Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 3 K 2383/20

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf.
Der im Jahr 2001 geborene Kläger legte im Juli 2019 sein Abitur ab und wurde am 02.09.2019 als Polizeimeisteranwärter bei der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg (im Folgenden: Hochschule) unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in die Polizei des beklagten Landes eingestellt.
Im Verlauf des sogenannten Basiskurses wurde Anfang 2020 festgestellt, dass der Kläger mit sechs weiteren Klassenkameraden Mitglied der am 07.09.2019 von einem Klassenkameraden des Klägers erstellten WhatsApp-Gruppe „P... ... ...“ war. Im Chat dieser Gruppe wurden im Zeitraum der (gesicherten) Mitgliedschaft des Klägers zwischen dem 21.11.2019 und Anfang Februar 2020 neben ausbildungs- und freizeitrelevanten Sachverhalten u.a. folgende Nachrichten von verschiedenen Mitgliedern der Gruppe - darunter mit Ausnahme der Vorfälle Nr. 9, 19 und 20 nicht der Kläger - verschickt:
1. Bild mit Foto und Text: „Neonazi tinder, 10 kilometers away, Stephan 27, Holocaustleugner, Live-Streamer, White Power. Bißchen tollpatschig aber lieb. Swipe nach Rechts LOL. Erstes Date erst ca. 2039 möglich (lange Geschichte...). Keine Jüdinnen!“
2. Pornofilm.
3. Hitlerbild mit Kommentar: „Beinkleid kurz ist angesagt!“
4. Bild mit einem Weihnachtsmann auf einem Balkon, der den Hitlergruß zeigt mit Text: „Schönen ersten“.
5. Bild eines älteren Mannes mit einer jungen Frau nackt im Bett liegend mit dem Kommentar: „Guck, das war doch gar nicht so schlecht. Lass uns jetzt loslegen, damit ich dir das Louis Vuitton Portemonnaie kaufen kann“.
6. Bild einer jungen Frau mit nackten Beinen, an deren Oberkörper eine Rakete befestigt ist und einem daneben knieenden Mann in Mantel und Hut, der an der Zündschnur hantiert mit dem Kommentar: „Wenn die Alte wieder nervt“.
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7. Bild mit einem Paar und dem Text: „When she calls you daddy instead of Reichsführer-SS”.
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8. Bild mit einem Hakenkreuzsymbol.
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9. Bild eines Mannes mit dem Aussehen Adolf Hitlers auf einem Ruder-Trainingsgerät und dem Kommentar: „Wenn die Leute denken, dass du tot bist, du dich aber auf Weltkrieg 3 vorbereitest“. Das von einem Klassenkameraden in der Gruppe verschickte Bild kommentierte der Kläger zwei Minuten später mit drei Tränen lachenden Smileys.
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10. Bild eines Kreuzworträtsels mit der Frage nach einem alten Blasinstrument und der handschriftlichen Eintragung “FRAU”.
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11. Ein Bild der aktuellen Verteidigungsministerin in einer Gruppe von Bundeswehrsoldaten mit dem Kommentar „Ich in der gruppenarbeit wenn ich so getan hab als würde ich mitarbeiten“.
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12. Ein Bild mit Männern, die den sog. Judenstern tragen mit der Überschrift „BEAR GRYLLS - ULTIMATE SURVIVAL - THE HOLOCAUST“.
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13. Bild mit schwarzem Smiley und Hitlerbild mit Text: „NICHT ALLE HELDEN TRAGEN MASKEN“.
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14. Textnachricht eines Gruppenmitglieds: „Was ist ein panzer in Judenviertel? Ghettoblaster“.
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15. Videosequenzen „HETZFLIX“.
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16. Bild mit Flakgeschütz und Wehrmachtssoldaten und Text: „Nur noch schnell einen Runterholen dann gibt`s Abendsessen - Karl Heinz, 23, Flakschütze“.
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17. Bild eines dunkelhäutigen Mädchens in einem Spielzeugfahrzeug und daneben ein Comic-Affe ebenfalls in einem Spielzeugfahrzeug.
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18. Hitlerbild mit erhobenen Händen und dem Kommentar: „I SAID GLASS OF JUICE NOT GAS THE JEWS”.
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19. Ein von einem Klassenkameraden in die Gruppe gesendetes Foto der Werbekampagne der CDU Hessen mit einem dunkelhäutigen Vater und einer hellhäutigen Mutter wird vom Kläger kommentiert mit „Erflogsland“.
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20. Anfang Februar 2020 beteiligte sich der Kläger an einem Chat mit zwei weiteren Gruppenmitgliedern, in der gedanklich die Eroberung von europäischen Ländern durchgespielt wurde. Der Kläger schrieb dort: „ich gönn mir erst mal die Bulgarischen Nutten“.
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21. Anfang 2020 machte ein Gruppenteilnehmer auf ein Video in Youtube aufmerksam zum Thema „Rechte Polizisten - durch Beamtenstatus geschützt?“ und kommentierte es mit folgenden Sätzen: „Wir sagen weiterhin das Wort mit N -Es gibt hier keine meldemuschis :D“. „N“ meinte nach dem Kontext der Nachricht „Neger“ oder „Nigger“.
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Nach Bekanntwerden des Chats Anfang Februar 2020 wurden gegen den Kläger und die anderen Mitglieder der Gruppe staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86a StGB eingeleitet. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurden die Mobiltelefone aller sieben Gruppenmitglieder sichergestellt. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Offenburg vom 27.02.2020 - Az. X - wurden die Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil ein Verbreiten der Darstellungen durch die sich nach außen konspirativ verhaltende Gruppe nicht habe festgestellt werden können. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Chatgruppe im Klassenverband nicht bekannt gewesen sei. Es sei für jeden Teilnehmer der Gruppe kontrollierbar gewesen, wem Beiträge innerhalb des Chats zugänglich gemacht worden seien.
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Dem Kläger wurde in der Folgezeit die Teilnahme am Zwangsmittel- und Schießtraining untersagt. Mit Schreiben der Hochschule vom 11.02.2020 wurde er zur beabsichtigten Entlassung angehört. Mit Verfügung vom selben Tag wurde unter Anordnung des Sofortvollzugs ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen und dem Kläger das Tragen der Dienstkleidung und Ausrüstung, der Aufenthalt in Diensträumen und dienstlichen Unterkünften und die Führung dienstlicher Ausweise und Abzeichen untersagt. Der Kläger trat der beabsichtigten Entlassung entgegen. Der örtliche Personalrat stimmte der Entlassung des Klägers in seiner Sitzung vom 13.03.2020 zu.
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Mit Verfügung der Hochschule vom 19.03.2020 wurde der Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs mit Ablauf des Monats April 2020 aus dem Polizeivollzugsdienst des Beklagten entlassen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger, auch wenn er nicht Gruppenadministrator oder treibende Kraft in der Chat-Gruppe gewesen sei, in der Gruppe aktiv gewesen sei, Beiträge geschrieben, kommentiert und mitgelesen habe und somit auch die Inhalte der anderen akzeptiert habe. Aus den näher beschriebenen Vorkommnissen und dem Strafverfahren gehe hervor, dass berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers bestünden. Als Beamter stehe er in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, aufgrund dessen er zur Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ermächtigt werde. Er müsse sich daher zu der Verfassungsordnung bekennen und für sie aktiv eintreten. Wer die freiheitlich-demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung des Grundgesetzes ablehne, gar „mit Füßen trete“ und sie versuche zu untergraben, sei für die Ausübung eines öffentlichen Amtes ungeeignet. Die Pflicht, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten, umfasse auch die Verpflichtung, alles zu unterlassen, was geeignet sei, den Anschein zu erwecken, verfassungsfeindliche Ansichten Dritter zu decken oder zu fördern. Mit seiner Teilnahme in der WhatsApp-Gruppe habe der Kläger rechtes, antisemitisches und auch frauenfeindliches Gedankengut toleriert. Die Tatsache, dass er nicht eingegriffen oder sich von der Gruppe verabschiedet habe, zeige deutlich, dass er das menschenverachtende, fremdenfeindliche Verhalten unterstütze und decke. Das Verhalten sei nicht mit der an ihn zu stellenden Vorbildfunktion als angehender Polizeibeamter vereinbar. Wenn der Kläger alle Bilder sofort nach dem Öffnen und Lesen lösche, befinde er sich zwar auf dem richtigen Weg, doch sei sein Verhalten definitiv nicht ausreichend. Gefordert werde ein klares Bekenntnis zur Verfassung, ein Sich-Distanzieren und ein sofortiges Verlassen der WhatsApp-Gruppe. Seinem Ausbildungsstand entsprechend wäre es geboten gewesen, bei den festgestellten Inhalten gemäß dem Legalitätsprinzip und den daraus resultierenden Pflichten für Polizeibeamte zu handeln. Die Gesinnung der anderen Mitglieder hätte zweifelsfrei erkannt werden können. Dass es nur um schulische Dinge gegangen sei, könne angesichts der eigenen Beiträge und Kommentare nicht nachvollzogen werden. Der Kläger habe nicht nur eine passive Rolle eingenommen, sondern eine aktive. Den Chats sei eine völlige Kritik- und Gedankenlosigkeit immanent. Im Verhalten des Klägers komme zum Ausdruck, dass er die sozialüblichen Grenzen völlig verkenne, sich seiner Vorbildfunktion nicht bewusst sei und es ihm an der nötigen Selbstkontrolle fehle. Eine rechtsradikale Gesinnung müsse ihm nicht nachgewiesen werden. Werde durch extremistische Äußerungen gegen die Pflicht zur politischen Loyalität verstoßen, wie vorliegend erkennbar, entfalte die Meinungsfreiheit keinen Schutz. Das Verhalten sei geeignet, beim Bürger und im Kollegenkreis Vorbehalte zu bewirken und das Vertrauen in die Beamtenstellung nachhaltig zu untergraben. Bereits während der Ausbildung seien sehr hohe Anforderungen an eine Vorbildfunktion als Polizeibeamter zu stellen. Durch sein Stillhalten und Tolerieren, aber auch durch seine eigenen Äußerungen im Chat, habe der Kläger gegen diese Vorbildfunktion in besonders grober Weise verstoßen. Seine Vorgehensweise habe zu einer achtungs- und ansehensmindernden Außenwirkung der Polizei geführt und das in ganz Deutschland. Die Medien hätten intensiv über den Fall berichtet. Der Kläger habe ein Verhalten an den Tag gelegt, das eine funktionierende Zusammenarbeit im Polizeidienst mit ihm unmöglich mache. Wie sollten seine Kollegen mit ihm eine jüdische Synagoge bewachen, eine Asylbewerberunterkunft betreten, einen Ausländer festnehmen können, ohne fürchten zu müssen, dass er am Ende völlig unangemessen agieren werde. Die Polizei könne es sich nicht leisten, Personen auszubilden, die nur den geringsten Zweifel an ihrer Integrität aufkommen ließen. Es mangele an der gebotenen Loyalität, Zuverlässigkeit und Dienstauffassung. Die Einlassungen des Klägers seien als reine Schutzbehauptungen zu bewerten. Auf die Strafbarkeit treupflichtwidriger Verhaltensweisen komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Dem Dienstherrn sei es nicht zuzumuten, dass er weiterhin als Repräsentant der Polizei des Beklagten auftrete.
28 
Der Kläger erhob Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, er habe keine Nachrichten gepostet und sei nicht aktiv in der Gruppe gewesen. Er habe die Beiträge der anderen nicht oder nicht genau gelesen. Die Nachrichten habe er nicht gut gefunden und sei mit deren Inhalt auch nicht einverstanden gewesen. Er habe viele Freunde mit Migrationshintergrund.
29 
Mit Widerspruchsbescheid der Hochschule vom 17.06.2020 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und ergänzend ausgeführt, es möge sein, dass der Kläger nach außen nie mit entsprechenden Äußerungen aufgefallen und auch hilfsbereit gewesen sei, das aber könne das nachgewiesene Verhalten nicht aufwiegen. Radikales Gedankengut zeige sich nicht immer dadurch, dass Personen gegenüber anderen auch so aufträten. Oft beginne die Radikalisierung unter Gleichgesinnten und trete erst später zu Tage. So lange könne und wolle man nicht warten. Die vorgebrachten Rechtfertigungsgründe seien konstruiert und dienten lediglich dem Zweck, das Verhalten zu beschönigen. Der Kläger hätte die Gruppe jederzeit verlassen können. Allein die Tatsache, dass er sich nicht entschieden gegen die geschmacklosen und widerlichen Posts zu Wort gemeldet habe und zudem auch noch in der Gruppe geblieben sei, begründe berechtigte Zweifel an seiner Eignung. Personen, die bei Unrecht wegsähen und dieses damit unterstützten, seien für den Polizeivollzugsdienst nicht geeignet.
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Am 17.07.2020 hat der Kläger Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, den die Kammer mit Beschluss vom 19.10.2020 abgelehnt hat (Az. 3 K 2398/20, juris). Zur Begründung wird vorgetragen, dass nicht alle Umstände ausreichend berücksichtigt und insbesondere nicht ermessensfehlerfrei gewürdigt worden seien. Er habe keine Nachrichten gepostet und sei nicht aktiv in der Gruppe gewesen. Er sei auch nur seit Ende November 2019 überhaupt Mitglied der Gruppe gewesen, um sich wegen schulischer Belange mit den anderen Mitgliedern austauschen zu können. Er habe die Beiträge der anderen nicht oder nicht genau gelesen, habe nicht geschrieben und sie auch nicht kommentiert und nicht gebilligt. Nach Empfang der Nachrichten 1 bis 18 habe er diese gelöscht, nur die Nachrichten 2 und 19 habe er vergessen zu löschen. Gerade weil er die ihm vorgeworfene Gesinnung nicht teile und nicht habe, habe er die Nachrichten der anderen nicht geschätzt, soweit er sie überhaupt mitbekommen habe, und sich mit ihnen nicht weiter beschäftigt. Es sei ihm zu blöd gewesen, hierauf überhaupt einzugehen. Er habe nur auf die Nachrichten geschaut, um überhaupt zu sehen, ob es schulische Belange gewesen seien. Soweit er in der Gruppe aktiv gewesen sei, liege eine Fehlinterpretation der Gegenseite vor. Die lachenden Tränen-Smileys - und nicht etwa eine Zustimmung wie „ja“ oder „gut“ - habe er gesandt, weil er das Bild mit dem Text für absoluten Quatsch gehalten habe. Dieses habe nicht geheißen, dass er in irgendeiner Weise rechtsextremes Gedankengut gut finde. Auch bei der gedanklichen Eroberung von Ländern werde seine Äußerung fehlinterpretiert. Er habe mit seinem Kommentar allein auf eine Situation in der Schule zu einer Aufgabe mit bulgarischen „Nutten“ angespielt. Er sei keinesfalls Anhänger von Eroberungsszenarien oder von sexistischen Äußerungen. Bei der Nachricht „Erflogsland“ habe er sich lediglich vertippt. Er habe nochmal „Erfolgsland“ tippen und seinen aus Hessen stammenden Mitschüler necken wollen, der Hessen immer als besonders cooles Bundesland herausstelle. Die Reportage auf Youtube habe er sich gar nicht angesehen und auch die Nachricht nicht; jedenfalls habe er sich nicht mit dem „wir“ angesprochen gefühlt. Er sei leider in eine Sache hineingeraten, die er zutiefst bedauere. Hätte er geahnt, dass seine Äußerungen Zweifel an seiner charakterlichen Eignung hervorrufen könnten, so hätte er von den Mitschülern gefordert, ihn sofort aus der Gruppe zu löschen. Er sei mit den anderen aus der Gruppe nicht befreundet. Gerade weil er seit jeher weder rechtsextrem, noch rassistisch, noch sexistisch sei, belaste ihn die Fehlinterpretation seiner Mitteilungen sehr. Es sei sein Berufstraum, Polizist zu werden. Er sei loyal, zuverlässig und wolle die freiheitliche Rechtsordnung schützen. Die Beschreibung, welche Gesinnung und charakterliche Eignung von ihm im Polizeiberuf gefordert werde, treffe in Wahrheit auf ihn zu und dies könne er auch belegen. Er habe viele Freunde mit Migrationshintergrund. Er sei seit seiner Kindheit offen für verschiedene kulturelle, religiöse und weltanschauliche Lebensentwürfe und habe schon immer das friedliche Zusammenleben schützen und fördern wollen, privat und beruflich. Auch frauenfeindlich sei er bestimmt nicht. Er sei vorab nicht einmal abgemahnt worden und habe keine Chance gehabt, sich korrekt zu verteidigen. Es sei keine ausreichende Abwägung zwischen den vorgeworfenen Handlungen bzw. Unterlassungen und seiner jahrelang praktizierten Gesinnung in Vereinen, Schule, Freundes- und Familienkreis erfolgt. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei Unrecht wegsehe. Die vorgelegten Stellungnahmen belegten das Gegenteil. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Nachrichten in einem engen, vertrauten und nichtöffentlichen Personenkreis verbreitet worden seien, dessen Empfängerhorizont zu berücksichtigen sei. Er habe nicht ahnen können, dass seine Erklärungen von der Gegenseite fehlinterpretiert würden oder Anlass zu plötzlichen Eignungszweifeln böten. Seitdem er wisse, dass sein Verhalten missverständlich ausgelegt werden könne, beteilige er sich an keinerlei Chatgruppen dieser Art und verhalte sich demokratisch vorbildlich. Es hätte gereicht, ihn zu einem Gespräch einzuladen. Er hätte dann seine charakterliche Eignung darlegen und die Missverständnisse entkräften können.
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Der Kläger beantragt,
32 
die Entlassungsverfügung der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg vom 19.03.2020 und den Widerspruchsbescheid derselben vom 17.06.2020 aufzuheben.
33 
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
35 
Zur Begründung wird ausgeführt, dass dem Dienstherrn bei der Beurteilung der charakterlichen Eignung von Widerrufsbeamten ein Ermessenspielraum zustehe und hierbei bereits berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung ausreichend seien, um einen Beamten auf Widerruf zu entlassen. Ein Ermessensfehler sei nicht ersichtlich. Die beigebrachten Stellungnahmen von Bekannten des Klägers seien nicht geeignet, die Eignungszweifel zu beseitigen. Es verwundere insgesamt doch sehr, wenn der Kläger vortrage, er habe alles nicht richtig gelesen. Das sei zum einen nicht glaubhaft und widerspreche zum anderen auch seiner eigenen Einlassung, wenn er vortrage, dass er die Nachrichten in der Gruppe nicht gut gefunden habe und mit ihrem Inhalt nicht einverstanden gewesen sei. Um eine Beurteilung treffen zu können, habe er sie ja lesen müssen. Insgesamt seien die Ausführungen als reine Schutzbehauptung und Versuch einer Verharmlosung zu bewerten. Im Gesamtkontext ergebe sich ein klares Bild. Wenn er tatsächlich die Inhalte missbilligt habe, wie er behaupte, erscheine es lebensfremd, dass er sich dennoch bewusst in bestimmte Konversationen eingeschaltet habe. Es stehe außer Frage, dass sich der Kläger aktiv am Chatgeschehen beteiligt habe, wenn auch nicht so intensiv wie die anderen Beteiligten. Genauso stehe fest, dass er sich von den rechtsextremen, antisemitischen und frauenfeindlichen Äußerungen in keiner Weise distanziert habe. Dieses Gedankengut habe in der Gesellschaft und insbesondere bei der Polizei keinen Platz. Selbst wenn man annehmen wolle, dass der Kläger dieses Gedankengut so nicht teile, seien die Zweifel an seiner Eignung begründet. Ein Polizeibeamter, der über einen nicht unerheblichen Zeitraum beim Austausch von offensichtlich rechtsextremem, antisemitischem und frauenfeindlichem Gedankengut in den Reihen der Polizei zusehe, ohne dies zu melden oder zu handeln, habe in der Polizei ebenso keinen Platz wie ein Polizist, der dieses Gedankengut teile, denn die Verbreitung solchen Gedankenguts innerhalb einer Organisation werde wesentlich dadurch gefördert und ermöglicht, dass es Angehörige gebe, die dies duldeten oder gar bestärkten. Aus diesem Handeln ergäben sich berechtigte Zweifel, ob der Kläger die geforderte Loyalität, Verfassungstreue und rechtstaatliche Einstellung habe, die von einem Beamten erwartet würden. Es sei nicht zu erwarten, oder zumindest zweifelhaft, dass der Kläger später für Recht und Gesetz einstehe und entschieden gegen die Gefährdung unserer Grundrechte und -werte vorgehe, wenn er dies bereits jetzt nicht tue.
36 
Auf Bitte der Berichterstatterin, dazu Stellung zu nehmen, ob und inwieweit eine Einweisung der Beamtinnen und Beamten auf Widerruf im Zusammenhang mit der Nutzung von sozialen Medien sowie Messaging-Diensten wie WhatsApp erfolge und inwieweit dies auch im Fall des Klägers geschehen sei, hat der Beklagte ergänzend ausgeführt, dass zu Beginn der Ausbildung eine umfassende Belehrung aller Anwärter und Anwärterinnen stattfinde und auch der Kläger umfassend belehrt worden sei. Der Stellungnahme des damaligen Klassenleiters und den ergänzend vorgelegten Unterlagen sei eindeutig zu entnehmen, dass der Kläger hinreichend für den Umgang mit sozialen Medien sensibilisiert worden sei. Die Sensibilisierung sei im Unterricht mit Beispielsfällen verdeutlicht worden; dabei seien auch Beispiele in Bezug auf Islamismus und Rechtsextremismus getätigt worden. Auch im Fach Informations- und Kommunikationstechnik seien die Anwärter und Anwärterinnen im Hinblick auf den Umgang mit sozialen Netzwerken sensibilisiert worden. Jedem Anwärter, jeder Anwärterin hätte die besondere Bedeutung klar sein müssen. Auf die durchgeführten Belehrungen komme es jedoch im Ergebnis nicht an. Für die Erkenntnis, dass verfassungsfeindliche, gewaltverherrlichende oder frauenfeindliche Posts oder sonstige Äußerungen mit den Pflichten eines Beamten oder einer Beamtin nicht vereinbar seien, bedürfe es keiner Belehrung, sondern gesunden Menschenverstandes. Die Anwärter und Anwärterinnen würden schließlich auch nicht darüber belehrt, dass sie keine Straftaten begehen dürften. Bereits der geleistete Amtseid stelle im Hinblick auf die vorliegenden Verfehlungen zudem eine hinreichende Sensibilisierung dar.
37 
Der Kläger ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, dass er gerade nicht darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass schon das passive Erhalten von Posts in einer WhatsApp-Gruppe für die Berufsausübung bedenklich sein könne. Die Belehrungen seien im Übrigen von den Lehrern selbst nicht als so wichtig dargestellt worden. Der Fall liege hier ganz anders als die im Unterricht besprochenen Fälle. Er sei nur aus schulischen Motiven in der Lerngruppe verblieben, ohne die rassistischen Meinungen zu teilen. Die fraglichen Posts seien ihm aufgedrängt worden. Auch sein stellvertretender Klassenlehrer, der ihn als „besten Freund eines Türken“ bezeichnet habe, habe nur gute Worte für ihn gefunden.
38 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Akten (zwei Bände Sachakten, ein Band Personalakte, eine CD-ROM) sowie die Gerichtsakten aus dem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes 3 K 2398/20 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
39 
Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I.
40 
Die statthafte Anfechtungsklage ist insgesamt zulässig; insbesondere fehlt es nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, obwohl die Entlassung bereits zum 30.04.2020 verfügt worden ist.
41 
Die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis erfolgt durch Erlass eines rechtsgestaltenden Verwaltungsakts, gegen den Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft sind. Wird der Rechtsbehelf rechtskräftig abgewiesen, so tritt (erst dann) die rechtsgestaltende Wirkung der Entlassung zum ursprünglich bestimmten Zeitpunkt rückwirkend ein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 21.01.2016 - 4 S 1082/14 -, juris Rn. 32 und vom 02.05.1994 - 4 S 1333/92 -, juris Rn. 38 f.; Beschluss vom 12.07.1996 - 4 S 1860/96 -, juris Rn. 15; v. Roetteken, in v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, Stand Juni 2020, XXIII. Rechtsschutz Rn. 866 m.w.N.). Eine Erledigung durch Zeitablauf ist vorliegend auch deshalb nicht eingetreten, weil das Beamtenverhältnis auf Widerruf für den Zeitraum der Ausbildung begründet wird und diese für den Jahrgang des Klägers noch nicht abgeschlossen ist. Die Ausbildung zum Polizeimeister/zur Polizeimeisterin - mittlerer Polizeivollzugsdienst - dauert 30 Monate und ausweislich der Personalakte erfolgte die Zuordnung des Klägers zur Hochschule bis zum 28.02.2022. Auch eine wenigstens teilweise Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen ist vorliegend noch möglich, denn der Kläger kann mit Wirkung für die Zukunft weiterbeschäftigt und ihm können die Bezüge, auch rückwirkend, ausbezahlt werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger den Anschluss zu seinen ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschülern tatsächlich nicht mehr wird herstellen können. Dabei geht es jedoch nicht um die Frage einer erneuten Ernennung, sondern um die Beseitigung der Vollziehung der bislang nicht bestandskräftig verfügten Entlassung.
II.
42 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Entlassungsverfügung der Hochschule vom 19.03.2020 und der Widerspruchsbescheid derselben vom 17.06.2020 sind formell (1.) und materiell (2.) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entlassungsverfügung ist dabei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2020 (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.1981 - 2 C 24.79 -, BVerwGE 62, 280; Bayerischer VGH, Beschluss vom 11.10.2012 - 3 ZB 10.1470 -, juris).
43 
1.) Der Kläger ist vor Ergehen der Entlassungsverfügung angehört worden (§ 28 Abs. 1 LVwVfG) und der örtliche Personalrat hat der Personalmaßnahme am 13.03.2020 zugestimmt (§ 75 Abs. 3 Nr. 10 LPVG). Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Verfügung (vgl. hierzu auch § 31 LBG) wurden im Übrigen weder geltend gemacht, noch sind solche für die Kammer zu erkennen.
44 
2.) Auch in der Sache begegnet die Entlassung des Klägers keinen durchgreifenden Bedenken.
45 
a.) Rechtsgrundlage der Entlassungsverfügung ist § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG. Danach können Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden. Dem Beklagten steht insoweit Ermessen zu und zur Rechtfertigung der Entlassung genügt grundsätzlich jeder sachliche, d.h. nicht willkürliche Grund. Ausreichend hierfür sind bereits berechtigte Zweifel der Entlassungsbehörde, ob die Beamtin oder der Beamte die persönliche oder fachliche Eignung für ein Amt in der angestrebten Laufbahn besitzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2020 - 4 S 1473/20 -; Bayerischer VGH, Beschluss vom 30.08.2019 - 3 ZB 18.508 -; Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 26.10.2020 - 5 ME 141/20 - und vom 17.12.2010 - 5 ME 268/10 -, jeweils juris und m.w.N.). Ein sachlicher Grund für die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Dienstherr nicht überzeugt ist, dass die Beamtin oder der Beamte die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten (BVerwG, Urteil vom 09.06.1981 - 2 C 48.78 -, BVerwGE 62, 267).
46 
Die Beurteilung der charakterlichen Eignung ist ein Akt wertender Erkenntnis. Der dem Dienstherrn bei der Ausfüllung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der charakterlichen Eignung eingeräumte Beurteilungsspielraum führt dazu, dass die hierauf beruhende Entscheidung gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann und zwar darauf, ob der gesetzliche Begriff der persönlichen Eignung oder die gesetzlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zu Grunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt worden sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 04.08.2020, a.a.O. und vom 30.09.2019 - 4 S 2577/19 -, juris m.w.N.). In Bezug auf die charakterliche Eignung von Beamtinnen oder Beamten als einem Unterfall der persönlichen Eignung ist insoweit die Einschätzung entscheidend, inwieweit diese der von ihnen zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden. Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens der Beamtin oder des Beamten, die einen Rückschluss auf diese für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.07.2016 - 2 B 17.16 - und vom 25.11.2015 - 2 B 38.15 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.12.2017 - 4 S 2315/17 -; OVG Bremen, Beschluss vom 13.07.2018 - 2 B 174/18 -; Sächsisches OVG, Beschluss vom 22.06.2017 - 2 B 8/17 -, jeweils juris und m.w.N.). Dabei geht es bei der charakterlichen Nichteignung um innere Tatsachen, deren Feststellung naturgemäß mit Schwierigkeiten verbunden ist. Wie eine Beamtin oder ein Beamter auf Anfechtungen, Belastungen, Herausforderungen und Versuchungen voraussichtlich reagieren wird, lässt sich selten genug mit Gewissheit vorhersagen, sodass es zumeist darauf ankommen wird, ob und mit welcher Überzeugungskraft äußere Tatsachen den Schluss auf negative innere Tatsachen zulassen (vgl. VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 04.08.2020, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.07.2019 - OVG 4 S 20.19 -, juris).
47 
b.) Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Kläger rechtsfehlerfrei wegen berechtigter Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst entlassen worden (vgl. hierzu bereits den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss der Kammer vom 19.10.2020, a.a.O.). Die Bewertung des Beklagten beruht auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Der Beklagte hat weder den anzuwendenden Begriff der Eignung noch den gesetzlichen Rahmen verkannt, noch ist er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen oder hat allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen.
48 
Die angefochtene Verfügung vom 19.03.2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2020 wird maßgeblich auf berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers gestützt, weil sich der Kläger als Mitglied der innerpolizeilichen WhatsApp-Gruppe „P... ... ...“, in der unter anderem nationalsozialistisches, antisemitisches, rassistisches und frauenverachtendes Gedankengut geteilt worden ist, nicht von diesen Inhalten distanziert und damit die Einstellung und Gesinnung der anderen Teilnehmer konkludent bestärkt bzw. toleriert hat. Auch ist er in der Gruppe durch einige (wenige) eigene Beiträge in Erscheinung getreten. Diese Bewertung ist auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung nicht zu beanstanden (s. zu einer vergleichbaren Bewertung auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.06.2015 - 6 B 326/15 -, juris).
49 
aa.) Dem Kläger wird rechtsfehlerfrei vorgehalten, sich in einem gerade auch für die Ausübung des Polizeiberufs sehr sensiblen Bereich nicht zur Verfassungsordnung bekannt und nicht für sie eingetreten zu sein. Er ist aus der konspirativ auftretenden WhatsApp-Gruppe nicht ausgetreten und hat während des Bestehens der Gruppe auch sonst nicht glaubhaft und konsequent zu erkennen gegeben, dass er das dort dokumentierte Gedankengut nicht teilt, sondern im Gegenteil sogar einige Beiträge kommentiert. Das aber zeugt angesichts der auf den ersten Blick erkennbar den Grundwerten der Verfassung widersprechenden Inhalte von einer unzureichenden Dienstauffassung und charakterlichen Eignungsmängeln. Der Beklagte geht im Rahmen seiner Würdigung im Ergebnis beanstandungsfrei davon aus, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es dem Kläger an der inneren Fähigkeit bzw. Bereitschaft fehlt, in der gebotenen Weise für grundlegende und unabdingbare Werte des Zusammenlebens in unserem Land einzutreten.
50 
Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er habe jedenfalls gegenüber einzelnen Gruppenmitgliedern Kritik an Chatinhalten geäußert, ist dieses Vorbringen ersichtlich gesteigert und auch auf Nachfrage blass und unglaubhaft geblieben. So hat der Kläger auch auf wiederholte Nachfrage des Gerichts, wo für ihn die Grenze des Hinnehmbaren verlaufen sei, nicht näher und hinreichend schlüssig erklären können, wann er aktiv geworden sein will. Auch hat er nach seinem eigenen Vorbringen ausgerechnet den Administrator der Gruppe, der in besonders problematischer Weise in Erscheinung getreten ist, offenbar nicht angesprochen. Ein auch nur ansatzweise konsequentes Verhalten hat der Kläger insoweit nicht gezeigt. Das wird dadurch bestätigt, dass es ihn letztlich unberührt gelassen hat, dass die von ihm (angeblich) geäußerte Kritik nach seiner eigenen Einschätzung keinerlei Veränderung des Chatverhaltens der Kollegen bewirkt hat. Seine Einlassung beschränkte sich insoweit letztlich darauf, dass er vorgehabt habe, nach der Prüfungsphase aus der Gruppe auszutreten. Ein differenziertes oder gar selbstkritisches Nachdenken hat beim Kläger, der das nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen der Klassenkameradinnen und -kameraden erkennbar nationalistische und rassistische Auftreten des Gruppenadministrators W. schlicht mit dessen „besonderem Humor“ erklärt hat, insoweit bis heute nicht eingesetzt.
51 
bb.) Der Beklagte hat im Rahmen des Entlassungsverfahrens ein Verhalten des Klägers mit unmittelbarem Dienstbezug (innerpolizeiliche Gruppe) überzeugend gewürdigt. Dabei ist gerichtlich nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr für den Polizeivollzugsdienst besonders hohe Anforderungen an die charakterliche Stabilität der Beamtinnen und Beamten stellt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 27.11.2008 - 4 S 2332/08 - und vom 10.03.2017 - 4 S 124/17 -; Sächsisches OVG, Beschluss vom 20.09.2017 - 2 B 180/17 -, jeweils juris und m.w.N.). Das Verhalten des Klägers hat einen unmittelbaren Bezug zu den dienstlichen Kernaufgaben als Polizeivollzugsbeamter. Es berührt die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit des Beamten und zeugt von erheblichen charakterlichen Eignungsdefiziten, die einer späteren Übernahme als Beamter auf Probe und auf Lebenszeit entgegenstehen. Dies schlägt auf die Fortführung des Vorbereitungsdienstes und das Beamtenverhältnis auf Widerruf durch.
52 
aaa.) Die in Art. 33 Abs. 5 GG, § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verankerte, jeder Beamtin und jedem Beamten obliegende Verfassungstreuepflicht stellt eine beamtenrechtliche Kernpflicht dar (vgl. hierzu auch Masuch, Die Verfassungstreue als beamtenrechtliche Kernpflicht, ZBR 2020, 289; Lorse, Die politische Treuepflicht des Beamten im Spiegel aktueller rechtlicher und rechtspolitischer Entwicklungen, ZBR 2021, 1). § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG bestimmt, dass Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten müssen. Dementsprechend darf nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.
53 
Der Begriff der freiheitlich-demokratischen Grundordnung umfasst eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition zu rechnen (vgl. BVerfG, Urteile vom 23.10.1952 - 1 BvB 1/51 - und vom 17.01.2017 - 2 BvB 1/13 -; BVerwG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 WB 43.04 -; Hessischer VGH, Beschluss vom 22.10.2018 - 1 B 1594/18 -, jeweils juris).
54 
Die Verpflichtung zur Verfassungstreue verlangt, dass die Beamtinnen und Beamten sich zu dieser freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, aktiv für sie eintreten und sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (vgl. zu diesen für Soldatinnen und Soldaten, Richterinnen und Richter und Beamtinnen und Beamte geltenden Grundsätzen etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 - und vom 06.05.2008 - 2 BvR 337/08 -; BVerwG, Urteil vom 23.03.2017 - 2 WD 16.16 -; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.11.2019 - 1 M 119/19 -, jeweils juris und m.w.N.; s.a. mit zahlreichen Fallbeispielen Baßlsperger, Die Pflichten des Beamten zur politischen Treue, zur Mäßigung und Zurückhaltung, PersV 2019, 204). Dem entsprechen auch der Diensteid, den der Kläger am 15.11.2019 geleistet hat, sein Amt nach bestem Wissen und Können zu führen, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Landesverfassung und das Recht zu achten und zu verteidigen und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben (vgl. § 47 Abs. 1 LBG) und die sich aus § 34 Satz 3 BeamtStG ergebende Pflicht, dass sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert. Damit einher geht nicht nur das Verbot einer gegen die Verfassung gerichteten Verhaltensweise, sondern auch eine Pflicht zum aktiven Handeln. Bekenntnis bedeutet in diesem Zusammenhang eine nach außen erkennbare gefestigte Einstellung, die ein Eintreten für die Erhaltung der demokratischen Grundordnung ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 17.11.2017 - 2 C 25.17 -; Bayerischer VGH, Urteil vom 16.01.2019 - 16a D 15.2672 -, jeweils juris und m.w.N.).
55 
Die danach an einen (Polizei-)Beamten und eine (Polizei-)Beamtin zu stellende Erwartung, die nicht nur das theoretische Idealbild eines Beamten oder einer Beamtin beschreibt, sondern eine beamtenrechtliche Kernpflicht betrifft, hat der Kläger nicht erfüllt. Sein Verhalten gibt vielmehr Anlass zu Zweifeln, ob er zu jeder Zeit und ohne jeden Vorbehalt für die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Grundwerte eines friedlichen Zusammenlebens einstehen wird und stellt damit auch die Verlässlichkeit des Klägers innerhalb und außerhalb des Kreises der Kolleginnen und Kollegen in Frage.
56 
bbb.) Auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger die entsprechenden, über einen längeren Zeitraum und mit einer gewissen Frequenz gesendeten Bilder und Äußerungen tatsächlich erhalten und wahrgenommen hat. Insoweit ist nicht für jeden Einzelfall der Nachweis zu führen, dass und wann der Kläger die Chatinhalte zur Kenntnis genommen hat. Es genügt, dass seine Aktivitäten auch in Zusammenschau mit den Einlassungen im vorliegenden Verfahren deutlich machen, dass ihm Inhalt und Kontext der Nachrichten bewusst gewesen sein müssen. Das gilt nicht nur, soweit eigene Aktivitäten in der Gruppe festgestellt werden können, sondern in Anbetracht des von den Klassenkameradinnen und -kameraden in ihren Zeugenaussagen übereinstimmend und anschaulich beschriebenen Auftretens (vor allem) des Gruppenadministrators W., der regelmäßig mit rassistischen, nationalistischen und frauenfeindlichen Äußerungen in Erscheinung getreten ist (vgl. hierzu nur die Zeugenaussagen der Klassenkameradinnen und Klassenkameraden F., S., O., P., K., A., S., K.), auch, soweit der Kläger geltend macht, er habe Nachrichten nicht „genau“ wahrgenommen oder gelesen. Der bloße (innere) Vorbehalt, er habe manches nicht gebilligt und zahlreiche Nachrichten gelöscht und seine eigenen Kommentare seien nicht ernst gemeint gewesen, genügt nicht, um den berechtigten Zweifeln an der charakterlichen Eignung mit Erfolg zu begegnen. An den Kläger wird insoweit die (Mindest-)Erwartung gerichtet, über das teilweise Löschen von Nachrichten hinaus das eigene Verhalten im Kontext des Verhaltens der Kollegen zu reflektieren.
57 
ccc.) Das Hinnehmen von nationalsozialistischen und antisemitischen (vgl. hierzu die Vorfälle Nr. 1; 3; 4; 7; 8; 9; 12; 13; 14; 18), rassistischen (vgl. hierzu Nr. 17; 19; 21), gewaltverharmlosenden und -verherrlichenden (vgl. hierzu Nr. 9; 14; 15; 16; 20) sowie frauenverachtenden (vgl. Nr. 5; 6; 10; 20) Äußerungen, Symbolen und Bildern innerhalb der geschlossenen WhatsApp-Gruppe von Polizeianwärtern begründet berechtigte Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers für den Polizeiberuf, ohne dass es der Feststellung einer gefestigten eigenen rechtsextremen Überzeugung bedarf. Von einer Polizeibeamtin und einem Polizeibeamten ist zu fordern, dass entsprechende Chats, in denen das Verschicken von Hakenkreuzsymbolen, Hitlerbildern, antisemitischen, das nationalsozialistische Unrecht verharmlosenden oder gewaltverherrlichenden, rassistischen und frauenverachtenden Äußerungen als „normal“ oder als „lustig“ („Schwarzer Humor“) angesehen wird, nicht einfach hingenommen werden. Vielmehr ist bereits während der Ausbildungszeit zu erwarten, dass sich die Widerrufsbeamtin und der Widerrufsbeamte für die Grundwerte des gesellschaftlichen Zusammenlebens aktiv einsetzen und dem widersprechenden Verhalten (gerade) auch innerhalb des Kreises der Kolleginnen und Kollegen etwas entgegensetzen. Die im vorliegenden Verfahren zum Ausdruck kommende, undifferenzierte und unreife Haltung des Klägers begründet insoweit erhebliche Zweifel an seiner charakterlichen Eignung. Dem Kläger wird hierbei nicht fremdes Verhalten zugerechnet, vielmehr wird sein eigenes Handeln bewertet. Das Verhalten des Klägers weckt berechtigte Zweifel daran, dass er sich verlässlich für die Grundwerte des Zusammenlebens einsetzt und die hierfür erforderliche Empathie und zugleich Konfliktfähigkeit sowie das nötige Selbstbewusstsein zur Ausübung des Polizeiberufs besitzt. Ihm fehlt auch nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung das erforderliche Bewusstsein dafür, wo die „rote Linie“ verläuft, die ein konsequentes eigenes Handeln erfordert - nämlich dort, wo es um Entwürdigung, Verachtung, Ausgrenzung und Abwertung von Menschen geht.
58 
ddd.) Ungeachtet dessen war der Kläger in der Gruppe auch nicht völlig passiv und damit schlicht gleichgültig, so dass im Ergebnis offengelassen werden kann, ob allein die Mitgliedschaft in der Gruppe hinreichender Anlass einer Entlassung sein kann. Der Kläger hat ein Bild, das einen Mann mit dem Aussehen Adolf Hitlers auf einem Rudergerät zeigt und mit dem Hinweis auf eine angebliche Vorbereitung auf einen Dritten Weltkrieg versehen ist, mit drei Tränen lachenden Smileys kommentiert. Soweit er ausführt, er habe das Bild mit dem Text für absoluten Quatsch gehalten und mit den Smileys gerade keine Zustimmung signalisiert, ist dies unter Berücksichtigung des üblichen Bedeutungsgehalts lachender Smileys für die Kammer nicht nachvollziehbar. Zwar ließ sich nicht feststellen, dass der Kläger selbst das in der Gruppe verbreitete rechtsextreme Gedankengut teilt, er hat jedoch entsprechende Äußerungen als lustig kommentiert und sich insoweit mit ihnen gemein gemacht und sie damit aktiv bestärkt.
59 
Soweit er ausführt, bei der gedanklichen Eroberung von Ländern (Chat vom Februar 2020) sei seine Äußerung fehlinterpretiert worden, er sei dem Chat nicht einmal genau gefolgt, zeigt sich auch darin ein fehlendes Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln, das den berechtigten Erwartungen, die an einen Polizeibeamten und eine Polizeibeamtin zu stellen sind, nicht genügt. Wenn der Kläger ausführt, er habe mit seinem Kommentar allein auf eine Situation in der Schule angespielt, in der ein Lehrer eine Frage zu „bulgarischen Nutten“ gestellt habe, er sei keinesfalls Anhänger von Eroberungsszenarien oder von sexistischen Äußerungen, geht er über den Inhalt des Chats hinweg, in dem unter anderem vom Bau einer Festung gegen Migration aus Afrika die Rede ist, und reflektiert auch im vorliegenden Verfahren sein eigenes Tun nicht ansatzweise selbstkritisch. Das wird dadurch unterstrichen, dass sich ausweislich der vorliegenden und vom Kläger nicht in Frage gestellten Zeugenaussagen die nationalistische und gewaltverherrlichende Haltung einiger Gruppenmitglieder nicht nur aus den Chatinhalten, sondern auch aus ihrem Auftreten und ihren Äußerungen innerhalb der Klasse ergab.
60 
Entsprechendes gilt, soweit der Kläger ausführt, bei der Nachricht „Erflogsland“ habe er sich lediglich vertippt. Er habe nur „Erfolgsland“ noch einmal tippen und den aus Hessen stammenden Mitschüler necken wollen, der sein Bundesland immer als besonders cool herausstelle. Seine Äußerung habe mit dem abgebildeten dunkelhäutigen Vater absolut nichts zu tun. Damit übergeht er, dass davon auszugehen ist, dass seine Äußerung innerhalb des Chats angesichts der dort offenkundig verbreiteten rassistischen Überzeugungen einiger Klassenkameraden anders verstanden worden sein muss und dass (auch) die nachfolgende Unterhaltung mit einem Klassenkameraden innerhalb des Chats von erkennbar rassistischen Untertönen geprägt ist („So würde ich das auch nicht nennen“). Im Übrigen zeigt auch das nachfolgend verschickte Bild mit einem Hitlergesicht auf einer nackten Frauenbrust mit dem Titel „Tittler“, dessen Erhalt der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, den tatsächlichen Kontext des Chats.
61 
Soweit der Kläger anführt, die Reportage auf Youtube habe er sich gar nicht angesehen, auch nicht die Nachricht mit „wir sagen weiterhin...“, und er fühle sich jedenfalls nicht mit dem „wir“ angesprochen, beschränkt sich sein Vortrag ebenfalls auf das Motto „nichts sehen, nichts hören, nichts wissen“. Zum Ausdruck kommt darin eine charakterliche Haltung, die grundsätzliche Zweifel an der Eignung für den Polizeiberuf weckt, weil sie der Stärkung entsprechenden Gedankenguts und einem innerhalb der Polizei nicht hinnehmbaren „Korpsgeist“ letztlich Vorschub leistet. Eine gewisse Abschottung der sieben Gruppenmitglieder innerhalb der Klasse von 30 Personen, wie sie in dem „wir sagen...“ zum Ausdruck kommt, wurde dementsprechend auch in den Zeugenvernehmungen der Klassenkameradinnen und Klassenkameraden im Ermittlungsverfahren deutlich („Gang“, vgl. dazu die Zeugin F.; „eingeschworene“ Gruppe, vgl. den Zeugen S.). Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger von den Klassenkameradinnen und -kameraden übereinstimmend eher als Mitläufer der auch nach außen durch gemeinsame Aktivitäten und Sozialverhalten in Erscheinung getretenen Gruppe beschrieben wird, der an den abendlichen Unternehmungen als Heimfahrer zumeist nicht teilgenommen hat.
62 
Dass für den Kläger eine Abgrenzung von der Gruppe ohne weiteres möglich gewesen wäre, unterstreicht die Zeugenaussage des Klassenkameraden S., der ausgeführt hat, dass er dem Gruppenadministrator, nachdem dieser ihm ein Bild mit „schwarzem Humor“ geschickt habe, gesagt habe, dass er ihm so etwas nicht schicken solle und das Bild gelöscht habe. Herr P., der zunächst ebenfalls Mitglied der Gruppe war, wurde aus dieser entfernt, weil er wohl nicht hinreichend aktiv in der Gruppe war. Schließlich schilderte der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst, dass sein bester Freund aus der Klasse die Gruppe nicht gut gefunden habe.
63 
eee.) Zu keinem anderen Ergebnis führt das Vorbringen des Klägers, wonach er leider in eine Sache hineingeraten sei, die er zutiefst bedauere. Hätte er auch nur geahnt, dass seine Äußerungen bei seinem Dienstherrn tatsächlich Zweifel an seiner charakterlichen Eignung hervorrufen könnten, so hätte er von den Mitschülern gefordert, ihn sofort aus der Gruppe zu löschen. Er sei mit den anderen aus der Gruppe nicht befreundet. Es sei ihm überhaupt nur darum gegangen, sich wegen schulischer Belange auszutauschen. Es sei sein Berufstraum, Polizist zu werden und er habe auf dieses Ziel hart hingearbeitet. Nachrichten, die nicht die Schule betroffen hätten, habe er nicht richtig gelesen. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei Unrecht wegsehe. Die vorgelegten Stellungnahmen belegten das Gegenteil. Seine Zukunft stehe auf dem Spiel. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Nachrichten in einem engen, vertrauten und nichtöffentlichen Personenkreis verbreitet worden seien, dessen Empfängerhorizont zu berücksichtigen sei.
64 
Dem Kläger musste sich angesichts der Deutlichkeit der verwendeten Symbole und Bilder - namentlich zu nennen sind das Hakenkreuz, der sogenannte „Judenstern“, die Hitlerbilder sowie die rassistischen Darstellungen und Äußerungen in Bezug auf dunkelhäutige Menschen und das frauenverachtende Menschenbild - selbst bei nur oberflächlicher Betrachtung aufdrängen, dass ihre polizeiinterne Verbreitung - die wie geschehen jederzeit öffentlich bekannt werden kann - geeignet ist, das Ansehen der Bürgerinnen und Bürger in die Funktionsfähigkeit und Neutralität des Staates und das Vertrauen darin zu gefährden, dass der Kläger als Polizeibeamter die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Der Kläger muss sich in diesem Zusammenhang auch vorhalten lassen, dass seine Haltung widersprüchlich ist, wenn er im Schreiben vom 17.02.2020 gegenüber der Staatsanwaltschaft vorträgt, dass er sich nicht vorstellen könne, in einer Polizei zu arbeiten, in der Leute toleriert würden, die solches nationalsozialistisches Gedankengut verbreiteten, selbst aber die Verbreitung im persönlichen Kreis der Kollegen hinnimmt und teilweise sogar belustigt kommentiert. Der Kläger hat die Gruppe, die im Unterschied zu „normalen“ WhatsApp-Gruppen gänzlich abgeschottet war, nicht verlassen, obwohl ein Austritt jederzeit möglich gewesen wäre und die schulischen Informationen durch die bestehenden allgemeinen Klassengruppen ohne weiteres hätten abgedeckt werden können. Das Vorbringen, dass es ihn einerseits nicht interessiert, er aber anderseits die fraglichen Inhalte abgelehnt und Nachrichten teilweise gezielt gelöscht habe, den Chatverlauf aber wiederum auch nicht regelmäßig durchgesehen habe, obwohl ihm, wie er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, die mögliche Strafbarkeit bestimmter Inhalte durchaus bewusst gewesen sei, verdeutlicht, dass er gerade nicht bereit ist, für die grundlegenden Werte des gesellschaftlichen Zusammenlebens konsequent einzustehen. Der Beklagte erwartet indes - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit in der Zeit des Nationalsozialismus - von allen, auch den jungen Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen zu Recht eine klare Haltung. Eine solche lässt der Kläger vermissen, wenn er in einer konspirativ auftretenden WhatsApp-Gruppe unter Kollegen verbleibt, in der Inhalte geteilt werden, die der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zuwiderlaufen und dies damit begründet, dass es ihm um den Austausch zu schulischen Belangen gegangen sei. Denn durch sein die Äußerungen der anderen tolerierendes Verhalten unterstützt er mindestens mittelbar deren Ansichten und setzt sich gerade nicht für die Grundwerte der Verfassung ein.
65 
Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass es sich um eine geschlossene und nicht um eine öffentliche Gruppe gehandelt hat. Die Möglichkeit, dass Chatinhalte Dritten oder gar - wie hier - der Öffentlichkeit bekannt werden, ist der Nutzung des Messenger-Dienstes immanent. Dementsprechend ist der Kläger zu Beginn der Ausbildung auf die mit der Nutzung sozialer Medien verbundenen Gefahren und das Erfordernis besonderer Sensibilität gerade im Polizeidienst hingewiesen worden. Soweit er in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, er habe keine Verbindung zwischen der Unterweisung der Hochschule in den Umgang mit sozialen Medien und der Mitgliedschaft in der konkreten WhatsApp-Gruppe hergestellt, unterstreicht dies seine undifferenzierte Haltung, steht aber der Würdigung des Beklagten nicht entgegen.
66 
fff.) Die Kammer geht mangels konkreter Anhaltspunkte nicht davon aus, dass der Kläger darüber hinaus durch rassistisches oder rechtsextremes Handeln nach außen in Erscheinung getreten ist. Sein durch Vorlage von schriftlichen Bescheinigungen näher dokumentiertes Vorbringen dazu, dass er viele Freunde mit Migrationshintergrund habe und alle Freunde, Klassen- und Sportkameraden gleich welchen Hintergrunds gleichbehandelt habe, sich in seinem Ringerverein für den Verbleib eines ausländischen Mitsportlers in Deutschland und bei dessen Arbeitssuche eingesetzt habe und nicht rechtsextrem oder sexistisch aufgefallen sei, kann nachvollzogen und als zutreffend angenommen werden. Nach den vorgelegten Stellungnahmen und auch nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung handelt es sich beim Kläger um einen jungen Mann, der im privaten Bereich durchaus aufgeschlossen, friedfertig und hilfsbereit ist und herzliche und unvoreingenommene Kontakte auch zu Menschen mit Migrationshintergrund und zu Frauen pflegt. In krassem Widerspruch dazu stehen jedoch die genannten Beiträge in der WhatsApp-Gruppe mit ihren den Grundwerten der Verfassung widersprechenden Inhalten, die der Kläger letztlich hingenommen hat, ohne auch nur ansatzweise konsequent zu erkennen zu geben, dass er diese Äußerungen und dieses Gedankengut nicht teilt. Er war zwar innerhalb der WhatsApp-Gruppe eher ein „Mitläufer“ und gehörte nicht zu den Tonangebenden innerhalb dieser Gruppe. Das aber hindert aus den vorgenannten Gründen die vom Beklagten getroffene Einschätzung nicht. Die Aktivitäten des Klägers in der Gruppe belegen ebenso wie sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren, dass er die in der Gruppe geteilten Bilder und Äußerungen verharmlost und bagatellisiert. Deren Häufigkeit über einen längeren Zeitraum lassen auch ein „Augenblicksversagen“ ausgeschlossen erscheinen. Der Rückschluss von den Chatinhalten und dem in diesem Zusammenhang gezeigten Verhalten des Klägers auf seine innere Einstellung ist vom Beklagten auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung seines Verhaltens unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erfolgt und genügt insoweit den rechtlichen Anforderungen (vgl. zu diesen Anforderungen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2020, a.a.O.).
67 
Dem steht auch die Selbsteinschätzung des Klägers nicht entgegen, dass er sich der Aufgabe als Polizeibeamter gewachsen fühle und seine wahre Gesinnung weltoffen sei, was sich auch darin zeige, dass sein bester Freund in der Klasse türkischer Abstammung sei und sein stellvertretender Klassenlehrer nur gute Worte für ihn finde. Der Dienstherr stellt die berechtigte Erwartungshaltung, dass Beamte und Beamtinnen zu jeder Zeit für diese weltoffene Haltung einstehen und sich positionieren. Dem Kläger wird insoweit keine disziplinarrechtlich zu ahndende Dienstpflichtverletzung vorgehalten, sondern ein durchgreifender charakterlicher Eignungsmangel.
68 
c.) Die Entscheidung des Beklagten erweist sich auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Dienstherr für den Polizeivollzugsdienst besonders hohe Anforderungen an die charakterliche Stabilität von Beamtinnen und Beamten stellen darf, insgesamt als verhältnismäßig. Eine mildere Maßnahme war angesichts der Schwere der Vorwürfe und des entstandenen Ansehens- und Vertrauensverlusts der Polizei in der Öffentlichkeit nicht geboten. Auch einer weitergehenden Erläuterung oder Ermahnung bedurfte es unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Fürsorge insoweit nicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern um einen längeren Zeitraum, in dem ungeachtet der erteilten Hinweise zum Umgang mit sozialen Medien und Messenger-Diensten und der objektiv erkennbaren Grenzüberschreitung seitens des Klägers nicht gehandelt (wenigstens Austritt aus der Gruppe), sondern im Gegenteil sogar gewisse Aktivitäten innerhalb der Gruppe entfaltet wurden. Nicht entscheidend ist, dass der Kläger nach dem Erkenntnisstand des Gerichts nicht Teil einer rechtsextremen Szene ist und bei ihm auch keine feste politisch rechtsextreme Überzeugung festzustellen ist und kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorliegt. Ebenso wenig geht es um die Zensur von bloßen Gedanken oder eine unsachliche Gesinnungsverfolgung, auch wird ein etwaiger schutzwürdiger, rein privater Bereich des internen Austauschs von - gegebenenfalls auch vorurteilsbehafteten - Meinungen nicht in Frage gestellt, vielmehr sind aus den genannten Gründen hinreichende Feststellungen getroffen worden, die in der Zusammenschau die Entlassungsverfügung tragen.
69 
Dabei geht es vorliegend nicht um die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, der regelmäßig eine Abmahnung vorausgehen muss, sondern um die besondere beamtenrechtliche Pflichtenbindung, die jedenfalls in der vorliegenden Konstellation keiner weitergehenden Ermahnung bedurfte. Der Kläger hat bereits am 30.09.2018 ausdrücklich gegen Unterschrift erklärt, dass er die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejaht und dass er bereit ist, sich jederzeit durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Er versicherte ausdrücklich, dass er Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eine ihrer genannten grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, nicht unterstütze und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichteten Organisation sei. Er erklärte auch, dass er sich darüber im Klaren sei, dass er bei einem Verstoß gegen diese Dienst- und Treuepflichten mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen müsse. Eine entsprechende Belehrung und Erklärung zur Verfassungstreue hat er am Tag seiner Einstellung vom 02.09.2019 vor Aushändigung der Ernennungsurkunde erneut unterschrieben.
70 
Hinzu kommt, dass der Kläger gleich zu Beginn der Ausbildung seitens der Hochschule zum Umgang mit sozialen Medien anhand von Beispielen aus der polizeilichen Praxis geschult wurde und daher eine entsprechende Sensibilität auch von ihm als jungem Widerrufsbeamten erwartet werden kann. Zur Überzeugung der Kammer werden damit keine realitätsfernen Anforderungen gestellt, vielmehr wird lediglich ein angemessen sensibler Umgang mit sozialen Medien und verbreiteten Messenger-Diensten gefordert.
71 
Der Beklagte hat das Entlassungsverfahren auch unmittelbar nach Bekanntwerden des Sachverhalts eingeleitet und daher keinen Vertrauensschutz zugunsten des Klägers begründet. Dabei wurde rechtsfehlerfrei innerhalb des bestehenden Spielraums bei allen Betroffenen ein gleichermaßen strenger Maßstab angelegt. Darin ist jedenfalls unter den konkreten Umständen des Einzelfalls kein unzulässiger Eingriff in die private Lebensführung der überwiegend noch jungen Polizeibeamten zu sehen. Einer Kultur des (aktiven) Wegschauens und mangelnder Distanz zu rassistischen und menschenverachtenden Darstelllungen und Äußerungen durch strikte und dadurch auch transparente Grenzziehungen zu begegnen, ist vielmehr ein legitimer Ansatz. Die hier (nur durch Zufall) festgestellten Nachrichten und Aktivitäten innerhalb einer konspirativ auftretenden Gruppe von Polizeibeamten überschreiten ganz überwiegend (vgl. hierzu näher unter II. 2 b.) aa.) ccc.) deutlich die Grenze „schwarzen Humors“ bzw. der Satire und auch die Grenze des in der Gesellschaft und auch im Polizeialltag bei realistischer Betrachtung vorhandenen, gegebenenfalls auch unbewussten „Alltagsrassismus“, dem vorrangig durch Sensibilisierung, Aufklärung und Fortbildung und nicht durch Entlassung zu begegnen ist. Es geht vorliegend nicht um eine pauschale Verunglimpfung oder Stigmatisierung der Polizei als solcher und - gerade - nicht um den Maßstab eines unkritischen, angepassten Beamten ohne eigene Meinung, sondern um die rechtliche Überprüfung einer (jedenfalls) vertretbaren, klaren Grenzziehung.
72 
d.) Der Beklagte hat schließlich fehlerfrei davon abgesehen, den Kläger, an dessen Eignung für den Polizeivollzugsdienst berechtigte Zweifel bestehen, noch seine Ausbildung abschließen zu lassen. Der Beklagte hat dabei die Bedeutung des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG, wonach die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll, nicht verkannt. Da im Fall der Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst keine allgemeine Ausbildungsstätte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG vorliegt, kann keine Rechtspflicht des Beklagten gegeben sein, einen Beamten oder eine Beamtin auf Kosten der Allgemeinheit weiter auszubilden, deren spätere Ernennung zum Beamten oder zur Beamtin auf Lebenszeit aufgrund der berechtigten Zweifel an der charakterlichen Eignung ohnehin nicht zu erwarten ist (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 30.09.2019 und vom 27.11.2008, jeweils a.a.O.; s.a. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.04.2019 - OVG 4 S 16.19 -, jeweils juris).
73 
Das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn in die persönliche Integrität des Klägers als Polizeivollzugsbeamter wurde nachhaltig erschüttert. Eine Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes ist dem Dienstherrn angesichts des Gewichts der Eignungszweifel auch im Hinblick auf den dienstlichen Bezug des Verhaltens, die besondere Stellung von Polizeibeamtinnen und -beamten, die berechtigte Sensibilisierung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit entsprechenden Chatgruppen innerhalb der Polizei in mehreren deutschen Bundesländern in jüngerer und jüngster Zeit (die nationale und internationale Presse hat umfassend über den Verdacht des Rechtsextremismus in den Reihen der Polizei berichtet) und das Bemühen, dem Verdacht eines strukturellen Rassismus innerhalb der Polizei konsequent entgegenzutreten, nicht zumutbar (vgl. zum Hintergrund auch Bundesamt für Verfassungsschutz, Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden, Lagebericht vom September 2020; s.a. Positionspapier der Gewerkschaft der Polizei - Bundesvorstand - vom 24.09.2020: Halt geben - Haltung stärken; s. a. Auftrag des Bundesinnenministeriums an die Deutsche Hochschule der Polizei zur Erstellung einer Studie zu Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten im Dezember 2020; s.a. Maßnahmenkatalog des im März 2020 eingesetzten Kabinettausschusses der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus vom 25.11.2020 in Anknüpfung an die Darstellungen und Zielformulierung im Bericht vom 20.05.2020). Angesichts der wiederholten Vorfälle steht zu befürchten, dass die Polizei insgesamt an Vertrauen verliert. Das Vertrauen in die staatlichen Strukturen ist indes ein wesentlicher und unverzichtbarer Teil des demokratisch-rechtsstaatlichen Systems.
74 
Fehlt es wie hier an der charakterlichen Eignung, eröffnen die vom Kläger angeführte persönliche Situation und die durchaus schwerwiegenden, auch wirtschaftlichen Folgen seiner Entlassung zum 30.04.2020 auch unter fürsorgerechtlichen Aspekten keine andere Entscheidung, ohne dass dies gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt (vgl. für den Fall eines Beamten auf Probe VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.12.2017, a.a.O., m.w.N.). Nach der gesetzlichen Wertung ist keine weitergehende „Kündigungsfrist“ einzuhalten (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 1 LBG).
III.
75 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
76 
Ein Grund, die Berufung zuzulassen, besteht nicht (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO).
77 
Beschluss vom 18. Mai 2021
78 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG auf 7.757,34 EUR festgesetzt (6-facher Betrag der monatlichen Anwärterbezüge von 1.292,89 EUR).

Gründe

 
39 
Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I.
40 
Die statthafte Anfechtungsklage ist insgesamt zulässig; insbesondere fehlt es nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, obwohl die Entlassung bereits zum 30.04.2020 verfügt worden ist.
41 
Die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis erfolgt durch Erlass eines rechtsgestaltenden Verwaltungsakts, gegen den Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft sind. Wird der Rechtsbehelf rechtskräftig abgewiesen, so tritt (erst dann) die rechtsgestaltende Wirkung der Entlassung zum ursprünglich bestimmten Zeitpunkt rückwirkend ein (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 21.01.2016 - 4 S 1082/14 -, juris Rn. 32 und vom 02.05.1994 - 4 S 1333/92 -, juris Rn. 38 f.; Beschluss vom 12.07.1996 - 4 S 1860/96 -, juris Rn. 15; v. Roetteken, in v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, Stand Juni 2020, XXIII. Rechtsschutz Rn. 866 m.w.N.). Eine Erledigung durch Zeitablauf ist vorliegend auch deshalb nicht eingetreten, weil das Beamtenverhältnis auf Widerruf für den Zeitraum der Ausbildung begründet wird und diese für den Jahrgang des Klägers noch nicht abgeschlossen ist. Die Ausbildung zum Polizeimeister/zur Polizeimeisterin - mittlerer Polizeivollzugsdienst - dauert 30 Monate und ausweislich der Personalakte erfolgte die Zuordnung des Klägers zur Hochschule bis zum 28.02.2022. Auch eine wenigstens teilweise Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen ist vorliegend noch möglich, denn der Kläger kann mit Wirkung für die Zukunft weiterbeschäftigt und ihm können die Bezüge, auch rückwirkend, ausbezahlt werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger den Anschluss zu seinen ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschülern tatsächlich nicht mehr wird herstellen können. Dabei geht es jedoch nicht um die Frage einer erneuten Ernennung, sondern um die Beseitigung der Vollziehung der bislang nicht bestandskräftig verfügten Entlassung.
II.
42 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Entlassungsverfügung der Hochschule vom 19.03.2020 und der Widerspruchsbescheid derselben vom 17.06.2020 sind formell (1.) und materiell (2.) rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entlassungsverfügung ist dabei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2020 (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.1981 - 2 C 24.79 -, BVerwGE 62, 280; Bayerischer VGH, Beschluss vom 11.10.2012 - 3 ZB 10.1470 -, juris).
43 
1.) Der Kläger ist vor Ergehen der Entlassungsverfügung angehört worden (§ 28 Abs. 1 LVwVfG) und der örtliche Personalrat hat der Personalmaßnahme am 13.03.2020 zugestimmt (§ 75 Abs. 3 Nr. 10 LPVG). Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Verfügung (vgl. hierzu auch § 31 LBG) wurden im Übrigen weder geltend gemacht, noch sind solche für die Kammer zu erkennen.
44 
2.) Auch in der Sache begegnet die Entlassung des Klägers keinen durchgreifenden Bedenken.
45 
a.) Rechtsgrundlage der Entlassungsverfügung ist § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG. Danach können Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden. Dem Beklagten steht insoweit Ermessen zu und zur Rechtfertigung der Entlassung genügt grundsätzlich jeder sachliche, d.h. nicht willkürliche Grund. Ausreichend hierfür sind bereits berechtigte Zweifel der Entlassungsbehörde, ob die Beamtin oder der Beamte die persönliche oder fachliche Eignung für ein Amt in der angestrebten Laufbahn besitzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2020 - 4 S 1473/20 -; Bayerischer VGH, Beschluss vom 30.08.2019 - 3 ZB 18.508 -; Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 26.10.2020 - 5 ME 141/20 - und vom 17.12.2010 - 5 ME 268/10 -, jeweils juris und m.w.N.). Ein sachlicher Grund für die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Dienstherr nicht überzeugt ist, dass die Beamtin oder der Beamte die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten (BVerwG, Urteil vom 09.06.1981 - 2 C 48.78 -, BVerwGE 62, 267).
46 
Die Beurteilung der charakterlichen Eignung ist ein Akt wertender Erkenntnis. Der dem Dienstherrn bei der Ausfüllung und Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der charakterlichen Eignung eingeräumte Beurteilungsspielraum führt dazu, dass die hierauf beruhende Entscheidung gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann und zwar darauf, ob der gesetzliche Begriff der persönlichen Eignung oder die gesetzlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zu Grunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt worden sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 04.08.2020, a.a.O. und vom 30.09.2019 - 4 S 2577/19 -, juris m.w.N.). In Bezug auf die charakterliche Eignung von Beamtinnen oder Beamten als einem Unterfall der persönlichen Eignung ist insoweit die Einschätzung entscheidend, inwieweit diese der von ihnen zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden. Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens der Beamtin oder des Beamten, die einen Rückschluss auf diese für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20.07.2016 - 2 B 17.16 - und vom 25.11.2015 - 2 B 38.15 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.12.2017 - 4 S 2315/17 -; OVG Bremen, Beschluss vom 13.07.2018 - 2 B 174/18 -; Sächsisches OVG, Beschluss vom 22.06.2017 - 2 B 8/17 -, jeweils juris und m.w.N.). Dabei geht es bei der charakterlichen Nichteignung um innere Tatsachen, deren Feststellung naturgemäß mit Schwierigkeiten verbunden ist. Wie eine Beamtin oder ein Beamter auf Anfechtungen, Belastungen, Herausforderungen und Versuchungen voraussichtlich reagieren wird, lässt sich selten genug mit Gewissheit vorhersagen, sodass es zumeist darauf ankommen wird, ob und mit welcher Überzeugungskraft äußere Tatsachen den Schluss auf negative innere Tatsachen zulassen (vgl. VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 04.08.2020, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.07.2019 - OVG 4 S 20.19 -, juris).
47 
b.) Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Kläger rechtsfehlerfrei wegen berechtigter Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst entlassen worden (vgl. hierzu bereits den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss der Kammer vom 19.10.2020, a.a.O.). Die Bewertung des Beklagten beruht auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Der Beklagte hat weder den anzuwendenden Begriff der Eignung noch den gesetzlichen Rahmen verkannt, noch ist er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen oder hat allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen.
48 
Die angefochtene Verfügung vom 19.03.2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.06.2020 wird maßgeblich auf berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers gestützt, weil sich der Kläger als Mitglied der innerpolizeilichen WhatsApp-Gruppe „P... ... ...“, in der unter anderem nationalsozialistisches, antisemitisches, rassistisches und frauenverachtendes Gedankengut geteilt worden ist, nicht von diesen Inhalten distanziert und damit die Einstellung und Gesinnung der anderen Teilnehmer konkludent bestärkt bzw. toleriert hat. Auch ist er in der Gruppe durch einige (wenige) eigene Beiträge in Erscheinung getreten. Diese Bewertung ist auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung nicht zu beanstanden (s. zu einer vergleichbaren Bewertung auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.06.2015 - 6 B 326/15 -, juris).
49 
aa.) Dem Kläger wird rechtsfehlerfrei vorgehalten, sich in einem gerade auch für die Ausübung des Polizeiberufs sehr sensiblen Bereich nicht zur Verfassungsordnung bekannt und nicht für sie eingetreten zu sein. Er ist aus der konspirativ auftretenden WhatsApp-Gruppe nicht ausgetreten und hat während des Bestehens der Gruppe auch sonst nicht glaubhaft und konsequent zu erkennen gegeben, dass er das dort dokumentierte Gedankengut nicht teilt, sondern im Gegenteil sogar einige Beiträge kommentiert. Das aber zeugt angesichts der auf den ersten Blick erkennbar den Grundwerten der Verfassung widersprechenden Inhalte von einer unzureichenden Dienstauffassung und charakterlichen Eignungsmängeln. Der Beklagte geht im Rahmen seiner Würdigung im Ergebnis beanstandungsfrei davon aus, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es dem Kläger an der inneren Fähigkeit bzw. Bereitschaft fehlt, in der gebotenen Weise für grundlegende und unabdingbare Werte des Zusammenlebens in unserem Land einzutreten.
50 
Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er habe jedenfalls gegenüber einzelnen Gruppenmitgliedern Kritik an Chatinhalten geäußert, ist dieses Vorbringen ersichtlich gesteigert und auch auf Nachfrage blass und unglaubhaft geblieben. So hat der Kläger auch auf wiederholte Nachfrage des Gerichts, wo für ihn die Grenze des Hinnehmbaren verlaufen sei, nicht näher und hinreichend schlüssig erklären können, wann er aktiv geworden sein will. Auch hat er nach seinem eigenen Vorbringen ausgerechnet den Administrator der Gruppe, der in besonders problematischer Weise in Erscheinung getreten ist, offenbar nicht angesprochen. Ein auch nur ansatzweise konsequentes Verhalten hat der Kläger insoweit nicht gezeigt. Das wird dadurch bestätigt, dass es ihn letztlich unberührt gelassen hat, dass die von ihm (angeblich) geäußerte Kritik nach seiner eigenen Einschätzung keinerlei Veränderung des Chatverhaltens der Kollegen bewirkt hat. Seine Einlassung beschränkte sich insoweit letztlich darauf, dass er vorgehabt habe, nach der Prüfungsphase aus der Gruppe auszutreten. Ein differenziertes oder gar selbstkritisches Nachdenken hat beim Kläger, der das nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen der Klassenkameradinnen und -kameraden erkennbar nationalistische und rassistische Auftreten des Gruppenadministrators W. schlicht mit dessen „besonderem Humor“ erklärt hat, insoweit bis heute nicht eingesetzt.
51 
bb.) Der Beklagte hat im Rahmen des Entlassungsverfahrens ein Verhalten des Klägers mit unmittelbarem Dienstbezug (innerpolizeiliche Gruppe) überzeugend gewürdigt. Dabei ist gerichtlich nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr für den Polizeivollzugsdienst besonders hohe Anforderungen an die charakterliche Stabilität der Beamtinnen und Beamten stellt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 27.11.2008 - 4 S 2332/08 - und vom 10.03.2017 - 4 S 124/17 -; Sächsisches OVG, Beschluss vom 20.09.2017 - 2 B 180/17 -, jeweils juris und m.w.N.). Das Verhalten des Klägers hat einen unmittelbaren Bezug zu den dienstlichen Kernaufgaben als Polizeivollzugsbeamter. Es berührt die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit des Beamten und zeugt von erheblichen charakterlichen Eignungsdefiziten, die einer späteren Übernahme als Beamter auf Probe und auf Lebenszeit entgegenstehen. Dies schlägt auf die Fortführung des Vorbereitungsdienstes und das Beamtenverhältnis auf Widerruf durch.
52 
aaa.) Die in Art. 33 Abs. 5 GG, § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verankerte, jeder Beamtin und jedem Beamten obliegende Verfassungstreuepflicht stellt eine beamtenrechtliche Kernpflicht dar (vgl. hierzu auch Masuch, Die Verfassungstreue als beamtenrechtliche Kernpflicht, ZBR 2020, 289; Lorse, Die politische Treuepflicht des Beamten im Spiegel aktueller rechtlicher und rechtspolitischer Entwicklungen, ZBR 2021, 1). § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG bestimmt, dass Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten müssen. Dementsprechend darf nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.
53 
Der Begriff der freiheitlich-demokratischen Grundordnung umfasst eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition zu rechnen (vgl. BVerfG, Urteile vom 23.10.1952 - 1 BvB 1/51 - und vom 17.01.2017 - 2 BvB 1/13 -; BVerwG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 WB 43.04 -; Hessischer VGH, Beschluss vom 22.10.2018 - 1 B 1594/18 -, jeweils juris).
54 
Die Verpflichtung zur Verfassungstreue verlangt, dass die Beamtinnen und Beamten sich zu dieser freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, aktiv für sie eintreten und sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (vgl. zu diesen für Soldatinnen und Soldaten, Richterinnen und Richter und Beamtinnen und Beamte geltenden Grundsätzen etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 - und vom 06.05.2008 - 2 BvR 337/08 -; BVerwG, Urteil vom 23.03.2017 - 2 WD 16.16 -; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.11.2019 - 1 M 119/19 -, jeweils juris und m.w.N.; s.a. mit zahlreichen Fallbeispielen Baßlsperger, Die Pflichten des Beamten zur politischen Treue, zur Mäßigung und Zurückhaltung, PersV 2019, 204). Dem entsprechen auch der Diensteid, den der Kläger am 15.11.2019 geleistet hat, sein Amt nach bestem Wissen und Können zu führen, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Landesverfassung und das Recht zu achten und zu verteidigen und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben (vgl. § 47 Abs. 1 LBG) und die sich aus § 34 Satz 3 BeamtStG ergebende Pflicht, dass sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert. Damit einher geht nicht nur das Verbot einer gegen die Verfassung gerichteten Verhaltensweise, sondern auch eine Pflicht zum aktiven Handeln. Bekenntnis bedeutet in diesem Zusammenhang eine nach außen erkennbare gefestigte Einstellung, die ein Eintreten für die Erhaltung der demokratischen Grundordnung ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 17.11.2017 - 2 C 25.17 -; Bayerischer VGH, Urteil vom 16.01.2019 - 16a D 15.2672 -, jeweils juris und m.w.N.).
55 
Die danach an einen (Polizei-)Beamten und eine (Polizei-)Beamtin zu stellende Erwartung, die nicht nur das theoretische Idealbild eines Beamten oder einer Beamtin beschreibt, sondern eine beamtenrechtliche Kernpflicht betrifft, hat der Kläger nicht erfüllt. Sein Verhalten gibt vielmehr Anlass zu Zweifeln, ob er zu jeder Zeit und ohne jeden Vorbehalt für die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Grundwerte eines friedlichen Zusammenlebens einstehen wird und stellt damit auch die Verlässlichkeit des Klägers innerhalb und außerhalb des Kreises der Kolleginnen und Kollegen in Frage.
56 
bbb.) Auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger die entsprechenden, über einen längeren Zeitraum und mit einer gewissen Frequenz gesendeten Bilder und Äußerungen tatsächlich erhalten und wahrgenommen hat. Insoweit ist nicht für jeden Einzelfall der Nachweis zu führen, dass und wann der Kläger die Chatinhalte zur Kenntnis genommen hat. Es genügt, dass seine Aktivitäten auch in Zusammenschau mit den Einlassungen im vorliegenden Verfahren deutlich machen, dass ihm Inhalt und Kontext der Nachrichten bewusst gewesen sein müssen. Das gilt nicht nur, soweit eigene Aktivitäten in der Gruppe festgestellt werden können, sondern in Anbetracht des von den Klassenkameradinnen und -kameraden in ihren Zeugenaussagen übereinstimmend und anschaulich beschriebenen Auftretens (vor allem) des Gruppenadministrators W., der regelmäßig mit rassistischen, nationalistischen und frauenfeindlichen Äußerungen in Erscheinung getreten ist (vgl. hierzu nur die Zeugenaussagen der Klassenkameradinnen und Klassenkameraden F., S., O., P., K., A., S., K.), auch, soweit der Kläger geltend macht, er habe Nachrichten nicht „genau“ wahrgenommen oder gelesen. Der bloße (innere) Vorbehalt, er habe manches nicht gebilligt und zahlreiche Nachrichten gelöscht und seine eigenen Kommentare seien nicht ernst gemeint gewesen, genügt nicht, um den berechtigten Zweifeln an der charakterlichen Eignung mit Erfolg zu begegnen. An den Kläger wird insoweit die (Mindest-)Erwartung gerichtet, über das teilweise Löschen von Nachrichten hinaus das eigene Verhalten im Kontext des Verhaltens der Kollegen zu reflektieren.
57 
ccc.) Das Hinnehmen von nationalsozialistischen und antisemitischen (vgl. hierzu die Vorfälle Nr. 1; 3; 4; 7; 8; 9; 12; 13; 14; 18), rassistischen (vgl. hierzu Nr. 17; 19; 21), gewaltverharmlosenden und -verherrlichenden (vgl. hierzu Nr. 9; 14; 15; 16; 20) sowie frauenverachtenden (vgl. Nr. 5; 6; 10; 20) Äußerungen, Symbolen und Bildern innerhalb der geschlossenen WhatsApp-Gruppe von Polizeianwärtern begründet berechtigte Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers für den Polizeiberuf, ohne dass es der Feststellung einer gefestigten eigenen rechtsextremen Überzeugung bedarf. Von einer Polizeibeamtin und einem Polizeibeamten ist zu fordern, dass entsprechende Chats, in denen das Verschicken von Hakenkreuzsymbolen, Hitlerbildern, antisemitischen, das nationalsozialistische Unrecht verharmlosenden oder gewaltverherrlichenden, rassistischen und frauenverachtenden Äußerungen als „normal“ oder als „lustig“ („Schwarzer Humor“) angesehen wird, nicht einfach hingenommen werden. Vielmehr ist bereits während der Ausbildungszeit zu erwarten, dass sich die Widerrufsbeamtin und der Widerrufsbeamte für die Grundwerte des gesellschaftlichen Zusammenlebens aktiv einsetzen und dem widersprechenden Verhalten (gerade) auch innerhalb des Kreises der Kolleginnen und Kollegen etwas entgegensetzen. Die im vorliegenden Verfahren zum Ausdruck kommende, undifferenzierte und unreife Haltung des Klägers begründet insoweit erhebliche Zweifel an seiner charakterlichen Eignung. Dem Kläger wird hierbei nicht fremdes Verhalten zugerechnet, vielmehr wird sein eigenes Handeln bewertet. Das Verhalten des Klägers weckt berechtigte Zweifel daran, dass er sich verlässlich für die Grundwerte des Zusammenlebens einsetzt und die hierfür erforderliche Empathie und zugleich Konfliktfähigkeit sowie das nötige Selbstbewusstsein zur Ausübung des Polizeiberufs besitzt. Ihm fehlt auch nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung das erforderliche Bewusstsein dafür, wo die „rote Linie“ verläuft, die ein konsequentes eigenes Handeln erfordert - nämlich dort, wo es um Entwürdigung, Verachtung, Ausgrenzung und Abwertung von Menschen geht.
58 
ddd.) Ungeachtet dessen war der Kläger in der Gruppe auch nicht völlig passiv und damit schlicht gleichgültig, so dass im Ergebnis offengelassen werden kann, ob allein die Mitgliedschaft in der Gruppe hinreichender Anlass einer Entlassung sein kann. Der Kläger hat ein Bild, das einen Mann mit dem Aussehen Adolf Hitlers auf einem Rudergerät zeigt und mit dem Hinweis auf eine angebliche Vorbereitung auf einen Dritten Weltkrieg versehen ist, mit drei Tränen lachenden Smileys kommentiert. Soweit er ausführt, er habe das Bild mit dem Text für absoluten Quatsch gehalten und mit den Smileys gerade keine Zustimmung signalisiert, ist dies unter Berücksichtigung des üblichen Bedeutungsgehalts lachender Smileys für die Kammer nicht nachvollziehbar. Zwar ließ sich nicht feststellen, dass der Kläger selbst das in der Gruppe verbreitete rechtsextreme Gedankengut teilt, er hat jedoch entsprechende Äußerungen als lustig kommentiert und sich insoweit mit ihnen gemein gemacht und sie damit aktiv bestärkt.
59 
Soweit er ausführt, bei der gedanklichen Eroberung von Ländern (Chat vom Februar 2020) sei seine Äußerung fehlinterpretiert worden, er sei dem Chat nicht einmal genau gefolgt, zeigt sich auch darin ein fehlendes Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln, das den berechtigten Erwartungen, die an einen Polizeibeamten und eine Polizeibeamtin zu stellen sind, nicht genügt. Wenn der Kläger ausführt, er habe mit seinem Kommentar allein auf eine Situation in der Schule angespielt, in der ein Lehrer eine Frage zu „bulgarischen Nutten“ gestellt habe, er sei keinesfalls Anhänger von Eroberungsszenarien oder von sexistischen Äußerungen, geht er über den Inhalt des Chats hinweg, in dem unter anderem vom Bau einer Festung gegen Migration aus Afrika die Rede ist, und reflektiert auch im vorliegenden Verfahren sein eigenes Tun nicht ansatzweise selbstkritisch. Das wird dadurch unterstrichen, dass sich ausweislich der vorliegenden und vom Kläger nicht in Frage gestellten Zeugenaussagen die nationalistische und gewaltverherrlichende Haltung einiger Gruppenmitglieder nicht nur aus den Chatinhalten, sondern auch aus ihrem Auftreten und ihren Äußerungen innerhalb der Klasse ergab.
60 
Entsprechendes gilt, soweit der Kläger ausführt, bei der Nachricht „Erflogsland“ habe er sich lediglich vertippt. Er habe nur „Erfolgsland“ noch einmal tippen und den aus Hessen stammenden Mitschüler necken wollen, der sein Bundesland immer als besonders cool herausstelle. Seine Äußerung habe mit dem abgebildeten dunkelhäutigen Vater absolut nichts zu tun. Damit übergeht er, dass davon auszugehen ist, dass seine Äußerung innerhalb des Chats angesichts der dort offenkundig verbreiteten rassistischen Überzeugungen einiger Klassenkameraden anders verstanden worden sein muss und dass (auch) die nachfolgende Unterhaltung mit einem Klassenkameraden innerhalb des Chats von erkennbar rassistischen Untertönen geprägt ist („So würde ich das auch nicht nennen“). Im Übrigen zeigt auch das nachfolgend verschickte Bild mit einem Hitlergesicht auf einer nackten Frauenbrust mit dem Titel „Tittler“, dessen Erhalt der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, den tatsächlichen Kontext des Chats.
61 
Soweit der Kläger anführt, die Reportage auf Youtube habe er sich gar nicht angesehen, auch nicht die Nachricht mit „wir sagen weiterhin...“, und er fühle sich jedenfalls nicht mit dem „wir“ angesprochen, beschränkt sich sein Vortrag ebenfalls auf das Motto „nichts sehen, nichts hören, nichts wissen“. Zum Ausdruck kommt darin eine charakterliche Haltung, die grundsätzliche Zweifel an der Eignung für den Polizeiberuf weckt, weil sie der Stärkung entsprechenden Gedankenguts und einem innerhalb der Polizei nicht hinnehmbaren „Korpsgeist“ letztlich Vorschub leistet. Eine gewisse Abschottung der sieben Gruppenmitglieder innerhalb der Klasse von 30 Personen, wie sie in dem „wir sagen...“ zum Ausdruck kommt, wurde dementsprechend auch in den Zeugenvernehmungen der Klassenkameradinnen und Klassenkameraden im Ermittlungsverfahren deutlich („Gang“, vgl. dazu die Zeugin F.; „eingeschworene“ Gruppe, vgl. den Zeugen S.). Daran ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger von den Klassenkameradinnen und -kameraden übereinstimmend eher als Mitläufer der auch nach außen durch gemeinsame Aktivitäten und Sozialverhalten in Erscheinung getretenen Gruppe beschrieben wird, der an den abendlichen Unternehmungen als Heimfahrer zumeist nicht teilgenommen hat.
62 
Dass für den Kläger eine Abgrenzung von der Gruppe ohne weiteres möglich gewesen wäre, unterstreicht die Zeugenaussage des Klassenkameraden S., der ausgeführt hat, dass er dem Gruppenadministrator, nachdem dieser ihm ein Bild mit „schwarzem Humor“ geschickt habe, gesagt habe, dass er ihm so etwas nicht schicken solle und das Bild gelöscht habe. Herr P., der zunächst ebenfalls Mitglied der Gruppe war, wurde aus dieser entfernt, weil er wohl nicht hinreichend aktiv in der Gruppe war. Schließlich schilderte der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst, dass sein bester Freund aus der Klasse die Gruppe nicht gut gefunden habe.
63 
eee.) Zu keinem anderen Ergebnis führt das Vorbringen des Klägers, wonach er leider in eine Sache hineingeraten sei, die er zutiefst bedauere. Hätte er auch nur geahnt, dass seine Äußerungen bei seinem Dienstherrn tatsächlich Zweifel an seiner charakterlichen Eignung hervorrufen könnten, so hätte er von den Mitschülern gefordert, ihn sofort aus der Gruppe zu löschen. Er sei mit den anderen aus der Gruppe nicht befreundet. Es sei ihm überhaupt nur darum gegangen, sich wegen schulischer Belange auszutauschen. Es sei sein Berufstraum, Polizist zu werden und er habe auf dieses Ziel hart hingearbeitet. Nachrichten, die nicht die Schule betroffen hätten, habe er nicht richtig gelesen. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er bei Unrecht wegsehe. Die vorgelegten Stellungnahmen belegten das Gegenteil. Seine Zukunft stehe auf dem Spiel. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Nachrichten in einem engen, vertrauten und nichtöffentlichen Personenkreis verbreitet worden seien, dessen Empfängerhorizont zu berücksichtigen sei.
64 
Dem Kläger musste sich angesichts der Deutlichkeit der verwendeten Symbole und Bilder - namentlich zu nennen sind das Hakenkreuz, der sogenannte „Judenstern“, die Hitlerbilder sowie die rassistischen Darstellungen und Äußerungen in Bezug auf dunkelhäutige Menschen und das frauenverachtende Menschenbild - selbst bei nur oberflächlicher Betrachtung aufdrängen, dass ihre polizeiinterne Verbreitung - die wie geschehen jederzeit öffentlich bekannt werden kann - geeignet ist, das Ansehen der Bürgerinnen und Bürger in die Funktionsfähigkeit und Neutralität des Staates und das Vertrauen darin zu gefährden, dass der Kläger als Polizeibeamter die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Der Kläger muss sich in diesem Zusammenhang auch vorhalten lassen, dass seine Haltung widersprüchlich ist, wenn er im Schreiben vom 17.02.2020 gegenüber der Staatsanwaltschaft vorträgt, dass er sich nicht vorstellen könne, in einer Polizei zu arbeiten, in der Leute toleriert würden, die solches nationalsozialistisches Gedankengut verbreiteten, selbst aber die Verbreitung im persönlichen Kreis der Kollegen hinnimmt und teilweise sogar belustigt kommentiert. Der Kläger hat die Gruppe, die im Unterschied zu „normalen“ WhatsApp-Gruppen gänzlich abgeschottet war, nicht verlassen, obwohl ein Austritt jederzeit möglich gewesen wäre und die schulischen Informationen durch die bestehenden allgemeinen Klassengruppen ohne weiteres hätten abgedeckt werden können. Das Vorbringen, dass es ihn einerseits nicht interessiert, er aber anderseits die fraglichen Inhalte abgelehnt und Nachrichten teilweise gezielt gelöscht habe, den Chatverlauf aber wiederum auch nicht regelmäßig durchgesehen habe, obwohl ihm, wie er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, die mögliche Strafbarkeit bestimmter Inhalte durchaus bewusst gewesen sei, verdeutlicht, dass er gerade nicht bereit ist, für die grundlegenden Werte des gesellschaftlichen Zusammenlebens konsequent einzustehen. Der Beklagte erwartet indes - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit in der Zeit des Nationalsozialismus - von allen, auch den jungen Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen zu Recht eine klare Haltung. Eine solche lässt der Kläger vermissen, wenn er in einer konspirativ auftretenden WhatsApp-Gruppe unter Kollegen verbleibt, in der Inhalte geteilt werden, die der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zuwiderlaufen und dies damit begründet, dass es ihm um den Austausch zu schulischen Belangen gegangen sei. Denn durch sein die Äußerungen der anderen tolerierendes Verhalten unterstützt er mindestens mittelbar deren Ansichten und setzt sich gerade nicht für die Grundwerte der Verfassung ein.
65 
Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass es sich um eine geschlossene und nicht um eine öffentliche Gruppe gehandelt hat. Die Möglichkeit, dass Chatinhalte Dritten oder gar - wie hier - der Öffentlichkeit bekannt werden, ist der Nutzung des Messenger-Dienstes immanent. Dementsprechend ist der Kläger zu Beginn der Ausbildung auf die mit der Nutzung sozialer Medien verbundenen Gefahren und das Erfordernis besonderer Sensibilität gerade im Polizeidienst hingewiesen worden. Soweit er in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, er habe keine Verbindung zwischen der Unterweisung der Hochschule in den Umgang mit sozialen Medien und der Mitgliedschaft in der konkreten WhatsApp-Gruppe hergestellt, unterstreicht dies seine undifferenzierte Haltung, steht aber der Würdigung des Beklagten nicht entgegen.
66 
fff.) Die Kammer geht mangels konkreter Anhaltspunkte nicht davon aus, dass der Kläger darüber hinaus durch rassistisches oder rechtsextremes Handeln nach außen in Erscheinung getreten ist. Sein durch Vorlage von schriftlichen Bescheinigungen näher dokumentiertes Vorbringen dazu, dass er viele Freunde mit Migrationshintergrund habe und alle Freunde, Klassen- und Sportkameraden gleich welchen Hintergrunds gleichbehandelt habe, sich in seinem Ringerverein für den Verbleib eines ausländischen Mitsportlers in Deutschland und bei dessen Arbeitssuche eingesetzt habe und nicht rechtsextrem oder sexistisch aufgefallen sei, kann nachvollzogen und als zutreffend angenommen werden. Nach den vorgelegten Stellungnahmen und auch nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung handelt es sich beim Kläger um einen jungen Mann, der im privaten Bereich durchaus aufgeschlossen, friedfertig und hilfsbereit ist und herzliche und unvoreingenommene Kontakte auch zu Menschen mit Migrationshintergrund und zu Frauen pflegt. In krassem Widerspruch dazu stehen jedoch die genannten Beiträge in der WhatsApp-Gruppe mit ihren den Grundwerten der Verfassung widersprechenden Inhalten, die der Kläger letztlich hingenommen hat, ohne auch nur ansatzweise konsequent zu erkennen zu geben, dass er diese Äußerungen und dieses Gedankengut nicht teilt. Er war zwar innerhalb der WhatsApp-Gruppe eher ein „Mitläufer“ und gehörte nicht zu den Tonangebenden innerhalb dieser Gruppe. Das aber hindert aus den vorgenannten Gründen die vom Beklagten getroffene Einschätzung nicht. Die Aktivitäten des Klägers in der Gruppe belegen ebenso wie sein Vorbringen im vorliegenden Verfahren, dass er die in der Gruppe geteilten Bilder und Äußerungen verharmlost und bagatellisiert. Deren Häufigkeit über einen längeren Zeitraum lassen auch ein „Augenblicksversagen“ ausgeschlossen erscheinen. Der Rückschluss von den Chatinhalten und dem in diesem Zusammenhang gezeigten Verhalten des Klägers auf seine innere Einstellung ist vom Beklagten auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung seines Verhaltens unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls erfolgt und genügt insoweit den rechtlichen Anforderungen (vgl. zu diesen Anforderungen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2020, a.a.O.).
67 
Dem steht auch die Selbsteinschätzung des Klägers nicht entgegen, dass er sich der Aufgabe als Polizeibeamter gewachsen fühle und seine wahre Gesinnung weltoffen sei, was sich auch darin zeige, dass sein bester Freund in der Klasse türkischer Abstammung sei und sein stellvertretender Klassenlehrer nur gute Worte für ihn finde. Der Dienstherr stellt die berechtigte Erwartungshaltung, dass Beamte und Beamtinnen zu jeder Zeit für diese weltoffene Haltung einstehen und sich positionieren. Dem Kläger wird insoweit keine disziplinarrechtlich zu ahndende Dienstpflichtverletzung vorgehalten, sondern ein durchgreifender charakterlicher Eignungsmangel.
68 
c.) Die Entscheidung des Beklagten erweist sich auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Dienstherr für den Polizeivollzugsdienst besonders hohe Anforderungen an die charakterliche Stabilität von Beamtinnen und Beamten stellen darf, insgesamt als verhältnismäßig. Eine mildere Maßnahme war angesichts der Schwere der Vorwürfe und des entstandenen Ansehens- und Vertrauensverlusts der Polizei in der Öffentlichkeit nicht geboten. Auch einer weitergehenden Erläuterung oder Ermahnung bedurfte es unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Fürsorge insoweit nicht. Es handelte sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern um einen längeren Zeitraum, in dem ungeachtet der erteilten Hinweise zum Umgang mit sozialen Medien und Messenger-Diensten und der objektiv erkennbaren Grenzüberschreitung seitens des Klägers nicht gehandelt (wenigstens Austritt aus der Gruppe), sondern im Gegenteil sogar gewisse Aktivitäten innerhalb der Gruppe entfaltet wurden. Nicht entscheidend ist, dass der Kläger nach dem Erkenntnisstand des Gerichts nicht Teil einer rechtsextremen Szene ist und bei ihm auch keine feste politisch rechtsextreme Überzeugung festzustellen ist und kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorliegt. Ebenso wenig geht es um die Zensur von bloßen Gedanken oder eine unsachliche Gesinnungsverfolgung, auch wird ein etwaiger schutzwürdiger, rein privater Bereich des internen Austauschs von - gegebenenfalls auch vorurteilsbehafteten - Meinungen nicht in Frage gestellt, vielmehr sind aus den genannten Gründen hinreichende Feststellungen getroffen worden, die in der Zusammenschau die Entlassungsverfügung tragen.
69 
Dabei geht es vorliegend nicht um die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, der regelmäßig eine Abmahnung vorausgehen muss, sondern um die besondere beamtenrechtliche Pflichtenbindung, die jedenfalls in der vorliegenden Konstellation keiner weitergehenden Ermahnung bedurfte. Der Kläger hat bereits am 30.09.2018 ausdrücklich gegen Unterschrift erklärt, dass er die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejaht und dass er bereit ist, sich jederzeit durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Er versicherte ausdrücklich, dass er Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eine ihrer genannten grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, nicht unterstütze und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichteten Organisation sei. Er erklärte auch, dass er sich darüber im Klaren sei, dass er bei einem Verstoß gegen diese Dienst- und Treuepflichten mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen müsse. Eine entsprechende Belehrung und Erklärung zur Verfassungstreue hat er am Tag seiner Einstellung vom 02.09.2019 vor Aushändigung der Ernennungsurkunde erneut unterschrieben.
70 
Hinzu kommt, dass der Kläger gleich zu Beginn der Ausbildung seitens der Hochschule zum Umgang mit sozialen Medien anhand von Beispielen aus der polizeilichen Praxis geschult wurde und daher eine entsprechende Sensibilität auch von ihm als jungem Widerrufsbeamten erwartet werden kann. Zur Überzeugung der Kammer werden damit keine realitätsfernen Anforderungen gestellt, vielmehr wird lediglich ein angemessen sensibler Umgang mit sozialen Medien und verbreiteten Messenger-Diensten gefordert.
71 
Der Beklagte hat das Entlassungsverfahren auch unmittelbar nach Bekanntwerden des Sachverhalts eingeleitet und daher keinen Vertrauensschutz zugunsten des Klägers begründet. Dabei wurde rechtsfehlerfrei innerhalb des bestehenden Spielraums bei allen Betroffenen ein gleichermaßen strenger Maßstab angelegt. Darin ist jedenfalls unter den konkreten Umständen des Einzelfalls kein unzulässiger Eingriff in die private Lebensführung der überwiegend noch jungen Polizeibeamten zu sehen. Einer Kultur des (aktiven) Wegschauens und mangelnder Distanz zu rassistischen und menschenverachtenden Darstelllungen und Äußerungen durch strikte und dadurch auch transparente Grenzziehungen zu begegnen, ist vielmehr ein legitimer Ansatz. Die hier (nur durch Zufall) festgestellten Nachrichten und Aktivitäten innerhalb einer konspirativ auftretenden Gruppe von Polizeibeamten überschreiten ganz überwiegend (vgl. hierzu näher unter II. 2 b.) aa.) ccc.) deutlich die Grenze „schwarzen Humors“ bzw. der Satire und auch die Grenze des in der Gesellschaft und auch im Polizeialltag bei realistischer Betrachtung vorhandenen, gegebenenfalls auch unbewussten „Alltagsrassismus“, dem vorrangig durch Sensibilisierung, Aufklärung und Fortbildung und nicht durch Entlassung zu begegnen ist. Es geht vorliegend nicht um eine pauschale Verunglimpfung oder Stigmatisierung der Polizei als solcher und - gerade - nicht um den Maßstab eines unkritischen, angepassten Beamten ohne eigene Meinung, sondern um die rechtliche Überprüfung einer (jedenfalls) vertretbaren, klaren Grenzziehung.
72 
d.) Der Beklagte hat schließlich fehlerfrei davon abgesehen, den Kläger, an dessen Eignung für den Polizeivollzugsdienst berechtigte Zweifel bestehen, noch seine Ausbildung abschließen zu lassen. Der Beklagte hat dabei die Bedeutung des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG, wonach die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll, nicht verkannt. Da im Fall der Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst keine allgemeine Ausbildungsstätte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG vorliegt, kann keine Rechtspflicht des Beklagten gegeben sein, einen Beamten oder eine Beamtin auf Kosten der Allgemeinheit weiter auszubilden, deren spätere Ernennung zum Beamten oder zur Beamtin auf Lebenszeit aufgrund der berechtigten Zweifel an der charakterlichen Eignung ohnehin nicht zu erwarten ist (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 30.09.2019 und vom 27.11.2008, jeweils a.a.O.; s.a. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.04.2019 - OVG 4 S 16.19 -, jeweils juris).
73 
Das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn in die persönliche Integrität des Klägers als Polizeivollzugsbeamter wurde nachhaltig erschüttert. Eine Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes ist dem Dienstherrn angesichts des Gewichts der Eignungszweifel auch im Hinblick auf den dienstlichen Bezug des Verhaltens, die besondere Stellung von Polizeibeamtinnen und -beamten, die berechtigte Sensibilisierung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit entsprechenden Chatgruppen innerhalb der Polizei in mehreren deutschen Bundesländern in jüngerer und jüngster Zeit (die nationale und internationale Presse hat umfassend über den Verdacht des Rechtsextremismus in den Reihen der Polizei berichtet) und das Bemühen, dem Verdacht eines strukturellen Rassismus innerhalb der Polizei konsequent entgegenzutreten, nicht zumutbar (vgl. zum Hintergrund auch Bundesamt für Verfassungsschutz, Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden, Lagebericht vom September 2020; s.a. Positionspapier der Gewerkschaft der Polizei - Bundesvorstand - vom 24.09.2020: Halt geben - Haltung stärken; s. a. Auftrag des Bundesinnenministeriums an die Deutsche Hochschule der Polizei zur Erstellung einer Studie zu Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten im Dezember 2020; s.a. Maßnahmenkatalog des im März 2020 eingesetzten Kabinettausschusses der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus vom 25.11.2020 in Anknüpfung an die Darstellungen und Zielformulierung im Bericht vom 20.05.2020). Angesichts der wiederholten Vorfälle steht zu befürchten, dass die Polizei insgesamt an Vertrauen verliert. Das Vertrauen in die staatlichen Strukturen ist indes ein wesentlicher und unverzichtbarer Teil des demokratisch-rechtsstaatlichen Systems.
74 
Fehlt es wie hier an der charakterlichen Eignung, eröffnen die vom Kläger angeführte persönliche Situation und die durchaus schwerwiegenden, auch wirtschaftlichen Folgen seiner Entlassung zum 30.04.2020 auch unter fürsorgerechtlichen Aspekten keine andere Entscheidung, ohne dass dies gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt (vgl. für den Fall eines Beamten auf Probe VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.12.2017, a.a.O., m.w.N.). Nach der gesetzlichen Wertung ist keine weitergehende „Kündigungsfrist“ einzuhalten (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 1 LBG).
III.
75 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
76 
Ein Grund, die Berufung zuzulassen, besteht nicht (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO).
77 
Beschluss vom 18. Mai 2021
78 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG auf 7.757,34 EUR festgesetzt (6-facher Betrag der monatlichen Anwärterbezüge von 1.292,89 EUR).

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