Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 3 K 2804/18
Tenor
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladene als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hallengebäudes und begehrt dafür die bauaufsichtliche Zulassung einer Nutzungsänderung.
3Am 13. März 2018 beantragte sie beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung. Sie habe vor, ihr Hallengebäude nicht mehr als Standort eines Konfektionierungsbetriebs, sondern als Betriebsgebäude des Technischen Hilfswerks (THW) zu nutzen. Das Vorhabengrundstück liegt im Stadtgebiet der Beigeladenen, H. V. -Q. , G. , G1. und besitzt die postalische Anschrift B. X. in V. -Q. .
4Die Klägerin beabsichtigt, im Hallengebäude Unterkunfts-, Lage- und Koordinierungsräume sowie Schulungsräume für THW-Helfer einzurichten. Die Lagerung von technischem Gerät, Einsatzfahrzeugen und Ausstattung ist ebenfalls vorgesehen. Es soll in der Halle ein Gefahrstofflager für Betriebsmittel und ein Gaslager eingerichtet werden. Die Arbeitsabläufe sollen aus turnusmäßigen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen der Einheiten und Teileinheiten und der Betreuung der Jugendgruppe (insgesamt 108 Personen) bestehen. Der reguläre Betrieb soll mittwochs von 19:00 bis 22:00 Uhr und samstags von 9:00 bis 18:00 Uhr stattfinden.
5Das Vorhabengrundstück ist Teil des ehemaligen Zechengeländes der Grube D1. N. Hierbei handelt es sich um einen Teilbereich eines ehemaligen Steinkohle-Bergwerks im Aachener Revier. Die beigeladene Stadt hat den Bereich in den vergangenen Jahren als Gewerbe- und Dienstleistungsstandort entwickelt.
6Nach dem Bebauungsplan Nr. 71 – D.---straße Süd – in der Fassung seiner 7. Änderung vom 25. September 2009 befindet sich das Vorhabengrundstück in der Zone 1 eines nach Abstandsklassen gestuften Gewerbegebiets.
7Der Bebauungsplan Nr. 110 – B. X. –, vom 05. Juli 2012, mit dem die Beigeladene beabsichtigte, das Vorhabengrundstück als Teil eines Sondergebiets mit der Zweckbestimmung „Einkaufszentrum“ zu überplanen, ist unwirksam, wie das Oberverwaltungsgericht NRW mit rechtskräftigem Urteil vom 24. März 2015 im Normenkontrollverfahren – 7 D 52/13.NE – festgestellt hat.
8Das Vorhabengrundstück liegt im südlichen Teil eines Gewerbestandorts der beigeladenen Stadt. In nördlicher Richtung befindet sich entlang der Straße B. X2. der N. Einkaufspark. Dabei handelt es sich um ein großflächiges Einkaufszentrum, zu dem u.a. Lebensmittel- und Bekleidungsgeschäfte gehören. Weiter nördlich gelangt man zum D1. N. Zentrum, das als Veranstaltungs- und Fortbildungsgebäude sowie Technologiezentrum dient. Dem Vorhabengrundstück gegenüber wird ein Lebensmitteldiscounter betrieben. Südlich des Vorhabens bis zum Kreisverkehr schließt sich ein kleines Fachmarktzentrum mit dem Sortimentsschwerpunkt Bekleidung und Schuhe sowie, gegenüber, ein weiterer Lebensmitteldiscounter an. Westlich des Vorhabens und parallel zur Straße B. X1. verläuft die D.---straße . An ihrer zum Vorhaben gewandten östlichen Seite befinden sich von Süden nach Norden, ein Seniorenwohnheim, eine Schwimmsportschule und eine Kinderbetreuungseinrichtung sowie ein weiteres Seniorenwohnheim mit einer Praxis für Physiotherapie im Erdgeschoss.
9Die Beigeladene erhielt im Baugenehmigungsverfahren durch den Beklagten Kenntnis vom Vorhaben und machte in einem Schreiben vom 16. April 2018 geltend, die von der Klägerin vorgelegten Bauvorlagen seien unzureichend.
10Am 26. April 2018 beschloss die Beigeladene die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 125 – Sondergebiet großflächiger Einzelhandel B. X. –, dessen räumlicher Geltungsbereich auch das Vorhabengrundstück der Klägerin umfassen soll. Zur Begründung heißt es: Das Plangebiet sei der zentrale Versorgungsbereich des Stadtteils V. . Dort müsse die planungsrechtliche Grundlage für die Zulassung großflächiger Einzelhandelsbetriebe geschaffen werden. Der noch rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 71 – D.--straße Süd – setze für den Bereich ein Gewerbegebiet fest. Diese Festsetzung sei zu ändern, weil sie den zentrenrelevanten Einzelhandel planungsrechtlich ausschließe. Die öffentliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses erfolgte im Amtsblatt der Beigeladenen vom 13. Juni 2018.
11Mit Bescheid vom 27. August 2018 stellte der Beklagte die Entscheidung über den Bauantrag der Klägerin entsprechend einem Antrag der Beigeladenen zurück und führte zur Begründung u.a. aus: Mit dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 125 – Großflächiger Einzelhandel B. X. – liege die Voraussetzung für den Erlass einer Veränderungssperre vor. Eine sicherungsfähige Planung sei gegeben, da der Inhalt der Planung klar erkennbar und ausreichend konkretisiert sei. Die Nutzung durch das THW-Betriebsgebäude sei in der Lage, die von der Beigeladenen beabsichtigte Nutzung durch großflächigen Einzelhandel wesentlich zu erschweren oder gar unmöglich zu machen.
12Am 26. September 2018 beschloss der Rat der Beigeladenen eine Satzung über die Veränderungssperre für den Geltungsbereich des in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes Nr. 125 – Großflächiger Einzelhandel B. X. –. Die öffentliche Bekanntmachung der Veränderungssperre erfolgte im Amtsblatt der Beigeladenen vom 10. Oktober 2018.
13Am 05. Mai 2020 beschloss der Rat der Beigeladenen, ein Verfahren einzuleiten, um den Bebauungsplan Nr. 71 – D.---straße Süd – aufzuheben.
14Am 05. Mai 2020 beschloss der Rat der Beigeladenen eine Satzung über eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des im Aufhebungsverfahren befindlichen Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd –.
15Die öffentliche Bekanntmachung beider Beschlüsse vom 05. Mai 2020 erfolgte im Amtsblatt der Beigeladenen vom 10. Juni 2020.
16Zur Begründung der Beschlussfassungen heißt es u.a.: Die tatsächlich vorhandene Art der baulichen Nutzung im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd – weiche mit Blick auf den großflächigen Einzelhandel ganz überwiegend von der planungsrechtlich zulässigen Art der Nutzung als Gewerbegebiet ab. Der Bereich, der von der zukünftigen Planaufhebung bzw. aktuellen Veränderungssperre betroffen sei, stelle einen zentralen Versorgungsbereich dar. Städtebauliche Zielsetzung müsse die Sicherung und Entwicklung dieses Einzelhandelsstandortes sein. Diese mache die Aufhebung der Festsetzung „Gewerbegebiet“ erforderlich. Die Folge sei, dass die planungsrechtliche Zulässigkeit sich zukünftig allein nach der tatsächlichen Umgebungsbebauung richte. Auf der Grundlage des dann einschlägigen § 34 des Baugesetzbuches sei eine Weiterentwicklung der Einzelhandelsnutzungen als Bestandteil des zentralen Versorgungsbereichs entlang der Straße B. X1. möglich.
17Die Klägerin hatte bereits am 09. August 2018 Klage erhoben.
18Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Ihr stehe ein Anspruch auf Erteilung der nachgesuchten Baugenehmigung zur Nutzungsänderung zu. Das Vorhaben entspreche den maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften. Die Bestandshalle solle zukünftig als „Verwaltungsgebäude“ im Sinne des Bauplanungsrechts genutzt werden. Das sei im Gewerbegebiet zulässig. Der noch nicht aufgehobene Bebauungsplan Nr. 71 – D.---straße Süd – setzte diese Gebietsart fest. Die Festsetzung sei nicht etwa funktionslos geworden. So spreche nichts dagegen, dass sich in Zukunft (wieder) plankonforme Nutzungen ansiedelten. Jedenfalls für den Bereich des Vorhabengrundstückes könne der Plan seine Steuerungswirkung noch erfüllen. Unabhängig davon füge sich das Vorhaben auch in die nähere Umgebung ein und sei daher auch nach Maßgabe des § 34 des Baugesetzbuches planungsrechtlich zulässig. Bei der nach dieser Vorschrift gebotenen Beurteilung sei die Bebauung an der D.---straße einzubeziehen. Dies gelte jedenfalls für die unmittelbar westlich des Vorhabengrundstückes befindliche Kindertagesstätte, welche auf Basis des Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd – genehmigt worden sei. Mit dieser sei das beabsichtigte Vorhaben planungsrechtlich vergleichbar. Jedenfalls überschreite das beabsichtigte Vorhaben nicht den durch die Umgebung gesetzten Rahmen, sodass es keine bodenrechtliche Spannungen verursache. Eine negative Vorbildwirkung bestehe nicht. Störungen für die Wohnbebauung entlang der „D.---straße “ seien nicht zu befürchten. Es sei durch die THW-Nutzung auch keine Unruhe durch den schon erheblich von Individualverkehr geprägten Bereich zu erwarten. Die Veränderungssperre hinsichtlich der beabsichtigten Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd – stehe der Erteilung der Baugenehmigung auch nicht entgegen. Es seien in Bezug auf die beabsichtigte Aufhebung dieses Planes keine positiven Planungsabsichten erkennbar. Nach der Vorstellung der Beigeladenen solle die Aufhebung bewirken, dass sich Vorhaben im dann ehemaligen Planbereich nach § 34 des Baugesetzbuches beurteilen. Tatsächlich beabsichtige die Beigeladene aber gerade keine derartige Entwicklung, weil sie gleichzeitig ein Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 125 – Großflächiger Einzelhandel B. X. – betreibe, mit dem ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen werden solle.
19Die Klägerin hat ihr Klagebegehren im Wege von vier Hilfsanträgen an die jeweils darin genannten Veränderungen angepasst und beantragt zuletzt,
20den Beklagten zu verpflichten, die am 13. März 2018 beantragte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von einem Konfektionierungsbetrieb in ein THW-Betriebsgebäude betreffend das Grundstück H. V. -Q. , (B. X1. ) zu erteilen,
21hilfsweise, festzustellen, dass der Bauantrag der Klägerin vom 13. März 2018 betreffend die Nutzungsänderung von einem Konfektionierungsbetrieb in ein THW-Betriebsgebäude bis zur Zurückstellung des Baugesuchs am 27. August 2018 genehmigungsfähig war,
22hilfsweise, festzustellen, dass der Bauantrag der Klägerin vom 13. März 2018 betreffend die Nutzungsänderung von einem Konfektionierungsbetrieb in ein THW-Betriebsgebäude bis zur Bekanntmachung der Veränderungssperre zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 125 am 10. Oktober 2018 genehmigungsfähig war,
23hilfsweise, festzustellen, dass der Bauantrag der Klägerin vom 13. März 2018 betreffend die Nutzungsänderung von einem Konfektionierungsbetrieb in ein THW-Betriebsgebäude bis zur Bekanntmachung der Veränderungssperre zur Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 71 am 10. Juni 2020 genehmigungsfähig war,
24hilfsweise, festzustellen, dass der Bauantrag der Klägerin vom 13. März 2018 betreffend die Nutzungsänderung von einem Konfektionierungsbetrieb in ein THW-Betriebsgebäude am 25. Februar 2021 genehmigungsfähig war.
25Der Beklagte beantragt,
26die Klage insgesamt abzuweisen.
27Zur Begründung macht er geltend: Für den Fall, dass der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht aufgehobene Bebauungsplan Nr. 71 – D.---straße Süd – an einem Mangel leide, sei das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen. Danach sei es unzulässig. Jedenfalls die mit dem Bebauungsplan Nr. 125 – Großflächiger Einzelhandel B. X. – beabsichtigte Planung sei hinreichend konkret und stehe der Erteilung der Baugenehmigung in Verbindung mit der Satzung über die Veränderungssperre vom 26. September 2018 hinsichtlich des Geltungsbereichs des in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes Nr. 125 – Großflächiger Einzelhandel B. X. – entgegen.
28Die Beigeladene beantragt,
29die Klage insgesamt abzuweisen.
30Sie macht im Wesentlichen geltend: Das Technische Hilfswerk, für dessen Nutzung der vorliegende Baugenehmigungsstreit geführt werde, habe zwischenzeitlich einen anderen Standort im Stadtgebiet der Beigeladenen bezogen. Es stelle sich damit schon die Frage, ob überhaupt noch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage bestehe. Abgesehen davon sei die Klage jedenfalls unbegründet. Das Vorhaben könne nicht auf die Festsetzung „Gewerbegebiet“ des Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd – gestützt werden. Dieser Plan sei unwirksam, weil er in unzulässiger Weise das Gewerbegebiet nach Abstandsklassen gliedere. Des Weiteren sei der vorgenannte Bebauungsplan inzwischen auch funktionslos geworden. Es habe sich nämlich in der Örtlichkeit eine dominante Einzelhandelsstruktur entwickelt, welche mit den textlichen Festsetzungen des Planes unvereinbar sei. Schließlich füge sich das klägerische Vorhaben nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung ein, in der fast ausschließlich (großflächige) Einzelhandelsbetriebe und Einkaufszentren vorhanden seien.
31Der Berichterstatter hat im Beweis- und Ortstermin vom 07. Oktober 2020 die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des hierüber gefertigten Protokolls und der Lichtbilder verwiesen.
32Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im abgetrennten Klageverfahren – 3 K 54/19 – (betreffend die wegemäßige Erschließung des Vorhabens) sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
34Die Klage hat mit ihrem Hauptantrag ganz überwiegend Erfolg.
35Sie ist insoweit zulässig. Insbesondere besitzt die Klägerin nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse. Zwar hat das Technische Hilfswerk und damit der ursprünglich vorgesehene Pächter der für die Nutzungsänderung vorgesehenen Halle zwischenzeitlich ein anderes Gebäude im Stadtgebiet der Beigeladenen angemietet. So hat die Klägerin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass das Technische Hilfswerk, nicht zuletzt mit Blick auf die lange Verfahrensdauer, als potentieller Nutzer „abgesprungen“ sei, wie ihr die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bereits mit Schreiben vom 25. Februar 2021 mitgeteilt habe. Dieser Umstand, der lediglich die Vermarktungsmöglichkeiten der Halle mit geänderter Nutzung betrifft, schließt es aber nicht von vornherein aus, dass die nachgesuchte Baugenehmigung für die Klägerin, die möglicherweise andere Interessenten findet, nicht doch noch von Vorteil sein kann.
36Die Klage ist mit dem Hauptantrag auch ganz überwiegend begründet.
37Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte über ihren Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
38Das Vorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich zulässig.
39Da der Beklagte dies verneint hat, hat er die Vereinbarkeit des Vorhabens ‑ etwa hinsichtlich des Gefahrstofflagers für Betriebsmittel und des Gaslagers ‑ mit Bauordnungsrecht und Baunebenrecht noch nicht abschließend geprüft, vgl. § 74 Abs. 1 der Bauordnung (BauO) NRW. Dies ist, wie am Ende näher ausgeführt wird, von ihm und nicht vom Verwaltungsgericht nachzuholen.
40Weder die Zurückstellung des Bauantrags noch die erlassenen Veränderungssperren dürfen dem Vorhaben der Klägerin entgegengehalten werden.
41Auf die mit Bescheid vom 27. August 2018 erfolgte Zurückstellung des Bauantrags kann es schon deswegen nicht mehr ankommen, weil die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) geltende Zurückstellungsfrist „für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten“ längst abgelaufen ist.
42Abgelaufen ist ebenfalls der zweijährige Zeitraum der Geltungsdauer der Satzung vom 26. September 2018 über eine Veränderungssperre in Bezug auf den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan Nr. 125 – Großflächiger Einzelhandel B. X. –. Eine Veränderungssperre tritt gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Vorliegend ist die Veränderungssperre spätestens am 10. Oktober 2020 wegen Zeitablaufs unwirksam geworden, und zwar unabhängig davon, welcher Zeitraum seit der Zustellung der ersten Zurückstellung mit Bescheid vom 27. August 2018 und dem Erlass der Veränderungssperre am 26. September 2018 bzw. der öffentlichen Bekanntmachung am 10. Oktober 2018 auf die Zwei-Jahres-Frist anzurechnen ist.
43Mangels Wirksamkeit unerheblich ist die Satzung der Beigeladenen vom 05. Mai 2020 über eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des im Aufhebungsverfahren befindlichen Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd –.
44Diese Satzung ist materiell rechtswidrig ergangen. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 05. Mai 2020 nicht vor.
45Nach § 14 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes gefasst ist, eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen, und zwar zum Zwecke der „Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich.“
46Die Veränderungssperre nach § 14 BauGB schützt die (konkret beabsichtigte) künftige Planung im Planbereich, nicht aber die abstrakte Planungshoheit der Kommune.
47Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 30. August 2012 – 4 C 1/11 –, juris, Rn. 10.
48Maßgeblich ist, welche positive Vorstellung die Kommune über den Planbereich entwickelt hat. Eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Denn wenn Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen fehlen, ist der bauplanungsrechtlich Inhalt des zukünftigen Planbereichs noch offen.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 13.03 – juris, Rn.15.
50Besitzt die planende Kommune hingegen eine (positive) planerische Vorstellung für das Plangebiet, kann sie diese umsetzen und nach Maßgabe des § 14 BauGB absichern. Zur Umsetzung kommt regelmäßig das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes in Betracht. Das – hier gewählte – Verfahren der Planaufhebung ist aber auch möglich.
51Gemäß § 1 Abs. 8 BauGB gelten nämlich die Vorschriften über die Aufstellung von Bauleitplänen, zu denen § 14 BauGB zählt, grundsätzlich auch für die Aufhebung von Bauleitplänen. Es ist also möglich, eine Veränderungssperre für die Dauer des Verfahrens zur Aufhebung eines Bebauungsplanes zu beschließen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies in seiner Rechtsprechung dergestalt anerkannt, dass eine Veränderungssperre erforderlich sein kann, wenn das Ergebnis der Planaufhebung darin bestehen soll, das betroffene Gebiet „in den Außenbereich zurückzuversetzen“.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. September 1976 – IV C 5/76, juris, Rn. 18.
53Gemessen daran wäre die am 05. Mai 2020 beschlossene Veränderungssperre durchaus wirksam gewesen, wenn die planerische Vorstellung der Beigeladenen sich darin erschöpft hätte, durch Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd – das streitbefangene Gebiet „in den Innenbereich nach § 34 BauGB zurückzuversetzen“.
54Davon kann aber keine Rede sein. Die Schaffung eines unbeplanten Innenbereichs durch Planaufhebung entspricht erkennbar nicht den wahren Planungsabsichten, die der Rat der Beigeladenen für das streitbefangene Gebiet „B. X1. “ verfolgt. So beschloss der Rat – nach Kenntnisnahme des klägerischen Bauantrags ‑ am 26. April 2018 die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 125, der auf die Festsetzung eines Sondergebiets für großflächigen Einzelhandel (§ 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung) gerichtet ist und nach wie vor realisiert werden soll.
55Da die Beigeladene mit der am 05. Mai 2020 eingeleiteten Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd – gar keine dauerhafte Rückführung in den unbeplanten Innenbereich nach § 34 beabsichtigt hat, kann sie sich insoweit auch nicht auf die nach § 14 BauGB gegebene Ermächtigung zum Erlass einer Veränderungssperre berufen. Das ebenfalls am 05. Mai 2020 dazu erlassene Satzungsrecht ist unwirksam.
56Die Frage nach dem Sicherungsbedürfnis muss auf das bezogen werden, was die Beigeladene insgesamt und in Wahrheit will. Das aber ist letztlich die Änderung des bestehenden Planes oder aber doch eine Verknüpfung von Aufhebung des einen und dem Neuerlass eines anderen Bebauungsplanes. Ist demnach aber auf den Willen zur Planänderung abzustellen, so lässt sich die Satzung über die Veränderungssperre in Bezug auf den Beschluss zur Planaufhebung nicht auf § 14 BauGB stützen. Die in Bezug auf den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan Nr. 125 – Großflächiger Einzelhandel B. X. – erlassene Veränderungssperre vom 26. September 2018 ist, wie oben bereits erwähnt, durch Ablauf ihrer zweijährigen Geltungsdauer unwirksam geworden.
57Das Vorhaben der Nutzungsänderung ist bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig.
58Nach § 30 Abs. 1 BauGB muss ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes dessen Festsetzungen beachten. Als Art der baulichen Nutzung setzt der ‑ am Tag der mündlichen Verhandlung noch nicht wirksam aufgehobene ‑ Bebauungsplan Nr. 71 – D.---straße Süd – ein Gewerbegebiet nach § 8 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) fest. Nach allen in Betracht kommenden Fassungen dieser Vorschrift ist im Gewerbegebiet u.a. ein „Verwaltungsgebäude“ zulässig.
59Verwaltungsgebäude umfassen Gebäude für alle Tätigkeiten des Verwaltens; notwendig ist, dass die verwaltende Tätigkeit einem erkennbar selbstständigen Zweck dient. Erfasst sind öffentliche und private Verwaltungen; dies entspricht der Rechtslage in anderen Baugebietsvorschriften, vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 2 und 5, § 7 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO. Zulässig sind Gebäude, also nicht allein Anlagen sonstiger Art. Soweit die öffentliche Verwaltung nicht nur als Büronutzung ausgeübt wird, sind die hierfür vorgesehenen Gebäude als Verwaltungsgebäude zulässig. Dies gilt auch für solche Anlagen als Bestandteil oder Zubehör zu Gebäuden im räumlichen Zusammenhang mit den Verwaltungsgebäuden.
60Vgl. Söfker: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch Werkstand: 141. EL Februar 2021, BauNVO § 8 Rn. 31.
61Bei der beabsichtigten Nutzung der Vorhabenhalle für das Technische Hilfswerk handelt es sich um eine solche Nutzung als Verwaltungsgebäude. Das Technische Hilfswerk ist dem Bundesministerium des Innern unterstellt und wird nach seinem gesetzlichen Auftrag im Bereich des Zivilschutzes und damit der Gefahrenabwehr tätig. Das ist eine Verwaltungstätigkeit.
62Hingegen liegt keine „Anlage für soziale Zwecke“ vor, die nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 71 – D.---straße Süd – ausgeschlossen ist. Gebäude des Technischen Hilfswerks sind in diesem Zusammenhang den „Feuerwachen“ strukturähnlich, die ebenfalls nicht unter diesen bauplanungsrechtlichen Begriff fallen.
63Vgl. Vietmeier in: Bönker/Bischopink, BauNVO,
642. Auflage 2018, § 4 Rn. 85, 86.
65Schließlich ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass ein Verwaltungsgebäude des Technischen Hilfswerks unter die (im Bebauungsplan Nr. 71 – D.---straße Süd – in dem Bereich des Vorhabens ausgeschlossenen) Betriebsarten der Abstandsklassen I bis VI fallen könnte, vgl. auch den Abstanderlasses des Ministeriums für Umwelt, Raumordnung, und Landwirtschaft des Landes NRW vom 21. März 1990, zuletzt geändert durch Runderlass vom 22. März 1994, welche der Plangeber insoweit als Grundlage für die Gliederung des Gewerbegebiets genommen hat.
66Mit Blick darauf, dass die Beigeladene wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung die Aufhebung der Bebauungsplan Nr. 71 – D.---straße Süd – beschlossen und die erforderliche Bekanntmachung erst nach der Urteilsverkündung vorgesehen hat, sind die nachfolgenden Ausführungen veranlasst:
67Das Vorhaben der Nutzungsänderung ist auch im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig.
68Nach dieser Vorschrift muss sich ein Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, und zwar insbesondere nach der Art seiner baulichen Nutzung. Welche Art der baulichen Nutzung vorgegeben ist, bestimmt die Umgebungsbebauung. Dabei kommt es für die Bestimmung der insoweit maßgeblichen näheren Umgebung zum einen darauf an, wie sich die Ausführung des geplanten Vorhabens auf die Umgebung auswirken kann, und zum anderen darauf, wieweit die Umgebung ihrerseits das Baugrundstück prägt.
69Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 - 4 C 15.84 - juris, Rn. 28.
70Gemessen daran reicht die für das Merkmal der Art der baulichen Nutzung heranzuziehende nähere Umgebung vom Vorhabengrundstück in südlicher Richtung bis zum Kreisverkehr, an dem sich die Straße B. X1. und die Friedrich-Ebert-Straße treffen. Im Westen ist es allein die östliche Bebauung entlang der D.---straße , die einzubeziehen ist. Für die westlich dieser Straße bestehende Bebauung gilt dies nicht. Der D.---straße kommt insoweit eine trennende Wirkung zu. Dies legt schon ihre Breite und Eigenschaft als stark befahrene Hauptverkehrsstraße nahe sowie auch die unterschiedlichen Nutzungsstrukturen an beiden Straßenseiten. Östlich der D.---straße befinden sich großflächige Gebäudekomplexe diverser Nutzungen. Demgegenüber bestimmen Wohnhäuser entlang der westlichen Seite der D.---straße das Bild. In nördlicher Richtung zählt zur näheren Umgebung die Bebauung entlang der Straße B. X1. .
71Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung, welches der Berichterstatter der Kammer vermittelt hat, sind in der näheren Umgebung folgende Nutzungsarten festzustellen: Ein großflächiges Einkaufszentrum mit mehreren Läden; ein Fachmarktzentrum mit zwei Läden und ein Einzelhandelsbetrieb mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche; ein Kindergarten; eine Schwimmsportschule, zwei Seniorenzentren, eine Physiotherapiepraxis, zwei Lebensmitteldiscounter mit jeweils mehr als 800 m² Verkaufsfläche und eine Drive-In-Apotheke.
72Eine Einordnung als (faktisches) Gewerbebetrieb scheidet aus, vgl. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 der BauNVO. Dies folgt schon aus der Großflächigkeit der in der näheren Umgebung vorhandenen Einzelhandelsbetriebe mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche. Derartige Einzelhandelsbetriebe sind in Gewerbegebieten typischerweise unzulässig, vgl. §§ 8 und 11 Abs. 3 BauNVO.
73Umgekehrt liegt auch kein "faktisches Sondergebiet für den großflächigen Einzelhandel" vor. Es ist fraglich, ob das Baugesetzbuch bzw. die Baunutzungsverordnung einen solchen Gebietstypus vorsieht.
74Vgl. dazu VG Aachen, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 3 K 1833/12 – juris, Rn. 72; die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 2 BauGB verneint Bischopink, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Auflage 2018, § 11, Rn. 13; kritisch dazu: Berkemann: Die Gebietsverträglichkeit im Bauplanungsrecht, ZfBR 2021, 374 (381).
75Jedenfalls ist die Eigenart der näheren Umgebung hier nicht allein durch den großflächigen Einzelhandel, sondern eben auch durch verschiedene andere Gewerbebetriebe, Anlagen für soziale Zwecke und Wohnnutzungen geprägt. Es liegt damit eine für Einzelhandels- und Dienstleistungsstandorte nicht untypische Gemengelage vor.
76Uneinheitliche oder gar „diffuse“ Bebauungen bedeuten keine grundsätzliche Zulässigkeitsschranke, sondern vielmehr eine weite Zulassungsmöglichkeit. Hält ein Vorhaben den vorgegebenen Rahmen ein, so kann es nur ausnahmsweise unzulässig sein, wenn es sich gegenüber der Nachbarschaft als rücksichtslos erweist. Hält ein Vorhaben den vorgegebenen Rahmen hingegen nicht ein, ergibt sich hieraus nicht zwingend und unmittelbar seine Unzulässigkeit. Das Erfordernis des Einfügens schließt nicht schlechthin aus, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Entspricht ein Vorhaben insbesondere der Art nach nicht dem vorgegebenen Rahmen, kommt es darauf an, ob durch das Vorhaben bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder vorhandene Spannungen erhöht werden.
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - und Beschluss vom 23. Juli 1993 - 4 B 59/93 -, beide: juris; Söfker: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, BauGB § 34 Rn. 30.
78Gemessen daran fügt sich das Vorhaben in den vorbeschriebenen Rahmen ein. Dieser Rahmen ist nicht zu unerheblichen Teilen durch Nutzungen vorgegeben, die auch in einem Gewerbegebiet zulässig wären. Insofern hält sich die vorgesehene Nutzung auf dem Vorhabengrundstück als Standort für ein Verwaltungsgebäude innerhalb dieses Rahmens. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Gebot der (nachbarlichen) Rücksichtnahme sind – auch angesichts der begrenzten Betriebszeiten der beabsichtigten Nutzung – weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
79Auch wenn man davon ausgeht, dass das Vorhaben den vorgegebenen Rahmen überschreitet, ist es zulässig, da es keine bodenrechtlichen Spannungen begründet oder erhöht. Insbesondere ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass der Verkehr, Fußgänger oder in der Umgebung wohnende Anwohner durch ein oder ausfahrende Betriebsfahrzeuge des Technischen Hilfswerks oder andere Einrichtungen auf dem Vorhabengrundstück mehr als nur unerheblich belästigt oder behindert werden könnten. Hinsichtlich befürchteter negativer Vorbildwirkungen genügt der Hinweis, dass das Gebiet nahezu vollständig bebaut ist.
80Die damit unter allen rechtlichen Aspekten gegebene bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens führt vorliegend – mangels Spruchreife – nicht zu einem gerichtlichen Verpflichtungsausspruch zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung, vgl. § 113 Abs. 5 VwGO.
81Ob dem streitbefangenen Vorhaben etwa Vorschriften des Bauordnungsrechts und/oder des Baunebenrechts entgegenstehen und ein strikter Genehmigungsanspruch der Klägerin aus diesem Grund zu verneinen ist, kann und muss hier nach den Grundsätzen über das "stecken gebliebene" Genehmigungsverfahren nicht abschließend beurteilt werden.
82Vgl. dazu Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Urteil vom 15. Juni 2012 – 2 A 2630/10 – juris, Rn. 133 f.
83Eine solche Situation ist hier gegeben. Der Beklagte hat die Zurückstellung des Bauantrages und damit die Nichterteilung der Baugenehmigung auf die entgegenstehenden Planungsabsichten der Beigeladenen und auf die zwischenzeitlich erlassenen Veränderungssperren und damit im Wesentlichen auf bauplanungsrechtliche Gründe gestützt.
84Bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte des Gefahrenabwehrrechts, insbesondere etwa Fragen des Brandschutzes, die sich hier aufgrund der vorgesehenen Lagerung von Gefahrstoffen und Gasen in besonderer Weise stellen, hat sie nicht angeführt.
85Zu berücksichtigen ist auch, dass eine Baugenehmigung im Allgemeinen nicht ohne etliche Nebenbestimmungen erteilt wird. Grundsätzlich könnte zwar auch das Gericht mit Hilfe kundiger Sachverständiger ein Auflagenprogramm entwickeln und ihm mit dem Tenor eines Verpflichtungsurteils Verbindlichkeit verschaffen. Im Allgemeinen sind jedoch individuelle Einschätzungen und Zweckmäßigkeitserwägungen dafür erheblich, ob diese oder jene gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige Nebenbestimmung anzufügen ist. Es ist in derartigen besonders gelagerten Fällen nicht Aufgabe der Gerichte, ein "stecken gebliebenes" Genehmigungsverfahren in allen Einzelheiten durchzuführen.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2012 – 2 A 2630/10 – juris, Rn. 133 f.
87Nach alledem war der Klage mit dem Hauptantrag stattzugeben, und zwar mit dem im Verpflichtungsbegehren als Minus enthaltenen Neubescheidungsantrag. Über die Hilfsanträge ist nicht mehr zu entscheiden. Der Zurückstellungsbescheid des Beklagten war zur Klarstellung aufzuheben.
88Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 154 Abs. 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO.
89Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 der Zivilprozessordnung.
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Referenzen
- BauNVO § 11 Sonstige Sondergebiete 1x
- 7 D 52/13 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 2 1x
- VwGO § 159 1x
- VwGO § 155 1x
- § 34 Abs. 2 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- BauNVO § 7 Kerngebiete 1x
- Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 C 1/11 1x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 113 1x
- VwGO § 167 1x
- Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 3 K 1833/12 1x
- § 30 Abs. 1 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- 4 B 59/93 1x (nicht zugeordnet)
- IV C 5/76 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 8 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 A 2630/10 1x
- 2 A 2630/10 1x (nicht zugeordnet)
- § 14 BauGB 6x (nicht zugeordnet)
- § 29 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- 3 K 54/19 1x (nicht zugeordnet)
- § 34 BauGB 2x (nicht zugeordnet)
- BauNVO § 8 Gewerbegebiete 2x