Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (2. Kammer) - 2 B 15/22
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe
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Das vorläufige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.
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I. Der von ihm am 27.04.2022 gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 19.08.2021 gegen die dem Nachbarbauvorhaben der Beigeladenen am 04.08.2021 erteilte Baugenehmigung anzuordnen,
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ist nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO statthaft und auch sonst zulässig.
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Nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen anordnen, in denen die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO entfällt. Das ist hier der Fall, da dem Widerspruch des Antragstellers gegen die der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren nach § 69 LBO erteilte Baugenehmigung für die Neuerrichtung zweier Wohnhäuser mit insgesamt 10 Wohneinheiten und einer gemeinsamen Tiefgarage auf den westlich seines Grundstücks gelegenen Nachbargrundstücken C-Straße in A-Stadt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommt.
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II. Sein Antrag ist jedoch unbegründet.
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Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das Interesse des beigeladenen Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung einerseits und das Interesse des antragstellenden Nachbarn, von der Vollziehung der Baugenehmigung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte. Darüber hinaus ist in die Abwägung einzustellen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung haben sollen und der Gesetzgeber damit dem Bauverwirklichungsinteresse grundsätzlich den Vorrang eingeräumt hat. Insofern kann das Gericht die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage nur anordnen, wenn auf Seiten des Antragstellers geltend gemacht werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine Rechtsposition durch den Bau und die Nutzung des genehmigten Vorhabens unerträglich oder in einem nicht wiedergutzumachenden Maße beeinträchtigt bzw. gefährdet wird. Dabei macht der Verweis auf die Rechtsposition des antragstellenden Nachbarn allerdings deutlich, dass bei baurechtlichen Nachbarrechtsbehelfen nicht allein die objektive Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung in den Blick zu nehmen ist, sondern dass Rechtsbehelfe dieser Art nur erfolgreich sein können, wenn darüber hinaus gerade der widersprechende bzw. klagende Nachbar in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt ist. Ob die angefochtene Baugenehmigung insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist dagegen nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Baugenehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verhältnis der Grundstücksnachbarn untereinander als schutzwürdig ansieht. Dabei ist für die Beurteilung der Verletzung von öffentlich-rechtlich geschützten Nachbarrechten durch eine Baugenehmigung allein der Regelungsinhalt der Genehmigungsentscheidung maßgeblich. Eine hiervon abweichende Ausführung kann die Aufhebung der Baugenehmigung demgegenüber nicht rechtfertigen.
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Nach diesem Maßstab überwiegt vorliegend das Interesse der Beigeladenen, die ihr erteilte Baugenehmigung sofort, d. h. ungeachtet des Widerspruchs des Antragstellers ausnutzen zu können; denn bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich nicht mit hinreichender, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die angefochtene Baugenehmigung Nachbarrechte des Antragstellers verletzt. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme ist nicht auszumachen.
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1. Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass sich das Vorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung - insb. Traufhöhe, Grundfläche und Anzahl der Geschosse - nicht in die nähere Umgebung einfüge, so handelt es sich bei diesen Kriterien nach allgemeiner Auffassung der Verwaltungsgerichte um solche, die nur im überplanten Gebiet und auch dann nur bei Feststellung eines entsprechenden ausdrücklichen planerischen Willens der Gemeinde Drittschutz vermitteln können (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 12.05.2020, - 1 MB 9/20 –, Rn 6, juris; Beschluss vom 25.10.2012, - 1 MB 38/12 -, juris). Die Grundstücke liegen hier bereits nicht im Gebiet eines Bebauungsplans, sondern im unbeplanten Innenbereich.
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Mit seiner Rüge einer von der Umgebung abweichenden Gestaltung des Vorgartens sowie einer nicht einfügsamen Dachform des angegriffenen Bauvorhabens bezieht sich der Antragsteller dagegen auf Gestaltungsaspekte, denen grundsätzlich kein nachbarschützender Charakter zukommt.
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2. Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch berufen. Dieser Anspruch wird durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch eine „Verfremdung“ des Gebiets eingeleitet und damit das nachbarliche Austauschverhältnis gestört wird, das auf dem Gedanken beruht, dass sich jeder Grundstückseigentümer davor schützen können muss, dass er über die durch die Festsetzung einer Gebietsart normierte oder aus einer wie hier faktisch vorhandenen Gebietsart eines allgemeinen oder gar reinen Wohngebietes sich ergebenden Beschränkung seiner Baufreiheit hinaus durch eine nicht zulässige Nutzung eines anderen Grundstückseigentümers nochmals zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteil vom 16.9.1993, - 4 C 28.91 -, juris; Urteil vom 23.08.1996, - 4 C 13.94 -, juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 07.06.1999, - 1 M 119/98 -, juris). Ein solches seiner Art nach gebietsunverträgliches Vorhaben liegt mit dem der Beigeladenen genehmigten Wohnbauvorhaben offenkundig nicht vor, da es sich hier um ein faktisches reines Wohngebiet handelt. Als Nutzungsart kennt die Baunutzungsverordnung aber nur das „Wohnen“ als solches, ohne dahingehend zu differenzieren, ob diese Nutzung in freistehenden Einfamilien-, Doppel- oder Mehrfamilienhäusern erfolgt. Die Errichtung von Mehrfamilienhäusern kann daher auch nicht von benachbarten Grundstückseigentümern mit der Begründung abgewehrt werden, eine derartige Nutzung passe nicht in ihr Wohngebiet.
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Auch einen Gebietsprägungserhaltungsanspruch des Inhalts, dass dieser unabhängig von der Art der Nutzung des geplanten Bauvorhabens einen Abwehranspruch vermittelt, weil das Vorhaben einem für das Baugebiet charakteristischen harmonischen Erscheinungsbild, hier im Sinne eines Villen- oder Einfamilienhausgebiets mit kleinteiligerer Bebauung und großzügigen Gartenflächen, nicht entspricht, erkennt die Kammer in ständiger Rechtsprechung nicht an (z. B. Beschluss vom 17.12.2012 - 2 B 88/12 -; vom 29.01.2014 - 2 B 6/14 -; vom 24.02.2014 - 2 B 12/14 -; vom 04.07.2017 – 2 B 25/17; vom 04.01.2022 – 2 B 53/21 – ; so auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.5.2014, - 1 ME 47/14 -, juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 21.07.2015 – 1 MB 16/15 -, n.v.). Insbesondere kann auch aus einer bestimmten, in der Vergangenheit vorhandenen Genehmigungspraxis der Genehmigungsbehörde bei der Zulassung von Bebauung im Gebiet oder eine (vermeintliche) vormalige Praxis, Vorhaben mit bestimmtem Umfang dort nicht zuzulassen, ein Nachbarschutz vermittelndes Austauschverhältnis nicht hergeleitet werden. Zum Schutz der Nachbarn ist vielmehr das Rücksichtnahmegebot ausreichend, das eine Abwägung der nachbarlichen Interessen ermöglicht und den Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen schützt (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 12.05.2020, - 1 MB 9/20 –, Rn 6 f., juris).
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3. Das Wohnbauvorhaben der Beigeladenen verletzt seinen Ausmaßen und seiner Lage nach auch nicht das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme.
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Welche Anforderung das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksicht verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, Urteil vom 25.02.1977 - 4 C 22/75 -, Rn. 22, juris).
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Im Hinblick auf die Ausmaße und die Lage eines Bauvorhabens ist anerkannt, dass dieses gegenüber einem benachbarten Gebäude rücksichtslos sein kann, wenn von ihm eine „bedrängende“ oder (gar) „erdrückende“ Wirkung ausgeht, oder seine Verwirklichung zu gravierenden, nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führt. Mit anderen Worten wird dies dann angenommen, wenn die baulichen Dimensionen des „erdrückenden Gebäudes“ aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles derart übermächtig sind, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von dem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird, oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d.h. dort das Gefühl des Eingemauertseins oder der Gefängnishofsituation hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Dass das Vorhaben die bislang vorhandene Situation lediglich verändert oder dem Nachbarn (sehr) unbequem ist, reicht nicht aus. Die in den gewählten Ausdrücken bzw. Bildern („Gefängnishofsituation“, „Eingemauertsein“, „erdrücken“, „erschlagen“, „Luft zum Atmen nehmen“) liegende „Dramatik“ ist danach vielmehr ernst zu nehmen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.01.2007 - 1 ME 80/07 -, Rn. 24 und vom 13.01.2010 - 1 ME 237/09 -, Rn. 14, beide juris; s.a. Beschlüsse der Kammer vom 21.02.2011 - 2 B 8/11 -, vom 02.02.2012 - 2 B 1/12 -, vom 28.06.2012 - 2 B 30/12 - und vom 08.12.2014 - 2 B 85/14 -, n.v.). Ob eine solche Wirkung vorliegt oder nicht, kann nur unter wertender Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Neben den Ausmaßen der betreffenden Baukörper in ihrem Verhältnis zueinander kann auch deren jeweilige Lage eine maßgebliche Rolle spielen. Im Rahmen dieser Bewertung ist regelmäßig auch die Entfernung zwischen den Baukörpern beziehungsweise die Entfernung der "erdrückenden" baulichen Anlage zu den Grenzen des "erdrückten" Grundstücks von Bedeutung. Zusätzlich kann von Belang sein, wie die angrenzenden Flächen genutzt sind, insbesondere ob die "erdrückende" bauliche Anlage für sich steht oder ob sie von anderen Baukörpern vergleichbarer Dimension umgeben ist, die zu der "erdrückenden Wirkung" noch beitragen und diese verstärken können.
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Unter Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich die erforderliche „Dramatik“ nicht. So wird das streitgegenständliche Mehrfamilienhaus mit einer Firsthöhe von 10,20 m das Gebäude des Antragstellers um nicht einmal zwei Meter überragen und auch seiner Grundfläche nach nur um geschätzt 1/4 größer ausfallen. Diese Größenunterschiede rechtfertigen keinesfalls die Annahme einer bedrängenden oder erdrückenden Wirkung, zumal das Gebäude des Antragstellers weiterhin über ausreichend umgebende Freiflächen verfügen wird.
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4. Soweit der Antragsteller eine Verschattung seines Gebäudes durch den west-südwestlich seines Gebäudes gelegenen Baukörper geltend macht, so überzeugt dies bereits tatsächlich nicht, da er zumindest in Richtung Süden und Osten weiterhin Sonneneinstrahlung vorfindet. Von einer nunmehrigen unzumutbaren Verschattung durch das Vorhaben des Beigeladenen kann daher keine Rede sein. Ein angeblich hierdurch erlittener erheblicher Wertverlust seines Grundstücks stellt zudem für sich genommen bereits dem Ansatz nach keine nachbarrechtsrelevante Beeinträchtigung dar; vielmehr ist immer auf die Zumutbarkeit abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.12.1996 – 4 B 215/96 –, Rn. 9, juris, m.w.N.).
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5. Unerheblich ist weiter, dass sich mit der Errichtung des Vorhabens der Beigeladenen über das bisherige Maß hinaus Einsichtsmöglichkeiten sowohl auf das Gebäude des Antragstellers selbst, als auch - vermittelt durch die Balkone an der Südseite des Vorhabens - bezogen auf den rückwärtigen Gartenbereich seines Grundstücks ergeben werden. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn grundsätzlich hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu Einsichtsmöglichkeiten kommt, die in einem bebauten Gebiet üblich sind. Allenfalls in besonderen, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geprägten Ausnahmefällen kann sich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme etwas Anderes ergeben.
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Tragfähige Ansatzpunkte für einen solchen situationsbedingten Ausnahmefall (vgl. dazu OVG Schleswig, Beschluss vom 24.11.2011 – 1 LA 65/11 –, Rn. 6, juris, m.w.N.) sind aber weder dem Vorbringen des Antragstellers noch den tatsächlichen Verhältnissen zu entnehmen. Für einen Ausnahmefall – bspw. die Schaffung eines unmittelbaren Einblicks aus kürzester Entfernung auf geschützte Räumlichkeiten (wie z.B. Schlafzimmer) – gibt weder der Vortrag des Antragstellers noch die Aktenlage etwas her. Insbesondere kann aus der bloßen Existenz der zwölf Fenster an der dem Grundstück des Antragstellers zugewandten Giebelseite des Vorhabens nicht auf unzumutbare Einsichtnahmemöglichkeiten auf sein Grundstück geschlossen werden; das Gleiche gilt für die in Richtung des rückwärtigen Gartenbereichs ausgerichteten Balkone. Dass Einsichtnahmemöglichkeiten bislang nur in geringerem Umfang bestanden, ist lediglich auf die zuvor zurückhaltende Ausnutzung des Grundstücks der Beigeladenen zurückzuführen. Es ist dem Antragsteller insoweit zuzumuten, unerwünschte Einblicke durch eigene Mittel abzuwehren, sei es durch Sichtschutz im Haus oder im Gartenbereich.
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6. Auch die vier Außenstellplätze und die Tiefgarage einschließlich der Zufahrt erweisen sich nicht als rücksichtslos.
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Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 12 Abs. 1 BauNVO sind Stellplätze und Garagen grundsätzlich in allen (hier faktischen) Baugebieten zulässig. Nach Abs. 2 sind lediglich in Kleinsiedlungsgebieten, Reinen Wohngebieten und Allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. Hieraus folgt, dass die durch Stellplätze hervorgerufenen Immissionen auch in Allgemeinen Wohngebieten grundsätzlich hinzunehmen sind, soweit ihre Anzahl den für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf nicht überschreiten. Vorliegend ist dies bei zehn Tiefgaragenstellplätzen und insgesamt vier Stellplätzen im vorderen Grundstücksbereich - zwei davon in unmittelbarer Nähe des Grundstücks des Antragstellers - für zwei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt zehn Wohnungen der Fall.
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Das darüber hinaus auch insoweit geltende, in § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 12 BauNVO enthaltene Rücksichtnahmegebot gebietet nur, nach § 12 BauNVO an sich zulässige Stellplätze und Garagen im Einzelfall dann als unzulässig zu erachten, wenn sie zu über das von den Nachbarn hinzunehmende Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen führen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 07.09.2017 – 1 MB 11/17 –, Rn. 13, juris, m.w.N.). Dabei kommt der Zufahrt eine besondere Bedeutung zu, weil - jedenfalls bei Wohnbebauung - der Zu- und Abgangsverkehr die Nachbarschaft regelmäßig am stärksten belastet. Demgemäß können insbesondere Garagen und Stellplätze in ruhigen rückwärtigen Gartenbereichen hinter Wohnhäusern rechtlichen Bedenken begegnen, wobei es jedoch auch hier immer einer Einzelfallwürdigung bedarf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.03.2003 – 4 B 59/02 –, Rn. 6 - 7, juris, m.w.N.). Eine solche Konstellation des Vordringens in ruhige rückwärtige Gartenbereiche liegt aber gerade nicht vor. Unzumutbare Auswirkungen sind nach den Umständen des Einzelfalls auch sonst nicht zu erwarten. Insbesondere erweisen sich die konkrete räumliche Anordnung der Zufahrt zur Tiefgarage, die zwischen den beiden Mehrfamilienhäusern positioniert ist und damit zum Grundstück des Antragstellers geschätzt einen Abstand von 18 m und von seinem Gebäude geschätzt 25 m einhält, sowie der Stellplätze im vorderen Bereich des Grundstücks der Beigeladenen nicht als rücksichtslos. Von der Tiefgaragenzufahrt können aufgrund der Entfernung gegenüber dem Grundstück des Antragstellers kaum Emissionen ausgegeben und auch die zu seiner Grundstücksgrenze hin geplanten Stellplätze im vorderen Bereich sind zumutbar.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig erklärt worden, weil sie einen eigenen Antrag gestellt hat und damit das Risiko eigener Kostenpflicht nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist.
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IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG. Der bei Geltendmachung der Beeinträchtigung eines Einfamilienhauses nach den ständigen Streitwertannahmen des OVG Schleswig anzusetzende Wert von 15.000 € war hier wegen des nur vorläufigen Regelungscharakters des Eilverfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
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