Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 B 440/09

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6. August 2009 – 5 L 597/09 – der Anordnungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich als Nachbarn gegen ein von der Antragsgegnerin auf der Parzelle Nr. 766 in Flur 6 der Gemarkung B-Stadt eingerichtetes, im Mai dieses Jahres in Betrieb genommenes Multifunktionsspielfeld und verlangen die vorläufige Einstellung seiner Benutzung im Wege einstweiliger Anordnung. Die Antragsteller sind Eigentümer der nordöstlich anschließenden, mit einem Wohnhaus bebauten Parzellen Nr. 764 und 765. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „An der K. Straße (1. Bauabschnitt)“ der Antragsgegnerin aus dem Jahre 1977, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Für den Standort des Multifunktionsfelds ist ein „Spielplatz“ ausgewiesen.

Die im Wesentlichen aus einem 25 m x 12 m großen Kleinspielfeld auf Kunstrasen mit zwei stählernen Fußballtoren und zwei Basketballkörben bestehende Einrichtung ist mit einem Holzverschlag umgrenzt. Eines der Tore ist etwa 10 m von der Grundstücksgrenze der Antragsteller entfernt. Im Zwischenraum wurde ein etwa 2 m hoher Erdwall aufgeschüttet. Durch Aushang wird auf Öffnungszeiten an Werktagen (Montag bis Samstag) zwischen 9 Uhr und 20 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 9 Uhr bis 12 Uhr und von 15 Uhr bis 20 Uhr verwiesen.

Zur Begründung ihres am 6.7.2009 eingegangenen Anordnungsantrages haben die Antragsteller geltend gemacht, seit Inbetriebnahme des Feldes seien sie „mit den Nerven am Ende“. Am 31.5.2009 sei bis 22.45 Uhr auf dem Platz gespielt und immer wieder gegen die Holzbande und Stahlgittertore geschossen worden. Das habe zu permanenten, monotonen und impulsartigen Lärmbelästigungen geführt. Am Tag zuvor seien 30 Bälle auf ihr Grundstück geflogen. Wegen der Nähe könnten sie – die Antragsteller – alles hören, etwa „die üblichen Schimpfwörter“. Er – der Antragsteller – als Freiberufler und seine Kinder könnten nicht mehr konzentriert arbeiten beziehungsweise Hausaufgaben erledigen. Häufig seien ca. 20 Jugendliche am „Grölen“ und schössen Bälle permanent an die Holzbande und die Stahlgittertore. Die meisten Jugendlichen, insbesondere diejenigen aus dem Nachbarort P. R. begäben sich mit „knatternden Mofas“ zum Spielfeld. Eine Altersbegrenzung gebe es „in der Praxis“ nicht. So „bolzten“ auch Erwachsene. Ein von ihnen angeschafftes Lärmmessgerät habe regelmäßig deutlich über den Grenzwerten der TA-Lärm oder der Sportanlagenlärmschutzverordnung liegende Immissionswerte gemessen. Zudem sei die Eigenart des Lärms zu berücksichtigen. Sie hätten ihr Eigenheim vor 10 Jahren im Vertrauen auf die Ausweisung eines „Spielplatzes“ auf dem Nachbargrundstück in eine Idylle gebaut und sähen sich nun in eine „kirmesähnliche Atmosphäre“ versetzt, in der sie nicht mehr leben könnten.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, entsprechend einer mit den Antragstellern getroffenen Absprache habe sie bereits vor der Stellung des Antrags die Anbringung eines zusätzlichen Ballfangnetzes in Auftrag gegeben, das inzwischen montiert sei. Eine Nutzung des Feldes außerhalb der in Anlehnung an gesetzliche Vorgaben festgelegten Zeiten werde von ihr nicht toleriert. Sie unterhalte einen eigenen Wachdienst, der das Feld regelmäßig kontrolliere. Aufgrund des verlegten Kunstrasens seien Geräusche fast nicht wahrnehmbar. Der Anprall von Bällen an die Bande und die Tore entspreche typischem Spielplatzlärm. Mit der Zeit werde die Nutzungsfrequenz erfahrungsgemäß abnehmen. Benutzer kämen auch aus der unmittelbaren Umgebung und Anwohner mit Kindern seien froh über die Anlage. Private Lärmmessungen der Antragsteller besäßen keine Aussagekraft. Die Anlage entspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liege nicht vor, zumal sich die Antragsteller die Lärmvorbelastung durch einen bisher vorhandenen Bolzplatz entgegenhalten lassen müssten.

Mit Eingang vom 14.7.2009 haben die Antragsteller zusätzlich Klage erhoben – 5 K 618/09 –, mit der sie von der Antragsgegnerin die vollständige Beseitigung des Multifunktionsfeldes verlangen.

Durch einstweilige Anordnung vom 6.8.2009 hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, den Betrieb des Multifunktionsfeldes bis zum Abschluss dieses Klageverfahrens vorläufig einzustellen. In der Begründung heißt es, den Antragstellern stehe ein aus dem Rechtsgedanken der §§ 906, 1004 BGB herzuleitender öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch zu. Dieser setze voraus, dass ein Träger öffentlicher Gewalt in hoheitlicher Funktion bei Errichtung und Betrieb von Anlagen gegen drittschützende Vorschriften – vor allem des Baurechts – verstoße und dadurch subjektive Rechte eines Nachbarn verletze. Das sei hier der Fall. Das Multifunktionsfeld sei in seiner konkreten Ausführung mit der festgesetzten Gebietsart eines allgemeinen Wohngebiets nicht vereinbar. Zwar seien Bolzplätze als Anlagen für soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke in reinen Wohngebieten ausnahmsweise und in allgemeinen Wohngebieten prinzipiell zulässig. Das gelte allerdings nur, wenn von ihnen keine Störungen und Belästigungen ausgehen könnten, die der Umgebung unzumutbar seien. Aufgrund konstruktiver Besonderheiten verursache die Anlage für die Bewohner der angrenzenden Wohngebäude unzumutbaren Lärm. Die Umrandung bestehe aus massiven 50 mm dicken Fichtenbohlen. Das Auftreffen der Bälle auf die seitlich und über den Toren befindlichen Holzwände mit erheblicher Wucht erzeuge einem Peitschenknall oder einem Schuss vergleichbare „heftige knallartige Prallgeräusche“. Die nur an den Enden befestigten Fichtenbretter gerieten in Schwingung und wirkten damit als Resonanzkörper. Bei einzelnen Spielern sei davon auszugehen, dass diese den „Rückpralleffekt der Wände“ dazu benutzten, sich den Ball „sozusagen selbst zuzuspielen“. Jugendliche hätten „naturgemäß“ ihre Freude daran, mit einem scharfen Schuss einen besonders lauten Knall zu erzeugen und zugleich ein weites Zurückprallen des Balles zu erreichen. Dazu kämen noch die Lärmimmissionen durch die Zurufe sowie sonstige Lautäußerungen der Spieler. Die Planer einer so konstruierten Anlage hätten offenbar an den „spielerischen Umgang mit dem Ball nicht gedacht“. Der Kammer aus anderen Verfahren bekannte Umwehrungen mit Drahtzäunen oder vorgehängten Seilnetzen böten „leisere“ Lösungen. Die über das Wohngebiet hinausgehende Attraktivität der Sportstätte lege es nahe, nicht mehr von der Vereinbarkeit mit dem Charakter eines Wohngebietes auszugehen. Das bedürfe einer Abklärung im Hauptsacheverfahren. Die Spielzeitbeschränkungen seien allein nicht geeignet, die „Unverträglichkeit“ der Anlage für die angrenzende Wohnbebauung zu beseitigen. Die Lebenserfahrung spreche dafür, dass diese Zeitvorgaben namentlich im Sommer nicht eingehalten würden. Die von der Anlage ausgehenden Lärmimmissionen seien so erheblich, dass ihre Zumutbarkeit auch außerhalb der Ruhezeiten „derzeit zu verneinen“ sei. Den Antragstellern könne nicht entgegen gehalten werden, dass sie den vorher auf der Fläche existierenden Bolzplatz hingenommen hätten. Es erscheine nachvollziehbar, dass dieser zum einen lediglich Jugendliche aus dem angrenzenden Wohngebiet angesprochen habe und zum anderen, was entscheidend sei, ein deutlich geringeres Lärmpotential gehabt habe, da insbesondere die Holzwände gefehlt hätten. Den Antragstellern, deren Wohnhaus nur etwa 15 m entfernt sei, könne nicht zugemutet werden, die Auswirkungen der Anlage bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen. Ein vorläufiger Weiterbetrieb sei allenfalls denkbar, wenn durch bauliche Maßnahmen zuverlässig ein ständiges Auftreffen von Bällen gegen die Holzumrandung verhindert werde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Die gemäß § 146 VwGO statthafte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 6.8.2009 – 5 L 597/09 –, mit dem sie im Wege einstweiliger Anordnung zur Schließung des seit Mai 2009 bestehenden Multifunktionsfeldes „Im Sch.“ auf der Parzelle Nr. 766 in Flur 6 der Gemarkung B-Stadt verpflichtet wurde, ist zulässig. Dass die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren auf zum Teil veränderte Umstände hinweist, begründet entgegen der Ansicht der Antragsteller insoweit keine Bedenken. Auch darin ist im Übrigen zweifellos eine von den Antragstellern vermisste Auseinandersetzung mit der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung zu erblicken.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das den gerichtlichen Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) gebietet eine abweichende Beurteilung des Eilrechtsschutzbegehrens. Den Antragstellern steht der geltend gemachte Regelungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO nicht zu.

Der Senat lässt es ausdrücklich dahinstehen, ob der direkt gegen die Antragsgegnerin als „Bauherrin“ gerichtete Anordnungsantrag (§ 123 VwGO) unter dem Gesichtspunkt hoheitlicher Qualität des Betriebs des Multifunktionsfelds zur Sicherung eines öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs (§§ 906, 1004 BGB entspr.) ausnahmsweise zulässig ist, (vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 12.11.1991 – 2 R 480/88 –, BRS 52 Nr. 232) oder ob auch in dem vorliegenden Fall, da die generelle Genehmigungsfreistellung für nicht den Gebäudebegriff (§ 2 Abs. 2 LBO 2004) erfüllende Anlagen im Geltungsbereich qualifizierter Bebauungspläne (§ 63 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 LBO 2004) nicht die Beachtlichkeit des materiellen Baurechts entfallen lässt (§ 60 Abs. 2 LBO 2004) und auch für den Bereich des Bauverfahrensrechts – anders als bei Vorhaben des Bundes und der Länder (§ 62 LBO 2008) – die Kommunen im Grundsatz keinen anderen Regelungen unterliegen als private Bauherrn, (nur) der Antrag auf Einschreiten zur Unterbindung der Benutzung einer baulichen Anlage gegen die Untere Bauaufsichtsbehörde der statthafte Rechtsbehelf ist. Hinzu kommt, dass in der Praxis der saarländischen Bauaufsichtsbehörden in verfahrensrechtlicher Hinsicht offenbar unterschiedliche Einordnungen von Multifunktions- bzw. sog. Mini-Spielfeldern vorgenommen werden. So geht etwa die Untere Bauaufsichtsbehörde der ebenfalls zum Regionalverband A-Stadt gehörenden Mittelstadt Völklingen von einer Verfahrenfreistellung nach § 61 Abs. 1 Nr. 7c LBO 2004 aus. Hier hat das Verwaltungsgericht in jüngerer Vergangenheit ein gegen die Untere Bauaufsichtsbehörde gerichtetes Nachbarrechtsschutzbegehren auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten als zulässig erachtet und den insoweit über seinen Eigenbetrieb (Schulen) tätig gewordenen Regionalverband, also ebenfalls eine kommunale Gebietskörperschaft, als Bauherrn förmlich beigeladen. (vgl. dazu VG des Saarlandes, Beschluss vom 20.2.2009 – 5 L 51/09 –) Sieht man hingegen – wie in der vorliegenden erstinstanzlichen Entscheidung – den Antrag unmittelbar gegen die Gebietskörperschaft als Bauherrin und Betreiberin der Anlage als statthaft an und teilt die verfahrensrechtliche Beurteilung der Bauaufsicht beim Regionalverband, dass es sich nicht um verfahrensfreie Vorhaben (§ 61 LBO 2004) handelt, so wäre außerhalb des Geltungsbereichs eines (wirksamen) qualifizierten Bebauungsplans nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2004 unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Betätigung der Gemeinde ein (vereinfachtes) Baugenehmigungsverfahren durchzuführen und entsprechend ein Aussetzungsantrag des Nachbarn gegen die genehmigende Untere Bauaufsichtsbehörde zu richten. In diesen Fällen erschiene es von daher konsequent, ein gleichzeitiges weiter gehendes Verlangen des privaten Nachbarn auf Unterbindung der Nutzung des Spielfeldes auf der Grundlage des § 123 Abs. 1 VwGO ebenfalls gegenüber der Bauaufsichtsbehörde geltend zu machen.

Der von den Antragstellern reklamierte Regelungsanspruch (§ 123 Abs. 1 VwGO) kann sich jedenfalls entgegen der in der Beschwerdeerwiderung vom 9.10.2009 vertretenen Auffassung im konkreten Fall von vorneherein nicht bereits aus dem Umstand ergeben, dass “keine Baugenehmigung seitens der zuständigen Unteren Bauaufsichtsbehörde“ für die Errichtung des Multifunktionsfeldes vorliegt. Aus den zuvor dargestellten verfahrensrechtlichen Vorgaben wird zum einen deutlich, dass der saarländische Landesgesetzgeber – sofern man nicht sogar eine Verfahrensfreistellung nach § 61 Abs. 1 Nr. 7c LBO 2004 bejaht – zumindest die Durchführung eines (auch nur vereinfachten) Baugenehmigungsverfahrens mit entsprechender rechtlicher Vorprüfung durch die Bauaufsicht bei derartigen Anlagen im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans – und zwar unabhängig von der Einhaltung seiner Festsetzungen – nicht für erforderlich erachtet und deshalb genehmigungsfrei gestellt hat (§ 63 Abs. 1 und 2 LBO 2004). Zum anderen kann ein sich gegen ein Bauvorhaben wendender privater Nachbar allein aus einer wie auch immer gearteten unrichtigen verfahrensrechtlichen Behandlung des Vorhabens durch die zuständigen Behörden keine subjektiven Abwehrrechte herleiten. Diese setzen vielmehr notwendig die Feststellung eines Verstoßes gegen Rechtvorschriften voraus, die materielle Anforderungen an die Ausführung des bekämpften Vorhabens normieren und darüber hinaus nicht nur objektiv-rechtliche Vorgaben enthalten, sondern zusätzlich dem Schutz des konkret Beschwerde führenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind. (vgl. zuletzt OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 15.1.2009 – 2 B 376/08 – (Leergutlager Karlsberg), vom 31.10.2008 – 2 B 347/08 –, SKZ 2009, 121 Leitsatz Nr. 30, und vom 3.1.2008 – 2 Q 44/06 -, SKZ 2008, 207, Leitsatz Nr. 23, dazu auch Bitz/Schwarz/Seiler-Dürr/Dürr, Baurecht Saarland, 2. Auflage 2005, Kp XI. Rn. 95, 96)

Die materiellrechtliche – vom Verwaltungsgericht bejahte – Frage, ob den Antragstellern wegen der von dieser Einrichtung ausgehenden Immissionen ein Abwehranspruch gegen den Betrieb des Multifunktionsfeldes „Im Steinwald“ zusteht, ist mit den Erkenntnismöglichkeiten eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, in dem in aller Regel keine Beweiserhebung stattfindet, nicht abschließend zu beurteilen. Geht man von der Gültigkeit des beide Grundstücke erfassenden, im Juli 1977 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossenen Bebauungsplans „An der K. Straße (1. Bauabschnitt)“ aus, (vgl. in dem Zusammenhang zuletzt OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 5.7.2007 – 2 B 144/07 –, BRS 71 Nr. 173, vom 29.3.2007 – 2 B 7/07 –, BRS 71 Nr. 185, und vom 17.10.2006 – 2 W 19/06 – (Mobilfunk), SKZ 2007, 14 = LKRZ 2007, 69, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, wonach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig keine inzidente Normenkontrolle durchzuführen, vielmehr von der Verbindlichkeit planerischer Festsetzungen für das Baugrundstück auszugehen ist, st. Rspr. des Senats) bleibt festzuhalten, dass in dem hierin festgesetzten allgemeinen Wohngebiet Anlagen für sportliche Zwecke nach der aktuellen Fassung der Baunutzungsverordnung ohne Einschränkungen hinsichtlich des Bedarfs im konkreten Gebiet grundsätzlich (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1990) und nach den früheren Fassungen, hier der im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (bis zum 30.9.1977) geltenden Version, jedenfalls ausnahmsweise zulässig sind (§ 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 1968, § 31 Abs. 1 BauGB). Auf die dahinter stehende Anerkennung der Funktion notwendiger Ergänzung der Wohnbebauung hat das Verwaltungsgericht hingewiesen. Ob darüber hinaus im konkreten Fall die Festsetzung „Spielplatz“ beziehungsweise die entsprechende Zweckbestimmung einer festgesetzten, nicht in den Katalogen der Baugebietsvorschriften aufgeführten (öffentlichen) Grünfläche den Antragstellern einen von Fragen der Zumutbarkeit tatsächlicher Beeinträchtigungen unabhängigen Abwehranspruch gegen die Anlage vermittelt, erscheint zweifelhaft. Dies würde die Feststellung eines darauf gerichteten positiven Willens des Normgebers, hier des Gemeinderats der Antragsgegnerin voraussetzen. Im Raum steht allerdings wegen der sehr engen räumlichen Zuordnung des Multifunktionsfeldes zum Nachbargrundstück der Antragsteller und mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht angesprochene Konstruktion der hölzernen Umrandung des Spielfeldes ein Verstoß gegen das im beplanten Bereich auch für ansonsten plankonforme Vorgaben beachtliche Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 BauNVO 1990). Dieses erfordert eine Zumutbarkeitsbetrachtung, die neben immissionsschutzrechtlichen Anforderungen (§ 22 BImSchG) einer tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall unterliegt und in deren Rahmen auch der Gesichtspunkt sozialadäquater Ergänzung der Wohnnutzung durch Spiel- und Sporteinrichtungen für Kinder und Jugendliche in den Blick zu nehmen ist. (vgl. dazu Bitz/Schwarz/Seiler-Dürr/Dürr, Baurecht Saarland, 2. Auflage 2005, Kp XI Rn 172 ff., OVG des Saarlandes, Urteil vom 11.9.2008 – 2 C 186/08 –, SKZ 2008, 274) Diese Beurteilung kann abschließend verlässlich erst im Hauptsacheverfahren, gegebenenfalls nach einer Ortseinsicht, vorgenommen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist jedoch für baunachbarliche Eilrechtsschutzverfahren, und zwar sowohl für Anträge auf Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörden zum sofortigen Einschreiten (§§ 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 123 Abs. 1 VwGO) als auch für die im Falle des Vorliegens einer die Nutzung legitimierenden bauaufsichtsbehördlichen Genehmigungsentscheidung im Einzelfall notwendig „vorgeschalteten“ Aussetzungsanträge von Nachbarn ein überwiegendes Nachbarinteresse an der in beiden Fällen intendierten sofortigen Unterbindung von Beeinträchtigungen, die durch die Nutzung einer bereits vorhandenen baulichen Anlage verursacht werden, nur dann anzuerkennen, wenn die Einwirkungen auf den Nachbarn ganz wesentlich über das im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG Erhebliche hinausgehen, so dass ihm die Hinnahme nicht einmal vorübergehend bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache in zumutbarer Weise angesonnen werden kann. In diesen Fällen droht keine Schaffung „vollendeter Tatsachen“ wie etwa bei der Errichtung von Gebäuden. (vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 31.10.2008 – 2 B 347/08 – (Kfz-Reparaturbetrieb), vom 26.1.2007 – 2 W 27/06 –, SKZ 2007, 135 (Palmölblockheizkraftwerk), vom 10.11.2006 – 3 W 5/06, 3 W 6/06, 3 W 7/06 und 3 W 8/06 – (Windkraftanlagen), wonach unter Lärmschutzgesichtspunkten jedenfalls die in der TA-Lärm enthaltenen Beurteilungspegel für Kern-, Dorf- und Mischgebiete vorübergehend hinnehmbar sind, vom 21.8.1997 – 2 W 2/97 -, SKZ 1998, 18, NVwZ-RR 1998, 636 (Selbstbedienungswaschanlage für Kraftfahrzeuge, Aussetzungsbegehren), vom 12.9.2003 – 1 W 22/03 -, SKZ 2004, 84, Leitsatz Nr. 35 (Einschreitensbegehren), vom 26.3.1996 – 2 W 4/96 – (Kindertagesstätte im Reihenhaus), n.v., vom 4.5.1995 – 2 W 9/95 – (landwirtschaftliches Stallgebäude), n.v., vom 5.1.1994 – 2 W 42/93 – (Autolackieranlage), und vom 7.2.1994 – 2 W 41/93 – (Bankettsaal eines Hotels), n.v.) Für einen unmittelbar gegen eine Gemeinde als Bauherrin gerichteten Eilrechtsschutzantrag kann jedenfalls inhaltlich – sofern man solche Anträge nach dem zuvor Gesagten für zulässig erachtet – vom materiellen nachbarrechtlichen Ansatz unabhängig von Verfahrensfragen in der Sache kein anderer Maßstab gelten.

Von den danach erforderlichen „qualifizierten“ Belästigungen durch den Betrieb des Multifunktionsfeldes, die die Feststellung einer deutlichen Überschreitung des für das Hauptsacheverfahren geltenden Maßstabs der (Un-)Zumutbarkeit für den Nachbarn erfordern, kann vorliegend jedenfalls gegenwärtig nicht ausgegangen werden. Die Antragsgegnerin hat zur Begründung ihrer Beschwerde vorgetragen, dass wiederholte Versuche, auf dem Anwesen der Antragsteller eine von ihr in Auftrag gegebene Lärmmessung durchzuführen, nicht erfolgreich waren. Vielmehr habe der Antragsteller mit Blick auf einen zuvor telefonisch vereinbarten Termin für die Messung am Nachmittag des 10.9.2009 am Vortag gegenüber dem insoweit von der Antragsgegnerin beauftragten Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) erklärt, dass die Benutzung des Feldes „erheblich nachgelassen“ habe, so dass eine Messung keine Schallpegel ergeben werde, wie sie bei der „üblichen Nutzung“ aufträten. Dies bestätigt auch der Inhalt eines Schreibens des Landesamts vom 16.9.2009 an die Antragsgegnerin, in dem der Vorgang entsprechend geschildert und abschließend festgestellt wird, dass sich der Antragsteller gegebenenfalls wieder melden wolle. Die inhaltliche Richtigkeit dieses Schreibens haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren sogar ausdrücklich bestätigt, indem sie darauf verwiesen, dieses gebe den „wahren Sachverhalt wieder“. Die Antragsteller haben in der Beschwerdeerwiderung vom 9.10.2009 ausdrücklich eingeräumt, dass „der Betrieb am und um das Feld schlagartig zurückgegangen“ sei und eine „deutlich reduzierte Nutzung des Spielfeldes“ zu verzeichnen sei, die in ihrem gegenwärtigen reduzierten Ausmaß sogar die Sinnhaftigkeit der Herstellung einer solchen Einrichtung an diesem Standort in Frage stelle. Unabhängig von den unterschiedlichen Auffassungen der Verfahrensbeteiligten, auf welche Umstände das zurückzuführen ist, steht danach jedenfalls fest, dass bei Anlegung des Maßstabs der „qualifizierten Lästigkeit“ für das Eilrechtsschutzverfahren gegenwärtig kein Raum für die begehrte Anordnung (mehr) ist.

Ferner wird die Anlage regelmäßig von einem privaten Wachdienst im Auftrag der Antragsgegnerin überprüft. Entsprechende Protokolle der F. C. Wert- und Personenschutz GmbH wurden vorgelegt. Außerdem wurden Verbotschilder für das Anfahren des Feldes mit Mopeds angebracht und in Absprache mit dem Hersteller versuchsweise in die hölzerne Begrenzung des Spielfelds (zumindest) ein Metallgitterelement zur Erprobung eingebaut, um den Bedenken des Verwaltungsgerichts Rechnung zu tragen. Diesem Vortrag der Antragsgegnerin sind die Antragsteller insoweit entgegengetreten, als sie diese Maßnahmen allesamt als nicht geeignet zur Ausräumung der durch die Benutzung der Anlage tatsächlich entstehenden Nachbarbeeinträchtigungen ansehen. Das ändert aber nichts an dem zuvor beschriebenen Befund einer deutlichen Reduzierung der Benutzung der Anlage gegenüber dem Zeitpunkt der Stellung des Anordnungsantrags. Berücksichtigt man ferner den bereits im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens zusätzlich erstellten Ballfangzaun, der ein Herüberfliegen der Spielbälle auf das Grundstück der Antragsteller verhindern soll, so können Beeinträchtigungen, die den Antragstellern nicht einmal bis zur Klärung der Angelegenheit in einem Hauptsacheverfahren zugemutet werden könnten, nicht angenommen werden.

Das verfassungsrechtliche Effektivitätsgebot des Art. 19 Abs. 4 GG gebietet im konkreten Fall keine verfahrensmäßige „Vorwegnahme“ des Hauptsacheverfahrens, insbesondere hinsichtlich der Tatsachenermittlung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. (ebenso etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 15.1.2009 – 2 B 376/08 –, vom 6.9.2004 – 1 W 26/04 -, SKZ 2005, 94 Leitsatz Nr. 35 (PKW-Lackiererei mit Karosseriebauwerkstatt, Aussetzungsantrag)) Die sich aus der Genehmigungsfreistellung (§ 63 LBO 2004) und dem damit verbundenen Verzicht auf eine präventive Prüfung von – auch umfangreichen – Anlagen durch die Untere Bauaufsichtsbehörde ergebenden Nachteile für den Nachbarn, aber auch die damit einhergehenden wirtschaftlichen Risiken für den Bauherrn angesichts der Möglichkeit eines späteren Erfolgs von Nachbarrechtsbehelfen in der Hauptsache hat der Gesetzgeber zur Stärkung von Eigenverantwortlichkeiten bei der Verwirklichung von Bauvorhaben bewusst in Kauf genommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 1, 47 GKG; auch der Senat hält insoweit den in Textziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit genannten, im vorläufigen Rechtsschutz regelmäßig zu halbierenden Wert für baurechtliche Nachbarstreitigkeiten (7.500,- EUR) für angemessen.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

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