geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2012, BGBl. I S. 2425) strafbar gemacht, indem er es wiederholt unternommen hat, sich den Besitz von kinderpornographischen Videodateien zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, und solche Schriften auch besessen hat. Jedoch lässt sich ein solches strafbares Verhalten lediglich im Hinblick auf 12 der ihm mit der Disziplinarklage zur Last gelegten und in der Anlage zum Strafbefehl dokumentierten Vorgänge seit dem 14. April 2005 nachweisen. Falls mit der Formulierung „in wenigstens 21 Fällen“ im Strafbefehl sowie in der Disziplinarklage angedeutet werden sollte, der Beklagte habe sich auch in weiteren Fällen in entsprechender Weise strafbar gemacht, wäre ein solcher Hinweis zu unbestimmt und daher nicht geeignet, die Feststellung weiterer vergleichbarer Dienstpflichtverletzungen zu tragen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. September 2011 - 3d A 147/10.O -, juris, Rn. 26).

48

a) Nach § 184b Abs. 4 StGB (in der seit dem 1. April 2004 geltenden Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3007) wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben (Satz 1), oder wer solche Schriften besitzt (Satz 2). Da die Besitzverschaffung gegenüber dem Besitz solcher Schriften am illegalen Markt der Kinderpornographie das gefährdungsintensivere Delikt ist, tritt der anschließende Besitz hinter der Verschaffung zurück (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - 3 StR 215/08 -, NStZ 2009, 208). Als Unternehmensdelikt stellt § 184b Abs. 4 S. 1 StGB nicht nur die vollendete, sondern auch die versuchte Besitzverschaffung unter Strafe (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB). Daher genügt es, wenn ein Täter versucht, sich den Besitz an einer Schrift zu verschaffen, die nach seiner Vorstellung - etwa hervorgerufen durch einen entsprechenden Titel - eine kinderpornographische Darstellung beinhaltet (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 55. Aufl. 2008, § 184b StGB, Rn. 25).

49

§ 184b Abs. 1 StGB definiert in seiner seit dem 5. November 2008 geltenden Fassung (aufgrund des Gesetzes vom 31. Oktober 2008, BGBl. I S. 2149) kinderpornographische Schriften im Sinne dieses Paragraphen als solche Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) zum Gegenstand haben. Aufgrund des Verweises auf § 11 Abs. 3 StGB sind Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen den Schriften gleichgestellt. Durch den Hinweis auf § 176 Abs. 1 StGB wird klargestellt, dass auch nach § 184b StGB unter dem Begriff „Kind“ eine Person unter 14 Jahren zu verstehen ist.

50

Nach der bis zum 4. November 2008 geltenden Fassung des § 184b Abs. 1 StGB (eingefügt durch Gesetz vom 27. Dezember 2003, a.a.O., im Folgenden: a.F.) war der Begriff der kinderpornographischen Schriften hingegen enger gefasst. Erforderlich war, dass sie den sexuellen Missbrauch von Kindern (§§ 176 bis 176b StGB) zum Gegenstand hatten, also einen der einschlägigen Straftatbestände erkennen ließen. Im Vordergrund standen hierbei die Regelungen des § 176 Abs. 1 und 2 StGB (in der bislang unveränderten Fassung aufgrund des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, a.a.O.). Danach wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt (Abs. 1), oder wer ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einem Dritten vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen lässt (Abs. 2).

51

Nach der somit im Vergleich zur Neufassung milderen Regelung des § 184b Abs. 1 StGB a.F. ist die Strafbarkeit des Beklagten zu beurteilen, soweit ihm - ganz überwiegend - die versuchte bzw. vollendete Besitzverschaffung an kinderpornographischen Schriften in der Zeit bis zum 4. November 2008 zur Last gelegt wird (§ 2 Abs. 1 bis 3 StGB). Auf die ab dem 5. November 2008 geltende Fassung dieser Vorschrift kommt es hingegen nur an, soweit er es ab diesem Zeitpunkt unternommen hat, sich den Besitz an kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, oder wenn er zu diesem Zeitpunkt Schriften in Besitz hatte, welche erst aufgrund der Gesetzesänderung als kinderpornographisch zu qualifizieren sind.

52

b) Nach diesen Grundsätzen hat sich der Beklagte in folgenden 12 der in der Anlage zum Strafbefehl aufgelisteten Fälle - am 18., 25. und 27 April 2005, am 3. Mai 2005, am 16. und 28. April 2006 sowie am 11. und 24. April 2007 - nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht:

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aa) Bei der in drei Kopien vorhandenen Datei „Unwrapping the prize - man undresses an feels up 12 yo w nic.mpg“, „… ni2.mpg“ und „… ni3.mpg“ (gespeichert am 18. April 2005, 1.08 Uhr) - im Folgenden werden vergleichbare Mehrfachkopien nicht gesondert erwähnt - handelt es sich um eine kinderpornographische Schrift im Sinne von § 184b Abs. 4 StGB i.V.m. §§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. § 176 Abs. 1 StGB, da sexuelle Handlungen eines erwachsenen Mannes an einem nach dem objektiv vermittelten Eindruck (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 - 1 StR 66/01 -, BGHSt 47, 55) unter 14 Jahre alten Mädchen (Entkleiden, Streicheln bzw. Massieren an der Scheide) als tatsächliches oder realitätsnahes Geschehen wiedergegeben werden. Zudem ist davon auszugehen, dass der Beklagte bei dem Herunterladen und Speichern der Datei bereits aufgrund des Dateinamens („man undresses“ [Mann entkleidet], „12 yo“ [Hinweis auf Alter von 12 Jahren]) beabsichtigte oder zumindest billigend in Kauf nahm, sich den Besitz an einer Videodatei mit kinderpornographischem Inhalt zu verschaffen. Es spricht nichts für die Annahme, er habe den Dateinamen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht verstanden.

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bb) Die Datei „Part 1. 10yo Vicky pleasuring her pretty child cunt …“ (gespeichert am 18. April 2005, 1.16 Uhr) ist gemäß § 184b Abs. 4 StGB i.V.m. §§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. § 176 Abs. 2 StGB ebenfalls eine kinderpornographische Schrift, da sie realitätsnah darstellt, wie ein Kind dazu bestimmt wird, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Das Video zeigt, wie ein Mädchen, das aus Sicht eines objektiven Betrachters unter 14 Jahre alt ist und nach dem Dateinamen sogar erst 10 Jahre alt sein soll, sich entkleidet und auf dem Bett liegend seine Scheide streichelt bzw. massiert. Zwar gibt das Video nicht unmittelbar wieder, wie das Kind zu diesen Handlungen bestimmt wird. Die Kamera wurde jedoch ersichtlich von einer anderen Person geführt, so dass zumindest konkludent der realitätsnahe Eindruck erweckt wird, das Kind sei zu den sexuellen Handlungen bestimmt worden (vgl. Fischer, a.a.O., § 184b Rn. 5 m.w.N.).

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cc) Bei der Datei “Missy 9yr gives dad blowjob and swallows cum …” (gespeichert am 25. April 2005, 11.39 Uhr) deutet bereits der Titel darauf hin, dass sie eine zumindest realitätsnahe kinderpornographische Darstellung im Sinne von § 184b Abs. 4 StGB i.V.m. §§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB enthalten soll, da der Eindruck erweckt wird, das Video zeige die Ausübung von Oralverkehr („blowjob“, zu den einschlägigen englischen Begriffen vgl. z.B. www.dict.cc) zwischen einem Mann und seiner 9-jährigen Tochter (zum Merkmal des Eindringens in der Körper vgl. Fischer, a.a.O., § 176a StGB Rn. 7). Indem der Beklagte diese Datei heruntergeladen und gespeichert hat, hat er es somit bereits unternommen, sich den Besitz an einer kinderpornographischen Schrift zu verschaffen. Ob es sich tatsächlich um eine kinderpornographische Schrift handelt, ist hingegen irrelevant.

56

dd) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend hinsichtlich der Datei „13 years old slut getting fucked-child porn kiddy unterage illegal…“ (gespeichert am 27. April 2005, 1.10 Uhr), wobei es rechtlich ohne Bedeutung ist, dass der Dateiname lediglich auf Geschlechtsverkehr im Allgemeinen und nicht in einer bestimmten Art und Weise hinweist (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB).

57

ee) Bei der Datei „(Pthc) sex lolita very horny 13 years super hardcore cum…” (gespeichert am 27. April 2005, 1.31 Uhr) fehlt zwar ein ausdrücklicher Hinweis auf Geschlechtsverkehr bzw. eine andere Art des sexuellen Missbrauchs. Allerdings ist aufgrund der Altersangabe und der Begriffe „sex“, „horny“ (vulg. geil) und cum (vulg. Orgasmus haben) davon auszugehen, dass der Beklagte zumindest billigend in Kauf nahm, die Datei beinhalte eine realitätsnahe Darstellung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1 StGB). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das in dieser Datei gespeicherte Video bei objektiver Betrachtung nicht den Eindruck vermittelt, einer der Beteiligten sei unter 14 Jahre alt. Ebenso ist irrelevant, dass der Beklagte dieses Video am 3. März 2007 erneut, allerdings unter dem nicht eindeutig auf Kinderpornographie hinweisenden Titel „3 horny teens in hotel orgy …“ heruntergeladen und gespeichert hat.

58

ff) Die vorstehenden Ausführungen geltend ebenfalls entsprechend für die Datei „Hot Sexy Kiddie (kiddy) Child Porn Virgins Raped …“ (gespeichert am 3. Mai 2005, 10.20 Uhr), wobei die Begriffe „Kiddy“ und „Child“ auf Kinder als Opfer und „Raped“ [vergewaltigen, schänden] auf einen schweren sexuellen Missbrauch hindeuten (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 3 StGB).

59

gg) Vergleichbares trifft auch auf die inhaltlich identische Datei „15 & 13 yr old virgins forced into sex – after school …“ (gespeichert am 30. April 2007, 13.03 Uhr und 13.20 Uhr) zu, wobei der Hinweis auf sexuellen Missbrauch eines Kindes in dem angegebenen Alter von 13 Jahren sowie dem Ausdruck „forced into sex“ (zum Sex gezwungen) zu sehen ist.

60

hh) Der Dateiname „11 yo girl rides the cock and loves it kiddy porn incest …“ (gespeichert am 16. April 2006, 00.58 Uhr) weist wiederum eindeutig auf Geschlechtsverkehr („rides the cock“ [vulg.: „reitet auf dem Schwanz“] mit einem angeblich 11-jährigen Mädchens hin, so dass der Beklagte es auch insoweit unternommen hat, sich den Besitz an einer kinderpornographischen Schrift zu verschaffen (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB). Auch hier ist es rechtlich irrelevant, dass das Video nicht den Eindruck vermittelt, die dargestellten Personen seien unter 14 Jahre alt, und dass der Beklagte dieses Video am 28. April 2006 erneut, und zwar unter dem unverfänglichen Titel „Heimlich gefilmt meine Freundin Jessica 17 Jahre“ heruntergeladen sowie gespeichert hat.

61

ii) Der Titel „Exploited Teens - Young 13 pretty blonde audition …“ (gespeichert am 28. April 2006, 12.44 Uhr) enthält zwar ebenfalls keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine bestimmte Art des sexuellen Missbrauchs, jedoch ist aufgrund der Begriffe „exploited“ (ausgenutzt) und „young 13 pretty blonde“ (Hinweis auf dreizehnjähriges blondes Kind) davon auszugehen, dass der Beklagte beim Herunterladen und Speichern dieses Videos zumindest billigend in Kauf nahm, es beinhalte die Darstellung des sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1 StGB).

62

jj) Einen eindeutigen Hinweis auf Geschlechtsverkehr zwischen einem Erwachsenen und einem Kind (angebliches Alter: 12 Jahre) beinhaltet hingegen der Dateiname „2_[UnderagE]---REAL WOW!!!!!!!! russian dad fuck his 12yo…“ (gespeichert am 28. April 2006, 12.59 Uhr). Auch insoweit hat der Kläger es somit unternommen, sich den Besitz an einer kinderpornographischen Schrift zu verschaffen (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB).

63

kk) Ebenso eindeutig ist der Name der Datei „Collection 1 – rape2 (illegal preteen underage lolitas kiddy…“ (gespeichert am 11. April 2007, 22.34 Uhr), wobei bereits der Titel auf die Darstellung eines schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes hinweist. Dem entspricht auch der Inhalt des Videos, das die gewaltsame Ausübung von Vaginal- und Oralverkehr eines erwachsenen Mannes mit einem nach dem objektiven Eindruck unter vierzehnjährigen gefesselten Mädchen zeigt (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 3 StGB).

64

ll) Der Name der Datei „Kids Teens Women (Porno-Lolitas-Preteens-Reelkiddymov …)“ ist zwar weniger eindeutig. Diese vom Beklagten am 24. April 2007 um 11.44 Uhr gespeicherte Datei beinhaltet aber einen knapp halbstündigen Zusammenschnitt einer Vielzahl von Videos, überwiegend mit realistischen Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Zum Teil handelt es sich um Fälle von vergleichsweise geringem Gewicht wie das Posieren nackter Kinder vor der Kamera oder die Zurschaustellung kindlicher Geschlechtsorgane. Daneben finden sich aber auch zahlreiche realistische Darstellungen schweren sexuellen Missbrauchs (Vaginal-, Oral-, Analverkehr) von z.T. sehr jungen Kindern (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 und 3 StGB).

65

c) Bei den übrigen in der Anlage zum Strafbefehl aufgelisteten Vorgängen handelt es sich hingegen nicht um Straftaten nach § 184b Abs. 4 StGB. Die Dateinamen enthalten keine hinreichenden Hinweise auf die Beteiligung von Personen unter 14 Jahren, und die in diesen Dateien gespeicherten Darstellungen erwecken ebenfalls nicht den Eindruck, die gezeigten Personen seien unter 14 Jahre alt. Auch wenn diese Videos teilweise mit den unter b) genannten identisch sind (ee und hh), handelt es sich somit nicht um kinderpornographische Schriften.

66

4. Bei der Zumessung der Disziplinarmaßnahme ist in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil zu berücksichtigen, dass das Schwergewicht des disziplinarrechtlich relevanten Verhaltens des Beklagten auf den außerdienstlich begangenen Sexualstraftaten liegt, und demgegenüber der unerlaubten Nutzung von Dienstfahrzeugen ein erheblich geringeres Gewicht beizumessen ist. Nach den vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegten Kriterien des § 11 LDG ist dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen, da er aufgrund des von ihm vor dem Eintritt in den Ruhestand begangenen Dienstvergehens das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und somit als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Dienst entfernt werden müsste.

67

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Umstand, dass wegen der Straftat nach § 184b Abs. 4 StGB lediglich eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen verhängt wurde, der Aberkennung des Ruhegehaltes nicht entgegen. Selbst nach der im angefochtenen Urteil referierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 -, NVwZ 2011, 299) kommt nämlich für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme wegen einer außerdienstlich begangenen Straftat nicht der durch das Strafgericht verhängten Strafe, sondern dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebliche Bedeutung zu. Legt man hingegen die im Urteil des Senats vom 24. Februar 2012 - 3 A 11426/11.OVG - dargelegten Kriterien zugrunde, kommt es weder auf den gesetzlichen Strafrahmen noch die im konkreten Fall verhängte Strafe an.

68

b) Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend einen engen Bezug der Besitzverschaffung kinderpornographischen Schriften zu den besonderen Dienstpflichten eines Polizeibeamten im Hinblick auf seine besondere Verpflichtung zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten bejaht (a.A. BayVGH, Urteil vom 17. November 2011 - 16a D 10.2504 -, juris) und angesichts dessen das Vertrauensverhältnis zwischen der Allgemeinheit bzw. dem Dienstherrn und dem Beklagten bereits wegen dieser Dienstpflichtverletzungen zu Recht als endgültig zerstört erachtet.

69

Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall um eine vergleichsweise geringe Zahl von lediglich zwölf Video-Dateien mit tatsächlichen bzw. vorgeblich kinderpornographischen Darstellungen. Erschwerend fällt jedoch ins Gewicht, dass der Beklagte über einen Zeitraum von rund zwei Jahren wiederholt solche Dateien aus dem Internet heruntergeladen und auf einer Festplatte abgespeichert hat, obwohl ihm die Strafbarkeit seines Tuns bewusst sein musste.

70

Zwar hat er dies letztmals am 24. April 2007 getan, so dass ihm bereits aus diesem Grunde nicht zur Last gelegt werden kann, er habe von seinem Tun selbst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens nicht Abstand genommen. Zu seinen Lasten ist jedoch zu berücksichtigen, dass er auch über diesen Zeitpunkt hinaus Dateien mit kinderpornographischen Darstellungen - insbesondere den ca. halbstündigen Zusammenschnitt mit Darstellungen schwersten Kindesmissbrauchs - auf seiner Festplatte belassen und somit den strafbaren Besitz solcher Dateien fortgesetzt hat. Das lässt ein erhebliches Maß an Pflichtvergessenheit erkennen. Einem Polizeibeamten, der in einer solchen Weise über Jahre hinweg solche Straftaten begeht, kann nicht mehr das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen entgegengebracht werden. Dies gilt erst recht angesichts der ebenfalls über einen längeren Zeitraum erfolgten unberechtigten Nutzung von Dienstfahrzeugen, auch wenn dieser Verfehlung bei isolierter Betrachtung lediglich ein verhältnismäßig geringes Gewicht beizumessen ist.

71

Dass der Beklagte gerade in dem hier maßgeblichen Zeitraum überdurchschnittliche dienstliche Leistungen erbracht hat, vermag den eingetretenen Vertrauensverlust nicht auszugleichen. Ebenso kommt es nicht entscheidend darauf an, inwieweit die Presseberichte vom 19. März und 29. April 2010 über die Ermittlungen gegen „einen Beamten“ der Polizeidirektion W…. wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften und den in diesem Zusammenhang ergangenen Strafbefehl Rückschlüsse der Öffentlichkeit auf die Person des Beklagten zulassen, oder inwieweit die Öffentlichkeit auf sonstigen Wegen Kenntnis von den Verfehlungen des Beklagten Kenntnis erlangt hat.

72

Ob mit dem Verwaltungsgericht aus den zahlreichen Ermittlungsverfahren, die nicht zu einer Bestrafung des Beklagten geführt haben, ohne weitere Aufklärung der Hintergründe gefolgert werden kann, bei den ihm als Dienstvergehen zur Last zu legenden Verfehlungen handle es sich nicht um persönlichkeitsfremde Taten, kann hier dahingestellt bleiben. Der Beklagte hat nämlich im gesamten Verlauf des Disziplinarverfahrens und auch in der mündlichen Berufungsverhandlung weder glaubhaft erkennen lassen, dass er seine Dienstpflichtverletzungen aufrichtig bereut, noch hat er Umstände dargelegt, die sein Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Mithin liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, aufgrund derer ihm, sofern er sich noch im Dienst befinden würde, noch ein Restvertrauen im Hinblick auf die weiteren Dienstausübung entgegengebracht werden könnte.

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Die schwierige persönliche Situation des Beklagten und die erheblichen Auswirkungen der Aberkennung des Ruhegehalts, auf die sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Berufungsverhandlung erneut hingewiesen hat, lassen nach § 11 Abs. 2 LDG keine andere Entscheidung zu, als ihm wegen des eingetretenen endgültigen Vertrauensverlustes das Ruhegehalt zu entziehen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Sanktion hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend dargelegt.

74

Die Kostenentscheidung folgt aus § 101 Abs. 1 LDG.

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