| |
| Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO) sowie ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). In Ausübung des durch beide Vorschriften bei Vorliegen ihrer jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens erscheint eine Befassung der Kammer nicht angezeigt, da die Entscheidung der bisherigen Spruchpraxis der Kammermitglieder entspricht (vgl. – mit knapperer Begründung – zuletzt VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –) und eine mögliche Abweichung der Rechtsauffassung des Berichterstatters von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts [vgl. unten II. 2. b) aa), bb)] jedenfalls nicht entscheidungserheblich wäre. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erscheint vorliegend nicht geboten, da der im Hinblick auf den beschränkten Klageantrag entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist und eine weitere Förderung des Verfahrens in mündlicher Verhandlung nicht zu erwarten ist. |
|
| Die auf Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag des Klägers gerichtete Klage ist zulässig (sogleich II. 1.). Da die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht vorliegen (unten II. 2.) und die Beklagte zur Bescheidung über den Asylantrag des Klägers verpflichtet ist (unten II. 3.), hat die Klage auch in der Sache Erfolg. |
|
| 1. Die Klage ist als Bescheidungsuntätigkeitsklage zulässig. |
|
| a) Insbesondere ist sie als Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage in Form der Untätigkeitsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 3 i.V.m. § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Dass eine grundsätzlich auf den Erlass eines Verwaltungsakts mit einem bestimmten Inhalt gerichtete Verpflichtungsklage auf einen bloßen Bescheidungsanspruch beschränkt werden kann, ist in der Sache unstrittig (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris Rn. 26; Pietzcker/Marsch, in: Schoch/Scheider, VwGO, 41. EL Juli 2021, § 42 Abs. 1 VwGO Rn. 101; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 451 m.w.N.); fraglich ist insoweit alleine, unter welchen Voraussetzungen auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine solchermaßen beschränkte Klage bejaht werden kann [vgl. hierzu unten II. 1. b)]. Ferner liegen auch die Voraussetzungen des § 75 Satz 2 VwGO vor, da der Kläger seinen Asylantrag bereits im Mai 2019 gestellt hat, so dass die gesetzliche Drei-Monats-Sperrfrist bei Klageerhebung verstrichen war (vgl. zur Bedeutung der Sperrfrist BVerwG, Urteile vom 11.7. 2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris Rn. 14 und vom 22.5.1987 – 4 C 30.86 –, juris Rn. 12; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.8.1996 – 8 S 269/96 –, juris Rn. 20; Wittmann JuS 2017, 842 [844]). |
|
| b) Auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine bloße Bescheidungsklage liegt vor. |
|
| aa) Allerdings geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Untätigkeitsklage im Regelfall nur im Hinblick auf eine auf Vornahme gerichtete Verpflichtungsklage besteht, wohingegen eine Beschränkung auf eine Bescheidungsuntätigkeitsklage eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses bedürfen soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.). Die Gründe für eine reine Bescheidungsklage müssen dieser Rechtsprechung zufolge nach Art und Gewicht hinreichen, um ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschränkung annehmen zu können. Dies kann schon dann der Fall sein, wenn sie eine Bescheidungsklage rechtfertigen, und erfordern nicht notwendig, dass sie diese Beschränkung gebieten (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 31). Im Kontext einer auf Bescheidung eines Asylantrags gerichteten Untätigkeitsklage hat das Bundesverwaltungsgericht ein derart besonderes Rechtsschutzbedürfnis bislang in Fällen bejaht, in denen eine persönliche Anhörung noch nicht erfolgt war. Ob der Antrag auch in Fällen, in denen eine Anhörung zu den Fluchtgründen erfolgt ist, auf eine Bescheidung beschränkt werden kann oder sogar muss, hat es demgegenüber ausdrücklich offen gelassen (vgl. BVerwG, ebd.). |
|
| bb) Vorliegend kann offen bleiben, ob den dieser – allerdings langjährigen – Rechtsprechungslinie zugrundeliegenden rechtlichen Prämissen und den hieraus für den Spezialfall der Untätigkeitsbescheidungsklage gezogenen Schlussfolgerungen uneingeschränkt gefolgt werden kann. Hiergegen könnte insbesondere sprechen, dass der zur Begründung angeführte § 113 Abs. 5 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 28) seinem Wortlaut nach gerade keine Pflicht des Verwaltungsgerichts begründet, eine nicht entscheidungsreife Rechtssache spruchreif zu machen; er sieht einen (unbedingten) Verpflichtungsausspruch vielmehr gerade nur dann vor, „wenn“ die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Andernfalls spricht das Verwaltungsgericht die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Auch aus dem Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) dürfte eine solche Verpflichtung richtigerweise nicht hergeleitet werden können, da dieser – auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris Rn. 28) – lediglich im durch das Klagebegehren vorgegebenen Rahmen besteht (vgl. § 88 VwGO). Nichts Anderes dürfte aus einem denkbaren Gegenschluss zu § 113 Abs. 3 VwGO folgen, da dieser auf Verpflichtungsklagen generell keine Anwendung findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.7.1998 – 9 C 45.97 –, BVerwGE 107, 128, juris Rn. 9, 11 ff.) und als Ausnahmeregelung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 8.10.2012 – 21 ZB 12.30312 –, juris, Rn. 8) kaum als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens angesehen werden kann. Angesichts dessen spricht vieles dafür, entgegen der o.g. Rechtsprechung (vgl. aber BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 36 m.w.N.) nicht das Absehen von einer Herbeiführung der Spruchreife durch das Verwaltungsgericht, sondern eine entsprechende Verpflichtung als rechtfertigungsbedürftig anzusehen. An einer solchen Rechtfertigung, die sich etwa aus der Gefahr einer unnötigen Doppelbeanspruchung der Gerichte ergeben kann, dürfte es jedenfalls dann fehlen, wenn der Kläger sein Klagebegehren bewusst auf einen bloßen Bescheidungsantrag beschränkt (§ 88 VwGO) und das so beschränkte Rechtsschutzbegehren für den Betroffenen weder nutzlos ist noch auf einfacherem und schnellerem Wege ohne Inanspruchnahme der Gerichte realisiert werden kann (vgl. Wittmann JuS 2017, 842 [843] sowie BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 24 m.w.N. zur allgemeinen Maßstabsbildung hinsichtlich des Rechtsschutzbedürfnisses). Von einer Nutzlosigkeit eines bloßen Bescheidungsantrags dürfte insbesondere dann nicht die Rede sein können, wenn – wie hier – das Bundesamt die erforderliche persönliche Anhörung bereits durchgeführt hat und aufgrund seiner ständigen Entscheidungspraxis eine berechtigte Erwartung der Zuerkennung zumindest des subsidiären Schutzstatus‘ auch ohne gerichtliche Spruchreifmachung besteht. Da vorliegend allerdings auch das seitens des Bundesverwaltungsgerichts geforderte „besondere“ Rechtsschutzinteresse gegeben ist, bedarf dies letztlich aber keiner weiteren Vertiefung. |
|
| cc) Das vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung geforderte besondere Rechtsschutzinteresse ergibt sich vorliegend sowohl aus der spezifischen Ausgestaltung des asylverfahrensrechtlichen Statusfeststellungsverfahrens [sogleich (1), (2)] als auch – unabhängig davon – der spezifischen Verfahrenskonstellation, in der sich der Kläger befindet [unten (3) – (5)]. |
|
| (1) Ein besonderes Interesse des Klägers, zunächst eine (Verwaltungs-)Entscheidung des Bundesamts zu erhalten und diese dann gegebenenfalls einer gerichtlichen Kontrolle zuzuführen, ergibt sich vorliegend schon aus der besonderen Sachkunde des Bundesamtes in Verbindung mit dessen Erstentscheidungsaufgabe und den Besonderheiten des Asylverfahrens (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –; VG Aachen, Urteil vom 17.12.2021 – 5 K 1858/21.A –, juris, Rn. 39 ff. sowie Polzin, DVBl. 2017, 551 [554]). Das Flüchtlingsrecht ist in besonderem Maß auf eine sorgsame verfahrensrechtliche Ausgestaltung angewiesen. Es fordert auch die Herstellung und Wahrung einer Kommunikationssituation, in der die besonderen Schwierigkeiten einer umfassenden Darlegung der Asylgründe überwunden werden können, und Möglichkeiten, in Fällen unzureichender Darlegung tatsächlich vorhandener Asylgründe das Vorbringen zu ergänzen und Missverständnisse auszuräumen. Insbesondere muss der Kläger aufgrund regelmäßig vorhandener Sprach- und Verständnisschwierigkeiten rechtzeitig Zugang zu dem Bericht über die persönliche Anhörung haben (vgl. Art. 14 Abs. 2 RL 2005/85/EG) und auch im Laufe des weiteren behördlichen Asylverfahrens die Möglichkeit haben, das bisherige Vorbringen zu ergänzen und Missverständnisse aufzuklären. Auch bei qualifizierten Dolmetschern besteht allein durch die Mediatisierung der Verständigung die Gefahr von Verständigungsmängeln. Diese müssen durch einen wirksamen Rechtsbehelf beseitigt werden können (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 38 und 42 ff. m. w. N.). Ob sich ein Kläger ausreichend verständlich machen konnte und ob er inhaltlich richtig verstanden wurde, kann er oft erst beurteilen, wenn seine Angaben aus der persönlichen Anhörung in einem Bescheid des Bundesamts bewertet werden. |
|
| (2) Unabhängig davon ist die Durchführung einer persönlichen Anhörung für den Betroffenen oftmals mit der Offenlegung von Umständen aus seinem persönlichen Lebensbereich verbunden, die etwa das Familien-, Beziehungs- und Sexualleben, seinen Gesundheitszustand sowie weltanschauliche, religiöse und politische Einstellungen betreffen, mithin von Umständen, die unbeteiligten Dritten nicht ohne Weiteres zugänglich sind und Schutz vor dem Einblick Außenstehender verdienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.3.2021 – 1 C 41.20 –, juris, Rn. 27). Art. 15 Abs. 2 der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU sieht daher vor, dass eine persönliche Anhörung im behördlichen Asylverfahren unter Bedingungen erfolgt, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten. Diese Anhörung findet nach Art. 15 Abs. 1 RL 2013/32/EU in der Regel selbst unter Ausschluss der Anwesenheit von Familienangehörigen statt, soweit nicht die Asylbehörde deren Anwesenheit zwecks einer angemessenen Prüfung für erforderlich hält. Auch die Anwesenheit Dritter steht nach Art. 15 Abs. 2 RL 2013/32/EU unter dem Vorbehalt der Gewährleistung angemessener Vertraulichkeit und setzt nach Art. 15 Abs. 4 RL 2013/32/EU zudem voraus, dass die Mitgliedstaaten entsprechende Vorschriften über die Anwesenheit Dritter bei der persönlichen Anhörung erlassen. Demgegenüber ist die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG grundsätzlich öffentlich, wobei ein Ausschluss der Öffentlichkeit im Interesse des Schutzguts der öffentlichen Kontrolle der Gerichte nach § 171b Abs. 1 Satz 1 und 2 GVG nur dann in Betracht kommt, soweit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde, und – kumulativ – das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände nicht überwiegt. Diese unterschiedliche Ausgestaltung des grundsätzlich nichtöffentlich ausgestalteten Anerkennungsverfahrens vor dem Bundesamt und des auf die Überprüfung der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung gerichteten, grundsätzlich öffentlichen Gerichtsverfahrens gebietet es, ein berechtigtes Interesse des Schutzsuchenden an der Vermeidung einer erneuten Erörterung seiner höchstpersönlichen Belange im Rahmen eines Klageverfahrens jedenfalls so lange anzuerkennen, wie er sein materielles Rechtsschutzbegehren auf Anerkennung als Asyl- oder international Schutzberechtigter auch durch Fortsetzung des nicht abgeschlossenen behördlichen Asylverfahrens noch verwirklichen kann (ähnlich VG Dresden, Urteil vom 23.11.2018 – 12 K 5750/17.A –, juris, Rn. 14). |
|
| (3) Darüber hinaus beruht die Untätigkeit des Bundesamts im vorliegenden Fall ersichtlich auf dem Umstand, dass es von der Unzulässigkeit des Asylantrags des Klägers im Hinblick auf die bereits erfolgte Schutzgewährung durch die Hellenische Republik Griechenland ausgeht, sich an einer (erneuten) Unzulässigkeitsentscheidung nach Maßgabe des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 33 RL 2013/32/EU aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Folgen systemischer Mängel der Aufnahmebedingungen für anerkannte Schutzberechtigte (vgl. EuGH, Beschluss vom 13.11.2019 – C-540/17 und C-541/17 [Hamed u.a.] –, juris, Rn. 35) gehindert sieht. Die seitens der Beklagten geltend gemachte Notwendigkeit der weiteren Sachverhaltsaufklärung durch das Bundesamt bezieht sich daher weiterhin auf die Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrags, die auch die jüngere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als eigenständigen Verfahrensschritt einer mehrstufigen Prüfung bewertet (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 1.6.2017 – 1 C 9.17 –, juris Rn. 18 f.). Im Fall einer tatsächlichen (erneuten) Ablehnung des Asylantrags als unzulässig verwehrt die Rechtsprechung Asylsuchenden eine unmittelbar auf Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung eines Schutzstatus gerichtete Klage daher unabhängig davon, ob eine (vorsorgliche) Anhörung durch das Bundesamt bereits erfolgt ist oder eine Anhörung des Betroffenen jedenfalls im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2017 – 1 C 9.17 –, juris, Rn. 15 und vom 1.6.2017 – 1 C 9.17 –, juris Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.2.2021 – A 12 S 2583/18 –, juris, Rn. 28). Entsprechendes muss aber dann gelten, wenn das Bundesamt im Hinblick auf das vermeintliche Vorliegen von Unzulässigkeitsgründen oder möglicherweise demnächst eintretende Unzulässigkeitsgründe von einer Sachentscheidung absieht, ohne den Antrag förmlich als unzulässig abzulehnen. Insoweit entspricht die Situation des Asylbewerbers strukturell der Situation eines „steckengebliebenen“ Genehmigungsverfahrens, in dem auch das Bundesverwaltungsgericht es nicht als Aufgabe der Gerichte ansieht, die Sachaufklärung in allen Einzelheiten zu betreiben (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.9.2016 – 4 C 6.15 –, BVerwGE 156, 136, juris Rn. 47 und vom 14.4.1989 – 4 C 52.87 –, juris, Rn. 18). Zwar ist die Komplexität auch eines aufwändigen Asylverfahrens nicht mit einem – insbesondere technisch – komplexen Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren vergleichbar. Die für die Annahme eines „besonderen“ Rechtsschutzbedürfnisses erforderlichen Gründe für eine reine Bescheidungsklage müssen nach Art und Gewicht jedoch lediglich hinreichen, um ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschränkung des Klageantrags annehmen zu können, eine solche aber nicht notwendigerweise gebieten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris Rn. 31). |
|
| (4) Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht schneller oder effizienter als durch das Bundesamt abgeschlossen werden kann (vgl. zu diesem Einwand schon Schenke, DÖV 1996, 529 [540]). Denn Asylantragstellern, die im Hinblick auf das Herkunftsland Syrien Verfolgung geltend machen, wird nach der aktuellen Entscheidungspraxis des Bundesamts – vorbehaltlich des Vorliegens von Ausschlussgründen – ausnahmslos jedenfalls subsidiärer Schutz gewährt, mit dem sich Betroffene in vielen Fällen begnügen (vgl. auch zu diesem Aspekt VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –; VG Aachen, Urteil vom 17.12.2021 – 5 K 1858/21.A –, juris, Rn. 44). Demgegenüber könnte eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts, die eine individuelle Überzeugungsbildung des oder der erkennenden Richter voraussetzt (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), regelmäßig nur nach erneuter persönlicher Anhörung des Betroffenen ergehen (dies übersehend Brauer jM 2018, 429 [430]), die zur Wahrung der in Art. 15 RL 2013/32/EU niedergelegten besonderen Vertraulichkeitsgarantien zudem gegebenenfalls unter besonderen Vorkehrungen außerhalb der mündlichen Verhandlung oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden müsste (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.3.2021 – 1 C 41.20 –, juris, Rn. 26 f.). Sie wäre daher gegenüber einem bloßen Bescheidungsurteil gegebenenfalls mit weiteren Verzögerungen verbunden, an deren Vermeidung der Betroffene ein anerkennenswertes Interesse hat. |
|
| (5) Auch wenn der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtlich durchsetzen wollte, wäre ihm entsprechender Rechtsschutz im Falle eines „Durchentscheidens“ des Gerichts erschwert. Denn wenn das Gericht erstmals über die Begründetheit des Asylantrags entscheidet, könnte der Kläger die asylrechtliche Entscheidung des Gerichts nur in den in § 78 Abs. 3 AsylG bezeichneten Fällen durch die nächste Instanz überprüfen lassen. Dadurch könnte es für einen Kläger, über dessen Asylantrag erstmals durch Urteil entschieden wird, schwerer sein, als Flüchtling anerkannt zu werden, als für einen Kläger, dem vorher durch das Bundesamt der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist und der ohne Einschränkungen Klage auf Anerkennung als Flüchtling erheben kann. Hinzu kommt, dass ein Kläger, dem bereits der subsidiäre Schutzstatus durch das Bundesamt zuerkannt worden ist, mit einem entsprechend gesicherten aufenthaltsrechtlichen Status die sogenannte „Aufstockungsklage“ erheben kann (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –; VG Aachen, Urteil vom 17.12.2021 – 5 K 1858/21.A –, juris, Rn. 44), während der Aufenthalt eines Asylerstantragstellers während des Asylverfahrens in der Regel lediglich „gestattet“ ist (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG). |
|
| (dd) Ein besonderes Rechtsschutzinteresse an einer bloßen Bescheidungsklage liegt daher vor (so auch VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –; VG Aachen, Urteil vom 17.12.2021 – 5 K 1858/21.A –, juris, Rn. 39 ff.; VG Dresden, Urteil vom 23.11. 2018 – 12 K 5750/17.A –, juris, Rn. 14; a.A. Brauer jM 2018, 429 [430], VG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 19.1.2021 – A 10 K 3353/20 –, juris, Rn. 17 für einen Palästinenser aus den autonomen Palästinensergebieten sowie VG München, Beschluss vom 2.1.2019 – M 30 K 18.34421 –, juris, Rn. 7 f. bei Klageerhebung vor Ablauf einer vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist). |
|
| 2. Demgegenüber liegt im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein zureichender Grund für ein Ausbleiben der Entscheidung des Bundesamts (mehr) vor, so dass das Verfahren nicht gemäß § 75 Satz 3 VwGO unter Setzung einer Entscheidungsfrist auszusetzen ist. |
|
| a) Ob ein zureichender Grund für die Verzögerung vorliegt, beurteilt sich nach objektiven Gesichtspunkten. Dabei ist neben den vielfältigen Umständen, die eine verzögerte behördliche Entscheidung dem Grunde nach rechtfertigen können, auch die Dringlichkeit der Angelegenheit für den Kläger zu berücksichtigen. Als mögliche zureichende Gründe für eine Verzögerung, die ihrerseits mit der Rechtsordnung im Einklang stehen müssen, können insoweit ein besonderer Umfang und besondere Schwierigkeiten der Sachaufklärung oder die außergewöhnliche Belastung einer Behörde, auf die durch organisatorische Maßnahmen nicht kurzfristig reagiert werden kann, anzusehen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 16 m. w. N.). Bis zu welchem Zeitpunkt die Frist für eine Entscheidung über einen Asylantrag danach noch als angemessen zu bewerten ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (vgl. ausführlich VG Osnabrück, Urteil vom 14.10.2015 – 5 A 390/15 –, juris, Rn. 26 ff.). Bei alldem ist aber dem asylrechtlichen Beschleunigungsgebot Rechnung zu tragen, für das sich aus Art. 31 Abs. 3 bis 5 der Richtlinie 2013/32/EU – auch ohne Umsetzung in das nationale Recht – mit Blick auf § 75 Satz 3 VwGO Orientierungspunkte ergeben. Hiernach bedarf die Überschreitung einer Frist von sechs Monaten grundsätzlich einer besonderen Rechtfertigung (vgl. insoweit im Übrigen auch § 24 Abs. 4 AsylG). Außerdem gilt die in Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU genannte absolute Höchstgrenze von 21 Monaten ab Antragstellung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 20). |
|
| b) Unter Berücksichtigung dieser Leitlinien liegt kein zureichender Grund im Sinne von § 75 Satz 3 VwGO für die Verzögerung seit dem Eingang des Asylantrags des Klägers (mehr) vor. Zwar hatte das Bundesamt zunächst über diesen Antrag entschieden und den Asylantrag des Klägers aufgrund der bereits erfolgten Schutzgewährung in Griechenland wiederholt als unzulässig abgelehnt; aufgrund der im Stadium der Zulässigkeitsprüfung des Antrags bereits verbrachten Zeiträume wäre es jedoch jedenfalls nach Erledigung der Unzulässigkeitsentscheidung vom 7. Juni 2019 (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG) und rechtskräftiger Aufhebung der weiteren Unzulässigkeitsentscheidung vom 21. Februar 2020 mit Urteil vom 23. Oktober 2020 gehalten gewesen, das Asylverfahren des Klägers mit besonderem Nachdruck zu betreiben. Insoweit hat die Beklagte – soweit nach Aktenlage ersichtlich – jedoch zu keinem Zeitpunkt individuelle Bemühungen um eine Sachverhaltsaufklärung entfaltet, die seitens des Bevollmächtigten des Klägers gesetzte Frist ungenutzt verstreichen lassen, keinen erneuten Termin zur Anhörung des Klägers bestimmt und auch im gerichtlichen Verfahren keine individuellen Hinderungsgründe benannt. Auch hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Hinblick auf besonderen Aufklärungsbedarf keine Aussetzungsentscheidung nach § 11a AsylG getroffen. Die bloße Hoffnung, dass eine Überstellung nach Griechenland in Zukunft aufgrund einer veränderten Sachlage wieder ohne Verletzung von Art. 3 EMRK möglich werden könnte, kann eine Untätigkeit der Beklagten jedenfalls dann nicht rechtfertigen, wenn für eine alsbaldige Änderung der Sachlage keine konkreten Anhaltspunkte bestehen (vgl. im Gegenteil jüngst VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.1.2022 – A 4 S 2443/21 –, juris; OVG Bremen, Urteil vom 16.11.2021 – 1 LB 371/21 –, juris). Dies gilt um so mehr, als seit Stellung der Asylanträge im Mai 2018 ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist, der die absolute Höchstgrenze von 21 Monaten deutlich überschreitet, und die Beklagte einen konkreten Entscheidungstermin auch weiterhin nicht ins Auge fasst. |
|
| 3. Die Klage ist auch begründet, da der Anspruch des Klägers auf eine Entscheidung über seinen Asylantrag aus §§ 3 ff. AsylG i.V.m. § 31 AsylG folgt. Da der Kläger sein Rechtsschutzbegehren in zulässiger Weise auf einen bloßen Bescheidungsausspruch beschränkt hat, kommt ein „Durchentscheiden“ unter Herbeiführung der Spruchreife vorliegend nicht in Betracht (§ 88 VwGO). |
|
| Es ist nicht erforderlich, der Beklagten eine Frist für die Entscheidung über den Asylantrag zu setzen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 56 f.; Wittmann JuS 2017, 842 [846]). Denn § 75 VwGO sieht eine Fristsetzung ausdrücklich nur in den Fällen vor, in denen ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung besteht. Besteht ein solcher Grund nicht, ist die Behörde nach Ablauf der angemessenen Entscheidungsfrist nach § 75 Satz 1 VwGO gehalten, unverzüglich zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 57). |
|
| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Von einem nur hinsichtlich der Kosten zulässigen Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils sieht das Verwaltungsgericht ab (§ 167 Abs. 2 VwGO). |
|
| |
| |
| Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO) sowie ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). In Ausübung des durch beide Vorschriften bei Vorliegen ihrer jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens erscheint eine Befassung der Kammer nicht angezeigt, da die Entscheidung der bisherigen Spruchpraxis der Kammermitglieder entspricht (vgl. – mit knapperer Begründung – zuletzt VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –) und eine mögliche Abweichung der Rechtsauffassung des Berichterstatters von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts [vgl. unten II. 2. b) aa), bb)] jedenfalls nicht entscheidungserheblich wäre. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erscheint vorliegend nicht geboten, da der im Hinblick auf den beschränkten Klageantrag entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist und eine weitere Förderung des Verfahrens in mündlicher Verhandlung nicht zu erwarten ist. |
|
| Die auf Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag des Klägers gerichtete Klage ist zulässig (sogleich II. 1.). Da die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht vorliegen (unten II. 2.) und die Beklagte zur Bescheidung über den Asylantrag des Klägers verpflichtet ist (unten II. 3.), hat die Klage auch in der Sache Erfolg. |
|
| 1. Die Klage ist als Bescheidungsuntätigkeitsklage zulässig. |
|
| a) Insbesondere ist sie als Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage in Form der Untätigkeitsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 3 i.V.m. § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Dass eine grundsätzlich auf den Erlass eines Verwaltungsakts mit einem bestimmten Inhalt gerichtete Verpflichtungsklage auf einen bloßen Bescheidungsanspruch beschränkt werden kann, ist in der Sache unstrittig (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris Rn. 26; Pietzcker/Marsch, in: Schoch/Scheider, VwGO, 41. EL Juli 2021, § 42 Abs. 1 VwGO Rn. 101; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 451 m.w.N.); fraglich ist insoweit alleine, unter welchen Voraussetzungen auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine solchermaßen beschränkte Klage bejaht werden kann [vgl. hierzu unten II. 1. b)]. Ferner liegen auch die Voraussetzungen des § 75 Satz 2 VwGO vor, da der Kläger seinen Asylantrag bereits im Mai 2019 gestellt hat, so dass die gesetzliche Drei-Monats-Sperrfrist bei Klageerhebung verstrichen war (vgl. zur Bedeutung der Sperrfrist BVerwG, Urteile vom 11.7. 2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris Rn. 14 und vom 22.5.1987 – 4 C 30.86 –, juris Rn. 12; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.8.1996 – 8 S 269/96 –, juris Rn. 20; Wittmann JuS 2017, 842 [844]). |
|
| b) Auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine bloße Bescheidungsklage liegt vor. |
|
| aa) Allerdings geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Untätigkeitsklage im Regelfall nur im Hinblick auf eine auf Vornahme gerichtete Verpflichtungsklage besteht, wohingegen eine Beschränkung auf eine Bescheidungsuntätigkeitsklage eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses bedürfen soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 22 ff. m.w.N.). Die Gründe für eine reine Bescheidungsklage müssen dieser Rechtsprechung zufolge nach Art und Gewicht hinreichen, um ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschränkung annehmen zu können. Dies kann schon dann der Fall sein, wenn sie eine Bescheidungsklage rechtfertigen, und erfordern nicht notwendig, dass sie diese Beschränkung gebieten (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 31). Im Kontext einer auf Bescheidung eines Asylantrags gerichteten Untätigkeitsklage hat das Bundesverwaltungsgericht ein derart besonderes Rechtsschutzbedürfnis bislang in Fällen bejaht, in denen eine persönliche Anhörung noch nicht erfolgt war. Ob der Antrag auch in Fällen, in denen eine Anhörung zu den Fluchtgründen erfolgt ist, auf eine Bescheidung beschränkt werden kann oder sogar muss, hat es demgegenüber ausdrücklich offen gelassen (vgl. BVerwG, ebd.). |
|
| bb) Vorliegend kann offen bleiben, ob den dieser – allerdings langjährigen – Rechtsprechungslinie zugrundeliegenden rechtlichen Prämissen und den hieraus für den Spezialfall der Untätigkeitsbescheidungsklage gezogenen Schlussfolgerungen uneingeschränkt gefolgt werden kann. Hiergegen könnte insbesondere sprechen, dass der zur Begründung angeführte § 113 Abs. 5 VwGO (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 28) seinem Wortlaut nach gerade keine Pflicht des Verwaltungsgerichts begründet, eine nicht entscheidungsreife Rechtssache spruchreif zu machen; er sieht einen (unbedingten) Verpflichtungsausspruch vielmehr gerade nur dann vor, „wenn“ die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Andernfalls spricht das Verwaltungsgericht die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Auch aus dem Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) dürfte eine solche Verpflichtung richtigerweise nicht hergeleitet werden können, da dieser – auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris Rn. 28) – lediglich im durch das Klagebegehren vorgegebenen Rahmen besteht (vgl. § 88 VwGO). Nichts Anderes dürfte aus einem denkbaren Gegenschluss zu § 113 Abs. 3 VwGO folgen, da dieser auf Verpflichtungsklagen generell keine Anwendung findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.7.1998 – 9 C 45.97 –, BVerwGE 107, 128, juris Rn. 9, 11 ff.) und als Ausnahmeregelung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 8.10.2012 – 21 ZB 12.30312 –, juris, Rn. 8) kaum als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens angesehen werden kann. Angesichts dessen spricht vieles dafür, entgegen der o.g. Rechtsprechung (vgl. aber BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 36 m.w.N.) nicht das Absehen von einer Herbeiführung der Spruchreife durch das Verwaltungsgericht, sondern eine entsprechende Verpflichtung als rechtfertigungsbedürftig anzusehen. An einer solchen Rechtfertigung, die sich etwa aus der Gefahr einer unnötigen Doppelbeanspruchung der Gerichte ergeben kann, dürfte es jedenfalls dann fehlen, wenn der Kläger sein Klagebegehren bewusst auf einen bloßen Bescheidungsantrag beschränkt (§ 88 VwGO) und das so beschränkte Rechtsschutzbegehren für den Betroffenen weder nutzlos ist noch auf einfacherem und schnellerem Wege ohne Inanspruchnahme der Gerichte realisiert werden kann (vgl. Wittmann JuS 2017, 842 [843] sowie BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 24 m.w.N. zur allgemeinen Maßstabsbildung hinsichtlich des Rechtsschutzbedürfnisses). Von einer Nutzlosigkeit eines bloßen Bescheidungsantrags dürfte insbesondere dann nicht die Rede sein können, wenn – wie hier – das Bundesamt die erforderliche persönliche Anhörung bereits durchgeführt hat und aufgrund seiner ständigen Entscheidungspraxis eine berechtigte Erwartung der Zuerkennung zumindest des subsidiären Schutzstatus‘ auch ohne gerichtliche Spruchreifmachung besteht. Da vorliegend allerdings auch das seitens des Bundesverwaltungsgerichts geforderte „besondere“ Rechtsschutzinteresse gegeben ist, bedarf dies letztlich aber keiner weiteren Vertiefung. |
|
| cc) Das vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung geforderte besondere Rechtsschutzinteresse ergibt sich vorliegend sowohl aus der spezifischen Ausgestaltung des asylverfahrensrechtlichen Statusfeststellungsverfahrens [sogleich (1), (2)] als auch – unabhängig davon – der spezifischen Verfahrenskonstellation, in der sich der Kläger befindet [unten (3) – (5)]. |
|
| (1) Ein besonderes Interesse des Klägers, zunächst eine (Verwaltungs-)Entscheidung des Bundesamts zu erhalten und diese dann gegebenenfalls einer gerichtlichen Kontrolle zuzuführen, ergibt sich vorliegend schon aus der besonderen Sachkunde des Bundesamtes in Verbindung mit dessen Erstentscheidungsaufgabe und den Besonderheiten des Asylverfahrens (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –; VG Aachen, Urteil vom 17.12.2021 – 5 K 1858/21.A –, juris, Rn. 39 ff. sowie Polzin, DVBl. 2017, 551 [554]). Das Flüchtlingsrecht ist in besonderem Maß auf eine sorgsame verfahrensrechtliche Ausgestaltung angewiesen. Es fordert auch die Herstellung und Wahrung einer Kommunikationssituation, in der die besonderen Schwierigkeiten einer umfassenden Darlegung der Asylgründe überwunden werden können, und Möglichkeiten, in Fällen unzureichender Darlegung tatsächlich vorhandener Asylgründe das Vorbringen zu ergänzen und Missverständnisse auszuräumen. Insbesondere muss der Kläger aufgrund regelmäßig vorhandener Sprach- und Verständnisschwierigkeiten rechtzeitig Zugang zu dem Bericht über die persönliche Anhörung haben (vgl. Art. 14 Abs. 2 RL 2005/85/EG) und auch im Laufe des weiteren behördlichen Asylverfahrens die Möglichkeit haben, das bisherige Vorbringen zu ergänzen und Missverständnisse aufzuklären. Auch bei qualifizierten Dolmetschern besteht allein durch die Mediatisierung der Verständigung die Gefahr von Verständigungsmängeln. Diese müssen durch einen wirksamen Rechtsbehelf beseitigt werden können (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 38 und 42 ff. m. w. N.). Ob sich ein Kläger ausreichend verständlich machen konnte und ob er inhaltlich richtig verstanden wurde, kann er oft erst beurteilen, wenn seine Angaben aus der persönlichen Anhörung in einem Bescheid des Bundesamts bewertet werden. |
|
| (2) Unabhängig davon ist die Durchführung einer persönlichen Anhörung für den Betroffenen oftmals mit der Offenlegung von Umständen aus seinem persönlichen Lebensbereich verbunden, die etwa das Familien-, Beziehungs- und Sexualleben, seinen Gesundheitszustand sowie weltanschauliche, religiöse und politische Einstellungen betreffen, mithin von Umständen, die unbeteiligten Dritten nicht ohne Weiteres zugänglich sind und Schutz vor dem Einblick Außenstehender verdienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.3.2021 – 1 C 41.20 –, juris, Rn. 27). Art. 15 Abs. 2 der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU sieht daher vor, dass eine persönliche Anhörung im behördlichen Asylverfahren unter Bedingungen erfolgt, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten. Diese Anhörung findet nach Art. 15 Abs. 1 RL 2013/32/EU in der Regel selbst unter Ausschluss der Anwesenheit von Familienangehörigen statt, soweit nicht die Asylbehörde deren Anwesenheit zwecks einer angemessenen Prüfung für erforderlich hält. Auch die Anwesenheit Dritter steht nach Art. 15 Abs. 2 RL 2013/32/EU unter dem Vorbehalt der Gewährleistung angemessener Vertraulichkeit und setzt nach Art. 15 Abs. 4 RL 2013/32/EU zudem voraus, dass die Mitgliedstaaten entsprechende Vorschriften über die Anwesenheit Dritter bei der persönlichen Anhörung erlassen. Demgegenüber ist die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG grundsätzlich öffentlich, wobei ein Ausschluss der Öffentlichkeit im Interesse des Schutzguts der öffentlichen Kontrolle der Gerichte nach § 171b Abs. 1 Satz 1 und 2 GVG nur dann in Betracht kommt, soweit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde, und – kumulativ – das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände nicht überwiegt. Diese unterschiedliche Ausgestaltung des grundsätzlich nichtöffentlich ausgestalteten Anerkennungsverfahrens vor dem Bundesamt und des auf die Überprüfung der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung gerichteten, grundsätzlich öffentlichen Gerichtsverfahrens gebietet es, ein berechtigtes Interesse des Schutzsuchenden an der Vermeidung einer erneuten Erörterung seiner höchstpersönlichen Belange im Rahmen eines Klageverfahrens jedenfalls so lange anzuerkennen, wie er sein materielles Rechtsschutzbegehren auf Anerkennung als Asyl- oder international Schutzberechtigter auch durch Fortsetzung des nicht abgeschlossenen behördlichen Asylverfahrens noch verwirklichen kann (ähnlich VG Dresden, Urteil vom 23.11.2018 – 12 K 5750/17.A –, juris, Rn. 14). |
|
| (3) Darüber hinaus beruht die Untätigkeit des Bundesamts im vorliegenden Fall ersichtlich auf dem Umstand, dass es von der Unzulässigkeit des Asylantrags des Klägers im Hinblick auf die bereits erfolgte Schutzgewährung durch die Hellenische Republik Griechenland ausgeht, sich an einer (erneuten) Unzulässigkeitsentscheidung nach Maßgabe des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 33 RL 2013/32/EU aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Folgen systemischer Mängel der Aufnahmebedingungen für anerkannte Schutzberechtigte (vgl. EuGH, Beschluss vom 13.11.2019 – C-540/17 und C-541/17 [Hamed u.a.] –, juris, Rn. 35) gehindert sieht. Die seitens der Beklagten geltend gemachte Notwendigkeit der weiteren Sachverhaltsaufklärung durch das Bundesamt bezieht sich daher weiterhin auf die Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrags, die auch die jüngere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als eigenständigen Verfahrensschritt einer mehrstufigen Prüfung bewertet (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 1.6.2017 – 1 C 9.17 –, juris Rn. 18 f.). Im Fall einer tatsächlichen (erneuten) Ablehnung des Asylantrags als unzulässig verwehrt die Rechtsprechung Asylsuchenden eine unmittelbar auf Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung eines Schutzstatus gerichtete Klage daher unabhängig davon, ob eine (vorsorgliche) Anhörung durch das Bundesamt bereits erfolgt ist oder eine Anhörung des Betroffenen jedenfalls im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden könnte (vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2017 – 1 C 9.17 –, juris, Rn. 15 und vom 1.6.2017 – 1 C 9.17 –, juris Rn. 19; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.2.2021 – A 12 S 2583/18 –, juris, Rn. 28). Entsprechendes muss aber dann gelten, wenn das Bundesamt im Hinblick auf das vermeintliche Vorliegen von Unzulässigkeitsgründen oder möglicherweise demnächst eintretende Unzulässigkeitsgründe von einer Sachentscheidung absieht, ohne den Antrag förmlich als unzulässig abzulehnen. Insoweit entspricht die Situation des Asylbewerbers strukturell der Situation eines „steckengebliebenen“ Genehmigungsverfahrens, in dem auch das Bundesverwaltungsgericht es nicht als Aufgabe der Gerichte ansieht, die Sachaufklärung in allen Einzelheiten zu betreiben (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.9.2016 – 4 C 6.15 –, BVerwGE 156, 136, juris Rn. 47 und vom 14.4.1989 – 4 C 52.87 –, juris, Rn. 18). Zwar ist die Komplexität auch eines aufwändigen Asylverfahrens nicht mit einem – insbesondere technisch – komplexen Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren vergleichbar. Die für die Annahme eines „besonderen“ Rechtsschutzbedürfnisses erforderlichen Gründe für eine reine Bescheidungsklage müssen nach Art und Gewicht jedoch lediglich hinreichen, um ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschränkung des Klageantrags annehmen zu können, eine solche aber nicht notwendigerweise gebieten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris Rn. 31). |
|
| (4) Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht schneller oder effizienter als durch das Bundesamt abgeschlossen werden kann (vgl. zu diesem Einwand schon Schenke, DÖV 1996, 529 [540]). Denn Asylantragstellern, die im Hinblick auf das Herkunftsland Syrien Verfolgung geltend machen, wird nach der aktuellen Entscheidungspraxis des Bundesamts – vorbehaltlich des Vorliegens von Ausschlussgründen – ausnahmslos jedenfalls subsidiärer Schutz gewährt, mit dem sich Betroffene in vielen Fällen begnügen (vgl. auch zu diesem Aspekt VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –; VG Aachen, Urteil vom 17.12.2021 – 5 K 1858/21.A –, juris, Rn. 44). Demgegenüber könnte eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts, die eine individuelle Überzeugungsbildung des oder der erkennenden Richter voraussetzt (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), regelmäßig nur nach erneuter persönlicher Anhörung des Betroffenen ergehen (dies übersehend Brauer jM 2018, 429 [430]), die zur Wahrung der in Art. 15 RL 2013/32/EU niedergelegten besonderen Vertraulichkeitsgarantien zudem gegebenenfalls unter besonderen Vorkehrungen außerhalb der mündlichen Verhandlung oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden müsste (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.3.2021 – 1 C 41.20 –, juris, Rn. 26 f.). Sie wäre daher gegenüber einem bloßen Bescheidungsurteil gegebenenfalls mit weiteren Verzögerungen verbunden, an deren Vermeidung der Betroffene ein anerkennenswertes Interesse hat. |
|
| (5) Auch wenn der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtlich durchsetzen wollte, wäre ihm entsprechender Rechtsschutz im Falle eines „Durchentscheidens“ des Gerichts erschwert. Denn wenn das Gericht erstmals über die Begründetheit des Asylantrags entscheidet, könnte der Kläger die asylrechtliche Entscheidung des Gerichts nur in den in § 78 Abs. 3 AsylG bezeichneten Fällen durch die nächste Instanz überprüfen lassen. Dadurch könnte es für einen Kläger, über dessen Asylantrag erstmals durch Urteil entschieden wird, schwerer sein, als Flüchtling anerkannt zu werden, als für einen Kläger, dem vorher durch das Bundesamt der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist und der ohne Einschränkungen Klage auf Anerkennung als Flüchtling erheben kann. Hinzu kommt, dass ein Kläger, dem bereits der subsidiäre Schutzstatus durch das Bundesamt zuerkannt worden ist, mit einem entsprechend gesicherten aufenthaltsrechtlichen Status die sogenannte „Aufstockungsklage“ erheben kann (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –; VG Aachen, Urteil vom 17.12.2021 – 5 K 1858/21.A –, juris, Rn. 44), während der Aufenthalt eines Asylerstantragstellers während des Asylverfahrens in der Regel lediglich „gestattet“ ist (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG). |
|
| (dd) Ein besonderes Rechtsschutzinteresse an einer bloßen Bescheidungsklage liegt daher vor (so auch VG Karlsruhe, Urteil vom 31.1.2022 – A 8 K 2397/21 –; VG Aachen, Urteil vom 17.12.2021 – 5 K 1858/21.A –, juris, Rn. 39 ff.; VG Dresden, Urteil vom 23.11. 2018 – 12 K 5750/17.A –, juris, Rn. 14; a.A. Brauer jM 2018, 429 [430], VG Freiburg, Gerichtsbescheid vom 19.1.2021 – A 10 K 3353/20 –, juris, Rn. 17 für einen Palästinenser aus den autonomen Palästinensergebieten sowie VG München, Beschluss vom 2.1.2019 – M 30 K 18.34421 –, juris, Rn. 7 f. bei Klageerhebung vor Ablauf einer vom Bundesamt gesetzten Anhörungsfrist). |
|
| 2. Demgegenüber liegt im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein zureichender Grund für ein Ausbleiben der Entscheidung des Bundesamts (mehr) vor, so dass das Verfahren nicht gemäß § 75 Satz 3 VwGO unter Setzung einer Entscheidungsfrist auszusetzen ist. |
|
| a) Ob ein zureichender Grund für die Verzögerung vorliegt, beurteilt sich nach objektiven Gesichtspunkten. Dabei ist neben den vielfältigen Umständen, die eine verzögerte behördliche Entscheidung dem Grunde nach rechtfertigen können, auch die Dringlichkeit der Angelegenheit für den Kläger zu berücksichtigen. Als mögliche zureichende Gründe für eine Verzögerung, die ihrerseits mit der Rechtsordnung im Einklang stehen müssen, können insoweit ein besonderer Umfang und besondere Schwierigkeiten der Sachaufklärung oder die außergewöhnliche Belastung einer Behörde, auf die durch organisatorische Maßnahmen nicht kurzfristig reagiert werden kann, anzusehen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 16 m. w. N.). Bis zu welchem Zeitpunkt die Frist für eine Entscheidung über einen Asylantrag danach noch als angemessen zu bewerten ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (vgl. ausführlich VG Osnabrück, Urteil vom 14.10.2015 – 5 A 390/15 –, juris, Rn. 26 ff.). Bei alldem ist aber dem asylrechtlichen Beschleunigungsgebot Rechnung zu tragen, für das sich aus Art. 31 Abs. 3 bis 5 der Richtlinie 2013/32/EU – auch ohne Umsetzung in das nationale Recht – mit Blick auf § 75 Satz 3 VwGO Orientierungspunkte ergeben. Hiernach bedarf die Überschreitung einer Frist von sechs Monaten grundsätzlich einer besonderen Rechtfertigung (vgl. insoweit im Übrigen auch § 24 Abs. 4 AsylG). Außerdem gilt die in Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU genannte absolute Höchstgrenze von 21 Monaten ab Antragstellung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 20). |
|
| b) Unter Berücksichtigung dieser Leitlinien liegt kein zureichender Grund im Sinne von § 75 Satz 3 VwGO für die Verzögerung seit dem Eingang des Asylantrags des Klägers (mehr) vor. Zwar hatte das Bundesamt zunächst über diesen Antrag entschieden und den Asylantrag des Klägers aufgrund der bereits erfolgten Schutzgewährung in Griechenland wiederholt als unzulässig abgelehnt; aufgrund der im Stadium der Zulässigkeitsprüfung des Antrags bereits verbrachten Zeiträume wäre es jedoch jedenfalls nach Erledigung der Unzulässigkeitsentscheidung vom 7. Juni 2019 (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG) und rechtskräftiger Aufhebung der weiteren Unzulässigkeitsentscheidung vom 21. Februar 2020 mit Urteil vom 23. Oktober 2020 gehalten gewesen, das Asylverfahren des Klägers mit besonderem Nachdruck zu betreiben. Insoweit hat die Beklagte – soweit nach Aktenlage ersichtlich – jedoch zu keinem Zeitpunkt individuelle Bemühungen um eine Sachverhaltsaufklärung entfaltet, die seitens des Bevollmächtigten des Klägers gesetzte Frist ungenutzt verstreichen lassen, keinen erneuten Termin zur Anhörung des Klägers bestimmt und auch im gerichtlichen Verfahren keine individuellen Hinderungsgründe benannt. Auch hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Hinblick auf besonderen Aufklärungsbedarf keine Aussetzungsentscheidung nach § 11a AsylG getroffen. Die bloße Hoffnung, dass eine Überstellung nach Griechenland in Zukunft aufgrund einer veränderten Sachlage wieder ohne Verletzung von Art. 3 EMRK möglich werden könnte, kann eine Untätigkeit der Beklagten jedenfalls dann nicht rechtfertigen, wenn für eine alsbaldige Änderung der Sachlage keine konkreten Anhaltspunkte bestehen (vgl. im Gegenteil jüngst VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.1.2022 – A 4 S 2443/21 –, juris; OVG Bremen, Urteil vom 16.11.2021 – 1 LB 371/21 –, juris). Dies gilt um so mehr, als seit Stellung der Asylanträge im Mai 2018 ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist, der die absolute Höchstgrenze von 21 Monaten deutlich überschreitet, und die Beklagte einen konkreten Entscheidungstermin auch weiterhin nicht ins Auge fasst. |
|
| 3. Die Klage ist auch begründet, da der Anspruch des Klägers auf eine Entscheidung über seinen Asylantrag aus §§ 3 ff. AsylG i.V.m. § 31 AsylG folgt. Da der Kläger sein Rechtsschutzbegehren in zulässiger Weise auf einen bloßen Bescheidungsausspruch beschränkt hat, kommt ein „Durchentscheiden“ unter Herbeiführung der Spruchreife vorliegend nicht in Betracht (§ 88 VwGO). |
|
| Es ist nicht erforderlich, der Beklagten eine Frist für die Entscheidung über den Asylantrag zu setzen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 56 f.; Wittmann JuS 2017, 842 [846]). Denn § 75 VwGO sieht eine Fristsetzung ausdrücklich nur in den Fällen vor, in denen ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung besteht. Besteht ein solcher Grund nicht, ist die Behörde nach Ablauf der angemessenen Entscheidungsfrist nach § 75 Satz 1 VwGO gehalten, unverzüglich zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 – 1 C 18.17 –, BVerwGE 162, 331, juris, Rn. 57). |
|
| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Von einem nur hinsichtlich der Kosten zulässigen Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils sieht das Verwaltungsgericht ab (§ 167 Abs. 2 VwGO). |
|
| |