Urteil vom Verwaltungsgericht Mainz (1. Kammer) - 1 K 1209/18.MZ

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer unbefristeten glückspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb seiner Spielhalle in C.

2

Der Kläger betreibt seit dem Jahr 2000 eine Spielhalle („D.“) unter der Anschrift ... in C. Für den Betrieb erhielt der Kläger (damals noch gemeinsam mit Herrn I.) am 22. März 2000 eine Erlaubnis zum Betrieb von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen nach § 33i GewO. Am 26. Februar 2010 meldete Herr I. das gemeinsame Gewerbe zum 31. Dezember 2009 ab. Der Kläger führte daraufhin die Spielhalle alleine fort.

3

In ca. 303m Luftlinie zu der Spielhalle befinden sich die Musikschule, die von einem eingetragenen Verein betrieben wird (M. e.V.), und die Volkshochschule (VHS) C. (...). Im Umkreis von 500m Luftlinie befinden sich darüber hinaus vier weitere Spielhallen, eine Grundschule, drei Kindergärten, ein Jugendtreff („Jugendhaus C.“, ... [Luftlinie ca. 202m]), ein Kinderhort sowie zwei Nachhilfeeinrichtungen („Schülerhilfe C.“, ... [Luftlinie: ca. 60m] und „Studienkreis C. GmbH“, ... [Luftlinie: ca. 164m]).

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Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 16. November 2015 (Eingang bei der Beklagten am 18. November 2015) die Erteilung einer glückspielrechtlichen Erlaubnis ab dem 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2021 für seine Spielhalle in der ... in C. Die Spielhalle bestehe seit Juni 1986. Es sei eine Einzelkonzession mit 12 Spielgeräten, die er seit Januar 2000 betreibe.

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Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 bat die Beklagte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) um deren Zustimmung zur Erteilung der glückspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 LGlüG. Mit Schreiben vom 13. März 2017 versagte die ADD ihre Zustimmung zur glücksspielrechtlichen Erlaubnis. Der Bestandsspielhalle des Klägers könne lediglich eine befristete Befreiung vom Abstandsgebot gemäß § 11a Abs. 4 LGlüG bis zum 30. Juni 2021 gewährt werden. Hierzu werde die Zustimmung gemäß § 11a Abs. 5 LGlüG erteilt. Zur Begründung führte die ADD aus, dass der Erteilung einer glückspielrechtlichen Erlaubnis das Abstandsgebot nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG entgegenstehe, da sich in einer Entfernung von ca. 303 Metern (...) die Musikschule C. befinde. Auch eine Ausnahme nach § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG komme nicht in Betracht. Nach Auskunft der Einrichtung besuchten ca. 35 Minderjährige ab dem 10. Lebensjahr die Örtlichkeit täglich. Somit handele sich hierbei auch um eine zu berücksichtigende Einrichtung, da eine namhafte Anzahl von Minderjährigen im gefährdeten Alter die Einrichtung besuche. Die dadurch angesprochene Zielgruppe sei besonders gefährdet. Zusammen mit der räumlichen Nähe sei eine Genehmigung der Spielhalle nicht mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages vereinbar.

6

Auch eine Interessenabwägung zwischen den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages und dem Interesse des Klägers führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Schutz von Minderjährigen und das öffentliche Interesse könnten nicht dem finanziellen Interesse des Einzelnen nachstehen. Allerdings könne eine befristete Befreiung vom Abstandgebot zugelassen werden. Diese erhielten Spielhallen, wenn der Mindestabstand zu anderen Spielhallenstandorten oder zu einer relevanten Jugendeinrichtung unterschritten werde und – wie auch hier – keine Erlaubnis im Wege der Ausnahme erteilt werden könne. Die Erforderlichkeit dieser Befreiung für Bestandsspielhallen aus Gründen des Vertrauens und Bestandsschutzes sei grundsätzlich anzunehmen und müsse nicht im Einzelfall belegt werden. Die Zustimmung hierzu sei daher zu erteilen gewesen. Die Geltungsdauer dürfe allerdings nicht über die Geltung des Glückspielstaatsvertrags hinaus zugelassen werden. Eine Verlängerung sei somit nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich. Der Kläger müsse daher nach derzeitiger Rechtslage mit Ablauf des 30. Juni 2021 den Spielbetrieb mit Geld oder Warenspielgeräten endgültig einstellen.

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Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 19. Mai 2017 (Zustellung mittels Postzustellungsurkunde am 23. Mai 2017) ab. Für den Betrieb der Spielhalle des Klägers würde eine befristete Befreiung vom Mindestabstandsgebot erteilt. Auf dieser Grundlage werde die Aufstellung von Spielgräten im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO bis zum 30. Juni 2021 geduldet. Nach dem 30. Juni 2021 sei die Aufstellung von Spielgeräten im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO wegen der fehlenden glückspielrechtlichen Erlaubnis formell illegal, mit der Folge, dass die Spielgeräte im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO aus der Spielhalle zu entfernen seien. Die fristgerechte Entfernung der Spielgeräte sei der Erlaubnisbehörde schriftlich anzuzeigen. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion der Erlaubniserteilung nicht zugestimmt habe und übernahm im Wesentlichen deren Ausführungen.

8

Der Kläger erhob mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30. Mai 2017 Widerspruch. Nachdem dieser den Widerspruch trotz mehrmaliger Aufforderung nicht schriftlich begründet hatte, führte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Stadtrechtsausschuss am 25. September 2018 aus, dass die von der ADD in Bezug genommene Musikschule von täglich 35 Minderjährigen ab dem 10. Lebensjahr besucht werde. Dies entspreche allerdings nicht der überwiegenden Anzahl an Personen, die die Musikschule besuchten. Aus diesem Grunde hinke der Bescheid der ADD. Die aktuelle Rechtsprechung führe zudem dazu, dass aufgrund der räumlichen Situation im Stadtkern von C. kaum mehr Spielhallen errichtet bzw. betrieben werden könnten.

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Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 5. November 2018 (am 14. November 2018 mit Postzustellungsurkunde an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt) zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Stadtrechtsausschuss aus, dass die Spielhalle des Klägers von dem Erlaubnisvorbehalt des § 24 Abs. 1 GlüStV erfasst sei. Da der Spielhalle bereits eine gewerbliche Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden sei, handle es sich um eine Bestandsspielhalle im Sinne des § 11a Abs. 1 LGlüG, die aufgrund der Übergangsregelungen § 29 Abs. 4 Satz 1 GlüStV bis zum 30. Juni 2017 als mit den §§ 24 und 25 GlüStV vereinbar gegolten habe. Mit Ablauf des 30. Juni 2017 sei aber nunmehr gemäß § 11a Abs. 1 LGlüG auch für Bestandsspielhallen eine glückspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. § 11 Abs. 1 LGlüG erforderlich. Einen entsprechenden Antrag habe der Kläger auch gestellt.

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Der Erlaubniserteilung stünden schon formelle Aspekte entgegen, da die ADD insoweit ihre Zustimmung versagt habe und dies schon deshalb nicht möglich sei. Die Versagung der Zustimmung sei für die Beklagte bindend. Daraus, dass die ADD gemäß § 11a Abs. 5 Satz 2 LGlüG einer Befreiung von den Vorgaben des Mindestabstandsgebots zugestimmt und diese Befreiung von der Beklagten in Ziffer 2 des Bescheids vom 19. Mai 2017 auch erteilt worden sei, ergebe sich nichts Anderes. Mit der Erteilung der Befreiung stehe der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis zwar nicht das Mindestabstandsgebot, aber weiterhin die fehlende Zustimmung der ADD entgegen. Die Zustimmung zur Befreiung sei gerade nicht gleichzusetzen mit der erforderlichen Zustimmung zu der glücksspielrechtlichen Erlaubnis. Es handle sich dabei um zwei voneinander zu unterscheidenden Rechtsinstitute. Damit ersetze die Zustimmung zur Befreiung gemäß § 11a Abs. 5 Satz 2 LGlüG auch nicht die Zustimmung zur Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 und 4 LGlüG.

11

Ob die Versagung der Zustimmung nach § 15 Abs. 3 Satz 3 und 4 LGlüG durch die ADD rechtmäßig gewesen sei, sei nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Daher sei das Vorbringen des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers gegen den Bescheid der ADD hier nicht entscheidungsrelevant. Die Kompetenz des Stadtrechtsausschusses umfasse nicht die Überprüfung von Entscheidungen der ADD. Die Versagung der Zustimmung der ADD bleibe mithin bindend. Die Versagung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis sei damit rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten.

12

Im Übrigen sei auch die Formulierung der Ziffer 2 des Bescheides vom 19. Mai 2017, dass auf Grundlage der Befreiung vom Mindestabstandsgebot die Aufstellung von Spielgeräten bis zum 30. Juni 2021 geduldet werde, rechtmäßig, da zwar eine Befreiung, jedoch gerade keine den Fortbetrieb der Spielhalle legalisierende glücksspielrechtliche Erlaubnis erteilt worden sei. Auch die Befristung der Duldung bis zum 30. Juni 2021 sei rechtmäßig gewesen. Gemäß § 11a Abs. 5 Satz 1 LGlüG dürfe eine Befreiung nicht über die Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrages hinaus erteilt werden. Gemäß § 35 Abs. 2 GlüStV trete dieser mit Ablauf des 30. Juni 2021 außer Kraft, sofern nicht die Ministerpräsidentenkonferenz mit mindestens 13 Stimmen das Fortgelten des Staatsvertrages beschließe. Diese Bestimmung sei auch hinreichend bestimmt. Auch die Ziffer 3 des Bescheides vom 19. Mai 2017 sei rechtmäßig. Nach Ablauf des 30. Juni 2021 sei die Aufstellung von Spielgeräten wegen der fehlenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis formell illegal. Damit sei die Beklagte gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 LGlüG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO ermächtigt, die Fortsetzung des unzulässigen Betriebes, also vorliegend die Aufstellung von Spielgeräten, zu verhindern. Welche Maßnahmen sie hierzu ergreife, liege im Ermessen der Beklagten. Ermessensfehler seien insoweit nicht ersichtlich.

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Der Kläger hat am 14. Dezember 2018 Klage erhoben. Zur Begründung lässt er vortragen, dass es sich bei der Musikschule C. nicht um eine Einrichtung handle, die überwiegend von Minderjährigen besucht werde. Der Abstand von 303 Metern zur Spielhalle des Klägers sei korrekt. Die Einrichtung werde jedoch nicht überwiegend von Minderjährigen besucht. Die Einrichtung werde täglich, also von Montag bis Freitag, von 35 Jugendlichen besucht. Ausgehend davon, dass Musikunterricht üblicherweise einmal wöchentlich stattfinde, bedeute dies ein Aufkommen von 175 Jugendlichen. Die aktuelle Belegung betrage jedoch ausweislich Blatt 187 der Verwaltungsakte der Beklagten insgesamt 605 Personen. Dementsprechend sei die Einrichtung nicht einmal zu einem Drittel durch Jugendliche besucht. Ungeachtet dessen gehe aus dem Bescheid in keiner Weise hervor, weshalb die angegebenen 35 Jugendlichen pro Tag die überwiegende Anzahl der Besucher darstellen sollen. Es fehle schlichtweg an einer diesbezüglichen Schlüssigkeit. Der Bescheid sei schon deshalb rechtwidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Darüber hinaus werde bestritten, dass sich im Umkreis von 500m zwei weitere Nachhilfeeinrichtungen befänden.

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Ferner sei der Kläger auch in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit verletzt, da das Abstandsgebot faktisch ein Berufsverbot für den Kläger darstelle. Dies folge daraus, dass es dem Kläger nicht möglich sei, fortan eine Spielhalle an einer anderen Stelle zu betreiben. Dass der Kläger an anderer Stelle weiter eine Spielhalle betreiben könne, wenn er das Abstandsgebot einhalte, falle insoweit nicht wesentlich ins Gewicht. Zu berücksichtigen sei darüber hinaus die baurechtliche Zulässigkeit des Betriebs einer Spielhalle. Spielhallen seien baurechtlich als Vergnügungsstätten zu klassifizieren und daher nur in Kerngebieten nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO und in gewerblich geprägten Mischgebieten nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO zulässig. Die Kumulation der baurechtlichen und glücksspielrechtlichen Voraussetzungen führten vorliegend jedoch dazu, dass de facto im gesamten räumlichen Geltungsbereich des rheinland-pfälzischen Landesglücksspielgesetzes der Betrieb einer neuen Spielhalle für den Kläger unmöglich sei. Dies ergebe sich daraus, dass es in Rheinland-Pfalz kein existierendes Kerngebiet und keinen gewerblich geprägten Teil eines Mischgebiets gebe, in dem unter Beachtung des Abstandsgebots zu einer anderen Spielhalle oder zu einer Einrichtung, die überwiegend von Jugendlichen genutzt werde, eine neue Spielhalle genehmigungsfähig wäre. Es handele sich um eine objektive Zulassungsbeschränkung. Diese bedürfe einer nachweisbaren oder einer höchstwahrscheinlichen schweren Gefahr für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Das Ziel der Spielsuchtprävention reiche hierzu nicht aus, da es kein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut darstelle. Auch wenn der Normgeber diesbezüglich eine gewisse Einschätzungsprärogative habe, erscheine eine derartige Argumentation auch vor dem Hintergrund existierender Spielbanken in der Umgebung von Jugendeinrichtungen nicht konsequent. Ungeachtet dessen existierten jedoch gleichwirksame, jedoch weniger intensive Eingriffsmöglichkeiten, wie die ohnehin gesetzlich geregelte Einlasskontrolle zu Spielhallen.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Mai 2017 und des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2018 zu verpflichten, dem Kläger eine unbefristete glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb seiner Bestandsspielhalle in der ..., zu erteilen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung verweist sie vollumfänglich auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2018 und trägt ergänzend vor: Die Versagung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis sei schon aufgrund der fehlenden Zustimmung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion rechtmäßig gewesen. Bei den 35 Jugendlichen im relevanten Alter, die die Musikschule besuchten, handele es sich um eine namhafte Anzahl an Jugendlichen, die auch im Rahmen der Beurteilung der Mindestabstandsregelung Berücksichtigung finden müsse. An dieser Stelle sei zu ergänzen, dass sich ebenfalls am Standort ... die Volkshochschule C. befinde. Laut der aktuellen Auskunft der Volkshochschule C. besuchten im ersten Semester 2019 309 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren die Kurse. Insbesondere in den Zeiten der Schulferien sei das Aufkommen der Jugendlichen aufgrund der angebotenen Ferienkurse sehr hoch. Ungeachtet der vorgenannten Einrichtungen existierten, wie im Bescheid der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 13. März 2017 aufgeführt, daneben noch zwei private Nachhilfeeinrichtungen innerhalb des geforderten Mindestabstandes von 500 m. Dies seien zum einen am Standort ... die Schülerhilfe C. und zum anderen die Studienkreis C. GmbH in der .... Die Schülerhilfe C. verfüge dabei derzeit über eine Belegungszahl von 76 Schülern und 12 Lehrern.

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Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz habe in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass vom Begriff „private Einrichtung, die überwiegend von minderjährigen besucht wird“, grundsätzlich auch eine private Nachhilfeeinrichtung erfasst sei. Bei der Schülerhilfe C. betrage das durchschnittliche tägliche Schüleraufkommen 15 Minderjährige, sodass von einem auf Dauer angelegten Betrieb mit mehreren Nachhilfekräften/Lehrern und einer namenhaften Anzahl an Schülern auszugehen sei. Neben der zu berücksichtigenden Anzahl an Minderjährigen der Musikschule müssten die Belegungszahlen der Volkshochschule und der beiden Nachhilfeeinrichtungen daher ebenfalls in die Betrachtung einbezogen werden und stünden insgesamt der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis entgegen. Darüber hinaus werde bestritten, dass der Kläger in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit verletzt sei und die Verweigerung der Erlaubnis faktisch einem Berufsverbot gleichkomme. Insbesondere werde bestritten, dass es dem Kläger nicht möglich sei, eine Spielhalle an anderer Stelle zu betreiben. Minderjährige seien darüber hinaus besonders gefährdet, was sich aus einer Studie der Universität N. ergebe.

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Der Beigeladene beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er trägt im Wesentlichen vor, dass die Spielhalle des Klägers das Abstandserfordernis des § 11 Abs. 1 Nr. 4 LGlüG im Hinblick auf Einrichtungen, die überwiegend von Minderjährigen besucht würden, nicht erfülle. Aufgrund der Altersstruktur und der örtlichen Gegebenheiten komme eine Ausnahme gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG nicht in Betracht. Entscheidend sei hier in erster Linie die Musikschule C., die von 325 Personen besucht werde. Hiervon seien 208 minderjährig. Daher handele es sich bei der Musikschule C. um eine Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht werde. Von den 208 Minderjährigen seien 178 im Alter von 10 bis 17 Jahren. Dies bedeute unter Berücksichtigung der Öffnungszeiten der Musikschule C., dass sie an jedem Öffnungstag von 35 Minderjährigen im relevanten Alter besucht werde. Daher handele es sich um eine Einrichtung, die aufgrund ihrer Größe und der Altersstruktur ihrer Besucher einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für Spielhallen entgegenstehe. Eine Ausnahme nach § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG komme aufgrund der hohen Anzahl von Minderjährigen im relevanten Alter nicht in Betracht.

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Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Ordner, 1 Heft) verwiesen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg.

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I. Sie ist als Verpflichtungsklage zulässig. Insbesondere dürfte der Antrag dahingehend zu verstehen sein (§ 88 VwGO), dass der Kläger in Anbetracht der zwingenden Vorschrift des § 24 Abs. 2 Satz 2 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV), wonach eine Erlaubnis schriftlich zu erteilen und zu befristen ist, jedenfalls eine befristete Erlaubnis zum Betrieb seiner Spielhalle über den 30. Juni 2021 hinaus begehrt. Denn – anders als der für die dem Kläger bereits gewährte „Befreiung“ bzw. „Duldung“ maßgebliche § 11a Abs. 5 des Landesglücksspielgesetzes (LGlüG) – schreibt das Gesetz hier keinen zwingenden Endpunkt der Befristung vor. Dem Antragsteller kommt insoweit auch ein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis zu, obwohl er zunächst nur einen Antrag auf Erlaubniserteilung bis zum 30. Juni 2021 gestellt hatte. Zumindest wäre eine erneute Antragstellung – für eine Erlaubnis in Bezug auf einen längeren Zeitraum – infolge der absehbaren Ablehnung wohl als ebensowenig notwendig anzusehen wie ein weiteres Vorverfahren.

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II. Die Klage ist jedenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Erlaubnis (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), da ein Verstoß gegen das Abstandsgebot des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG vorliegt (1.) und eine Ausnahme gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG ermessensfehlerfrei versagt worden ist (2.). Er hat dementsprechend auch keinen Anspruch auf eine Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), was dem Antrag noch als wesensgleiches Minus zu entnehmen gewesen sein dürfte (§ 88 VwGO), sodass die Klage vollumfänglich abzuweisen war. Auch aus § 11a Abs. 4 LGlüG kann der Kläger keinen Anspruch auf eine Erlaubniserteilung über die für ihn bereits bis zum 30. Juni 2021 erteilte „Duldung“ hinaus geltend machen (3.).

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1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Erlaubniserteilung gemäß § 11 Abs. 1 LGlüG in Verbindung mit § 24 GlüStV.

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a) Gemäß § 24 Abs. 1 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle, die – wie hier – als sog. Bestandsspielhalle unter die Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV fällt, seit dem 1. Juli 2017 einer (zusätzlichen) Erlaubnis nach diesem Staatsvertrag. Für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle nach § 24 Abs. 1 GlüStV und aller damit zusammenhängenden Entscheidungen ist die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 33i GewO zuständige Behörde – hier: die Stadtverwaltung der Beklagten (vgl. § 155 Abs. 2 GewO i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten im Gewerberecht) – zuständig (siehe § 15 Abs. 3 Satz 1 LGlüG). Die Erlaubnis ist gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV schriftlich zu erteilen und zu befristen.

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Die Erteilung dieser Erlaubnis ist – ungeachtet sonstiger gesetzlicher Vorgaben – insbesondere von der Einhaltung der Abstandsgebote nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG abhängig. Demnach darf eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle nur erteilt werden, wenn die Spielhalle einen Mindestabstand von 500 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle oder zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, nicht unterschreitet. Dies war hier nicht gegeben.

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b) An der generellen Verfassungsmäßigkeit der hier gegenständlichen Abstandsregelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG bestehen keine erheblichen Zweifel (siehe dazu bereits OVG RP, Urteil vom 26. August 2014 – 6 A 10098/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 98 [99 ff.]). Das Bundesverfassungsgericht führt insoweit zur – im Wesentlichen mit Rheinland-Pfalz vergleichbaren – Rechtslage in Berlin und dem Saarland im Beschluss vom 7. März 2017 (– 1 BvR 1694/13 u.a. –, NVwZ 2017, 1111, Rn. 131 f.) unter anderem aus:

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„Die Regelungen in Berlin und im Saarland zum Verbundverbot und zu den Abstandsgeboten zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen genügen den Anforderungen des Art. 12 I GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Auch zur Rechtfertigung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung liegen hinreichende Gründe des Gemeinwohls vor, die das Verbundverbot und die Abstandsgebote tragen. Die Regelungen dienen der Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut [...], sind [...] hinreichend konsequent auf das legitime Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet [...], verhältnismäßig [...] und stehen mit dem Bestimmtheitsgebot in Einklang [...].“

33

Demnach kann auch dahinstehen, ob der pauschale Vortrag des Klägers unter Hinweis auf die bauplanungsrechtlichen Anforderungen, dass es sich um eine objektive Berufszugangsvoraussetzung handele, zutreffend ist. Denn auch eine solche wäre durch die überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter (Jugendschutz und Suchtprävention) gerechtfertigt. Die rein finanziellen Interessen des Klägers und anderer Spielhallenbetreiber haben insoweit zurückzutreten. Dahingehend stellt die Einlasskontrolle zwar ein milderes, aber nicht gleich wirksames Mittel dar. Insoweit dient das Abstandsgebot bereits dazu, der generellen Verfügbarkeit von Glücksspiel und einer optischen Gewöhnung daran vorzubeugen.

34

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt hier nicht vor. Es sind sachliche Gründe für eine differenzierte Behandlung von Spielbanken und Spielhallen gegeben, um die Ziele des § 1 Satz 1 GlüStV zu erreichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1694/13 u.a. –, NVwZ 2017, 1111, Rn. 141 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 4/16 –, juris, Rn. 29 f.; dazu auch ausführlich VG Mainz, Urteil vom 10. Januar 2019 – 1 K 211/18.MZ –, juris, Rn. 59). Nach alledem kann der Kläger mit seinen geäußerten Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der hier zugrundeliegenden Regelungen von vornherein nicht durchdringen, sodass auch eine etwaige Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG nicht angezeigt gewesen ist.

35

c) Ein Verstoß gegen das Abstandsgebot des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG liegt vor. Generell ist bereits das Vorliegen einer Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, ausreichend (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG: „Mindestabstand [...] zu einer Einrichtung“ [Hervorhebung durch die Kammer]). Hier befinden sich sogar gleich mehrere Einrichtungen, die überwiegend von Minderjährigen besucht werden, im Umkreis von 500 Metern der Spielhalle des Klägers. Darunter sind jedenfalls eine Nachhilfeeinrichtung, ein Jugendhaus sowie eine Musikschule.

36

aa) Die „Schülerhilfe C.“ stellt hier eine im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG zu berücksichtigende private Einrichtung dar. Zu den öffentlichen oder privaten Einrichtungen, die überwiegend von Minderjährigen besucht werden, gehören auch private Nachhilfeeinrichtungen (vgl. zum Abstandsgebot für Wettvermittlungsstellen gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 LGlüG a.F.: LT-Drs. 16/4671, S. 21) jedenfalls dann, wenn sie ähnlich wie eine öffentliche Schule auf Dauer sowie mit mehreren Lehr- bzw. Nachhilfekräften betrieben und von einer namhaften Anzahl von Schülern in einem Alter besucht werden, in dem diese typischerweise durch öffentliche Glücksspielangebote gefährdet sind (vgl. zu § 7 Abs. 3 Satz 1 LGlüG a.F.: OVG RP, Beschluss vom 28. Januar 2016 – 6 B 11140/15 –, juris, Rn. 21: „derzeit täglich 8 Schüler[] im Alter von 11 bis 17 Jahren“; Urteil vom 10. Juli 2014 – 6 A 11312/13 –, juris, Rn. 44). Damit wird letztlich erreicht, dass jedenfalls vollkommen unbedeutende Einrichtungen von vornherein keine Berücksichtigung finden. Darüber hinaus dürften auch nur vorübergehende Einrichtungen nicht unbedingt erfasst sein, wobei dies auch auf der Ebene des § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG adäquat gelöst werden könnte. Dies kann indessen dahinstehen, da hier die nur vorübergehend angebotenen „Ferienkurse“ bei der Volkshochschule (VHS) nicht streitentscheidend sind (siehe dazu unten).

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Insgesamt dürften allerdings an das von dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Bezug auf das Abstandsgebot bei Wettvermittlungsstellen etablierte Merkmal der „namhaften Anzahl“ hier keine überhöhten Anforderungen zu stellen sein. Für Wettvermittlungsstellen nahm der Gesetzgeber auch für den insoweit wortlautidentischen § 7 Abs. 3 LGlüG a.F. offenbar an, dass eine private Nachhilfeeinrichtung generell zu den Einrichtungen gehört, die sich nicht in unmittelbarer Nähe zu Wettvermittlungsstellen befinden dürfen, ohne dass es wohl zunächst auf Tatbestandsebene des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG auf die Altersstruktur ankäme; diese wird jedenfalls in den entsprechenden Gesetzgebungsmaterialien erst unter den Ausführungen zur Ausnahme (§ 7 Abs. 3 Satz 2 LGlüG a.F.) erwähnt (vgl. LT-Drs. 16/4671, S. 21). Auch generell sind die Abstandsregelungen für Spielhallen im Vergleich zu Wettvermittlungsstellen aufgrund des unterschiedlichen Suchtpotentials strenger zu handhaben (vgl. LT-Drs. 16/4671, S. 21). Mit § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 LGlüG hat der Gesetzgeber damit schließlich ein zweistufiges Verfahren etabliert, wobei grundsätzlich wohl schon relativ „niedrigschwellig“ ein Verstoß gegen das Abstandsgebot begründet werden kann und darauffolgend ein Ermessensspielraum für die Behörde eröffnet wird, bei dem dann die Besonderheiten des Einzelfalls wie etwa Altersstruktur und geografische Lage Berücksichtigung finden können (vgl. dazu für § 7 Abs. 3 LGlüG a.F.: LT-Drs. 16/4671, S. 21).

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Der Kläger hat das Vorhandensein der vorgenannten Nachhilfeeinrichtungen zwar mit Schriftsatz vom 13. Mai 2019 sinngemäß mit Nichtwissen bestritten, in der mündlichen Verhandlung am 19. September 2019 allerdings deren Bestehen und die von der Beklagten insoweit konkret ermittelten Belegungszahlen nicht in Abrede gestellt. Es bestehen zudem bereits nach einer Internetrecherche und der Einholung weiterer Auskünfte für die Kammer keine konkreten Zweifel an der Existenz dieser Einrichtungen und der Tatsache, dass diese „überwiegend“ von Minderjährigen besucht werden.

39

Die Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen nach Maßgabe der oben zitierten oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung war hier jedenfalls für eine der zwei im Umkreis von 500 Metern befindlichen privaten Nachhilfeeinrichtungen, nämlich die Schülerhilfe C. (...), anzunehmen. Demgegenüber kann offenbleiben, ob es sich bei der Nachhilfeeinrichtung Studienkreis C. GmbH insoweit auch um eine im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG relevante Einrichtung handelt, die isoliert einen Verstoß gegen das Abstandsgebot begründen könnte.

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Die Schülerhilfe C. am ... liegt – laut dem bei „Google Maps“ hinterlegten Kartenmaterial – etwa 60 Meter Luftlinie von der Spielhalle des Klägers entfernt. Gemessen an der von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen und nicht in Abrede gestellten Belegungszahl von 76 Schülern und 12 Lehrern sowie einem sich daraus für die Zeit von Montag bis Freitag rechnerisch ergebenden durchschnittlichen täglichen Schüleraufkommen von 15 Minderjährigen bei einem unterstellten einmaligen Besuch pro Woche, kann davon ausgegangen werden, dass es sich nach den oben genannten Maßstäben um eine relevante Einrichtung handelt. Denn bei Nachhilfeeinrichtungen besteht – nach allgemeiner Lebenserfahrung – insoweit eine (widerlegliche) Vermutung dafür, dass diese gerade überwiegend von Minderjährigen in dem hier besonders gefährdeten Alter (10 bis 17 Jahre) aufgesucht werden. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Nachhilfeeinrichtung ausschließlich oder überwiegend an Schüler richtete, die nicht in diesen Altersbereich fallen, sind hier nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr war davon auszugehen, dass Grundschulkinder in der Regel keine Nachhilfe nehmen, sondern ggf. anderweitig durch Eltern oder sonstige schulinterne Angebote gefördert werden, und die Zahl der volljährigen Nachhilfeschüler ebenfalls als gering einzustufen wäre. Demnach war von einer relevanten Einrichtung auszugehen, die täglich von einer namhaften Anzahl an Minderjährigen im besonders gefährdeten Alter besucht wird.

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Demgegenüber kann bei der Studienkreis C. GmbH in der ..., die – laut dem bei „Google Maps“ hinterlegten Kartenmaterial – ca. 164 Meter Luftlinie von der streitgegenständlichen Spielhalle entfernt liegt, offenbleiben, ob es sich um eine im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG zu berücksichtigende Einrichtung handelt. Denn es reicht bereits eine Einrichtung aus, um einen Verstoß gegen das Abstandsgebot tatbestandlich zu begründen (s.o.). Da diese Nachhilfeeinrichtung offenbar dort schon seit einiger Zeit privatwirtschaftlich betrieben wird, spricht zunächst schon die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass in Anbetracht einer damit einhergehenden Gewinnorientierung der Besuch durch eine jedenfalls nicht von vornherein unerhebliche Anzahl an Kindern und Jugendlichen vermutet werden kann, sodass sie prinzipiell vom Schutzzweck des Abstandsgebots erfasst sein dürfte. Hier ergibt sich allerdings aus dem Vortrag der Beklagten auch eine konkrete Belegungszahl von – wohl weit überwiegend minderjährigen – 24 Schülern sowie 8 Lehrern, wobei der Prozessbevollmächtigte diese Zahlen nicht in Abrede gestellt hat und auch sonst kein erheblicher Anlass besteht, diese in Zweifel zu ziehen. Letztlich kann aber dahinstehen, ob dies bereits eine „namhafte Anzahl“ von Minderjährigen im relevanten Altersbereich im Sinne der oben zitierten oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung darstellt.

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bb) Darüber hinaus waren auch das Jugendhaus und die Musikschule C. als relevante Einrichtungen im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG einzubeziehen. Die Volkshochschule (VHS) C. war hingegen tatbestandlich grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

43

Das Jugendhaus C. stellt eine Einrichtung dar, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird und – ausweislich des bei „Google Maps“ hinterlegten Kartenmaterials – in einer Entfernung von ca. 203 Meter Luftlinie zur Spielhalle liegt. Die ungefähren aktuellen Belegungszahlen, die aber auf einer hinreichend ermittelten Tatsachengrundlage basieren dürften, da es sich um eine öffentlich geförderte Jugendeinrichtung handelt, lassen sich dem Jahresbericht 2018 auch für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit hinreichender Sicherheit entnehmen. Dahingehend ist nicht ersichtlich, warum sich daran in der Zwischenzeit etwas Wesentliches geändert haben sollte. In dem vorgenannten Jahresbericht ist auf S. 6 unter anderem ausgeführt:

44

„Die Jugendlichen, welche die offenen Angebote des Jugendhauses nutzen, wohnen primär in C.-Stadt und den umliegenden Stadtteilen. Aber auch aus umliegenden Gemeinden finden Jugendliche den Weg ins Jugendhaus. Täglich besuchten im Jahr 2018 zwischen 25 und 40 Kinder und Jugendliche den offenen Bereich des Jugendhauses. Die Altersspanne variiert von 6 bis 27 Jahren, wobei die Altersgruppe der 10 bis 15-jährigen im vergangenen Jahr dominierte.“

45

Ferner ergibt sich auf S. 16 f. des Jahresberichts, dass regelmäßig eine Hausaufgabenbetreuung mit 20 Plätzen angeboten wird. Die meisten Schüler kämen von einer umliegenden Realschule und die Altersspanne reiche ansonsten von Viertklässlern bis zu Besuchern der Berufsbildenden Schule (BBS) C. (10 bis 17 Jahre). Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen für die Kammer nicht, da es sich um einen offiziellen Jahresbericht der Einrichtung handelt, deren Träger ein gemeinnütziger Verein ist und der Zuschüsse von staatlichen Stellen erhält. Nach alledem ist anzunehmen, dass das Jugendhaus von einer namhaften Anzahl von Minderjährigen im relevanten Alter besucht wird, auch wenn jedenfalls im Jahresbericht insoweit keine konkreten bzw. endgültigen Zahlen enthalten sind. Insofern ist zur Überzeugung der Kammer von einer Regelvermutung auszugehen. Darüber hinaus handelt es sich bei einem von einem gemeinnützigen Verein betriebenen Jugendhaus schon dem Wesen nach um eine zu berücksichtigende Einrichtung, die wohl unabhängig von konkret bezifferten Belegungszahlen unter § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG zu subsumieren wäre. Zudem bietet das Jugendhaus offensichtlich die Gewähr der Dauer.

46

Des Weiteren war auch die Musikschule C. (...) mit einer Entfernung von ca. 303 Meter Luftlinie zur Spielhalle (tatbestandlich) zu berücksichtigen. Dahingehend bestritt der Kläger zwar zunächst, dass es sich um eine Einrichtung handelt, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird. Dieser Annahme kann indessen nicht gefolgt werden. Dabei war aktuell von einer Gesamtbelegungszahl von 286 für den hier maßgeblichen Standort in C. (also abzüglich der Personen am Standort D.) auszugehen. Dies ergibt sich aus den seitens der Musikschule mit E-Mail vom 17. September 2019 mitgeteilten konkreten Belegungszahlen, die der Prozessbevollmächtigte nunmehr in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt hat und an deren Richtigkeit die Kammer darüber hinaus keine Zweifel hat. Daraus ergibt sich weiter, dass 197 Kinder und Jugendliche die Einrichtung am Standort C. besuchen, wovon wiederum 89 im Alter von 10 bis 17 Jahren sind. Damit war davon auszugehen, dass die Musikschule überwiegend von Minderjährigen und gleichzeitig einer namhaften Anzahl an solchen im besonders gefährdeten Alter besucht wird. Die nicht weiter begründete – laut Aussage der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung von Mitte 2016 stammende – (Gesamt-)Belegungszahl der Musikschule (605 Personen) auf Blatt 187 der Verwaltungsakte der Beklagten, ist daher als überholt anzusehen. Sie konnte daher keine Berücksichtigung finden, da sie durch die aktuelle und glaubhafte Auskunftserteilung der Musikschule widerlegt ist.

47

Demgegenüber wird jedenfalls die Volkshochschule (VHS) C. als Ganzes in der Regel nicht überwiegend von Minderjährigen besucht. Zwar ist dabei anzunehmen, dass diese auch in Anbetracht der Gesamtbelegung von einer nicht unerheblichen Anzahl von Minderjährigen besucht werden kann. Gleichzeitig geschieht dies allerdings in Relation zu der Gesamtbesucherzahl ihrem Wesen nach und auch tatsächlich wohl nicht „überwiegend“. Durch die Einführung des Wortes „überwiegend“ in den Gesetzestext bringt der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck, dass es sich um Einrichtungen handeln muss, die im Hinblick auf den Kinder- und Jugendschutz besonders schutzwürdig sind, sodass auch insoweit die damit verbundene Einschränkung der Berufsfreiheit gerechtfertigt ist (vgl. zum Abstandsgebot für Wettvermittlungsstellen gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 LGlüG a.F. auch: LT-Drs. 16/4671, S. 21). Daher muss sich im Rahmen einer Gesamtwürdigung ergeben, dass die Einrichtung in besonderer Weise zu schützen ist. Dies ist nur anzunehmen, wenn sich die Einrichtung gerade in ihrem Wesen oder tatsächlich an Minderjährige wendet bzw. von diesen besucht wird, was jedenfalls für die VHS C. als Ganzes hier nicht anzunehmen war; zumal die Beklagte, die hier eine entsprechende Darlegungs- und Beweislast trifft, keine umfassenden Belegungszahlen für die VHS insgesamt vorgelegt hat. Insofern gilt hier eine – im Vergleich zu klassischen Jugendeinrichtungen umgekehrte – Regelvermutung dahingehend, dass Einrichtungen wie die VHS nicht von § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG erfasst sind.

48

Ob sich insoweit eine andere Sichtweise ergibt, wenn man die von der VHS veranstalteten „Ferienkurse“ berücksichtigt, an der offenbar eine nicht unerhebliche Anzahl an Minderjährigen – auch in einem besonders gefährdeten Alter – teilnimmt, oder ob diese sogar als eigenständige „Einrichtung“ zu sehen wären, kann hier dahinstehen. Denn hier liegen im Übrigen bereits drei Einrichtungen vor, die einen Verstoß gegen das Abstandsgebot begründen. Insbesondere die Ferienkurse können allerdings im Rahmen der Ermessensausübung eine Rollen spielen (s.u.).

49

Nach alledem ist damit eine Verletzung des Abstandsgebots anzunehmen, die eigenständig durch das Gericht unter Auslegung der dort enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe festgestellt werden kann.

50

2. Es besteht auch kein Anspruch auf die ausnahmsweise Erlaubniserteilung trotz eines Verstoßes gegen die Abstandsvorschriften (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) oder ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) auf Grundlage des § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG. Demnach kann die zuständige Erlaubnisbehörde mit Zustimmung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standorts und der Lage des Einzelfalls Ausnahmen von dem nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 festgesetzten Mindestabstand zulassen. Solche kommen insbesondere in Betracht, wenn eine Gefährdung Minderjähriger im Hinblick auf ihr Alter oder deshalb ausgeschlossen ist, weil etwa zwischen der Spielhalle und der Jugendeinrichtung natürliche oder künstliche Barrieren bestehen, die nicht auf direktem Wege zu überwinden sind – etwa Flüsse, Gleisanlagen oder Stadtautobahnen, deren Brücken oder Unterführungen weiter entfernt liegen (vgl. OVG RP, Urteil vom 26. August 2014 – 6 A 10098/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 98 [101]; siehe zu § 7 Abs. 3 Satz 2 LGlüG a.F.: OVG RP, Beschluss vom 28. Januar 2016 – 6 B 11140/15 –, juris, Rn. 22). Hier ist die Versagung der Zustimmung und infolgedessen auch der Erlaubnis ermessensfehlerfrei erfolgt.

51

a) Besondere geografische Umstände sind hier nach Inaugenscheinnahme des entsprechenden Kartenmaterials („Google Maps“) durch die Kammer in der mündlichen Verhandlung gemeinsam mit den Beteiligten nicht gegeben. Vielmehr liegt gerade die Schülerhilfe C. auf derselben Straße wie die streitgegenständliche Spielhalle, da die Straße bzw. der Platz „...“ nach wenigen Metern in die „...“ mündet. Insgesamt sind auch die anderen Einrichtungen geografisch nicht derart gelegen, dass von einer fehlenden oder stark verminderten Gefährdungslage auszugehen wäre. Die hier gegenständliche Spielhalle liegt zudem an einer hervorgehobenen Stelle in der Fußgängerzone als eine der Haupteinkaufsstraßen im Innenstadtbereich der Beklagten.

52

b) Aspekte des Vertrauensschutzes im Hinblick auf den Fortbestand der im Jahr 2000 erteilten Erlaubnis nach § 33i GewO waren hingegen an dieser Stelle nicht zu berücksichtigen, da solche vom Gesetzgeber – in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1694/13 u.a. –, NVwZ 2017, 1111, Rn. 188 ff.) – allgemein in den Übergangsregelungen des § 29 Abs. 4 GlüStV (vgl. dazu LT-Drs. 16/1179, S. 49 f.) und für diesen Fall speziell in § 11a Abs. 4 LGlüG verortet worden sind (vgl. zur Vorgängerreglung in § 11 Abs. 2 LGlüG a.F.: LT-Drs. 16/1179, S. 50).

53

c) Dahingehend haben die Beklagte und der Beigeladene ermessensfehlerfrei gehandelt, indem für den Kläger – im Hinblick auf § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV – eine unbefristete Erlaubnis versagt worden ist. Auch ist ermessensfehlerfrei davon ausgegangen worden, dass eine Erlaubnis nach § 11 LGlüG im Gegensatz zu einer Befreiung nach § 11a Abs. 4 LGlüG auch nicht ausnahmsweise (befristet) zu erteilen war. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Zielgruppe der Minderjährigen ab dem 10. Lebensjahr durch das Automatenspiel besonders gefährdet ist, worauf die Beklagte und der Beigeladene im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen unter Erwähnung der Studie „Problematisches Glücksspielverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Rheinland-Pfalz“ Bezug nehmen (vgl. dazu OVG RP, Urteil vom 26. August 2014 – 6 A 10098/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 98 [101]).

54

aa) Im Rahmen ihrer Ermessensausübung orientiert sich insbesondere der Beigeladene im Rahmen der Zustimmungsentscheidung erkennbar am Jugendschutz, sodass die Zweckrichtung der Vorschrift nicht außer Acht gelassen wird (vgl. § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 40 VwVfG). Insoweit dürften wohl auch Einrichtungen (ergänzend) berücksichtigt werden, die isoliert den Tatbestand des Abstandsgebots zwar nicht selbst „aktivieren“ können, allerdings durch ihre Lage im Umfeld der Spielhalle ebenfalls im Hinblick auf eine nicht unerhebliche Anzahl minderjähriger Besucher betroffen sind. Ansonsten wäre auch ein effektiver Jugendschutz nicht zu bewerkstelligen. Ein Ermessensfehlgebrauch war damit vor allem seitens der ADD nicht anzunehmen.

55

bb) Darüber hinaus liegt kein Ermessensnichtgebrauch der Beklagten vor, da der Beigeladene seine Zustimmung zur Erlaubniserteilung mit bindender Wirkung versagt hatte (vgl. OVG RP, Urteil vom 26. August 2014 – 6 A 10098/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 98 [101]), sodass eine Ablehnung seitens des Beklagten unausweichlich war. Die Zustimmung zur Befreiung nach § 11a Abs. 5 LGlüG ist davon streng zu unterscheiden (s.u.). Zudem ist anzunehmen, dass jedenfalls im Rahmen der Ermessensausübung – wenn auch mangels besonderer Gefährdung mit entsprechend geringerer Intensität (s.o.) – solche Einrichtungen berücksichtigt werden können, die ausschließlich von Kindern bis zur Beendigung des 10. Lebensjahres besucht werden (z.B. eine Grundschule). Demgegenüber müssen – nach dem Willen des Gesetzgebers – wohl solche Einrichtungen regelmäßig ausscheiden, die nur Kinder im Vorschulalter betreffen (vgl. LT-Drs. 16/4671, S. 21), wozu etwa eine Kindertagesstätte oder ein Kinderhort zu zählen wäre. Diese lösen regelmäßig keinen Schutzbedarf im Hinblick auf die mit dem Abstandsgebot zu verwirklichende Zielsetzung aus.

56

cc) Obwohl (zunächst) der Beigeladene und dem folgend die Beklagte die Begründung der Ablehnung im Einzelnen hauptsächlich auf das Vorhandensein der Musikschule C. gestützt hatten, wurden von dem Beigeladenen die weiteren vorhandenen Einrichtungen dem Grunde nach ermittelt und von Anfang an erwähnt. So heißt es in der Zustimmungsentscheidung der ADD vom 13. März 2017 unter anderem:

57

„Neben der bereits genannten Musikschule befinden sich im Umkreis von 500 Metern um die Spielhalle noch 4 weitere Spielhallen, eine Grundschule, drei Kindergärten, ein Jugendtreff, ein Kinderhort sowie zwei Nachhilfeeinrichtungen.“

58

Dass die entsprechende Altersstruktur der Besucherinnen und Besucher der weiteren Einrichtungen offenbar (teilweise) nicht detailliert ermittelt worden ist, stellt keinen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§§ 24, 26 VwVfG) dar. Denn es ist hier nicht zu beanstanden, dass bereits eine relevante Einrichtung als ausreichend angesehen worden ist, um die Erlaubnis zu versagen und eine Ausnahme nicht zuzulassen, solange – wie hier – hinsichtlich deren Altersstruktur und der geografischen Gegebenheiten von einer wesentlichen Gefährdungslage ausgegangen werden konnte. Dies haben die Beklagte und der Beigeladene hier jedenfalls für die Musikschule C. angenommen, für die sie auch hinreichend verlässliche Zahlen ermittelt hatten. Weitere Ermittlungen im Hinblick auf andere umliegende Einrichtungen waren demnach nicht zwingend angezeigt. Auch nach aktuellem Belegungsstand der Musikschule ist keine andere Betrachtung geboten (aktuell 89 Schülerinnen und Schüler im besonders gefährdeten Alter). Die Versagung der Erlaubnis wäre demnach aufgrund des Schutzzwecks des Abstandsgebots auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gerichtlich nicht zu beanstanden. Insoweit hat die Beklagte auch in Bezug auf die Nachhilfeeinrichtungen die Ermessenserwägungen noch im gerichtlichen Verfahren in zulässiger Weise ergänzt und auch aktuelle Belegungszahlen für die Musikschule ermittelt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO; siehe dazu BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1998 – 1 C 17/97 –, NVwZ 1999, 425 [428]).

59

Selbst wenn die fehlende Ermittlung in Bezug auf die weiteren Einrichtungen im Hinblick auf konkrete Altersangaben zu den Besucherinnen und Besuchern als Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz anzusehen gewesen wäre, wäre dieser nicht als erheblich einzustufen gewesen. Denn ein möglicherweise daraus folgender Ermessensfehler wäre auf Grundlage des Rechtsgedankens von § 46 VwVfG im Ergebnis unbeachtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990 – 1 WB 36/88 –, NVwZ-RR 1990, 489 [490]; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 46, Rn. 19, 76). Hier ist nämlich davon auszugehen, dass sich der Ermessensspielraum in Anbetracht der hohen Zahl an relevanten Jugendeinrichtungen im Umkreis der Spielhalle von 500 Metern und der hervorgehobenen geografischen Lage der Spielhalle in der Fußgängerzone derart verengt hat, dass sich nur noch die Ablehnung der Erlaubnis bzw. die Verweigerung der Zustimmung zur Erlaubniserteilung als rechtmäßig erweist. In Anbetracht des Jugendschutzes und der Suchtprävention als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 – 1 BvR 1694/13 u.a. –, NVwZ 2017, 1111, Rn. 159) müssen die finanziellen Interessen des Klägers – ohne Berücksichtigung von Bestandsschutzinteressen (s.o.) – in der hier vorliegenden Konstellation zwingend zurücktreten, da der mit dem Abstandsgebot verfolgte Schutz ansonsten vollständig seine Wirkung verlieren würde. Hier konnte – auch teils ohne konkrete Zahlen (s.o.) – hinreichend sicher darauf geschlossen werden, dass zumindest drei Einrichtungen mit einer nicht unerheblichen Anzahl an Minderjährigen im besonders gefährdeten Alter im Umkreis von 500 Metern liegen und daher von vornherein keine Ausnahme möglich wäre.

60

dd) Eine enge Interpretation der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG mit der Folge, dass nur noch eine sehr geringe Anzahl an Spielhallen im innerstädtischen Bereich betrieben werden dürfen, steht insoweit auch im Einklang mit der Intention des Gesetzgebers. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu Jugendeinrichtungen wurde für Wettvermittlungsstellen im Jahr 2015 auf 250 Meter verringert, da sich – nach Auffassung des Gesetzebers – gezeigt habe, dass ein Abstandsgebot von 500 Metern zur Folge habe, dass im innerstädtischen Bereich aufgrund einer Vielzahl von Schulen, Kindergärten, Nachhilfeeinrichtungen etc. nur unverhältnismäßig wenige Örtlichkeiten zur Verfügung stünden, an denen eine Wettvermittlungsstelle eröffnet werden dürfte (LT-Drs. 16/4671, S. 21). Demgegenüber wurde aber der Abstand von 500 Metern für Spielhallen bewusst beibehalten, sodass der Gesetzgeber dahingehend – vor dem Hintergrund der enorm hohen Suchtgefahr – auch eine sehr niedrige Anzahl an Spielhallen im innerstädtischen Bereich anstrebt oder jedenfalls hinnimmt (vgl. LT-Drs. 16/4671, S. 21).

61

d) Nach alledem haben die Beklagte und der Beigeladene ermessensfehlerfrei eine Ausnahme gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LGlüG abgelehnt, sodass der Kläger keinen Anspruch auf Neubescheidung hat. Ob die Ablehnung einer Ausnahmebewilligung daneben auch auf den fehlenden Mindestabstand zu vier weiteren Spielhallen gestützt werden konnte, kann unerörtert bleiben, da die oben ausführlich erwähnten Gesichtspunkte des Jugendschutzes erkennbar vorrangig bzw. sogar allein maßgeblich für die Ermessensbetätigung des Beigeladenen und damit auch der sich darauf beziehenden Beklagten waren (vgl. OVG RP, Urteil vom 26. August 2014 – 6 A 10098/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 98 [101]).

62

3. Einen geltend gemachten Anspruch auf eine „unbefristete“ oder jedenfalls eine über den 30. Juni 2021 hinaus befristete Erlaubnis kann der Kläger auch nicht aus § 11a Abs. 4 LGlüG herleiten. Demnach soll für sogenannte Bestandsspielhallen eine Befreiung im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV von den Vorgaben des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LGlüG zugelassen werden, wenn dies aus Gründen des Vertrauens- und Bestandsschutzes erforderlich ist. Ein solche Befreiung hat der Kläger bereits befristet in Form einer „Duldung“ erhalten. Wie sich aus § 11a Abs. 5 LGlüG ausdrücklich ergibt, kann eine solche Befreiung (hier von der Beklagten als „Duldung“ bezeichnet) nur bis zum Ende der Geltungsdauer des GlüStV erteilt werden, was infolgedessen nicht zu beanstanden ist. Auch verfassungsrechtlich begegnet die Vorschrift aus den oben bereits dargestellten Gründen keinen Bedenken. Der Kläger kann die Spielhalle bis zum Ende der Frist weiter betreiben. Insbesondere muss der Kläger während der ausdrücklichen Duldung seines Betriebs (unter Verstoß gegen das Abstandsgebot) nicht fürchten, strafrechtlich gemäß § 284 StGB belangt zu werden, da auch eine „Duldung“ insoweit das von ihm veranstaltete Glücksspiel nicht als „unerlaubt“ erscheinen lässt (vgl. etwa Gaede, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 5. Auflage 2017, § 284, Rn. 21). Ebensowenig kommt in diesem Zeitraum die Verhängung eines Bußgeldes (wegen eines solchen Verstoßes gegen das Abstandsgebot) in Betracht. Da der Kläger durch die bloße Bezeichnung als „Duldung“ daher materiell nicht beschwert ist, kommt ihm kein Rechtsschutzbedürfnis dahingehend zu, dass etwa die „Duldung“ auch als „Erlaubnis“ bezeichnet werden müsste.

63

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat und sich damit einem Prozessrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es hier der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

64

IV. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss

65

der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 19. September 2019

66

Der Streitwert wird auf 15.000 € festgesetzt, da es hier um die Erteilung einer (speziellen) gewerberechtlichen Erlaubnis geht (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

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