Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Der am ... in S. geborene Kläger, ein kroatischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Ausweisung.
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Der Kläger wuchs zusammen mit seinen zwei jüngeren Schwestern und zwei älteren Stiefbrüdern im Elternhaus in Deutschland auf. Er besuchte die Förderschule und beendete diese 1989 mit dem entsprechenden Abschluss. Danach sollte er das Berufsvorbereitungsjahr absolvieren. Hiervon wurde er jedoch aufgrund seines Verhaltens nach einem ¼ Jahr ausgeschlossen, so dass es ihm zur damaligen Zeit nicht gelungen war, den Hauptschulabschluss nachzuholen. In der Folgezeit fand der Kläger zunächst keine Tätigkeit und wurde von seinen Eltern versorgt. Seit November 2000 war er dann als Hilfsarbeiter bei einer Heizungs- und Lüftungsfirma tätig und verdiente ca. 1.000,00 EUR netto im Monat. Im März 2001 ist der Kläger von zuhause ausgezogen und war im Anschluss bis zu seiner Inhaftierung am 27.09.2002 in M. wohnhaft. Während seiner Inhaftierung meldete sich der Kläger wieder an den Wohnort seiner Eltern in L. um. Der Kläger ist ledig und besaß für seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt eine am 06.03.2002 erteilte, auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis.
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Der Kläger ist während seines Aufenthalts im Bundesgebiet mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten:
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1. Am 06.05.1998 hat das Amtsgericht Biberach ein Verfahren gegen den Kläger wegen Beihilfe zum Diebstahl nach § 47 JGG eingestellt.
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2. Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Biberach vom 22.08.2001, rechtskräftig seit dem 22.08.2001: Verurteilung wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr. Die Vollstreckung der Jugendstrafe wurde auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger von August 1999 bis November 2000 mit Marihuana, Ecstasy-Tabletten und Amphetaminen gehandelt hatte.
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3. Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Ravensburg vom 01.10.2001, rechtskräftig seit dem 09.10.2001: Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Biberach vom 22.08.2001 zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Die Vollstreckung der Jugendstrafe wurde auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger im Juli 2000 50 Ecstasy-Tabletten gewinnbringend verkauft bzw. im Oktober 2000 100 Ecstasy-Tabletten zu diesem Zwecke erworben hatte. Außerdem hatte er unter erheblichen Alkoholeinfluss am 06.07.2001 drei andere Personen zusammengeschlagen und erheblich verletzt. Einer der Geschädigten erlitt eine Schädelfraktur.
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Mit Schreiben des Landratsamts Sigmaringen vom 05.03.2002 wurde der Kläger wegen der begangenen Straftaten ausländerrechtlich verwarnt.
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4. Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Ravensburg vom 24.06.2002, rechtskräftig seit dem 24.06.2002: Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung und des Missbrauchs von Notrufen unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Ravensburg vom 01.10.2001 zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren. Die Entscheidung über die Vollstreckung der Jugendstrafe wurde bis zum 31.12.2002 ausgesetzt. Mit Beschluss vom 04.09.2002 wurde die Vollstreckung der Jugendstrafe angeordnet.
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Der Kläger befand sich seit dem 27.09.2002 in Strafhaft. Im April 2004 wurde er nach Erlass der Reststrafe aus der Haft entlassen.
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Mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 29.10.2002 wurde der Kläger zur beabsichtigten Ausweisung angehört. In seiner Stellungnahme vom 06.11.2002 brachte er im Wesentlichen vor, dass er in Deutschland geboren und hier aufgewachsen sei. Seine Eltern, seine Geschwister und seine gesamte Verwandtschaft lebten in der Bundesrepublik Deutschland. Er habe hier die Schule besucht und sei die letzten zwei Jahre bei der Fa. F. im Heizungs- und Lüftungsbau beschäftigt gewesen. Er habe die Absicht, in der Strafanstalt seinen Hauptschulabschluss nachzuholen, damit er nach seiner Haftentlassung eine Ausbildung beginnen könne. Sein früherer Chef habe bereits seine Bereitschaft für eine Wiedereinstellung nach Haftentlassung signalisiert.
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Mit Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.02.2003 wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Ihm wurde ferner die Abschiebung nach Kroatien direkt aus der Strafhaft heraus angedroht. Für den Fall der vorherigen Haftentlassung wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach seiner Haftentlassung zu verlassen; sollte er diese Ausreisefrist nicht einhalten, wurde ihm die Abschiebung nach Kroatien angedroht. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden könne, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Schließlich findet sich der Hinweis, dass der Vollzug der Abschiebung erst nach Ablauf eines Monats nach Bestandskraft bzw. Rechtskraft der Ausweisungsentscheidung stattfinde. Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass in Bezug auf den Kläger der Ausweisungstatbestand des § 45 Abs. 1 i.V.m. § 46 Nr. 2 AuslG vorliege. Er sei noch Heranwachsender, verfüge jedoch nicht über einen besonderen Ausweisungsschutz im Sinne des § 48 Abs. 1 und 2 AuslG. Im Rahmen der zutreffenden Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits als 15-jähriger mit dem Strafgesetz in Konflikt geraten sei. In der Folge sei er dann zweimal unter anderem wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden. Weder diese Verurteilungen noch die ausländerrechtliche Verwarnung des Landratsamts Sigmaringen vom 05.03.2002 habe er sich zu Herzen genommen. Im Gegenteil habe ihn das Amtsgericht Ravensburg am 24.06.2002 erneut verurteilen müssen. Eine günstige Sozialprognose habe ihm das Gericht, zumal er auch die erneuten Straftaten während seiner Bewährungszeit begangen habe, nicht ausstellen können. Gleichwohl habe ihm das Gericht eine Chance gegeben, sich eine Strafaussetzung zur Bewährung noch zu verdienen, indem er bis zum 31.12.2002 die vom Gericht aufgestellten Minimalvoraussetzungen (eine echte und intensive Zusammenarbeit mit seinem Bewährungshelfer, Inanspruchnahme der Dienste einer Drogenberatungsstelle, insbesondere um seine unter Alkoholeinfluss bestehende Aggressionsbereitschaft anzugehen, Schadenswiedergutmachung) erfüllte. Hieran habe sich der Kläger jedoch nicht gehalten, so dass die Strafaussetzung zur Bewährung habe widerrufen werden müssen. Insgesamt lägen daher nicht nur vereinzelte oder geringfügige Verstöße gegen die deutsche Rechtsordnung vor. Das Regierungspräsidium Tübingen könne vor diesem Hintergrund dem Kläger ebenfalls keine günstige Sozialprognose bescheinigen. Aus seinem strafrechtlichen Werdegang, insbesondere auch auf dem Gebiet der Betäubungsmittelkriminalität, dem Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten sowie dem hohen Rang des gefährdeten Rechtsgutes sei zu schließen, dass der Kläger nicht in der Lage sei, sein künftiges Verhalten nach der deutschen Rechtsordnung auszurichten, sondern vielmehr die Gefahr bestehe, dass er weiterhin in die Kriminalität abgleite. Sein bei den Straftaten gezeigtes gewaltbereites, aggressives Verhalten insbesondere Dritten gegenüber, gefährde die öffentliche Sicherheit und Ordnung in erheblichem Maße. Besondere Faktoren, die sich nach seiner Haftentlassung stabilisierend auf ihn einwirkten oder sein künftiges Verhalten entscheidend beeinflussen könnten, seien nicht erkennbar und auch nicht geltend gemacht worden. Auch handle es sich bei den begangenen Straftaten nicht um typische Jugendverfehlungen. Die verfügte Ausweisung sei auch nicht unverhältnismäßig. Der Kläger sei ledig und habe in Deutschland keine Unterhaltsverpflichtungen. Eine ordentliche Schul- und Berufsausbildung könne er nicht nachweisen. Da er sich im Bundesgebiet weder beruflich noch sozial integriert habe und er zudem in seinem noch jugendlichen Alter ständig straffällig geworden sei, sei dem Kläger eine Rückkehr in sein Heimatland Kroatien ohne Weiteres zumutbar. Obwohl er in Deutschland geboren worden sei, sei anzunehmen, dass er in seinem Elternhaus seine Muttersprache erlernt habe bzw. halbwegs beherrsche. Da er in einem kroatischen Familienverband aufgewachsen sei, sei zudem davon auszugehen, dass er mit den kroatischen Sitten und Gebräuchen vertraut gemacht worden sei. Auch befinde er sich noch in einem Alter, in dem er flexibel auf sich verändernde Lebensumstände reagieren und seine Sprachkenntnisse vor Ort noch weiter vertiefen könne. Schließlich verstoße sein bisher gezeigtes strafrechtlich relevantes Verhalten gegen die Grundinteressen der Gesellschaft, weshalb auch das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung größer als sein individuelles Interesse am weiteren Verbleib in Deutschland sei. Dabei sei sich das Regierungspräsidium Tübingen durchaus bewusst, dass die Ausweisung angesichts der Lebenssituation des Klägers und des Umstandes, dass er bislang ausschließlich im Bundesgebiet gelebt habe und seine Familienangehörigen sich hier befänden, besonders hart treffe und ihn aus seinem bisherigen Lebensumfeld herausreißen werde. Nach seiner Haftentlassung beginne jedoch für ihn ein neuer Lebensabschnitt, den er aufgrund seines Alters auch in Kroatien beginnen könne. Abschiebungshindernisse gem. § 55 Abs. 2 AuslG bzw. den §§ 51, 53 AuslG seien weder vom Kläger vorgetragen worden noch sonst erkennbar. Schließlich stünden der Ausweisung auch sonstige Erwägungen, insbesondere grundgesetzliche Vorschriften, nicht entgegen.
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Der Kläger hat am 11.03.2003 Klage erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass die Ausweisungsverfügung ermessensfehlerhaft und deshalb rechtswidrig sei, weil zu Lasten des Klägers Belange überbewertet und maßgebliche Umstände zu Gunsten des Klägers entweder nicht oder nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Insbesondere sei die Art der strafrechtlichen Verurteilung und der Umstand, dass die Taten des Klägers nach Jugendstrafrecht geahndet worden seien, im Rahmen der Ermessensausübung nicht ordnungsgemäß gewürdigt worden. Die besonderen Beziehungen des Klägers zu seiner Familie, seine Bindung an die Bundesrepublik Deutschland und die beruflichen und wirtschaftlichen Perspektiven im Rahmen einer realistischen Zukunftsprognose seien nur unzureichend in die angefochtene Entscheidung eingeflossen. In der Ausweisungsentscheidung werde fälschlich der Eindruck erweckt, als habe der Kläger im Zeitraum von August 1999 bis Ende November 2000 in großem Umfange und mit wirtschaftlich großem Erfolg Drogenhandel betrieben. Richtig sei indessen, dass der Kläger für Einzeltaten in diesem Zeitraum rechtskräftig verurteilt worden sei. Sowohl bei Beurteilung des Unrechtsgehalts der begangenen Straftaten wie auch beim Rang des gefährdeten Rechtsgutes seien deshalb Relativierungen angebracht. Desgleichen könne nicht nachvollzogen werden, dass dem Kläger jede Möglichkeit einer günstigen Entwicklung nach vollständiger oder teilweiser Haftverbüßung ausgeschlossen werde. Das Regierungspräsidium übersehe, dass dem Kläger auch in der letzten Entscheidung, in welcher die Gesamtstrafe gebildet worden sei, offensichtlich aufgrund einer für ihn günstigen Prognose Strafaussetzung zur Bewährung gewährt worden sei. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Kläger den eigenen Angaben zufolge seit November 2000 keine Drogen mehr konsumiere. Die Bewährungsauflagen habe der Kläger nicht mutwillig ignoriert. Vielmehr habe er die Tragweite der Bewährungsauflagen aufgrund einer falschen persönlichen Einschätzung verkannt und deshalb dem zuständigen Gericht einen unzutreffenden Eindruck vermittelt. Dagegen seien keine Umstände bekannt, welche einer günstigen Prognose entgegenstehen würden. Der Kläger unterziehe sich derzeit im Strafvollzug freiwillig der Aufgabe, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Nach der Haftentlassung könne er damit rechnen, in dem früheren Beschäftigungsbetrieb entweder weiter beschäftigt zu werden oder dort eine Ausbildung zu beginnen. Es sei weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger in Deutschland geboren und hier aufgewachsen sei, so dass persönliche Bindungen ausschließlich zu Familienangehörigen in der Bundesrepublik Deutschland bestünden. Dagegen sei in keinerlei Beziehung zu Kroatien der Heimat seiner Eltern aufzuweisen. Insbesondere bestünden auch sprachliche Probleme, da der Kläger nur unzureichend der kroatischen Sprache mächtig sei. Diesen Umständen habe das Regierungspräsidium Tübingen in der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend Rechnung getragen, sondern vielmehr einseitig auf die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers abgehoben. Bei der Abwägung sei zudem einzustellen, dass die derzeitige Strafverbüßung beim Kläger nachhaltige Wirkungen entfaltet habe, welche ihn von weiteren Straftaten und erneuter Strafvollstreckung abhalten würde. Einem jugendlichen Straftäter müsse die Möglichkeit und Chance eingeräumt sein, nach Verbüßung einer gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe sich diese zur Warnung angedeihen zu lassen, zumal es hier an einer konkreten Wiederholungsgefahr fehle. Schließlich würde der Kläger durch die Folgewirkung einer Ausweisung, nämlich dadurch, dass er gehindert wäre binnen einer bestimmten Zeit wieder in das Bundesgebiet einzureisen, noch zusätzlich belastet. Dabei müsse von einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgegangen werden.
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Mit Schriftsatz vom 22.07.2003 trägt der Kläger weiter vor, dass inzwischen positive Entwicklungen anzuerkennen seien, welche eine günstige Prognose für die Zeit nach der Haftentlassung rechtfertigten. So habe der Kläger im Strafvollzug den Hauptschulabschluss nachgeholt. Des weiteren habe der Kläger ebenfalls im Strafvollzug die Berufsschule Metall im ersten Jahr besucht, um eine künftige Ausbildung zu absolvieren. Diese sei ihm vom früheren Arbeitgeber nochmals verbindlich angeboten worden.
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die Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.02.2003 aufzuheben.
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Zur Begründung verweist der Beklagte zunächst vollumfänglich auf die angefochtene Ausweisungsverfügung. Ergänzend sei nochmals darauf hinzuweisen, dass der Kläger bis zum jetzigen Zeitpunkt weder sein Alkohol- und Drogenproblem noch seine Aggressionsbereitschaft durch professionelle Hilfe in den Griff bekommen habe. Solange der Kläger keine Alkohol- bzw. Drogenentziehungskuren absolviere und dazu ein Anti-Aggressionskurs belege, müsse nach wie vor vom Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Zudem habe sich der Kläger in keinster Weise in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland integriert. Ihm stehe auch nicht der Schutz des Art. 6 GG zur Seite. Da er über 18 Jahre alt sei, sei er nicht mehr auf die Beistandsgemeinschaft seiner Eltern angewiesen. Die Schutznorm des Art. 6 GG umfasse nur den Schutzbereich zwischen einem Elternteil und den minderjährigen Kindern.
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Mit Schreiben vom 18.02.2005 teilte der Kläger mit, dass er nach seiner Haftentlassung unmittelbar seine Ausbildung zum Heizungs- und Lüftungsmonteur bei der Fa. J. F. aufgenommen habe. Zudem legte der Kläger ein aktuelles Führungszeugnis vom 03.03.2005 vor, woraus ersichtlich ist, dass der Kläger keine weiteren Eintragungen hat. Es seien auch keine Ermittlungen gegen ihn derzeit anhängig.
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Dem Gericht haben die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Landratsamtes Sigmaringen bzw. Biberach sowie des Regierungspräsidiums Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - vorgelegen. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtene Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - vom 24.02.2003 ist einschließlich der Androhung der Abschiebung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
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1. Der Erfolg des Begehrens des Klägers ist nach den §§ 45 ff. des Ausländergesetzes vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354) in der Fassung des Gesetzes vom 9. Januar 2002 (BGBl. I S. 361) - AuslG - zu beurteilen. Denn maßgeblich für die Rechtmäßigkeit der vom Kläger angefochtenen Ausweisungsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung.
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Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bleiben sowohl belastende als auch begünstigende ausländerrechtliche Maßnahmen, die vor dem 01.01.2005 getroffen wurden, wirksam. Maßgebend für § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist nach dessen Wortlaut („getroffen“) der Zeitpunkt in dem der Verwaltungsakt durch Bekanntgabe (vgl. §§ 43, 41 LVwVfG) wirksam wird und nicht der Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts. Für die Frage, ob (noch) das alte Recht - hier das AuslG - oder ob das neue Recht - hier das AufenthG - anwendbar ist, kommt es somit entscheidend auf den im jeweiligen Rechtsstreit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt an. Denn bei der Frage des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts geht es u. a. gerade darum, welche Rechtslage das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen muss, d. h. bei einer gerichtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit einer ausländerrechtlichen Maßnahme, welche Rechtslage zu welchem Zeitpunkt hierfür maßgeblich ist (vgl. Armbruster, HTK-AuslR / § 102 AufenthG - bei Gericht anhängige Verfahren 12/2004 Nr. 4.1). Sind keine Sonderregelungen wie z. B. § 104 AufenthG einschlägig, so kommt es auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei der konkreten ausländerrechtlichen Maßnahme an. Der zur Beurteilung der Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich dabei - wie auch sonst im Verwaltungsprozessrecht - nach dem jeweiligen Begehren des Klägers.
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Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsverfügung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung bestand (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, BVerwGE 116, 55, 65f.; BVerwG, Beschl. v. 16.10.1989 - 1 B 106/89 -, VBlBW 1990, 223; ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 - jeweils m. w. N.). Dies gilt unabhängig davon, dass die Gerichte Erkenntnismittel auswerten dürfen, die nach Erlass des letzten Behördenbescheides entstanden sind, wenn ihnen Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im Zeitpunkt dieser Entscheidung getroffenen Einschätzung entnommen werden können (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 19.11.1996 - 1C 25.94 -, InfAuslR 1997, 152; Beschl. v. 05.05.1997 - 1 B 129.96 -, AuAS 1997, 218; v. 27.06.1997 - 1 B 132.97 - und v. 23.05.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 03.08.2004 zwar hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung von Ausweisungen freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger (Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 30/02 -) bzw. türkischer Staatsangehöriger, die nach dem ARB 1/80 aufenthaltsberechtigt sind (Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29/02 -), aufgegeben; insoweit ist nunmehr auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen. Allerdings ist den genannten Entscheidungen keine grundsätzliche Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung auch für den Fall zu entnehmen, dass es um die gerichtliche Beurteilung einer Ausweisungsverfügung eines Ausländers geht, der nicht freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger oder nach dem ARB 1/80 aufenthaltsberechtigter türkischer Staatsangehöriger ist. Die Kammer sieht sich hierzu ebenfalls nicht veranlasst. Für den Kläger, einen kroatischen Staatsangehörigen, verbleibt es daher bei der Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung (ebenso VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.01.2005 - 11 S 1018/04 - für den Fall eines bosnischen Staatsangehörigen).
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2. Die Verfügung ist formell-rechtmäßig ergangen. Das Regierungspräsidium Tübingen war zum Erlass der Verfügung zuständig, da sich der Kläger zum damaligen Zeitpunkt auf richterliche Anordnung hin in Strafhaft befand (vgl. § 7 Abs.1 Satz 1 und Abs.2 AAZuVO i.d.F. vom 23.03.1998, GBl. S.187; entsprechend jetzt § 10 Abs.1 Satz 1 und Abs.3 AAZuVO i.d.F. vom 11.01.2005, GBl. S.93). Verfahrens- bzw. Formfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Kläger im Sinne von § 28 LVwVfG angehört worden.
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3. Auch materiell-rechtlich ist die Ausweisung des Klägers rechtmäßig erfolgt. Rechtsgrundlage bilden allerdings nicht - wie das Regierungspräsidium in seiner Verfügung angenommen hat - die §§ 45, 46 Nr.2 AuslG. Für die Ausweisung des Klägers einschlägig ist vielmehr bereits § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG. Danach wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen (b.), wenn er u. a. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor (a.).
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a) Der Kläger ist durch das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Ravensburg vom 24.06.2002 unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Ravensburg vom 01.10.2001 zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Die Vollstreckung dieser Jugendstrafe ist - entgegen der Auffassung der Beteiligten - auch nicht zur Bewährung ausgesetzt worden. Ausweislich des Urteilstenors hat das Jugendschöffengericht lediglich die Entscheidung über die „mögliche nachträgliche Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung“ bis zum 31.12.2002 zurückgestellt. Diese Verfahrensweise steht nach Auffassung der Kammer der Aussetzung der Vollstreckung einer Jugendstrafe zur Bewährung im Sinne des § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG a. E. jedenfalls dann nicht gleich, wenn es - wie hier mit Beschluss des Amtsgerichts Ravensburg vom 04.09.2002 - zu einer nachträglichen Anordnung der Vollstreckung kommt.
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Bei der Zurückstellung der Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung einer Jugendstrafe handelt es sich um eine gemäß § 57 Abs.1 Satz 1 2. HS, Satz 2 JGG formal eingeräumte Möglichkeit, von der die jugendgerichtliche Praxis in Verbindung mit Weisungen und/oder Auflagen Gebrauch macht, um dem Jugendlichen oder Heranwachsenden bei zurzeit der Verurteilung ungünstiger Sozialprognose die Chance zu geben, sich eine Strafaussetzung zur Bewährung noch zu verdienen (sog. „Vorbewährung“, vgl. Eisenberg, JGG, 10. Auflage 2004, § 57 Rn 6f. m.w.N.). In der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist - soweit ersichtlich - noch nicht geklärt, ob bei einer solchen Verfahrensweise der Tatbestand von § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG erfüllt ist. Allerdings ist vom Bundesverwaltungsgericht in anderem Zusammenhang ausgeführt worden, dass die „Bestimmung (…) bei Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes eine Aussetzung zur Bewährung im Sinne des § 21 JGG [meint]“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.06.1997 - 1 C 23.96 - für den Fall der Reststrafenaussetzung nach § 88 JGG). Eine solche ist hier im Urteil nicht getroffen worden. Darauf, dass für die Nichtanwendung der Vorschrift eine positive Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung bereits am Ende der Hauptverhandlung erforderlich ist, deutet zudem die Formulierung in § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG a. E. hin, wonach „die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden“ sein darf (ähnlich BVerwG, Urt. v. 16.11.1999 - 1 C 11.99 - für den Fall eines späteren Bewährungswiderrufs). Für eine (generelle) Anwendung des § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG im Falle der „Vorbewährung“ spricht schließlich auch der Zweck des Gesetzes. Die Vorschrift betrifft "Fälle erheblicher Kriminalität", in denen die Ausweisung "nicht von vornherein im Ermessen" liegt, sondern regelmäßig verfügt wird (vgl. BT-Drucks. 11/6321 S. 73). Für eine derartige Regel besteht dann kein hinreichender Anlass, wenn der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftat mehr begehen wird, wie es § 56 StGB bzw. § 21 JGG voraussetzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.03.1994 - 1 B 30.94 -). Anders liegt es jedoch, wenn vom Jugendgericht zurzeit der Verurteilung keine günstige Sozialprognose gestellt und durch eine Entscheidung nach § 57 Abs. 1 JGG lediglich verantwortet werden kann zu erproben, ob eine solche Prognose eventuell später möglich ist.
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Letztlich bedarf es keiner abschließenden Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage auch für den Fall, dass nachträglich gemäß § 57 Abs.1 JGG die Bewährungsaussetzung angeordnet wird. Denn jedenfalls, wenn - wie hier - die „Vorbewährung“ fehlschlägt und deshalb vom Jugendgericht die Vollstreckung der Jugendstrafe nachträglich angeordnet wird, kommt § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG zur Anwendung. Ein prinzipielles Absehen von der Regelwirkung ist in diesem Fall unter keinem Aspekt gerechtfertigt, da mit der nachträglichen Vollstreckungsanordnung endgültig feststeht, dass der Verurteilte sich nicht schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftat mehr begehen wird. Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall die Umstände, die das Jugendgericht dazu bewogen haben, die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zurückzustellen, zugleich einen Ausnahmefall kennzeichnen und deswegen die Behörde im Ermessenswege von einer Ausweisung absehen darf. Das Vorliegen solcher Umstände ändert aber nichts daran, dass der Ausweisungstatbestand erfüllt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.03.1994 - 1 B 30.94 -).
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b) Die danach gebotene Regelausweisung wird auch nicht durch eine ausländerrechtliche Spezialregelung zu einer Ermessensausübung herabgestuft. Eine derartige Herabstufung sieht zunächst § 47 Abs.3 Satz 2 AuslG für die Fälle des § 48 Abs.1 AuslG vor. Eine solche Fallgestaltung ist hier aber nicht gegeben. Der Kläger besaß zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung weder eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne von § 48 Abs.1 Nr.1 AuslG (s. § 27 AuslG) noch eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis (s. § 48 Abs.1 Nr.2 AuslG). Auch die sonstigen Fallgestaltungen des § 48 Abs.1 AuslG sind nicht gegeben. Eine Ermessensausübung ist auch nicht gemäß § 47 Abs.3 Satz 3 AuslG geboten, denn der im Bundesgebiet aufgewachsene, zurzeit des Erlasses der Verfügung 20jährige und damit heranwachsende Kläger verfügte nur über eine befristete Aufenthaltserlaubnis.
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Da der Kläger - wie dargelegt - nach Maßgabe des § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG auszuweisen ist, steht seiner Ausweisung auch die Ausweisungsschranke des § 48 Abs.2 Satz 2 AuslG nicht entgegen. Insoweit kann dahinstehen, ob beim Kläger im Zeitpunkt der Ausweisung die Voraussetzungen der Vorschrift vorlagen (vgl. dazu Hess. VGH, Beschl. v. 18.2.2000 - 12 TG 2846/99 -).
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In den Fällen der sog. Regelausweisung hat die Ausländerbehörde nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte kein Ermessen, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Regelausweisung gegeben sind und kein Ausnahmefall vorliegt. Die Frage, ob ein Ausnahmefall gegeben ist, unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung, bei der alle Umstände der strafgerichtlichen Verurteilung und die sonstigen Verhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen sind (stRspr. d. BVerwG, vgl. Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 m.w.N.). Regelfälle sind solche, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleich liegender Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind dagegen durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn im konkreten Einzelfall besondere Umstände erkennbar sind, die den Ausländer entlasten oder aufgrund deren die Ausweisung als unangemessene Härte erscheint (s. etwa BVerwG, Urt. v. 03.06.1997 – 1 C 23.96 -, NVwZ 1997, 1126 sowie VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.05.1997 - 13 S 1997/96 -, InfAuslR 1997, 363 = VBlBW 1997, 434). Ein Ausnahmefall kann ferner gegeben sein, wenn der Ausweisung höherrangiges nationales Recht entgegensteht, sie insbesondere mit den Wertentscheidungen des Grundgesetzes nicht vereinbar ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.06.1997 - 1 B 123.97 -, Buchholz 402.24 § 47 AuslG Nr. 15; Beschl. v. 15.01.1997 - 1 B 256.96 -, Buchholz 402.24 § 47 AuslG Nr. 12; Beschl. v. 13.11.1995 - 1 B 237.94 -, InfAuslR 1996, 103; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.07.2001 - 13 S 2326/95 -, VBlBW 2002, 34 = InfAuslR 2002, 72; Beschl. v. 06.05.1997, a.a.O.).
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Atypische Umstände, die den Kläger vergleichbar mit anderen Regelausweisungsfällen entscheidend entlasten oder aufgrund derer die Ausweisung als unangemessene Härte erscheint, sind hier nicht gegeben.
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Ein Ausnahmefall liegt nicht (bereits) aufgrund besonderer Umstände der strafgerichtlichen Verurteilungen des Klägers vor. Besondere Umstände hinsichtlich einer Straftat können im Einzelfall u. a. vorliegen bei Straffälligkeit aufgrund einmaliger Ausnahmesituation, Verurteilung zu einer Mindeststrafe, sonstige Unbescholtenheit des Ausländers, bei konkreter Gefahr der Doppelbestrafung oder bei Absehen von Strafe nach § 28 Abs.5 BtMG und Bereitschaft zu Entziehungsmaßnahmen (vgl. Armbruster, HTK-AuslR / Abgrenzung Regelfall zu Ausnahmefall 01/2004). Dafür, dass beim Kläger eine derartige Situation vorgelegen hätte und sein Verhalten daher nach seinem Gewicht von dem in § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG als Regelfall ins Auge gefassten Bild kriminellen Handelns erheblich abwiche, ist - auch angesichts dessen, dass das Jugendgericht die Jugendstrafen jeweils mit dem Vorliegen schädlicher Neigungen begründet hat - nichts ersichtlich. Soweit der Kläger in den Strafverfahren kooperativ war und durch sein Geständnis auch zur beschleunigten Aufklärung beigetragen hat, kann dies eine atypische Besonderheit ebenfalls nicht rechtfertigen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Solche mildernden Umstände ergeben sich allgemein in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz und insbesondere in Betäubungsmittelverfahren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.1992 - 1 B 155.92 -) nicht selten. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist zudem bereits im strafgerichtlichen Verfahren berücksichtigt worden.
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Die Atypik ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht im Hinblick auf die Wiederholungsgefahr. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor Erlass der Verfügung insoweit zwar vorgetragen, dass er im Strafvollzug beabsichtige, seinen Hauptschulabschluss nachzuholen, damit er nach seiner Haftentlassung eine Ausbildung bei seinem früheren Chef beginnen könne. Gleichwohl genügt dieser Umstand nicht dafür, zum maßgeblichen Zeitpunkt der Verfügung eine Atypik anzunehmen. Voraussetzung dafür ist nämlich, dass gesichert erscheint, dass der Betroffene gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft in der Lage ist, aus eigener Kraft seine Situation in einer Weise zu stabilisieren, die der Gefahr der Rückfälligkeit auf Dauer entgegenwirken könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisung gab es für eine solche positive Prognose (noch) keine realistische Grundlage. Gegen die Annahme, dass der Kläger das während der Haft gezeigte positive Verhalten auch unter den Bedingungen der Freiheit durchhält, sprach zum damaligen Zeitpunkt vor allem, dass er die zuletzt abgeurteilten und letztlich zur Ausweisung führenden Straftaten unter Bewährungsbruch und unter Missachtung der ausgesprochenen ausländerrechtlichen Verwarnung begangen hat. Das Jugendschöffengericht hat ihm deshalb im Urteil keine günstige Sozialprognose stellen können; die ihm eingeräumte Chance, sich eine solche Prognose - durch nachträglichen Beschluss gemäß § 57 Abs.1 JGG - zu verdienen, hat der Kläger verstreichen lassen.
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Die Kammer ist sich durchaus bewusst, dass zum heutigen Zeitpunkt günstige Entwicklungen stattgefunden haben, die im Hinblick auf die Wiederholungsgefahr eine positive Prognose rechtfertigen könnten. Der Kläger hat tatsächlich den Hauptschulabschluss nachgeholt und nach seiner Haftentlassung die von ihm angekündigte Ausbildung aufgenommen. Dabei fällt zugunsten des Klägers besonders ins Gewicht, dass ihm mit der Fa. F. ein ortsansässiger, mittelständischer Betrieb nicht nur einen Hilfsarbeiterjob, sondern einen Ausbildungsplatz angeboten hat, obwohl dem Betriebsinhaber die strafrechtliche Vergangenheit des Klägers nicht verborgen geblieben sein kann. Hinzu kommt, dass der Kläger sich nach seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung aus dem bisherigen kriminogenen Umfeld gelöst hat und die Ausbildung als Chance sieht, sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Gleichwohl können diese positiven Entwicklungen, keine Berücksichtigung finden, da sie nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisung liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.10.1989 - 1 B 106/89). Zur Klarstellung sieht sich die Kammer allerdings veranlasst, darauf hinzuweisen, dass es dem Kläger im Hinblick auf die Erlangung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs.4 GG) möglich ist, diese Umstände - solange eine Ausreise oder Abschiebung noch nicht erfolgt ist - im Rahmen eines gegen die Abschiebung als solche gerichteten Duldungsverfahrens nach § 60a AufenthG geltend zu machen (vgl. Armbruster, HTK-AuslR / Rechtsschutz / Fallgruppen / Klage gegen eine isolierte Ausweisung 03/2005 Nr. 5.1).
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Eine atypische Fallkonstellation liegt auch nicht im Hinblick auf die persönlichen Lebensumstände des Klägers, insbesondere seine Geburt im Bundesgebiet vor. Seinen familiären Beziehungen und seinem verfestigten Inlandsaufenthalt ist durch Anwendung der Ausweisungsschutzvorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG grundsätzlich ausreichend Rechnung getragen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Mit dieser Vorschrift werden die Ausländer der zweiten und folgenden Generationen hinsichtlich des Ausweisungsschutzes Aufenthaltsberechtigten gleichgestellt, sobald ihr Aufenthaltsrecht verfestigt ist. Damit wird berücksichtigt, dass Ausländer, die im Bundesgebiet geboren oder als Minderjährige eingereist sind, gegenüber den als Erwachsene Eingereisten typischerweise einen höheren Integrationsgrad aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.2.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338 [339]). Gleichzeitig macht der Gesetzgeber, indem er diese Gesichtspunkte für regelungsbedürftig hält und die Gewährung besonderen Ausweisungsschutzes an das zusätzliche Erfordernis des Vorliegens einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis knüpft, deutlich, dass sie bei einer Vielzahl der hier lebenden Ausländer gegeben sind - deshalb nicht zwingend eine Besonderheit darstellen -, und - was entscheidend ist - dass Inlandsgeburt oder die Einreise als Minderjähriger für sich genommen noch nicht zu einem besonderen Ausweisungsschutz im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 1 AuslG führen sollen. Bei einer durchgängigen Annahme eines Ausnahmefalles allein aufgrund des Vorliegens einer Geburt im Bundesgebiet würde diese gesetzgeberische Wertung unterlaufen (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 02.04.2001 - 18 A 1257/00 -). Umstände, die darüber hinaus für den Kläger eine atypische Fallgestaltung begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere rechtfertigt der langjährige Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet mit Schulbesuch ein Absehen von der Regelausweisung nicht. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung hatte sich der Kläger weder beruflich noch familiär nachhaltig integriert. Er hatte den Hauptschulabschluss nicht erreicht und lediglich als Hilfsarbeiter gearbeitet. Anhaltspunkte dafür, dass er als Ausländer der zweiten Generation keinerlei soziale oder sozio-kulturelle Beziehungen mehr zu seinem Heimatstaat hat, sind nicht gegeben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass er die kroatische Sprache hinreichend beherrscht und mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in Kroatien vertraut ist. Hinzu kommt, dass die Lebensverhältnisse in Kroatien nicht in einer Weise von denen in der Bundesrepublik Deutschland verschieden sind, dass sich der Kläger abgesehen von der Frage der Sprachkenntnisse dort in kultureller Hinsicht fremd vorkommen müsste. Auch seine familiären Bindungen rechtfertigen keine andere Bewertung. Der Kläger lebt nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft mit seinen Eltern. Die bloße Begegnungsgemeinschaft zwischen Eltern und erwachsenen Kindern hat indes nach den - den Belangen des Art. 6 GG entsprechend - abgestuften ausländerrechtlichen Regelungen grundsätzlich kein überragendes Gewicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Anhaltspunkte für eine sonstige Beeinträchtigung der durch Art. 6 Abs.1 GG aufenthaltsrechtlich geschützten familiären Belange, die über das im Regelfall übliche Maß hinausgingen (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.05.1997 - 13 S 1997/96), sind nicht ersichtlich.
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Die Ausweisung verstößt schließlich auch nicht gegen Art. 8 EMRK. Auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK sind Eingriffe in die Ausübung des Rechts auf Familien- und Privatleben statthaft, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft u. a. für die öffentliche Ordnung, die Verteidigung der Rechtsordnung, zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Gesundheit notwendig ist, d.h. einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und insbesondere in Bezug auf das rechtmäßig verfolgte Ziel verhältnismäßig ist (BVerwG, Urt. v. 29.07.1993 - 1 C 25.93 -, BVerwGE 94, 35 [49]). Zu den danach gebilligten Zielen gehören die Verhinderung strafbarer Handlungen und der Schutz der öffentlichen Ordnung (vgl. EGMR, Urt. v. 18.02.1991, InfAuslR 1991, 149 und v. 20.03.1991, InfAuslR 1991, 217 sowie BVerwG a.a.O.). Dabei entspricht eine nach nationalem Recht nach Maßgabe der strengen grundrechtlichen Vorgaben (insbesondere Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 2, 6 und 20 Abs. 3 GG) verhältnismäßige Ausweisung grundsätzlich auch dem Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.12.1997 - 1 C 19.96 -, BVerwGE 106, 13). Korrekturen wegen Unverhältnismäßigkeit sind daher auch nach dem Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK nur in außergewöhnlichen Einzelfällen denkbar, die entweder hinsichtlich des (gesteigerten) Gewichts der Schutzgüter (Privat- und Familienleben) oder hinsichtlich der (geminderten) Bedeutung der öffentlichen Ausweisungsziele (insbesondere öffentliche Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) signifikante Besonderheiten aufweisen. Da der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK, soweit er sich mit dem des Art. 6 GG deckt, keinen weitergehenden Schutz als dieser vermittelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.98 -, NVwZ 1999, 303; Urt. v. 17.06.1998, a.a.O.), dürften Einzelkorrekturen gegenüber einem (innerstaatlich nicht zu beanstandenden) Ausweisungsgebot ernstlich nur im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK in Betracht kommen, zu dem die Gesamtheit der in Deutschland gewachsenen Bindungen gehört, wie sie in § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG umschrieben sind. Ist - wie hier - ein Ausweisungsgrund nach § 47 Abs. 2 AuslG gegeben, wird einer schutzwürdigen Verfestigung des Aufenthalts im Bundesgebiet in der Regel durch den besonderen Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG Rechnung getragen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Ein Sonderfall, der hier noch weitergehenden Schutz im Hinblick auf das Privatleben erfordern könnte, liegt aus den bereits genannten Gründen ersichtlich nicht vor.
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4. Auch die Abschiebungsandrohung in der Verfügung des Beklagten vom 24.02.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten.
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Für die grundsätzlich nach der Sachlage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zu beurteilende (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.1991, Buchholz 402.24 § 7 AuslG Nr. 43; Beschl. v. 11.07.1991 - 1 B 81.91; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.05.1992 - 13 S 1948/91 -) Rechtmäßigkeit einer solchen Abschiebungsandrohung ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Ausländer gemäß § 42 Abs.1 AuslG wirksam zur Ausreise verpflichtet ist (vgl. VGH Bad.Würrt., Urteil v. 29.04.2003 - 11 S 1188/02 -). Im Falle des Klägers entstand die Ausreispflicht durch die Ausweisungsverfügung des Beklagten vom 24.02.2003, denn ab diesem Zeitpunkt besaß er keine - für seinen Aufenthalt erforderliche (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG) - Aufenthaltsgenehmigung mehr (vgl. § 44 Abs.1 Nr.1 i. V. m. § 42 Abs. 1 AuslG).
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Auch die weiteren Anforderungen nach § 50 AuslG sind beachtet worden. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 AuslG soll die Abschiebung grundsätzlich schriftlich unter Bestimmung einer Ausreisefrist angedroht werden. Von der Bestimmung einer Ausreisefrist konnte hier nach § 50 Abs. 5 Satz 1 AuslG ausnahmsweise abgesehen werden, da sich der Kläger auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (vgl. § 49 Abs. 2 AuslG). Dem Erfordernis des § 50 Abs.5 Satz 2 AuslG ist mit der Ankündigung, dass die Abschiebung frühestens einen Monat nach Zustellung der Verfügung erfolgt, genüge getan. Die dem Kläger für den Fall der Haftentlassung vor erfolgter Abschiebung gesetzte Ausreisfrist von einem Monat ist angemessen und daher ebenfalls nicht zu beanstanden. Bedenken gegen die Androhung der Abschiebung nach Kroatien bestehen schließlich auch im Hinblick auf § 50 Abs. 3 und § 53 Abs. 1, 2 oder 4 AuslG nicht; sie sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
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Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gem. § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gem. § 124a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtene Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Tübingen - Bezirksstelle für Asyl - vom 24.02.2003 ist einschließlich der Androhung der Abschiebung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
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1. Der Erfolg des Begehrens des Klägers ist nach den §§ 45 ff. des Ausländergesetzes vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354) in der Fassung des Gesetzes vom 9. Januar 2002 (BGBl. I S. 361) - AuslG - zu beurteilen. Denn maßgeblich für die Rechtmäßigkeit der vom Kläger angefochtenen Ausweisungsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung.
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Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bleiben sowohl belastende als auch begünstigende ausländerrechtliche Maßnahmen, die vor dem 01.01.2005 getroffen wurden, wirksam. Maßgebend für § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist nach dessen Wortlaut („getroffen“) der Zeitpunkt in dem der Verwaltungsakt durch Bekanntgabe (vgl. §§ 43, 41 LVwVfG) wirksam wird und nicht der Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts. Für die Frage, ob (noch) das alte Recht - hier das AuslG - oder ob das neue Recht - hier das AufenthG - anwendbar ist, kommt es somit entscheidend auf den im jeweiligen Rechtsstreit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt an. Denn bei der Frage des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts geht es u. a. gerade darum, welche Rechtslage das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen muss, d. h. bei einer gerichtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit einer ausländerrechtlichen Maßnahme, welche Rechtslage zu welchem Zeitpunkt hierfür maßgeblich ist (vgl. Armbruster, HTK-AuslR / § 102 AufenthG - bei Gericht anhängige Verfahren 12/2004 Nr. 4.1). Sind keine Sonderregelungen wie z. B. § 104 AufenthG einschlägig, so kommt es auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei der konkreten ausländerrechtlichen Maßnahme an. Der zur Beurteilung der Rechtslage maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich dabei - wie auch sonst im Verwaltungsprozessrecht - nach dem jeweiligen Begehren des Klägers.
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Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsverfügung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung bestand (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 26.02.2002 - 1 C 21.00 -, BVerwGE 116, 55, 65f.; BVerwG, Beschl. v. 16.10.1989 - 1 B 106/89 -, VBlBW 1990, 223; ebenso VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 - jeweils m. w. N.). Dies gilt unabhängig davon, dass die Gerichte Erkenntnismittel auswerten dürfen, die nach Erlass des letzten Behördenbescheides entstanden sind, wenn ihnen Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im Zeitpunkt dieser Entscheidung getroffenen Einschätzung entnommen werden können (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 19.11.1996 - 1C 25.94 -, InfAuslR 1997, 152; Beschl. v. 05.05.1997 - 1 B 129.96 -, AuAS 1997, 218; v. 27.06.1997 - 1 B 132.97 - und v. 23.05.2001 - 1 B 125.00 -, NVwZ 2001, 1288). Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 03.08.2004 zwar hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung von Ausweisungen freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger (Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 30/02 -) bzw. türkischer Staatsangehöriger, die nach dem ARB 1/80 aufenthaltsberechtigt sind (Urt. v. 03.08.2004 - 1 C 29/02 -), aufgegeben; insoweit ist nunmehr auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen. Allerdings ist den genannten Entscheidungen keine grundsätzliche Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung auch für den Fall zu entnehmen, dass es um die gerichtliche Beurteilung einer Ausweisungsverfügung eines Ausländers geht, der nicht freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger oder nach dem ARB 1/80 aufenthaltsberechtigter türkischer Staatsangehöriger ist. Die Kammer sieht sich hierzu ebenfalls nicht veranlasst. Für den Kläger, einen kroatischen Staatsangehörigen, verbleibt es daher bei der Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung (ebenso VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.01.2005 - 11 S 1018/04 - für den Fall eines bosnischen Staatsangehörigen).
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2. Die Verfügung ist formell-rechtmäßig ergangen. Das Regierungspräsidium Tübingen war zum Erlass der Verfügung zuständig, da sich der Kläger zum damaligen Zeitpunkt auf richterliche Anordnung hin in Strafhaft befand (vgl. § 7 Abs.1 Satz 1 und Abs.2 AAZuVO i.d.F. vom 23.03.1998, GBl. S.187; entsprechend jetzt § 10 Abs.1 Satz 1 und Abs.3 AAZuVO i.d.F. vom 11.01.2005, GBl. S.93). Verfahrens- bzw. Formfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Kläger im Sinne von § 28 LVwVfG angehört worden.
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3. Auch materiell-rechtlich ist die Ausweisung des Klägers rechtmäßig erfolgt. Rechtsgrundlage bilden allerdings nicht - wie das Regierungspräsidium in seiner Verfügung angenommen hat - die §§ 45, 46 Nr.2 AuslG. Für die Ausweisung des Klägers einschlägig ist vielmehr bereits § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG. Danach wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen (b.), wenn er u. a. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor (a.).
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a) Der Kläger ist durch das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Ravensburg vom 24.06.2002 unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Ravensburg vom 01.10.2001 zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Die Vollstreckung dieser Jugendstrafe ist - entgegen der Auffassung der Beteiligten - auch nicht zur Bewährung ausgesetzt worden. Ausweislich des Urteilstenors hat das Jugendschöffengericht lediglich die Entscheidung über die „mögliche nachträgliche Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung“ bis zum 31.12.2002 zurückgestellt. Diese Verfahrensweise steht nach Auffassung der Kammer der Aussetzung der Vollstreckung einer Jugendstrafe zur Bewährung im Sinne des § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG a. E. jedenfalls dann nicht gleich, wenn es - wie hier mit Beschluss des Amtsgerichts Ravensburg vom 04.09.2002 - zu einer nachträglichen Anordnung der Vollstreckung kommt.
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Bei der Zurückstellung der Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung einer Jugendstrafe handelt es sich um eine gemäß § 57 Abs.1 Satz 1 2. HS, Satz 2 JGG formal eingeräumte Möglichkeit, von der die jugendgerichtliche Praxis in Verbindung mit Weisungen und/oder Auflagen Gebrauch macht, um dem Jugendlichen oder Heranwachsenden bei zurzeit der Verurteilung ungünstiger Sozialprognose die Chance zu geben, sich eine Strafaussetzung zur Bewährung noch zu verdienen (sog. „Vorbewährung“, vgl. Eisenberg, JGG, 10. Auflage 2004, § 57 Rn 6f. m.w.N.). In der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist - soweit ersichtlich - noch nicht geklärt, ob bei einer solchen Verfahrensweise der Tatbestand von § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG erfüllt ist. Allerdings ist vom Bundesverwaltungsgericht in anderem Zusammenhang ausgeführt worden, dass die „Bestimmung (…) bei Anwendung des Jugendgerichtsgesetzes eine Aussetzung zur Bewährung im Sinne des § 21 JGG [meint]“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.06.1997 - 1 C 23.96 - für den Fall der Reststrafenaussetzung nach § 88 JGG). Eine solche ist hier im Urteil nicht getroffen worden. Darauf, dass für die Nichtanwendung der Vorschrift eine positive Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung bereits am Ende der Hauptverhandlung erforderlich ist, deutet zudem die Formulierung in § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG a. E. hin, wonach „die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden“ sein darf (ähnlich BVerwG, Urt. v. 16.11.1999 - 1 C 11.99 - für den Fall eines späteren Bewährungswiderrufs). Für eine (generelle) Anwendung des § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG im Falle der „Vorbewährung“ spricht schließlich auch der Zweck des Gesetzes. Die Vorschrift betrifft "Fälle erheblicher Kriminalität", in denen die Ausweisung "nicht von vornherein im Ermessen" liegt, sondern regelmäßig verfügt wird (vgl. BT-Drucks. 11/6321 S. 73). Für eine derartige Regel besteht dann kein hinreichender Anlass, wenn der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftat mehr begehen wird, wie es § 56 StGB bzw. § 21 JGG voraussetzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.03.1994 - 1 B 30.94 -). Anders liegt es jedoch, wenn vom Jugendgericht zurzeit der Verurteilung keine günstige Sozialprognose gestellt und durch eine Entscheidung nach § 57 Abs. 1 JGG lediglich verantwortet werden kann zu erproben, ob eine solche Prognose eventuell später möglich ist.
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Letztlich bedarf es keiner abschließenden Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage auch für den Fall, dass nachträglich gemäß § 57 Abs.1 JGG die Bewährungsaussetzung angeordnet wird. Denn jedenfalls, wenn - wie hier - die „Vorbewährung“ fehlschlägt und deshalb vom Jugendgericht die Vollstreckung der Jugendstrafe nachträglich angeordnet wird, kommt § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG zur Anwendung. Ein prinzipielles Absehen von der Regelwirkung ist in diesem Fall unter keinem Aspekt gerechtfertigt, da mit der nachträglichen Vollstreckungsanordnung endgültig feststeht, dass der Verurteilte sich nicht schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftat mehr begehen wird. Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall die Umstände, die das Jugendgericht dazu bewogen haben, die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zurückzustellen, zugleich einen Ausnahmefall kennzeichnen und deswegen die Behörde im Ermessenswege von einer Ausweisung absehen darf. Das Vorliegen solcher Umstände ändert aber nichts daran, dass der Ausweisungstatbestand erfüllt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.03.1994 - 1 B 30.94 -).
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b) Die danach gebotene Regelausweisung wird auch nicht durch eine ausländerrechtliche Spezialregelung zu einer Ermessensausübung herabgestuft. Eine derartige Herabstufung sieht zunächst § 47 Abs.3 Satz 2 AuslG für die Fälle des § 48 Abs.1 AuslG vor. Eine solche Fallgestaltung ist hier aber nicht gegeben. Der Kläger besaß zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung weder eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne von § 48 Abs.1 Nr.1 AuslG (s. § 27 AuslG) noch eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis (s. § 48 Abs.1 Nr.2 AuslG). Auch die sonstigen Fallgestaltungen des § 48 Abs.1 AuslG sind nicht gegeben. Eine Ermessensausübung ist auch nicht gemäß § 47 Abs.3 Satz 3 AuslG geboten, denn der im Bundesgebiet aufgewachsene, zurzeit des Erlasses der Verfügung 20jährige und damit heranwachsende Kläger verfügte nur über eine befristete Aufenthaltserlaubnis.
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Da der Kläger - wie dargelegt - nach Maßgabe des § 47 Abs.2 Nr.1 AuslG auszuweisen ist, steht seiner Ausweisung auch die Ausweisungsschranke des § 48 Abs.2 Satz 2 AuslG nicht entgegen. Insoweit kann dahinstehen, ob beim Kläger im Zeitpunkt der Ausweisung die Voraussetzungen der Vorschrift vorlagen (vgl. dazu Hess. VGH, Beschl. v. 18.2.2000 - 12 TG 2846/99 -).
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In den Fällen der sog. Regelausweisung hat die Ausländerbehörde nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte kein Ermessen, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Regelausweisung gegeben sind und kein Ausnahmefall vorliegt. Die Frage, ob ein Ausnahmefall gegeben ist, unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung, bei der alle Umstände der strafgerichtlichen Verurteilung und die sonstigen Verhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen sind (stRspr. d. BVerwG, vgl. Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 m.w.N.). Regelfälle sind solche, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleich liegender Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind dagegen durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn im konkreten Einzelfall besondere Umstände erkennbar sind, die den Ausländer entlasten oder aufgrund deren die Ausweisung als unangemessene Härte erscheint (s. etwa BVerwG, Urt. v. 03.06.1997 – 1 C 23.96 -, NVwZ 1997, 1126 sowie VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.05.1997 - 13 S 1997/96 -, InfAuslR 1997, 363 = VBlBW 1997, 434). Ein Ausnahmefall kann ferner gegeben sein, wenn der Ausweisung höherrangiges nationales Recht entgegensteht, sie insbesondere mit den Wertentscheidungen des Grundgesetzes nicht vereinbar ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.06.1997 - 1 B 123.97 -, Buchholz 402.24 § 47 AuslG Nr. 15; Beschl. v. 15.01.1997 - 1 B 256.96 -, Buchholz 402.24 § 47 AuslG Nr. 12; Beschl. v. 13.11.1995 - 1 B 237.94 -, InfAuslR 1996, 103; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.07.2001 - 13 S 2326/95 -, VBlBW 2002, 34 = InfAuslR 2002, 72; Beschl. v. 06.05.1997, a.a.O.).
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Atypische Umstände, die den Kläger vergleichbar mit anderen Regelausweisungsfällen entscheidend entlasten oder aufgrund derer die Ausweisung als unangemessene Härte erscheint, sind hier nicht gegeben.
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Ein Ausnahmefall liegt nicht (bereits) aufgrund besonderer Umstände der strafgerichtlichen Verurteilungen des Klägers vor. Besondere Umstände hinsichtlich einer Straftat können im Einzelfall u. a. vorliegen bei Straffälligkeit aufgrund einmaliger Ausnahmesituation, Verurteilung zu einer Mindeststrafe, sonstige Unbescholtenheit des Ausländers, bei konkreter Gefahr der Doppelbestrafung oder bei Absehen von Strafe nach § 28 Abs.5 BtMG und Bereitschaft zu Entziehungsmaßnahmen (vgl. Armbruster, HTK-AuslR / Abgrenzung Regelfall zu Ausnahmefall 01/2004). Dafür, dass beim Kläger eine derartige Situation vorgelegen hätte und sein Verhalten daher nach seinem Gewicht von dem in § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG als Regelfall ins Auge gefassten Bild kriminellen Handelns erheblich abwiche, ist - auch angesichts dessen, dass das Jugendgericht die Jugendstrafen jeweils mit dem Vorliegen schädlicher Neigungen begründet hat - nichts ersichtlich. Soweit der Kläger in den Strafverfahren kooperativ war und durch sein Geständnis auch zur beschleunigten Aufklärung beigetragen hat, kann dies eine atypische Besonderheit ebenfalls nicht rechtfertigen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Solche mildernden Umstände ergeben sich allgemein in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz und insbesondere in Betäubungsmittelverfahren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.1992 - 1 B 155.92 -) nicht selten. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist zudem bereits im strafgerichtlichen Verfahren berücksichtigt worden.
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Die Atypik ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht im Hinblick auf die Wiederholungsgefahr. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor Erlass der Verfügung insoweit zwar vorgetragen, dass er im Strafvollzug beabsichtige, seinen Hauptschulabschluss nachzuholen, damit er nach seiner Haftentlassung eine Ausbildung bei seinem früheren Chef beginnen könne. Gleichwohl genügt dieser Umstand nicht dafür, zum maßgeblichen Zeitpunkt der Verfügung eine Atypik anzunehmen. Voraussetzung dafür ist nämlich, dass gesichert erscheint, dass der Betroffene gegenwärtig oder in absehbarer Zukunft in der Lage ist, aus eigener Kraft seine Situation in einer Weise zu stabilisieren, die der Gefahr der Rückfälligkeit auf Dauer entgegenwirken könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisung gab es für eine solche positive Prognose (noch) keine realistische Grundlage. Gegen die Annahme, dass der Kläger das während der Haft gezeigte positive Verhalten auch unter den Bedingungen der Freiheit durchhält, sprach zum damaligen Zeitpunkt vor allem, dass er die zuletzt abgeurteilten und letztlich zur Ausweisung führenden Straftaten unter Bewährungsbruch und unter Missachtung der ausgesprochenen ausländerrechtlichen Verwarnung begangen hat. Das Jugendschöffengericht hat ihm deshalb im Urteil keine günstige Sozialprognose stellen können; die ihm eingeräumte Chance, sich eine solche Prognose - durch nachträglichen Beschluss gemäß § 57 Abs.1 JGG - zu verdienen, hat der Kläger verstreichen lassen.
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Die Kammer ist sich durchaus bewusst, dass zum heutigen Zeitpunkt günstige Entwicklungen stattgefunden haben, die im Hinblick auf die Wiederholungsgefahr eine positive Prognose rechtfertigen könnten. Der Kläger hat tatsächlich den Hauptschulabschluss nachgeholt und nach seiner Haftentlassung die von ihm angekündigte Ausbildung aufgenommen. Dabei fällt zugunsten des Klägers besonders ins Gewicht, dass ihm mit der Fa. F. ein ortsansässiger, mittelständischer Betrieb nicht nur einen Hilfsarbeiterjob, sondern einen Ausbildungsplatz angeboten hat, obwohl dem Betriebsinhaber die strafrechtliche Vergangenheit des Klägers nicht verborgen geblieben sein kann. Hinzu kommt, dass der Kläger sich nach seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung aus dem bisherigen kriminogenen Umfeld gelöst hat und die Ausbildung als Chance sieht, sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Gleichwohl können diese positiven Entwicklungen, keine Berücksichtigung finden, da sie nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisung liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.10.1989 - 1 B 106/89). Zur Klarstellung sieht sich die Kammer allerdings veranlasst, darauf hinzuweisen, dass es dem Kläger im Hinblick auf die Erlangung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs.4 GG) möglich ist, diese Umstände - solange eine Ausreise oder Abschiebung noch nicht erfolgt ist - im Rahmen eines gegen die Abschiebung als solche gerichteten Duldungsverfahrens nach § 60a AufenthG geltend zu machen (vgl. Armbruster, HTK-AuslR / Rechtsschutz / Fallgruppen / Klage gegen eine isolierte Ausweisung 03/2005 Nr. 5.1).
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Eine atypische Fallkonstellation liegt auch nicht im Hinblick auf die persönlichen Lebensumstände des Klägers, insbesondere seine Geburt im Bundesgebiet vor. Seinen familiären Beziehungen und seinem verfestigten Inlandsaufenthalt ist durch Anwendung der Ausweisungsschutzvorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG grundsätzlich ausreichend Rechnung getragen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Mit dieser Vorschrift werden die Ausländer der zweiten und folgenden Generationen hinsichtlich des Ausweisungsschutzes Aufenthaltsberechtigten gleichgestellt, sobald ihr Aufenthaltsrecht verfestigt ist. Damit wird berücksichtigt, dass Ausländer, die im Bundesgebiet geboren oder als Minderjährige eingereist sind, gegenüber den als Erwachsene Eingereisten typischerweise einen höheren Integrationsgrad aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.2.2002 - 1 C 21.00 -, InfAuslR 2002, 338 [339]). Gleichzeitig macht der Gesetzgeber, indem er diese Gesichtspunkte für regelungsbedürftig hält und die Gewährung besonderen Ausweisungsschutzes an das zusätzliche Erfordernis des Vorliegens einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis knüpft, deutlich, dass sie bei einer Vielzahl der hier lebenden Ausländer gegeben sind - deshalb nicht zwingend eine Besonderheit darstellen -, und - was entscheidend ist - dass Inlandsgeburt oder die Einreise als Minderjähriger für sich genommen noch nicht zu einem besonderen Ausweisungsschutz im Sinne des § 48 Abs.1 Satz 1 AuslG führen sollen. Bei einer durchgängigen Annahme eines Ausnahmefalles allein aufgrund des Vorliegens einer Geburt im Bundesgebiet würde diese gesetzgeberische Wertung unterlaufen (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 02.04.2001 - 18 A 1257/00 -). Umstände, die darüber hinaus für den Kläger eine atypische Fallgestaltung begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere rechtfertigt der langjährige Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet mit Schulbesuch ein Absehen von der Regelausweisung nicht. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung hatte sich der Kläger weder beruflich noch familiär nachhaltig integriert. Er hatte den Hauptschulabschluss nicht erreicht und lediglich als Hilfsarbeiter gearbeitet. Anhaltspunkte dafür, dass er als Ausländer der zweiten Generation keinerlei soziale oder sozio-kulturelle Beziehungen mehr zu seinem Heimatstaat hat, sind nicht gegeben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass er die kroatische Sprache hinreichend beherrscht und mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in Kroatien vertraut ist. Hinzu kommt, dass die Lebensverhältnisse in Kroatien nicht in einer Weise von denen in der Bundesrepublik Deutschland verschieden sind, dass sich der Kläger abgesehen von der Frage der Sprachkenntnisse dort in kultureller Hinsicht fremd vorkommen müsste. Auch seine familiären Bindungen rechtfertigen keine andere Bewertung. Der Kläger lebt nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft mit seinen Eltern. Die bloße Begegnungsgemeinschaft zwischen Eltern und erwachsenen Kindern hat indes nach den - den Belangen des Art. 6 GG entsprechend - abgestuften ausländerrechtlichen Regelungen grundsätzlich kein überragendes Gewicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Anhaltspunkte für eine sonstige Beeinträchtigung der durch Art. 6 Abs.1 GG aufenthaltsrechtlich geschützten familiären Belange, die über das im Regelfall übliche Maß hinausgingen (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 06.05.1997 - 13 S 1997/96), sind nicht ersichtlich.
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Die Ausweisung verstößt schließlich auch nicht gegen Art. 8 EMRK. Auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK sind Eingriffe in die Ausübung des Rechts auf Familien- und Privatleben statthaft, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft u. a. für die öffentliche Ordnung, die Verteidigung der Rechtsordnung, zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Gesundheit notwendig ist, d.h. einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und insbesondere in Bezug auf das rechtmäßig verfolgte Ziel verhältnismäßig ist (BVerwG, Urt. v. 29.07.1993 - 1 C 25.93 -, BVerwGE 94, 35 [49]). Zu den danach gebilligten Zielen gehören die Verhinderung strafbarer Handlungen und der Schutz der öffentlichen Ordnung (vgl. EGMR, Urt. v. 18.02.1991, InfAuslR 1991, 149 und v. 20.03.1991, InfAuslR 1991, 217 sowie BVerwG a.a.O.). Dabei entspricht eine nach nationalem Recht nach Maßgabe der strengen grundrechtlichen Vorgaben (insbesondere Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 2, 6 und 20 Abs. 3 GG) verhältnismäßige Ausweisung grundsätzlich auch dem Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.12.1997 - 1 C 19.96 -, BVerwGE 106, 13). Korrekturen wegen Unverhältnismäßigkeit sind daher auch nach dem Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK nur in außergewöhnlichen Einzelfällen denkbar, die entweder hinsichtlich des (gesteigerten) Gewichts der Schutzgüter (Privat- und Familienleben) oder hinsichtlich der (geminderten) Bedeutung der öffentlichen Ausweisungsziele (insbesondere öffentliche Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) signifikante Besonderheiten aufweisen. Da der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK, soweit er sich mit dem des Art. 6 GG deckt, keinen weitergehenden Schutz als dieser vermittelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8.98 -, NVwZ 1999, 303; Urt. v. 17.06.1998, a.a.O.), dürften Einzelkorrekturen gegenüber einem (innerstaatlich nicht zu beanstandenden) Ausweisungsgebot ernstlich nur im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK in Betracht kommen, zu dem die Gesamtheit der in Deutschland gewachsenen Bindungen gehört, wie sie in § 45 Abs. 2 Nr. 1 AuslG umschrieben sind. Ist - wie hier - ein Ausweisungsgrund nach § 47 Abs. 2 AuslG gegeben, wird einer schutzwürdigen Verfestigung des Aufenthalts im Bundesgebiet in der Regel durch den besonderen Ausweisungsschutz des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG Rechnung getragen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.11.2002 - 11 S 1270/02 -). Ein Sonderfall, der hier noch weitergehenden Schutz im Hinblick auf das Privatleben erfordern könnte, liegt aus den bereits genannten Gründen ersichtlich nicht vor.
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4. Auch die Abschiebungsandrohung in der Verfügung des Beklagten vom 24.02.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten.
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Für die grundsätzlich nach der Sachlage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zu beurteilende (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.05.1991, Buchholz 402.24 § 7 AuslG Nr. 43; Beschl. v. 11.07.1991 - 1 B 81.91; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.05.1992 - 13 S 1948/91 -) Rechtmäßigkeit einer solchen Abschiebungsandrohung ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Ausländer gemäß § 42 Abs.1 AuslG wirksam zur Ausreise verpflichtet ist (vgl. VGH Bad.Würrt., Urteil v. 29.04.2003 - 11 S 1188/02 -). Im Falle des Klägers entstand die Ausreispflicht durch die Ausweisungsverfügung des Beklagten vom 24.02.2003, denn ab diesem Zeitpunkt besaß er keine - für seinen Aufenthalt erforderliche (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG) - Aufenthaltsgenehmigung mehr (vgl. § 44 Abs.1 Nr.1 i. V. m. § 42 Abs. 1 AuslG).
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Auch die weiteren Anforderungen nach § 50 AuslG sind beachtet worden. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 AuslG soll die Abschiebung grundsätzlich schriftlich unter Bestimmung einer Ausreisefrist angedroht werden. Von der Bestimmung einer Ausreisefrist konnte hier nach § 50 Abs. 5 Satz 1 AuslG ausnahmsweise abgesehen werden, da sich der Kläger auf richterliche Anordnung in Strafhaft befand (vgl. § 49 Abs. 2 AuslG). Dem Erfordernis des § 50 Abs.5 Satz 2 AuslG ist mit der Ankündigung, dass die Abschiebung frühestens einen Monat nach Zustellung der Verfügung erfolgt, genüge getan. Die dem Kläger für den Fall der Haftentlassung vor erfolgter Abschiebung gesetzte Ausreisfrist von einem Monat ist angemessen und daher ebenfalls nicht zu beanstanden. Bedenken gegen die Androhung der Abschiebung nach Kroatien bestehen schließlich auch im Hinblick auf § 50 Abs. 3 und § 53 Abs. 1, 2 oder 4 AuslG nicht; sie sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
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Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gem. § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gem. § 124a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.
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