Beschluss vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 10 K 493/05

Tenor

1. Die Bundesagentur für Arbeit, vertreten durch die Agentur für Arbeit Pforzheim, Luisenstr. 32, 75172 Pforzheim, wird zum Verfahren beigeladen.

2. Der Antrag wird abgelehnt.

3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

4. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I. Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung.
Der am 08.05.1971 geborene Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger. Er beantragte nach seiner Einreise am 03.05.2001 seine Anerkennung als Asylberechtigter und die Gewährung von Abschiebungsschutz, was erfolglos blieb (Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 19.04.2002; VG Karlsruhe, Urt. v. 01.12.2004 - A 3 K 11914/04 -, rechtskräftig seit 25.12.2004). Während des Asylverfahrens war dem Antragsteller am Ende die Ausübung einer Beschäftigung bei einer Reinigungsfirma in Pforzheim erlaubt worden.
Durch Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.01.2005 wurde der Antragsteller zum Erlass einer Passverfügung angehört; ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Woche ab Bekanntgabe gegeben. Das Schreiben wurde dem Antragsteller von der Stadt Gaggenau zusammen mit einer Duldung vom 22.02.2005 ausgehändigt, die außer den Nebenbestimmungen „Wohnsitznahme nur in Gaggenau“ und „Die Duldung erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebetermins“ die Vermerke „Der Aufenthalt ist beschränkt auf: Land Baden-Württemberg“ und „Erwerbstätigkeit: nicht gestattet“ enthält.
Am 01.03.2005 erhob der Antragsteller beim Regierungspräsidium Karlsruhe „Widerspruch“ gegen die „Auflage Erwerbstätigkeit nicht gestattet“. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend: Es sei bekannt, dass er in einem Arbeitsverhältnis stehe und daraus arbeitsvertragliche Pflichten habe. Eine Begründung des Arbeitsverbots für seinen Einzelfall habe er nicht erhalten. Ihm sei bekannt, dass andere abgelehnte Asylbewerber aus dem Irak in der gleichen Situation wie er kein Arbeitsverbot erhalten hätten, weshalb die Auflage willkürlich und rechtswidrig sei.
Am 01.03.2005 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht mit einem als „Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO“ bezeichneten Antrag vorläufigen Rechtsschutz begehrt. Diesen Antrag hat er nach Erhalt der Antragserwiderung auf einen Antrag nach § 123 VwGO umgestellt. Er beantragt nunmehr, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihm die Erwerbstätigkeit zu gestatten.
Zur Begründung vertieft er seine Widerspruchsbegründung und hebt dabei hervor: Er halte das Arbeitsverbot zugleich mit der Anhörung zur Passbeschaffung samt Wochenfrist für rechtswidrig, da er noch keinerlei Möglichkeit zur Mitwirkung gehabt habe. Es sei auch bekannt, dass es so gut wie unmöglich sei, die erst seit kurzem bestehende irakische Botschaft telefonisch oder schriftlich zu erreichen. Er habe sich bereits schriftlich an die Botschaft gewandt. Es liege ein Verstoß gegen das Willkürverbot vor. Auch sei ein Nachschieben von Gründen nicht möglich, da es von vornherein an jedweder Begründung der Ermessensentscheidung gefehlt habe. Der Vorwurf der Nichtmitwirkung an der Dokumentenbeschaffung sei unrichtig. Einen später vorgelegten Führerschein habe er erst nachträglich per Post erhalten. Seine Aufenthaltsbeendigung scheitere nicht aus von ihm zu vertretenden Gründen, sondern daran, dass auf Grund Erlasses in absehbarer Zeit keine Abschiebungen in den Irak stattfänden. Deshalb sei das Arbeitsverbot rechtswidrig und unverhältnismäßig.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er macht im Wesentlichen geltend: Nach der Neuregelung des Ausländerrechts sei keine Anfechtungssituation mehr gegeben, also auch kein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Geduldeten Ausländern könne eine Beschäftigung entgegen dem grundsätzlichen Beschäftigungsverbot nach § 10 BeschVerfV erlaubt werden, wenn sie sich ein Jahr erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufhielten. Ein Beschäftigungsverbot dürfe angeordnet werden, um den Anreiz zu mindern, bei der Dokumentenbeschaffung unzureichend mitzuwirken, sowie um der Aufenthaltsverfestigung entgegenzuwirken. Die Mitwirkungspflichten bestünden kraft Gesetzes, nicht erst durch Verfügung. Nach jüngsten Erkenntnissen des Antragsgegners sei die irakische Botschaft durchaus telefonisch erreichbar. Die gegenteilige pauschale Behauptung sei nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller habe den Behörden auch seinen irakischen Führerschein verschwiegen. Eine schriftliche ausführliche Begründung hätte er erhalten, wenn er sich wie üblich vorab wegen eines rechtsmittelfähigen Bescheides an das Regierungspräsidium gewandt hätte. Eine Ungleichbehandlung liege nicht vor. Die Botschaft habe erst Ende 2004 ihren Betrieb wieder aufgenommen, so dass die Beschaffung von Dokumenten erst seither wieder möglich sei. Es könnten nicht alle „Altfälle“ gleichzeitig aufgegriffen werden. „Neufälle“ würden gleich behandelt. Die Behauptung der Willkür sei zu pauschal.
10 
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen, die Gegenstand der Beratung waren.
11 
II. Die Bundesagentur für Arbeit - hier vertreten durch die für die vom Antragsteller angestrebte Beschäftigung örtlich zuständige Agentur Pforzheim - war zum Verfahren beizuladen, weil - wie noch ausgeführt werden wird - für das Begehren des Antragstellers ihre (ggf. von der Ausländerbehörde und nicht vom Antragsteller einzuholende und daher als Verwaltungsinternum zu betrachtende) Zustimmung erforderlich ist. Davon, dass diese wegen der Übergangsvorschriften des neuen Ausländerrechts entbehrlich wäre, konnte nicht ausgegangen werden. Zwar behält eine vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes (am 01.01.2005) erteilte Arbeitserlaubnis ihre Gültigkeit bis zum Ablauf ihrer Geltungsdauer und sie gilt als Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Aufnahme einer Beschäftigung, wenn ein Aufenthaltstitel erteilt wird (s. § 105 Abs. 1 AufenthG). Insoweit ist zwar nach dem Vorbringen des Antragstellers anzunehmen, dass er eine Arbeitserlaubnis für seine Beschäftigung in Pforzheim während der Geltungsdauer seiner Aufenthaltsgestattung besaß. Es kann aber nicht unterstellt werden, dass diese zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch Geltung beansprucht. Außerdem hat der Antragsteller keinen Aufenthaltstitel (auch dazu unten). Deshalb hatte im Hinblick auf das Zustimmungserfordernis die Beiladung der Bundesagentur für Arbeit zu erfolgen (vgl. § 65 Abs. 1 VwGO).
12 
Der Antragsteller hat - im Wege der zulässigen sachdienlichen Antragsänderung (§ 91 Abs. 1 VwGO, der für Beschlussverfahren entsprechend anzuwenden ist) - seinen zunächst auf § 80 Abs. 5 VwGO gestützten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht auf einen solchen nach § 123 VwGO umgestellt. Zwar waren bisher für das Verbot der Erwerbstätigkeit die Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren und der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die statthaften Rechtsschutzbegehren (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 18.10.2000 - 10 K 2791/99 - u. Urt. v. 14.07.2003 - A 3 K 11224/03 -, VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, sämtlich juris). Nach der Neuregelung des Ausländerrechts mit Wirkung ab 01.01.2005 gilt das jedoch nicht mehr. Das ergibt sich aus folgenden Umständen:
13 
Gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 AufenthG dürfen Ausländer eine Beschäftigung nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel es erlaubt. Ein Aufenthaltstitel berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, sofern es nach dem Aufenthaltsgesetz bestimmt ist oder der Aufenthaltstitel die Ausübung der Erwerbstätigkeit ausdrücklich erlaubt (§ 4 Abs. 2 S. 1 AufenthG). Aufenthaltstitel sind ausschließlich Visum, Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis (§ 4 Abs. 1 S. 2 AufenthG), nicht aber die Duldung nach § 60 a AufenthG. Einem Ausländer, der keine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung besitzt, kann die Ausübung einer Beschäftigung nur erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist (§ 4 Abs. 2 S. 3 AufenthG). Fälle, in denen geduldeten Ausländern abweichend von § 4 Abs. 3 S. 1 AufenthG eine Beschäftigung erlaubt werden kann, können durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit bestimmt werden (§ 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG). Das ist durch die Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverfahrensverordnung - BeschVerfV) vom 22.11.2004 (BGBl. I S. 2934) i. V. m. der Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit über die Zulassung von neueinreisenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverordnung - BeschV) vom 21.11.2004 (BGBl. I S. 2937) geschehen. Nach § 1 Nr. 3 BeschVerfV kann die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung für Ausländer, die eine Duldung nach § 60 a AufenthG besitzen, in den Fällen der §§ 2 bis 4 BeschVerfV (bzgl. § 2 BeschVerfV i. V. m. § 2 Nr. 1 u. 2, §§ 3, 4 Nr. 1 - 3, §§ 5, 7 Nr. 3 - 5, §§ 9 u. 12 BeschV) ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden. Weiter kann solchen Ausländern mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn sie sich seit einem Jahr erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten haben (§ 10 S. 1 BeschVerfV).
14 
Diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass anders als nach bisherigem Recht das Verbot einer Erwerbstätigkeit nicht mehr als Nebenbestimmung zu einer Duldung geregelt wird (§ 56 Abs. 3 S. 3 AuslG, der keine Entsprechung in § 61 AufenthG mehr hat), sondern dass seit 01.01.2005 vielmehr grundsätzlich ein gesetzliches Verbot der Ausübung einer Beschäftigung für geduldete Ausländer besteht. Diese bedürfen folglich nunmehr einer ausdrücklichen Beschäftigungserlaubnis, die nach entsprechender Antragstellung mit einer Verpflichtungsklage nach § 42 VwGO und/oder einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu erstreiten ist (ebenso Armbruster, HTK-AuslR, § 61 AufenthG Anm. 4.1 u. 4.2, und Marx, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2005, § 3 Rn. 27 u. 32; zum gesetzlichen Verbot auch Fehrenbacher, HTK-AuslR, Anm. zu § 10 BeschVerfV). Fügt die Ausländerbehörde nach dem 01.01.2005 der Duldung eines Ausländers ein Beschäftigungsverbot bei, so handelt es insoweit lediglich um einen Hinweis auf die kraft Gesetzes bestehende Rechtslage (Armbruster a. a. O. Anm. 4.2; Marx a. a. O. Rn. 27). Eine Anfechtung ist mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes nicht statthaft (Armbruster a. a. O. Anm. 4.2) und hierfür bestünde auch ohnehin kein Rechtsschutzbedürfnis, weil eine Aufhebung am gesetzlichen Verbot nichts ändern könnte.
15 
Vorliegend kommt für den Antragsteller allein eine Erlaubnis nach § 10 BeschVerfV in Betracht, also mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Denn Fälle der §§ 2 bis 4 BeschVerfV (s. § 1 Nr. 3 BeschVerfV) liegen - was keiner näheren Begründung bedarf - offensichtlich nicht vor.
16 
Folglich hat der Antragsteller zu Recht zuletzt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO gestellt.
17 
Daraus ergibt sich zugleich, dass seine Ausführungen zur fehlenden Begründung des „Beschäftigungsverbots“, zu dessen Ermessensfehlerhaftigkeit und zu dessen Verfrühtheit vor der Möglichkeit zur Passbeschaffung, die bei einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erheblich wären, von vornherein nicht geeignet sind, seinem Antrag zum Erfolg zu verhelfen.
18 
Der Antrag nach § 123 VwGO ist auch gegen den richtigen Antragsgegner gerichtet. Die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums für die Anordnung und Aufhebung von Beschränkungen und Nebenbestimmungen zur Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 AufenthG (s. § 6 Abs. 2 Nr. 2 AAZuVO) dürfte auch den hier streitigen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis umfassen. Andernfalls bestünde der behauptete Anspruch ohnehin nicht gegenüber dem Antragsgegner, sondern gegenüber der Stadt Gaggenau als unterer Ausländerbehörde.
19 
Der Antrag ist zulässig (zum etwaigen Erfordernis eines vorherigen Antrags an die Behörde vgl. unten), aber nicht begründet.
20 
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (S. 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung (um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen) nötig erscheint (S. 2). Der Antragsteller hat sowohl die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch das Vorliegen eines entsprechenden Anordnungsanspruchs glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Geht es um einen Anordnungsanspruch im Zusammenhang mit einer Ermessensentscheidung, ist nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung zusätzlich glaubhaft zu machen, dass eine dem Antragsteller positive Entscheidung überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. z.B. VGH Bad.-Württ., B.v. 20.06.1989, DÖV 1989, 776; B.v. 11.04.1990 - 6 S 3275/98 -; B.v. 02.08.1990, NVwZ-RR 1992, 57; B.v. 19.11.1993 - A 16 S 2002/93 -; B.v. 10.10.1996 - 10 S 2528/96 -, zugleich offenlassend, ob die Erfolgswahrscheinlichkeit noch zusätzlich dadurch gesteigert sein muss, dass es um eine Vorwegnahme der Hauptsache geht, oder ob dieser Umstand nur eine zusätzliche Begründung für das Erfordernis einer gesteigerten Erfolgswahrscheinlichkeit darstellt; B. v. 10.03.2000, InfAuslR 2000, 378; zu den gesteigerten Anforderungen wegen Vorwegnahme der Hauptsache vgl. auch Marx a.a.O. Rn. 32).
21 
In Anwendung dieser Grundsätze kann der Antrag keinen Erfolg haben.
22 
Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn aus Zeitgründen und Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) kann er nicht auf den Weg einer Verpflichtungsklage verwiesen werden.
23 
Der Antragsteller hat aber einen Anordnungsanspruch nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.
24 
Zwar fehlt es (sofern dies als Frage des Anordnungsanspruchs und nicht als Frage der Zulässigkeit des Antrags nach § 123 VwGO gesehen wird) nicht an dem erforderlichen vorherigen Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung. Ein solcher ist vielmehr in dem ins Leere gehenden „Widerspruch“ gegen den in der Duldung enthaltenen Hinweis auf das gesetzliche Beschäftigungsverbot konkludent enthalten. Dass dieser Antrag nach Auffassung des Antragsgegners keine Aussicht auf Erfolg hat, ergibt sich aus der Antragserwiderung mit Ergänzung hinreichend deutlich. Das hält die Kammer für ausreichend.
25 
Eine Ermessensausübung zu Gunsten des Antragstellers ist aber nicht überwiegend wahrscheinlich.
26 
Nach § 10 BeschVerfV kann die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn der Ausländer sich seit einem Jahr erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten hat.
27 
Es erscheint der Kammer schon zweifelhaft, ob die zeitlichen Vorgaben dieser Vorschrift erfüllt sind. Zwar wird vertreten, dass die Wartezeit von einem Jahr bei einem Statuswechsel vom Asylbewerber (bei dem die gleiche Frist gilt, vgl. § 61 Abs. 2 S. 1 AsylVfG n. F.) zum geduldeten Ausländer nicht erneut gelte (vgl. Nr. 10.1.3 der DA zu § 10 BeschVerfV, abgedruckt in HTK-AuslR, sowie Fehrenbacher, a. a. O., Anm. zu § 10 BeschVerfV a. E. und Marx a. a. O. Rn. 40). Es unterliegt aber zumindest Zweifeln, ob diese Auffassung zutreffend ist. § 10 BeschVerfV verlangt ein Jahr des erlaubten oder geduldeten Aufenthalts. Der Aufenthalt eines Asylbewerbers ist aber nach den ausländerrechtlichen Vorschriften nicht „erlaubt“, sondern „gestattet“ (vgl. § 55 Abs. 1 S. 1 AsylVfG). Diesem einheitlichen ausländerrechtlichen Sprachgebrauch folgt auch die Beschäftigungsverfahrensverordnung (vgl. deren § 1 Nr. 2 mit Verweis auf § 61 Abs. 2 AsylVfG). Deshalb könnte eine erneute Wartezeit von einem Jahr nur entbehrlich sein, wenn die Duldungszeit auf einen erlaubten Aufenthalt folgt (etwa wenn eine Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert, zurückgenommen oder widerrufen wurde), nicht aber, wenn sie sich an den gestatteten Aufenthalt eines ehemaligen Asylbewerbers anschließt. Eine solche Auslegung wäre auch nicht gänzlich fernliegend, denn der Verordnungsgeber könnte mit der erneuten Wartezeit versuchen wollen, den Ausländer zum freiwilligen Verlassen des Bundesgebiets zu bewegen und damit dem öffentlichen Interesse daran Rechnung tragen, dass abgelehnte Asylbewerber das Bundesgebiet unverzüglich verlassen. Denn in Fällen, in denen dem Ausländer auch die freiwillige Ausreise nicht möglich und zumutbar ist, soll oder kann ihm nicht eine Duldung, sondern eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt werden (vgl. § 25 Abs. 3 S. 1 u. 2, Abs. 5 AufenthG). Andererseits ließe sich auch erwägen, dass ein gestatteter Aufenthalt „erst recht“ genügen müsse, wenn die Verordnung einen geduldeten Aufenthalt ausreichen lässt.
28 
Letztlich kann das aber dahinstehen. Denn selbst wenn eine erneute Wartezeit - die der Antragsteller nicht erfüllt - entbehrlich wäre, wäre nach dem Vorbringen des Antragstellers eine ihm günstige Ermessensentscheidung über seinen Antrag nicht überwiegend wahrscheinlich.
29 
Dass die Erlaubnis nach § 10 BeschVerfV im Ermessen liegt, ergibt sich aus dem Begriff „kann“ (so auch Armbruster a. a. O. Anm. 4.2). § 11 BeschVerfV, dessen Voraussetzungen der Antragsteller bestreitet, regelt nur zwingende Versagungsgründe, deren Nichtvorliegen aber keineswegs in dem Sinne abschließend ist, dass dies auch eine Versagung im Ermessenswege ausschließen würde.
30 
Der Antragsgegner wendet nach der Antragserwiderung insoweit die gleichen Ermessensgesichtspunkte an, die für eine Verbotsauflage nach altem Recht angewandt wurden. Insoweit war durch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt, dass bei abgelehnten Asylbewerbern wie im vorliegenden Fall die zuständige Ausländerbehörde im Ermessensweg die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verbieten konnte (s. dazu GK-AuslG, Rdnr. 10 zu § 56 u. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2003 a.a.O.). Dass die Behörde die Untersagung der Erwerbstätigkeit in den Zusammenhang mit den Anforderungen an den jeweiligen Ausländer hinsichtlich der Passbeschaffung stellen durfte, war höchstrichterlich geklärt (s. BVerwG, Beschl. v. 23.09.1981, Buchholz 402.24 § 7 Nr. 12 und Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Bemerkung 19 zu § 56). Den Ausländerbehörden sollte durch die gesetzliche Regelung ermöglicht werden, den Aufenthalt geduldeter Ausländer so auszugestalten, dass eine - die spätere Beendigung des Aufenthalts unter Umständen hindernde - auch nur faktische Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse vermieden wurde, um nach Wegfall des Abschiebungshindernisses die Ausreisepflicht ohne Verzug durchsetzen zu können. Bei abgelehnten Asylbewerbern bestand (und besteht) regelmäßig ein öffentliches Interesse daran, dass sie nach Abschluss des Asylverfahrens das Bundesgebiet verlassen (vgl. insbesondere VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.09.2003 m .w. N., a. a. O.).
31 
Es erscheint der Kammer naheliegend, auch bei Anwendung der neuen Rechtslage diese Gesichtspunkte für zulässige Ermessenserwägungen zu erachten. Ihr ist kein Grund ersichtlich, der dagegen spräche, allerdings wohl mit Ausnahme des Umstandes, dass durch die Eröffnung der Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach einem Jahr durch den Verordnungsgeber der Gesichtspunkt einer Verfestigung des Aufenthalts nach dieser Zeit wohl kein zulässiger Ermessensgesichtspunkt mehr sein kann (so jedenfalls Marx a. a. O. Rn. 43 ). Bei der Verhaltenssteuerung zum Zweck der Sicherstellung zügiger Erfüllung von Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung dürfte es dagegen verbleiben. Jedenfalls ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass derartige Erwägungen ermessensfehlerhaft (§ 114 S. 1 VwGO) sind.
32 
Der Antragsgegner weist insoweit zu Recht darauf hin, dass diese Mitwirkungspflichten des Antragstellers nicht erst nach einer förmlichen Passverfügung, sondern kraft Gesetzes bestehen (s. § 48 AufenthG) und auch schon seit dem Beginn des Asylverfahrens des Antragstellers im Mai 2001 bestanden (vgl. § 15 Abs. 2 Ziff. 6 AsylVfG). Diese „Mitwirkung“ umfasst alle Tat- und Rechtshandlungen, die zur Beschaffung eines entsprechenden Papiers erforderlich sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.06.2004 - 11 S 797/03 - m.w.N.). Deshalb war der Antragsteller nicht erst seit Wiedereröffnung der irakischen Botschaft Ende 2004 verpflichtet, sich um einen Pass zu bemühen, sondern die Pflicht, sich dafür notwendige oder sonstige Identitätspapiere zu beschaffen, ggf. mit Hilfe von Bekannten und Verwandten im Irak, bestand schon zuvor. Auch ist das Verbot der Beschäftigung bzw. die Versagung der Erlaubnis zu deren Ausübung keine Sanktion für bereits erfolgte Verletzungen der Mitwirkungspflicht, sondern es kann auch ein Mittel zur künftigen Verhaltenssteuerung sein. Dass der Antragsteller diesen Mitwirkungspflichten schon vor Zugang des Schreibens des Regierungspräsidiums vom 19.01.2005 nachgekommen ist, hat er weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Auch seither hat er es bei einem Auskünfte erbittenden Schreiben an die irakische Botschaft bewenden lassen. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass der Antragsteller alles in seinen Kräften Stehende zur Passbeschaffung getan hat und dass die Nichterlangung eines Passes ausschließlich auf außerhalb seines Verantwortungsbereichs liegende Umstände zurückzuführen ist.
33 
Auch das Vorbringen des Antragstellers über das Willkürverbot macht eine Ermessensentscheidung zu seinen Gunsten nicht überwiegend wahrscheinlich. Insoweit hebt der Antragsgegner darauf ab, dass durch die Botschaftseröffnung eine neue Sachlage entstanden sei, die zu einer Änderung der Behördenpraxis geführt habe; es sei aber nicht möglich, zeitgleich auch alle „Altfälle“ aufzunehmen. Das dürfte nicht zu beanstanden sein. Sowohl eine durch Verwaltungsvorschriften vorgenommene Ermessensbindung als auch eine rein tatsächliche Verwaltungsübung können aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden, auch wenn die davon Betroffenen gegenüber der vorherigen Praxis benachteiligt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.04.2000 - 2 B 21/00 -, juris; zur Änderung einer Praxis auch BVerwG, Urt. v. 23.04.2003, NVwZ 2003, S. 1384, u. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.1999 - 8 S 2880/98 -, juris).
34 
Nach alledem ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass bei einer ermessensfehlerfreien Entscheidung dem Antragsteller die begehrte Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung zu erteilen wäre. Deshalb war sein Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entsprach der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO) dem unterlegenen Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sie ohne ihr Zutun durch das Begehren des Antragstellers in das vorliegende Verfahren hineingezogen wurde.
35 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53, 52 Abs. 2 GKG.

Sonstige Literatur

 
36 
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
37 
Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg eingeht.
38 
Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses ist die Beschwerde zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Beschwerde erfolgt ist, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim, oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Der Verwaltungsgerichtshof prüft nur die dargelegten Gründe.
39 
Vor dem Verwaltungsgerichtshof muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht.
40 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
41 
In Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des Sozialhilferechts sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Verbänden im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes und von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind.
42 
In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen.
43 
In Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen und Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind.
44 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen