Beschluss vom Verwaltungsgericht Halle (2. Kammer) - 2 B 23/18

Gründe

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Der Antrag der Antragsteller,

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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 2. Februar 2018 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen vom 24. Januar 2018 anzuordnen,

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hat Erfolg.

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Er ist nach §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB zulässig, weil der Widerspruch gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin für den "Umbau und Neubau Wohngebäude mit Praxis" auf den nebeneinander liegenden Grundstücken L. in A-Stadt - östliches P. - (Blatt 7 der Beiakte A) vom 24. Januar 2018 keine aufschiebende Wirkung hat. Als Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks A-Straße, das rückwärtig in einer Entfernung von ca. 5 m zum Baugrundstück (Flurstück 9/5) liegt (sowie des unmittelbar angrenzenden Grundstücks S.), sind die Antragsteller als Nachbarn gemäß § 42 VwGO auch antragsbefugt.

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Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt nachbarschützende Vorschriften, die im Prüfumfang der Baugenehmigung enthalten sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Die in dem Verfahren nach § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Vollzugsinteressen fällt zugunsten der Antragsteller aus. Nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs kraft Gesetzes entfällt (hier nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB), die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Baugenehmigung auf Antrag eines Nachbarn anordnen. Bei der im Rahmen dieser Entscheidung gebotenen Interessenabwägung kommt vor allem den Erfolgsaussichten des Verfahrens in der Hauptsache Bedeutung zu. Erweist sich das Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit als erfolgreich, überwiegt regelmäßig das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung; umgekehrt kommt dem Interesse am Vollzug in der Regel der Vorrang zu, wenn die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird. Erscheinen die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hingegen als offen, ist eine von der Vorausbeurteilung der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. etwa auch BayVGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 - 15 CS 16.2253 - juris Rn. 13). Dem Interesse des Beigeladenen (und der Antragsgegnerin), die Baugenehmigung ohne Aufschub ausnutzen zu können, tritt das Interesse der Antragsteller, einstweilen von den Auswirkungen des genehmigten Vorhabens verschont zu bleiben.

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Zwar findet im gerichtlichen Verfahren von Dritten keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der Baugenehmigung statt. Die hier gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt aber, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, namentlich des Bauplanungsrechts, verstößt, die dem Schutz der Antragsteller als Nachbarn zu dienen bestimmt sind und daher rechtswidrig ist.

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Die angefochtene Baugenehmigung der Antragsgegnerin für den "Umbau und Neubau Wohngebäude mit Praxis" vom 24. Januar 2018 verstößt aller Voraussicht nach gegen den aus § 34 Abs. 2 BauGB abzuleitenden drittschützenden Gebietserhaltungsanspruch. Der Gebietscharakter des unbeplanten Innenbereichs ist nachbarschützend, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO entspricht. So liegt es wohl hier. Denn das Baugrundstück befindet sich in einem faktischen reinen Wohngebiet i.S.d. § 3 BauNVO, in dem das Augen-Laserzentrum, das sich über mehrere Gebäude erstreckt, nicht nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 BauNVO zulässig ist. Es wahrt auch nicht den durch § 13 BauNVO für freiberufliche Nutzungen gestatteten Rahmen.

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Dabei geht das Gericht in dem - ohne Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme stattfindenden – Eilverfahren davon aus, dass das Bauvorhaben hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht dem von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen entspricht. Die nähere Umgebung des Baugrundstücks im Paulusviertel ist gerichtsbekannt und stellt sich auch nach Aktenlage als faktisches reines Wohngebiet i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO dar. Einzelheiten der Umgebungsbebauungen ergeben sich aus den vorgelegten Plänen, Lichtbildern und Stellungnahmen der Beteiligten. Ernstliche Zweifel an der Einstufung dieses Gebiets als reines Wohngebiet bestehen danach nicht.

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Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO sind in einem reinen Wohngebiet zwar Wohngebäude ohne weiteres zulässig. Das von dem Beigeladenen geplante Gebäude Haus 1 und die beabsichtigte Fortführung der bereits aufgenommenen Nutzung im R. mit der "Praxis" ist indes nicht allgemein gem. § 3 Abs. 2 BauNVO oder ausnahmsweise gem. § 3 Abs. 3 Bau NVO zulässig, verstößt auch gegen § 13 BauNVO und löst deshalb einen Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller aus.

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Dabei geht das Gericht von folgenden Grundsätzen aus:

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Nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es in einem der in §§ 2 – 11 BauNVO bezeichneten Baugebiete zulässig wäre, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem dieser Gebiete entspricht. Die nähere Umgebung umfasst dabei den Bereich um ein Vorhaben, auf den sich das geplante Vorhaben auswirken kann und der seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978, - 4 C 9.77 -).

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Grundvoraussetzung für die Annahme eines homogenen Baugebietes ist nach § 34 Abs. 2 BauGB, dass die sich aus der tatsächlich vorhandenen Bebauung ergebende Umgebungsbebauung einem Baugebietstyp der BauNVO entspricht. Weist ein Bereich dagegen die Merkmale zweier Baugebiete der BauNVO auf, findet § 34 Abs. 2 BauGB keine Anwendung. Das „Hineinpressen“ einer vorhandenen Bebauung in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art mit der Folge der schematischen Anwendung der Zulässigkeitsregeln der BauNVO ist nämlich unzulässig (vgl. Ernst/ Zinkahn/Bielenberg BauGB, § 34, Rn. 79).

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Bei der Frage, ob die tatsächliche Umgebung einem Gebietscharakter der BauNVO entspricht, ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht jegliche vorhandene Bebauung der Umgebung ihren Charakter verleiht. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt und alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990, NVwZ 1990, 755 ff.).

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In der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes heißt es: „Unter anderem können Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. Derartige Anlagen dürfen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung aber nur dann als „Fremdkörper“ ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss – auf einer dritten Stufe – unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Qualitätsmerkmalen ein solches Gewicht erhalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlichen strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Emissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht. Auf diesem Wege kann sogar ein einzelner Gewerbebetrieb in einem im Übrigen einheitlich strukturierten Wohngebiet die Eigenschaft eines außer Betracht zu lassenden Fremdkörpers verlieren und seinerseits die Eigenart der Umgebung mitbestimmen“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990, NVwZ 1990, 755 ff., zitiert aus Brügelmann, BauGB, § 34, Rn. 31).

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Die Unbeachtlichkeit von Fremdkörpern muss aber die Ausnahme und auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen ein bestimmtes Vorhaben in besonders krassem Widerspruch zu der sonstigen, im Wesentlichen homogenen Bebauung steht und außerdem dieses Vorhaben keine größeren städtebaulichen Auswirkungen auf seine Umgebung hat (Brügelmann, a.a.O., Rn. 32, m. w. N.). Soweit das nicht der Fall ist, müssen auch Vorhaben berücksichtigt werden, die städtebaulich unerwünscht sind, weil sie von der sonstigen Bebauung abweichen und städtebauliche Spannungen hervorrufen (OVG LSA, Beschluss vom 7. August 2017 - 2 M 64/17 - unter Bezugnahme auf Brügelmann, a.a.O., Rn. 32, m.w.N.).

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Die Grenzen der näheren Umgebung im Sinne des § 34 BauGB lassen sich demnach nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 1991 - 4 B 88/1991 - juris).

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In Anwendung dieser Grundsätze ist die nähere Umgebung des Baugrundstücks als faktisches reines Wohngebiet einzustufen, in der das Augen-Laserzentrum nicht zulässig ist. Die nähere Umgebung besteht zunächst aus der Bebauung innerhalb des von der H. und L. umfassten Dreiecks. Zudem ist auch die Bebauung entlang der S. und der H. sowie die Bebauung zu berücksichtigen, die gegenüber dem Baugrundstück entlang der L. besteht. Hierbei handelt es sich fast ausnahmslos um mehrgeschossige Wohnbebauung.

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Das Ärztehaus auf dem Grundstück H. ist hiernach ein Ausreißer, der nicht prägend ist. Denn es sticht zwar als ungepflegter Zweckbau mit Flachdachkubatur optisch unangenehm aus der homogenen Villenbebauung entlang der H. heraus. Hinsichtlich der Kubatur prägt es die nähere Umgebung indes nicht. Das Gleiche gilt für seine Nutzung. Denn dort werden, soweit ersichtlich, lediglich (kleine) Arztpraxen (Zahnarzt, Allgemeinarzt, Augenarzt) und eine Physiotherapie-Praxis betrieben, die der Versorgung der Umgebung dienen. Dieses Objekt vermag seine Umgebung, die aus großzügigen Villen mit großer Kubatur und anschließenden Hausgärten mit Vorgärten besteht, nicht zu prägen. Die Immobilienbüronutzung in der großzügigen Villa A-Straße1 vermag – anders als der Beigeladene im Schriftsatz vom 4. Mai 2018 meint - ebenfalls nicht dazu zu führen, die nähere Umgebung als allgemeines Wohngebiet einzustufen. Von einer – wie die Antragsgegnerin meint - "diffusen Bebauung", mit der Folge einer Prüfung des "Einfügensgebotes" nach § 34 Abs. 1 BauGB, ist voraussichtlich keinesfalls auszugehen.

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Die nähere Umgebung stellt sich durch die fast ausnahmslose Wohnnutzung als reines Wohngebiet dar. Dabei berücksichtigt das Gericht die Wohnnutzung beidseitig der geschlossenen Bebauung entlang der H. Dort stehen auf der einen Straßenseite Einfamilienhäuser in geschlossener Bauweise, bzw. aus mehreren Reihenhäuser bestehenden Hausketten in offener Bauweise mit kleinen Vorgärten und auf der anderen Seite mehrgeschossige (Wohn-) Gebäude ohne Vorgärten. Im weiteren Verlauf stehen entlang der S. – also rückw28;rtig zum Baugrundstück – beidseitig Einfamilienhäuser in geschlossener Bauweise mit kleinen Vorgärten. In der großzügigen Villa Ecke R. befinden sich großzügige Wohneinheiten und im Kellergeschoss eine Apotheke (Apotheke am R.). Die in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungen, die nicht Wohnnutzung sind, sind in einem reinen Wohngebiet jedenfalls ausnahmsweise zulässig (§ 3 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 BauNVO), und vermögen das Gebiets keinesfalls im Sinne einer diffusen Gemengelage zu prägen.

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Stellt die Umgebungsbebauung nach Überzeugung des Gerichts ein reines Wohngebiet i.S.d. § 3 BauNVO dar, wären Anlagen, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen, § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO oder ausnahmsweise deren Bedürfnissen dienende Anlagen für gesundheitliche Zwecke, § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig. Die vorliegend zur Genehmigung gestellte Augenlaserpraxis fällt hierunter schon nach den Angaben des Beigeladenen nicht.

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Sie könnte allenfalls gemäß § 13 BauNVO zulässig sein.

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Gemäß § 13 BauNVO sind in Baugebieten nach den §§ 2-4 Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger zulässig. Bei der vom Beigeladenen angestrebten Erweiterung seiner Praxis handelt es sich nicht um Räume im vorgenannten Sinn. Der in § 13 BauNVO verwandte Begriff "Räume" kennzeichnet in Abgrenzung zu dem Begriff "Gebäude" Raumeinheiten, die nur Teile eines Gebäudes sind. Damit trägt diese Vorschrift den Anforderungen der Gebietsart an die Wohnruhe Rechnung. Der Zweck der Beschränkung liegt darin, die Prägung der Wohngebäude in den Wohngebieten durch ihre Wohnnutzung zu erhalten (König/Roeser/CN., a.a.O., § 13, Rn. 19, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG). Bezugsgröße für die Zulässigkeit von Räumen ist das Gebäude und nicht das Baugrundstück. Bei mehreren selbstständigen Gebäuden auf einem Baugrundstück ist jedes Gebäude getrennt zu werten (OVG Mannheim, Urteil vom 6. Juli 2005 - 3 S 141/05 -, juris; König/Roeser/CN., BauNVO, a.a.O., § 13, Rn. 20).

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Überschreitet die durch eine freiberufliche oder ihr ähnliche Nutzung in Anspruch genommene Fläche die Größe der in demselben Gebäude vorhandenen Wohnfläche, geht in der Regel der Wohncharakter des Gebäudes verloren. Im Einzelfall kann bei Vorliegen von Besonderheiten die Prägung als Wohngebäude erhalten bleiben, obwohl mehr als die Hälfte seiner Fläche freiberuflich oder ähnlich genutzt wird (OVG Münster, Urteil vom 28. August 2013 - 10 A 2085/12 -, juris). Das Überwiegen setzt regelmäßig ein flächenmäßiges Überwiegen der anderen Nutzung voraus; die (frei-) berufliche Nutzung darf für das einzelne Gebäude nicht prägend werden (OVG Bremen, Urteil vom 10. November 2015 - 1 LB 143/14 -, juris).

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Die Regel, dass die nach § 13 BauNVO in Wohngebieten zulässigen Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger insgesamt nicht größer sein dürfen als eine Wohnung , ist aber nicht rechtssatzartig anzuwenden, sondern hat als "Faustregel" nur eine - im konkreten Fall widerlegbare - indizielle Aussagekraft (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 - 4 C 8.00 -, juris). Einzelne Arztpraxen, beschränkt auf Räume, sind auf Grundlage des § 13 BauNVO grundsätzlich zulässig, nicht aber Ärztehäuser und Praxiskliniken (König/Roeser/CN., a.a.O., § 13, Rn. 21; vgl. auch Brügelmann, BauGB, Band 6, BauNVO, § 13, Rn. 30).

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Die Zusammenlegung zweier Wohnungen zu einem Büro oder einer Praxis ist in Wohngebieten danach unzulässig. Die genutzte Raumeinheit darf in Wohngebäuden mit mehreren Wohnungen nicht umfangreicher sein als jeweils eine einzige Wohnung (König/Roeser/CN., a.a.O., § 13, Rn. 21; Brügelmann, a.a.O., § 13, Rn. 39). Das wird damit begründet, dass solche Büros, die die Größe einer Wohnung übersteigen, die Wohnnutzung übermäßig zurückdrängen und das Gebä;ude als ein gewerblich genutztes erscheinen ließen (BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 - 4 C 8.00 -, juris).

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Erlaubt ist grundsätzlich, dass in einem Wohnhaus eine oder auch mehrere Wohnungen ausschließlich für freie oder ähnliche Berufe genutzt werden, solange das Wohnhaus nicht durch überwiegende berufliche Nutzung dem Wohnen entfremdet wird. Deshalb darf die freiberufliche Nutzung in Mehrfamilienhäusern, die in einem der genannten Baugebiete liegen, nicht mehr als die halbe Anzahl der Wohnungen und nicht mehr als die Hälfte der Wohnfläche in Anspruch nehmen, wobei es entscheidend darauf ankommt, dass der spezifische Gebietscharakter auch für das einzelne Gebäude gewahrt bleibt.

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Der Zweck der Beschränkung der freiberuflichen Nutzung auf "Räume" liegt – wie ausgeführt - darin, die Prägung der Wohngebäude in den Wohngebieten durch ihre Wohnnutzung zu erhalten. Diesem Ziel dient der Grundsatz, dass die Büronutzung regelmäßig nicht mehr als die Hälfte der Wohnungen und auch nicht mehr als die Hälfte der Wohnfläche umfassen darf. Die Beschränkung der Büronutzung des freiberuflich Tätigen auf eine einzige Wohnung dient demselben Ziel. In einem Wohngebäude in einem Wohngebiet erwartet man keine Büroeinheiten, die größer sind als die in dem Haus und in dem Gebiet vorhandenen Wohnungen. Büros, die größer als eine Wohnung sind, drängen die Wohnnutzung übermäßig zurück und lassen das Gebäude als ein gewerblich genutztes erscheinen. Zwar trifft es zu, dass § 13 BauNVO in Wohngebieten nicht nur "kleine" Praxen zulässt. Denn der Zusatz "klein" ist ausdrücklich (nur) § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO aufgeführt, wonach nur "kleine" Beherbergungsbetriebe ausnahmsweise zulässig sind. In § 13 BauNVO ist vielmehr ausdrü;cklich von "Räumen" die Rede. Der Charakter eines Wohngebäudes geht aber verloren, wenn in ihm Büros oder Praxen vorhanden sind, die größer sind als die für Wohnhäuser typische Nutzungseinheit, die Wohnung. "Großbüros" sind geeignet, den Wohnhauscharakter des Gebäudes zu beseitigen, auch wenn die 50 %-Grenze noch nicht erreicht ist.

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So hat das Oberverwaltungsgericht Münster mit Urteil vom 28. August 2013 (10 A 2085/12, juris) einer Nachbarklage gegen die Genehmigung einer Tierarztpraxis in einem allgemeinen Wohngebiet wegen Verstoßes gegen den Gebietserhaltungsanspruch stattgegeben. In dem dortigen Fall überschritt die von der genehmigten Tierarztpraxis in Anspruch genommene Nutzfläche mit circa 124,81 m² die Wohnfläche mit maximal 116,23 m². Nach dem Oberverwaltungsgericht Münster lagen auch keine anderen Anhaltspunkte vor, die das Gebäude unabhängig von der überwiegend freiberuflichen Nutzung insgesamt als ein dem spezifischen Gebietscharakter entsprechendes Wohngebäude hätten prägen können.

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Die für die Baugebiete nach den §§ 2 bis 4 BauNVO geltende Beschränkung freiberuflicher oder vergleichbarer Nutzungen auf "Räume" gewährleistet, dass diese Nutzungen dort nur in einem Umfang zugelassen werden können, bei dem typischerweise keine gebietsunverträglichen Störungen durch vorhabenbezogenen Kraftfahrzeugverkehr eintreten (OVG Münster, Beschluss vom 5. September 2005 - 10 A 3511/03 -, juris). Auch im Rahmen des § 13 BauNVO ist - was die in der Vorschrift beschriebenen Nutzungsarten angeht - eine typisierende Betrachtungsweise geboten, die den üblicherweise mit derartigen Nutzungen einhergehenden Kraftfahrzeugverkehr bereits berücksichtigt (OVG Münster, a.a.O.).

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§ 13 BauNVO vermittelt Drittschutz, da diese Vorschrift Bestandteil der Gebietsfestsetzung des Bebauungsplans ist. Der Nachbar, dessen Grundstück in demselben Baugebiet wie das Baugrundstück liegt, kann einen Verstoß gegen § 13 BauNVO daher grundsätzlich unabhängig davon abwehren, ob er durch die fragliche Nutzung unzumutbar beeinträchtigt wird; § 13 BauNVO ist insoweit drittschützend (OVG Münster, Urteil vom 28. August 2013 - 10 A 2085/12 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 14. Dezember 2012 - Au 4 K 12.1159 - juris; König/Roeser/CN., BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 13, Rn. 35). Dies gilt nach Überzeugung der Kammer auch für den Gebietserhaltungsanspruch nach § 34 Abs. 2 i.V.m. einem faktischen Baugebiet der BauNVO: Denn die Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt, dass ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (vgl. hierzu nur BVerwG, Beschluss vom 27. August 2013 - 4 B 39.13 -; vgl. auch OVG LSA, Beschluss vom 5. März 2014 - 2 M 164/13 -, juris). Der Abwehranspruch wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (BVerwG, a.a.O.). Der Nachbar hat deshalb einen Schutzanspruch auf die Bewahrung der Gebietsart, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht (OVG LSA, Beschluss vom 5. März 2014, a.a.O.).

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Die dem Beigeladenen genehmigte "Augenarztpraxis" ist in Anwendung dieser Grundsätze voraussichtlich in dem faktischen reinen Wohngebiet ihrer Art nach unzulässig, denn sie überschreitet voraussichtlich den in § 13 BauNVO vorgegebenen zulässigen Umfang.

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Dabei geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der zur Genehmigung gestellten Erweiterung des Augen-Laserzentrums/Praxisklinik nicht um Räumlichkeiten für freiberuflich Tätige und solche Gewerbetreibende geht, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben.

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Denn aus den Ausführungen des Beigeladenen zu dem Ist-Bestand auf Blatt 312 der Gerichtsakte ist ersichtlich, dass bereits der derzeitige Betrieb über eine bloße Augenarztpraxis deutlich hinausgeht. Es ist vielmehr von einem (kleinen) Klinikum auszugehen, das "aus allen Nähten platzt". Es werden danach bereits jetzt ausweislich der Angaben des Beigeladenen in den Bauvorlagen zwischen 100-150 Patienten pro Tag behandelt. Danach besteht derzeit ein ambulanter OP-Bereich im Erdgeschoss, ein Untersuchungsraum und ein Wartezimmer im ersten Obergeschoss. Die Wartezimmer sind nach dem Vorbringen des Beigeladenen viel zu klein für Patienten und Begleitpersonal. In dem Objekt an R. werden nach den Angaben des Beigeladenen bereits jetzt täglich ca. 20 Operationen mit Narkosearzt und wöchentlich 50 Glaskörperinjektionen durchgeführt. Es besteht kein Raum für den Anästhesisten und kein Aufwachraum. Der OP-Tisch ist zu klein; OP-Gut steht im Wintergarten. Es handelt sich zudem um eine Einrichtung, die Ärzte ausbildet.

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Die Angaben in den Bauvorlagen beschreiben nicht abschließend das zur Genehmigung gestellte Vorhaben hinsichtlich des Augen-Laserzentrums. Denn für das Bestandsgebäude sind nicht die hierfür vorgesehenen Nutzungen aufgeschlüsselt, sondern nur die bisherigen Raumaufteilungen angegeben. In den Bauvorlagen heißt es zu dem Bauvorhaben, dass der "R. als Bestand" bleibe (Blatt 7 der Beiakte A). Der Beigeladene betreibt dort ein "Institut für Augenheilkunde" (siehe etwa die Internetseite https://www.augenheilkunde.de/; siehe auch die entsprechende gerichtsbekannte Beschilderung an dem Objekt).

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Die derzeit ausgeübte Nutzung über ein weiteres Geschoss hinweg ist indes nicht genehmigt. Denn genehmigt ist in dem Objekt R. laut Angaben der Antragsgegnerin ein "Augen-Laserzentrum mit Behandlung und Forschung" im EG mit drei Angestellten (264 m²). Dagegen ist im OG eine Praxis für Allgemeinmedizin mit drei Angestellten (145,14 m²) sowie eine Linsenanpassung im OG als Gewerbeeinheit mit drei Angestellten (111,09 m²) genehmigt. Zudem sind drei Wohneinheiten, davon zwei Wohneinheiten im Dachgeschoss mit 128,9 m² und 127 m² sowie eine im Keller 102,50 m² genehmigt (Blatt 350, 352 der Beiakte A, Blatt 73 der Gerichtsakte in der Sache 2 B 23/18 HAL). Danach steht also nach der Genehmigungslage bereits eine Fläche von 520,33 m² für Nichtwohnnutzung einer Wohnnutzung von nur 358,40 m² gegenüber.

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Da aber die Räumlichkeiten der Allgemeinarztpraxis ausweislich der Bauvorlagen offenbar bereits vom Augen-Laserzentrum übernommen wurden (vgl. nur Blatt 38 der Beiakte A), handelt es sich bereits jetzt nicht nur um bloße "Räume" in einem Gebäude. Vielmehr erstreckt sich das Laserzentrum bereits über zwei Geschosse, also über die genehmigten 264 m² hinaus auf weitere 145,14 m². Ein solches Augen-Laserzentrum mit 409,14 m² Nutzfläche ist als solches nicht genehmigt. Dies hat zur Folge, dass diese Nutzung rechtlich nicht als prägende Vorbelastung zu berücksichtigen ist.

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Die durch die Neubauten weiter hinzukommenden Nutzflächen betragen ausweislich der Aufstellung der Architekten für Wohnen 1.069,09 m² und für die "Praxis mit OP-Teil" 666,75 m². Hinzukommen die Verkehrsflächen, die sowohl der Wohnnutzung als auch dem Praxis-/OP-Betrieb dienen (u.a. acht Mitarbeiterstellplätze und zwei Stellplätze für Taxis/Krankenwagen). Auf der Aufstellung über Stellplätze auf Blatt 301 ist die Praxisgröße mit 720 m² angegeben und vier sehr kleine Wohnungen mit bis zu 35 m² und vier sehr große Wohnungen mit mehr als 200 m².

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Mit der bloßen Schaffung einer Barrierefreiheit und der Herstellung von getrennten Aufwach- und Vorbereitungsräumen und der Schaffung von "mehr Platz" ist die Erweiterung auf Haus 1 bisher nicht zu erklären, zumal der oben beschriebene "Bestand" im R. weiter bestehen bleiben soll.

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Nach alledem kann von einer bloßen Praxis keine Rede sein. Vielmehr geht es um ein "Klinikum" oder Augen-Laserzentrum, das sich über mehrere Gebäude erstrecken soll und weder nach § 3 BauNVO noch über § 13 BauNVO zulässig ist.

41

Ungeachtet dessen handelt es sich bei dem Vorhaben nicht um eine Nutzung bloßer Räume i.S.d. § 13 BauNVO. Dies gilt für das Bestandsgebäude sowie im geplanten Haus 1. Die Nutzung als Augen-Laserzentrum/Praxisklinik überwiegt im Haus 1 und ist damit nach den obigen Grundsätzen nach § 13 BauNVO unzulässig.

42

Der neu zu errichtende Gebäudekomplex soll aus zwei mehrgeschossigen Gebäuden bestehen, die durch einen Verbindungsbau miteinander verbunden werden. Zudem soll das Bestandsgebäude R. auch noch mit einem Übergang versehen werden. Das darin befindliche "Augenzentrum" stellt ersichtlich keine bloßen freiberuflichen "Räume" i.S.d. § 13 BauNVO dar. Es handelt sich um ein "Augen-Laserzentrum", das sich über mehrere Gebäude erstreckt. Dies ergibt sich aus den Bauvorlagen. Danach sind als Zahl der Beschäftigten für den Neubau in den Bauvorlagen zwei Kassenärzte, drei Assistenzärzte in Weiterbildung und sechs "FTEs" im nicht ärztlichen Bereich bei durchschnittlich 150 Patienten pro Tag angegeben (Blatt 7, Blatt 31, Blatt 34 der Beiakte A). [Laut Wikipedia steht FTE u.a. als Abkürzung für "Full Time Equivalent" und stellt als "Vollzeitäquivalent" eine Kennzahl im Personalmanagement dar.] Als Anzahl der Beschäftigten im bestehenden Betrieb sind 13 angegeben (Blatt 34, Blatt 40 der Beiakte A). Als Art der gewerblichen Tätigkeit ist "augenärztliche Untersuchung, Behandlung und ambulante Operationen" angegeben. Weiter heißt es dort, dass die neuen Praxisräume im geplanten Neubau der L. zur "Praxis" im R. gehörten und mit dieser durch einen Verbindungsbau verbunden würden; sie erweiterten die bestehende Praxiseinrichtung räumlich, um eine Barrierefreiheit für die Patienten zu gewährleisten und optimierte Platzverhältnisse für die hochtechnischen Geräte zu schaffen (Blatt 18 der Beiakte A). Als notwendige Stellplätze für die L. sind für die acht Wohnungen elf Stellplätze, für die 670 m² große Praxis 19 Stellplätze angegeben (Blatt 19 der Beiakte A). Für Fahrräder sind für die Wohnungen 20 und für die Praxis sechs Stellplätze angegeben. Die Parkplätze sollen teilweise als "unterirdische Doppelparker" im rückwärtigen Grundstücksbereich, mithin in Richtung der Antragsteller (vgl. nur Blatt 400 der Beiakte B), errichtet werden. Der Neubau soll aus zwei Gebäudekomplexen bestehen, die in den Bauvorlagen als Haus 1 und Haus 2 bezeichnet werden (Blatt 67 ff der Beiakte A, Stand 5. Oktober 2017, vgl. auch Blatt 322 ff der Beiakte B, Stand 22. Februar 2017). Als OP-Teil ist eine Fläche von 372,55 m², als Praxis-Teil eine Fläche von 294,53 m² und für die Wohnungen 1 bis 8 sind Flächen von 1.071,91 m ² vorgesehen. Dabei sollen vier Wohnungen über 200 m² groß sein und vier Wohnungen ca. 32-33 m² groß sein (vgl. nur Seite 8 der Baugenehmigung vom 24. Januar 2018). Hier ist also ersichtlich, dass als neue Netto-Nutzfläche für die "Augenarztpraxis" 667,08 m² zu den bereits im R. bestehenden Praxisräumen hinzukommen. Die Fläche für die "Praxis" ist bei der Stellplatzberechnung auf Blatt 19 der Beiakte A mit 670 m² angegeben.

43

Die Angaben in den Bauvorlagen zu dem angestrebten Betrieb sind – wie ausgeführt - nicht plausibel. Denn wie die Räumlichkeiten im R. nach der Erweiterung für das Laserzentrum genutzt werden sollen, ist nicht nachvollziehbar dargetan. Hierauf haben die Antragsteller hingewiesen. Eine nachvollziehbare Erläuterung ist nicht erfolgt. Ungeachtet dessen handelt es sich aber jedenfalls nicht um bloße "Praxisräume".

44

Die Angaben in den Bauvorlagen betreffen hinsichtlich des R. – wie ausgeführt - offenbar den derzeitigen Betrieb. Danach soll im Bestandsgebäude das gesamte Erdgeschoss dem Augen-Laserzentrum dienen: OP-Raum, Warteraum, Sterilraum, Aufwach- und Vorbereitungsraum, Personalbüro (vgl. den Plan auf Blatt 83 der Beiakte A, in dem es als "Bestandgebäude" aufgeführt ist). Vorgesehen ist aber zudem die Neuerrichtung eines dreigeschossigen Gebäudes, "Haus 1", mit einem Flachdach (Höhe ca. 118 m NHN = Normalhöhenull), und ein weiteres viergeschossiges Gebäude, "Haus 2", mit eine H6;he von ca. 121 m – NHN – (sh Pläne auf Blatt 87 der Beiakte A; zu der Gebäudehöhe im Übrigen vgl. den Schriftsatz des Beigeladenen vom 4. Mai 2018). In Haus 1 soll das Erdgeschoss vollständig der "Praxis" dienen: Warten Patienten, OP Raum 1 und 2, Aufwachraum, Vorbereitungsraum, Besprechungsraum. Im 1. Obergeschoss sind Voruntersuchungsräume, ein Wartebereich, eine Teeküche und ein Aktenraum sowie "Funktionsräume" vorgesehen. Im 2. Obergeschoss ist eine große Wohnung vorgesehen. Im Erdgeschoss von Haus 2 sind Abstellräume für die Wohnungen und eine Wohnung sowie (Haus-) Technikräume geplant. Im 1. und 2. Obergeschoss sollen jeweils zwei Wohnungen (jeweils eine große und eine kleine) errichtet werden. In dem 3. Obergeschoss, in den Bauvorlagen als "Dachgeschoss" bezeichnet, sollen sich ebenfalls eine große und eine kleine Wohnung befinden (vgl. zu alledem die Pläne auf Blatt 83-86 der Beiakte B).

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Auch die Bezeichnung, die der Beigeladene seinem Augenarztbetrieb mit "Versorgungszentrum für Augenheilkunde" gibt, spricht nicht für bloße Räume innerhalb eines Wohngebäudes.

46

Auf der Internetseite des Beigeladenen (https://www.augenheilkunde.de/institut.html, abgerufen am 9. Mai 2018) heißt es wörtlich:

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"Sie finden bei uns ein breites Spektrum diagnostischer und operativer Augenheilkunde. Natürlich stehen alle unsere Leistungen sowohl privat als auch gesetzlich Versicherten zur Verfügung. Mit den Zentren für Laserchirurgie, Makulaerkrankungen und Kontaktlinsenanpassung entstanden - einmalig in Deutschland - 3 hochspezialisierte Abteilungen in einem Haus. Zehn Ärzte und ein Team von über 30 zuvorkommenden Mitarbeitern kümmern sich in einem hochmodernen Umfeld um Ihr Augenlicht. Über 4.000 Operationen und Augenlaser-Behandlungen im Jahr zeugen von routinierter Kompetenz und erstklassigen Möglichkeiten unserer Augen- und refraktiven Chirurgie."

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Die Internetseite nennt zudem die Standorte Saaleklinik, E. und Z.. Von einer bloßen Augenarztpraxis kann daher keine Rede sein.

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Auch der bereits jetzt durch den Betrieb ausgelöste Zu- und Abgangsverkehr spricht dagegen, das Augen-Laserzentrum als bloße Arztpraxis anzusehen. Jedenfalls aber in der zur Genehmigung gestellten Erweiterung und mit dem zusätzlich ausgelösten und von der Antragsgegnerin berechneten Stellplatzbedarf ist von einem erheblichen Zu- und Abgangsverkehr auszugehen, der denjenigen einer bloßen Arztpraxis deutlich übersteigt. Die hohe Anzahl der OP-Patienten, die – wie der Beigeladene selbst einräumt – eine An- und Abfahrt mit PKW durch Begleitpersonen erforderlich macht, übersteigt den Ziel- und Quellverkehr einer Praxis i.S.d. § 13 BauNVO.

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Zur Klarstellung wird zudem angeführt, dass die Bauvorlagen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht nachvollziehbar sind. Zwar ist dieses nicht drittschützend. Die Angaben in den Bauvorlagen sind aber nicht plausibel nachvollziehbar und die Antragsgegnerin vermochte dies trotz Nachfrage nicht aufzuklären. Zur Klarstellung wird aufgeführt, dass sich das Maß der baulichen Nutzung mit einer Grundflächenzahl von 0,53 (nur Gebäude) und 0,70 (zuzüglich Verkehrsflächen) als ausgesprochen hoch darstellt. Zudem ist bei der Aufstellung auf Blatt 296 des Verwaltungsvorgangs nicht klar ersichtlich, ob der Übergangsbau, der "intensiv begrünt" werden soll, bei der Berechnung überhaupt einbezogen wurde. Auch die Angaben im Schriftsatz des Beigeladenen vom 4. Mai 2018 vermögen diese Ungenauigkeiten nicht auszuräumen. Dort geht es lediglich um die Frage der Bewertung von Rasengittersteinen.

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Auch der Umstand, dass in einem reinen Wohngebiet gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise "den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für gesundheitliche Zwecke" zugelassen werden können, steht dem Abwehranspruch der Antragsteller nicht entgegen. Denn bei dem zur Genehmigung gestellten Augen-Laserzentrum handelt es sich erkennbar nicht um ein solches für die Bewohner des Gebiets. Das ergibt sich bereits aus der derzeitigen Patientenzahl von durchschnittlich zwischen 100-150. Auch die Spezialität der augenärztlichen Tätigkeit, die hinsichtlich Art und Umfang über eine bloße Augenarztpraxis hinausgeht, spricht gegen eine solche Ausrichtung. Es handelt sich auch - unabhängig von der Frage der rechtlichen Relevanz - nicht um ein "Ärztehaus" mit mehreren einzelnen Räumen für verschiedene Arztpraxen.

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Nachdem der Hauptantrag Erfolg hat, war über den Hilfsantrag zur Beweissicherung nicht zu entscheiden.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es ent-spricht der Billigkeit, den Beigeladenen zu der Kostenerstattung mit heranzuziehen, weil er einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

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Gemäß § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkataloges für die Ver-waltungsgerichtsbarkeit 2013 ist der Streitwert auf 3.750,00 EUR festzusetzen. Denn nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit beträgt der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes. Für das Hauptsacheverfahren wäre hier nach Nr. 9.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ein Streitwert von 7.500,00 EUR anzusetzen.


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