Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 5 K 6205/18

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten eine Vertragsstrafe im Zusammenhang mit einer Abwendungserklärung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB geltend.
Der Beklagte erwarb mit notariellen Kaufvertrag vom 14.04.2015 das Grundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung ... zum Preis von 165.500,00 EUR. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“, der für das Grundstück ein allgemeines Wohngebiet sowie ein Baufenster festsetzt. Das Grundstück ist mittlerweile bebaut; das Haus ist nach Vortrag des Beklagten bezugsfertig.
Nach Eingang des Kaufvertrags bei der Klägerin am 20.04.2015 kam es am 24.04.2015 zu einem Telefonat zwischen dem Bürgermeister der Klägerin und dem Beklagten. In diesem Telefonat wies der Bürgermeister den Beklagten darauf hin, dass der Stadt ... hinsichtlich des gekauften Grundstücks ein allgemeines gesetzliches Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BauGB zustünde und dass die Klägerin die Ausübung dieses Vorkaufsrechts zur Sicherstellung einer schnellen Wohnbebauung des Grundstücks erwäge. Daraufhin erklärte der Beklagte, er habe die feste Absicht zur Errichtung eines Wohnhauses für eigene Wohnzwecke auf dem Grundstück und werde demnächst einen Bauantrag einreichen. Hierzu teilte der Bürgermeister dem Beklagten mit, die Klägerin werde auf die Ausübung des Vorkaufsrechts verzichten, wenn der Beklagte eine Bauverpflichtung für die nächsten drei Jahre eingehe. Hierzu war der Beklagte bereit.
In der Gemeinderatssitzung am 05.05.2015 wurde der Gemeinderat über dieses Vorgehen seitens des Bürgermeisters informiert.
Am 06.05.2015 unterzeichnete der Beklagte im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Bürgermeister der Klägerin eine „Verpflichtungserklärung“ nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB, die wie folgt lautete:
„[...] Zur Abwendung der Ausübung des Vorkaufsrechts verpflichte ich mich nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB
1. das Grundstück innerhalb von drei Jahren gerechnet ab dem heutigen Tag entsprechend den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplans „...“ mit einem Einzelhaus oder Doppelhaus zu bebauen, wobei für die Einhaltung der Frist maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem eine baurechtliche Fertigstellungsabnahme im Sinne des § 67 Abs. 1 Nr. 2 LBO möglich wäre,
2. im Falle eines schuldhaften Verstoßes gegen vorstehende Ziff. 1 an die Stadt ... eine Vertragsstrafe in Höhe von 10 % des Grundstückskaufpreises zu zahlen, wobei die Verpflichtung nach Ziff. 1 hiervon unberührt bleibt,
3. die Verpflichtungen nach vorstehenden Ziff. 1 und 2 an etwaige Rechtsnachfolger weiterzugeben.“
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Das Dokument weist allein die Unterschrift des Beklagten auf.
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Auf der Grundlage dieser Verpflichtungserklärung verzichtete die Klägerin auf die Ausübung eines Vorkaufsrechts.
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In der Folgezeit kam es zu keiner Bebauung des Grundstücks. Der Bürgermeister der Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 14.03.2018 an den Beklagten und wies darauf hin, dass gemäß der Verpflichtungserklärung die Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe am 06.05.2018 fällig werde, falls das Grundstück bis zu diesem Zeitpunkt nicht bis zur baurechtlichen Fertigstellungsabnahme bebaut sei.
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Im Rahmen eines Gesprächs zwischen dem Bürgermeister der Klägerin sowie dem Beklagten am 29.03.2018 erklärte der Beklagte, er sei wegen eines Bandscheibenvorfalls und aufgrund eines Bauvorhabens seines Gewerbebetriebs daran gehindert gewesen, das Wohnbauvorhaben auf dem erworbenen Grundstück zu beginnen. Einen Bauantrag werde er aber in den nächsten vier bis fünf Wochen stellen.
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Ein Bauantrag für das Wohnbauvorhaben des Beklagten ging bei der Klägerin in der Folgezeit nicht ein. Mit Bescheid vom 15.05.2018 machte die Klägerin die Forderung in Höhe von 16.550,-- EUR gegenüber dem Beklagten geltend.
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Hiergegen legte der Beklagte mit Schreiben vom 28.05.2018 Widerspruch ein.
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Mit Bescheid vom 29.06.2018 wurde der Bescheid vom 15.05.2018 aufgehoben.
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Mit Schreiben vom 27.06.2018 wurde der Beklagte erneut unter Fristsetzung bis zum 13.07.2018 zur Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 16.550,00 EUR aufgefordert. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 05.07.2018 ab. Er wies unter anderem darauf hin, dass er die Verpflichtungserklärung unterzeichnet habe, nachdem ihm der Bürgermeister der Klägerin mitgeteilt habe, dass ein Gemeinderatsbeschluss vorliege, dass auf dem Grundstück, welches er erworben habe, die Stadt ein Asylbewerberheim errichten wolle und daher ihr Vorkaufsrecht ausüben wolle, es sei denn, er baue in allernächster Zeit sein Haus auf dem Grundstück. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass die Behauptung, dass die Klägerin das Grundstück für ein Asylbewerberheim nutzen wolle, nicht zutreffe. Daher sei die Grundlage für die Vertragsstrafe entfallen. Schließlich habe er die Bauverpflichtung nicht schuldhaft verletzt. Er sei durch stichhaltige Gründe am Bau gehindert gewesen.
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Anfang September 2018 ging bei der Klägerin der vom Beklagten angekündigte Bauantrag ein. Eine einvernehmliche Einigung zwischen den beiden Beteiligten scheiterte.
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Am 05.11.2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, der Beklagte habe die Vertragsstrafe gemäß Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung vom 06.05.2015 verwirkt. Die fehlende Bebauung des Grundstücks innerhalb der 3-Jahresfrist stelle einen schuldhaften Verstoß gegen die übernommene Verpflichtung dar. Es könne dahinstehen, ob die vom Beklagten geltend gemachten gesundheitlichen bzw. betrieblichen Gründe tatsächlich vorlägen. Jedenfalls würden diese Gründe keine das Verschulden ausschließende Rechtfertigung für die unterbliebene Bebauung des Grundstücks darstellen. Die vom Beklagten vorgetragenen Gründe würden es nicht unmöglich machen, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren einen Architekten mit der Planung und Realisierung eines Wohnhauses zu beauftragen. Im Übrigen sei zwischen den Beteiligten ein wirksamer Abwendungsvertrag geschlossen worden. Das Schriftformerfordernis sei gewahrt worden. Im Falle einer einseitigen Verpflichtung seitens des Bürgers müsse lediglich seine Willenserklärung der Schriftform genügen. Die Annahmeerklärung der Verwaltung – hier der Klägerin – könne grundsätzlich auch mündlich erklärt werden. Hilfsweise stelle das Schreiben vom 14.03.2018 eine konkludente Annahme des Angebots des Beklagten zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages dar.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 16.550,00 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zu Begründung trägt er vor, dass bereits das Rechtsschutzinteresse für die vorliegende Klage fehle, da das Grundstück mittlerweile bebaut und das Haus bezugsfertig sei. Außerdem sei die Vertragsstrafe unberechtigt vereinbart worden. Der Bürgermeister habe im Gespräch mit ihm darauf hingewiesen, dass die Stadt gemäß Bebauungsplan vorhabe ein Asylbewerberheim auf dem Grundstück, welches er erworben habe, zu bauen. Es habe zudem keine Berechtigung des Bürgermeisters bestanden, das Vorkaufsrecht auszuüben, da hierüber im Gemeinderat weder gesprochen noch ein solcher Beschluss gefasst worden sei. Der Gemeinderat habe von der Tätigkeit des Bürgermeisters keine Kenntnis gehabt. Demzufolge sei der Vertrag bereits deshalb unwirksam, weil nicht das zuständige Organ der Gemeinde, der Gemeinderat, gehandelt habe. Weiterhin lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 BauGB nicht vor und die Gemeinde habe das Vorkaufsrecht nicht ausüben dürfen. Auf dem Grundstück sei kein Asylbewerberheim geplant gewesen. Auf eine solche Planung habe der Bürgermeister ihn jedoch in dem Gespräch nach dem Erwerb des Grundstücks explizit hingewiesen. Bei dem Vertragsstrafversprechen handele es sich nicht um eine Geldzuwendung an die Kommune, sodass gegen das öffentlich-rechtliche Äquivalenzgebot bzw. das Koppelungsverbot verstoßen worden sei. Aufgrund des Umstands, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen eines gemeindlichen Vorkaufsrechts nicht vorlagen, sei das Verlangen einer Vertragsstrafe ein ungerechtfertigter Vorteil, sodass das Verlangen strafrechtlich relevant sei und daher gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Schließlich habe er auch nicht schuldhaft gegen die Bauverpflichtung verstoßen, da sich die Einreichung eines Bauantrags aufgrund gesundheitlicher sowie betrieblicher Gründe verzögert habe. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass die Höhe der geltend gemachten Vertragsstrafe gemäß § 344 BGB unangemessen sei. Eine Vertragsstrafe in Höhe von 10 % des Grundstückskaufpreises sei nicht gerechtfertigt, insbesondere unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass die Bauverpflichtung weiterhin bestehen bleibe.
25 
Der Kammer liegt die Verwaltungsakte (1 Aktenordner) sowie der Bebauungsplan „...“ vor. Der Inhalt dieser Akte sowie der Gerichtsakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
27 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet, da es sich um eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art handelt. Maßgeblich ist der Charakter des geltend gemachten Anspruchs, der sich seinerseits nach dem Charakter des Rechtsverhältnisses bestimmt, aus dem der Anspruch hergeleitet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1990 - 7 C 9.89 - juris Rn. 18, 19). Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin die Zahlung einer Vertragsstrafe, welche im Zusammenhang mit der Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts der Klägerin nach den §§ 24 ff. BauGB sowie deren Abwendung durch den Beklagten (vgl. § 27 BauGB) steht. Um die Wirksamkeit dieser Vertragsstrafe streiten die Beteiligten. Gegenstand und Zweck des seinerzeitigen Rechtsgeschäfts zwischen den Beteiligten betreffen einen vom öffentlichen Recht geordneten Sachbereich, nämlich den der §§ 24 ff. BauGB. Damit handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.
28 
Der Einwand des Beklagten, der Klägerin komme für die vorliegende Klage kein Rechtsschutzinteresse mehr zu, da das Grundstück mittlerweile bebaut und das Haus bezugsfertig sei, dringt nicht durch. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt bei einer allgemeinen Leistungsklage nur ausnahmsweise, wenn das Obsiegen dem Kläger keinen rechtlichen Vorteil bringt, es eine einfachere oder effektivere Möglichkeit des Rechtsschutzes gibt oder die Klage sich als rechtsmissbräuchlich darstellt (vgl. etwa W.-R. Schenke in: Kopp/ders., VwGO, 25. Aufl. 2019, Vorb. § 40 Rn. 37). Dies ist vorliegend nicht zu erkennen. Der Beklagte verkennt insofern, dass gerade nicht die Verpflichtung zur Bebauung des Grundstücks aus Ziff. 1 der Verpflichtungserklärung Gegenstand der Klage ist, sondern allein die Zahlung der Vertragsstrafe aus Ziff. 2. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin besteht damit weiterhin.
29 
Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 16.550,-- EUR aus Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung vom 06.05.2015. Die Erklärung des Beklagten, im Falle eines schuldhaften Verstoßes gegen Ziff. 1 an die Stadt ... eine Vertragsstrafe in Höhe von 10 % des Grundstückskaufpreises zu zahlen (vgl. Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung), ist als einseitiges Strafversprechen nicht wirksam erklärt worden (I.). Ein wirksamer Vertragsschluss zwischen den Beteiligten liegt nicht vor (II.).
I.
30 
Der Beklagte konnte nicht einseitig die Zahlung einer Vertragsstrafe (vgl. Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung) im Falle eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Bebauung des Grundstücks aus Ziff. 1 der Verpflichtungserklärung versprechen. Ein solches einseitiges Strafversprechen kann nicht wirksam erklärt werden. Dies folgt aus folgenden Erwägungen:
31 
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde nach den §§ 24 ff. BauGB, einer Abwendungserklärung i.S.d. § 27 BauGB und den weitergehenden Sicherungen. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB steht der Gemeinde in den dort aufgeführten Fällen (vgl. Nrn. 1 bis 7) ein gesetzliches Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken zu. Das gemeindliche Vorkaufsrecht stellt ein städtebaurechtliches Instrument zur Sicherung der Bauleitplanung dar (vgl. im Übrigen §§ 14 bis 22 BauGB) und ermöglicht in bestimmten Gebieten den staatlichen Eingriff in den Grundstücksverkehr. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 BauGB räumt dem (Erst-)Käufer unter gewissen Voraussetzungen das Recht ein, die Ausübung des Vorkaufsrechts abzuwenden und zwar, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist, der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu nutzen, und er sich vor Ablauf der Frist nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB hierzu verpflichtet (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB).
32 
Grundsätzlich ist die gesetzliche Sicherung der Gemeinde die rechtsverbindliche und damit auch durchsetzbare Verpflichtungserklärung des Käufers nach § 27 Abs. 1 BauGB. Daneben kann der Käufer auch weitergehende Sicherungen einräumen, wie etwa die Eintragung einer Baulast im Grundbuch, eine Vertragsstrafe oder das Ankaufsrecht der Gemeinde. Nach Gesetzeslage sind solche Sicherungen nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abwendungserklärung (vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 137. EL, Stand: Febr. 2020, § 27 Rn. 23). Gesetzlich vorgesehen sind solche dinglichen Sicherheiten ebenfalls nicht. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu verstehen, in denen auf das Fehlen einer Regelung in den §§ 24 ff. BauGB hingewiesen wird, wie sich eine Gemeinde dagegen sichern kann, dass zunächst gegebene Gründe, die der Ausübung des Vorkaufsrechts entgegenstanden, auch später noch gegeben sind. Dies ist ein gewisser gesetzestechnischer Nachteil (vgl. dagegen § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB a.F.). Es ist daher verständlich, wenn Gemeinden im Einzelfall versuchen, Anwendungsvereinbarungen in vertraglicher Form – über § 27 BauGB hinausgehend – zu treffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.1993 - 4 B 31.93 - juris Rn. 39). Obwohl die Möglichkeit grundbuchlicher Sicherungen im Regierungsentwurf eigens erwähnt wurde (vgl. BT-Drs. 10/4630, S. 83 zu § 27), unterblieb eine zusätzliche Sicherung der Gemeinde etwa durch Begründung einer Pflicht zur Einräumung dinglicher Sicherheiten u.ä. (vgl. Stock, a.a.O., § 27 Rn. 23).
33 
Die Abwendungserklärung i.S.d. § 27 Abs. 1 BauGB ist als subjektiv öffentliches Gestaltungsrecht des Erstkäufers ausgestaltet, sodass es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Verpflichtungserklärung des Erstkäufers handelt, die keiner Mitwirkung der Gemeinde bedarf (so OVG Münster, Urteil vom 19.04.2010 - 7 A 1041/08 - juris; Stock, a.a.O., § 27 BauGB Rn. 14 jeweils m.w.N.; a.A. Grziwotz in: BeckOK BauGB, Stand: 01.05.2020, § 27 Rn. 5). Mit Zugang der Verpflichtungserklärung entsteht ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis sui generis mit der öffentlichen Hand, das die Verpflichtung nach § 27 BauGB zum Inhalt hat (Koblizek/Latosik, ZfIR 2020, 608, 611). Der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen Käufer und Gemeinde ist nach geltendem Recht grundsätzlich nicht vorgeschrieben. Ein Formerfordernis sieht das Städtebaurecht für die Abwendungserklärung an sich nicht vor (vgl. im Detail Stock, a.a.O., § 27 BauGB Rn. 14 f.; Köster in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 27 Rn. 6; Koblizek/Latosik, ZfIR 2020, 608, 611 jeweils m.w.N.; a.A. Grziwotz, a.a.O., § 27 Rn. 5).
34 
Soll die rechtsverbindliche Abwendungserklärung des Erstkäufers durch eine weitergehende Sicherung, wie etwa eine (dingliche) Baulast oder – wie hier – eine Vertragsstrafe abgesichert werden, so hat dies in der hierfür erforderlichen Form (z.B. § 57 VwVfG (BW), § 311b BGB) zu erfolgen und zwar nicht zuletzt um eine eindeutige Rechtsgrundlage für eine spätere Erfüllung der Verpflichtung des Käufers zu begründen (vgl. insofern bereits Köster, a.a.O., § 27 Rn. 6).
35 
Im Hinblick auf eine Vertragsstrafe ist darüber hinaus zu beachten, dass eine solche nicht einseitig versprochen werden kann. Insofern setzt schon der Wortlaut („Vertragsstrafe“) begrifflich den Abschluss eines Vertrages voraus (vgl. vorliegend Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung, welche von einer „Vertragsstrafe“ spricht). Bezüglich einer Vertragsstrafe nach § 339 BGB ist im Zivilrecht einhellige Meinung, dass eine solche nicht einseitig versprochen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2006 - I ZR 32/03 - juris Rn. 14; Urteil vom 04.05.2017 - I ZR 208/15 - juris Rn. 15; Rieble in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 339 Rn. 28; Grüneberg in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 339 Rn. 11; Gottwald in: MüKoBGB, 8. Aufl. 2019, § 339 Rn. 4 jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze sind auf das öffentliche Recht übertragbar. Wenn schon für den Bereich des Zivilrechts, wo der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt, der durch das Gebot von Treu und Glauben Einschränkungen erfährt, anzunehmen ist, dass ein einseitiges Strafversprechen unzulässig ist, so muss dies erst recht für das Gebiet des öffentlichen Rechts gelten, wo die öffentliche Hand dem Bürger als (potentiellem) Vertragspartner gegenübersteht. Denn so gilt der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben ohnehin schon kraft öffentlichen Rechts (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 06.03.1986 - 2 C 41.85 - juris Rn. 28). Eine gesetzliche Ausgestaltung dieses Grundsatzes ist darüber hinaus, speziell im Hinblick auf eine unangemessene Benachteiligung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zum Beispiel in den §§ 56, 59 VwVfG zu finden. Im Übrigen folgt die Annahme eines unzulässigen einseitigen Strafversprechens bereits aus § 62 Satz 2 VwVfG BW, wonach die Vorschriften des BGB, insbesondere die über eine Vertragsstrafe (§§ 336 ff. BGB), entsprechend anwendbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.1995 - 8 C 32.93 - juris Rn. 20; Urteil vom 06.03.1986 - 2 C 41.85 - juris Rn. 23; OVG Hamburg, Urteil vom 22.11.2002 - 1 Bf 214/00 - juris Rn. 34; Bonk/Neumann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 62 Rn. 53; Ramsauer/Tegethoff in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 62 Rn. 20 jeweils m.w.N.). Aus der fehlenden gesetzlichen Normierung von Sicherungsmöglichkeiten in den §§ 24 ff. BauGB kann – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Wie bereits erwähnt, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit von (grundbuchlichen) Sicherungen erkannt, letztlich nur nicht normiert. Im Ergebnis wird den Gemeinden auch nicht die Möglichkeit abgeschnitten, die Abwendungserklärung durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe abzusichern (vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Vertragsstrafen BVerwG, Urteil vom 03.03.1995 - 8 C 32.93 - juris). Dies hat aber schließlich im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen bzw. städtebaulichen Vertrags und der damit einhergehenden, gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 57 VwVfG BW bzw. § 13 Abs. 3 BauGB) zu erfolgen (siehe noch sogleich II.).
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Der Einwand der Klägerin, dass die soeben genannten Grundsätze aus dem Zivilrecht nicht auf das öffentliche Recht übertragbar seien, da es im Zivilrecht gerade keine vergleichbare Fallgestaltung gebe, wo eine Verpflichtung einseitig durch ein Gestaltungsrecht begründet werden könne, überzeugt die Kammer nicht. Zwar gibt es eine dem § 27 BauGB entsprechende Normierung im BGB nicht, jedoch ist zu beachten, dass im Zivilrecht aufgrund des geltenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit eine Verpflichtung auch einseitig, d.h. ohne Gegenleistung – jedoch mit der Grenze des Verbots der einseitigen Vertragsstrafe – versprochen werden kann.
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Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vortrug, dass es unter Zugrundelegung der soeben dargelegten Rechtsansicht allein vom „good will“ des Erstkäufers abhängig sei, ob eine Abwendungserklärung letztlich durchsetzbar sei, weist die Kammer darauf hin, dass es sich bei der Verpflichtungserklärung des Käufers nach § 27 Abs. 1 BauGB – wie soeben dargelegt – um eine rechtsverbindliche und damit auch durchsetzbare Verpflichtung handelt. Insofern kann eine allgemeine Leistungsklage gerichtet auf Erfüllung der Verpflichtung zur Bebauung des Grundstücks erhoben werden. Dass eine solche Klage Zeit in Anspruch nehmen kann und nicht zu einer sofortigen Abhilfe führt, rechtfertigt keine anderweitige Beurteilung. Im Übrigen stellt die Kammer nicht in Abrede, dass die Gemeinden neben der durchsetzbaren Abwendungserklärung oftmals ein Sicherungsbedürfnis haben.
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Zusammenfassend hat der Beklagte sich nicht rechtsverbindlich, einseitig zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichten können.
II.
39 
Sollten die Beteiligten beabsichtigt haben, eine Vertragsstrafe durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, d.h. vertraglich zu vereinbaren – was vorliegend keiner Entscheidung bedarf –, so wäre dies zwar grundsätzlich möglich gewesen, jedoch ist ein solches Vertragsversprechen nicht formwirksam erklärt bzw. nicht rechtzeitig von der Klägerin angenommen worden. Es fehlt insgesamt an einem wirksamen Vertragsschluss.
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Unabhängig von der Frage, ob sich das Schriftformerfordernis nach § 57 VwVfG BW (öffentlich-rechtlicher Vertrag) oder § 11 Abs. 3 BauGB (städtebaulicher Vertrag) richtet, wurde diesem Formerfordernis vorliegend nicht genügt. Grundsätzlich setzt das Schriftformerfordernis nach §§ 57, 62 VwVfG BW i.V.m. § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB – wie auch im Rahmen des § 11 Abs. 3 BauGB (vgl. etwa Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 138. EL, Stand: Mai 2020, § 11 Rn. 180) – die Erklärungen beider Parteien auf ein und derselben Urkunde voraus. Dieser Grundsatz der Urkundeneinheit gilt jedoch nicht ausnahmslos. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Formvorschriften kein Selbstzweck und deshalb unter Berücksichtigung ihres Sinngehalts auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.05.2005 - 3 A 3.04 - juris Rn. 16 m.w.N.; Urteil vom 24.08.1994 - 11 C 14/93 - juris Rn. 22). Der von § 57 VwVfG bezweckten Warn- und Beweisfunkton wird bei einseitiger Verpflichtung des Bürgers gegenüber der Verwaltung auch dann ausreichend Rechnung getragen, wenn die Annahmeerklärung nicht auf die Verpflichtungserklärung des Bürgers gesetzt, sondern gesondert ausgesprochen wird. Einer Warnung für die Verwaltung bedarf es dann nicht, weil sie keine Verpflichtung eingeht. Auch der Beweisfunktion kommt in solchen Fällen nur eingeschränkte Bedeutung zu. In der Begründung zum Entwurf 1973 des VwVfG (BT-Drs. 7/910, S. 81 zu § 53 – Schriftform) ist ausgeführt, für die Schriftform sprächen auch Beweisgründe; denn im Gegensatz zu einem privaten Rechtsgeschäft habe es der Bürger nach Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwar rechtlich, nicht aber tatsächlich immer mit dem gleichen Partner zu tun, da die für eine Behörde handelnden Personen häufiger wechselten. Daraus wird deutlich, dass dem Bürger vor allem Nachweisschwierigkeiten bei Ansprüchen gegen die Verwaltung erspart werden sollten. Sieht der Vertrag solche nicht vor, kann dem Beweisgedanken mithin nur schwächeres Gewicht beigemessen werden. Jedenfalls bei den Bürger einseitig verpflichtenden öffentlich-rechtlichen Verträgen kann deshalb auf die Urkundeneinheit verzichtet werden, wenn eine unmissverständliche schriftliche Annahmeerklärung der Behörde vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.08.1994 - 11 C 14.93 - juris Rn. 22 a.E.; Urteil vom 19.05.2005, a.a.O., Rn. 16; Bonk/Neumann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 57 Rn. 18 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 57 Rn. 9a (zur Frage der Urkundeneinheit) jeweils m.w.N.). Nach den soeben dargestellten Grundsätzen kann daher ein Briefwechsel ausreichen, wenn die Zusammengehörigkeit der beiden Erklärungen nach den Umständen des Einzelfalls zweifelsfrei ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.05.2005, a.a.O., Rn. 16; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2015 - OVG 4 B 28.14 - juris Rn. 32). Eine mündliche Annahmeerklärung genügt – entgegen dem klägerischen Vorbringen – hingegen nicht (vgl. auch die ausdrückliche Formulierung in Rn. 22 a.E., BVerwG, Urteil vom 24.08.1994, a.a.O.). Die für den Bereich des Schulrechts seitens der Rechtsprechung zum Teil angenommene Ausnahme vom Schriftformerfordernis in der Weise, dass eine fehlende ausdrückliche schriftliche Annahmeerklärung bzw. Bestätigung unschädlich sein kann, ist dem durch einen Schulbesuch begründeten besonderen Anstaltsbenutzungsverhältnis sowie der damit in Verbindung stehenden typischen Verwaltungspraxis geschuldet und kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden (vgl. insofern etwa VG Berlin, Gerichtsbescheid vom 25.07.2012 - 3 K 119.12 - juris Rn.17; VG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 31.03.2020 - 2 K 3367/19 - n.V.).
41 
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze wurde vorliegend die Vertragsstrafe nicht formwirksam zwischen den Beteiligten vereinbart. Die Verpflichtungserklärung vom 06.05.2015 enthält ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakte allein die Unterschrift des Beklagten. Außerdem ist sie mit der Überschrift „Verpflichtungserklärung des Herrn ..., [...] nach § 27 Abs. 1 S. 1 BauGB“ versehen. Auch nach dem Inhalt der Erklärung (vgl. „Ich [...] habe mit notariellen Vertrag vom 14.04.2015 das unbebaute Grundstück Flst.Nr. ... [...] gekauft. [...] Zur Abwendung der Ausübung des Vorkaufsrechts verpflichte ich mich [...]“) ist davon auszugehen, dass allein eine einseitige Erklärung des Beklagten vorliegt und nicht etwa eine vertragliche Vereinbarung. Im (unmittelbaren zeitlichen) Nachgang an diese „Verpflichtungserklärung“ wurde kein Schriftstück an den Beklagten gerichtet, womit sein Angebot bzgl. der Vertragsstrafe angenommen wurde (siehe noch sogleich). Ein solches befindet sich nicht in der Verwaltungsakte. Ein Vertragsschluss im Rahmen des Gesprächs zwischen dem Beklagten und dem damaligen Bürgermeister der Klägerin am 06.05.2015, d.h. durch mündliche Annahmeerklärung nach Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung wäre nach den soeben dargelegten Grundsätzen bereits unzureichend. Insofern bedarf es keiner Entscheidung, ob ein (mündlicher) Vertragsschluss zwischen den Beteiligten erfolgt ist.
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Soweit die Klägerin vorträgt, das Angebot des Beklagten im Hinblick auf die Vertragsstrafe sei durch das Schreiben der Klägerin vom 14.03.2018 angenommen worden, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen steht die Zusammengehörigkeit der beiden Erklärungen nicht zweifelsfrei i.S. eines Vertragsschlusses nach den soeben dargelegten Grundsätzen fest, da die Klägerin in dem genannten Schreiben drei Jahre nach Abgabe der Abwendungserklärung allein auf die Fälligkeit der Vertragsstrafe am 06.05.2018 hinwies, falls das Grundstück bis zu diesem Zeitpunkt nicht bis zur baurechtlichen Fertigstellungsabnahme bebaut sei; sie ging vielmehr selbst von der Wirksamkeit der Vertragsstrafe aus. Zum anderen kann hierin auch keine konkludente Annahmeerklärung gesehen werden, da eine solche nicht unverzüglich i.S. eines Vertragsschlusses nach den § 62 Satz 2 VwVfG BW i.V.m. §§ 145, 147 BGB (entsprechend) erklärt wurde (zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften z.B. Ramsauer/Tegethoff, a.a.O., § 62 Rn. 11; OVG Saarlouis, Urteil vom 23.06.1992 - 2 R 51/90 – juris Rn. 50). Auch im öffentlichen Recht gilt der Grundsatz, dass ein (öffentlich-rechtlicher) Vertrag durch zwei übereinstimmend abgegebene Willenserklärungen – namentlich Angebot und Annahme – zustande kommt (vgl. Bonk/Neumann, a.a.O., § 57 Rn. 24; Ramsauer/Tegethoff, a.a.O., § 54 Rn. 18). Nach § 62 Satz 2 VwVfG BW i.V.m § 145 BGB (entsprechend) ist derjenige, der einem anderen die Schließung eines Vertrages anträgt, an den Antrag zwar grundsätzlich gebunden. Diese Bindung besteht indes zeitlich nicht unbegrenzt. Nach den § 62 S. 2 VwVfG BW, § 147 BGB (entsprechend) kann der einem Anwesenden gemachte Antrag nur sofort angenommen werden (§ 147 Abs. 1 BGB). Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (vgl. zum Ganzen OVG Saarlouis, Urteil vom 23.06.1992, a.a.O.). Ob vorliegend, weil das Angebot in Anwesenheit des damaligen Bürgermeisters abgegeben wurde, ein Angebot unter Anwesenden vorlag, oder die Grundsätze des Angebotes an Abwesende einschlägig sind, kann dahinstehen. Denn weder ist das Angebot des Beklagten von der Klägerin im Rahmen des Gesprächs am 06.05.2015 sofort formwirksam angenommen worden (siehe bereits zuvor), noch ist dem Beklagten innerhalb der der Klägerin entsprechend § 147 Abs. 2 BGB zuzubilligenden Zeitspanne eine formgerechte Annahmeerklärung zugegangen. Zwischen der Abgabe der „Verpflichtungserklärung“ des Beklagten vom 06.05.2015 und dem Schreiben vom 14.03.2018 liegt eine Zeitspanne von fast drei Jahren. Eine derart lange Zeitspanne geht indes deutlich über das hinaus, was der Klägerin in entsprechender Anwendung von § 147 Abs. 2 BGB im Hinblick auf einen angemessenen Überlegungszeitraum oder die Zeit zur eventuell erforderlichen Beteiligung von Beschlussgremien zuzubilligen wäre. Der vorliegende Fall liegt auch anders, als die durch die Rechtsprechung insofern entschiedenen Fälle, bei welchen ein Schriftwechsel ausreichte und bei denen zwischen den einzelnen Schriftstücken nur eine kurze Zeitspanne von ein paar Wochen bzw. Monaten lag (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19.05.2005, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2015, a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.01.2015 - 26 K 1561/14 - juris Rn. 33).
43 
Zu einem wirksamen Vertragsschluss zwischen den Beteiligten nach § 62 Satz 2 VwVfG BW i.V.m. §§ 145, 147 Abs. 2 BGB (entsprechend) ist es nach alledem nicht gekommen.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Zulassung der Berufung erfolgt nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage, ob eine Vertragsstrafe im Zusammenhang mit einer Abwendungserklärung i.S.d. § 27 BauGB auch einseitig wirksam erklärt werden kann, ist obergerichtlich nicht geklärt und stellt sich potentiell in einer Vielzahl von Fällen. Sie hat daher grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Gründe

 
26 
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
27 
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet, da es sich um eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art handelt. Maßgeblich ist der Charakter des geltend gemachten Anspruchs, der sich seinerseits nach dem Charakter des Rechtsverhältnisses bestimmt, aus dem der Anspruch hergeleitet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1990 - 7 C 9.89 - juris Rn. 18, 19). Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin die Zahlung einer Vertragsstrafe, welche im Zusammenhang mit der Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts der Klägerin nach den §§ 24 ff. BauGB sowie deren Abwendung durch den Beklagten (vgl. § 27 BauGB) steht. Um die Wirksamkeit dieser Vertragsstrafe streiten die Beteiligten. Gegenstand und Zweck des seinerzeitigen Rechtsgeschäfts zwischen den Beteiligten betreffen einen vom öffentlichen Recht geordneten Sachbereich, nämlich den der §§ 24 ff. BauGB. Damit handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.
28 
Der Einwand des Beklagten, der Klägerin komme für die vorliegende Klage kein Rechtsschutzinteresse mehr zu, da das Grundstück mittlerweile bebaut und das Haus bezugsfertig sei, dringt nicht durch. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt bei einer allgemeinen Leistungsklage nur ausnahmsweise, wenn das Obsiegen dem Kläger keinen rechtlichen Vorteil bringt, es eine einfachere oder effektivere Möglichkeit des Rechtsschutzes gibt oder die Klage sich als rechtsmissbräuchlich darstellt (vgl. etwa W.-R. Schenke in: Kopp/ders., VwGO, 25. Aufl. 2019, Vorb. § 40 Rn. 37). Dies ist vorliegend nicht zu erkennen. Der Beklagte verkennt insofern, dass gerade nicht die Verpflichtung zur Bebauung des Grundstücks aus Ziff. 1 der Verpflichtungserklärung Gegenstand der Klage ist, sondern allein die Zahlung der Vertragsstrafe aus Ziff. 2. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin besteht damit weiterhin.
29 
Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 16.550,-- EUR aus Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung vom 06.05.2015. Die Erklärung des Beklagten, im Falle eines schuldhaften Verstoßes gegen Ziff. 1 an die Stadt ... eine Vertragsstrafe in Höhe von 10 % des Grundstückskaufpreises zu zahlen (vgl. Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung), ist als einseitiges Strafversprechen nicht wirksam erklärt worden (I.). Ein wirksamer Vertragsschluss zwischen den Beteiligten liegt nicht vor (II.).
I.
30 
Der Beklagte konnte nicht einseitig die Zahlung einer Vertragsstrafe (vgl. Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung) im Falle eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Bebauung des Grundstücks aus Ziff. 1 der Verpflichtungserklärung versprechen. Ein solches einseitiges Strafversprechen kann nicht wirksam erklärt werden. Dies folgt aus folgenden Erwägungen:
31 
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde nach den §§ 24 ff. BauGB, einer Abwendungserklärung i.S.d. § 27 BauGB und den weitergehenden Sicherungen. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BauGB steht der Gemeinde in den dort aufgeführten Fällen (vgl. Nrn. 1 bis 7) ein gesetzliches Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken zu. Das gemeindliche Vorkaufsrecht stellt ein städtebaurechtliches Instrument zur Sicherung der Bauleitplanung dar (vgl. im Übrigen §§ 14 bis 22 BauGB) und ermöglicht in bestimmten Gebieten den staatlichen Eingriff in den Grundstücksverkehr. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 BauGB räumt dem (Erst-)Käufer unter gewissen Voraussetzungen das Recht ein, die Ausübung des Vorkaufsrechts abzuwenden und zwar, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist, der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu nutzen, und er sich vor Ablauf der Frist nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB hierzu verpflichtet (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB).
32 
Grundsätzlich ist die gesetzliche Sicherung der Gemeinde die rechtsverbindliche und damit auch durchsetzbare Verpflichtungserklärung des Käufers nach § 27 Abs. 1 BauGB. Daneben kann der Käufer auch weitergehende Sicherungen einräumen, wie etwa die Eintragung einer Baulast im Grundbuch, eine Vertragsstrafe oder das Ankaufsrecht der Gemeinde. Nach Gesetzeslage sind solche Sicherungen nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abwendungserklärung (vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 137. EL, Stand: Febr. 2020, § 27 Rn. 23). Gesetzlich vorgesehen sind solche dinglichen Sicherheiten ebenfalls nicht. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu verstehen, in denen auf das Fehlen einer Regelung in den §§ 24 ff. BauGB hingewiesen wird, wie sich eine Gemeinde dagegen sichern kann, dass zunächst gegebene Gründe, die der Ausübung des Vorkaufsrechts entgegenstanden, auch später noch gegeben sind. Dies ist ein gewisser gesetzestechnischer Nachteil (vgl. dagegen § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB a.F.). Es ist daher verständlich, wenn Gemeinden im Einzelfall versuchen, Anwendungsvereinbarungen in vertraglicher Form – über § 27 BauGB hinausgehend – zu treffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.04.1993 - 4 B 31.93 - juris Rn. 39). Obwohl die Möglichkeit grundbuchlicher Sicherungen im Regierungsentwurf eigens erwähnt wurde (vgl. BT-Drs. 10/4630, S. 83 zu § 27), unterblieb eine zusätzliche Sicherung der Gemeinde etwa durch Begründung einer Pflicht zur Einräumung dinglicher Sicherheiten u.ä. (vgl. Stock, a.a.O., § 27 Rn. 23).
33 
Die Abwendungserklärung i.S.d. § 27 Abs. 1 BauGB ist als subjektiv öffentliches Gestaltungsrecht des Erstkäufers ausgestaltet, sodass es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Verpflichtungserklärung des Erstkäufers handelt, die keiner Mitwirkung der Gemeinde bedarf (so OVG Münster, Urteil vom 19.04.2010 - 7 A 1041/08 - juris; Stock, a.a.O., § 27 BauGB Rn. 14 jeweils m.w.N.; a.A. Grziwotz in: BeckOK BauGB, Stand: 01.05.2020, § 27 Rn. 5). Mit Zugang der Verpflichtungserklärung entsteht ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis sui generis mit der öffentlichen Hand, das die Verpflichtung nach § 27 BauGB zum Inhalt hat (Koblizek/Latosik, ZfIR 2020, 608, 611). Der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen Käufer und Gemeinde ist nach geltendem Recht grundsätzlich nicht vorgeschrieben. Ein Formerfordernis sieht das Städtebaurecht für die Abwendungserklärung an sich nicht vor (vgl. im Detail Stock, a.a.O., § 27 BauGB Rn. 14 f.; Köster in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 27 Rn. 6; Koblizek/Latosik, ZfIR 2020, 608, 611 jeweils m.w.N.; a.A. Grziwotz, a.a.O., § 27 Rn. 5).
34 
Soll die rechtsverbindliche Abwendungserklärung des Erstkäufers durch eine weitergehende Sicherung, wie etwa eine (dingliche) Baulast oder – wie hier – eine Vertragsstrafe abgesichert werden, so hat dies in der hierfür erforderlichen Form (z.B. § 57 VwVfG (BW), § 311b BGB) zu erfolgen und zwar nicht zuletzt um eine eindeutige Rechtsgrundlage für eine spätere Erfüllung der Verpflichtung des Käufers zu begründen (vgl. insofern bereits Köster, a.a.O., § 27 Rn. 6).
35 
Im Hinblick auf eine Vertragsstrafe ist darüber hinaus zu beachten, dass eine solche nicht einseitig versprochen werden kann. Insofern setzt schon der Wortlaut („Vertragsstrafe“) begrifflich den Abschluss eines Vertrages voraus (vgl. vorliegend Ziff. 2 der Verpflichtungserklärung, welche von einer „Vertragsstrafe“ spricht). Bezüglich einer Vertragsstrafe nach § 339 BGB ist im Zivilrecht einhellige Meinung, dass eine solche nicht einseitig versprochen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2006 - I ZR 32/03 - juris Rn. 14; Urteil vom 04.05.2017 - I ZR 208/15 - juris Rn. 15; Rieble in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 339 Rn. 28; Grüneberg in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 339 Rn. 11; Gottwald in: MüKoBGB, 8. Aufl. 2019, § 339 Rn. 4 jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze sind auf das öffentliche Recht übertragbar. Wenn schon für den Bereich des Zivilrechts, wo der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt, der durch das Gebot von Treu und Glauben Einschränkungen erfährt, anzunehmen ist, dass ein einseitiges Strafversprechen unzulässig ist, so muss dies erst recht für das Gebiet des öffentlichen Rechts gelten, wo die öffentliche Hand dem Bürger als (potentiellem) Vertragspartner gegenübersteht. Denn so gilt der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben ohnehin schon kraft öffentlichen Rechts (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 06.03.1986 - 2 C 41.85 - juris Rn. 28). Eine gesetzliche Ausgestaltung dieses Grundsatzes ist darüber hinaus, speziell im Hinblick auf eine unangemessene Benachteiligung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zum Beispiel in den §§ 56, 59 VwVfG zu finden. Im Übrigen folgt die Annahme eines unzulässigen einseitigen Strafversprechens bereits aus § 62 Satz 2 VwVfG BW, wonach die Vorschriften des BGB, insbesondere die über eine Vertragsstrafe (§§ 336 ff. BGB), entsprechend anwendbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.1995 - 8 C 32.93 - juris Rn. 20; Urteil vom 06.03.1986 - 2 C 41.85 - juris Rn. 23; OVG Hamburg, Urteil vom 22.11.2002 - 1 Bf 214/00 - juris Rn. 34; Bonk/Neumann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 62 Rn. 53; Ramsauer/Tegethoff in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 62 Rn. 20 jeweils m.w.N.). Aus der fehlenden gesetzlichen Normierung von Sicherungsmöglichkeiten in den §§ 24 ff. BauGB kann – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Wie bereits erwähnt, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit von (grundbuchlichen) Sicherungen erkannt, letztlich nur nicht normiert. Im Ergebnis wird den Gemeinden auch nicht die Möglichkeit abgeschnitten, die Abwendungserklärung durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe abzusichern (vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Vertragsstrafen BVerwG, Urteil vom 03.03.1995 - 8 C 32.93 - juris). Dies hat aber schließlich im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen bzw. städtebaulichen Vertrags und der damit einhergehenden, gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 57 VwVfG BW bzw. § 13 Abs. 3 BauGB) zu erfolgen (siehe noch sogleich II.).
36 
Der Einwand der Klägerin, dass die soeben genannten Grundsätze aus dem Zivilrecht nicht auf das öffentliche Recht übertragbar seien, da es im Zivilrecht gerade keine vergleichbare Fallgestaltung gebe, wo eine Verpflichtung einseitig durch ein Gestaltungsrecht begründet werden könne, überzeugt die Kammer nicht. Zwar gibt es eine dem § 27 BauGB entsprechende Normierung im BGB nicht, jedoch ist zu beachten, dass im Zivilrecht aufgrund des geltenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit eine Verpflichtung auch einseitig, d.h. ohne Gegenleistung – jedoch mit der Grenze des Verbots der einseitigen Vertragsstrafe – versprochen werden kann.
37 
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vortrug, dass es unter Zugrundelegung der soeben dargelegten Rechtsansicht allein vom „good will“ des Erstkäufers abhängig sei, ob eine Abwendungserklärung letztlich durchsetzbar sei, weist die Kammer darauf hin, dass es sich bei der Verpflichtungserklärung des Käufers nach § 27 Abs. 1 BauGB – wie soeben dargelegt – um eine rechtsverbindliche und damit auch durchsetzbare Verpflichtung handelt. Insofern kann eine allgemeine Leistungsklage gerichtet auf Erfüllung der Verpflichtung zur Bebauung des Grundstücks erhoben werden. Dass eine solche Klage Zeit in Anspruch nehmen kann und nicht zu einer sofortigen Abhilfe führt, rechtfertigt keine anderweitige Beurteilung. Im Übrigen stellt die Kammer nicht in Abrede, dass die Gemeinden neben der durchsetzbaren Abwendungserklärung oftmals ein Sicherungsbedürfnis haben.
38 
Zusammenfassend hat der Beklagte sich nicht rechtsverbindlich, einseitig zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichten können.
II.
39 
Sollten die Beteiligten beabsichtigt haben, eine Vertragsstrafe durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, d.h. vertraglich zu vereinbaren – was vorliegend keiner Entscheidung bedarf –, so wäre dies zwar grundsätzlich möglich gewesen, jedoch ist ein solches Vertragsversprechen nicht formwirksam erklärt bzw. nicht rechtzeitig von der Klägerin angenommen worden. Es fehlt insgesamt an einem wirksamen Vertragsschluss.
40 
Unabhängig von der Frage, ob sich das Schriftformerfordernis nach § 57 VwVfG BW (öffentlich-rechtlicher Vertrag) oder § 11 Abs. 3 BauGB (städtebaulicher Vertrag) richtet, wurde diesem Formerfordernis vorliegend nicht genügt. Grundsätzlich setzt das Schriftformerfordernis nach §§ 57, 62 VwVfG BW i.V.m. § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB – wie auch im Rahmen des § 11 Abs. 3 BauGB (vgl. etwa Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 138. EL, Stand: Mai 2020, § 11 Rn. 180) – die Erklärungen beider Parteien auf ein und derselben Urkunde voraus. Dieser Grundsatz der Urkundeneinheit gilt jedoch nicht ausnahmslos. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Formvorschriften kein Selbstzweck und deshalb unter Berücksichtigung ihres Sinngehalts auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.05.2005 - 3 A 3.04 - juris Rn. 16 m.w.N.; Urteil vom 24.08.1994 - 11 C 14/93 - juris Rn. 22). Der von § 57 VwVfG bezweckten Warn- und Beweisfunkton wird bei einseitiger Verpflichtung des Bürgers gegenüber der Verwaltung auch dann ausreichend Rechnung getragen, wenn die Annahmeerklärung nicht auf die Verpflichtungserklärung des Bürgers gesetzt, sondern gesondert ausgesprochen wird. Einer Warnung für die Verwaltung bedarf es dann nicht, weil sie keine Verpflichtung eingeht. Auch der Beweisfunktion kommt in solchen Fällen nur eingeschränkte Bedeutung zu. In der Begründung zum Entwurf 1973 des VwVfG (BT-Drs. 7/910, S. 81 zu § 53 – Schriftform) ist ausgeführt, für die Schriftform sprächen auch Beweisgründe; denn im Gegensatz zu einem privaten Rechtsgeschäft habe es der Bürger nach Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwar rechtlich, nicht aber tatsächlich immer mit dem gleichen Partner zu tun, da die für eine Behörde handelnden Personen häufiger wechselten. Daraus wird deutlich, dass dem Bürger vor allem Nachweisschwierigkeiten bei Ansprüchen gegen die Verwaltung erspart werden sollten. Sieht der Vertrag solche nicht vor, kann dem Beweisgedanken mithin nur schwächeres Gewicht beigemessen werden. Jedenfalls bei den Bürger einseitig verpflichtenden öffentlich-rechtlichen Verträgen kann deshalb auf die Urkundeneinheit verzichtet werden, wenn eine unmissverständliche schriftliche Annahmeerklärung der Behörde vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.08.1994 - 11 C 14.93 - juris Rn. 22 a.E.; Urteil vom 19.05.2005, a.a.O., Rn. 16; Bonk/Neumann in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 57 Rn. 18 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 57 Rn. 9a (zur Frage der Urkundeneinheit) jeweils m.w.N.). Nach den soeben dargestellten Grundsätzen kann daher ein Briefwechsel ausreichen, wenn die Zusammengehörigkeit der beiden Erklärungen nach den Umständen des Einzelfalls zweifelsfrei ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.05.2005, a.a.O., Rn. 16; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2015 - OVG 4 B 28.14 - juris Rn. 32). Eine mündliche Annahmeerklärung genügt – entgegen dem klägerischen Vorbringen – hingegen nicht (vgl. auch die ausdrückliche Formulierung in Rn. 22 a.E., BVerwG, Urteil vom 24.08.1994, a.a.O.). Die für den Bereich des Schulrechts seitens der Rechtsprechung zum Teil angenommene Ausnahme vom Schriftformerfordernis in der Weise, dass eine fehlende ausdrückliche schriftliche Annahmeerklärung bzw. Bestätigung unschädlich sein kann, ist dem durch einen Schulbesuch begründeten besonderen Anstaltsbenutzungsverhältnis sowie der damit in Verbindung stehenden typischen Verwaltungspraxis geschuldet und kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden (vgl. insofern etwa VG Berlin, Gerichtsbescheid vom 25.07.2012 - 3 K 119.12 - juris Rn.17; VG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 31.03.2020 - 2 K 3367/19 - n.V.).
41 
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze wurde vorliegend die Vertragsstrafe nicht formwirksam zwischen den Beteiligten vereinbart. Die Verpflichtungserklärung vom 06.05.2015 enthält ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakte allein die Unterschrift des Beklagten. Außerdem ist sie mit der Überschrift „Verpflichtungserklärung des Herrn ..., [...] nach § 27 Abs. 1 S. 1 BauGB“ versehen. Auch nach dem Inhalt der Erklärung (vgl. „Ich [...] habe mit notariellen Vertrag vom 14.04.2015 das unbebaute Grundstück Flst.Nr. ... [...] gekauft. [...] Zur Abwendung der Ausübung des Vorkaufsrechts verpflichte ich mich [...]“) ist davon auszugehen, dass allein eine einseitige Erklärung des Beklagten vorliegt und nicht etwa eine vertragliche Vereinbarung. Im (unmittelbaren zeitlichen) Nachgang an diese „Verpflichtungserklärung“ wurde kein Schriftstück an den Beklagten gerichtet, womit sein Angebot bzgl. der Vertragsstrafe angenommen wurde (siehe noch sogleich). Ein solches befindet sich nicht in der Verwaltungsakte. Ein Vertragsschluss im Rahmen des Gesprächs zwischen dem Beklagten und dem damaligen Bürgermeister der Klägerin am 06.05.2015, d.h. durch mündliche Annahmeerklärung nach Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung wäre nach den soeben dargelegten Grundsätzen bereits unzureichend. Insofern bedarf es keiner Entscheidung, ob ein (mündlicher) Vertragsschluss zwischen den Beteiligten erfolgt ist.
42 
Soweit die Klägerin vorträgt, das Angebot des Beklagten im Hinblick auf die Vertragsstrafe sei durch das Schreiben der Klägerin vom 14.03.2018 angenommen worden, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen steht die Zusammengehörigkeit der beiden Erklärungen nicht zweifelsfrei i.S. eines Vertragsschlusses nach den soeben dargelegten Grundsätzen fest, da die Klägerin in dem genannten Schreiben drei Jahre nach Abgabe der Abwendungserklärung allein auf die Fälligkeit der Vertragsstrafe am 06.05.2018 hinwies, falls das Grundstück bis zu diesem Zeitpunkt nicht bis zur baurechtlichen Fertigstellungsabnahme bebaut sei; sie ging vielmehr selbst von der Wirksamkeit der Vertragsstrafe aus. Zum anderen kann hierin auch keine konkludente Annahmeerklärung gesehen werden, da eine solche nicht unverzüglich i.S. eines Vertragsschlusses nach den § 62 Satz 2 VwVfG BW i.V.m. §§ 145, 147 BGB (entsprechend) erklärt wurde (zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften z.B. Ramsauer/Tegethoff, a.a.O., § 62 Rn. 11; OVG Saarlouis, Urteil vom 23.06.1992 - 2 R 51/90 – juris Rn. 50). Auch im öffentlichen Recht gilt der Grundsatz, dass ein (öffentlich-rechtlicher) Vertrag durch zwei übereinstimmend abgegebene Willenserklärungen – namentlich Angebot und Annahme – zustande kommt (vgl. Bonk/Neumann, a.a.O., § 57 Rn. 24; Ramsauer/Tegethoff, a.a.O., § 54 Rn. 18). Nach § 62 Satz 2 VwVfG BW i.V.m § 145 BGB (entsprechend) ist derjenige, der einem anderen die Schließung eines Vertrages anträgt, an den Antrag zwar grundsätzlich gebunden. Diese Bindung besteht indes zeitlich nicht unbegrenzt. Nach den § 62 S. 2 VwVfG BW, § 147 BGB (entsprechend) kann der einem Anwesenden gemachte Antrag nur sofort angenommen werden (§ 147 Abs. 1 BGB). Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (vgl. zum Ganzen OVG Saarlouis, Urteil vom 23.06.1992, a.a.O.). Ob vorliegend, weil das Angebot in Anwesenheit des damaligen Bürgermeisters abgegeben wurde, ein Angebot unter Anwesenden vorlag, oder die Grundsätze des Angebotes an Abwesende einschlägig sind, kann dahinstehen. Denn weder ist das Angebot des Beklagten von der Klägerin im Rahmen des Gesprächs am 06.05.2015 sofort formwirksam angenommen worden (siehe bereits zuvor), noch ist dem Beklagten innerhalb der der Klägerin entsprechend § 147 Abs. 2 BGB zuzubilligenden Zeitspanne eine formgerechte Annahmeerklärung zugegangen. Zwischen der Abgabe der „Verpflichtungserklärung“ des Beklagten vom 06.05.2015 und dem Schreiben vom 14.03.2018 liegt eine Zeitspanne von fast drei Jahren. Eine derart lange Zeitspanne geht indes deutlich über das hinaus, was der Klägerin in entsprechender Anwendung von § 147 Abs. 2 BGB im Hinblick auf einen angemessenen Überlegungszeitraum oder die Zeit zur eventuell erforderlichen Beteiligung von Beschlussgremien zuzubilligen wäre. Der vorliegende Fall liegt auch anders, als die durch die Rechtsprechung insofern entschiedenen Fälle, bei welchen ein Schriftwechsel ausreichte und bei denen zwischen den einzelnen Schriftstücken nur eine kurze Zeitspanne von ein paar Wochen bzw. Monaten lag (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19.05.2005, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2015, a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.01.2015 - 26 K 1561/14 - juris Rn. 33).
43 
Zu einem wirksamen Vertragsschluss zwischen den Beteiligten nach § 62 Satz 2 VwVfG BW i.V.m. §§ 145, 147 Abs. 2 BGB (entsprechend) ist es nach alledem nicht gekommen.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Zulassung der Berufung erfolgt nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage, ob eine Vertragsstrafe im Zusammenhang mit einer Abwendungserklärung i.S.d. § 27 BauGB auch einseitig wirksam erklärt werden kann, ist obergerichtlich nicht geklärt und stellt sich potentiell in einer Vielzahl von Fällen. Sie hat daher grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

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