Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 13 K 495/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
3Die Beteiligten streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden Beihilfebemessungssatzes.
4Der Kläger ist Bundesbahnbeamter im Ruhestand. Der Beklagte hat unter anderem die Aufgabe, die der Deutschen Bahn AG zugewiesenen Bundesbahnbeamten zu verwalten. Für diese obliegt ihm damit auch die Erfüllung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Bundesrepublik Deutschland, im Folgenden: Bund) in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Der Bund behielt die seit der Zeit der Weimarer Republik bestehenden Strukturen der Krankheitsfürsorge für Bundesbahnbeamte auch nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bei. Diese Strukturen sind abweichend von den sonst für Beamte geltenden Regelungen ausgestaltet und weichen von diesen erheblich ab. § 2 Absatz 4 der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl. I S. 326), die zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 17. Juli 2015 (BGBl. I S. 1368) geändert worden ist (im Folgenden: BBhV)), besagt: „Nicht beihilfeberechtigt nach dieser Verordnung sind diejenigen Beamtinnen und Beamten des Bundeseisenbahnvermögens, die zum Zeitpunkt der Zusammenführung der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn Beamtinnen oder Beamte der Deutschen Bundesbahn waren.“
5Zur Erfüllung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht bedient sich der Beklagte neben anderen Sozialeinrichtungen und von ihm geförderten Selbsthilfeeinrichtungen der „Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten“ (im Folgenden: KVB), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und betrieblichen Sozialeinrichtung, der jeder Beamte der Deutschen Bundesbahn beitreten konnte (vgl. § 14 Absatz 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen, zuletzt geändert durch Artikel 513 der Verordnung vom 31. August 2015, BGBl. I S. 1474 – BEZNG –). Die KVB wird auch nach der Privatisierung der Deutschen Bahn in ihrem Bestand fortgeführt. Es können jedoch grundsätzlich keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen werden.
6Im Grundsatz trägt die KVB die Krankheitskosten ihrer Mitglieder vollständig und erfüllt damit sowohl die Funktion der Beihilfestelle als auch die einer privaten Krankenversicherungsgesellschaft. Der Beklagte gewährt der KVB einen beihilfeähnlichen Zuschuss, der in etwa dem Betrag entspricht, den der Bund aufwenden müsste, wenn die Leistungsberechtigten dem Beihilferecht unterfielen (derzeit rund 68% der beihilfefähigen Aufwendungen). Die Leistung dieser Zuschüsse wird für alle Berechtigten abweichend von den personenbezogenen Bemessungssätzen der BBhV einheitlich festgesetzt.
7Dem Kläger stand als Bundesbahnbeamtem eine Mitgliedschaft in der KVB offen. Er entschied sich aufgrund günstigerer Beitragskonditionen gegen eine Mitgliedschaft in der KVB und war zunächst über seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau, N. P. , bei der Beigeladenen mitversichert. Diese war als Postbeamtin Mitglied der Beigeladenen. Mittlerweile hat der Kläger dort eine eigene Mitgliedschaft begründet. Die KVB ist für den Kläger weiterhin als Beihilfestelle zuständig. Die Beigeladene ergänzt als Krankenkasse die fehlenden Zuschussleistungen durch Kassenleistungen.
8Anstelle der für Mitglieder geltenden Satzung der KVB wendet der Beklagte für den Kläger als Nicht-Mitglied zur Ermittlung seines Zuschussanspruchs gesonderte Richtlinien an, nämlich die „Richtlinien für die Gewährung von Zuschüssen zu den Aufwendungen in Krankheits- und Geburtsfällen sowie bei Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten an Fürsorgeberechtigte, die nicht Mitglied der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (KVB) sind“ (genehmigt mit Schreiben des Bundeseisenbahnvermögens Hauptverwaltung vom 20. Februar 2013 – Az 24.0 – Ubn 25; Stand: 1. März 2013), im Folgenden: Richtlinie Nicht-KVB-Mitglieder. Nach Ziffer 6.1 der Richtlinie Nicht-KVB-Mitglieder bemisst sich die Höhe des Zuschusses des Beklagten in gleicher Höhe, wie ihn der Beklagte zu den als Tarifausgaben bezeichneten Leistungen der KVB für deren Mitglieder leistet. Anlage 1 zur aktuellen Richtlinie Nicht-KVB-Mitglieder listet die sich hieraus ergebenden Prozentsätze unter Hinweis auf die Leistungstafel-Nummern des KVB-Tarifes auf. Im Durchschnitt erhalten danach auch Bundesbahnbeamte, die nicht Mitglieder der KVB sind, einen Zuschuss von derzeit 68%. Dieser wird aufgrund der gleichbleibenden Bemessungsgrundlage sowohl den aktiven als auch den Ruhestandsbeamten gewährt. Nach der Bundesbeihilfeverordnung beträgt der Beihilfebemessungssatz 50% für aktive Beamte, 70% für Versorgungsempfänger, 70% für berücksichtigungsfähige Ehegatten und 80% für berücksichtigungsfähige Kinder.
9Die Beigeladene teilte der Ehefrau des Klägers mit Bescheid vom 1. August 2013 mit, dass für die Mitversicherung des Klägers ab dem 1. Januar 2012 zu geringe Beiträge erhoben worden seien und diese rückwirkend nachgefordert und voraussichtlich ab Oktober 2013 eingezogen würden. Gemäß § 27 Absatz 4 der Satzung der PBeaKK werde seit dem 1. Januar 2012 ein Beitragszuschlag in Höhe von 35,50 Euro monatlich erhoben, sofern der mitversicherte Ehegatte selbst beihilfeberechtigt sei und wie der Kläger keinen Beihilfebemessungssatz von mindestens 70% habe. Hiergegen wandte sich die Ehefrau des Klägers zuletzt mit einer am 13. Dezember 2013 erhobenen und mit Urteil vom 26. November 2014 abgewiesenen Klage vor dem Verwaltungsgericht T. (Az. 3 K 5014/13).
10Der Kläger beantragte beim Beklagten mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 festzustellen, dass er analog der BBhV beihilfeberechtigt sei und dass für ihn insbesondere ein Bemessungssatz von 70% gelte. Die Richtlinien Nicht-KVB-Mitglieder seien verfassungswidrig, da Heilfürsorgeleistungen des Dienstherrn gegenüber dem Beamten nicht lediglich auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften gewährt werden dürften. Der Kläger habe Anspruch auf den Beihilfebemessungssatz von 70%, der für andere Bundesbeamte im Ruhestand auf Grundlage der Bundesbeihilfeverordnung gelte. Dies ergebe sich aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gemäß Art. 33 Absatz 5 GG sowie dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Absatz 1 GG. Auf diesen Antrag teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2013 mit, dass dem Kläger keine der Bundesbeihilfeverordnung entsprechende Beihilfegewährung zustehe, da gemäß § 2 Absatz 4 BBhV diejenigen Beamtinnen und Beamten des Beklagten nicht beihilfeberechtigt seien, die zum Zeitpunkt der Zusammenführung der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn Beamtinnen oder Beamte der Deutschen Bundesbahn gewesen seien. Diese Beamten seien entweder in der KVB versichert oder ihnen werde eine Beihilfe nach den Richtlinien Nicht-KVB-Mitglieder gewährt. Bei dem Beklagten gelte ein einheitlicher Beihilfebemessungssatz, der sich im Ergebnis aus den unterschiedlichen Bemessungssätzen der einzelnen Fürsorgeberechtigten als Mischsatz ergebe. Im Laufe der Zeit habe der Kläger als aktiver Beamter höhere Zuschüsse als nach der BBhV erhalten und erhalte aktuell als Versorgungsempfänger niedrigere, sodass ein Verstoß gegen Art. 3 Absatz 1 GG nicht vorliege. Dieses von der BBhV abweichende System sei bislang von der Rechtsprechung stets bestätigt worden. Gegen dieses Schreiben legte der Kläger mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 Widerspruch bei dem Beklagten ein. Die Bearbeitung des Widerspruchs lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 6. Januar 2014 ab, da es sich bei dem ersten Schreiben nicht um einen widerspruchsfähigen Verwaltungsakt gehandelt habe.
11Der Kläger hat am 28. Januar 2014 Klage erhoben. Der Kläger ist der Ansicht, dass er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung habe, in welchem Umfang er beihilfeberechtigt sei. Er müsse sich nicht darauf verweisen lassen, zunächst krankheitsbezogene Aufwendungen anfallen zu lassen, um nach teilweiser Ablehnung der beantragten Beihilfegewährung Verpflichtungsklage zu erheben. Die Ungleichbehandlung der verschiedenen Bundesbeamten sei nicht gerechtfertigt. Dass die Bundesbahnbeamten die Möglichkeit gehabt hätten, der KVB beizutreten, sei kein taugliches Differenzierungskriterium. Die Entscheidung des Klägers, sich über seine Ehefrau bei der Beigeladenen mitversichern zu lassen, dürfe nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber anderen Bundesbeamten führen.
12Der Kläger beantragt,
13festzustellen, dass ihm gegenüber dem Beklagten Beihilfeansprüche analog zur Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) zustehen, insbesondere, dass für ihn ein Beihilfebemessungssatz von 70% gilt.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er wiederholt und ergänzt den Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und ist der Ansicht, dass bereits kein Feststellungsinteresse bestehe. Zudem habe sich der Gesetzgeber entschieden, die Fürsorgeverpflichtung im Rahmen der Beihilfe gemäß § 14 Absatz 1 BEZNG durch die KVB zu erfüllen. Dies sei ausreichend. Für nicht KVB-Mitglieder sei die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgeverpflichtung durch die Anwendung der Richtlinie Nicht-KVB-Mitglieder hinreichend sichergestellt. Systembedingte Unterschiede in der Ausgestaltung der Erfüllung dieser Fürsorgeverpflichtung durch von der BBhV abweichende Bestimmungen seien zulässig und würden nicht gegen Art. 3 Absatz 1 GG verstoßen. Die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung habe er selbst dadurch herbeigeführt, dass er der KVB nicht beigetreten sei. Zudem beruhe die geltend gemachte Benachteiligung nicht auf den Richtlinien des Beklagten, sondern vielmehr auf der Satzung der Beigeladenen, die zum höheren Beitrag des Klägers geführt habe.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
19Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Absatz 1 VwGO zulässig. Das nach dieser Vorschrift erforderliche feststellungsfähige Rechtsverhältnis besteht zwischen dem Kläger und dem Beklagten hinsichtlich der Frage, ob dem Kläger ein Beihilfesatz von 70% zusteht. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, nach welchem Satz sich die ihm zustehenden Zuschüsse des Beklagten bemessen. Als solches genügt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art. Der Kläger ist der Ansicht, dass der für ihn geltende Bemessungssatz 70% betrage. Da der Beklagte anderer Auffassung ist, können hieraus Rechtsstreitigkeiten mit der KVB als Beihilfestelle entstehen. Der Kläger muss sich auch unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Absatz 2 VwGO) nicht darauf verweisen lassen, zunächst krankheitsbedingte Aufwendungen geltend zu machen, um dann nach deren Ablehnung Verpflichtungsklage zu erheben.
20Vgl. übereinstimmend VG Düsseldorf, Urteil vom 3. Juli 2012 – 10 K 3852/12 – juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 13. Mai 2011 - 13 K 515/10 – juris.
21Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger stehen keine Beihilfeansprüche gegen den Beklagten analog der BBhV zu (I.). Ihm ist auch aus sonstigen Erwägungen kein Zuschuss in Höhe von 70% zu gewähren (II.).
22I. Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf Feststellung eines Beihilfesatzes analog der Bundesbeihilfeverordnung, da die Voraussetzungen einer Analogie nicht vorliegen. Die Analogie überschreitet die Grenze des möglichen Wortsinns und setzt voraus, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und die Rechtsfolge der Norm auf einen vergleichbaren Fall übertragen werden kann. Aufgrund der Verordnungsermächtigung aus § 80 Absatz 4 BBG hat das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung in der BBhV geregelt. § 46 Absatz 1 und 2 Nr. 2 BBhV bestimmen, dass der Bemessungssatz der Beihilfe für Empfänger von Versorgungsbezügen 70% beträgt. § 2 BBhV definiert den Kreis der beihilfeberechtigten Personen und schließt in seinem Absatz 4 ausdrücklich diejenigen Beamtinnen und Beamten des Bundeseisenbahnvermögens aus, die zum Zeitpunkt der Zusammenführung der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn Beamtinnen oder Beamte der Deutschen Bundesbahn waren. Es liegt aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift keine planwidrige Regelungslücke vor, sondern vielmehr ein bewusster Ausschluss der Bundesbahnbeamten. Anders als für Beamte, die „A-Mitglieder“ der Postbeamtenkrankenkasse sind, existiert auch keine § 2 Absatz 5 BBhV entsprechende Öffnungsklausel.
23Der Beklagte ist als nicht rechtsfähiges Sondervermögen der Bundesrepublik Deutschland im Geschäftsbereich des jetzigen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur eingerichtet. Die ohne die Mitwirkung dieses Bundesministerium erlassene Verordnung kann auch vor diesem Hintergrund nicht ohne Weiteres Geltung im Geschäftsbereich des Beklagten erlangen.
24Vgl. BGH, Urteil vom 12.01.1956 – III ZR 170/54 – juris.
25Der Ausschluss der Bundesbahnbeamten vom Beihilfesystem der übrigen Bundesbeamten ist historisch gewachsen und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Vielmehr ergibt sich aus der Gesetzesentwurfsbegründung zu § 14 BEZNG,
26BT-Drucksache 12/4609 (neu), S. 65,
27dass der Gesetzgeber im Jahr 1993 bewusst davon abgesehen hat, die damals für die sonstigen Bundesbeamten geltenden Beihilfevorschriften des Bundes (im Folgenden: BhV) für die Beamten des Bundeseisenbahnvermögens einzuführen. In der Entwurfsbegründung wird ausgeführt, dass die beamtenrechtliche Fürsorge in Krankheitsfällen, vgl. § 79 Bundesbeamtengesetz (BBG), im Bereich der Deutschen Bahn herkömmlich durch die KVB erfüllt worden ist, die hierzu beihilfeentsprechende Zuschüsse der Deutschen Bahn erhielt. Schon die BhV galten nach deren § 18 Absatz 6 ausdrücklich nicht für den Bereich der ehemaligen Deutschen Bahn, was der Bundesgerichtshof bereits durch
28Urteil vom 12. Januar 1956 – III ZR 170/54 –
29als zulässig erachtete vor dem Hintergrund, dass aufgrund der finanziellen Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Deutschen Bahn seit jeher die Krankenvorsorge der Bundesbahnbeamten unabhängig von der der sonstigen Bundesbeamten bestimmt wurde. Auch nach der Privatisierung der Deutschen Bahn im Jahr 1994 war nach der Gesetzesentwurfsbegründung die Einführung der BhV für die Bundesbahnbeamten nicht möglich, da die notwendige ergänzende private Krankenversicherung zu zumutbaren Bedingungen angesichts des Lebensalters der Betroffenen nicht mehr habe erlangt werden können. Die Fortführung der KVB und die damit einhergehende weitere Trennung der Beihilfesysteme der Bundesbahnbeamten und der sonstigen Bundesbeamten lagen demnach im Interesse der betroffenen Bundesbahnbeamten.
30II. Dem Kläger steht auch nicht aus verfassungsrechtlichen Erwägungen ein Beihilfesatz von 70% zu. Es kann vorliegend offen bleiben, ob die Richtlinien für Nicht-KVB-Mitglieder in Verbindung mit der Satzung der KVB vom 1. Januar 1996 als Binnenrecht den Anforderungen an den verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt genügen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in Bezug auf die früheren Beihilfevorschriften des Bundes sowie die Heilfürsorgevorschriften der Bundespolizei deren Rechtswidrigkeit festgestellt, da der Parlamentsgesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen über die Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit zu treffen hat.
31Vgl. für die früheren Beihilfevorschriften des Bundes BVerwG vom 17. Juni 2004 – 2 C 50.02 – juris, für den Fall der Rechtswidrigkeit der Heilfürsorgevorschriften der Bundespolizei BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 – 5 C 33/12 – juris.
32Selbst für den Fall der Rechtswidrigkeit der Richtlinien für Nicht-KVB-Mitglieder ist für die alternativ zu schaffende Beihilferegelung ein Beihilfesatz von 70% jedoch weder vor dem Hintergrund der Fürsorgepflicht aus Art. 33 Absatz 5 GG (1.) noch vor dem des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Absatz 1 GG (2.) zwingend.
331. Die Ausgestaltung der Beihilfe durch den Beklagten verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, Art. 33 Absatz 5 GG, insbesondere nicht gegen die vom Beklagten zu erfüllende Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Es ist in erster Linie Sache des Dienstherrn, die ihm aus der Fürsorgepflicht dem Beamten gegenüber obliegenden Verpflichtungen durch Gesetze, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften zu konkretisieren. Bei der Ausfüllung des ihm hierbei zustehenden weiten Gestaltungsspielraums ist er insoweit gebunden, als die beabsichtigte Regelung dem wohlverstandenen Interesse des Beamten gebührend Rechnung zu tragen hat. Was der Dienstherr dem Beamten danach im Einzelnen schuldet, lässt sich nur im Hinblick auf den jeweils zu regelnden Sachbereich bestimmen.
34BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 – 2 BvF 3/88 –, Rn. 37, juris.
35Hierbei fordert die Fürsorgepflicht von Verfassungs wegen nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstandener Aufwendungen und auch nicht deren Erstattung in vollem Umfang. Die Beihilfe muss allerdings sicherstellen, dass der Beamte in den genannten Fällen nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine zumutbare Eigenvorsorge nicht abdecken kann.
36BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 – 2 BvF 3/88 –, Rn. 39, juris; Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 13. Auflage, Pieroth, Art. 33 Rn.62.
37Der Beklagte unterhält einen weit ausgebauten Sozialdienst durch betriebliche Sozialeinrichtungen und von ihm geförderte Selbsthilfeeinrichtungen, die in dieser Art und in diesem Umfang in anderen Bundesverwaltungen nicht vorhanden sind und deren Weiterführung nach §§ 14, 15 Absatz 1 und 2 BEZNG ausdrücklich vorgeschrieben ist. Zudem kommt der Beklagte seiner beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht nach §§ 79, 80 BBG durch die Leistung eines beihilfeäquivalenten Zuschusses in Höhe von durchschnittlich 68% nach.
38So schon für die damalige Regelung BGH, Urteil vom 12. Januar 1956 – III ZR 170/54 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 10. Februar 2010 – 16 A 420/09.PVB –, juris.
39§ 80 Absatz 3 Satz 1 BBG bestimmt in Form eines Parlamentsgesetzes als Untergrenze, dass Beihilfe als mindestens 50 prozentige Erstattung der beihilfefähigen Aufwendungen zu gewähren ist. Diese Grenze wird von den Richtlinien für Nicht-KVB-Mitglieder nicht unterschritten. Vielmehr entspricht schon der während der aktiven Dienstzeit gewährte Durchschnittswert der Zuschussleistungen des Beklagten nahezu dem Beihilfesatz von 70% der BBhV für Versorgungsempfänger. Zudem gibt es keinen verfassungsrechtlich garantierten Mindestprozentsatz, dessen Ausgleich die staatliche Fürsorgepflicht gebietet. Das jeweilige System der Beihilfegewährung in Krankheitsfällen gehört nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und es besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, Beihilfe in bestimmter oder allen Berechtigten in gleicher Höhe zu gewähren.
40BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 2 C 35/04 – juris.
41Der Kläger hatte vorliegend die Möglichkeit, zwischen zwei Versicherungsmodellen – als Mitglied der KVB oder als Mitversicherter seiner verstorbenen Ehefrau bei der Beigeladenen – zu wählen. Er trägt nicht vor, dass die die Zuschüsse des Beklagten übersteigenden Kosten nicht von der Beigeladenen erstattet würden oder für ihn nicht versicherbar seien. Neben dem Zuschuss des Beklagten verbleibt somit für den Kläger allein die mittelbare Belastung, dass zunächst seine Ehefrau ab dem Jahr 2012 einen Beitragszuschlag zahlen musste.
42Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass die von der Beigeladenen ab dem Jahr 2012 bis zum Tod seiner Ehefrau erhobenen Beitragszuschläge eine erhebliche verbleibende Belastung darstellen, die mit der Fürsorgepflicht aus Art. 33 Absatz 5 GG nicht vereinbar wäre. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger seinerzeit die Möglichkeit hatte, sich über die KVB zu versichern, die in ihrem Leistungssystem genau auf das auch durch sie verwaltete Zuschusssystem abgestimmt ist. Der Kläger hat sich jedoch aufgrund von finanziellen Vorteilen für die Mitversicherung über seine Ehefrau entschieden. Es ist nicht die Pflicht des Beklagten, dem Kläger die jederzeit und in jeder Hinsicht individuell günstigste Krankenversorgung zu gewährleisten und jeden aus einer persönlichen Entscheidung für außerhalb der KVB bestehende Versicherungsmöglichkeiten resultierenden Nachteil auszugleichen. Der Gesetzgeber des BEZNG hat, wie bereits dargelegt, der Fürsorgepflicht Rechnung getragen durch die Aufrechterhaltung der KVB als betrieblicher Sozialeinrichtung auch nach der Privatisierung der Deutschen Bahn.
432. Es liegt des Weiteren kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Absatz 1 GG vor. Dieser ist nur verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung geregelter Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist. Das ist der Fall, wenn bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt. Der Gesetzgeber ist insbesondere frei, darüber zu entscheiden, was im Einzelnen im Wesentlichen gleich und was als so verschieden anzusehen ist, dass die Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 2005 – 2 C 15/04 – juris.
45Die Verschiedenartigkeit der Versicherungssysteme steht einer Vergleichbarkeit im Rahmen von Art. 3 Absatz 1 GG entgegen. Nur Gleiches kann mit Gleichem verglichen werden, Verschiedenes ist seiner Eigenart entsprechend verschieden zu beurteilen.
46BGH, Urteil vom 12. Januar 1956 – III ZR 170/54 – juris; für das Verhältnis zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung BVerwG, Urteile vom 1. September 2005 – 2 C 15/04 – und vom 15. Dezember 2005 – 2 C 35/04 – juris.
47Das Beihilfesystem der BBhV und das des Beklagten mittels der KVB sind grundlegend unterschiedlich aufgebaut. Die BBhV stellt feste, personenbezogene Beihilfesätze auf, nach denen der Kläger als Ruhestandsbeamter einen Beihilfesatz von 70% erhielte. Dieser Beihilfesatz gilt jedoch nur für die als beihilfefähig anerkannten Leistungen wie sie durch die BBhV und deren Anlagen weiter konkretisiert werden. Der Beklagte unterhält– wie bereits dargelegt – einen weit ausgebauten Sozialdienst durch betriebliche Sozialeinrichtungen und von ihm geförderte Selbsthilfeeinrichtungen und gewährt einen beihilfeähnlichen Zuschuss.
48Nähme man dennoch eine Vergleichbarkeit an, setzte die Beeinträchtigung des Art. 3 Absatz 1 GG eine Ungleichbehandlung voraus, die für den Kläger zu einem Nachteil führt. Entscheidend ist hierbei die durch die Gesamtregelung bedingte Belastung.
49vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. April 1997 – 2 BvL 77/92 – juris; Jarass/Pieroth, GG Kommentar, 13. Auflage, Art. 3 Rn. 7, 10.
50Im Vergleich der beiden Regelungssysteme ist ein solcher Nachteil nicht ersichtlich. Zwar ist die Gewährung der Beihilfe durch den Beklagten anders ausgestaltet als die der BBhV, jedoch nicht schlechter. Der Kläger profitierte sowohl von der Möglichkeit, sich außerhalb der KVB über seine Ehefrau krankenversichern zu lassen, als auch von dem höheren „beihilfeäquivalenten“ Zuschuss während seiner aktiven Dienstzeit, da die vom Beklagten gewährte Beihilfe nicht zwischen Dienst- und Ruhestandszeiten differenziert. Selbst wenn man von einer gleich langen Dienst- und Ruhezeit eines Beamten ausginge, erhielte ein nach der BBhV berechtigter Beamter im Schnitt „nur“ 60%. Der Durchschnitt des von dem Beklagten gewährten Zuschusses liegt mit 68% darüber. Auch wenn man allein auf den aktuellen Zeitraum der Beihilfe- bzw. Zuschussgewährung abstellt, hat der Kläger nicht dargelegt, dass allein der prozentuale Vergleich der beiden Beihilfesysteme eine Schlechterstellung belegt. Denn die grundsätzlich angesetzten Beihilfesätze von 70% werden im Rahmen der BBhV nicht für sämtliche Leistungen im Krankheitsfall erbracht.
51Es ist zudem nicht möglich, eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes daraus herzuleiten, dass ein aus dem Gesamtrahmen der Fürsorgegewährung herausgelöster Sonderfall möglicherweise eine Schlechterstellung bedingt.
52Ein Verstoß gegen Art. 3 Absatz 1 GG bezüglich der Krankenversorgung des Beklagten ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Beitragsrechts der Beigeladenen. Dass die Beigeladene gemäß § 27 Absatz 4 ihrer Satzung eine Sonderregelung in Form eines erhöhten Beitragssatzes für den Fall festlegt, dass der mitversicherte Ehegatte selber beihilfeberechtigt ist und keinen Beihilfeanspruch von mindestens 70% hat, ist kein dem Beklagten zurechenbarer Nachteil. Bei der vom Kläger frei gewählten Kombination verschiedener Versicherungsmodelle kann es naturgemäß mangels Abstimmung zu Inkompatibilität kommen. Dies löst jedoch keine Ausgleichspflicht des Beklagten oder einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Absatz 1 GG aus, sondern ist vielmehr durch Regelungen der Krankenversicherung der Ehefrau bedingt. Die Belastung traf den Kläger als nicht beitragspflichtigen mitversicherten Ehemann zudem nur mittelbar. Darüber hinaus gilt der Beitragszuschlag für alle beihilfeberechtigten mitversicherten Ehegatten, also auch für andere Bundesbeamte, deren Beihilfe sich nach der BBhV richtet. Auch nach der BBhV ist für die aktive Dienstzeit ein Beitragszuschlag zu entrichten, da die Beihilfe in diesem Zeitraum mit einem Satz von 50% gewährt wird. Dem Kläger steht es nicht frei, nach Lebensabschnitten die jeweils günstigste Regelung für sich zu beanspruchen. Derjenige, der die Möglichkeit hatte, sich freiwillig außerhalb der KVB zu versichern, und von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, hat eine Systementscheidung getroffen, die sich sowohl auf die Vor- als auch auf die Nachteile dieser Form der Eigenvorsorge insgesamt bezieht. Er muss ebenso wie derjenige, der bewusst von einem - ergänzenden - Versicherungsschutz ganz oder teilweise abgesehen hat, in Kauf nehmen, dass nach den jeweiligen Systembedingungen krankheitsbedingte Aufwendungen ungedeckt bleiben oder Beitragszuschläge verlangt werden.
53Vgl. für die Möglichkeit, sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 2 C 35/04 – juris.
54Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Absatz 1, 162 Absatz 3 VwGO. Der Beigeladenen können mangels Stellung eines eigenen Antrags – unabhängig davon, ob sie unterlegen ist oder nicht – keine Kosten auferlegt werden, § 154 Absatz 3 VwGO. Da die Beigeladene sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es zugleich der Billigkeit, dass sie etwaige eigene außergerichtliche Kosten selbst trägt (§ 162 Absatz 3 VwGO).
55Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Absatz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- § 80 Absatz 4 BBG 1x (nicht zugeordnet)
- 2 C 15/04 2x (nicht zugeordnet)
- 13 K 515/10 1x (nicht zugeordnet)
- 3 K 5014/13 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- BBhV § 2 Beihilfeberechtigte Personen 3x
- §§ 14, 15 Absatz 1 und 2 BEZNG 3x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- 2 BvL 77/92 1x (nicht zugeordnet)
- BBhV § 46 Bemessung der Beihilfe 1x
- § 14 BEZNG 1x (nicht zugeordnet)
- 2 C 35/04 3x (nicht zugeordnet)
- §§ 79, 80 BBG 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 10 K 3852/12 1x
- VwGO § 162 1x
- 2 BvF 3/88 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 80 Absatz 3 Satz 1 BBG 1x (nicht zugeordnet)
- 5 C 33/12 1x (nicht zugeordnet)
- III ZR 170/54 4x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 43 2x
- 16 A 420/09 1x (nicht zugeordnet)