Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 L 130/15
Gründe
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I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 7. Kammer - vom 4. Februar 2015 hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Auch liegt der gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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1. Die von dem Kläger gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
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„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (vgl. OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen(vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33). Das ist vorliegend nicht der Fall.
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a. Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht aus der Eintragung eines deutschen Wohnsitzes im Führerschein auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip geschlossen und insoweit übersehen, dass die Eintragung eines deutschen Wohnsitzes nur dann den Ausnahmetatbestand erfülle, wenn es sich bei der Eintragung um eine unbestreitbare Tatsache handele. Feststellungen dazu, aufgrund welcher Angaben die ausländische Fahrerlaubnisbehörde den deutschen Wohnsitz angenommen und dies den Tatsachen entsprochen habe, habe das Verwaltungsgericht jedoch entgegen der vom EuGH (NJW 2012, 1341 Rz. 75) geforderten Einzelfallprüfung gerade nicht getroffen, obwohl sein substantiierter Vortrag zu seinem Auslandsaufenthalt einen deutschen Wohnsitz ausgeschlossen habe.
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Nach der mit Europarecht in Einklang stehenden (OVG LSA, Beschluss vom 7. März 2014 - 3 M 301/13 -; BayVGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – 11 B 14.654 –, juris Rn. 29, Beschluss vom 8. Juni 2015 – 11 CS 15.693 – juris Rn. 7) Vorschrift des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 18. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl I S. 1674), gilt die Berechtigung, als Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis mit ordentlichem Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben. Letzteres kommt im Fall des Klägers ersichtlich nicht in Betracht. Im Übrigen ist im Führerschein des Klägers A-Stadt als dessen Wohnsitz eingetragen, so dass er - wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat - bereits "ausweislich seines Führerscheins" i. S. d. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. FeV seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat und damit nicht berechtigt ist, als Inhaber einer von der Tschechischen Republik ausgestellten EU- oder EWR-Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug im Inland zu führen (vgl. für vergleichbare Fallkonstellationen auch BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 – BVerwG 3 C 25.10 – juris; Urteil vom 27. September 2012 – BVerwG 3 C 34.11 –, juris).
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Insoweit hat das Verwaltungsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass durch einen Führerschein, in dessen Feld 8 ein nicht im Ausstellerstaat liegender Ort eingetragen ist, der volle Beweis der Nichtbeachtung des Wohnsitzerfordernisses im Sinne von § 418 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 98 VwGO erbracht wird (so auch BayVGH, Urteil vom 13. Februar 2013 – 11 B 11.2798 –, juris Rn. 54 m. w. N.; zu einem vergleichbaren Fall: OVG LSA, Beschluss vom 4. September 2015 - 3 M 144/15 -).
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Die Pflicht zu einer umfassenden Einzelfallprüfung auch für den Fall, dass sich der ordentliche Wohnsitz im Inland bereits dem Führerschein entnehmen lässt, ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers insbesondere nicht aus der zitierten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 1. März 2012 (Az: C-467/10, juris, Leitsatz 2). Der EuGH hat zwar in der zitierten Entscheidung festgestellt, dass Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439 über den Führerschein sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126 über den Führerschein dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Aufnahmemitgliedstaats nicht entgegenstehen, die es diesem erlaubt, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins in seinem Hoheitsgebiet zu verweigern, wenn aufgrund unbestreitbarer, vom Ausstellermitgliedstaat herrührender Informationen feststeht, dass der Inhaber des Führerscheins zum Zeitpunkt seiner Ausstellung nicht die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439 und in Art. 7 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/126 vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes im Hoheitsgebiet des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaats erfüllte (vgl. dazu grundsätzlich auch OVG LSA, Urteil vom 4. März 2012 - 3 L 56/09 -, juris). Der Entscheidung lag mithin der Fall zugrunde, dass "vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen" darauf hingewiesen haben, dass sich der Inhaber des Führerscheins zum Zeitpunkt seiner Ausstellung - trotz einer entgegenstehenden Eintragung - nicht im Gebiet des Staates aufgehalten hat, der den Führerschein ausgestellt hat, hier also in der Tschechischen Republik, sondern seinen Wohnsitz weiterhin im Inland, hier der Bundesrepublik Deutschland, hatte. Ausschließlich für diesen Fall hat der EuGH angenommen, dass es Sache des nationalen Gerichts sei, zu prüfen, ob derart erlangte Informationen als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen eingestuft werden können, und gegebenenfalls die genannten Informationen zu bewerten und unter Berücksichtigung aller Umstände des bei ihm anhängigen Verfahrens zu beurteilen, ob es sich bei ihnen um unbestreitbare Informationen handele, die belegten, dass der Inhaber des Führerscheins, als dieser ihm im letztgenannten Staat ausgestellt wurde, dort nicht seinen ordentlichen Wohnsitz hatte (EuGH, a. a. O., Leitsatz 2). Diese Rechtsprechung des EuGH hat in der Folge auch Eingang in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. FeV gefunden.
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Vorliegend hatte das Verwaltungsgericht aber gerade nicht zu bewerten, ob der Kläger "aufgrund vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen" im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. FeV seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in der Tschechischen Republik, sondern tatsächlich im Inland hatte; vielmehr ergab sich diese Tatsache der Nichtbeachtung des Wohnsitzerfordernisses bereits aus dem vom Ausstellermitgliedstaat ausgestellten Führerschein selbst (vgl. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2., 1. Alt. FeV), so dass von Amts wegen durchzuführende Ermittlungen darüber, ob der Ausstellerstaat das Wohnsitzerfordernis beachtet hat, entgegen der Auffassung des Klägers nicht veranlasst waren (so auch BayVGH, a.a.O.).
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b. Insoweit blieb dem Kläger - wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat - nur die Möglichkeit, nach § 98 VwGO i.V.m. § 418 Abs. 2 ZPO die inhaltliche Unrichtigkeit der im ausländischen Führerschein bezeugten Tatsache zu beweisen. An einen auf die Widerlegung der Beweisregelung des § 418 Abs. 1 ZPO abzielenden Gegenbeweis sind entgegen der Auffassung des Klägers im Hinblick auf die zu gewährleistende Sicherheit im Straßenverkehr durchaus strenge Anforderungen zu stellen (vgl. schon OVG LSA, Beschluss vom 4. September 2015 - 3 M 144/15 -), d. h. es obliegt dem Fahrerlaubnisinhaber, substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellermitgliedstaat und zu seinen persönlichen und beruflichen Bindungen zu machen (BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - BVerwG 3 B 21.14 -, juris Rn. 3, Beschluss vom 28. Januar 2015 - BVerwG 3 B 48.14 -, juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen ist das klägerische Vorbringen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gerecht geworden.
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Soweit der Kläger vorträgt, er habe sehr wohl substantiiert zu einem einjährigen Auslandsaufenthalt vorgetragen, kann dies dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen. Der Kläger wendet sich mit diesem Vorbringen gegen die vom Verwaltungsgericht im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vorgenommene Beweiswürdigung. Die bloße Möglichkeit einer abweichenden Bewertung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme stellt jedoch die Richtigkeit der Entscheidung noch nicht in Frage. Eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt insoweit nur in Betracht, wenn das Gericht von objektiv unzutreffenden tatsächlichen Annahmen ausgegangen ist oder wenn die Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist, was z. B. bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung anzunehmen ist (BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2015 - BVerwG 5 B 36.14 -, juris Rn. 13 jeweils m.w.N.). Dass derartige Mängel hier vorliegen, zeigt der Kläger in seiner Antragsbegründung nicht auf; insbesondere setzt er sich in keiner Weise mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu dem vom Kläger geschilderten Lebenssachverhalt auseinander, sondern beschränkt sich darauf, die nach seiner Auffassung notwendige, aber unterbliebene Zeugenbefragung durch das Verwaltungsgericht zu beanstanden.
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Dieses Vorbringen erfüllt indes nicht die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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Vielmehr macht der Kläger mit seiner Rüge, das Verwaltungsgericht habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den Zeugen D. zu ermitteln und als Zeugen zu laden, eine unzureichende gerichtliche Sachaufklärung und damit einen Verfahrensmangel i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend (vgl. dazu 3.).
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2. Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich auch nicht wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO geltend gemachten Divergenz.
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Eine Divergenz i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer Rechts- oder Tatsachenfrage seiner Entscheidung einen abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz zugrunde gelegt hat, der mit dem in der Rechtsprechung eines der in der genannten Vorschrift aufgeführten Divergenzgerichte aufgestellten Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO: BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1984 - 1 B 13.84 -, juris; st. Rspr. d. Senats, s. u. a. Beschluss vom 4. November 2015 - 3 L 315/13 -, juris, m. w. N.). Eine nur unrichtige Anwendung eines in obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten und vom Tatsachengericht nicht in Frage gestellten Rechts- oder Tatsachengrundsatzes stellt hingegen keine Abweichung i. S. d. Zulassungsrechtes dar; insbesondere kann eine Divergenzrüge nicht gegen eine reine einzelfallbezogene, rechtliche oder tatsächliche Würdigung erhoben werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1990 - BVerwG 5 ER 625.90 -, juris; Beschluss vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 68.91 -, juris). Gleiches gilt, wenn das Verwaltungsgericht aus nicht (ausdrücklich) bestrittenen Rechtssätzen nicht die gebotenen (Schluss-)Folgerungen zieht, etwa den Sachverhalt nicht in dem hiernach erforderlichen Umfang aufklärt und damit unbewusst von der divergenzfähigen Entscheidung abgewichen ist (st. Rspr. d. Senats: Beschluss vom 4. November 2015, a. a. O., m. w. N.) Das Darlegungserfordernis gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO verlangt zugleich, dass die voneinander abweichenden (abstrakten) Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen des Divergenzgerichts einerseits sowie die des angefochtenen Urteils andererseits aufgezeigt und gegenübergestellt werden (vgl. zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO: BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1994 - BVerwG 11 B 116.93 -, juris; Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 -, juris). Diese Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur ordnungsgemäßen Erhebung der Divergenzrüge unverzichtbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995, a. a. O). Für die ordnungsgemäße Darlegung einer Divergenzrüge ist es somit nicht ausreichend, wenn sich die Antragsschrift lediglich darauf beschränkt geltend zu machen, das Verwaltungsgericht habe aus der divergenzfähigen Rechtsprechung nicht die gebotenen Schlüsse gezogen oder sei bei der einzelfallbezogenen Tatsachenfeststellung und -würdigung zu einem anderen Ergebnis gelangt als die in Bezug genommene obergerichtliche bzw. höchstrichterliche Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 -, juris; Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328).
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Das Vorbringen unter Ziffer 2. der Antragsbegründungsschrift zur Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 3 C 18.12 –, ZfSch 2013, 534 ff.) genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen an eine Divergenzrüge; denn mit dem schlichten Hinweis, das Verwaltungsgericht habe bei der Prüfung des Ausnahmetatbestands nicht ausschließlich auf die Wohnsitzeintragung im Führerschein abstellen dürfen, sondern darüber hinaus auch den insoweit abweichenden Vortrag des Klägers nachprüfen müssen, zeigt der Kläger nicht auf, dass und mit welchem (abstrakten) Rechtssatz oder mit welcher Tatsachenfeststellung das Verwaltungsgericht von der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. In der Sache rügt der Kläger erneut die Beweisermittlung und -würdigung durch das Verwaltungsgericht. Hiermit ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO indes nicht dargetan.
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3. Schließlich rechtfertigt sich die Zulassung der Berufung nicht wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Gestalt einer Aufklärungsrüge geltend gemachten Verfahrensmängel; denn das Verwaltungsgericht hat seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, entgegen der Auffassung des Klägers nicht verletzt.
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Der Umfang der Ermittlungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird entscheidend durch das Klagebegehren im Sinne von § 88 VwGO, den Streitgegenstand und vor allem nach dem anzuwendenden materiellen Recht bestimmt (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1992 - BVerwG 5 B 134.91 -, Buchholz 310 § 86 VwGO Nr. 246; vgl. auch Urteil vom 22. Oktober 1987 - BVerwG 7 C 4.85 -, DVBl. 1988, 148; Urteil vom 7. Oktober 1990 - BVerwG 7 C 55 und 56.89 -, BVerwGE 85, 368 [379 f.]). Die Sachverhaltserforschungspflicht geht mithin nur soweit, als dies für die Entscheidung des Gerichtes erforderlich ist (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1998 - BVerwG 1 B 103.98 -, Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 42; Urteil vom 22. Oktober 1987, a. a. O.; Urteil vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 31.87 -, NVwZ 1989, 864), also wenn und soweit es nach der Rechtsauffassung des Gerichts (siehe hierzu: BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1993 - BVerwG 1 B 82.92 -, juris) - selbst wenn diese unzutreffend sein sollte (so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984 - BVerwG 6 C 49.84 -, BVerwGE 70, 216 [221 f.]; siehe auch Urteil vom 24. November 1982 - BVerwG 6 C 64.82 -, juris) - hierauf entscheidungserheblich ankommt (siehe: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984, a. a. O.). Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO daher grundsätzlich nicht, wenn es den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Sachverhalt aufgrund der beigezogenen Verwaltungsvorgänge oder einer Beweisaufnahme für aufgeklärt hält und von einer Beweiserhebung absieht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich dem Gericht die Beweiserhebung, die ein anwaltlich nicht vertretener Prozessbeteiligter nicht beantragt hat, offensichtlich hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, vgl. etwa: Beschluss vom 5. August 1997 - BVerwG 1 B 144.97 -, NVwZ-RR 1998, 784; Beschluss vom 13. Mai 2004 - BVerwG 4 B 27.04 -, juris; siehe zum Vorstehenden im Übrigen auch: OVG LSA, Beschluss vom 6. Juni 2006 - 1 L 35/06 -, JMBl. LSA 2006, 386).
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Hiernach ist weder seitens des Klägers nachvollziehbar dargelegt noch anderweitig ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht die ihm gemäß § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Aufklärungspflicht verletzt hat.
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Zwar macht der Kläger unter Ziffern 1b. und 3. der Antragsschrift geltend, das Verwaltungsgericht habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, auf eine ordnungsgemäße Beweisantragstellung hinzuwirken bzw. den Zeugen D. zu ermitteln und als Zeugen zu laden, obwohl die ladungsfähige Anschrift des Zeugen ohne weiteres über das Internet hätte ermittelt werden können.
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Damit ist aber ein Aufklärungsmangel nicht hinreichend dargelegt. Eine Aufklärungsrüge nach § 86 Abs. 1 VwGO setzt die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten, weshalb sich die unterbliebene Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gebracht hätte und inwiefern das angefochtene Urteil darauf beruhen kann (BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 -, NVwZ 2004, 627; OVG LSA, Beschluss vom 12. Mai 2015 - 1 L 58/15 -, juris [m. w. N.]), BayVGH, Beschluss vom 15.01.2008 - 10 ZB 07.2164 -, juris).
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Daran fehlt es; denn der Zulassungsantrag legt schon nicht dar, dass sich dem Verwaltungsgericht die genannten weiteren Ermittlungen aufgrund des fehlenden förmlichen Beweisantrags des anwaltlich nicht vertretenen Klägers offensichtlich hätten aufdrängen müssen. Das Verwaltungsgericht hat dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO) folgend den vom Kläger geschilderten Lebenssachverhalt bereits für lebensfremd und den Geschehensablauf insgesamt für nicht plausibel angesehen. Vor diesem Hintergrund war eine (konsularische) Zeugenvernehmung, auch wenn diese nach entsprechender Aufenthaltsermittlung möglich gewesen wäre, aus erstinstanzlicher Sicht schon nicht angezeigt. Insoweit war das Verwaltungsgericht auch nicht - aus Fürsorgegründen - gehalten, auf eine entsprechende Beweisantragstellung des Klägers hinzuwirken. Die Antragsschrift unternimmt demgegenüber nicht einmal ansatzweise den Versuch, unter Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Einzelnen den Geschehensablauf zu plausibilisieren - der Einwand des Klägers, dass fahrende Kleinhandwerker mit der Öffnung der Ostgrenzen Gang und Gäbe seien, ist schon keine Präzisierung des ihn betreffenden Sachverhalts - oder aufzuzeigen, welchen Lebenssachverhalt der Zeuge voraussichtlich hätte schildern können und inwiefern die Aussage das angefochtene Urteil geändert hätte, sondern beschränkt sich schlicht darauf, die nicht erfolgten Aufklärungsmaßnahmen bzw. kontraproduktive Ermittlungstätigkeit des Verwaltungsgerichts zu rügen.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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III. Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Sie entspricht der - zutreffenden - erstinstanzlichen Streitwertbemessung.
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IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4, § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
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