Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17.06.2016 wird aufgehoben, soweit er den Widerspruch gegen den Kostenbescheid vom 16.02.2016 betrifft und eine Widerspruchsgebühr festsetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
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| | Der Kläger begehrt die Erstattung gezahlter Abschleppkosten. |
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| | Der Kläger ist Halter eines Kraftfahrzeugs VW Golf, amtliches Kennzeichen .... Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 13.11.2015, einem Freitag, parkte er das Fahrzeug am Fahrbahnrand vor dem Anwesen ... Straße ... in Freiburg. Dort wurden an jenem Tag auf Antrag einer Möbelspedition und gemäß verkehrsrechtlicher Anordnung vom gleichen Tag Halteverbotsschilder (Zeichen 283 StVO) mit Zusatzschild „Verbot des Haltens auch auf dem Seitenstreifen (Zeichen Nr. 62.1 StVO) mit einem Abstand von 15 m aufgestellt, um die Zufahrt in die benachbarte Hofeinfahrt zu ermöglichen. An den Schildern war ein Hinweis auf einen Umzug am Dienstag, dem 17.11.2015, von 07:00 Uhr bis 18:00 Uhr angebracht. |
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| | Laut einem Vermerk des am 17.11.2015 um 08.15 Uhr von der Spedition unterrichteten Amts für öffentliche Ordnung der Beklagten stellte ein Mitarbeiter fest, dass das Fahrzeug des Klägers seit 08.28 Uhr unverändert im Halteverbot (auch auf dem Seitenstreifen) stand und den Umzug behinderte. Der (rückwärts in den Hinterhof eingefahrene) Lastkraftwagen der Spedition könne nicht ausfahren. Der Halter, dessen Wohnanschrift ermittelt worden sei, habe nicht angetroffen werden können. Hinweise auf seinen Verbleib habe es nicht gegeben. Das Fahrzeug sei um 11.50 Uhr abgeschleppt worden. |
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| | Der Kläger holte sein Fahrzeug am 20.11.2015 ab und entrichtete Abschleppkosten in Höhe von 238,00 EUR. Gegen den Bußgeldbescheid der Beklagten vom 22.12.2015 erhob er Einspruch, den er später zurück nahm. |
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| | Mit Schreiben vom 20.01.2016 erläuterte die Beklagte dem Kläger die Abschleppmaßnahme und seine Kostenlast, ferner, dass sie Kostenbescheide - zur Ersparnis von Gebühren für die Betroffenen - nur erlasse, wenn die Betroffenen darauf bestünden. |
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| | Mit Kostenbescheid vom 16.02.2016 setzte die Beklagte nachträglich Abschleppkosten in Höhe von 190,00 EUR, eine Aufwandsgebühr in Höhe von 48,00 EUR und eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 75,00 EUR fest (insgesamt 313,00 EUR). Der Kläger zahlte am 23.02.2016 (auch) die Verwaltungsgebühr und erhob am 09.03.2016 Widerspruch. |
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| | Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, setzte eine Widerspruchsgebühr von 75 EUR fest und führte u.a. aus: Der Einwand des Klägers, das Speditionsfahrzeug habe problemlos einfahren können und hätte deshalb auch problemlos ausfahren können müssen, verfange nicht, weil es bei der Einfahrt des Lastkraftwagens offenbar Parklücken gegeben habe. |
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| | Der Kläger hat am 15.07.2016 Klage erhoben. Er verweist auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren, dass die Beschilderung der Halteverbotszone unzureichend gewesen sei. Der Blick auf das Verkehrszeichen sei durch den dort stehenden Laternenmast teilweise verdeckt worden. Ferner trägt er vor: Das Abschleppen sei unverhältnismäßig gewesen. Wenn es dem Speditionsfahrzeug möglich gewesen sei, in die Hofeinfahrt einzufahren, hätte es auch wieder ausfahren können müssen. Etwas anderes sei für ihn nicht klar ersichtlich gewesen. Das zeigten auch die von ihm gefertigten Lichtbilder, die eine Nachstellung der Situation zeigten. Er benutze das Fahrzeug relativ selten. Es sei der Straßenverkehrsbehörde zumutbar, bereits vor dem Aufstellens des Verkehrszeichens die Halter zu informieren. Für den Erlass des Widerspruchsbescheids sei nicht die Beklagte, sondern das Regierungspräsidium zuständig gewesen. |
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| | den Kostenbescheid der Beklagten vom 16.02.2016 und deren Widerspruchsbescheid vom 17.06.2016 einschließlich der darin festgesetzten Widerspruchsgebühr aufzuheben. |
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| | Sie trägt vor: Auch ohne konkrete Behinderung sei die Maßnahme verhältnismäßig, da in dem verbotswidrigen Parken eine Funktionsbeeinträchtigung des Straßenverkehrs liege. Unabhängig davon habe es aber auch eine konkrete Behinderung gegeben, da der Lastkraftwagen wegen des klägerischen Fahrzeugs nicht habe ausfahren konnte. |
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| | Der Kammer liegt ein Heft Verwaltungsakten der Beklagten vor. |
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| | Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. |
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| | Gegenstand ist der Kostenbescheid einschließlich der darin erfolgten Gebührenfestsetzung in der - ihn nicht ändernden - Gestalt des Widerspruchsbescheids sowie die Festsetzung einer Widerspruchsgebühr. Dass der Kläger die festgesetzten Kosten und Gebühren sämtlich gezahlt hat, führte nicht zur Erledigung der Festsetzungen. |
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| | Gegenstand der Klage ist nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Klägers auch - für sich und gesondert - der Widerspruchsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwGO). |
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| | Für die dort festgesetzte Widerspruchsgebühr versteht sich das von selbst; denn in dieser liegt eine selbständige zusätzliche Beschwer (§ 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO). |
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| | Der den Widerspruch zurückweisende Sachausspruch ist gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO selbständig anfechtbar, weil der Kläger geltend macht, dass dabei eine wesentliche Verfahrensvorschrift verletzt worden ist; eine solche Verletzung gilt als eine zusätzliche Beschwer im Sinn des Satzes 1 von Absatz 2 der Vorschrift. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist insoweit eröffnet; denn der Erlass eines Widerspruchsbescheids durch eine unzuständige Behörde ist ein Verfahrensfehler in diesem Sinne (VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2421/03 -, VBlBW 2005, 391 = juris, Rdnr. 34 ff.; für eine Verpflichtungsklage auf Erteilung eines roten Dauer-Kfz-Kennzeichens, VG Freiburg, Urteil vom 17.08.2016 - 4 K 967/15 -; Dolde/Porsch, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 73 Rdnr. 24). Ein Widerspruchsbescheid beruht zwar nicht auf einem Verfahrensfehler, wenn vernünftigerweise ausgeschlossen werden kann, dass bei Unterbleiben des Fehlers die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Dies würde aber voraussetzen, dass es sich bei dem Erlass des Kostenbescheids zur Geltendmachung der Vollstreckungskosten einer Gemeinde bei Erfüllung einer Weisungsangelegenheit um einen gebundenen Verwaltungsakt handeln würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Kostenbescheide werden vielmehr nach Ermessen erlassen. |
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| | Für den Erlass des Kostenbescheids war die Beklagte als Vollstreckungsbehörde zuständig (§ 31 Abs. 1 und 6 i. V. m. § 4 Abs. 1 LVwVG). Verfahrensfehler bei seinem Erlass sind nicht ersichtlich. |
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| | Die Vollstreckungsmaßnahme, hier eine Ersatzvornahme des dem Halteverbot innewohnenden Gebots wegzufahren, war rechtmäßig. Sie beruhte auf § 25 LVwVG. |
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| | Zuständig für die Anordnung der Ersatzvornahme war die Beklagte, die als Straßenverkehrsbehörde (vgl. § 1 StVOZuG) Vollstreckungsbehörde war (§ 4 LVwVG; VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 17.06.2003 - 1 S 2025/01 -, VBlBW 2004, 213). |
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| | Bei dem absoluten Halteverbot handelte es sich um einen vollstreckbaren Verwaltungsakt. Es war angeordnet und nach den einschlägigen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung wirksam bekannt gemacht worden (§ 45 Abs. 4, § 39 Abs. 1 StVO). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger das Verkehrszeichen nicht bzw. - wie er geltend gemacht hat - nicht richtig wahrgenommen hat. Denn es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die beiden Verkehrsschilder so aufgestellt waren, dass der Kläger sie bei einer einfachen Umschau (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2016 - 3 C 10.15 -, NZV 2016, 539 = juris, Rdnr. 16 ff., insbes. 19) hätte wahrnehmen und in ihrer Bedeutung erkennen können (Sichtbarkeitsgrundsatz). Soweit der Kläger bemerkt, dass er beim Verlassen seines Hauses das seinem Hauseingang nähere Schild zwar wahrgenommen, aber den Eindruck gehabt habe, es stehe dort nur versehentlich (weil es von der Straßenlaterne teilweise verdeckt und von ihm teilweise abgewandt gewesen sei), zieht er die ordnungsgemäße Aufstellung der Verkehrsschilder nicht hinreichend in Frage. Vielmehr meint die geforderte einfache Umschau in einem Fall wie dem vorliegenden, dass der Betreffende, ist ein Verkehrsschild wahrnehmbar, sich dieses gerade näher anschaut. Hätte der Kläger dies getan, hätte er nicht nur die Bedeutung des von ihm beiläufig wahrgenommenen Verkehrsschildes, sondern überdies das andere, vom Eingang seines Hauses weiter entfernte, das Ende der Halteverbotszone kennzeichnende Schild erkannt. |
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| | Die - sofortige - Ersatzvornahme war auch verhältnismäßig. Dabei ist unerheblich, ob das Fahrzeug des Klägers das Speditionsfahrzeug tatsächlich beim Ausfahren konkret behindert hat (VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 20.01.2010 a.a.O.; schon Urteil vom 30.01.1995 - 1 S 3083/94 -, BWVPr 1995, 233; a.A. allerdings neuerdings OVG Bremen, Urteil vom 15.04.2014 - 1 A 104/12 -, NVwZ-RR 2014, 534 = juris, Rdnrn. 28 ff., für ein Verkehrszeichen 283). |
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| | Unabhängig hiervon besteht aber auch kein Zweifel, dass eine die Ausfahrt des Lastkraftwagens aus dem Hinterhof zusätzliche Behinderung zumindest nahe lag. Der Einwand des Klägers, wer, zumal rückwärts, einfahren könne, könne auch ausfahren, hat zwar eine gewisse Plausibilität für sich. Der Kläger berücksichtigt aber nicht, dass sich seit der Einfahrt des Speditionslastwagens die Verhältnisse geändert haben können, etwa durch ordnungswidrig parkende Fahrzeuge gegenüber der Hofeinfahrt und nördlich davon. Dass sich der Fahrer des Lastkraftwagens nicht in der Lage sah, auszufahren, ist ohnehin ein starkes Indiz dafür, dass eine Behinderung vorlag, ferner auch der Umstand, dass der hinzugerufene Bedienstete des Gemeindevollzugsdiensts der Beklagten die Situation gleich einschätzte und langwierige und erfolglose Bemühungen unternahm, den Halter bzw. Fahrer festzustellen. |
|
| | Die Kostenanforderung ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung des vorübergehenden Halteverbots bestehen nicht. Auch entspricht es in der Regel dem Zweck der Ermächtigung zum Erlass von verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Kostenbescheiden und den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung, bei dem Betroffenen die Kosten der Verwaltungsvollstreckung zu erheben. Hiervon ist nicht deshalb eine Ausnahme zu machen, weil der Kläger die Halteverbotszeichen zuvor nicht wahrgenommen hatte; denn ihn traf spätestens ab dem vierten Tag nach dem Abstellen seines Kraftfahrzeugs eine Nachschaupflicht (VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 13.02.2007 - 1 S 822/05 -, VBlBW 2007, 350 m.w.N.). |
|
| | Dass die Beklagte die Kosten der Ersatzvornahme (vgl. § 6 Abs. 1 und 2 sowie § 8 Nr. 8 LVwVGKO) und die Verwaltungsgebühr (nach ihrer Verwaltungsgebührensatzung vom 26.11.2013 und dem angeschlossenen Gebührenverzeichnis) zu hoch angesetzt hätte, macht der Kläger nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich. |
|
| | Auch gegen die Zurückweisung des Widerspruchs des Klägers wegen der im Kostenbescheid festgesetzten Verwaltungsgebühr bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere war die Beklagte hierfür zuständig. |
|
| | Die Kammer folgt insoweit der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2421/03 -, VBlBW 2005, 39; bestätigt durch Urteil vom 26.11.2013 - 10 S 2387/11 -, VBlBW 2014, 306 unter Abgrenzung zu VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.2008 - 2 S 1425/08 -, VBlBW 2009, 312, wo es um eine Gebührenerhebung durch einen Landkreis ging und u.a. auf die Doppelfunktion des Landratsamts abgestellt wurde), wonach es sich bei der Festsetzung von Gebühren für von der Gemeinde wahrgenommene staatliche Aufgaben um eine Selbstverwaltungsangelegenheit im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO handelt, und dies selbst dann, wenn die Gebührenvorschriften staatliches (und nicht kommunales) Recht sind. |
|
| | Dieser Rechtsauffassung hat zwar jüngst das Sächsische Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 29.05.2015 - 5 A 41/13 -, juris) widersprochen und betont, dass die Frage, ob eine Selbstverwaltungsangelegenheit vorliege, anhand der Normen, die die konkrete Abgabenerhebung regeln, zu beurteilen sei. Die von ihm insoweit in Bezug genommene ältere Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 27.02.1985, VBlBW 1986, 22) ist aber, sofern und soweit sie sich auf Gebührenfestsetzungen beziehen lässt, durch die genannten jüngeren Entscheidungen überholt. |
|
| | Erfolg hat die Klage aber insoweit, als der Kläger sich gegen die Entscheidung über den Widerspruch gegen den Kostenbescheid selbst und die Festsetzung einer Widerspruchsgebühr wendet. Denn dafür war nicht die Beklagte, sondern das Regierungspräsidium Freiburg als nächsthöhere Behörde (vgl. § 21 Abs. 2 LVG) im Sinn von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO zuständig; insoweit ging es nicht etwa um eine Selbstverwaltungsangelegenheit im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO (vgl., wenn auch zum Kostenersatz gemäß § 8 Abs. 2 PolG, VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1985 - 1 S 1959/84 -, a.a.O.). |
|
| | Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich die oben ausgeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu Gebühren nicht auf die Geltendmachung von Vollstreckungskosten erweitern, auch dann nicht, wenn diese - wie hier - (ergänzend auch) auf Grund von kommunalabgabenrechtlichen Regeln geltend gemacht werden (vgl. § 31 Abs. 6 LVwVG; so schon VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1985, a.a.O., am Ende). |
|
| | Dies folgt möglicherweise schon daraus, dass eine mit einer Gebührenfestsetzung vergleichbare Eigenständigkeit der Kostenentscheidung (vgl. dazu VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2421/03 -, a.a.O.) in Bezug zu der Verwaltungsentscheidung, für die eine Gebühr geltend gemacht wird, nicht besteht (neuerdings allerdings wieder offenlassend VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.09.2015 - 3 S 411/15 -, VBlBW 2016, 31; vgl. auch, für den Sonderfall einer Gebühr für eine - nicht selbständig anfechtbare - Gutachtensanordnung, § 6 StGebO und § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG und hierzu Urteil vom 12.12.2016 - 10 S 2406/14 -, juris, m.w.N.). |
|
| | In diesem Sinne hebt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem erwähnten Urteil vom 27.02.1985 (1 S 1959/84 a.a.O.) auch darauf ab, dass es keinen Unterschied machen könne, ob die polizeiliche Maßnahme selbst im Widerspruchsverfahren zu überprüfen sei oder - wegen ihrer Erledigung - (nur) ein daraufhin ergangener Kostenbescheid. Dem folgt die Kammer. |
|
| | Dementsprechend findet sich auch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg kein Fall, in dem Gegenstand der Kostenbescheid eines Stadtkreises war (sei es nach § 8 Abs. 2 PolG, sei es vollstreckungskostenrechtlicher Art) und in dem nicht das Regierungspräsidium über den Widerspruch entschieden hätte (VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 24.01.2012 - 10 S 14767/11 -, NVwZ-RR 2012, 387; Urteil vom 30.10.2010 - 1 S 1120/10 -, VBlBW 2011, 153; Urteil vom 16.12.2009 - 1 S 3263/08 -, VBlBW 2010, 198). In allen diesen Entscheidungen wurde § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO nicht einmal erwähnt (allerdings war der Widerspruchsbescheid dort auch nicht isoliert angefochten). |
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| | Soweit die Beklagte als unzuständige Widerspruchsbehörde entschieden hat, ist der Widerspruchsbescheid aufzuheben (vgl. VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2441/03 -, a.a.O.; Urteil vom 18.12.2012 - 10 S 2058/11 -, VBlBW 2013, 301, auch zu § 45 und § 46 LVwVfG). |
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| | Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. |
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| | Gegenstand ist der Kostenbescheid einschließlich der darin erfolgten Gebührenfestsetzung in der - ihn nicht ändernden - Gestalt des Widerspruchsbescheids sowie die Festsetzung einer Widerspruchsgebühr. Dass der Kläger die festgesetzten Kosten und Gebühren sämtlich gezahlt hat, führte nicht zur Erledigung der Festsetzungen. |
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| | Gegenstand der Klage ist nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Klägers auch - für sich und gesondert - der Widerspruchsbescheid (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwGO). |
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| | Für die dort festgesetzte Widerspruchsgebühr versteht sich das von selbst; denn in dieser liegt eine selbständige zusätzliche Beschwer (§ 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO). |
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| | Der den Widerspruch zurückweisende Sachausspruch ist gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO selbständig anfechtbar, weil der Kläger geltend macht, dass dabei eine wesentliche Verfahrensvorschrift verletzt worden ist; eine solche Verletzung gilt als eine zusätzliche Beschwer im Sinn des Satzes 1 von Absatz 2 der Vorschrift. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist insoweit eröffnet; denn der Erlass eines Widerspruchsbescheids durch eine unzuständige Behörde ist ein Verfahrensfehler in diesem Sinne (VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2421/03 -, VBlBW 2005, 391 = juris, Rdnr. 34 ff.; für eine Verpflichtungsklage auf Erteilung eines roten Dauer-Kfz-Kennzeichens, VG Freiburg, Urteil vom 17.08.2016 - 4 K 967/15 -; Dolde/Porsch, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 73 Rdnr. 24). Ein Widerspruchsbescheid beruht zwar nicht auf einem Verfahrensfehler, wenn vernünftigerweise ausgeschlossen werden kann, dass bei Unterbleiben des Fehlers die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Dies würde aber voraussetzen, dass es sich bei dem Erlass des Kostenbescheids zur Geltendmachung der Vollstreckungskosten einer Gemeinde bei Erfüllung einer Weisungsangelegenheit um einen gebundenen Verwaltungsakt handeln würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Kostenbescheide werden vielmehr nach Ermessen erlassen. |
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| | Für den Erlass des Kostenbescheids war die Beklagte als Vollstreckungsbehörde zuständig (§ 31 Abs. 1 und 6 i. V. m. § 4 Abs. 1 LVwVG). Verfahrensfehler bei seinem Erlass sind nicht ersichtlich. |
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| | Die Vollstreckungsmaßnahme, hier eine Ersatzvornahme des dem Halteverbot innewohnenden Gebots wegzufahren, war rechtmäßig. Sie beruhte auf § 25 LVwVG. |
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| | Zuständig für die Anordnung der Ersatzvornahme war die Beklagte, die als Straßenverkehrsbehörde (vgl. § 1 StVOZuG) Vollstreckungsbehörde war (§ 4 LVwVG; VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 17.06.2003 - 1 S 2025/01 -, VBlBW 2004, 213). |
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| | Bei dem absoluten Halteverbot handelte es sich um einen vollstreckbaren Verwaltungsakt. Es war angeordnet und nach den einschlägigen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung wirksam bekannt gemacht worden (§ 45 Abs. 4, § 39 Abs. 1 StVO). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger das Verkehrszeichen nicht bzw. - wie er geltend gemacht hat - nicht richtig wahrgenommen hat. Denn es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die beiden Verkehrsschilder so aufgestellt waren, dass der Kläger sie bei einer einfachen Umschau (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.04.2016 - 3 C 10.15 -, NZV 2016, 539 = juris, Rdnr. 16 ff., insbes. 19) hätte wahrnehmen und in ihrer Bedeutung erkennen können (Sichtbarkeitsgrundsatz). Soweit der Kläger bemerkt, dass er beim Verlassen seines Hauses das seinem Hauseingang nähere Schild zwar wahrgenommen, aber den Eindruck gehabt habe, es stehe dort nur versehentlich (weil es von der Straßenlaterne teilweise verdeckt und von ihm teilweise abgewandt gewesen sei), zieht er die ordnungsgemäße Aufstellung der Verkehrsschilder nicht hinreichend in Frage. Vielmehr meint die geforderte einfache Umschau in einem Fall wie dem vorliegenden, dass der Betreffende, ist ein Verkehrsschild wahrnehmbar, sich dieses gerade näher anschaut. Hätte der Kläger dies getan, hätte er nicht nur die Bedeutung des von ihm beiläufig wahrgenommenen Verkehrsschildes, sondern überdies das andere, vom Eingang seines Hauses weiter entfernte, das Ende der Halteverbotszone kennzeichnende Schild erkannt. |
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| | Die - sofortige - Ersatzvornahme war auch verhältnismäßig. Dabei ist unerheblich, ob das Fahrzeug des Klägers das Speditionsfahrzeug tatsächlich beim Ausfahren konkret behindert hat (VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 20.01.2010 a.a.O.; schon Urteil vom 30.01.1995 - 1 S 3083/94 -, BWVPr 1995, 233; a.A. allerdings neuerdings OVG Bremen, Urteil vom 15.04.2014 - 1 A 104/12 -, NVwZ-RR 2014, 534 = juris, Rdnrn. 28 ff., für ein Verkehrszeichen 283). |
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| | Unabhängig hiervon besteht aber auch kein Zweifel, dass eine die Ausfahrt des Lastkraftwagens aus dem Hinterhof zusätzliche Behinderung zumindest nahe lag. Der Einwand des Klägers, wer, zumal rückwärts, einfahren könne, könne auch ausfahren, hat zwar eine gewisse Plausibilität für sich. Der Kläger berücksichtigt aber nicht, dass sich seit der Einfahrt des Speditionslastwagens die Verhältnisse geändert haben können, etwa durch ordnungswidrig parkende Fahrzeuge gegenüber der Hofeinfahrt und nördlich davon. Dass sich der Fahrer des Lastkraftwagens nicht in der Lage sah, auszufahren, ist ohnehin ein starkes Indiz dafür, dass eine Behinderung vorlag, ferner auch der Umstand, dass der hinzugerufene Bedienstete des Gemeindevollzugsdiensts der Beklagten die Situation gleich einschätzte und langwierige und erfolglose Bemühungen unternahm, den Halter bzw. Fahrer festzustellen. |
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| | Die Kostenanforderung ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung des vorübergehenden Halteverbots bestehen nicht. Auch entspricht es in der Regel dem Zweck der Ermächtigung zum Erlass von verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Kostenbescheiden und den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung, bei dem Betroffenen die Kosten der Verwaltungsvollstreckung zu erheben. Hiervon ist nicht deshalb eine Ausnahme zu machen, weil der Kläger die Halteverbotszeichen zuvor nicht wahrgenommen hatte; denn ihn traf spätestens ab dem vierten Tag nach dem Abstellen seines Kraftfahrzeugs eine Nachschaupflicht (VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 13.02.2007 - 1 S 822/05 -, VBlBW 2007, 350 m.w.N.). |
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| | Dass die Beklagte die Kosten der Ersatzvornahme (vgl. § 6 Abs. 1 und 2 sowie § 8 Nr. 8 LVwVGKO) und die Verwaltungsgebühr (nach ihrer Verwaltungsgebührensatzung vom 26.11.2013 und dem angeschlossenen Gebührenverzeichnis) zu hoch angesetzt hätte, macht der Kläger nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich. |
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| | Auch gegen die Zurückweisung des Widerspruchs des Klägers wegen der im Kostenbescheid festgesetzten Verwaltungsgebühr bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Insbesondere war die Beklagte hierfür zuständig. |
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| | Die Kammer folgt insoweit der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2421/03 -, VBlBW 2005, 39; bestätigt durch Urteil vom 26.11.2013 - 10 S 2387/11 -, VBlBW 2014, 306 unter Abgrenzung zu VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.12.2008 - 2 S 1425/08 -, VBlBW 2009, 312, wo es um eine Gebührenerhebung durch einen Landkreis ging und u.a. auf die Doppelfunktion des Landratsamts abgestellt wurde), wonach es sich bei der Festsetzung von Gebühren für von der Gemeinde wahrgenommene staatliche Aufgaben um eine Selbstverwaltungsangelegenheit im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO handelt, und dies selbst dann, wenn die Gebührenvorschriften staatliches (und nicht kommunales) Recht sind. |
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| | Dieser Rechtsauffassung hat zwar jüngst das Sächsische Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 29.05.2015 - 5 A 41/13 -, juris) widersprochen und betont, dass die Frage, ob eine Selbstverwaltungsangelegenheit vorliege, anhand der Normen, die die konkrete Abgabenerhebung regeln, zu beurteilen sei. Die von ihm insoweit in Bezug genommene ältere Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 27.02.1985, VBlBW 1986, 22) ist aber, sofern und soweit sie sich auf Gebührenfestsetzungen beziehen lässt, durch die genannten jüngeren Entscheidungen überholt. |
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| | Erfolg hat die Klage aber insoweit, als der Kläger sich gegen die Entscheidung über den Widerspruch gegen den Kostenbescheid selbst und die Festsetzung einer Widerspruchsgebühr wendet. Denn dafür war nicht die Beklagte, sondern das Regierungspräsidium Freiburg als nächsthöhere Behörde (vgl. § 21 Abs. 2 LVG) im Sinn von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO zuständig; insoweit ging es nicht etwa um eine Selbstverwaltungsangelegenheit im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO (vgl., wenn auch zum Kostenersatz gemäß § 8 Abs. 2 PolG, VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1985 - 1 S 1959/84 -, a.a.O.). |
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| | Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich die oben ausgeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu Gebühren nicht auf die Geltendmachung von Vollstreckungskosten erweitern, auch dann nicht, wenn diese - wie hier - (ergänzend auch) auf Grund von kommunalabgabenrechtlichen Regeln geltend gemacht werden (vgl. § 31 Abs. 6 LVwVG; so schon VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1985, a.a.O., am Ende). |
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| | Dies folgt möglicherweise schon daraus, dass eine mit einer Gebührenfestsetzung vergleichbare Eigenständigkeit der Kostenentscheidung (vgl. dazu VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2421/03 -, a.a.O.) in Bezug zu der Verwaltungsentscheidung, für die eine Gebühr geltend gemacht wird, nicht besteht (neuerdings allerdings wieder offenlassend VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.09.2015 - 3 S 411/15 -, VBlBW 2016, 31; vgl. auch, für den Sonderfall einer Gebühr für eine - nicht selbständig anfechtbare - Gutachtensanordnung, § 6 StGebO und § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG und hierzu Urteil vom 12.12.2016 - 10 S 2406/14 -, juris, m.w.N.). |
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| | In diesem Sinne hebt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem erwähnten Urteil vom 27.02.1985 (1 S 1959/84 a.a.O.) auch darauf ab, dass es keinen Unterschied machen könne, ob die polizeiliche Maßnahme selbst im Widerspruchsverfahren zu überprüfen sei oder - wegen ihrer Erledigung - (nur) ein daraufhin ergangener Kostenbescheid. Dem folgt die Kammer. |
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| | Dementsprechend findet sich auch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg kein Fall, in dem Gegenstand der Kostenbescheid eines Stadtkreises war (sei es nach § 8 Abs. 2 PolG, sei es vollstreckungskostenrechtlicher Art) und in dem nicht das Regierungspräsidium über den Widerspruch entschieden hätte (VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 24.01.2012 - 10 S 14767/11 -, NVwZ-RR 2012, 387; Urteil vom 30.10.2010 - 1 S 1120/10 -, VBlBW 2011, 153; Urteil vom 16.12.2009 - 1 S 3263/08 -, VBlBW 2010, 198). In allen diesen Entscheidungen wurde § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO nicht einmal erwähnt (allerdings war der Widerspruchsbescheid dort auch nicht isoliert angefochten). |
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| | Soweit die Beklagte als unzuständige Widerspruchsbehörde entschieden hat, ist der Widerspruchsbescheid aufzuheben (vgl. VGH-Bad.-Württ., Urteil vom 11.03.2005 - 5 S 2441/03 -, a.a.O.; Urteil vom 18.12.2012 - 10 S 2058/11 -, VBlBW 2013, 301, auch zu § 45 und § 46 LVwVfG). |
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