Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 B 130/20

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird auf 40.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt – unter anderem im Saarland – mehrere gastronomische Betriebe in größeren Warenhäusern. Sie wendet sich gegen die im Zuge der sogenannten „Corona-Krise“ durch Rechtsverordnung des Antragsgegners vom 30.3.2020,(vgl. die Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 30.3.2020, Amtsblatt 2020 I, 196 B vom 31.3.2020, geändert durch die Änderungsverordnung vom 7.4.2020, Amtsblatt I 2020 I 206 B vom 8.4.2020) zuletzt geändert durch die Verordnung vom 16.4.2020,(vgl. die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 16.4.2020, Amtsblatt 2020 I, 258 vom 17.4.2020) verfügten grundrechtsbeschränkenden Maßnahmen „zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ im Saarland (im Weiteren: CPV).

Die zu deren Eindämmung beziehungsweise zu einer Verlangsamung des durch das neuartige Corona-Virus SARS-CoV-2 hervorgerufenen Infektionsgeschehens der auf der Grundlage der §§ 32, 28 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)(vgl. das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) vom 20.7.2000, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 27.3.2020, BGBl. I Seiten 587 ff.) ergangene Verordnung der Landesregierung normiert – allgemein – in § 1 CPV den Grundsatz der Reduzierung der physischen und „sozialen“ Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Haushalts „auf ein absolut nötiges Minimum“. Der § 2 CPV enthält eine Einschränkung des Aufenthalts im öffentlichen Raum (§ 2 Abs. 1 CPV), verbietet unter anderem „Versammlungen und Ansammlungen“ (§ 2 Abs. 2 CPV) und erlaubt ein „Verlassen der eigenen Wohnung“ nur bei Vorliegen „triftiger Gründe“ (§ 2 Abs. 3 CPV). In den folgenden Regelungen finden sich weitere Vorgaben, unter anderem auch eine Untersagung des Betriebs von Gaststätten (§ 5 Abs. 1 CPV), des Betriebs von Hotels, Beherbergungsbetrieben und Campingplätzen (§ 5 Abs. 2 CPV), von einer Vielzahl weiterer in dem § 5 Abs. 3 CPV aufgeführter, nicht notwendigen „Verrichtungen des täglichen Lebens dienender“ Einrichtungen sowie der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art mit mehr als 800 m2 Verkaufsfläche, sofern diese nicht in einer Liste als insofern privilegiert aufgeführt sind (§ 5 Abs. 4 und 5 CPV). Nach dem § 14 Abs. 1 und 2 CPV können vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die einzelnen Ge- oder Verbote der §§ 2 bis 13 CPV als Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen bis zu 25.000,- EUR geahndet werden.

Die Antragstellerin hat mit Eingang am 17.4.2020 einen Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes gestellt (Aktenzeichen 2 C 127/20) und begehrt im vorliegenden Verfahren, durch Erlass einer einstweiligen Anordnung auf der Grundlage des § 47 Abs. 6 VwGO die Schließungsanordnung in § 5 Abs. 1 CPV vorläufig bis zu einer Entscheidung über diesen Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen. Die durch die genannten Änderungsverordnungen nicht veränderte Vorschrift lautet:

„Untersagt ist der Betrieb eines Gaststättengewerbes nach dem Saarländischen Gaststättengesetz ...und der Betrieb sonstiger Gastronomiebetriebe jeder Art. Ausgenommen sind die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen.“

Zur Begründung trägt die Antragstellerin im Tatsächlichen vor, durch die Verordnung und eine vorausgegangene Allgemeinverfügung zu Betriebsuntersagungen anlässlich der Corona-Pandemie(vgl. die Allgemeinverfügung zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes und Vollzug des Ladenöffnungsgesetzes vom 16.3.2020, Amtsblatt 2020 I, 170 B, dort unter 4.) sei sie verpflichtet worden, den Betrieb sämtlicher Restaurants im Landesgebiet ab dem 18.3.2020 zunächst erheblich einzuschränken und dann vollständig einzustellen. Da sowohl Liefervereinbarungen als auch Arbeits- und Mietverträge uneingeschränkt fortgelten würden, sei ihr allein in den vergangenen vier Wochen ein finanzieller Schaden von insgesamt 4.280.000,- EUR entstanden. Sämtliche Maßnahmen zur Schadensreduzierung, insbesondere die Beantragung von Kurzarbeit sowie Vereinbarungen zur Aussetzung von Vertrags- und Lieferbeziehungen, hätten zu keiner nennenswerten Abfederung des existenzvernichtenden Schadens geführt. Es stehe zu erwarten, dass sich der finanzielle Schaden bei Aufrechterhaltung der Maßnahmen von beispielsweise allein vier weiteren Wochen mehr als verdoppeln werde. Diese Verluste könnten nicht – wie in anderen Vertriebsstrukturen – durch die Lieferung von Speisen abgemildert werden, da die gesamte Vertriebsstruktur im Kerngeschäft auf gastronomische Angebote für den stationären Einzelhandel ausgerichtet sei. Ihre finanzielle Lage habe sich durch die Schließungsanordnung bereits derart zugespitzt, dass am 9.4.2020 ein Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens gestellt worden sei. Zudem rechne sie mit erheblichen Anlaufschwierigkeiten bei der Wiederaufnahme ihres Kerngeschäfts. Mit jeder Woche reduzierten sich die Erfolgsaussichten für die mit dem Schutzschirmverfahren angestrebte Sanierung des Unternehmens drastisch. Daher sei ihr ein Zuwarten bis zur Feststellung der Nichtigkeit des § 5 Abs. 1 CPV in dem Hauptsacheverfahren nicht zuzumuten und die Eilentscheidung sei dringend geboten. Bei einer fortgesetzten Schließung ihrer Restaurants käme eine Aufhebung der Schließungsregelung im Hauptsacheverfahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu spät. Ihr drohe dann eine Vernichtung ihrer Existenz.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 47 Abs. 6 VwGO) ist zulässig (A.), aber nicht begründet (B.). Er richtet sich – was Hauptsache und Vorabentscheidung anbelangt – gegen die Rechtsverordnung mit dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Inhalt, hier konkret in der zuletzt am 17.4.2020 geänderten und mit diesem Inhalt neu bekannt gemachten, hinsichtlich des § 5 Abs. 1 CPV unveränderten und bis 3.5.2020 befristeten Fassung.(vgl. die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 16.4.2020, Amtsblatt 2020 I, 258 vom 17.4.2020; und die Bekanntmachung der Neufassung der Verordnung vom 17.4.2020, Amtsblatt I 2020, 262 B) Die inhaltliche Begrenzung des Normenkontrollantrags auf diese Vorschrift unterliegt auch unter dem Aspekt einer Teilbarkeit der auf ganz unterschiedliche Lebensbereiche mit einer jeweils eigenen Betroffenheit zielenden Vorschriften der Verordnung keinen Bedenken.

A.

Der nach §§ 47 Abs. 6 und Abs. 1 Nr. 2 VwGO, 18 AGVwGO Saar auf teilweise vorläufige Außervollzugsetzung der Verordnung im Vorgriff auf eine Entscheidung in dem seit dem 17.4.2020 anhängigen Normenkontrollbegehren gerichtete Antrag der Antragstellerin ist zulässig.

Die Antragstellerin ist insbesondere antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1, Abs. 6 VwGO. Sie ist als Inhaberin mehrerer gastronomischer Betriebe im Saarland durch die Schließungsanordnung im § 5 Abs. 1 CPV nach eigenem Vortrag auch in existenzgefährdender Weise in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG beziehungsweise in der Freiheit unternehmerischer Betätigung (Art. 12 GG) betroffen. Das besondere Regelungsinteresse des § 47 Abs. 6 VwGO(vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 17.11.2016 – 2 B 283/16 –, SKZ 2017, 70, Leitsatz Nr. 33, wonach die Anforderungen an eine vorläufige Regelung auf der Grundlage des § 47 Abs. 6 VwGO mit Blick auf die grundsätzliche Legitimation des staatlichen Normgebers allgemein deutlich über das hinausgehen, was der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO voraussetzt) im Sinne erheblich gesteigerter „Dringlichkeit“ ergibt sich aus diesem Vorbringen. Unter dem Aspekt des Rechtsschutzinteresses soll hier nicht weiter hinterfragt werden, inwieweit die „fast ausschließlich innerhalb von Warenhäusern“ betriebenen Lokale der Antragstellerin derzeit mit Blick auf § 5 Abs. 4 CPV überhaupt zugänglich wären.(vgl. zu den derzeit beim Senat anhängigen Rechtsbehelfen der G… K… K… GmbH die Verfahren 2 C 121/20 und 2 B 122/20)

B.

Dem Antrag auf Erlass der begehrten Vorabregelung kann in der Sache nicht entsprochen werden. Die von der Antragstellerin beantragte vorläufige Außervollzugsetzung des § 5 Abs. 1 CPV ist im Rechtssinne nicht zur Abwendung schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen „dringend geboten“ (§ 47 Abs. 6 VwGO). Auch die Geltendmachung einer „dringenden Notwendigkeit“ aus anderen „wichtigen Gründen“ dient nach der Rechtsprechung des Senats ungeachtet des objektiven Charakters des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollverfahrens vor allem dem Individualrechtsschutz beziehungsweise einer Sicherstellung seiner Effektivität (Art. 19 Abs. 4 GG). Daher kann das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO sich nur aus einer negativen Betroffenheit eigener Interessen konkret des jeweiligen Antragstellers oder der jeweiligen Antragstellerin ergeben, hingegen nicht aus der Beeinträchtigung sonstiger Belange oder Interessen Dritter mit Blick auf deren mögliche Betroffenheit in ihren Grundrechten durch die Rechtsverordnung hergeleitet werden.(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.10.2012 – 2 B 217/12 –, Juris)

Im Rahmen der Entscheidung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zudem wie bei sonstigen verwaltungsprozessualen Eilrechtsschutzersuchen (§§ 80 Abs. 5, 80a oder 123 Abs. 1 VwGO) in erster Linie auf die prognostische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, hier des Normenkontrollantrags, abzustellen.(vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 25.2.2015 – 4 VR 5.14 –, BRS 83 Nr. 190, wonach Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO jedenfalls bei Bebauungsplänen zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags sind, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen) Lassen sie sich nicht – auch nicht in der Tendenz – verlässlich abschätzen, so ist wegen der wortlautmäßigen Anlehnung an § 32 BVerfGG wie bei verfassungsgerichtlichen Vorabentscheidungen eine Folgenbetrachtung(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 5.2.2014 – 2 B 468/13 –, SKZ 2014, 200, Leitsatz Nr. 28, und vom 11.10.2012 – 2 B 272/12 -, SKZ 2013, 44, wonach insoweit für die gebotene Abwägung der beteiligten Interessen auf die Vor- und Nachteile abzustellen ist, die eintreten, wenn die Anordnung antragsgemäß ergeht, die Norm sich später aber als gültig erweist, denen die Folgen gegenüberzustellen sind, die sich ergeben, wenn die Norm vollzogen wird, sich später jedoch deren Ungültigkeit herausstellt) vorzunehmen. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt – im Ergebnis nach beiden Maßstäben – nicht die vorläufige Aussetzung der Vollziehung des § 5 Abs. 1 CPV.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann nicht von einer „weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache“ ausgegangen werden. Die Wirksamkeit des § 5 Abs. 1 CPV unterliegt bei der hier allein möglichen überschlägigen Betrachtung zunächst in formeller Hinsicht (1.) keinen durchgreifenden Bedenken. Das gilt im Ergebnis auch unter materiell inhaltlichen Aspekten (2.), was die die Antragstellerin nach dem gegenwärtigen Stand treffende Untersagung ihrer gastronomischen Betriebe bis zum 3.5.2020 (§ 17 CPV) angeht. Eine abschließende Beurteilung kann nur in der Hauptsacheentscheidung im von der Antragstellerin betriebenen Normenkontrollverfahren erfolgen (§ 47 Abs. 5 VwGO), in dem zwar grundsätzlich ein umfassender objektiver Prüfungsansatz hinsichtlich der Gültigkeit der Normen der Verordnung gilt, der aber hier durch die im Normenkontrollantrag der Antragstellerin enthaltende Einschränkung neben allgemeinen rechtlichen Anforderungen an die Gültigkeit der Verordnung inhaltlich auf die Frage der Wirksamkeit speziell des § 5 Abs. 1 CPV begrenzt ist.

1.

Formelle Fehler beim Zustandekommen der streitgegenständlichen Rechtsverordnung einschließlich ihrer Inkraftsetzung durch die Verkündung im Amtsblatt des Saarlandes am 31.3.2020 beziehungsweise am 17.4.2020 (§ 1 Abs. 2 AmtsblG)(vgl. das Gesetz über das Amtsblatt des Saarlandes (Amtsblattgesetz - AmtsblG) vom 11.2.2009, geändert durch das Gesetz vom 1.12.2015 (Amtsblatt I Seite 932)) sind nicht ersichtlich. Die Veröffentlichungen weisen das jeweilige Ausfertigungsdatum aus und benennen die zugrundeliegende Ermächtigung (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gehört es ansonsten ungeachtet der gesetzlichen Ausgestaltung des Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO als umfassende Gültigkeitskontrolle der jeweils in Rede stehenden Normen und des im Verwaltungsprozessrecht geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der Oberverwaltungsgerichte, in diesen Verfahren „gleichsam ungefragt“ in die Suche nach Fehlern in der Entstehungsgeschichte der angegriffenen Norm einzutreten.(vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 23.5.2019 – 2 A 44/18 –, Juris) Dies gilt im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO in besonderem Maße.

Die Regelungen der Verordnung finden aus gegenwärtiger Sicht auch eine ausreichende Grundlage in dem § 32 Satz 1 IfSG.(vgl. das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen – Infektionsschutzgesetz –, vom 20.7.2000, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 27.3.2020, BGBl. I, Seite 587) Danach werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für „Maßnahmen“ nach den §§ 28 bis 31 IfSG „maßgebend“ sind, durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Wegen der Bezugnahme auch auf den Auffangtatbestand über die „notwendigen Schutzmaßnahmen“ beziehungsweise ein Verbot einer „sonstigen Ansammlung“ in dem § 28 Sätze 1 und 2 IfSG bestehen gegenwärtig zunächst keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtssetzungsbefugnis der dazu nach dem Landesrecht berufenen Entscheidungsträger und – nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand – auch nicht gegen die hinreichende Normklarheit, was den Inhalt der Verordnungsermächtigung angeht.

Der Vortrag der Antragstellerin, dass die in der Rechtsverordnung enthaltenen sehr weit gehenden Eingriffe in die Grundrechte unvereinbar seien mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Vorbehalts des Gesetzes zum einem unter dem Aspekt der „Regelungsdichte“, was die inhaltliche Unbestimmtheit der ganz allgemein formulierten tatbestandlichen Vorgaben der „notwendigen Schutzmaßnahmen“ für eine weitgehende Einschränkungen beziehungsweise eine befristete „Aussetzung“ einer Vielzahl von Grundrechten in der Verordnungsermächtigung des § 28 Satz 1 IfSG angeht, und zum anderen, was das Erfordernis einer Einschaltung der originär für den Erlass normativer Vorgaben berufenen gewählten Volksvertretungen unter dem Aspekt des sogenannten Parlamentsvorbehalts („Wesentlichkeitstheorie“) anbelangt, rechtfertigt die von ihr beantragte einstweilige Anordnung (§ 47 Abs. 6 VwGO) nicht.

Der auch das Verhältnis zwischen der Gesetzgebung (Legislative) und der Exekutive näher ausgestaltende Vorbehalt des Gesetzes verpflichtet den parlamentarischen Gesetzgeber, die wesentlichen, für die Grundrechtsverwirklichung besonders maßgebliche Regelungen selbst zu treffen und sie nicht anderen Normgebern – wie hier über entsprechende Verordnungsermächtigungen – aus dem Bereich der Exekutive zu überlassen.(vgl. zum Beispiel etwa BVerfG, Beschluss vom 19.12.2017 – 1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14 –, NVwZ 2018, 233 u.a. zu Art. 12 GG) Der Vorbehalt des Gesetzes erschöpft sich nicht in der Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für Grundrechtseingriffe, sondern gebietet auch, dass alle wesentlichen Fragen vom Gesetzgeber selbst entschieden und nicht anderen Normgebern überlassen werden, soweit sie gesetzlicher Regelung zugänglich sind. Dabei ist nach der Eigenart des jeweiligen Regelungsgegenstands zu beurteilen, wie weit der Gesetzgeber die für den jeweils geschützten Lebensbereich wesentlichen Leitlinien selbst bestimmen muss. Aus der Zusammenschau mit dem Bestimmtheitsgrundsatz für Rechtsnormen ergibt sich, dass eine gesetzliche Regelung umso detaillierter sein muss, je intensiver die Auswirkungen auf die Grundrechtsausübung der Normadressaten sind.(vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, NVwZ 2017, 1111, Rn 182, dort zu den Übergangsbestimmungen im saarländischen Spielhallenrecht)

Ausgeschlossen werden durch die Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG insbesondere so genannte „gesetzesvertretende Verordnungen“, da sie eine unzulässige Kompetenzverlagerung auf die Exekutive beinhalten. Ob der parlamentarische Bundesgesetzgeber beziehungsweise der Deutsche Bundestag bei Erlass des zuletzt Ende März 2020 eigens aus Anlass der aktuellen Corona-Pandemie neu gefassten, nichts desto trotz – möglicherweise der Sache geschuldet notwendig – ganz allgemein formulierten § 28 IfSG selbst im Sinne des genannten verfassungsrechtlichen, letztlich auf dem Prinzip der Gewaltenteilung und der gegenseitigen Kontrolle beruhenden Ansatzes wirklich die „wesentlichen“ Entscheidungen im Zusammenhang mit den Grundrechtseinschränkungen selbst getroffen hat oder ob – auch – mit der Neufassung der Vorschrift die für den Erlass der Rechtsverordnungen verantwortlich zeichnenden Organe der Exekutive einschließlich der Landesregierung mit einem nach den Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nur unzureichend inhaltlich konkretisierten und begrenzten Regelungsauftrag gegenüber den Grundrechtsträgerinnen und Grundrechtsträgern ausgestattet wurden, lässt sich in dem vorliegenden Anordnungsverfahren nicht abschließend zu beurteilen.

Dass es sich aus der Sicht der Antragstellerin angesichts ihrer geschilderten Betroffenheit – wie bei allen anderen durch die Regelung in § 5 Abs. 1 CPV erfassten Betrieben – infolge des umfassenden Verbots eines (gegenwärtigen) Weiterbetriebs aller ihrer Gastronomieeinrichtungen nach den grundrechtsrelevanten Auswirkungen um eine – mit ihren Worten – ganz „wesentliche Angelegenheit“ handelt, ist keine Frage.

Dass die §§ 28 Satz 4, 32 Satz 3 IfSG den Verordnungsgeber zumindest nicht ausdrücklich zu einer Einschränkung auch der Grundrechte aus Art. 12 und Art. 14 GG ermächtigen, erscheint formal unbedenklich. Das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 3 GG gilt nur für so genannte echte „Eingriffsvorbehalte“, nicht jedoch für grundrechtlich besonders vorgesehene Befugnisse des Normgebers zur Inhaltsbestimmung in Form so genannter Schranken- oder Ausgestaltungsvorbehalte.(vgl. zur Abgrenzung etwa Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG 14. Auflage 2018, Art. 19 Rn 14)

Ob, wann, in welchem Umfang und auch ab welcher Dauer der Aufrechterhaltung der Grundrechtseingriffe es einer am Maßstab des Ausmaßes der Betroffenheit orientierten Regelung auch durch den demokratisch legitimierten Landtag des Saarlandes bedarf, lässt sich ebenfalls allgemein nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen.(vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 1.4.2014 – 2 BvF 1/12, 2 BvF 3/12 –, NVwZ 2014, 1219 Gigaliner“>, OVG Magdeburg, Beschluss vom 14.6.2019 – 3 M 90/19 –, NVwZ 2020, 309 ) Auch was die sich mit zunehmendem Zeitablauf gerade in einer durch den Versuch von – zumindest vorläufigen – „Lockerungen“ bei einzelnen weitreichenden Geboten und Verboten der Rechtsverordnung gerade auch bei den Absätzen 4, 5 und 7 des § 5 CPV gekennzeichneten Phase der Bekämpfung der Pandemie angeht, stünde jedenfalls der Wortlaut des § 32 Satz 1 IfSG dem Erlass eines förmlichen Landesgesetzes mit Blick auf den Art. 80 Abs. 4 GG nicht entgegen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist indes mit Blick auf die zeitlich beschränkte Geltung der Verordnung gegenwärtig noch nicht zwingend davon auszugehen, dass es bereits einer förmlichen Einbindung der Parlamente in den Entscheidungsprozess bedürfte.

Ebenso wie in dem verfassungsrechtlichen Eilrechtsschutzverfahren nach § 32 BVerfGG ist auch in dem Anordnungsverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO für eine Klärung derart grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen kein Raum. Weil sich demgemäß aktuell kein Verstoß gegen die inhaltlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts für die Einschränkung der Freiheitsgrundrechte nach den Erkenntnismöglichkeiten des vorliegenden Anordnungsverfahrens aufdrängt und die damit zusammenhängenden komplexen verfassungsrechtlichen Fragen hier nicht abschließend beantwortet werden können, ist jedenfalls grundsätzlich davon auszugehen, dass die Rechtsverordnung auf einer inhaltlich ausreichenden bundesgesetzlichen gesetzlichen Ermächtigung (§§ 28 Abs. 1, 32 Satz 1 IfSG) beruht, zumal dem Senat, was die jenseits der Frage der inhaltlichen Bestimmtheit aufgeworfene Frage der „Gültigkeit“ im Hinblick auf die insoweit geltende Monopolisierung beim Bundesverfassungsgericht bei förmlichen Bundesgesetzen ohnehin keine Verwerfungskompetenz zusteht (Art. 100 GG). Für das vorliegende Verfahren ist daher im Ergebnis von einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage in den §§ 28, 32 IfSG auszugehen.

2.

Bei der allein möglichen summarischen Überprüfung lässt sich ferner ein Verstoß der angegriffenen Bestimmungen der Verordnung gegen höherrangiges Recht unter materiell-rechtlich inhaltlichen Gesichtspunkten derzeit ebenfalls nicht feststellen.

Der vor der letzten Gesetzesänderung zum 28.3.2020 umstrittenen Frage, ob der in dem unveränderten § 32 IfSG in Bezug genommene § 28 IfSG die getroffenen Anordnungen, hier speziell mit Blick auf die von der Antragstellerin angesprochene zeitweilige Betriebsuntersagung (§ 5 Abs. 1 CPV) inhaltlich trägt, lässt sich auf der Grundlage der Neufassung der Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG voraussichtlich noch bejahen.(so unter Verweis auf die textliche Anlehnung an § 34 BSeuchG a.F sowie zur Entstehungsgeschichte etwa VGH München, Beschlüssen vom 30.3.2020 – 20 NE 20.632 und 20 NE 20.631 –, beide bei Juris, jedenfalls in der Neufassung vom März 2020 trotz der Formulierung als „Generalklausel“ auch keine Bedenken gegen eine hinreichende inhaltliche Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) bestehen, was Inhalt, Zweck und Ausmaß der übertragenen Rechtssetzungsbefugnisse angeht) Danach trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn „Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider“ festgestellt werden,(vgl. insoweit die täglichen Lageberichte und Feststellungen des nach § 4 Abs. 1 IfSG insoweit zuständigen Robert-Koch-Instituts (RKI) zur „Corona-Virus-Krankheit-2019“, zuletzt vom 21.4.2020, wonach bezogen auf das Saarland 2381 Fälle bestätigt sind) soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Die von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG kann im Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht festgestellt werden. In seiner Ausprägung als Willkürverbot gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, dass der Gesetzgeber im konkreten Zusammenhang von mehreren möglichen Lösungen die zweckmäßigste oder gar die „vernünftigste“ wählt. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ist vielmehr erst anzunehmen, wenn offenkundig ist, dass sich für die angegriffene normative Regelung und eine durch sie bewirkte Ungleichbehandlung kein sachlicher Grund finden lässt.(vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03 –, BauR 2007, 98, m.w.N. insbesondere zur sog. „Elementelehre“ beim Vergleich zu betrachtender Sachverhalte ) Das ist hier nicht der Fall. Innerhalb der Gruppe der Gastronomiebetriebe rügt die Antragstellerin im Ergebnis zu Unrecht, dass der § 5 Abs. 1 CPV in dessen Satz 2 von der Betriebsuntersagung die „Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen“ ausnimmt, wobei Gaststätten wie die von ihr betriebenen „innenliegenden“, nicht an „Laufwegen“ von Passanten gelegenen Restaurants in größeren Warenhäusern von dieser Ausnahmemöglichkeit von vorneherein nicht profitieren könnten. Dabei verkennt die Antragstellerin, dass die beschriebenen tatsächlichen Besonderheiten ihrer gastronomischen Betriebe gerade die – wenn man das so sehen möchte – Ungleichbehandlung im Ergebnis rechtfertigen. Der Verordnungsgeber gesteht abstrakt allen mit dem Betriebsverbot in § 5 Abs. 1 Satz 1 CPV belegten Gaststätten ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Abgabe und Lieferung „mitnahmefähiger Speisen“ zu. Wo dies, wie im Falle der Antragstellerin nach eigenem Vortrag tatsächlich aufgrund besonderer baulicher Gegebenheiten des Betriebssitzes nicht möglich ist, kann dies nicht als „willkürliche“ Ungleichbehandlung eingestuft werden. Die – wenn man das so nennen möchte – „Differenzierung“ ist von einem sachlichen Grund getragen, der sich zudem entgegen der Auffassung der Antragstellerin unschwer aus dem Verordnungsziel einer „kapazitätsadäquaten Verlangsamung der Infektionsrate“ des Corona-Virus ableiten lässt. Dass die Antragstellerin die Ausnahmemöglichkeit des § 5 Abs. 1 Satz 2 CPV aus den genannten Gründen nicht nutzen kann, rechtfertigt sicher nicht die Öffnung (gerade) ihres Gastronomiebetriebs beziehungsweise die umfassende Unwirksamkeitserklärung des § 5 Abs. 1 Satz 1 CPV. Die Beachtung des Übermaßverbots durch die „uneingeschränkte“ Betriebsuntersagung vor allem in der Ergebnisrelation ist keine Frage des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Soweit die Antragstellerin in dem Zusammenhang auf die Sonderregelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 CPV verweist, wonach die Untersagung für Hotelbetriebe einen „hoteltypischen Betrieb“ bei – bezogen auf die Reisenden – beruflicher Veranlassung des Aufenthalts oder aus „unabweisbaren persönlichen Gründen“ ausnimmt, gilt das entsprechend, wobei es sich schon im Ausgangspunkt bei den Gastronomiebetrieben und bei den Einrichtungen des Beherbergungsgewerbes um unterschiedliche Sachverhalte handelt. Das gilt auch, soweit die Antragstellerin weiter die in § 5 Abs. 5 CPV enthaltene Regelung für „privilegierte Einzelhandelsbetriebe“ aufführt. Anders als die dort benannten Einrichtungen, die im weitesten Sinne der Beschaffung von Konsumgütern durch die Bevölkerung dienen, ist der Zweck einer Gaststätte die Verabreichung von Getränken (Schankwirtschaft) und von vor Ort zubereiteten Speisen (Speisewirtschaft) zum Verzehr an Ort und Stelle (§ 1 Abs. 1 SGastG). Dabei geht es also anders als bei den in § 5 Abs. 5 CPV genannten Betrieben, beispielsweise Lebensmittelläden (Nr. 1), Apotheken (Nr. 5), Tankstellen (Nr. 8) oder Buchhandlungen (Nr. 15) bei den Gastronomiebetrieben der Antragstellerin im Wesentlichen um ein Zusammenkommen der Menschen aus Gründen des Verzehrs von Speisen und Getränken in „geselliger Runde“, was – ohne die soziale Bedeutung von Gaststätten verkennen zu wollen – viel mehr den durch den § 5 Abs. 3 CPV ebenfalls untersagten Einrichtungen gleicht, die „nicht notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens dienen.“ Die Ungleichbehandlung der zahlreichen, dort aufgeführten Einrichtungen im Verhältnis zu den im § 5 Abs. 5 CPV privilegierten Betriebsformen muss aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner näheren Überprüfung zugeführt werden.

Soweit die Antragstellerin in Bezug auf die Freiheitsgrundrechte nach Art. 12 und 14 GG die Nichteinhaltung der Anforderungen des für Grundrechtseinschränkungen allgemein geltenden Übermaßverbots „im Rahmen der Umsetzung der Ermächtigungsgrundlagen“ (§§ 32 Satz 1, 28 Satz 1 IfSG) insbesondere unter dem Aspekt mangelnder Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit des Verbots reklamiert, kann aus heutiger Sicht auch dem voraussichtlich nicht gefolgt werden. Im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens lässt sich nicht feststellen, dass andere zur Erreichung des seuchenpolizeilichen Ziels der Verhinderung weiterer ungebremster Ausbreitung von Infektionen mit dem Corona-Virus möglicherweise ebenfalls geeignete Maßnahmen in ihrer Wirkung dem vom Antragsgegner, dem insoweit ein gewisser Einschätzungsspielraum als Normgeber zuzubilligen ist, angeordneten vorübergehenden Betriebsverbot für Gaststätten in dem Bereich gleichkommen und daher als milderes Mittel „zwingend“ in Betracht zu ziehen gewesen wären. In einer durch eine Reihe von Unsicherheiten und durch sich fortlaufend verändernde Erkenntnislagen geprägten Situation ist dem Verordnungsgeber im gegenwärtigen Zeitpunkt der Entwicklung ein Einschätzungsspielraum auch im Hinblick auf das gewählte Mittel einzuräumen. Nach diesem Maßstab ist es entgegen den Ausführungen der Antragstellerin verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner als Normgeber am 17.4.2020 bei Gaststätten mit regelmäßig dauerhaft dort verweilenden Gästen eine „Fortführung unter Hygieneauflagen, wie etwa Abstandsregelungen, Einlassbeschränkungen, Maßnahmen zur Vermeidung von Warteschlangen, Schutzkleidung und -vorkehrungen an den Kassen für die Mitarbeiter („Plexiglaskäfig"), regelmäßige Flächendesinfektionen, die Ausgabe von Schutzmasken an die Kunden vor Eintritt in das Restaurant, verlängerte Öffnungszeiten oder Parkplatzbeschränkungen zur Entzerrung der Kundendichte“ unter dem Gesichtspunkt der erstrebten Ansteckungsprävention derzeit nicht als gleich effizient erachtet hat. Die Bedeutung der Tatsache, dass der Antragsgegner in der Verordnung, speziell mit den „Lockerungen“ in der zweiten Änderung zum 17.4.2020 in einer Vielzahl von Bereichen die künftigen Risiken als (vorläufig) hinnehmbar eingestuft hat, in anderen hingegen nicht, betrifft die Frage der „willkürlichen“ Ungleichbehandlung der angesprochenen Tatbestände und wirft insoweit sicher im Detail Fragen auf. Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG bezogen auf die Antragstellerin lässt sich aber – wie zuvor ausgeführt – insoweit wahrscheinlich nicht feststellen.

Für die Verhältnismäßigkeit der Betriebsuntersagung spricht zumindest gegenwärtig auch, dass der Antragsgegner den Geltungszeitraum der Verordnung nach gegenwärtigem Stand bis zum Ablauf des 3.5.2020 begrenzt hat. Unabhängig davon ist für die Dauer der Gültigkeit der Verordnung fortlaufend zu überprüfen, ob die Aufrechterhaltung der Verbote noch erforderlich und angemessen ist, wobei die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit umso strenger werden, je länger die Beschränkungen gelten. Dass dem Antragsgegner das bewusst ist, lässt sich den öffentlichen Verlautbarungen entnehmen und zeigt sich letztlich auch in den seit dem 17.4.2020 – wenn auch nicht für die Betriebe der Antragstellerin – durch die Änderungsverordnung bestimmten „Lockerungen“ in einzelnen Bereichen, die freilich gegenwärtig noch als eine Art „Lebendversuch“ mit Appellcharakter an die Bevölkerung zu verstehen sind. Dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats bereits von einer zwischenzeitlich eingetretenen Unverhältnismäßigkeit der Regelungen im § 5 Abs. 1 Satz 1 CPV auszugehen und diese damit schon jetzt erkennbar im Hauptsacheverfahren für unwirksam zu erklären wäre, erscheint jedenfalls nicht naheliegend, zumal ausweislich der Berichte des Robert Koch Instituts (RKI, vgl. § 4 IfSG) davon auszugehen ist, dass die in der Verordnung ergriffenen Maßnahmen zielführend waren, wenngleich die durchschnittliche Infektionsrate im Saarland mit 237 Infizierten pro 100.000 Einwohnern ungeachtet der „Dunkelziffern“ und regionaler Besonderheiten immer noch vergleichsweise deutlich höher liegen soll als in Deutschland insgesamt (170,6 Fälle).(vgl. etwa den täglichen Lagebericht vom 20.4.2020 des Krisenstabs am SSGFuF zur Corona-Virus-Krankheit-2019 (Covid 19) für das Saarland)

Die mit der angegriffenen Regelung verbundenen – zeitlich begrenzten – Einschränkungen halten sich jedenfalls für den hier zu betrachtenden Zeitraum ihrer Wirksamkeit im Rahmen der verfassungsrechtlichen Schranken für solche Grundrechtseingriffe. Den sicher gewichtigen gegen die unstreitig in der Ziel-Mittel-Relation geeigneten Einschränkung in § 5 Abs. 1 Satz 1 CPV streitenden Interessen der Antragstellerin stehen ganz eminent gewichtige seuchenschutzrechtliche Belange gegenüber, wobei mildere, gleich geeignete Mittel zur Verwirklichung der Ziele der Verordnung sich dem Antragsgegner im vorliegenden Regelungszusammenhang nicht aufdrängen mussten.

Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 beziehungsweise der Infektionskrankheit COVID-19 ist im März 2020 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Pandemie eingestuft worden und die Erfahrungen in anderen europäischen Staaten, insbesondere in Frankreich, Italien und Spanien, machen deutlich, dass die bei ungebremstem Verlauf exponentiell ansteigende Verbreitung des von Mensch zu Mensch übertragbaren Virus nur durch eine strikte Minimierung der persönlichen Kontakte zwischen den Menschen verlangsamt werden kann. Die Maßnahmen sind auch in der Relation zum Ergebnis der Freiheitsbeschränkung der Antragstellerin nicht unverhältnismäßig. Der Verordnungsgeber durfte auch noch im April angesichts des dynamischen Ausbreitungsgeschehens vor allem im März 2020 von einer besonderen Dringlichkeit derartiger Kontaktbeschränkungen ausgehen. Gerade die erwähnten Vorgänge in anderen europäischen Ländern zeigen deutlich, wie herausragend wichtig es in dem Zusammenhang ist, für die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des saarländischen Gesundheitssystems gerade auch im intensivmedizinischen Bereich in den Krankenhäusern Sorge zu tragen und rechtzeitig auch einschneidende Maßnahmen zu ergreifen. Die Aufrechterhaltung der Betriebsuntersagung speziell für Gaststätten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 CPV) ist auch in der gegenwärtigen Situation bei Erlass der Änderungsverordnung noch damit begründbar, dass ein „Wiederaufflammen“ der Infektionen und ein erneutes Ansteigen der exponentiell verlaufenden Infektionsrate und unvorhersehbaren Folgen für das Gesundheitssystem und die bei seiner Überlastung an Leib und Leben gefährdeten Träger der hochinfektiösen und hoch gefährlichen Lungenkrankheit COVID-19 unbedingt verhindert werden muss, um die aus anderen Ländern bekannten verheerenden Folgen solcher „unreglementierter“ Vorgänge und Ansteckungsszenarien zu vermeiden. Mit welchen krassen Folgen die Infektion zahlreicher Personen mit dem Virus potentiell verbunden sein kann, lässt sich den Medien, aktuell insbesondere Berichten über die Verhältnisse in Norditalien, Frankreich, Spanien (Madrid) und den USA (New York) entnehmen. Das Ziel, im Saarland frühzeitig gegenzusteuern, ist ein ganz eminent gewichtiges, das voraussichtlich auch das vom Normgeber gewählte Mittel in Form der derzeitigen, sicher gravierenden Einschränkungen der Freiheiten der Antragstellerin – für eine gewisse Zeit, jedenfalls für den aktuell in Rede stehenden Zeitraum bis zum 3.5.2020 rechtfertigt. Das grundrechtsbeschränkende befristete Verbot des Betriebs einer für jedermann zugänglichen Gaststätte (§ 1 Abs. 1 SGastG) unterliegt daher insgesamt aus heutiger Sicht entgegen der Meinung der Antragstellerin auch keinen durchgreifenden Bedenken am Maßstab des Übermaßverbots.

Was die von der Antragstellerin ferner angesprochenen, für sie gravierenden wirtschaftlichen Folgen der Betriebsuntersagung und der Schließung von Einrichtungen (§ 5 CPV) angeht, durfte der Verordnungsgeber bei der im Zusammenhang mit dem Erlass der Rechtsverordnung vorzunehmenden Beurteilung der Verhältnismäßigkeit seiner Regelung auch die umfangreichen Maßnahmen des Bundesgesetzgebers in die Erwägungen einbeziehen, die in mehreren ebenfalls am 27.3.2020 beschlossenen Gesetzen enthalten und gleichzeitig mit der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes veröffentlicht worden sind.(vgl. insoweit das Bundesgesetzblatt, Teil I vom 27.3.2020 (Nr. 14), etwa das Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz – WStFG), das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2020 (Nachtragshaushaltsgesetz 2020), das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, das Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket) und das Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz), sowie das bereits am 15.3.2020 in Kraft getretene Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld) Nichts anderes gilt für die Versuche des Saarlandes, trotz schwieriger Haushaltslage die Wirtschaft stabilisierende Maßnahmen zu ergreifen und umzusetzen. Von einem Scheitern dieser Bemühungen mit den Folgen in Form von Insolvenzen zahlloser Unternehmen musste der Antragsgegner im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Regelungen daher noch nicht zwingend ausgehen. Der mit der Verordnung im Ergebnis bezweckte Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens im Saarland und insbesondere seiner Krankenhäuser zur Behandlung schwer- und schwersterkrankter Menschen stellt ein überragendes Gemeinwohlinteresse dar, dem gegenüber die Interessen der Antragstellerin – befristet – zurückstehen müssen.(hierzu etwa OVG Münster, Beschluss vom 6.4.2020 – 13 B 398/20.NE –, dort im Zusammenhang mit der Schließung von Einzelhandelsgeschäften in Nordrhein-Westfalen)

Daher war der Antrag auf Aussetzung der Anwendbarkeit § 5 Abs. 1 Satz 1 CPV zurückzuweisen.

3.

Auch bei „offenen“ Erfolgsaussichten in der Hauptsache und einer reinen Folgenabwägung in Anlehnung an den § 32 BVerfGG(vgl. auch OVG des Saarlandes – 1. Senat –, Beschlüsse vom 9.4.2020 – 1 B 83/20 –l , bei Juris, und vom 20.12.2018 – 1 B 231/18 –, ZfWG 2019, 166, zum generellen Erfordernis einer Folgenabwägung in Eilrechtsschutzverfahren unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Gewährleistungen mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären) hätten die im Antrag geschilderten Interessen der Antragstellerin, von der zeitlich befristeten Betriebsuntersagung sofort verschont zu bleiben, hinter den genannten schwerwiegenden öffentlichen und privaten – mit Blick auf den Erhalt eines funktionierenden Systems der Gesundheitsversorgung vor allem bei schwerwiegenden bis lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen auch der Bevölkerung insgesamt – Interessen an einer Eindämmung des Infektionsgeschehens zurückzutreten. Dass die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen, also die ohnehin nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommende „vorläufige“ Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO) die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, kann jedenfalls nicht angenommen werden.(vgl. auch dazu BVerwG, Beschluss vom 25.2.2015 – 4 VR 5.14 –, BRS 83Nr. 190) Das gilt mit Blick auf die in anderen Ländern der Europäischen Union nach einem zögernden beziehungsweise zunächst vergleichsweise noch „zurückrückhaltenden“ Ergreifen von Gegenmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Seuche inzwischen zutage getretenen verheerenden Konsequenzen für die dortige Bevölkerung ungeachtet der offenbar dem Normgeber bewussten Tatsache, dass die in der Hauptsache angegriffenen Normen außerordentlich weitreichende und zumindest in der jüngeren Vergangenheit beispiellose Einschränkungen der Freiheitsrechte sämtlicher Menschen beinhalten, die sich dauerhaft oder vorübergehend im Gebiet des Saarlands aufhalten. Würde dem Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Aussetzung des § 5 Abs. 1 CPV und damit – im Ergebnis – auch „Wiedereröffnung“ aller Gastronomiebetriebe entsprochen, käme es absehbar mit großer Wahrscheinlichkeit wieder zu deutlich mehr Infektionsfällen. Bei Abwägung der Auswirkungen des zeitlich befristeten Eingriffs in die Grundrechte der Antragstellerin mit den Grundrechten der Bevölkerung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wäre der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der „noch gesunden“ Personen daher auch unabhängig von den Erfolgsaussichten der Normenkontrolle in der Hauptsache vorrangig.

C.

Abschließend weist der Senat noch einmal darauf hin, dass die verfassungsrechtliche Bewertung der für viele Menschen täglich mit erheblichen und weitreichenden Einschränkungen ihrer Grundrechte verbundenen Maßnahmen eine zeitliche Dimension hat und unter Verhältnismäßigkeitsaspekten einer umso gewichtigeren Rechtfertigung bedürfen, je länger die weitreichenden Freiheitsbeschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger oder – hier – Gewerbetreibenden im Saarland mit absehbar gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen aufrechterhalten werden sollen. Von daher obliegt es dem Normgeber, die Situation ständig im Blick zu behalten und gegebenenfalls auch auf Veränderungen zu reagieren, sofern sich wesentliche Gründe für eine weitere Lockerung – oder gegebenenfalls auch ein Wiederaufgreifen – der Verbote ergeben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Da die der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt, ist die Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht angebracht.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

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