Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 1 A 20/18

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen; diese sind nicht erstattungsfähig.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger, der von 1998 bis 2002 im Saarland als selbständiger Rechtsanwalt und von 2002 bis 2009 als freier Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei in Be. tätig war, begehrt die Zuerkennung von Berufsunfähigkeitsrente.

In den Jahren 2002, 2004/2005 sowie 2008/2009 kam es zu mehreren mehrmonatigen stationären Aufenthalten in den Kliniken des T-W-Werks in Be., Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie, sowie im Jahr 2008 wegen Panikattacken zu mehreren Notaufnahmen im H.-Klinikum in Be..

Die Diagnosen der Kliniken im T-W-Werk lauteten

2002 (Bericht vom 10.9.2002): schwere rezidivierende depressive Episode (ICD 10: F 33.2),

2004/2005 anlässlich zweier kurz aufeinanderfolgender Aufenthalte (Bericht vom 2.5.2005): rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F 33.2),

2008/2009 anlässlich einer zwei Notaufnahmen im H.-Klinikum unmittelbar nachfolgenden stationären Behandlung (Bericht vom 18.12.2008): Angst- und Panikstörung (F 41.0) sowie

anlässlich des Folgeaufenthalts gemäß Bericht vom 24.2.2009: Panikstörung (F 41.0) und rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode (F 33.2).

Unter dem 23.3.2009 erklärte der Kläger den Verzicht auf seine Zulassung als Rechtsanwalt und beantragte bei dem Versorgungswerk der Beklagten, dessen freiwilliges Mitglied er seit dem 1.5.2003 ist, Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Auf der Grundlage eines vom Kläger auf Anforderung der Beklagten vorgelegten neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens von Herrn Privatdozent Dr. K., Be., vom 4.8.2009 mit den dem psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnenden Diagnosen Dysthymia mit sich aufpfropfenden rezidivierenden depressiven Episoden im Sinn einer „Double Depression“, derzeit mittelgrade depressive Episode, und Panikstörung sowie einer zu diesem Gutachten erstellten fachpsychiatrischen Stellungnahme von Frau Dr. C. vom 19.10.2009 bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 20.1.2010 befristet Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit vom 1.4.2009 bis 31.12.2010 mit der Maßgabe einer erneuten Begutachtung durch einen von ihr bestimmten Sachverständigen im letzten Quartal des Bewilligungszeitraums sowie einer zeitnah zu veranlassenden stationären Behandlung in einer psychiatrischen Fachklinik.

Nach entsprechendem stationären Aufenthalt in den Kliniken im T-W-Werk, Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie, (22.2. bis 18.3.2010) lautete die Diagnose im Bericht vom 12.5.2010: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F 33.2), Panikstörung (F 41.0), DD: Generalisierte Angststörung (F 41.1) und Somatisierungsstörung (F 45.0). Eine wesentliche Besserung der psychischen Symptomatik habe nicht erreicht werden können. Nach erneuter Einweisung (23.3. bis 9.4.2010) findet sich im Bericht vom 22.4.2010, Abteilung Neurologie, die Diagnose: Symptomkomplex aus Cephalgie, Konzentrations- und Koordinationsstörungen, Derealisationserleben (Somatisierungsstörung und Ausweitung im Rahmen einer depressiven Grunderkrankung) mit den Nebendiagnosen Panikstörung und rezidivierende Depressionen.

Der Verwaltungsrat des Versorgungswerks der Beklagten hat durch Beweisbeschluss vom 10.11.2011 Herrn Dr. Bs., S-Klinik in Be., Chefarzt der Abteilung Psychiatrie, mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage, ob der Kläger auf nicht absehbare Zeit unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben, beauftragt. Nach der Vorgabe 1 a sollte der Gutachter dazu Stellung nehmen, ob der Kläger noch eigenverantwortlich - weniger oder mehr als vier Stunden täglich (Vorgabe 1 b) - als Rechtsanwalt tätig sein kann, also völlig selbständig Rechtsfälle bearbeiten, Mandantengespräche führen, Verhandlungen mit anderen Beteiligten führen und vor Gericht auftreten kann. Verneinendenfalls sollte gemäß Vorgabe 1 c geklärt werden, ob - gegebenenfalls in welchem zeitlichen Umfang (Vorgabe 1 d) - der Kläger noch oder wieder - sei es selbständig, als freier Mitarbeiter oder im Angestelltenverhältnis - juristische Zuarbeiten für einen Fachkollegen/eine Fachkollegin unter dessen/deren Aufsicht ausführen kann; es heißt hierzu erläuternd: „Mit Aufsicht ist keine permanente Beaufsichtigung gemeint, sondern nur eine abschließende Kontrolle der Arbeiten. Die Zuarbeiten umfassen Mandantengespräche und Aktenbearbeitung, jedoch keine Wahrnehmung von Gerichtsterminen und auch keine Verhandlungen mit anderen Beteiligten.“

Der Gutachter hat auf der Grundlage von drei jeweils zweistündigen Untersuchungen am 22.5.2012 ein psychiatrisch-psychotherapeutisches Gutachten erstellt mit den Diagnosen Dysthymia (F 34.1), unipolar rezidivierende Depressionen, gegenwärtig remittiert (F 33.4), Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst), leichtgradig ausgeprägt (F 41.0), zwanghafte Persönlichkeitsakzentuierung als leichter ausgeprägte Form der zwanghaften Persönlichkeitsstörung sowie Benzodiacepin-Abhängigkeit im Niedrigdosis-Bereich (F 13.2). Abschließend heißt es, die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit seien nicht erfüllt, aufgrund der festzustellenden Selbstwertproblematik (negative Wahrnehmung von sich selber) sollte jedoch darauf geachtet werden, dass der Kläger nicht schlagartig und vollständig ins Berufsleben zurückkehre. Der Kläger fühle sich trotz seiner weiterhin vorhandenen Fähigkeiten und Stärken nicht mehr als kompetenter Rechtsanwalt, sondern als schwach, unfähig und nutzlos. Dies führe dazu, dass er seine psychischen Erkrankungen und die damit verbundenen Einschränkungen in besonders starkem Maße wahrnehme. Ein dysfunktionaler Teufelskreis sei entstanden. Das gestörte Selbstbild beeinflusse negativerweise die Wahrnehmung der eigenen kognitiven Funktionen, dies wiederum beeinflusse negativ das herabgesetzte Selbstbild. Eine Berufseingliederung solle schrittweise durchgeführt werden. Der Kläger solle daher nur langsam in ein Arbeitsverhältnis zurückkehren. Die anfängliche Arbeitszeit solle nicht länger als vier bis fünf Stunden pro Arbeitstag dauern. Auch solle seine Arbeit zunächst ohne direkten Kundenkontakt erfolgen, z. B. durch Bearbeitung und Zuarbeiten von Akten. Es solle zudem darauf geachtet werden, dass Störfaktoren wie hoher Zeitdruck, Stress und Ärger anfangs möglichst gering gehalten würden.

Mit Bescheid vom 3.4.2013 lehnte der Verwaltungsrat der Beklagten eine über den 31.12.2011 hinausreichende Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente ab. Berufsunfähigkeit im Sinn der Satzung ihres Versorgungswerks liege nicht vor, wenn die Fähigkeit zur Ausübung einer Tätigkeit bestehe oder wiedererlangt sei, die unter das anwaltliche Berufsbild eingeordnet und mindestens vier Stunden am A. ausgeübt werden könne, auch wenn diese Tätigkeit sich auf die Bearbeitung von Akten und Zuarbeiten - und seien es auch nur „leichte“ Fälle - beschränke und nicht mit regelmäßigen Mandantengesprächen und der Wahrnehmung von Gerichtsterminen verbunden sei. Der Gutachter habe festgestellt, dass der Kläger zu solchen Tätigkeiten in der Lage sei.

Die hiergegen seitens des Klägers eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluss des Vorstands der Beklagten vom 28.8.2013, ausgefertigt am 10.12.2013, zurückgewiesen.

Auf die am 7.1.2014 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Facharzt für Nervenheilkunde, Psychiatrie und Psychotherapie, für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie sowie Geriatrie, Professor Dr. M., F., durch Beschluss vom 6.3.2015 mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

Mit Blick auf eine zu den Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit ergangene Änderung der Satzung des Versorgungswerks der Beklagten hat der Kläger am 8.10.2015 ein Normenkontrollverfahren angestrengt.

Der Sachverständige hat den Kläger am 22.10.2015 untersucht und unter dem 9.11.2015 ein psychiatrisch-psychosomatisches Fachgutachten mit den Befunden rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F 33.2), Panikstörung (F 41.0), DD: generalisierte Angststörung (F 41.1) und Somatisierungsstörung (F 45.0) erstellt, das zu dem Ergebnis kommt, der Kläger sei aufgrund der nachgewiesenen psychischen Erkrankung voraussichtlich dauernd berufsunfähig. An dieser Einschätzung hat der Sachverständige auf die Einwendungen der Beklagten hin - u.a. dem Vorwurf, er habe sich nicht mit der gegenteiligen Einschätzung von Dr. Bs. auseinandergesetzt - in seinem Ergänzungsgutachten vom 2.6.2016 festgehalten. Einen gegen den Sachverständigen eingereichten Befangenheitsantrag der Beklagten hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 21.12.2016 zurückgewiesen; die hiergegen eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (Beschluss des Senats vom 7.4.2017).

Durch Beschluss vom 6.2.2017 - 1 C 181/15 - hat der Senat den Normenkontrollantrag des Klägers zurückgewiesen und umfänglich zu den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit als Rechtsanwalt ausgeführt.

In der mündlichen Verhandlung vom 13.7.2017 hat das Verwaltungsgericht Prof. Dr. M. zwecks Erläuterung seines Gutachtens angehört.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3.4.2013 in der Gestalt des Beschlusses über die Beschwerde hiergegen vom 28.8.2013 zu verpflichten, ihm ab dem 1.1.2012 Berufsunfähigkeitsrente gemäß der Satzung des Versorgungswerks zu gewähren und

die Beklagte zu verurteilen, die monatliche Berufsunfähigkeitsrente (819,08 Euro) beginnend mit dem 1.7.2014 ab dem jeweiligen Fälligkeitstag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen,

2. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte hat sinngemäß beantragt,

1. die Sache zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zu vertagen,

2. eine schriftliche Stellungnahme des vorgerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Bs. zu dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M. einzuholen,

hilfsweise, diesen Sachverständigen zu einer erneuten mündlichen Verhandlung zu laden,

3. ein neues Sachverständigengutachten eines anderen Sachverständigen zu den Beweisfragen des Beweisbeschlusses vom 6.3.2015 einzuholen,

weiter hilfsweise,

die Klage abzuweisen,

der Beklagten zu gestatten, Sicherheitsleistung durch eine Bankbürgschaft zu erbringen.

Um den Beteiligten Gelegenheit zu geben, zur Anhörung des Sachverständigen und zur Sach- und Rechtslage schriftlich Stellung zu nehmen und eventuelle Vergleichsgespräche zu führen, hat das Verwaltungsgericht die Sache vertagt; die Beteiligten haben auf Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 18.12.2017 - 1 K 13/14 -, der Beklagten am 21.12.2017 zugestellt, stattgegeben und die Berufung zugelassen.

Dem Kläger sei über den 31.12.2011 hinaus Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren, da er die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 der Satzung des Versorgungswerks der Beklagten - VwS - erfülle. Er könne ausgehend von der Rechtsprechung des Senats zu den tatbestandlichen Anforderungen dieser Satzungsvorschrift nicht mehr halbschichtig eine Tätigkeit ausüben, die in das anwaltliche Berufsbild eingeordnet werden könne.

Dies folge bereits aus den Feststellungen des vorgerichtlich von der Beklagten beauftragten Gutachters Prof. Dr. Bs., da dessen Feststellungen seine abschließende Einschätzung, der Kläger sei berufsfähig, nicht tragen würden. Denn er schränke die Annahme, der Kläger sei imstande, in abhängiger Beschäftigung halbschichtig den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben, nicht unwesentlich ein, indem er unter Hinweis auf die diagnostizierte Selbstwertproblematik eine ambulante Psychotherapie als notwendig ansehe und es als erforderlich erachte, dass der Kläger „nicht schlagartig und vollständig“ ins Berufsleben zurückkehre. Indes setze die Feststellung wiedererlangter Berufsfähigkeit - so das Verwaltungsgericht - voraus, dass der Kläger, ungeachtet einer anfänglichen Beschränkung der Arbeitszeit auf vier Stunden, den Aufgaben nach zu einem „vollständigen“ Einsatz als Rechtsanwalt in der Lage wäre. Die Möglichkeit der Befristung der Berufsunfähigkeitsrente rechtfertige es nicht, die Rentenleistung während eines noch andauernden Genesungsprozesses zu versagen.

Dem korrespondiere, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. M. die Berufsfähigkeit verneint habe. Zwar gehe auch er davon aus, dass der Kläger intellektuell eine anwaltliche Tätigkeit bewältigen könne, der Kläger sei aber, sobald jemand etwas von ihm erwarte, infolge seiner psychischen Einschränkungen nicht fähig, fristgebunden und konzentriert zu arbeiten, da sich bei ihm bei geringsten Belastungen nervös somatisiert Vorbilder von Panikattacken bildeten und er dann zu abwägenden Überlegungen nicht mehr in der Lage sei. Diese Einschätzung habe der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend bekräftigt. Dass es seiner Einschätzung nach der Durchführung von Symptomvalidierungstests nicht bedurft habe, stelle die Verwertbarkeit seines Gutachtens nicht in Frage.

Die Diskrepanz zwischen allgemeiner intellektueller Leistungsfähigkeit und der Selbstwertproblematik bei der Ausführung anwaltlicher Tätigkeiten sehe auch Prof. Dr. Bs.. Er fordere deshalb, Störfaktoren wie hohen Zeitdruck, Stress und Ärger, anfangs möglichst auszuschließen. Dieser Vorgabe des Gutachters sei zu entnehmen, dass dem Kläger ein eigenverantwortlicher Einsatz als Rechtsanwalt nicht möglich sei. Die Selbstwertproblematik bestehe aus Sicht beider Gutachter und hindere den Kläger an einer eigenverantwortlichen Rechtsberatung.

Der Sachverhalt sei geklärt, so dass die Beweisanträge der Beklagten ohne Erfolg bleiben müssten und der Klage, da Berufsunfähigkeit bestehe, stattzugeben sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 22.1.2018, einem Montag, eingegangene und nach entsprechender Fristverlängerung am 23.3.2018 begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte rügt eine unzulängliche Ermittlung des Sachverhalts seitens des Verwaltungsgerichts, eine nicht gerechtfertigte Berücksichtigung des ihres Erachtens an schwerwiegenden Mängeln leidenden Gutachtens von Prof. Dr. M. sowie ein fehlerhaftes Verständnis des vorgerichtlich eingeholten Gutachtens von Prof. Dr. Bs. und führt zu diesen Vorhalten im Einzelnen aus.

Die Beklagte hält an ihren erstinstanzlich formulierten Beweisanträgen fest und beantragt schriftsätzlich,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 18.12.2017 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger tritt den Einwänden der Beklagten entgegen. Das gerichtlicherseits eingeholte Gutachten sei eindeutig und unterliege keinerlei Zweifeln an seiner fachlichen Richtigkeit.

Durch Beschluss vom 28.6.2019 ist das Jobcenter Be., das dem Kläger im Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 30.6.2014 Sozialleistungen erbracht hat, beigeladen worden. Der Beigeladene weist darauf hin, mit an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 8.2.2012 und vom 22.8.2019 einen Erstattungsanspruch geltend gemacht zu haben und sieht von einer Stellungnahme zu den streitgegenständlichen Fragen ab.

Mit Schreiben vom 22.10.2019, der Beklagten zugestellt am 23.10.2019, hat der Senat die Beteiligten angehört und unter Darlegung der tragenden Erwägungen mitgeteilt, er halte die Berufung einstimmig für unbegründet und beabsichtige in Anwendung des § 130 a VwGO im Beschlussweg zu entscheiden. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 3.12.2019 die Auffassung vertreten, dass eine mündliche Verhandlung nicht entbehrlich sei, und ihre Argumentation, es bedürfe einer weiteren Sachaufklärung, bekräftigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (3 Ordner), der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (3 Ordner) und der Akten des Beigeladenen (2 Hefte), der Gegenstand der Beratung war, Bezug genommen.

II.

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache unterliegt sie der Zurückweisung.

I. Die Entscheidung kann gemäß § 130 a VwGO durch Beschluss ergehen. Der Senat hält die Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise nach Maßgabe der §§ 130 a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO angehört worden.

1. Die Beteiligten haben die Frage der Schlüssigkeit des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens und den Inhalt des vorgerichtlich seitens der Beklagten eingeholten Gutachtens schriftsätzlich ausführlich diskutiert und sich im Berufungsverfahren im Einzelnen mit den das erstinstanzliche Urteil tragenden Erwägungen auseinandergesetzt. Die beiderseitigen kontroversen Standpunkte sind jeweils deutlich herausgearbeitet. Eine Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung ergibt sich hieraus nicht. Soweit sich anhand des Akteninhalts aufdrängt, dass das Ergebnis des vorgerichtlich erstellten Gutachtens von Herrn Prof. Dr. Bs. maßgeblich durch die Vorgaben des ihm durch Beschluss des Verwaltungsrats der Beklagten vom 10.11.2011 erteilten Gutachtenauftrags geprägt ist, hat der Senat hierauf im Anhörungsschreiben vom 22.10.2019 hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

2. Die Beklagte ist der angekündigten Zurückweisung ihrer Berufung im Beschlussweg durch Einreichung ihres Schriftsatzes vom 3.12.2019 entgegengetreten.

2.1. Entgegen der Annahme der Beklagten stehen einer Entscheidung im Beschlussweg keine außergewöhnlichen Schwierigkeiten der Sache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht entgegen.

Zu den rechtlichen Voraussetzungen der Unfähigkeit, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben, ist in dem vom Kläger angestrengten Normenkontrollverfahren 1 C 181/15 der Beschluss des Senats vom 6.2.2017 ergangen, in dem die maßgeblichen Anforderungen im Einzelnen aufgezeigt sind.

Die tatsächliche Streitfrage, ob der Kläger gemessen hieran im streitgegenständlichen Zeitraum berufsunfähig war bzw. ist oder nicht, ist - wie nachfolgend unter Gliederungspunkt II auszuführen sein wird - durch das Gutachten von Prof. Dr. M. geklärt.

2.2. Der mit einem Zitat aus der Kommentarliteratur(Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 130 a Rdnr. 5 a) begründete Einwand, eine Entscheidung nach § 130 a VwGO sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur ermessensfehlerfrei, wenn für die Entscheidung des Berufungsgerichts dieselben Erwägungen maßgeblich seien wie für das Urteil der ersten Instanz, verfängt nicht.

Die entsprechende Kommentarstelle befasst sich - wie die dortigen Zitate belegen - schon nicht mit „neuerer“ Rechtsprechung und ist - wie bereits die sich ihr anschließenden Ausführungen erkennen lassen - offensichtlich fehlerhaft formuliert. Aus der dort zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Vorgängervorschrift des Art. 2 § 5 EntlG(BVerwG, Beschlüsse vom 29.10.1979 - 4 CB 73.79 -, juris Rdnr. 4, und vom 10.9.1981 - 4 B 84/81 -, juris Rdnr. 6) ergibt sich genau das Gegenteil. Denn eine Entscheidung im Beschlussweg setzt nach der im Kommentar zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht voraus, dass das Berufungsgericht die Erwägungen, die dem Urteil der ersten Instanz zugrunde liegen, ebenfalls als entscheidungstragend ansieht. Ein anderes Normverständnis würde im Übrigen nach Inkrafttreten der Regelung des § 130 a VwGO, die den Anwendungsbereich des früheren Art. 2 § 5 EntlG dahin erweitert hat, dass eine Entscheidung im Beschlussweg nicht nur möglich ist, wenn das Berufungsgericht die Berufung einstimmig als unbegründet, sondern auch dann, wenn es sie einstimmig als begründet erachtet, jeder Sinnhaftigkeit entbehren.

II. Das erstinstanzliche Urteil bejaht im Ergebnis zutreffend, dass der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente über den bisherigen am 31.12.2011 endenden Zahlungszeitraum hinaus fortbesteht.

Die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente setzt nach § 14 Nr. 1 Satz 1 VwS unter anderem voraus, dass das Mitglied des Versorgungswerks der Beklagten infolge eines körperlichen Gebrechens, wegen Schwäche seiner geistigen Kräfte oder wegen einer Sucht nicht nur vorübergehend unfähig ist, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. Nach dem durch Satzungsänderung vom 8.10.2014 neu eingefügten Satz 2 der Vorschrift liegt Berufsunfähigkeit nicht vor, solange das Mitglied in der Lage ist, mindestens halbschichtig eine Tätigkeit auszuüben, die in das anwaltliche Berufsbild eingeordnet werden kann. Zu dieser Satzungsänderung hat der Senat auf den Normenkontrollantrag des nunmehrigen Klägers entschieden, dass die Ergänzung sich in einer materiell-rechtlich zulässigen Ausschärfung der bisherigen Regelung in Gestalt der Einbeziehung von Eckpunkten der Rechtsprechung zur berufsständischen Versorgung in den Satzungstext erschöpft.(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 6.2.2017 - 1 C 181/15 -, juris Rdnrn. 16 ff.)

Da die tatbestandlichen Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit durch die Ergänzung keine inhaltlichen Veränderung erfahren haben, findet die neue Fassung in dem durch den Antrag des Klägers vom 23.3.2009 eingeleiteten Rentenverfahren, ohne dass dies einer vertieften rechtlichen Erörterung bedürfte, Anwendung.

Mit der Vorgabe, dem Mitglied müsse noch eine Tätigkeit möglich sein, die in das anwaltliche Berufsbild einzuordnen ist, verwendet die Satzungsnorm einen unbestimmten Rechtsbegriff. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Satzungsgeber in der Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente nicht völlig frei ist. Er muss dem dem Versorgungswerk kraft Gesetzes erteilten Auftrag, seinen Mitgliedern im Bedarfsfall Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren, gerecht werden und eine etwaige satzungsrechtliche Konkretisierung des Begriffs der Berufsunfähigkeit eines Rechtsanwalts daher an den diesen Beruf prägenden Merkmalen, die sich insbesondere aus der Bundesrechtsanwaltsordnung erschließen, ausrichten. Hiernach wird der Beruf eines Rechtsanwalts nicht allein durch die Notwendigkeit juristischen Wissens und die Ausübung einer juristischen Tätigkeit geprägt. Ein Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO). Er übt einen freien Beruf aus (§ 2 Abs. 1 BRAO) und ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO). Er darf seinen Beruf in einem Angestelltenverhältnis ausüben, wenn sein Arbeitgeber selbst Rechtsanwalt oder Patentanwalt ist, bzw. er für seinen Arbeitgeber als Syndikusanwalt tätig wird (§ 46 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BRAO). Dabei setzt eine anwaltliche Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt neben einer entsprechenden Zulassung voraus, dass das Arbeitsverhältnis durch fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten in Gestalt der Prüfung von Rechtsfragen, des Erarbeitens und Bewertens von Lösungsmöglichkeiten, der Erteilung von Rechtsrat, der Gestaltung von Rechtsverhältnissen und der Verwirklichung von Rechten und die Befugnis, nach außen eigenverantwortlich aufzutreten, geprägt ist (§ 46 Abs. 3 BRAO). Eine solche fachlich unabhängige Tätigkeit übt nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen (§ 46 Abs. 4 Satz 1 BRAO). All dem hat der Senat bereits anlässlich seiner Entscheidung in dem Normenkontrollverfahren 1 C 181/15 entnommen, dass für die Tätigkeit als Rechtsanwalt die unabhängige und eigenverantwortliche Interessenwahrnehmung durch Beratung und Vertretung von Rechtssuchenden - bzw. im Fall des Syndikusanwalts des Arbeitgebers - kennzeichnend ist, und hieran anknüpfend festgestellt, dass das so geprägte Berufsbild eines Rechtsanwalts auch im Rahmen der Prüfung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, Berücksichtigung finden muss.(OVG des Saarlandes, a.a.O., Rdnrn. 23 f., 30 ff.)

Die Annahme der Berufsfähigkeit im versorgungsrechtlichen Sinn wird zwar nicht bereits durch ein Unvermögen zu Mandantenkontakten und zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen ausgeschlossen, solange unter Auswertung des Akteninhalts und etwaiger Vermerke über die von einem Kollegen mit den Mandanten geführten Gespräche noch eine eigenverantwortliche schriftliche Beratung und Interessenvertretung im Rahmen einer vorprozessualen oder prozessualen Auseinandersetzung möglich sind. Berufsunfähigkeit als Rechtsanwalt liegt indes vor, wenn der Betroffene aus gesundheitlichen Gründen nur noch zu juristischen Hilfstätigkeiten und reinen Rechtsgutachten, nicht aber mehr zu einer eigenverantwortlichen zumindest schriftlichen Interessenwahrnehmung in der Lage ist.(OVG des Saarlandes, a.a.O., Rdnrn. 32 f.) Dieses Normverständnis steht mit der Rechtsprechung des Senats für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof in Einklang(OVG des Saarlandes, a.a.O., Rdnrn. 36 ff. m.w.N.) und gewährleistet einen angemessenen Ausgleich zwischen den zum Teil widerstreitenden Interessen der Solidargemeinschaft der Versicherten, der Rechtssuchenden, der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und eines aus gesundheitlichen Gründen die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente Beantragenden.(OVG des Saarlandes, a.a.O., Rdnr. 43)

Das in dem Normenkontrollverfahren im Beschluss des Senats vom 6.2.2017 ausführlich begründete Verständnis der an die Unfähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben, zu stellenden Anforderungen liegt auch dem Beweisbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 6.3.2015 zugrunde. Dort heißt es, der bestellte Sachverständige, Prof. Dr. M., habe davon auszugehen, dass die dem Kläger verbleibenden Betätigkeitsmöglichkeiten dann noch dem anwaltlichen Berufsbild entsprechen, wenn sie - gemessen daran, dass der Rechtsanwalt einen freien Beruf ausübt und berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten ist - noch als eigenverantwortliche Rechtsberatungstätigkeit qualifiziert werden können.

Prof. Dr. M. kommt hieraufhin in seinem unter dem 9.11.2015 erstellten Gutachten nach umfänglicher Aufarbeitung der Krankenakte (Zeitraum 2002 bis 2015, Diagnosen und Medikation), ausführlicher Wiedergabe des mit dem Kläger geführten Gesprächs, des seinerseits erhobenen psychopathologischen Befundes, des körperlichen Allgemeinbefundes und der Erhebung und Auswertung testpsychologischer Befunde in seiner Zusammenfassung und Beurteilung zu den Diagnosen rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F 33.2), Panikstörung (F 41.0), DD: generalisierte Angststörung (F 41.1) und Somatisierungsstörung (F 45.0). Diese Diagnosen seien durch die durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen bestätigt worden.

Zu den Auswirkungen des Krankheitsbildes auf die Berufsfähigkeit führt er sodann im Kontext mit den Mitte 2007 beginnenden und immer wieder auftretenden Panikattacken aus:

„An eine Anwaltstätigkeit war damals schon lange nicht mehr zu denken, wobei im Juni 2012 bis August 2012 eine Tätigkeit in der Kanzlei Bg. angegeben wurde und Bürotätigkeiten bei Rechtsanwalt G. bis März 2011. Die psychische Störung des Probanden A. war aber so stark ausgeprägt und von Schlafstörungen gezeichnet, dass an eine Bürotätigkeit im anwaltlichen Bereich nicht mehr zu denken war.“

Die psychiatrisch-psychosomatische Begutachtung und die testpsychologische Untersuchung hätten bestätigt, dass Berufsunfähigkeit vorliege. Der Kläger werde voraussichtlich dauernd außer Stande sein, seinem Beruf als Rechtsanwalt oder einer anderen seiner Ausbildung adäquaten Tätigkeit nachzugehen. Unter dieser Prämisse erübrigten sich Ausführungen zu den Möglichkeiten und den Modalitäten einer etwaigen schrittweisen Wiedereingliederung.

Die Einschätzung des Sachverständigen überzeugt. Das Ergebnis seiner psychopathologischen Befunderhebung wurde durch die testpsychologischen Befunde bestätigt. Diese wurden teils in Gestalt von Selbstbeurteilungsverfahren, teils in Gestalt von Fremdbeurteilungsverfahren erhoben. Deren Auswertung bestätigte nach Feststellung des Sachverständigen eine ausgeprägte depressive Erkrankung und das Vorliegen einer ängstlich geprägten, zwanghaften Persönlichkeitsstörung. Den Vorhalten der Beklagten, der Sachverständige habe nicht hinreichend gewürdigt, dass der Kläger den Angaben im Gutachten zufolge sehr gut in der Lage gewesen sei, bei der Erhebung der Vorgeschichte und bei den Untersuchungen mitzuarbeiten, und als wach und bewusstseinsklar sowie in zeitlicher und örtlicher Hinsicht voll orientiert beschrieben werde, ist Prof. Dr. M. in seinem Ergänzungsgutachten vom 2.6.2016 entgegengetreten. Bei Störungen aus dem affektiven Bereich (Depression und Angst) sei es, anders als bei psychotischen Störungen mit Wahn und Halluzinationen, erwartungsgemäß, dass die Probanden in der Lage seien mitzuarbeiten. Ebenso gehöre die Bewusstseinsklarheit zu den Voraussetzungen einer objektiven Begutachtung des in Rede stehenden Krankheitsbildes; lediglich bei Demenzerkrankungen seien diese psychopathologischen Qualitäten zum Teil erheblich gestört. Dem Vorhalt, er überschätze die Aussagekraft von Selbstbeurteilungsverfahren, begegnet der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten mit einer ausführlichen Darstellung der insoweit geltenden international anerkannten Standards.

Schließlich differenziert die sein Gutachten abschließende Beurteilung des Sachverständigen zwischen Bürotätigkeiten in einem Rechtsanwaltsbüro und Bürotätigkeiten im anwaltlichen Bereich, wobei letztere dem Kläger seit Jahren nicht mehr möglich seien. Dies belegt aus Sicht des Senats, dass der Sachverständige die diesbezüglichen Vorgaben des Beweisbeschlusses bei der Beantwortung der Beweisfrage beachtet und seine Beurteilung an dem Kriterium einer eigenverantwortlichen Rechtsberatungstätigkeit ausgerichtet hat.

Auf der Grundlage der Begutachtung durch Prof. Dr. M. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im gesamten streitigen Zeitraum seit dem 1.1.2012 berufsunfähig war bzw. ist.

Die in der Berufungsbegründung erhobenen bzw. bekräftigten Einwände der Beklagten verfangen auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 3.12.2019 nicht.

Nicht nachvollziehbar ist vor dem Hintergrund der vorstehenden inhaltlichen Auswertung des Gutachtens die Behauptung, der Sachverständige habe keine substantiellen Aussagen für die Vergangenheit ab dem 1.1.2012 getroffen. Das Gegenteil ist der Fall. So hat der Gutachter im Zusammenhang mit den Tätigkeiten des Klägers bei Rechtsanwalt G. bis März 2011 bzw. von Juni bis August 2012 in der Kanzlei Bg. ausgeführt, dass die psychische Störung des Klägers damals bereits so stark ausgeprägt und von Schlafstörungen gezeichnet gewesen sei, dass an eine Bürotätigkeit im anwaltlichen Bereich nicht mehr zu denken gewesen sei.

Der Beachtlichkeit dieser gutachterlichen Einschätzung lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Sachverständige sei nach der Formulierung des Gutachtenauftrags im Beweisbeschluss des Verwaltungsgerichts überhaupt nur zur Prüfung des (zur Zeit der Untersuchung durch den Sachverständigen) aktuellen Gesundheitszustands befugt gewesen und habe daher keine Feststellungen zu dem Zeitraum ab dem 1.1.2012 treffen dürfen. In dem dem Beweisbeschluss beigefügten Anschreiben an den Gutachter ist zur streitigen Berufsunfähigkeitsrente ausdrücklich auf den Inhalt der beigefügten Akten verwiesen. Die in der Akte befindliche Klagebegründung (Bl. 102 ff. d.A.) beginnt mit der Formulierung „In dem vorliegenden Klageverfahren geht es darum, ob der Kläger berufsunfähig über den 31.12.2011 hinaus ist oder nicht.“ Dass der für einen Gutachtenauftrag erhebliche Zeitraum, sofern der Beweisbeschluss keine Einschränkungen vorgibt, mit dem streitgegenständlichen Zeitraum korrespondiert, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Beauftragung eines Gutachters, der darin liegt, den streitigen Sachverhalt aufzuklären. Demgemäß unterliegt keinem vernünftigen Zweifel, dass Prof. Dr. M. den Auftrag hatte, die Berufsfähigkeit des Klägers seit dem 1.1.2011 zu begutachten.

Die Beklagte bemängelt weiter, der Sachverständige habe sich nicht mit dem ihrerseits vorgerichtlich eingeholten Gutachten von Prof. Dr. Bs. vom 22.5.2012 auseinandergesetzt und zudem davon abgesehen, Beschwerdevalidierungstests durchzuführen. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu sehen, dass auch das vorgerichtlich auf Anforderung der Beklagten vom Kläger selbst eingeholte Gutachten des Privatdozenten Dr. K. in dem Gutachten von Prof. Dr. M. keine Erwähnung findet, dieser sich vielmehr auf die Auswertung der Krankenunterlagen und die eigene Befunderhebung beschränkt hat. Wenngleich eine Auseinandersetzung mit - beiden - Vorgutachten die Akzeptanz seiner eigenen Einschätzung vielleicht gesteigert hätte, war der Sachverständige hierzu, da er nicht als Obergutachter bestellt war, nicht verpflichtet. Die Entscheidung, Beschwerdevalidierungstestverfahren zur Anwendung zu bringen oder hiervon abzusehen, hat das Verwaltungsgericht in seinem Anschreiben an Prof. Dr. M. vom 6.3.2015 ausdrücklich dessen Sachkunde überantwortet. Der Senat verfolgt anlässlich vergleichbarer Verfahren bereits seit geraumer Zeit die bezüglich des Aussagewertes von Beschwerdevalidierungsverfahren kontrovers geführten Fachdiskussionen und teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Festlegung der Modalitäten der Gutachtenerstellung und der Grundlagen seiner Überzeugungsbildung dem bestellten Gutachter selbst überlassen bleiben sollte. Gerade weil das Gericht sich im Rahmen seiner Entscheidungsfindung eines Gutachters bedient, um sich hierdurch die notwendige Sachkunde erst zu verschaffen, fehlt regelmäßig jeder Anknüpfungspunkt dafür, dass das Gericht befähigt sein könnte, dem Gutachter, zumal in wissenschaftlichen Streitfragen, fachliche Vorgaben zur Art und Weise der Durchführung der erbetenen Begutachtung zu machen. Prof. Dr. M. hat insoweit auf die Vorhaltungen der Beklagten klargestellt, dass er zu dem Kreis von Fachleuten gehört, die die Anwendung von Beschwerdevalidierungstests nicht als zwingend erforderlich erachten. Gleichwohl ist er ein anerkannter Fachmann auf psychiatrischem und psychosomatischem Fachgebiet, der auf eine sehr große Berufserfahrung zurückgreifen kann.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat Prof. Dr. M. erklärt, er habe Aggravationstendenzen nicht in einem speziellen Testverfahren ermittelt. Tests zum Beschwerdevalidierungsverfahren, wie sie etwa Dr. St. nutze, habe er selbst noch nicht angewandt. Die Bewertung einer Simulation nehme er aus seiner beruflichen Erfahrung vor. Für den Kliniker sei dies ein Urgeschäft. Damit hat der Gutachter seine wissenschaftliche, nach der Erfahrung des Senats von vielen Fachkollegen geteilte Grundüberzeugung zum Ausdruck gebracht. Hieraus - wie in der Berufungsbegründung geschehen - zu schlussfolgern, der Gutachter verweise zur Begründung seines Gutachtens auf gefühlsmäßige Einschätzungen und es stehe deshalb fest, dass er mangels jeglicher Erfahrung und Kenntnis auf dem Gebiet der Symptomvalidierungstests überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre, das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Bs., der sowohl Leistungstests als auch Beschwerdevalidierungsverfahrens angewendet habe, zu verstehen und in seiner Wertigkeit einzuschätzen, dürfte über eine sachliche Kritik an der Art der Befunderhebung und der Schlüssigkeit des Gutachtens hinausgehen.

Im Übrigen sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass auch die vorgerichtlich seitens der Beklagten mit der Bewertung der Einschätzung von Herrn Dr. K. beauftragte Frau Dr. C. ausweislich ihrer fachpsychiatrischen Stellungnahme vom 19.10.2009 zwar testpsychologische Untersuchungen, die später seitens Prof. Dr. M. zum Einsatz gekommen sind, nicht aber die Durchführung von Beschwerdevalidierungstests als unerlässlichen Bestandteil einer psychiatrischen Begutachtung bezeichnet hat. Dass Prof. Dr. Bs. diese Tests ebenso wie der auf diesem Gebiet als Vorreiter bekannte Dr. St. zur Anwendung bringt, bindet spätere Gutachter nicht dergestalt, dass sie es ihm gleich tun müssten. Ebensowenig sind die Gerichte gehalten, das Vorliegen eines Systemvalidierungstests zur Anwendung bringenden vorgerichtlichen Gutachtens zum Anlass zu nehmen, dem gerichtlich bestellten Gutachter vorzugeben, dass er diese Tests ebenfalls einzusetzen hat.

Dass Prof. Dr. M. angegeben hat, das Gutachten von Prof. Dr. Bs. zunächst übersehen und sein Gutachten unter der Prämisse einer seinen Angaben zufolge im Recht der gesetzlichen Versicherung maßgeblichen sechsstündigen täglichen Arbeitszeit erstellt zu haben, begründet keine Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit seiner Feststellungen. Da er sich auch mit dem 2009 von Herrn Dr. K. erstellten Gutachten nicht befasst hat, spricht die Beschränkung auf die Auswertung der Krankenunterlagen nicht für die ihm unterstellte Oberflächlichkeit, sondern dafür, dass er Vorbegutachtungen, unabhängig davon, ob sie mit seiner Einschätzung übereinstimmen oder ihr entgegenlaufen, für seine eigene Urteilsbildung keine maßgebliche Bedeutung beimisst. Hinsichtlich der Frage einer Relevanz der täglichen Mindestarbeitszeit geht seine Einlassung, an seinen Feststellungen auch unter der Prämisse einer nur vierstündigen täglichen Arbeitszeit festzuhalten, mit den Ausführungen in seinem Gutachten konform. Denn er hat - wie oben dargelegt - jegliche Fähigkeit des Klägers zu einer eigenverantwortlichen Rechtsberatungstätigkeit verneint. Eine zeitliche Komponente war für diese Einschätzung ohne erkennbare Relevanz. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst.

Dass die Beklagte bemängelt, den vor 2012 erhobenen Befunden werde seitens des Gutachters eine zu große Bedeutung beigemessen, die damaligen ärztlichen Berichte könnten nicht ohne weiteres auf den streitigen am 1.1.2012 beginnenden Zeitraum übertragen werden, überrascht. Abgesehen davon, dass die damaligen ärztlichen Befunde im Wesentlichen den Diagnosen von Prof. Dr. Bs. entsprechen, war die nicht vollständige Einbeziehung und dementsprechend die fehlende Auseinandersetzung mit der vor 2009 liegenden Krankengeschichte des Klägers in der Begutachtung von Dr. K. ausweislich der fachpsychiatrischen Stellungnahme von Frau Dr. C. (S. 2 f. und S. 6) ein für diese wesentlicher Grund ihrer Kritik an dem Gutachten von Herrn Dr. K..

Inwiefern fehlende Daten zu den im Gutachten erwähnten Aufenthalten des Klägers in einem Schlaflabor Auswirkungen auf die inhaltliche Richtigkeit der gutachterlichen Feststellungen haben sollen, ist weder dargetan noch erkennbar.

Sicherlich trifft zu, dass eine medizinische Diagnose für sich genommen noch nichts darüber besagt, inwieweit das diagnostizierte Krankheitsbild Beeinträchtigungen der beruflichen Tätigkeit bedingt. Allerdings hat der Gutachter sich nicht auf eine ungeprüfte Übernahme der Diagnosen der behandelnden Ärzte oder auch nur das Stellen einer eigenen Diagnose beschränkt, sondern Feststellungen zu deren Auswirkungen auf die Berufsfähigkeit des Klägers getroffen und im Ergebnis festgestellt, dass der Kläger infolge seiner psychischen Erkrankung schon seit Jahren und voraussichtlich auf Dauer nicht mehr in der Lage ist bzw. sein wird, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. Der Einwand, er habe dabei die Einschätzungen der behandelnden Ärzte unkritisch übernommen, geht schon angesichts der eigenen Befunderhebung und -auswertung fehl, zumal es den behandelnden Ärzten nicht oblag, die Frage der Berufsfähigkeit zu beurteilen. Dass er von kompetenten Fachkliniken spricht und seine Einschätzung mit einzelnen Feststellungen behandelnder Ärzte korrespondieren mag, belegt keine Voreingenommenheit.

Soweit die Beklagte schließlich rügt, es bleibe im Dunkeln, wie der Gutachter festgestellt haben will, dass beim Kläger Ängstlichkeit auftrete, wenn jemand etwas von ihm wolle, sei darauf hingewiesen, dass diese Einschätzung durch die Auswertung der testpsychologischen Begutachtung bestätigt worden ist.

Die weiteren Einwendungen der Beklagten befassen sich mit der seitens des Verwaltungsgerichts vorgenommenen Auswertung des vorgerichtlichen Gutachtens von Prof. Dr. Bs..

In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass der zwecks Einholung eines Gutachtens zur Berufsfähigkeit des Klägers ergangene Beweisbeschluss des Verwaltungsrats der Beklagten vom 10.11.2011 auf einem mit den aufgezeigten Anforderungen an den Eintritt von Berufsunfähigkeit nicht zu vereinbarenden Normverständnis beruht.

So ergibt sich aus den Gliederungspunkten 1 a und 1 c des Beweisbeschlusses des Verwaltungsrats, dass die Beklagte damals von zwei Personengruppen mit fortbestehender Berufsfähigkeit ausgegangen ist, einmal diejenigen, die noch eigenverantwortlich als Rechtsanwalt tätig sein können (1 a), und zum anderen diejenigen, die noch juristische Zuarbeiten unter der Aufsicht eines Fachkollegen/einer Fachkollegin ausführen können (1 c). Sie sah mithin die Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen rechtsberatenden Tätigkeit - anders als der Senat -nicht als zwingende Voraussetzung einer fortbestehenden Berufsfähigkeit an, sondern meinte, es reiche aus, wenn noch ein juristisches Zuarbeiten unter der Aufsicht eines Rechtsanwalts möglich ist, wobei es nicht um eine permanente Beaufsichtigung, sondern um eine abschließende Kontrolle der Arbeiten gehe.

Diese Vorgaben, anhand derer Herrn Prof. Dr. Bs. aufgegeben worden war, sein Gutachten zu erstellen, werden dem in der Bundesrechtsanwaltsordnung verankerten Leitbild eines eigenverantwortlich agierenden Interessenvertreters und der hieran anknüpfenden Rechtsprechung des Senats nicht gerecht.

Folge des so formulierten Gutachtenauftrags im Beweisbeschluss des Verwaltungsrats dürfte sein, dass Prof. Dr. Bs. den kognitiven Fähigkeiten des Klägers, seiner Eloquenz und Intelligenz ganz maßgebliche Bedeutung beigemessen hat, während die auch seinerseits festgestellte Ängstlichkeit (S. 1, 13) und die diagnostizierte Panikstörung (S. 21 f., 25) in der Beurteilung, er könne fachkundig in Gerichtsverhandlungen vortragen und durch seine Eloquenz und seinen Perfektionismus vor Gericht sowie bei seinen Mandanten kompetent auftreten (S. 26), keinen Niederschlag gefunden haben. Trotz dieser Einschätzung spricht er im Folgeabsatz des Gutachtens von Selbstunsicherheit des Klägers, die zu einer krankhaften Verarbeitung führe, und nimmt diese Selbstunsicherheit, die im Zusammenspiel mit der negativen Wahrnehmung von sich selbst einen dysfunktionalen Teufelskreis habe entstehen lassen, abschließend zum Anlass der Empfehlung, es solle darauf geachtet werden, dass der Kläger nicht schlagartig und vollständig ins Berufsleben zurückkehre. Die anfängliche Arbeitszeit solle nicht mehr als vier bis fünf Stunden pro A. betragen und seine Arbeit solle zunächst ohne Kundenkontakt, z.B. durch Bearbeitung und Zuarbeiten von Akten erfolgen. Zudem solle darauf geachtet werden, dass Störfaktoren wie hoher Zeitdruck, Stress und Ärger anfangs möglichst gering gehalten würden.

Ausweislich dieser Vorgaben - zunächst kein Kundenkontakt, Bearbeitung und Zuarbeiten von Akten, Vermeidung von (für den Beruf eines Rechtsanwalts in der täglichen Praxis typischen) Störfaktoren - hat der Gutachter damals die den Beruf prägende Notwendigkeit der Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen Rechtsberatung nicht festgestellt. Er ist sogar über die im Beweisbeschluss ohnehin zu weit gefasste Umschreibung der Voraussetzungen fortbestehender Berufsfähigkeit hinausgegangen, indem er es als angezeigt erachtet hat, zunächst auf direkten Kundenkontakt zu verzichten; insoweit hieß es im Beweisbeschluss des Verwaltungsrats, dass das Zuarbeiten Mandantengespräche umfasse.

Nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist schließlich mit Blick auf das Zeitmoment, dass Prof. Dr. Bs. im Zusammenhang mit der Bewertung der Konzentrationsfähigkeit des Klägers mehrfach betont, während der langen Untersuchungen seien keine Konzentrationsverluste zu verzeichnen gewesen. Diese Argumentation dürfte bereits dadurch relativiert werden, dass ausweislich des Gutachtens keiner der drei Untersuchungstermine mehr als zwei Stunden angedauert hat, während in zeitlicher Hinsicht in Rede steht, ob der Kläger zu einer täglich mindestens vierstündigen Berufsausübung in der Lage wäre.

Es kann offen bleiben, ob und inwieweit die Interpretation des vorgerichtlich erstellten Gutachtens von Prof. Dr. Bs. durch das Verwaltungsgericht auf ein Missverständnis hinsichtlich des Bedeutungsgehalts der gutachterlichen Ausführungen zum Selbstbild des Klägers zurückgeht. Wenngleich ein Missverständnis durchaus nahe liegen mag, kommt es hierauf nicht entscheidungserheblich an, da das erstinstanzlich eingeholte Gutachten von Prof. Dr. M. - wie vorstehend dargelegt - überzeugt und die Annahme der Berufsunfähigkeit des Klägers eigenständig trägt.

Demgegenüber ist das Gutachten von Prof. Dr. Bs. nach Vorgesagtem unter der rechtlichen Prämisse der Notwendigkeit der Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen Interessenvertretung nicht in sich schlüssig. Hinzu tritt, dass auch eine rein schriftliche eigenverantwortliche anwaltliche Interessenvertretung ohne Fristendruck in der Realität nicht möglich sein dürfte.

Im Übrigen kommt auch in dem den Rentenantrag zurückweisenden Bescheid vom 3.4.2013 der fehlerhafte rechtliche Ansatz der Beklagten deutlich zum Ausdruck. So heißt es dort, auch eine Tätigkeit, die sich auf die Bearbeitung von Akten und Zuarbeiten beschränke - und seien es auch nur „leichte“ Fälle - fielen unter das anwaltliche Berufsbild.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das vorgerichtlich seitens des Klägers in Auftrag gegebene Gutachten von Herrn Dr. K. ganz offenbar auf einem zutreffend definierten Berufsbild anwaltlicher Tätigkeit im Sinn einer eigenverantwortlichen Rechtsberatung und Interessenvertretung basiert. So heißt es dort, das Tätigkeitsprofil eines Rechtsanwalts beinhalte u.a. die intensive und konzentrierte Beschäftigung mit komplexen juristischen Sachverhalten, die kompetente Beratung und Führung von Mandanten, ein engagiertes und kreatives öffentliches Auftreten in Gerichtsverhandlungen, eine hohe Belastbarkeit auch unter Zeitdruck aufgrund von zahlreichen einzuhaltenden Fristen sowie einen sicheren und kompetenten Umgang mit konfliktreichen Situationen.

Steht nach alldem bereits aufgrund der Aktenlage zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger über den 31.12.2011 hinaus berufsunfähig war und Erkenntnisse zu einer zwischenzeitlichen Verbesserung des Gesundheitszustands nicht bekannt sind, so ist kein Raum für eine weitere Beweiserhebung. Die seitens der Beklagten angekündigten Beweisanträge unterliegen mithin der Zurückweisung.

Insbesondere bedarf es keiner Anhörung von Herrn Prof. Dr. Bs.. Seine Feststellung, der Kläger sei berufsfähig, basiert auf rechtlich zu weit gefassten Vorgaben zu den Anforderungen an das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit. Die abschließend empfohlene anfängliche Beschränkung auf die Bearbeitung und das Zuarbeiten von Akten (im Beweisbeschluss definiert als Arbeiten unter Aufsicht in Gestalt abschließender Kontrolle durch einen Fachkollegen/eine Fachkollegin) und die Empfehlung der Vermeidung berufstypischer Arbeitsbedingungen/„Störfaktoren“ sprechen in tatsächlicher Hinsicht mit Gewicht dafür, dass er es nicht als gesichert angesehen hat, dass der Kläger zur Zeit der Begutachtung im Stande gewesen wäre, eigenverantwortlich und unter berufstypischen Umständen zu arbeiten.

Mit Blick auf die Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 3.12.2019 sei klarstellend angemerkt, dass die vier am 9.10.2019 angeforderten, verschiedentlich zitierten ärztlichen Berichte ausschließlich der Vervollständigung der Akte dienten. Sie sollen entgegen der Mutmaßung der Beklagten kein Sachverständigengutachten ersetzen. Eines vertieften Eingehens auf ihren Inhalt und ihre Aussagekraft bedarf es an dieser Stelle nicht.

Nicht durchzudringen vermag die Beklagte schließlich mit ihrer Argumentation, der Klage müsse der Erfolg auch dann versagt bleiben, wenn der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente zu Unrecht nicht anerkannt worden wäre, da sein Anspruch in diesem Fall wegen der von ihm in Anspruch genommenen, vom Beigeladenen gewährten Sozialleistungen und der dem Beigeladenen hieraus erwachsenen Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X gemäß § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt gelte.

Die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X lässt weder das Rechtsschutzbedürfnis für die vom Kläger erhobene Klage noch seinen verfahrensrechtlichen Anspruch auf korrekte Bescheidung seines Antrags auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsrente entfallen. Dass der Kläger ein schützenswertes Interesse an der Feststellung hat, einen Rentenanspruch wegen Berufsunfähigkeit zu haben und ihm statt dessen Sozialleistungen nur deshalb gewährt werden mussten, weil die Beklagte ihm seine Berufsunfähigkeitsrente zu Unrecht vorenthalten hat, liegt auf der Hand.(Burkiczak in Mutschler/Palsherm, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 107 Rdnr. 39) Seinem Anspruch auf rechtmäßige Bescheidung seines Rentenantrags steht § 107 Abs. 1 SGB X ebenfalls nicht entgegen.(Roller in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 107 Rdnr. 7;)

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob bzw. inwieweit der Kläger mit Rücksicht auf Erstattungsansprüche des Beigeladenen die Auszahlung der ihm zu bewilligenden Rente an sich selbst beanspruchen kann. Einer Entscheidung des Senats, in welchem Umfang die rückständigen monatlichen Rentenbeträge nicht an den Kläger, sondern an den Beigeladenen auszuzahlen sind, bedarf es indes nicht. Der Beigeladene hat in seinem Schreiben an die Beklagte vom 19.8.2019 ausdrücklich angekündigt, dass er die Höhe seines Erstattungsanspruchs für den Fall der gerichtlichen Feststellung einer Nachzahlungspflicht der Beklagten dieser gegenüber beziffern werde.

Die Berufung der Beklagten ist nach alldem mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 2 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 20.000,-- Euro festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 54.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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