Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8. Senat) - 8 C 10535/19
Tenor
Der Bebauungsplan Teilgebiet „S.“ der Antragsgegnerin vom 18. April 2018 in Gestalt des Satzungsbeschlusses vom 17. Juni 2020 wird hinsichtlich der textlichen Festsetzung „D) Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen“ für unwirksam erklärt.
Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan „S.“ der Antragsgegnerin.
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Das Plangebiet befindet sich auf einem Höhenrücken westlich des S. Tals oberhalb von S. und überplant ein ca. 7.000 m² großes Flurstück, auf dem sich das 1958 errichtete Gebäude der Jugendherberge befindet, das 2015 aus brandschutztechnischen Gründen geschlossen wurde. Im Dezember 2016 fasste die Antragsgegnerin den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans, nachdem der Träger der Jugendherberge signalisiert hatte, an dem Standort festzuhalten. Nach Durchführung des beschleunigten Verfahrens beschloss die Antragsgegnerin im Dezember 2017 den Bebauungsplan als Satzung. Gegen die im April 2018 bekanntgemachte Satzung hat die Antragstellerin im April 2019 Antrag auf Normenkontrolle gestellt. Nachdem das Verwaltungsgericht in einem Eilrechtsschutzverfahren gegen die daraufhin ergangene Baugenehmigung Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen für das beschleunigte Verfahren nach § 13a BauGB geäußert hatte, ist das Ruhen des Normenkontrollverfahrens angeordnet worden.
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Im März 2020 fasste die Antragsgegnerin den Beschluss, ein ergänzendes Verfahren – nunmehr als sog. Regelverfahren – durchzuführen. Die Baugenehmigung wurde von der Kreisverwaltung aufgehoben. Die ursprüngliche Planung wurde von der Antragsgegnerin erneut gebilligt. Das für die Aufstellung des Bebauungsplans beauftragte Planungsbüro nahm eine Orts- und Landschaftsbildbewertung vor. Das Ingenieurbüro für Verkehrsplanung und -technik (...) gab im Februar 2020 eine verkehrsplanerische Stellungnahme zur planbedingt zu erwartenden Belastung der Erschließungsstraße „B.“ ab. Die N. erstattete im März 2020 eine Immissionsprognose für die geplante Nutzung der erweiterten Jugendherberge. Die von dem Büro „...“ durchgeführte Umweltprüfung mündete in dem Umweltbericht vom 3. April 2020 mit einer Reihe von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit fand im April/Mai 2020 statt. Hierbei machte die Untere Naturschutzbehörde eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch den geplanten Anbau an das Bestandsgebäude der Jugendherberge geltend. Die Antragstellerin und andere Bewohner der aus 15 Wohnhäusern bestehenden und ab dem Jahr 1960 errichteten Siedlung am K. Berg wandten im Wesentlichen ein, dass die schmale Erschließungsstraße „B.“ durch den planbedingt zu erwartenden Zusatzverkehr überlastet werde. Die Antragsgegnerin setzte sich mit den Einwendungen auf der Grundlage einer Abwägungstabelle auseinander und beschloss den Bebauungsplan in der Sitzung vom 17. Juni 2020 als Satzung; der am 19. Juni 2020 ausgefertigte Bebauungsplan wurde am 14. Oktober 2020 ortsüblich bekanntgemacht.
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Zur Verdeutlichung der Örtlichkeit wird auf die nachfolgende Skizze aus LANIS RLP (2020) sowie eine Kopie der Planzeichnung zum angegriffenen Bebauungsplan verwiesen:
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Der Bebauungsplan setzt ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Jugendherbergen“ und folgender Angabe zur Art der baulichen Nutzung fest:
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„Zulässig sind Jugendherbergen als Gesamtanlagen mit mindestens folgenden
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Einrichtungen:
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1. Gästezimmer mit mindestens 4 Betten
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2. Gruppenräume
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3. Restaurant
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4. Bistro/Cafébar“
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Im Übrigen setzt der Plan ein das Bestandsgebäude einschließendes Baufenster von 70 m Länge und 19 m Breite fest (im Bereich des Altbestandes 14,50 m Breite). Als Maß der baulichen Nutzung ist im Bereich des Altbestandes eine zweigeschossige Bebauung mit Satteldach (FH max. 214,50 m ü. NHN) vorgesehen, im nördlich daran anschließenden Bereich eine viergeschossige Bebauung mit einem Flachdach (OK max. 213 m ü. NHN). Im Übrigen werden Stellplatzflächen, darunter ein Busstellplatz im Südwesten, und im Übrigen private Grünflächen festgesetzt. Zur Begründung der Planung wird ausgeführt, dass mit ihr die Modernisierung und Erweiterung des derzeit bestehenden Jugendgästehauses verfolgt werde. Es solle eine zeitgemäße Jugendherbergseinrichtung entstehen, die sich von Hotels unterscheide und den Gästen einen abwechslungsreichen Aufenthalt mit Spiel- und Begegnungsaktivitäten biete, einschließlich der Möglichkeiten zur Bildung und zum Austausch in Seminaren und Vorträgen (vgl. Planbegründung, S. 14 f.). Hierzu solle das Bestandsgebäude überwiegend in nördlicher Richtung und somit dem natürlichen Gefälle folgend erweitert werden. Aufgrund der begrenzten Größe des Sondergebiets werde es nur eine Jugendherberge an diesem Standort geben können. Durch die energetische Erneuerung des Altbestandes und die Erweiterung werde die fremdenverkehrliche Bedeutung der Stadt S. gestärkt. Zwar werde dadurch die Sichtbarkeit der baulichen Anlage erhöht; nach dem Ergebnis der durchgeführten Untersuchungen werde das Landschaftsbild indes nicht erheblich beeinträchtigt. Die verkehrliche Erschließung sei nach der verkehrsplanerischen Stellungnahme gesichert. Auch stehe nach dem Ergebnis des eingeholten Lärmgutachtens fest, dass die Bauleitplanung realisierbar sei.
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Die Antragstellerin trägt zur Begründung ihres Normenkontrollantrags im Wesentlichen vor: Sie sei als Eigentümerin ihres im Südwesten des Plangebiets gelegenen Hausgrundstücks (B. Nr. 1) antragsbefugt. Ihr Antrag sei auch begründet. Die rückwirkend geheilte Satzung erweise sich weiterhin als rechtsunwirksam. Der Bebauungsplan leide bereits daran, dass entgegen § 1 Nr. 15 RaumOV ein Raumordnungsverfahren nicht durchgeführt worden sei. In der Sache verstoße der Plan gegen das Anpassungsgebot gemäß § 1 Abs. 4 BauGB, konkret gegen die Zielaussagen Z 91 und Z 92 im Landesentwicklungsprogramm IV, wonach es sich bei dem Plangebiet um einen schutzwürdigen Raum mit landesweiter Bedeutung für Erholung und Landschaftserlebnis handele. Insofern sei auch auf die kritische Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde zu verweisen. Ferner sei der Bebauungsplan nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden. Die dortige Darstellung als Gemeinbedarfsfläche mit dem Plansymbol „J“ für Jugendherberge habe das klassische Bild einer Jugendherberge im Blick, nicht aber moderne Ausgestaltungen, die einem Beherbergungsbetrieb zugeordnet seien, wie hier. Des Weiteren fehle es an der Festsetzungsermächtigung für das Sondergebiet. Jedenfalls sei die Festsetzung zu unbestimmt, weil unklar sei, ob eine klassische Jugendherberge oder eine eher als Beherbergungsbetrieb zu wertende moderne Jugendherberge zugelassen werden solle. Eine Festsetzungsermächtigung fehle auch für die Festsetzung „D) Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen“, weil es sich bei der dortigen Regelung zum teilweisen oder vollständigen Schließen von Fenstern nicht um technische, sondern verhaltensbezogene Vorkehrungen handele. Zudem weise der Bebauungsplan Abwägungsfehler auf. Die Antragsgegnerin habe sich bei dem projektbezogenen Angebotsbebauungsplan in konzeptionelle Widersprüche verstrickt. Im Übrigen sei der Belang des Verkehrs fehlerhaft abgewogen worden. Die Anforderungen an die Anlage von Stadtstraßen nach den hierzu ergangenen Richtlinien (RASt 06) seien verkannt worden. Insbesondere würden die Anforderungen an einen Wohnweg mit dem dafür erforderlichen Raumbedarf nicht erfüllt. Eine Fehlgewichtung liege vor, sofern die Antragsgegnerin die Länge der Engstelle in der Straße „B.“ mit 115 m statt 180 m angenommen habe mit darauf beruhender Fehlbeurteilung der Zahl kritischer Begegnungsfälle. Verkannt worden sei auch, dass das Überholen von Fußgängern oder Radfahrern einen Abstand von 1,50 m erfordere. Durch Rangiervorgänge von Bussen bei der Einfahrt auf das Gelände der Jugendherberge komme es zu Rückstaus. Die dem Verkehrsgutachten zugrundeliegende Datengrundlage sei fehlerhaft. Infolgedessen sei auch das hierauf gestützte Lärmgutachten fehlerhaft, das darüber hinaus weitere Mängel aufweise. Die aufgezeigten Mängel seien für die Planung ursächlich und führten bereits jeweils für sich zur Gesamtunwirksamkeit der Planung.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Teilgebiet „S.“ vom 18. April 2018 in der Fassung des Satzungsbeschlusses vom 17. Juni 2020 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Normenkontrollantrag abzulehnen.
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Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Die Notwendigkeit eines Raumordnungsverfahrens habe nicht bestanden. Ein Verstoß gegen die landesplanerischen Ziele Z 91 und Z 92 des LEP V läge nicht vor. Auch sei der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden, da er gerade keinen Beherbergungsbetrieb mit Einzel- oder Doppelzimmern zulasse. Die Festsetzungsermächtigung für die Art der baulichen Nutzung liege ähnlich wie bei einem Sondergebiet für „Beherbergungsbetriebe“ vor. Bei der Festsetzung zum Schallschutz handele es sich sehr wohl um eine technische Vorkehrung, weil insofern ein Öffnungsmechanismus eingestellt werden müsse; im Übrigen führe ein eventueller Fehler insofern nur zur Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung sei aufgrund der ausdrücklich zugelassenen Teilnutzungen hinreichend bestimmt. Der Abwägung lägen auch keine konzeptionellen Widersprüche zugrunde. Der Bebauungsplan beziehe sich nur auf eine Jugendherberge. Das Abstellen auf die aktuelle Projektplanung stelle eine „worst-case“-Betrachtung dar. Die Erschließung sei ausreichend gesichert. In der hierzu getroffenen Abwägung sei auch die vorhandene Engstelle in der Straße „B.“ zutreffend berücksichtigt worden. Auf die Einordnung in die Entwurfskategorien der RASt 06 komme es nicht an. Die auf die konkrete Örtlichkeit bezogene Untersuchung habe die Leistungsfähigkeit der Straße „B.“ auch bei planbedingter Zunahme des Verkehrs bestätigt. Die in der Engstelle entstehenden Behinderungen des Verkehrs seien aufgrund der ermittelten sehr geringen Zahl von bloß 2,7 Begegnungsfällen in der Spitzenstunde zu Recht als akzeptabel bewertet worden. Die Länge der nur einspurig befahrbaren Strecke sei mit 115 m zutreffend ermittelt worden; im Einmündungsbereich zur „F.“ sei Begegnungsverkehr möglich. Selbst wenn man auf eine Länge der Engstelle von 180 m abstellen wollte, seien die dann zu erwartenden 4 Begegnungsfälle im Rahmen straßenverkehrlicher Rücksichtnahme lösbar; auch sei auszuschließen, dass der Stadtrat auf dieser Grundlage anders entschieden hätte. Der verkehrsplanerischen Stellungnahme lägen auch im Übrigen keine falschen Tatsachengrundlagen zugrunde. Die erforderliche Zahl an Stellplätzen könne im Baugenehmigungsverfahren nachgewiesen werden. Die planbedingte Zunahme an Lärm sei zutreffend bewertet worden.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch Einnahme des Augenscheins. Hinsichtlich des Ergebnisses der Ortsbesichtigung wird auf das Protokoll vom 28. April 2021 verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen (3 Ordner) und auf die Akten des Eilrechtsverfahrens zur Baugenehmigung für die Jugendherberge vom 24. August 2020 – 8 B 10469/21.OVG –, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Normenkontrolle hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
A.
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I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt. Denn sie kann sich auf eine mögliche Verletzung ihres Anspruchs auf fehlerhafte Abwägung ihrer eigenen abwägungsbeachtlichen Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB berufen. Insofern hat sie hinreichend dargetan, dass sie durch den angegriffenen Bebauungsplan möglicherweise in ihren Belangen auf Vermeidung erheblicher Lärmimmissionen und unzumutbarer Einschränkungen der Erschließung ihres Hausgrundstücks betroffen ist (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 4. November 2015 – 4 CN 9.14 –, BVerwGE 153, 174; Urteil vom 29. Oktober 2020 – 4 CN 9.19 –, juris, Rn. 18 bis 20).
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II. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nur zu einem geringen Teil, nämlich nur hinsichtlich der textlichen Festsetzung „D) Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen“ begründet. Insofern fehlt es an der notwendigen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
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Nach der von der Antragsgegnerin herangezogenen und allein in Betracht kommenden Festsetzungsermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB kann in einem Bebauungsplan neben der Festsetzung von Flächen für besondere Anlagen auch festgesetzt werden:
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„... die zum Schutz vor [schädlichen Umwelt-] Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche“.
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Die strikte Betonung auf „Vorkehrungen baulicher und technischer Art“ schließt es aus, in einem Bebauungsplan Bestimmungen über Einzelheiten zur Nutzung der Anlage aufzunehmen (vgl. HessVGH, Urteil vom 12. November 2012 – 4 C 2025/11.N –, NVwZ-RR 2013, 349 und juris, Rn. 44; Schrödter/Möller, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 9, Rn. 188 – materialbezogene Vorgabe –; vgl. auch: BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2015 – 4 BN 8.15 –, ZfBR 2015, 579 und juris, Rn. 3: erlaubt sind Maßnahmen des passiven Schallschutzes wie Einbau von Schallschutzfenstern oder Festsetzungen über die Anordnung von Aufenthaltsräumen). Die Vorgabe in Textfestsetzung D), wonach bei bestimmten Innenschallpegeln und zu bestimmten Nutzungszeiten
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„Fenster nicht voll, sondern nur in Kippstellung geöffnet werden [dürfen bzw.] ... geschlossen bleiben [müssen]“,
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stellt eine verhaltens- bzw. nutzungsbezogene Anordnung und keine bauliche oder technische Vorkehrung dar. Für eine technische Vorkehrung im Sinne eines „Öffnungsmechanismus“ fehlt in der Textfestsetzung jeder Anhalt.
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Das Fehlen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Textfestsetzung D) führt indes nur zu einer Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans. Diese Ausnahme von der grundsätzlichen Gesamtnichtigkeit des Plans kommt dann in Betracht, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt - objektive Teilbarkeit - und aufgrund des im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willens der Gemeinde mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte – subjektive Teilbarkeit – (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 2008 – 4 CN 3.07 –, BVerwGE 131, 86 und juris, Rn. 30; OVG RP, Beschluss vom 30. August 2001 – 8 A 11130/01.OVG –). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
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Ausweislich der Planbegründung war sich die Gemeinde bewusst, dass die in den eingeholten Lärmgutachten vorausgesetzten Annahmen, insbesondere zu Betriebszeiten, mit einem Bebauungsplan nicht festgesetzt werden, sondern nur Gegenstand von Auflagen in der notwendigen Baugenehmigung sein können; die Textfestsetzung D) sollte (zusätzlich) sicherstellen, dass diese Vorgabe im Baugenehmigungsverfahren Beachtung findet (S. 20 der Planbegründung). Damit hat die Antragsgegnerin hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass die Lärmauswirkungen des Jugendherbergsbetriebs im Baugenehmigungsverfahren zu bewältigen sind und die Textfestsetzung D) lediglich als zusätzlicher, letztlich aber entbehrlicher Hinweis zu verstehen war.
B.
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Im Übrigen genügt der angegriffene Bebauungsplan „S.“ sowohl in formell- als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht den Anforderungen des höherrangigen Rechts.
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I. Der Bebauungsplan ist in formeller Hinsicht rechtmäßig.
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1. Er ist zulässigerweise im sog. Regelverfahren, d.h. mit Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB) und Umweltbericht (§ 2a Satz 1 Nr. 2 BauGB), erlassen worden. Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich (§ 214 Abs. 1 BauGB) und hier im Übrigen durch die Öffentlichkeitsbeteiligung im ursprünglich durchgeführten beschleunigten Verfahren ersetzt. Bei der Offenlagebekanntmachung vom 8. April 2020 sind in ausreichender Form entsprechend den Anforderungen gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB Angaben dazu gemacht worden, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2019 – 4 CN 7.18 –, NVwZ 2019, 1613 und juris, Leitsätze 1 und 2; OVG RP, Urteil vom 10. März 2020 – 8 A 11546/19.OVG –, juris, Leitsatz).
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2. Der Bebauungsplan ist auch nicht wegen fehlender Durchführung eines Raumordnungsverfahrens rechtswidrig.
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Zunächst schreiben weder das Baugesetzbuch noch das Raumordnungsgesetz vor, dass Bauleitpläne allgemein oder in bestimmten Fällen erst aufgestellt werden dürfen, nachdem ein Raumordnungsverfahren durchgeführt worden ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 15. Oktober 1999 – 1 CE 99.2148 –, DVBl. 2000, 207 und juris, Rn. 23; OVG RP, Urteil vom 20. Januar 2003 – 8 C 11016/02.OVG –, NuR 2003, 373 und juris, Rn. 74). Zur Sicherung der Anforderungen des Raumordnungsrechts beschränkt sich das Baurecht vielmehr auf das materiell-rechtliche Gebot in § 1 Abs. 4 BauGB, dass Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind. Als weiteres Instrument zur Durchsetzung von Vorgaben der Raumordnung eröffnen die Vorschriften in § 15 ROG und § 17 Landesplanungsgesetz – LPlG - in den dort beschriebenen Fällen darüber hinaus die Möglichkeit zur Herbeiführung eines raumordnerischen Entscheids in einem Raumordnungsverfahren, dem der Charakter einer „bloßen gutachterlichen Äußerung“ beigemessen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 2008 – 4 BN 12/08-, ZfBR 2008, 592 und juris, Rn. 2). Für die Durchführung des Raumordnungsverfahrens ist die Landesplanungsbehörde verantwortlich. Ein Anspruch auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens besteht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 LPlG ausdrücklich nicht (vgl. allgemein: Goppel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, 2. Aufl. 2018, § 15, Rn. 93 m.w.N.). Die Gemeinde könnte die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens also nicht erzwingen. Umgekehrt fehlt es auch an Regelungen zur zwangsweisen Durchsetzung der Obliegenheit des Planungsträgers gemäß § 17 Abs. 4 LPlG, der Landesplanungsbehörde die für die raumordnerische Beurteilung erforderlichen Unterlagen vorzulegen (vgl. Dietz, in: Kment, ROG, 2019, § 15, Rn. 54).
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Das Fehlen eines raumordnerischen Entscheids führt auch nicht auf ein Abwägungsdefizit (vgl. hierzu: OVG MV, Urteil vom 27. Mai 2009 – 3 K 17/08 –, BeckRS, 2010, 48395, zu IV.). Zum einen hat die im Planaufstellungsverfahren beteiligte Kreisverwaltung als Untere Landesplanungsbehörde die Notwendigkeit der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens nicht eingewandt. Zum anderen liegen auch die inhaltlichen Voraussetzungen für die Durchführung eines solchen Verfahrens nicht vor. Nach § 1 der Raumordnungsverordnung – RoV – „soll“ ein Raumordnungsverfahren i.S.v. § 15 ROG für die dort einzeln aufgeführten Planungen und Maßnahmen nur dann durchgeführt werden, „wenn sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RoV). Hiernach scheiden für ein Raumordnungsverfahren solche Planungen und Maßnahmen aus, die nur örtliche Bedeutung haben und damit dem Bereich kommunaler Planung zuzuordnen sind (vgl. Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, a.a.O., § 21, Rn. 8). Die Bauleitplanung ist als typisch örtliche Planung grundsätzlich nicht einem Raumordnungsverfahren zugänglich, es sei denn, sie wirke als projektbezogener Bebauungsplan über die Gemeindegrenzen hinaus (vgl. Goppel, a.a.O., § 15, Rn. 35). Im vorliegenden Fall fehlt es an der Raumbedeutsamkeit und der überörtlichen Bedeutung der vorliegenden Planung. Denn mit der geplanten Änderung und Erweiterung der vorhandenen Jugendherberge wird die räumliche Entwicklung oder Funktion des überörtlichen Gebiets, hier des Erholungs- und Erlebnisraums und der Kulturlandschaft „S.tal“, nicht in dem von § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG verlangten signifikanten Umfang beeinflusst, wie nachfolgend noch ausgeführt wird.
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II. Der Bebauungsplan „S.“ weist über die beanstandete Festsetzung hinaus keine weiteren materiell-rechtlichen Mängel auf.
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1. Zunächst ist das Anpassungsgebot gemäß § 1 Abs. 4 BauGB nicht verletzt.
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Nach dieser Vorschrift sind Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. „Anpassen“ bedeutet, dass raumplanerische Zielfestlegungen in der Bauleitplanung je nach dem Grad ihrer Aussageschärfe konkretisiert, aber nicht im Wege der Abwägung überwunden werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 1992 – 4 NB 20.91 –, BVerwGE 90, 329, Leitsatz; Beschluss vom 30. August 2016 – 4 BN 10.16 –, ZfBR 2017, 64 und juris, Rn. 7). Die Rechtsqualität eines Ziels erlangt eine als solche gekennzeichnete Planaussage allerdings nur, wenn auch die sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ergebenden Voraussetzungen eines Ziels der Raumordnung erfüllt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2005 – 4 BN 26.05 –, ZfBR 2005, 807 und juris, Rn. 4). Danach sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen Festlegungen in Raumordnungsplänen. Die Anpassungspflicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB verlangt demnach eine Handlungsanweisung mit Letztentscheidungscharakter und nicht nur eine Anregung oder Abwägungsdirektive (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 – 4 BN 3.14 –, ZfBR 2014, 479 und juris, Rn. 5).
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Ein Verstoß gegen derart konkretisierte und für die kommunale Bauleitplanung verbindliche raumplanerische Vorgaben ist hier nicht gegeben.
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Die Antragstellerin macht einen Verstoß gegen die Aussagen im Landesentwicklungsprogramm (LEP IV) Z 91 und Z 92 geltend. Beide Ziele stehen im Kapitel über „Gestaltung und Nutzung der Freiraumstruktur“. Darin sieht zunächst Z 87 vor, dass die aus Karte 7 (S. 110) ersichtlichen landesweit bedeutsamen Bereiche für den Freiraumschutz
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„durch die Regionalplanung mit Vorrangausweisungen für regionale Grünzüge bzw. Vorrang- und Vorbehaltsausweisungen für Grünzäsuren und Siedlungszäsuren zu konkretisieren und zu sichern [sind]. (S. 108)
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Z 91 verweist auf die in Karte 8 (S. 112) dargestellten Landschaftstypen (für die Saar von Konz im Norden bis zur rheinland-pfälzischen Landesgrenze im Süden: „Weinbaulich geprägte Tallandschaft der großen Flüsse im Mittelgebirge“) und erklärt sie zur
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„Grundlage für die Darstellung von Erholungs- und Erlebnisräumen [entsprechend Karte 9, S. 113], in denen die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft vorrangig zu sichern und zu entwickeln sind.“ (S. 111)
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Der Erholungs- und Erlebnisraum Nr. 18a „S. Tal“ – von Konz bis zur Landesgrenze – wird in der Tabelle in Anlage 2 zum LEP IV wie folgt umschrieben:
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„Große Flusslandschaft mit überwiegend steilen Talhängen. Geprägt durch Felsen, Trockenvegetation, Weinberge, historische Ortsbilder und Bauten. Einzigartiges Relief, v.a. mit sehr markanten Umlauftälern und -bergen. Hervorzuheben ist der Wiltinger Saarbogen als letzter naturnaher Flussabschnitt der Saar in Rheinland-Pfalz.“ (S. 177)
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Nach Z 92 sind die
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„landesweit bedeutsamen historischen Kulturlandschaften [u.a. „S. Tal“, vgl. Nr. 5.2 der Tabelle zur Karte 10, S. 182] in ihrer Vielfältigkeit unter Bewahrung des Landschaftscharakters, der historisch gewachsenen Siedlungs- und Ortsbilder, der schützenswerten Bausubstanz sowie des kulturellen Erbes zu erhalten und im Sinne der Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln.“ (S. 114)
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Die Konkretisierung obliegt nach Z 93 der Regionalplanung.
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Unmittelbare Handlungsanweisungen für die Bauleitplanung mit Letztentscheidungscharakter, etwa vergleichbar einem Bauverbot in einem regionalen Grünzug, lassen sich diesen Z-Aussagen des LEP IV nicht entnehmen. Adressatin der „Ziele“ ist vielmehr die Regionalplanung, die Freiraumschutz mittels Darstellung regionaler Grünzüge oder Grünzäsuren oder räumlich konkretisierten Flächenschutz zur Bewahrung der historischen Kulturlandschaft zu betreiben hat (vgl. LEP VI, Erläuterungen zu Z 87 [S. 109] und Z 93 [S. 115]).
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In der Begründung zum Bebauungsplan wird näher dargelegt, dass der aktuell gültige Regionale Raumordnungsplan der Region Trier das Plangebiet als Siedlungsbereich ausweist, so dass kein Widerspruch zur Regionalplanung vorliegt (vgl. S. 10 f der Planbegründung, mit zusätzlichen Ausführungen zur Vereinbarkeit der Planung auch mit dem aktuellen Entwurf zur Novellierung des Regionalen Raumordnungsplans).
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Insgesamt kommt den Geboten in Z 91 und Z 92 zur Sicherung und Entwicklung von Vielfalt, Eigenart, Schönheit und Erholungswert von Natur und Landschaft sowie zur Erhaltung und Weiterentwicklung der historischen Kulturlandschaft für die kommunale Bauleitplanung nicht die Bedeutung einer von räumlich und sachlich bestimmten, abschließend abgewogenen Festlegung zu, sondern vielmehr von Grundsätzen der Raumordnung, die ebenso wie die Belange der Erhaltung des Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB) und der Landschaftspflege (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind.
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2. Der Bebauungsplan ist auch aus dem Flächennutzungsplan entwickelt (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB).
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Der Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde S.-K. vom 12. November 2003 stellt das Plangebiet als Gemeinbedarfsfläche mit dem Symbol „J“ für Jugendherberge dar. Mit dieser Darstellung soll der Standort für den Träger der Einrichtung gesichert werden. Es ist nicht erkennbar, dass mit dieser Darstellung im Jahr 2003 nur an Jugendherbergen mit dem Ausstattungsniveau der fünfziger Jahre angeknüpft und Anpassungen an moderne Standards ebenso wie die Entwicklung zu Familien- und Jugendgästehäusern ausgeschlossen werden sollte. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass durch den Bebauungsplan die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt würde (vgl. zur Unbeachtlichkeitsregel: § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB).
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3. Die Festsetzung eines Sondergebiets mit der Zweckbestimmung „Jugendherbergen“ und die Beschreibung der zulässigen Art der baulichen Nutzung halten sich im Rahmen der gesetzlichen Festsetzungsermächtigung.
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a) Die Zweckbestimmung „Jugendherbergen“ ist sondergebietsfähig.
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Nach § 11 Abs. 1 BauNVO können die Gemeinden als sonstige Sondergebiete solche Gebiete festsetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Der „wesentliche Unterschied“ im Sinne dieser Vorschrift besteht hier darin, dass die Antragsgegnerin nach ihrem Planungswillen lediglich ein bestimmtes Vorhaben, nämlich die Errichtung einer Jugendherberge ermöglichen will. Diese Einseitigkeit der Nutzungsstruktur unterscheidet sich deutlich von den Zweckbestimmungen der klassifizierten Baugebietstypen (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 – 4 CN 5.01 –, DVBl. 2002, 1121 und juris, Rn. 14 [SO nur für landwirtschaftliche Betriebe]; VGH BW, Urteil vom 24. Juli 1998 – 8 S 2952/97 –, BRS 60 Nr. 77 und juris, Rn. 18 [SO „Bauhofareal“]; OVG RP, Urteil vom 20. Januar 2010 – 8 C 10725/09.OVG –, BauR 2010, 1539 und juris, Rn. 26 [SO „Wein- und Lebensmittelanalytik“]; Schimpfermann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2018, § 11, Rn. 4 und Rn. 4.; anders bei der Kombination unterschiedlichster Nutzungsarten: OVG RP, Urteil vom 12. Januar 2021 -8 C 10362/20-, juris, Rn. 74 ff).
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Die in dem von der Antragstellerin zitierten Urteil des 1. Senats des erkennenden Gerichts vom 12. Januar 2012 – 1 C 10546/11.OVG – geäußerten Bedenken an einer hinreichenden Zweckbestimmung durch Verwendung des Begriffs „SO Hotel“ stellen diese Wertung nicht in Frage; vielmehr weisen die für die Entscheidung des 1. Senats nicht tragenden Erwägungen auf ein zweckwidriges Gebrauchmachen von der Festsetzungsermächtigung im konkreten Einzelfall hin (vgl. juris, Rn. 26).
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b) In dem angegriffenen Bebauungsplan sind sowohl die Zweckbestimmung des Sondergebiets als auch die zugelassene Art der baulichen Nutzung hinreichend bestimmt festgesetzt worden, womit den Anforderungen in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO genügt wird.
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Dass der Bebauungsplan die planerische Grundlage für den Umbau und die Erweiterung des vorhandenen Jugendherbergsgebäudes zu einer neuen Jugendherberge schafft, ergibt sich neben der Planbegründung bereits aus dem Titel des Bebauungsplans „S.“. Die Verwendung des Plurals „Jugendherbergen“ in der Textfestsetzung A) ist der Rechtsprechung des BVerwG zur fehlenden Ermächtigung für die Beschränkung der Zahl zulässiger Nutzungen in einem sonstigen Sondergebiet geschuldet (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2019 – 4 CN 8.18 –, ZfBR 2020, 120, Leitsatz; S. 14 der Planbegründung). Schon angesichts der Größe des Plangebiets kommt hier nur eine solche Anlage in Betracht. Angesichts des Titels des Bebauungsplans und der Textfestsetzung zur Art der baulichen Nutzung handelt es sich bei der in die Nutzungsschablone aufgenommenen Bezeichnung „SO Beherbergungsgewerbe“ um eine offensichtliche und daher unerhebliche Falschbezeichnung.
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Die nähere Ausgestaltung der geplanten Jugendherberge wird in der Textfestsetzung A) hinreichend klar umschrieben:
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„Zulässig sind Jugendherbergen als Gesamtanlagen mit mindestens folgenden
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Einrichtungen:
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1. Gästezimmer mit mindestens 4 Betten
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2. Gruppenräume
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3. Restaurant
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4. Bistro/Cafébar“
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Die Formulierung „mindestens folgende Einrichtungen“ ändert nichts daran, dass hier die bauleitplanerische Voraussetzung für eine typische Jugendherbergseinrichtung in zeitgemäßer Ausrichtung geschaffen worden ist. Der Bebauungsplan weist einen besonderen Projektbezug auf. Mit dem Begriff „Jugendherberge“ wird nämlich ein ganz bestimmter Typ von Freizeiteinrichtung bezeichnet und darüber hinaus bereits deren Träger bestimmt. Der Plangeber hat die zulässige Nutzung nicht abstrakt-generell – im Sinne irgendeines Beherbergungsbetriebs für junge Gäste – festgesetzt, sondern sich auf einen bestimmten Typ eines Gästehauses – eine bestimmte „Marke“ – festgelegt, nämlich denjenigen in der Trägerschaft des gemeinnützigen Vereins „DieJugendherbergen in Rheinland-Pfalz und im Saarland“ als Mitglied des Deutschen Jugendherbergswerks. Die Ausrichtung auf den bisherigen Betreiber der „S.-Jugendherberge“ und dessen Hauptzielgruppe „Jugend und Familie“ wird zu Beginn der Planbegründung deutlich hervorgehoben (vgl. S. 4). Im Internetauftritt von „D.“ wird der soziale Charakter der Einrichtung für überwiegend Familienurlaub und Klassenfahrten betont (vgl. ...).
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Ferner zeigt die Festlegung der Gästezimmer auf mindestens 4 Betten, dass in dem Sondergebiet nicht ein klassischer Beherbergungsbetrieb mit Ein- und Zweibettzimmern untergebracht werden soll. Vielmehr soll hier eines der modernen Familien- und Gästehäuser errichtet werden, wie es auch andernorts in der Trägerschaft des Vereins geführt wird (vgl. S. 4 der Planbegründung). Diese Kernausrichtung an einer typischen Jugendherberge und an deren typischen (Übernachtungs-) Gästen schränkt zugleich deren Nutzung durch externe Gäste ein. Externe Gäste kommen nur als Annex zur Hauptnutzung in Betracht. Eine Nutzung als „Kongresszentrum“ wäre nicht zulässig. Angesichts der klar festgelegten Nutzungsart bedurfte es keiner zusätzlichen Festlegung hinsichtlich der Zahl der Betten, Zimmer oder Seminarräume.
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4. Der Bebauungsplan „S.“ genügt auch den Anforderungen des Abwägungsgebots.
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Die Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB sowie – materiell-rechtlich – aus § 1 Abs. 7 BauGB; das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2016 – 4 CN 2.16 –, BVerwGE 156, 336, Rn. 12 m.w.N.). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des Einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines Anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1969 – 4 C 105.66 –, BVerwGE 34, 301 [308 f.] und vom 5. Juli 1974 – IV C 50.72 –, BVerwGE 45, 309 [315]).
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a) Soweit die Antragstellerin rügt, der angegriffene Bebauungsplan sei deshalb abwägungsfehlerhaft, weil er sich in konzeptionelle Widersprüche verstrickt habe, kann dem nicht gefolgt werden.
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Zunächst ist die Entscheidung der Antragsgegnerin für das Instrument eines Angebotsplans grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Die Gemeinde ist bei der Wahl des Planungsinstruments, mit dem sie ihre städtebaulichen Ziele erreichen will, weitestgehend frei. Auch wenn die Gemeinde mit dem Bebauungsplan das Vorhaben eines bestimmten Vorhabenträgers planungsrechtlich ermöglichen will, ist sie aufgrund von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht gezwungen, einen mit einer Durchführungsverpflichtung des Vorhabenträgers und dem Gebot zur Aufhebung des Bebauungsplans bei Nichtdurchführung des Projekts (§ 12 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 BauGB) gekoppelten vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 2012 – 2 D 38/11.NE –, BauR 2013, 1408 und juris, Rn. 52 und 55; OVG Nds., Urteil vom 4. Januar 2011 – 1 MN 130/10 –, BauR 2011, 805 und juris, Rn. 77; auch: BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 VR 5/14 – [„projektbezogener Angebotsbebauungsplan“]). Ein Angebotsbebauungsplan ist im Vergleich zu dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan das flexiblere Planungsinstrument. Er lässt innerhalb des gesetzten Rahmens Änderungswünsche des Vorhabenträgers ohne Weiteres zu und vermeidet, einen allein auf das ursprüngliche Konzept bezogenen Bebauungsplan zuvor nebst dem Durchführungsvertrag ändern zu müssen. Darüber hinaus kann ein (projektbezogener) Angebotsbebauungsplan aufrechterhalten werden, auch wenn das Projekt des ursprünglichen Vorhabenträgers nicht zustande kommt (vgl. zu Vorstehendem insgesamt: OVG RP, Urteil vom 6. Mai 2015 – 8 C 10974/14.OVG –, juris, Rn. 23; Urteil vom 13. Februar 2019 – 8 C 11387/18.OVG –, BauR 2019, 922 und juris, Rn. 38).
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Allerdings darf der Plangeber sich bei Ausnutzung dieser Planungsformenfreiheit nicht in konzeptionelle Widersprüche verstricken und sich selektiv einmal auf den offenen Angebotscharakter des Bebauungsplans, ein anderes Mal auf dessen Projektbezug berufen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 2012, a.a.O., Rn. 64; OVG RP, Urteil vom 13. Februar 2019, a.a.O., juris, Rn. 39; auch: Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 140. EL 2020, § 1 Rn. 38). Dieser Anforderung wird der Bebauungsplan „S.“ gerecht.
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Die planerische Abwägung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil ihr Gutachten und sonstige tatsächliche Bewertungen zugrunde lagen, die sich auf das konkrete, zur Baugenehmigung gestellte Vorhaben zum Umbau und der Erweiterung der Jugendherberge bezogen. Denn der Bebauungsplan „S.“ ist, wie oben erläutert, auf dieses konkrete Projekt bezogen. Mit der Zweckbestimmung „Jugendherberge“ hat sich der Plangeber auf einen bestimmten Typ eines Gästehauses festgelegt, nämlich dasjenige in der Trägerschaft des Vereins „DieJugendherbergen in Rheinland-Pfalz und im Saarland“. Durch dessen einheitliches Nutzungskonzept (vgl. deren oben angegebene Webseite) war damit der Rahmen der durch den Bebauungsplan ermöglichten Nutzungen bereits vorgeprägt. Sie wurden durch die im Bebauungsplan erfolgten Festsetzungen zu den zulässigen Einrichtungen (Gästezimmer mit mindestens 4 Betten, Gruppenräume, Restaurant, Bistro/Cafébar) konkret festgelegt. Um sich zu vergegenwärtigen, welche konkreten Nutzungen mit welchen Auswirkungen durch den Bebauungsplan eröffnet würden, war es daher sachgerecht, wenn die Antragsgegnerin auf die bereits im Baugenehmigungsverfahren befindlichen Projektpläne abstellen ließ, zumal diese die Maßfestsetzungen des Bebauungsplans in nahezu vollem Umfang ausschöpften (vgl. zur „realitätsnahen Prognose“ der planbedingten Auswirkungen eines projektbezogenen Angebotsplans: VGH BW, Urteil vom 21. April 20215 – 3 S 2094/13 –, BauR 2015, 1293 und juris, Leitsatz 2 und Rn. 64; OVG RP, Urteil vom 13. Oktober 2016 -1 C 11118/15-, juris, Rn. 24; SaarlOVG, Urteil vom 6. September 2018 – 2 C 623/16 –, juris, Rn. 31; OVG Nds., Beschluss vom 4. Januar 2011 – 1 MN 130/10 –, BauR 2011, 805 und juris, Rn. 81). Ein konzeptioneller Widerspruch liegt darin nicht.
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b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin die mit der Realisierung des Bebauungsplans und der Ausübung der damit eröffneten Nutzungen einhergehenden Verkehrsbelastungen zutreffend ermittelt und ihrer Bedeutung entsprechend abgewogen.
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Um die Belange des Verkehrs nach § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB zutreffend zu würdigen, hat eine Gemeinde bei der Ausweisung neuer Bauflächen zu bedenken, ob für den dadurch ausgelösten Zu- und Abgangsverkehr eine ausreichende Erschließung vorhanden ist und eventuell vorhandene Erschließungsstraßen nicht planbedingt überlastet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2000 - 4 BN 59.00 -, ZfBR 2001, 2002 und juris, Rn. 10; Söfker/Runkel, Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 140. EL 2020, § 1, Rn. 167 m.w.N.). Die Anforderungen an die Erschließung richten sich nach den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs (§ 123 Abs. 2 BauGB). Mindestanforderungen sind dann erfüllt, wenn die verkehrsmäßige Anbindung der erschlossenen Grundstücke gewährleistet und die Verkehrsanlagen ordnungsgemäß benutzbar sind; die Erschließungsstraße muss in der Lage sein, den von der Nutzung der baulichen Anlagen ausgehenden zusätzlichen Verkehr – unter Einschluss von Versorgungsfahrzeugen – ohne Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit aufzunehmen (vgl. Söfker, a.a.O., § 30, Rn. 42 und Rn. 46 m.w.N.). Anhaltspunkte für den gebotenen Ausbauzustand von Erschließungsstraßen können den „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen“ – RASt 06 – der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Ausgabe 2006, entnommen werden, ohne dass damit ein starrer Maßstab vorgegeben wäre (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. November 2013 – 8 S 1694/11 –, ZfBR 2014, 264 und juris, Rn. 22 f.; RASt 06, S. 14; Söfker, ebenda, Rn. 46).
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Die Antragsgegnerin hat die Leistungsfähigkeit der Straße „B.“ im Anschluss an das Votum der Verkehrsplaner im Wesentlichen deshalb bejaht, weil die Engstelle gut einsehbar, die Zahl von problematischen Begegnungen bei den planbedingt zu erwartenden 360 Fahrbewegungen pro Tag (etwa 40 Kfz. in der Nachmittagsspitzenstunde) sehr gering und im Rahmen straßenverkehrlicher Rücksichtnahme zu bewältigen sei. Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung folgt der Senat dieser Einschätzung. Die der Planung zugrundeliegenden Annahmen sind sowohl hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse auf der Straße (1) als auch hinsichtlich des prognostizierten Verkehrsaufkommens (2) tragfähig.
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(1) Dass die Straße „B.“ Engstellen aufweist und über eine längere Strecke nur einspurig befahrbar ist und dadurch die in der RASt 06 formulierten Nutzungsansprüche an Straßenräume, insbesondere die Anforderungen an Begegnungen im fließenden Kfz.-Verkehr (Fahrbreite von 4,10m bei Begegnung PKW/PKW und 3,80 m bei Begegnung Pkw/Rad, vgl. RASt 06, Bild 17), nicht erfüllt, ist unstreitig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bedeutet dies freilich nicht, dass damit den oben wiedergegebenen Anforderungen an die hinreichende Erschließung eines Baugebiets nicht doch (noch) genügt wäre. Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass diese Situation seit langem besteht, erschließt die Straße doch nicht nur seit 1958 das Gelände der Jugendherberge, sondern auch die danach seit den 1960er Jahren entstandene Siedlung am K. Berg. Die Straße „B.“ ist von der Einfahrt zur Jugendherberge bis zur Einmündung in die „F.“ ca. 300 m lang. Die bisherige Jugendherberge verfügte über 123 Betten, nach den Bauantragsunterlagen sollen nach der Erweiterung 173 Betten zur Verfügung stehen.
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Auf die Zuordnung der Straße „B.“ zu den in der RASt 06 beschriebenen „typisierenden Entwurfssituationen“ (12 Kategorien von „Wohnweg“ bis zur „anbaufreien Straße“, vgl. RASt 06, S. 33 bis 61) kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin und der Einwender im Planaufstellungsverfahren zur Beurteilung der Verkehrsfunktion der Straße für sich genommen nicht an. So wird in der Richtlinie selbst darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um typische Situationen handele, mit denen (lediglich) 70% bis 80% der in der Praxis auftretenden Entwurfssituationen abgedeckt würden (S. 33). Weiter führt die Richtlinie aus, dass es auch schmale Zweirichtungsfahrbahnen mit Fahrbahnbreiten von 3,50 m bis 4,75 m, in Ausnahmefällen auch nur bis 3,00 m (vgl. RASt 06, S. 72) geben kann. Entscheidend ist, dass ein Begegnungsverkehr unter Ausnutzung von Ausweichstellen ohne Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit noch möglich ist. Hiervon hat sich der Senat bei dem Ortstermin überzeugt.
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Die weitgehend nur einspurig befahrbare Strecke der Straße „B.“ reicht etwa vom Friedhofsparkplatz bis hinunter zur Einmündung in die Straße „F.“. Sowohl auf dem breiteren Teilstück der Straße „B.“ oberhalb des Friedhofsparkplatzes als auch spätestens auf der Straße „F.“ ist ein Begegnungsverkehr von Kraftfahrzeugen möglich. Dieser Begegnungsverkehr wird durch Park- und Halteverbote, wie sie sich bereits heute am Knotenpunkt „F./B.“ finden und wofür sich die Sachverständigen ausdrücklich ausgesprochen haben, deutlich erleichtert. Entscheidend für die sichere Abwicklung des Verkehrs auf der Straße „B.“ ist sodann, dass die nur einspurig befahrbare Strecke gut einsehbar ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die sich entgegenkommenden Fahrzeuge rechtzeitig anhalten können, um zum einen auf der Straße „F.“ im Einmündungsbereich der Straße „B.“ und zum anderen in Höhe des Friedhofsparkplatzes einen Begegnungsverkehr zu ermöglichen. Davon, dass eine solche Begegnung gerade auch auf dem breiteren Teilstück oberhalb des Friedhofsparkplatzes unter Beachtung straßenverkehrlicher Rücksichtnahme möglich ist, hat sich der Senat beim Ortstermin überzeugt. Mit Hilfe der von den Verkehrsplanern vorgeschlagenen Vorrangregelung laut Verkehrszeichen Nr. 308 der Anlage 3 zur StVO kann sichergestellt werden, dass auch Ortsunkundige an diesen „Passierstellen“ warten und sich vergewissern, ob ein gefahrloses Befahren der Engstelle – unter weitgehender Vermeidung riskanter Rückwärtsfahrten – möglich ist.
- 83
Soweit die Antragstellerin geltend macht, die angegriffene Bauleitplanung sei allein deshalb abwägungsfehlerhaft, weil der Stadtrat von einer zu kurzen Länge der Engstelle (115 m statt 180 m) ausgegangen sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn dem Rat der Antragsgegnerin war aufgrund der Kenntnis der Markierung im Luftbild auf S. 14 der verkehrsplanerischen Stellungnahme und in Kenntnis der auf S. 27 der Abwägungstabelle wiedergegebenen Skizze des Einwenders G. klar, dass die Längendifferenz auf der Einbeziehung (180 m, Einwender) bzw. Nichteinbeziehung (115 m, ...) des Einmündungsbereichs „B./F.“ beruhte. Zudem war dem Stadtrat mit der Abwägungstabelle die Stellungnahme der Verkehrsplaner vom 29. Mai 2020 mitgeteilt worden, wonach sich die Längenangabe in ihrer Stellungnahme lediglich auf die fehlende Einsehbarkeit bezogen habe (vgl. S. 29 der Abwägungstabelle). Vor diesem Hintergrund und aufgrund der zu unterstellenden Ortskenntnis der Stadtratsmitglieder kann daher nicht angenommen werden, die Ratsmitglieder hätten den als problematisch anzusehenden Streckenteil der Straße „B.“ in seiner Länge verkannt.
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Soweit die Antragstellerin rügt, die angenommene Länge der Engstelle habe auch Eingang in die Berechnung der prognostizierten Häufigkeit von Begegnungsfällen in der Nachmittagsspitzenstunde (15:45 Uhr bis 16:45 Uhr) gefunden, begründet dies ebenfalls keine Abwägungsfehlerhaftigkeit der Planung. Denn für die von den Verkehrsplanern vertretene Zumutbarkeit der prognostizierten Begegnungsfälle war nicht so sehr die exakte Zahl bis zur Kommastelle maßgebend, sondern vielmehr die darin zum Ausdruck kommende Grundaussage, dass es in der Nachmittagsspitzenstunde nur zu sehr wenigen Begegnungsfällen kommen wird. Diese Aussage trifft aber ebenfalls zu, wenn man die von den Verkehrsplanern benutzte Formel mit einer Länge der Engstelle von 180 m anwendet und so auf eine Zahl von 4 Begegnungsfällen in der Nachmittagsspitzenstunde kommt (vgl. den Vermerk der Verkehrsplaner vom 12. Februar 2021, S. 3, Bl. 261 der Gerichtsakte). Dieses Verständnis ihrer Aussage haben die Verkehrsplaner in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal verdeutlicht. Aufgrund der Planbegründung und der Ausführungen in der Abwägungstabelle ist zudem davon auszugehen, dass der Unterschied bei der Zahl der prognostizierten Begegnungsfälle in der Nachmittagsspitzenstunde (2,7 oder 4) für das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist (vgl. zur Fehlerfolgenregelung: § 214 Abs. 3 Halbsatz 2 BauGB).
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Ferner sieht die Antragstellerin auch den Begegnungs- bzw. Überholverkehr von Kraftfahrzeugen und Fußgängern oder Radfahrern als problematisch an; sie verweist hierzu auf die Überholabstände für Kraftfahrzeuge von 1,50 m gemäß § 5 Abs. 4 Satz 3 StVO und hält ein Hinterherfahren durch die gesamte Engstelle hindurch für unrealistisch. Aber auch diese Einwendungen stellen die Erschließungsfunktion der Straße „B.“ nicht grundsätzlich in Frage. Einerseits ist der neue 1,50 m-Abstand zwingend und von den Verkehrsteilnehmern zu beachten. Andererseits ist davon auszugehen, dass längere Staus durch Rücksichtnahmepflichten der langsameren Verkehrsteilnehmer vermieden werden. So muss nach § 5 Abs. 6 Satz 2 StVO der langsamere Verkehrsteilnehmer seine Geschwindigkeit an geeigneter Stelle ermäßigen, notfalls warten, wenn nur so unmittelbar folgenden Fahrzeugen das Überholen möglich ist.
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Soweit die Antragstellerin schließlich auf die Folgen von Rückstaus beim Einbiegen von Bussen auf das Gelände der Jugendherberge hinweist, sind die Verkehrsplaner dem Einwand überzeugend entgegengetreten. In ihrer Stellungnahme vom 12. Februar 2021 (Bl. 263 der GA) weisen sie darauf hin, dass der Rangiervorgang eines Busses im Bereich der geplanten Bushaltebucht ca. 20 Sekunden betragen werde. Dies führe bei der ermittelten Zahl von Fahrzeugbewegungen während der Nachmittagsspitzenstunde allenfalls dazu, dass ein bis zwei Fahrzeuge für kurze Zeit im Verkehrsfluss beeinträchtigt würden. Dies sei im öffentlichen Straßenraum nicht ungewöhnlich.
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(2) Die Prognose des planbedingt zu erwartenden Verkehrsaufkommens auf der Straße „B.“ ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.
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(a) Soweit die Antragstellerin rügt, die der verkehrsplanerischen Stellungnahme vom Februar 2020 zugrundeliegende Verkehrszählung am 19. Januar 2017 sei nicht aussagekräftig, ist dem nicht zu folgen.
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Die Sachverständigen sind dem bereits in ihrer Stellungnahme vom 29. Mai 2020 und ergänzend am 12. Februar 2021 im Normenkontrollverfahren überzeugend dadurch entgegengetreten, dass die Querschnittszählung methodengerecht durchgeführt worden sei. Beim Donnerstag, den 19. Januar 2017, habe es sich um einen sog. „Normalwerktag“ innerhalb einer „Normalverkehrswoche (ohne Ferien, Feiertag, Baustellen etc.)“ gehandelt, der deshalb zu aussagekräftigen Ergebnissen geführt habe, weil es sich bei der Straße „B.“ um eine reine Erschließungsstraße handele, der Verkehr zum Wohngebiet also relativ konstant sei. Danach ergaben sich auf der Straße „B.“ eine Belastung von Kfz.-Durchfahrten von 150 Kfz./Tag am Beginn der Straße und von 115 Kfz./Tag in Höhe der Jugendherberge und der anschließenden Wohnhäuser.
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(b) Was die planbedingt zu erwartende Zusatzbelastung der Straße „B.“ anbelangt, haben die Gutachter auf die vorliegende Planung des Projektträgers abgestellt. Dies ist - wie oben erläutert - deshalb hinreichend realitätsnah, weil diese Planung den bauleitplanerisch eröffneten Rahmen – insbesondere hinsichtlich des [durch die Festsetzung der Zweckbestimmung des Sondergebiets vorgegebenen] Nutzungskonzepts einer Jugendherberge, des Baufensters und des erlaubten Maßes der baulichen Nutzung – nahezu vollständig ausschöpft.
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Danach sind die Sachverständigen – entsprechend den Angaben in der Projektbeschreibung (vgl. Ordner 2 zum ergänzenden Verfahren) – von 173 Betten (35 Zimmer) und 6 Seminarräumen (fünf im 1. Obergeschoss des Altbestandes [20 m² bis 72 m²] und einer im Dachgeschoss des Altbestandes [140 m²]) ausgegangen. Das Aufkommen des dadurch ausgelösten Kfz.-Verkehrs ist unter Auswertung externer Quellen und von Erfahrungswerten der Sachverständigen ermittelt worden und erweist sich als plausibel:
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Die Zahl der Übernachtungsgäste ist mit 140/Tag angenommen worden, was einer unterstellten Auslastung der Jugendherberge von 80 % entspricht; dies kann angesichts der mittleren Auslastung der Jugendherbergen in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 63 % und einer maximalen Zimmerauslastung von 81 % (vgl. Stellungnahme ... vom 12. Februar 2021, Bl. 464 der GA) als realitätsnahe Annahme für die Abschätzung der planbedingten Zusatzbelastung auf der Straße „B.“ gewertet werden. Die Annahmen der Gutachter sind auch insofern konservativ, d.h. zur belastungsintensiven Seite hin erfolgt, als sie die angenommene Auslastung der Jugendherberge in vollem Umfang auf PKW-Fahrten umgelegt haben. Dass die hieraus ermittelte Zahl von 118 Pkw.-Fahrten/Tag (3 Wege/Tag/Gast, Kfz-Anteil 70 % [Modal Split], mittlerer PKW-Besetzungsgrad 2,5 - vgl. ..., Feb. 2020, S. 6) unzutreffend wäre, ist von der Antragstellerin weder gerügt noch ersichtlich.
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Weil die Übernachtungsgäste das Gros der Belegung darstellen werden, ist die weitere Annahme von 30 „weiteren Gästen/Tag“ zwar nicht näher belegt, aber für den Gegenstand der Untersuchung durchaus hinreichend realitätsnah. In der Stellungnahme vom Februar 2020 wird dies damit begründet, dass die Seminarräume überwiegend von Schulklassen benutzt werden dürften. Dies entspricht dem oben erläuterten Inhalt der Festsetzungen zur Zweckbestimmung des Sondergebiets und zur Art der zugelassenen Nutzung. Durch die Festlegung auf eine typische Jugendherberge (Jugendgästehaus) in der Trägerschaft des gemeinnützigen Vereins „DieJugendherbergen in Rheinland-Pfalz und im Saarland“ ist der Schwerpunkt des Betriebs auf Übernachtungsgäste in Form von Familien, Schulklassen und Kleingruppen ausgerichtet. Hierdurch ist zugleich die Nutzung der Jugendherberge durch externe (Tages-)Gäste eingeschränkt. Solche externen Gäste kommen nur als Annex zur Hauptnutzung in Betracht. Vor diesem Hintergrund erweist sich der „Pauschalansatz von 30 zusätzlichen Gästen/Tag“ (..., Feb. 2020, S. 7) als plausibel. Dass die hieraus ermittelte Zahl von 45 Pkw.-Fahrten/Tag unzutreffend wäre, ist von der Antragstellerin weder gerügt noch ersichtlich. Letzteres gilt auch hinsichtlich der für die Beschäftigten angenommenen Pkw.-Fahrten von 37/Tag und der für den Liefer- und Versorgungsverkehr angenommenen Zahl von 2 Lkw-Fahrten/Tag.
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Schließlich erscheint auch die angenommene Zahl von 4 Bus-Fahrten/Tag, d.h. eine An- und Abfahrt von 2 Bussen/Tag, für die durchgeführte Prognose der planbedingt realistisch erwartbaren Zusatzbelastung nicht als verfehlt. Diese Annahme erweist sich deshalb als plausibel, weil laut des Geschäftsberichts des Jugendherbergsträgers nur etwa 1/3 der Übernachtungsgäste Schulklassen sind (vgl. die oben wiedergegebene Internetseite von „D.“). Dass die Lärmsachverständigen in ihrem Gutachten 8 Busfahrten/Tag unterstellt haben, stellt die Plausibilität der Annahmen der Verkehrsplaner nicht in Frage, weil der Immissionsprognose insofern eine worst-case-Betrachtung zu den erwartbaren Lärmbelastungen zugrunde liegt.
- 95
Die so ermittelte Zahl von 206 Fahrbewegungen/Tag addiert sich zu den Ist-Zahlen am Fuß der Straße „B.“ von 150 Fahrten/Tag auf 356 Fahrten/Tag.
- 96
c) Die Antragsgegnerin hat auch die planbedingt zu erwartenden Lärmwirkungen für die Nachbarschaft fehlerfrei abgewogen.
- 97
Die für den angegriffenen Satzungsbeschluss tragende Erwägung, dass die Bauleitplanung aufgrund der Ergebnisse des Lärmgutachtens realisierbar sei (vgl. S. 20 der Planbegründung), ist rechtlich nicht zu beanstanden. Details, insbesondere zum Umfang der zugelassenen Nutzung und zu nötigen Auflagen, durften dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben.
- 98
Grundlage für die Bewertung der Antragsgegnerin ist die Immissionsprognose der N. vom 31. März 2020 sowie deren „Überschlägige Vorbelastungsermittlung“ [ohne die – geschlossene – Jugendherberge] vom 10. März 2020. Letztere kommt zu dem Ergebnis, dass die Beurteilungspegel für den Tageszeitraum deutlich (für die Antragstellerin etwa um 21 dB(A)) unterhalb des Immissionsrichtwerts für ein reines Wohngebiet (50 dB(A)) liegen, so dass sie für die Beurteilung der Gesamtbelastung unerheblich seien (vgl. S. 20 f. des Berichts vom 10. März 2020; hierzu auch: Schimpfermann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl. 2019, § 15, Rn. 15). Für die Nachtzeit (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) hat man eine solche irrelevante Geräuschvorbelastung nicht angenommen und für die Zumutbarkeit der planbedingt hinzukommenden Lärmbeeinträchtigung auf die Irrelevanzregel gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm abgestellt. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm kommt es auf die Gesamtbelastung nicht an, wenn der von der zu genehmigenden Anlage verursachte Immissionsbeitrag für sich genommen als nicht relevant anzusehen ist. Das ist nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Unterschreitung um 6 dB(A) ist gewählt worden, weil in einem solchen Fall die bestehende Vorbelastung allenfalls um 1 dB(A) erhöht würde (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 93. EL 2020, TA Lärm, Nr. 3, Rn. 16).
- 99
Die Immissionsprognose vom 31. März 2020 kommt sodann zu dem Ergebnis, dass für den Tageszeitraum der Immissionsrichtwert von 50 dB(A) lediglich an Sonn- und Feiertagen und lediglich hinsichtlich des Anwesens der Antragstellerin um 2 dB(A) überschritten werde. Für den Nachtzeitraum würden die Immissionsrichtwerte an allen Immissionsorten eingehalten. Für eine Unterschreitung der Immissionsrichtwerte um mindestens 6 dB(A) seien jedoch Lärmminderungsmaßnahmen notwendig. Dasselbe gelte für die Einhaltung des Spitzenpegelkriteriums während der Nachtzeit (vgl. S. 21 f. der Immissionsprognose vom 31. März 2020). Die Gutachter formulieren sodann die erforderlichen Lärmminderungsmaßnahmen, die sich im Wesentlichen auf zeitliche Nutzungsbeschränkungen und auf Fensteröffnungsregelungen in den Seminarräumen für den Fall des Überschreitens eines Innenpegels von 80 dB(A) beziehen (vgl. S. 23 f. der Immissionsprognose). Abschließend kommen die Gutachter zu der Bewertung, dass bei Beachtung dieser Lärmminderungsmaßnahmen die Immissionsrichtwerte im Tageszeitraum auch an Sonn- und Feiertagen eingehalten, die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit um mindestens 6 dB(A) unterschritten und auch das Spitzenpegelkriterium an allen Immissionsorten eingehalten werde (vgl. S. 26 der Immissionsprognose).
- 100
Das Gutachten bietet eine ausreichende Grundlage für die dem Satzungsbeschluss zugrundeliegende Annahme, dass die Bauleitplanung realisierbar ist (vgl. S. 20 der Planbegründung). Die von der Antragstellerin gegenüber dem Lärmgutachten geäußerte Kritik führt nicht auf den geltend gemachten Abwägungsmangel.
- 101
Dies gilt etwa für den Einwand, bei dem durch die Busse verursachten Lärm seien die Geräusche der aussteigenden Jugendlichen nicht berücksichtigt worden. Im Übrigen wird der Einwand, der durch den Busverkehr zu erwartende Lärm werde unterschätzt, auch dadurch relativiert, dass dem Lärmgutachten die Immissionen von 8 Busbewegungen pro Tag zugrunde liegen (S. 15), also doppelt so viele wie nach dem oben erläuterten Verkehrsgutachten als realistisch anzunehmen sind.
- 102
Bei den An- und Abfahrbewegungen von PKW sind die Gutachter während der Tageszeit (6:00 Uhr – 22:00 Uhr) von 12 An- oder Abfahrten je Stunde und von 4 An- oder Abfahrten in der lautesten Nachtstunde ausgegangen, was 196 Fahrten insgesamt ausmacht und damit der Einschätzung der Verkehrsplaner entspricht.
- 103
Auch das für die Begutachtung angenommene Nutzungsszenario der Außenanlagen erscheint zur Einschätzung der aufgrund der Planung realistischerweise zu erwartenden Nutzungen nicht verfehlt. Im Einzelnen geht die Immissionsprognose im schalltechnischen Bericht vom 31. März 2020, S. 12, von folgendem „Nutzungsszenarium mit maximaler Auslastung“ aus:
Grillplatz
30 Personen kontinuierlich zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr sowie in der lautesten Nachtstunde
Außenterrasse
24 Personen kontinuierlich zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr
Spielplatz
20 Personen kontinuierlich zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr
Saal und Seminarräume
Musikdarbietungen (Lautsprecher oder Live-Band) kontinuierlich zwischen 6:00 Uhr und 22:00 Uhr
- 104
Schließlich ist auch der benachbarte Friedhof in die Lärmbegutachtung einbezogen worden (vgl. S. 25 der Immissionsprognose).
- 105
Dass die Gutachter eine Nutzung der in den genehmigten Bauplänen enthaltenen Dachterrasse im Süden des Saals im 2. Obergeschoss nicht berücksichtigt haben, ist für die Abwägung im Verfahren der Bauleitplanung unschädlich. Die Nutzungsregelung für diese Fläche und die möglichen Folgen für die Immissionsprognose sind Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens.
- 106
d) Der Bebauungsplan leidet auch nicht deshalb an einem Abwägungsmangel, weil er keine konkreten Festsetzungen zur Zahl der notwendigen Stellplätze enthält. Hierin liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung.
- 107
Das im Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB wurzelnde Gebot der Konfliktbewältigung verlangt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben. Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bauleitplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht aus. Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer „planerischen Zurückhaltung“ sein. Die Gemeinde darf von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan Abstand nehmen, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 2012 – 4 C 8.12 –, BVerwGE 147, 379, Rn. 17; Beschluss vom 13. August 2010 – 4 BN 6.10 –, NuR 2010, 797 und juris, Rn. 15).
- 108
Der Nachweis über die notwendigen Stellplätze ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 LBauO im Baugenehmigungsverfahren zur Errichtung baulicher Anlagen zu erbringen. Im Rahmen der Bauleitplanung war es daher ausreichend, die Standorte der Stellplatzflächen zu bestimmen. Dass die für die Jugendherberge notwendigen Stellplätze auf dem Betriebsgrundstück nicht realisierbar sein sollten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
- 109
e) Beim Erlass des Bebauungsplans sind auch die Belange der „Erhaltung und Entwicklung des Orts- und Landschaftsbilds“ (§ 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB) und der „Landschaftspflege“ (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) in der Konkretisierung durch die Aussagen in Z 91 und Z 92 des LEP IV ermittelt und entsprechend ihrer Bedeutung bei der Abwägung berücksichtigt worden.
- 110
Die Antragsgegnerin hat sich klargemacht, dass die Erweiterung der Jugendherberge durch zusätzliche Hochbauten und die dadurch bedingte Erhöhung der Sichtbarkeit der Anlage nachteilige Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild haben wird (vgl. S. 18 der Planbegründung). Auf der Grundlage der von dem Planungsbüro durchgeführten Landschaftsbildanalyse träten diese Auswirkungen aber nicht signifikant in Erscheinung. Erhebliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes würden durch die festgesetzten Höhenbegrenzungen und die baugestalterischen Textfestsetzung G) zur Unzulässigkeit von „leuchtenden, glänzenden und spiegelnden Materialien“ an den Fassaden vermieden (vgl. zum Vorstehenden: S. 38 des Umweltberichts).
- 111
Diese Einschätzung ist auf der Grundlage der Landschaftsbildbewertung und der hierzu analysierten Sichtbeziehungen aus insgesamt 12 Blickrichtungen, der Simulationen auf S. 10 und 11 der Projektbeschreibung zum Bauantrag (Bl. 98 f. der Baugenehmigungsakte) sowie nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung rechtlich nicht zu beanstanden.
- 112
Die Antragsgegnerin hat sich auch hinreichend mit der kritischen Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde auseinandergesetzt, die zugelassene Nutzung führe zu einem erheblichen Eingriff in die Landschaft und sei allenfalls bei einer „regionaltypischen Bauweise“ hinnehmbar (vgl. die Wiedergabe der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde auf S. 4 f. der Abwägungstabelle). Sie verweist demgegenüber zutreffend auf das Ergebnis der Landschaftsbildanalyse. Auch nach Auffassung des Senats ist die Lage der Jugendherberge dadurch gekennzeichnet, dass sie aus allen Blickrichtungen in den vorhandenen Siedlungsbereich – unter anderem auch die Siedlung am K. Berg – und in das Stadtbild eingebettet ist und damit auch keine überörtliche Bedeutung für den Erholungs- und Erlebnisraum sowie die Kulturlandschaft „S. Tal“ entfaltet. Einzelheiten der Bauausführung durften dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten werden.
- 113
f) Schließlich sind Fehler bei der Behandlung der Belange des Umweltschutzes nicht ersichtlich.
- 114
Dies gilt auch hinsichtlich der Behandlung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände, die die Antragstellerin in der ursprünglichen Begründung ihres Normenkontrollantrags wegen fehlender Bestandsaufnahme des Artenspektrums als unzureichend gerügt hat.
- 115
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände für die Bauleitplanung nur mittelbare Bedeutung dergestalt entfalten, dass der Planung die Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB fehlt, wenn ihrer Verwirklichung unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. Februar 2008 – 8 C 10368/07.OVG –, NuR 2008, 410 und juris, Leitsatz 2). Deswegen bedarf es im Planaufstellungsverfahren lediglich einer Abschätzung durch den Plangeber, ob der Verwirklichung der Planung artenschutzrechtliche Verbotstatbestände unüberwindlich entgegenstehen. Hierzu hat er die bei Verwirklichung der Planung voraussichtlich betroffenen Arten sowie Art und Umfang ihrer voraussichtlichen Betroffenheit unter Hinzuziehung naturschutzfachlichen Sachverstands überschlägig zu ermitteln und zu bewerten. Dabei müssen diese Ermittlungen nicht erschöpfend sein, sondern nur so weit gehen, dass die Intensität und Tragweite der Beeinträchtigungen erfasst werden kann (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. April 2015 – 10 D 21/12 –, BauR 2015, 1785 und juris; VGH BW, Urteil vom 9. September 2020 – 5 S 734/18 –, BauR 2021, 485 und juris, Rn. 107 bis 110).
- 116
Diesen Anforderungen genügt die hier durchgeführte und im Umweltbericht näher dokumentierte Untersuchung. Danach wurde insbesondere der Besatz des Bestandsgebäudes durch Fledermäuse und Vögel untersucht. Maßnahmen zur Erhaltung der lokalen Population wurden bereits umgesetzt (vgl. S. 25 ff. des Umweltberichts).
C.
- 117
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; das Unterliegen der Antragsgegnerin betrifft nur einen geringen Teil des Streitgegenstandes.
- 118
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
- 119
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
- 120
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
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