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| Die Entscheidung ergeht im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). |
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| Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet (§ 68 Abs. 1 IfSG) und die Klage ist bei sachdienlicher Auslegung (§ 88, § 86 Abs. 3 VwGO) als einheitliche Verpflichtungsklage, gerichtet auf Gewährung der beantragten Entschädigung unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 26.01.2021, soweit er dem entgegensteht, statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) sowie auch im Übrigen zulässig. |
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| Allerdings ist die Klage unbegründet, da der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zusteht. Maßgeblich für die Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO/, 39. EGL Juli 2020, § 113 Rn. 267; BT-Drs. 19/27291, S. 65; VG Frankfurt, Urt. v. 13.04.2021 - 5 K 109/21.F -, juris). |
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| 1. Anspruchsgrundlage für den Entschädigungsanspruch ist § 56 Abs. 1 und 5, § 57 IfSG (in der Fassung vom 07.05.2021, BGBl. I, S. 850). Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält eine Entschädigung in Geld unter anderem, wer auf Grund des Infektionsschutzgesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt für eine Person, die nach § 30 IfSG, auch in Verbindung mit § 32 IfSG, abgesondert wird oder sich auf Grund einer nach § 36 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG erlassenen Rechtsverordnung absondert. Bei Arbeitnehmern hat nach § 56 Abs. 5 IfSG der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. |
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| 2. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin besteht bereits deshalb nicht, weil ein Entschädigungsanspruch der Arbeitnehmerin nicht gegeben ist. Denn diese hat aufgrund der Absonderungsanordnung keinen Verdienstausfall im Sinne des § 56 Abs. 1 IfSG erlitten, da ihr ein vorrangiger Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB zusteht. |
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| a) Voraussetzung für einen infektionsschutzrechtlichen Entschädigungsanspruch ist, dass anderweitige Ansprüche, etwa nach § 616 Satz 1 BGB gerade nicht bestehen, da, wenn ein solcher Anspruch eingreift, ein „Verdienstausfall“ im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht vorliegt. Hintergrund des Vorrangs der Entgeltfortzahlungspflichten gegenüber dem Entschädigungsanspruch ist der subsidiäre Charakter der Entschädigung aus § 56 IfSG. Als auf dem Billigkeitsgedanken beruhendes Institut soll diese vor materieller Not schützen, wo die allgemeinen Fortzahlungspflichten nicht greifen. Eine finanzielle Entlastung des Arbeitgebers bezweckt die Norm nicht (zum Ganzen BT-Drs. 19/27291, S. 65; so zum Bundesseuchengesetz bereits BGH, Urt. v. 30.11.1978 - III ZR 43/77 -, juris; vgl. Preis/Mazurek/Schmid, NZA 2020, 1137; Hohenstatt/Krois, NZA 2020, 413; Kümper, in: Kießling, IfSG, 2020, § 56 Rn. 24, Eckart/Kruse, in: Eckart/Winkelmüller, BeckOK InfSR, 01.05.2021, § 56 Rn. 1 ff. und 37, m.w.N.; Riesenhuber, in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 616, Rn. 26; Henssler, in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 616 Rn. 25; Geulen/Sothmann, ArbRAktuell 2020, 217, 218; Oetker, in: Staudinger, BGB, 2019, § 616 Rn. 75). |
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| b) Hier liegen jedoch die Voraussetzungen eines Lohnfortzahlungsanspruchs im Sinne des § 616 Satz 1 BGB vor. Nach dieser Vorschrift wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. |
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| Für die Kammer ist nicht zweifelhaft, dass es sich auch bei einer Absonderungsanordnung nach §§ 30, 32 IfSG, die immer an einen personenbezogenen Gefahrenverdacht anknüpft – und dies ordnungsrechtlich auch muss –, um ein persönliches Leistungshindernis im Sinne des § 616 Satz 1 BGB handelt. Anknüpfungspunkt der Absonderungsanordnung ist dabei gerade nicht die pandemische Lage allgemein, sondern die potentielle Gefahr, die von einem infektionsschutzrechtlichen Störer ausgehen kann. Insofern hebt sich eine Person, die die Voraussetzungen eines infektionsschutzrechtlichen Störers (vgl. § 2 IfSG) erfüllt, gerade von der Allgemeinheit ab. Auch ist die Wahrscheinlichkeit, in der aktuellen Pandemie-Situation (ansteckungs-)verdächtig zu werden, nicht derartig hoch, dass dieser Umstand jeden treffen kann und deshalb ein objektives Leistungshindernis darstellt. Vielmehr bildet seit Beginn der Pandemie das individuelle Gefährdungsprofil (etwa Kontakte, Einreise aus Risikogebieten, Aufenthalt an bestimmten Orten) und die Kontaktnachverfolgung ein zentrales Element beim Erlass von Absonderungsanordnungen (vgl. VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 05.05.2021 - B 7 K 21.210 -, juris Rn. 30; Eckart/Kruse, in: Eckart/Winkelmüller, BeckOK InfSR, 01.05.2021, § 56 Rn. 37.1, m.w.N.; Noack, NZA 2021, 251, 253; Stöß/Putzer, NJW 2020, 1465, 1467 f.; a.A. Kraayvanger/Schrader, NZA-RR 2020, 623; Weller/Lieberknecht/Habrich, NJW 2020, 1017, 1019). |
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| Auch ist ein Verschulden der Arbeitnehmerin für die Verhinderung nicht zu erkennen. |
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| In Anbetracht des Umstands, dass hier tatsächlich eine Arbeitsverhinderung von nur zwei Tagen – 02. und 03.11.2020, der 31.10. war ein Samstag, der 01.11. ein Sonn- bzw. Feiertag – in Rede steht, hat diese auch nur für eine nicht erhebliche Zeit im Sinne des § 616 Satz 1 BGB bestanden (vgl. Joussen, in: BeckOK ArbR, 01.03.2021, § 616 BGB, Rn. 48, m.w.N.; Oetker, in: Staudinger, BGB, 2019, § 616 Rn. 102; Riesenhuber, in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 616, Rn. 50 ff.). Entscheidend ist nämlich der Zeitraum, für den eine Diensterbringung jedenfalls tatsächlich unmöglich ist (vgl. Riesenhuber, in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 616, Rn. 22; Oetker, in: Staudinger, BGB, 2019, § 616 Rn. 46). Hat sich ein Teil der Absonderungsanordnung erledigt, etwa durch vorherigen Zeitablauf wegen eines verspäteten Zugangs oder vorzeitige Arbeitsaufnahme, kommt es für die Frage, ob die Arbeitsverhinderung für eine „nicht erhebliche Zeit“ bestanden hat, nur auf den verbleibenden Teil der tatsächlichen Verhinderung an. So liegt der Fall hier: Da sich ein Teil der Absonderungsanordnung, die sich auf insgesamt 15 Tage belief, zum Zeitpunkt der Absonderung am 30.10.2020 bereits durch Zeitablauf erledigt hatte und die Arbeitnehmerin ihren Dienst nach den Antragsunterlagen ab dem 04.11.2020 wieder verrichtete, kann auf einen längeren Zeitraum, für den gerade keine Dienstverhinderung im Sinne des § 616 Satz 1 BGB vorlag, nicht abgestellt werden. In dieser Zeit ist es auch sonst nicht zu einem Verdienstausfall im Sinne des § 56 Abs. 1 IfSG gekommen. Dementsprechend hat auch die Klägerin einen Entschädigungsanspruch für diesen Zeitraum gerade nicht beantragt. Insofern wäre es unbillig, in einem solchen Fall einen Entschädigungsanspruch zu gewähren. |
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| Ein anderes Ergebnis ist auch nicht wegen der von der Klägerin (mittelbar) in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 18.12.1959 - GS 8/65 -, juris Rn. 22 ff.) gerechtfertigt, weil sich diese mit der – hier nicht erheblichen Frage – der Aufteilung des Gesamtzeitraums der Quarantäne in einen anteilig „nicht erheblichen“ und einen erstattungsfähigen, verbleibenden „erheblichen“ Zeitraum und damit im Ergebnis einer Kürzung des Anspruchs auseinandersetzt (vgl. VG Bayreuth, Gerichtsbescheid v. 05.05.2021 - B 7 K 21.210 -, juris Rn. 6 und 39). Hier bestand jedoch bereits nur für den genannten Zeitraum von zwei Tagen überhaupt eine Arbeitsverhinderung. |
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| Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 173,90 EUR festgesetzt, den Betrag, den die Klägerin im Klageverfahren zur Erstattung beantragt hat. |
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