Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (2. Kammer) - 2 B 22/22
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht
erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe
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Das vorläufige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.
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Der von ihm am 18.05.2022 gestellte Antrag, „die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 20.02.2022 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10.01.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2022 und der eingereichten Klage vom 18.05.2022 anzuordnen“, bedarf gemäß § 88 VwGO zunächst der ergänzenden Auslegung. Bei dem Bescheid vom 10.01.2022 handelt es sich um die der Beigeladenen erteilte Nachtragsbaugenehmigung zur Errichtung eines Flachdachs statt des ursprünglich genehmigten flach geneigten Satteldachs. Aus dem Vorbringen des Antragstellers wird deutlich, dass er sich gegen das Vorhaben insgesamt und damit auch gegen die Ursprungsgenehmigung vom 05.07.2021 wendet. In diesem Sinne ist der Widerspruch des Antragstellers auch vom Antragsgegner verstanden und bearbeitet worden. Gegenstand des Antrages ist daher die Baugenehmigung vom 05.07.2021 in der Fassung der Nachtragbaugenehmigung vom 10.01.2022 und des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2022. Der so ausgelegte Antrag ist nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO statthaft und auch sonst zulässig.
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Nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen anordnen, in denen die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO entfällt. Das ist hier der Fall, da dem Widerspruch und der Klage des Antragstellers gegen die der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren nach § 69 LBO erteilte Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines Mehrfamilienhauses mit 13 Wohnungen und Tiefgarage auf dem westlich seines Grundstücks bzw nordwestlich seines Wohngebäudes gelegenen Nachbargrundstücks H-Straße in A-Stadt (Flurstücke X/X und X/X, Flur X, Gemarkung A-Stadt) nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommen. Sein Antrag ist jedoch unbegründet.
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Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das Interesse der beigeladenen Bauherrin an der sofortigen Ausnutzung der ihr erteilten Baugenehmigung nebst Nachtragsbaugenehmigung einerseits und das Interesse des antragstellenden Nachbarn, von der Vollziehung der Baugenehmigung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte. Darüber hinaus ist in die Abwägung einzustellen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung haben sollen und der Gesetzgeber damit dem Bauverwirklichungsinteresse grundsätzlich den Vorrang eingeräumt hat. Insofern kann das Gericht die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage nur anordnen, wenn auf Seiten des Antragstellers geltend gemacht werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine Rechtsposition durch den Bau und die Nutzung des genehmigten Vorhabens unerträglich oder in einem nicht wiedergutzumachenden Maße beeinträchtigt bzw. gefährdet wird. Dabei macht der Verweis auf die Rechtsposition des antragstellenden Nachbarn allerdings deutlich, dass bei baurechtlichen Nachbarrechtsbehelfen nicht allein die objektive Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung in den Blick zu nehmen ist, sondern dass Rechtsbehelfe dieser Art nur erfolgreich sein können, wenn darüber hinaus gerade der widersprechende bzw. klagende Nachbar in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt ist. Ob die angefochtene Baugenehmigung insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist dagegen nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Baugenehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verhältnis der Grundstücksnachbarn untereinander als schutzwürdig ansieht. Dabei ist für die Beurteilung der Verletzung von öffentlich-rechtlich geschützten Nachbarrechten durch eine Baugenehmigung allein der Regelungsinhalt der Genehmigungsentscheidung maßgeblich. Eine hiervon abweichende Ausführung kann die Aufhebung der Baugenehmigung demgegenüber nicht rechtfertigen.
- 5
Nach diesem Maßstab überwiegt vorliegend das Interesse der Beigeladenen, die ihr erteilte Baugenehmigung sofort, d. h. ungeachtet der Klage des Antragstellers ausnutzen zu können; denn bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich nicht mit hinreichender, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die angefochtene Baugenehmigung nebst Nachtragsbaugenehmigung Nachbarrechte des Antragstellers verletzt. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme ist nicht auszumachen.
- 6
Soweit der Antragsteller geltend macht, bei dem Bauvorhaben handele es sich um einen hochmodernen 3-geschossigen, 4-eckigen Klotz mit Flachdach, der sich vom Gebäudetyp her planerisch nicht in das Wohngebiet einfüge, verkennt er bereits, dass die städtebauliche Planung allein der Stadt A-Stadt obliegt. Diese hat mit der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 71, O-Straße/G- Straße, in dessen Plangebiet sowohl das Grundstück des Antragstellers als auch das Vorhabengrundstück liegen, den maßgeblichen städtebaulichen Rahmen für die Bebauung im Plangebiet gesetzt. Die Stadt A-Stadt verfolgt mit der Aufstellung dieses Bebauungsplans ausweislich seiner Begründung ausdrücklich eine Verdichtung der Bebauung auch im hinteren Bereich der Grundstücke entlang des O.. An geeigneten Stellen soll eine bisher nicht erfolgte Bebauung in 2. Reihe oder ein rückwärtiges Anbauen ermöglicht werden. Auf diese Weise soll dem Gebot des schonenden Umgangs mit Grund und Boden entsprochen und in gewissem Maße einer weiteren Außenentwicklung der Stadt in die Landschaft vorgebeugt werden. Zu diesem Zweck sieht der B-Plan auch im Bereich des Vorhabengrundstücks großzügige Baufenster vor. Die Bebauung ist begrenzt auf eine Firsthöhe von 9,50 m, 2 Vollgeschosse und eine Grundflächenzahl von 0,3. Wenn der Antragsteller der Auffassung ist, hierdurch entstünden zu große, nicht einfügsame Bauvorhaben, so hätte er entsprechende Einwendungen im Aufstellungsverfahren erheben müssen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Abwägungsergebnis nicht vertretbar und der B-Plan daher unwirksam wäre.
- 7
Nach dem Inhalt der übersandten Baugenehmigungsakten erfüllt das Bauvorhaben aber diese städtebaulichen Festsetzungen. Soweit der Antragsteller geltend macht, der Bebauungsplan sehe eine 2-geschossige Bebauung vor, das Vorhaben werde aber 3-geschossig errichtet, übersieht er, dass der B-Plan ausweislich der Zeichenerklärung die Anzahl der Vollgeschosse festsetzt, es sich aber bei dem 3. Geschoss des Bauvorhabens nicht um ein solches, sondern um ein nicht zu berücksichtigendes Staffelgeschoss handelt.
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Angemerkt sei noch, dass Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (wie Firsthöhe, Grundfläche, Geschossigkeit) in einem Plangebiet ohnehin nur Drittschutz vermitteln, wenn sich der Planbegründung ein entsprechender Wille der Gemeinde entnehmen lässt, was hier aber nicht der Fall ist. (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 12.05.2020, - 1 MB 9/20 –, Rn 6, juris; Beschluss vom 25.10.2012, - 1 MB 38/12 -, juris).
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Lediglich hinsichtlich der Dachform weicht das Bauvorhaben von den gestalterischen Festsetzungen des Bebauungsplans in Ziff. 8.2 ab, wonach für Hauptgebäude nur geneigte Dächer mit einer Neigung von 15 bis 50 ° zulässig sind. Soweit hiervon durch die Nachtragsbaugenehmigung vom 10.01.2022 befreit worden ist, ist zu berücksichtigen, dass gestalterische Festsetzungen nur im öffentlichen Interesse erfolgen und Drittschutz nicht vermitteln.
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Der Antragsteller kann sich entgegen seiner Auffassung auch nicht mit Erfolg auf einen sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch berufen. Dieser Anspruch wird durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch eine „Verfremdung“ des Gebiets eingeleitet und damit das nachbarliche Austauschverhältnis gestört wird, das auf dem Gedanken beruht, dass sich jeder Grundstückseigentümer davor schützen können muss, dass er über die durch die Festsetzung einer Gebietsart normierte oder aus einer faktisch vorhandenen Gebietsart eines allgemeinen Wohngebietes sich ergebenden Beschränkung seiner Baufreiheit hinaus durch eine nicht zulässige Nutzung eines anderen Grundstückseigentümers nochmals zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteil vom 16.9.1993, - 4 C 28.91 -, juris; Urteil vom 23.08.1996, - 4 C 13.94 -, juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 07.06.1999, - 1 M 119/98 -, juris). Ein solches seiner Art nach gebietsunverträgliches Vorhaben liegt mit dem der Beigeladenen genehmigten Wohnbauvorhaben offenkundig nicht vor, da es sich hier um ein festgesetztes allgemeines Wohngebiet handelt. Als Nutzungsart kennt die Baunutzungsverordnung aber nur das „Wohnen“ als solches, ohne dahingehend zu differenzieren, ob diese Nutzung in freistehenden Einfamilien-, Doppel- oder Mehrfamilienhäusern erfolgt. Die Errichtung von Mehrfamilienhäusern kann daher auch nicht von benachbarten Grundstückseigentümern mit der Begründung abgewehrt werden, eine derartige Nutzung passe nicht in ihr Wohngebiet.
- 11
Auch einen Gebietsprägungserhaltungsanspruch des Inhalts, dass dieser unabhängig von der Art der Nutzung des geplanten Bauvorhabens einen Abwehranspruch vermittelt, weil das Vorhaben einem für das Baugebiet charakteristischen harmonischen Erscheinungsbild, etwa im Sinne eines Villen- oder Einfamilienhausgebiets mit kleinteiligerer Bebauung und großzügigen Gartenflächen, nicht entspricht, erkennt die Kammer in ständiger Rechtsprechung nicht an (z. B. Beschluss vom 17.12.2012 - 2 B 88/12 -; vom 29.01.2014 - 2 B 6/14 -; vom 24.02.2014 - 2 B 12/14 -; vom 04.07.2017 – 2 B 25/17; vom 04.01.2022 – 2 B 53/21 – ; so auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.5.2014, - 1 ME 47/14 -, juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 21.07.2015 – 1 MB 16/15 -, n.v.). Zum Schutz der Nachbarn ist vielmehr das Rücksichtnahmegebot ausreichend, das eine Abwägung der nachbarlichen Interessen ermöglicht und den Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen schützt (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 12.05.2020, - 1 MB 9/20 –, Rn 6 f., juris).
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Das Wohnbauvorhaben der Beigeladenen verletzt seinen Ausmaßen und seiner Lage nach auch nicht das in § 15 BauNVO enthaltene nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme.
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Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksicht verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, Urteil vom 25.02.1977 - 4 C 22/75 -, Rn. 22, juris).
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Im Hinblick auf die Ausmaße und die Lage eines Bauvorhabens ist anerkannt, dass dieses gegenüber einem benachbarten Gebäude rücksichtslos sein kann, wenn von ihm eine „bedrängende“ oder (gar) „erdrückende“ Wirkung ausgeht, oder seine Verwirklichung zu gravierenden, nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führt. Mit anderen Worten wird dies dann angenommen, wenn die baulichen Dimensionen des „erdrückenden Gebäudes“ aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles derart übermächtig sind, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von dem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird, oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d.h. dort das Gefühl des Eingemauertseins oder der Gefängnishofsituation hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Dass das Vorhaben die bislang vorhandene Situation lediglich verändert oder dem Nachbarn (sehr) unbequem ist, reicht nicht aus. Die in den gewählten Ausdrücken bzw. Bildern („Gefängnishofsituation“, „Eingemauertsein“, „erdrücken“, „erschlagen“, „Luft zum Atmen nehmen“) liegende „Dramatik“ ist danach vielmehr ernst zu nehmen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.01.2007 - 1 ME 80/07 -, Rn. 24 und vom 13.01.2010 - 1 ME 237/09 -, Rn. 14, beide juris; s.a. Beschlüsse der Kammer vom 21.02.2011 - 2 B 8/11 -, vom 02.02.2012 - 2 B 1/12 -, vom 28.06.2012 - 2 B 30/12 - und vom 08.12.2014 - 2 B 85/14 -, n.v.). Ob eine solche Wirkung vorliegt oder nicht, kann nur unter wertender Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Neben den Ausmaßen der betreffenden Baukörper in ihrem Verhältnis zueinander kann auch deren jeweilige Lage eine maßgebliche Rolle spielen. Im Rahmen dieser Bewertung ist regelmäßig auch die Entfernung zwischen den Baukörpern beziehungsweise die Entfernung der "erdrückenden" baulichen Anlage zu den Grenzen des "erdrückten" Grundstücks von Bedeutung. Zusätzlich kann von Belang sein, wie die angrenzenden Flächen genutzt sind, insbesondere ob die "erdrückende" bauliche Anlage für sich steht oder ob sie von anderen Baukörpern vergleichbarer Dimension umgeben ist, die zu der "erdrückenden Wirkung" noch beitragen und diese verstärken können.
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Unter Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich die erforderliche „Dramatik“ nicht ansatzweise. Das Bauvorhaben weist noch einen geschätzten Abstand zum Gebäude des Antragstellers von ca. 10 m auf. Als Mehrfamilienhaus ist es mit einer Firsthöhe von 9,47 m (Oberkante Fahrstuhlschacht), 2 Vollgeschossen und einer Grundfläche von 513 qm moderat gestaltet. Unerheblich ist weiter, dass sich mit der Errichtung des Vorhabens der Beigeladenen über das bisherige Maß hinaus Einsichtsmöglichkeiten sowohl auf das Gebäude des Antragstellers selbst, als auch bezogen auf den rückwärtigen Gartenbereich seines Grundstücks ergeben werden. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn grundsätzlich hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu Einsichtsmöglichkeiten kommt, die in einem bebauten Gebiet üblich sind. Allenfalls in besonderen, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls geprägten Ausnahmefällen kann sich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme etwas Anderes ergeben. Tragfähige Ansatzpunkte für einen solchen situationsbedingten Ausnahmefall (vgl. dazu OVG Schleswig, Beschluss vom 24.11.2011 – 1 LA 65/11 –, Rn. 6, juris, m.w.N.) sind aber weder dem Vorbringen des Antragstellers noch den tatsächlichen Verhältnissen zu entnehmen.
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Auch die drei Außenstellplätze und die Tiefgarage einschließlich der Zufahrt erweisen sich nicht als rücksichtslos.
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Gemäß § 30 BauGB i.V.m. § 12 Abs. 1 BauNVO sind Stellplätze und Garagen grundsätzlich in allen Baugebieten zulässig. Nach Abs. 2 sind lediglich in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. Hieraus folgt, dass die durch Stellplätze hervorgerufenen Immissionen auch in allgemeinen Wohngebieten grundsätzlich hinzunehmen sind, soweit ihre Anzahl den für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf nicht überschreiten. Vorliegend ist dies bei zehn Tiefgaragenstellplätzen und insgesamt drei oberirdischen Stellplätzen - zwei davon im ganz hinteren Bereich des Vorhabengrundstücks - für ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt dreizehn Wohnungen der Fall.
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Das darüber hinaus auch insoweit geltende Rücksichtnahmegebot gebietet nur, nach § 12 BauNVO an sich zulässige Stellplätze und Garagen im Einzelfall dann als unzulässig zu erachten, wenn sie zu über das von den Nachbarn hinzunehmende Maß hinausgehenden Beeinträchtigungen führen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 07.09.2017 – 1 MB 11/17 –, Rn. 13, juris, m.w.N.). Dabei kommt der Zufahrt eine besondere Bedeutung zu, weil - jedenfalls bei Wohnbebauung - der Zu- und Abgangsverkehr die Nachbarschaft regelmäßig am stärksten belastet. Demgemäß können insbesondere Garagen und Stellplätze in ruhigen rückwärtigen Gartenbereichen hinter Wohnhäusern rechtlichen Bedenken begegnen, wobei es jedoch auch hier immer einer Einzelfallwürdigung bedarf. Die besonderen Umstände des Einzelfalles können es erforderlich machen, die Beeinträchtigung der Nachbarschaft auf das ihr entsprechend der Eigenart des Gebiets zumutbare Maß zu mindern. Hierfür kommen beispielsweise die bauliche Gestaltung der Stellplätze und ihrer Zufahrt, eine Anordnung, die eine Massierung vermeidet, der Verzicht auf Stellplätze zugunsten einer Tiefgarage oder Lärmschutzmaßnahmen an der Grundstücksgrenze in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.03.2003 – 4 B 59/02 –, Rn. 6 - 7, juris, m.w.N.). Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben hier keinen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. In dem Straßengeviert O., A., W. befindet sich kein schützenswerter, von Bebauung freigehaltener Ruhebereich mehr. Auch ist die Stadt A-Stadt bei ihrer Planung davon ausgegangen, dass die Bebauung der hinteren Grundstücksbereiche über die Vorderliegergrundstücke erfolgen muss; der H. ist dabei ausdrücklich in den Blick genommen worden (Seite 9 der Planbegründung). Nach den Festsetzungen des B-Plans sind zudem Stellplätze im Straßenrandbereich nicht erlaubt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Vorderliegergrundstücke durch den massiven Verkehrslärm auf dem O. bereits massiv faktisch vorbelastet sind. Berücksichtigt man, dass schon 2006 ca. 6.000 Kfz/24 h auf dieser Straße ermittelt wurden, liegt es auf der Hand, dass von 13 Stellplätzen verursachte Verkehrsbewegungen nicht mehr ins Gewicht fallen, zumal eine Erhöhung der Immissionswerte um nur 3 dB(A) bereits eine Verdoppelung der ursächlichen Lärmquelle erfordert. Zudem hat die Beigeladene den Verkehrslärm bereits für die Nachbarschaft durch die Errichtung der Tiefgarage mit 10 Plätzen deutlich verringert. Gerade Geräusche, die üblicherweise durch das Türenschlagen und Starten des Motors unangenehm auffallen, entfallen als wahrnehmbare Lärmquelle.
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers vermag die Kammer besondere Beeinträchtigungen auch nicht durch die Anordnung der Zufahrt zur Tiefgarage erblicken. Die Entfernung vom Tor der Tiefgarage bis zum Gebäude des Antragstellers dürfte ca. 18 m betragen. Die Zufahrt selbst verläuft parallel zum H.. Lediglich die ausfahrenden Fahrzeuge könnten eventuell in einen Raum des Gebäudes des Antragstellers (nach dessen Angaben das Schlafzimmer) leuchten. Falls der Antragsteller sich durch das Scheinwerferlicht belästigt fühlen sollte, wäre es ihm zumutbar, durch Abschirmmaßnahmen (z.B. Rollos, Jalousien, Gardinen o.ä.) Abhilfe zu schaffen (OVG Schleswig, Beschluss vom 23.08.2012 - 1 MB 27/12 -).
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Soweit der Antragsteller sinngemäß geltend macht, der durch die zusätzlichen Stellplätze verursachte Lärm sei ihm schon deshalb nicht zumutbar, weil die zulässigen Lärmwerte bereits durch den vom Verkehr auf dem O. verursachten Verkehrslärm überschritten würden, vermag die Kammer auch diesem Ansatz nicht zu folgen. Der vom O. ausgehende Verkehrslärm kann im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung im Sinne einer rechtlich zu berücksichtigenden Vorbelastung finden. Der Begriff der Vorbelastung wird in Nr. 2.4 TA-Lärm rechtlich definiert. Danach ist Vorbelastung die Belastung eines Ortes mit Geräuschimmissionen von allen Anlagen, für die diese technische Anleitung gilt, ohne den Immissionsbeitrag der zu beurteilenden Anlage. Hieraus folgt, dass eine zu berücksichtigende Vorbelastung nur aus Immissionen anderer Anlagen resultieren kann, für die die TA-Lärm gilt. Fremdgeräusche, wozu eben auch allgemeine Verkehrsgeräusche zählen, werden der Anlage nicht zugerechnet. Für sie gelten die Regelungen der Verkehrslärmschutzverordnung -16. BImSchV – mit eigenen Immissionsgrenzwerten. Eine Zusammenrechnung dieser Immissionen unterschiedlicher Immissionsquellen findet nicht statt. (vgl. Bay VGH, Beschluss vom 09.02.2009 – 15 ZB 09.127 -).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig erklärt worden, weil sie keinen eigenen Antrag gestellt hat und damit nicht das Risiko eigener Kostenpflicht nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG. Der bei Geltendmachung der Beeinträchtigung eines Einfamilienhauses nach den ständigen Streitwertannahmen des OVG Schleswig anzusetzende Wert von 15.000 € war hier wegen des nur vorläufigen Regelungscharakters des Eilverfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
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