|
|
| Die Kammer konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 1) verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO). |
|
| Die Klagen sind zulässig. Die Kläger, denen die angefochtene Baugenehmigung in ihrer Ursprungsfassung vom 10.11.2015 nicht zugestellt oder sonst förmlich bekannt gegeben worden ist, haben insbesondere innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ab Kenntnis vom Bauvorhaben Widerspruch eingelegt. Sie sind klagebefugt i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO, nachdem sie unzweifelhaft in relevanter Weise Lärmbeeinträchtigungen des streitigen Vorhabens ausgesetzt sind, was bereits im Eilverfahren zur teilweisen Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche zu ihren Gunsten geführt hat. Bei alledem hat kein Beteiligter die (auch) dingliche Berechtigung der Klägerin zu 2) in Frage gestellt. Mangels formaler Angrenzerbeteiligung im Genehmigungsverfahren sind die Kläger mit ihren Einwendungen auch nicht nach § 55 Abs. 2 LBO präkludiert. |
|
| Die Klagen sind jedoch nur zu einem geringen Teil begründet. Die in Satz 2 in Nummer 1 des an die Beigeladene zu 1) gerichteten Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.10.2019 (21-24/...) verfügte auflösende Bedingung zu der in Satz 1 dieser Nummer 1 angeordneten Beschränkung der streitigen Baugenehmigung ist rechtswidrig, verletzt die Kläger in eigenen Rechten und ist daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; dazu nachfolgend 2.). Im Übrigen aber verstößt die angefochtene Baugenehmigung in der hier maßgeblichen Fassung, die sie zunächst durch die Anordnung der Beklagten vom 12.10.2017, zuletzt aber jedenfalls – auf die Widersprüche der Kläger hin – abschließend durch die ins Verfahren einbezogenen Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums vom 07.10.2019 (gegenüber den Klägern) und vom 21.10.2019 (gegenüber der Beigeladenen zu 1)) erhalten hat, nicht gegen seitens der Kläger rügefähige öffentlich-rechtliche Vorschriften; mehr als die bereits behördlicherseits verfügten Beschränkungen der Baugenehmigung können die Kläger aus eigenen subjektiven Rechten heraus nicht beanspruchen (dazu nachfolgend 1.). |
|
| 1. Das genehmigte Vorhaben verstößt nicht – in eine Rechtverletzung der Kläger begründender Weise – gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts. |
|
| Die Klage eines Nachbarn gegen eine den Bauherrn begünstigende Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist und der Nachbar dadurch in eigenen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es ist somit nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, die objektive Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns festzustellen, sondern nur, individuellen Rechtsschutz zu gewähren, also Abwehrrechte der Rechtsschutz suchenden Nachbarn zu schützen. Eine Nachbarklage kann deshalb nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 16.08.1993 - 4 B 94.83 -, NVwZ 1984, 38) nur dann begründet sein, wenn nachbarschützende Normen verletzt werden. Dagegen ist die Klage bereits dann unbegründet, wenn die Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig ist, aber die verletzten Vorschriften nicht dem Nachbarschutz dienen. Die danach gebotene – im Umfang beschränkte – Prüfung der in Betracht zu ziehenden drittschützenden Vorschriften des öffentlichen Rechts führt nicht auf die Annahme einer Rechtsverletzung: |
|
| a) Ohne Erfolg rügen die Kläger zunächst Fragen der formellen Rechtmäßigkeit der streitigen Baugenehmigung, z.B. der Bauvorlageberechtigung des den Bauantrag unterzeichnenden Architekten, der Gestaltung von Planzeichnungen und des Vorliegens eines Brandschutzkonzepts. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die den Beteiligten bekannten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs in seiner Beschwerdeentscheidung vom 02.07.2018 - 8 S 119/18 - verwiesen. |
|
| Dass – wie die Kläger meinen – nicht klar sei, welche Art von Vorhaben eigentlich konkret genehmigt sei (Gaststätte oder Diskothek), trifft nicht zu. Die Kläger übergehen mit diesem Einwand den Umstand, dass die Baurechtsbehörde die Bauherrin wegen der – v.a. in Verbindung mit den angegebenen Betriebszeiten zunächst konkretisierungsbedürftigen – Betriebsbezeichnung einer „gastronomischen Nutzung“ explizit aufgefordert hat, ein Betriebskonzept mit einer ausführlichen Beschreibung zur Art des Gastronomiebetriebs vorzulegen. Das daraufhin eingereichte Betreiberkonzept vom 17.03.2015 hat die Beklagte ausdrücklich zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt und die Vorhabenbezeichnung entsprechend gefasst („Nutzungsänderung – Einbau einer Gaststätte / Diskothek“). Damit steht außer Frage, dass die Beklagte (zunächst) eine Gaststätte mit eingeschränktem, zeitweisem Clubbetrieb („Disco-Vergnügungsstätte“, wochenends freitags und samstags ab 23 Uhr bis 4 Uhr) genehmigt hat. Nach den auf die Rechtsbehelfe der Kläger hin zu ihren Gunsten erfolgten weiteren Beschränkungen der Baugenehmigung (zunächst durch die Anordnung der Beklagten vom 12.10.2017, sodann – vorläufig – durch den Eilbeschluss der Kammer und zuletzt durch die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Tübingen), als deren Folge nunmehr nur noch zehn Mal im Kalenderjahr Diskothekenbetrieb im eigentlichen Sinne zulässig ist, liegt der Schwerpunkt des Genehmigungsinhalts ohnehin beim Gaststättenbetrieb, worauf die Kammer bereits im Eilverfahren hingewiesen hat (vgl. zum Begriff der Diskothek: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 -, NVwZ-RR 2003, 745; zum typischen Gepräge einer Schank- und Speisewirtschaft und zu den Kriterien zur Abgrenzung von einer Vergnügungsstätte vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2019 - 5 S 1790/17 -, NVwZ-RR 2020, 521; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 06.11.2007 - 5 L 1014/07 -, juris). Dass die Baugenehmigung insoweit – mit ihrem maßgeblichen zuletzt verfügten Inhalt und dabei zudem bezogen auf Merkmale des Vorhabens, deren genaue Festlegung gerade zum Schutz subjektiver Rechte Dritter erforderlich ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2019 - 5 S 1913/18 -, juris; Beschluss vom 02.10.2019 - 3 S 1470/19 -, NVwZRR 2020, 580, m.w.N.) – nicht hinreichend bestimmt wäre, vermag die Kammer nicht anzunehmen. |
|
| b) Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg unter Berufung auf einen Gebietserhaltungsanspruch gegen die Zulassung des Vorhabens der Art der baulichen Nutzung nach wenden. |
|
| Der sog. „Gebietserhaltungs-“ oder „Gebietsbewahrungsanspruch“ gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist, dass also ein wechselseitiges Austauschverhältnis besteht (st. Rspr.; vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23.08.1996 - 4 C 13.94 -, BVerwGE 101, 364; Beschluss vom 18.12.2007 - 4 B 55.07 -, BayVBl. 2008, 765; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.06.2016 - 5 S 634/16 -, NVwZ-RR 2016, 725; Urteil vom 26.05.2015 - 5 S 736/13 -, juris). Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (BVerwG, Urteil vom 11.5.1989 - 4 C 1.88 -, BVerwGE 82, 61). Unmittelbarer Drittschutz gegen Gebietsveränderungen steht Gebietsanliegern dabei auch – wie hier – im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB zu, wenn die nähere Umgebung der Nutzungsart nach einem der gesetzlich vorgeformten Gebiete nach §§ 2 ff. BauNVO entspricht (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.03.2012 - 3 S 223/12 -, juris). Sie können in diesem Fall nach ihrer Nutzungsart unzulässige Vorhaben abwehren, ohne sich auf die qualifizierten Anforderungen des Rücksichtnahmegebots verweisen lassen zu müssen (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376 sowie Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151). |
|
| Die dabei in Bezug genommene nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, Beschluss vom 14.10.2019 - 4 B 27.19 -, NVwZ 2020, 322; Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 -, NVwZ 2014, 1246). Maßstabsbildend ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, Urteil vom 06.06.2019 - 4 C 10.18 -, NVwZ 2019, 1456). Das Vorhabengrundstück ist Teil der näheren Umgebung (BVerwG, Urteil vom 14.12.2017 - 4 C 9.16 -, NVwZ 2018, 1231). Bei der Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB ist die nähere Umgebung dabei der Umgriff, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgeblich ist. Denn für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebiets im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist gleichfalls die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (BVerwG, Beschluss vom 11.02.2000 - 4 B 1.00 -, juris). |
|
| Die für die Abgrenzung der „näheren Umgebung“ maßgebliche wechselseitige Prägung ergibt sich dabei aus den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten städtebaulichen Merkmalen: Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubare Grundstücksfläche. Diese Merkmale prägen - vom Vorhaben aus gesehen - im Sinne einer Vorbildwirkung nur einen begrenzten Bereich. Umgekehrt wird das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, in diesen Merkmalen nur von anderen Nutzungen in einem begrenzten räumlichen Umfeld geprägt (BVerwG, Urteil vom 03.02.1984 - 4 C 25.82 -, BVerwGE 68, 360). Dabei lassen sich die Grenzen der näheren Umgebung nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (BVerwG, Beschluss vom 16.06.2009 - 4 B 50.08 -, BauR 2009, 1564). |
|
| Es lässt sich nicht feststellen, dass die nach diesen Maßgaben in Anwendung von § 34 Abs. 2 BauGB in den Blick zu nehmende nähere Umgebung des hier streitigen Vorhabens einem Baugebietstypus der Baunutzungsverordnung entspricht, in dem es der Art der baulichen Nutzung nach nicht zulässig wäre. |
|
| Zunächst scheidet die Annahme eines faktischen besonderen Wohngebiets nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4a BauNVO, wie sie dem Klägervertreter unter Bezugnahme auf Vorbringen der Kläger des Parallelverfahrens 5 K 5276/19 vorschwebt, offensichtlich aus. Denn für ein solches besonderes Wohngebiet zur Erhaltung und Entwicklung der Wohnnutzung nach § 4a BauNVO kann es bereits konstruktiv keine faktische Entsprechung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB geben. Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 11.12.1992 - 4 B 209.92 -, NVwZ 1993, 1100; ebenso etwa VG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2006 - 11 K 3441/06 -, juris) führt dazu aus: |
|
| „Zu einer Anwendung von Vorschriften der BauNVO für bestimmte Baugebiete kann es erst dann kommen, wenn der zu beurteilende Bereich nach der Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO geregelten Baugebiete entspricht (§ 34 Abs. 2 BauGB). Ob dies der Fall ist, entscheidet sich allein nach dem faktischen und sichtbaren Zustand des Gebiets. Die Besonderheit eines Gebiets im Sinne von § 4 a BauNVO besteht gerade in der diesem Gebiet von der Gemeinde zugewiesenen k ü n f t i g e n Entwicklung; denn insoweit geht es darum, daß unter Berücksichtigung der Eigenart des Gebiets die Wohnnutzung "erhalten und fortentwickelt werden s o l l ". Die innerhalb dieses Rahmens in die Zukunft gerichteten planerischen Absichten der Gemeinde sind sonach wesentliches Merkmal einer Gebietsfestsetzung nach § 4 a BauNVO. Zur Steuerung der Entwicklung eines derartigen Gebiets ist der Erlaß eines entsprechenden Bebauungsplans unerläßlich. Planerische Absichten der Gemeinde im Sinne von § 4 a Abs. 1 BauNVO sind einer Wahrnehmung regelmäßig nicht zugänglich, deren Aufgabe es ist, den tatsächlichen Gebietscharakter zu dem Zeitpunkt zu ermitteln, in dem über die Zulässigkeit eines Bauvorhabens zu befinden ist. Im Hinblick hierauf scheidet eine Anwendung des § 4 a BauNVO über § 34 Abs. 2 BauGB aus.“ |
|
| Schon deshalb ist die von den Klägern des Parallelverfahrens 5 K 5276/19 vorgelegte schriftliche Äußerung einer damaligen Bediensteten des Bauverwaltungsamts der Beklagten vom Oktober 2007 zur Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer gastronomischen Nutzung in der S, in der – allerdings ohne explizite Bezugnahme auf § 4a BauNVO – von einem „vorliegenden besonderen Wohngebiet“ die Rede ist, irrelevant. Ungeachtet der Frage, ob der damaligen Einschätzung überhaupt eine valide inhaltliche Prüfung zugrunde lag und welchen Aussagegehalt die Unterzeichnerin des Schreibens diesem zumessen wollte, würde eine entsprechende Verlautbarung der Baurechtsbehörde das Gericht auch nicht binden. Im Übrigen bezieht sich die Stellungnahme zum Einen auf die – womöglich längst nicht mehr aktuellen – städtebaulichen Verhältnisse vor weit mehr als zehn Jahren und überdies auf einen Bereich (in der Sennhofgasse), den der Klägervertreter seinerseits selbst nicht mehr der näheren Umgebung zurechnen, die er nach seinem schriftlichen Vorbringen vielmehr auf die V eingrenzen will. Bemerkenswert ist demgegenüber, dass der Kläger zu 2) aus dem Verfahren 5 K 5276/19, der die damalige Korrespondenz mit der Baurechtsbehörde in der gemeinsamen mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, damals ausweislich des der Stellungnahme der Baurechtsbehörde vorangegangenen Anwaltsschreibens vom 27.09.2007 offenbar selbst noch die Auffassung vertreten hat, „das infragestehende Quartier [sei] als Kerngebiet zu charakterisieren“. |
|
| Dass die Qualifizierung der näheren Umgebung als faktisches urbanes Gebiet i.S.v. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6a BauNVO i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 04.05.2017 (BGBl. I S. 1057) bereits gesetzlich nach § 245c Abs. 3 BauGB ausgeschlossen ist, haben die Kammer und der Verwaltungsgerichtshof bereits im Eilverfahren dargelegt. |
|
| Vielmehr hält die Kammer an ihrer gleichermaßen bereits im Eilverfahren artikulierten Einschätzung fest, dass die nähere Umgebung des Vorhabens jedenfalls nicht als faktisches Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO), sondern wohl – ohne dass es insoweit einer abschließenden Festlegung bedürfte – als faktisches Kerngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 BauNVO) einzuordnen ist. In der näheren Umgebung des Vorhabens sind – selbst bei der engen, auf die V beschränkten Betrachtungsweise des Klägervertreters, die die Kammer indes in der Sache nicht für gerechtfertigt erachtet – genehmigte Nutzungen vorhanden, die in einem Mischgebiet nicht allgemein zulässig wären. Der Beklagtenvertreter hat in seinem mit der Klageerwiderung in Bezug genommenen Schriftsatz aus dem Beschwerdeverfahren vom 06.02.2018 u.a. auf eine Spielothek im Gebäude V und auf ein genehmigtes Wettbüro im Gebäude K hingewiesen, das an der Ecke zur V liegt und dieser Straßenflucht noch mit zuzurechnen ist, nachdem die K die V am Ende des Gevierts unmittelbar fortsetzt. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten. Die Spielothek und wohl auch das Wettbüro (hierzu differenzierend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.08.2017 - 3 S 1102/17 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 20.01.2020 - 10 A 1780/17 -, juris, m.w.N. und mit Anm. Kremer, jurisPR-ÖffBauR 6/2020 Anm. 2) wären als Vergnügungsstätten in einem Mischgebiet nicht ohne Weiteres, sondern allenfalls in Anwendung von § 6 Abs. 2 Nr. 8 bzw. ausnahmsweise nach § 6 Abs. 3 BauNVO zulässig. Im Kerngebiet gehören sie demgegenüber zum Katalog der allgemein zulässigen Nutzungsarten (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Darüber hinaus bleibt die Kammer bei der Einschätzung, dass sich die – auch informell beim Erörterungstermin durch den Berichterstatter wahrgenommene und der Kammer vermittelte – nähere Umgebung durch das Vorhandensein zahlreicher sonstiger nach § 7 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässiger Nutzungen mit einem geradezu typischen Kernstadtgepräge in der historischen Innenstadt von B auszeichnet. Auf die Auflistung in der Beschwerdeerwiderung des Beklagtenvertreters vom 06.02.2018 wird verwiesen. In unmittelbarer Nähe – jenseits der M – ist die Stadtbücherei, das K und auch als Verwaltungsgebäude (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 1 in Abgrenzung zu § 6 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) das Hochbauamt belegen, verbunden mit einer zentrenbezogenen Parkhaus- bzw. Tiefgaragennutzung, die auch dem durch das streitige Vorhaben verursachten Verkehr dienen soll. Auch der Verwaltungsgerichtshof ist in seinem Beschluss vom 02.07.2018 - 8 S 119/18 - davon ausgegangen, dass die hier maßgebliche nähere Umgebung auf der Grundlage der ergänzenden Ausführungen u.a. der Beklagten im Anschluss an die Ausführungen der Kammer im Eilverfahren „ganz offensichtlich durch eine kerngebietstypische Nutzungsvielfalt geprägt“ ist und dass „für die vom [Kläger zu 1)] favorisierte Einordnung als faktisches Mischgebiet mithin nichts spricht“. |
|
| Selbst wenn man dies anders sehen wollte – wofür noch immer nichts spricht –, wären die Voraussetzungen eines der Gebietserhaltung dienenden Abwehranspruchs der Kläger noch nicht ohne Weiteres erfüllt. Denn auch in einem faktischen Mischgebiet oder einem urbanen Gebiet wie auch selbst in einem besonderen Wohngebiet können Vergnügungsstätten allgemein (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO) oder ausnahmsweise (§ 6 Abs. 3, § 6a Abs. 3 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) zugelassen werden, wenn sie im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung oder ihren Umfang nicht als kerngebietstypisch einzustufen sind. Dass das streitige Vorhaben in seinem aktuell genehmigten und von den Klägern weiterhin bekämpften Zuschnitt und Umfang (mit den bereits dargestellten Beschränkungen zuletzt durch den Widerspruchsbescheid) noch immer als – gerade kerngebietstypische – Vergnügungsstätte angesehen werden müsste, obwohl ein veritabler Diskothekenbetrieb nur vereinzelt zulässig ist und der Schwerpunkt des verbliebenen Genehmigungsinhalts beim Gaststättenbetrieb liegt, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden. |
|
| c) Weitergehende als die bereits verfügten Beschränkungen des Baugenehmigungsinhalts können die Kläger auch nicht auf der Grundlage von Abwehransprüchen aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB beanspruchen. Das (durch den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums reduzierte) Vorhaben verstößt in seiner nunmehr streitgegenständlichen Ausgestaltung auch nicht (mehr) gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltene bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, dem dann drittschützende Wirkung zukommt, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter – zu denen hier die unmittelbar gegenüber wohnenden Kläger zu rechnen sind – Rücksicht zu nehmen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2002 - 5 S 1706/01 -, juris). |
|
| (1) Welche Anforderungen das Rücksichtnahmegebot im Einzelfall begründet, hängt im Wesentlichen von einer Abwägung ab zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dabei gilt als allgemeine Leitlinie, dass umso mehr Rücksichtnahme verlangt werden kann, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt. Umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Es bedarf also - zusammengefasst - einer Abwägung, die die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, zu berücksichtigen hat (st. Rspr., vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 28.10.1993 - 4 C 5.93 , NVwZ 1994, 686; zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2019 - 5 S 1790/17 -, NVwZ-RR 2020, 521). Dabei dürfen bestehende Vorbelastungen nicht außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.06.1990 - 4 C 6.87 -, NVwZ 1991, 64). |
|
| Gehen von einem Vorhaben Emissionen aus, so bietet sich bei der Bemessung dessen, was den durch das Vorhaben Belästigten zugemutet werden kann, eine Anlehnung an die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2002 - 3 S 1637/01 -, VBlBW 2003, 18). Dieses verlangt von den Betreibern emittierender Anlagen, mögen diese immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sein oder nicht, dass vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen unterbleiben. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 BImSchG alle „Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft hervorzurufen“. Soweit Lärmimmissionen in Rede stehen, werden zur Beurteilung, ob ein gewerbliches Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 22 Abs. 1 BImSchG hervorruft und damit die Schwelle der Zumutbarkeit überschreitet, die Anforderungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26.08.1998 (GMBl. S. 503; neugefasst durch Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 01.06.2017, BAnz AT vom 08.06.2017, B5) herangezogen (BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.03.2014 - 3 S 183/14 -, juris). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften und Bewertungsspannen Spielräume eröffnet (BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209). |
|
| Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 -, BVerwGE 109, 314; Urteil vom 29.11.2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.05.2016 - 7 A 615/14 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.07.2017 - 6 B 11.17 -, juris). |
|
| Für die Einhaltung der aus §§ 3, 22 BImSchG folgenden Verpflichtung, das Vorhaben so zu errichten und zu betreiben, dass von ihm keine das zulässige Maß überschreitenden schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen, hat die Baugenehmigungsbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu sorgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.04.1987 - 4 C 41.84 -, NVwZ 1987, 884; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2019 - 5 S 1790/17 -, NVwZ-RR 2020, 521). Ob eine für ein Vorhaben erteilte Baugenehmigung, obwohl sie mit Auflagen zum Lärmschutz versehen ist, dennoch Nachbarrechte verletzt, bestimmt sich nach dem allgemeinen Baurecht. Hat die Baurechtsbehörde Lärmrichtwerte in Gestalt von Auflagen zum Lärmschutz in die Baugenehmigung aufgenommen, schöpfen diese den Gehalt des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots im Hinblick auf Geräuschimmissionen nicht stets aus. Sie legen den Maßstab des der Nachbarschaft Zumutbaren nicht etwa abschließend fest (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989 - 4 B 116.88 -, juris). Vielmehr muss realitätsnah sichergestellt sein, dass die Nachbarschaft nicht mit Geräuschimmissionen belastet wird, die ihr im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse billigerweise nicht zugemutet werden können. Grenzwertfestsetzungen in einer Baugenehmigung sind beispielsweise dann nicht geeignet, den schützenswerten Belangen des Nachbarn ausreichend Rechnung zu tragen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die festgesetzten Werte nicht eingehalten werden können, sodass die Genehmigung in einem solchen Fall wegen nur formaler Berücksichtigung nachbarschützender Belange rechtswidrig sein kann (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.10.2019 - 3 S 1470/19 -, NVwZ-RR 2020, 580, m.w.N.; Urteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 -, VBlBW 2008, 377). |
|
| Die Schwelle der Unzumutbarkeit entspricht bei alledem den schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG, die nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG, soweit nach dem Stand der Technik vermeidbar, durch die Errichtung der Anlage zu verhindern sind, und soweit sie nach dem Stand der Technik unvermeidbar sind, auf ein Mindestmaß beschränkt werden müssen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2019 - 5 S 1790/17 -, NVwZ-RR 2020, 521, m.w.N.). Für die Frage, ob ein Vorhaben den Nachbarn zugemutet werden darf, ist grundsätzlich von dem der Genehmigung zugrundeliegenden Nutzungsumfang auszugehen, nicht aber von einer lediglich zeitweise hinter diesem Umfang zurückbleibenden tatsächlichen Nutzung, es sei denn, aufgrund zuverlässig feststehender, gleichbleibender Umstände kann davon ausgegangen werden, dass die Anlage dauerhaft in einem geringeren Umfang als genehmigt genutzt wird. Andernfalls würde sich das Risiko einer fehlerhaften Einschätzung zum voraussichtlichen Nutzungsumfang zu Lasten des Nachbarn auswirken und die Durchsetzung von etwaigen Abwehransprüchen erschweren. Auch nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die Störungen maßgebend, die von dem Vorhaben ausgehen können. Das bedeutet freilich nicht, dass für die Frage des Nachbarschutzes von einer rein fiktiven Belastung auszugehen ist. Es ist vielmehr eine realistische Prognose anzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50.89 -, juris). |
|
| (2) Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann nicht festgestellt werden, dass die durch die angegriffene Baugenehmigung in ihrer streitgegenständlichen Fassung zugelassene Nutzung für die Kläger unzumutbare Lärmimmissionen hervorruft. Für die Gaststättennutzung, gegen die sich die Kläger als solche nicht wenden, bedarf dies keiner weiteren Begründung. Und auch die durch die Regelung in Nr. 1 Satz 1 des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen als zulässiger Genehmigungsinhalt verbleibenden 10 Tanz-/Diskoveranstaltungen pro Jahr nach 24:00 / 0:00 Uhr an nicht mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden haben die Kläger im Rahmen der – wechselseitigen – Rücksichtnahmeobliegenheiten ebenso als situativ zumutbar hinzunehmen wie die ansonsten genehmigte Nutzung zuvor in der Zeit bis 24:00 Uhr. |
|
| Die Kammer hat hierzu im Eilbeschluss vom 11.12.2017 - 5 5437/16 - ausgeführt: |
|
| „(...) Nach Maßgabe dessen lässt der zuletzt genehmigte „Normalbetrieb“ (Gaststätte mit - faktisch ohnehin kaum zu realisierendem - „Diskotheken“-Betrieb bis 24 Uhr) voraussichtlich keine unzumutbaren Lärmimmissionen erwarten. Er hält die nach Nr. 6.1 d) TA Lärm maßgeblichen Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel in (faktischen) Kerngebieten von tagsüber (von 06.00 bis 22.00 Uhr) 60 dB(A) und nachts (von 22.00 bis 06.00 Uhr) 45 dB(A) ein. Die während des gerichtlichen Verfahrens auf Anordnung der Antragsgegnerin vom Beigeladenen zu 2) vorgelegte Schalltechnische Untersuchung des Ingenieurbüros für Umweltakustik H + J vom 08.06.2017, die auch von der darauf bezogenen, vom Antragsteller beauftragten Stellungnahme des Ingenieurbüros L & Partner vom 10.07.2017 weit gehend bestätigt bzw. gebilligt wird und die die Kammer im Eilverfahren als nachvollziehbar und überzeugend zugrunde legt, gelangt im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass die in ihrer Intensität unzumutbare Lärmbelästigung im Wesentlichen vom ursprünglich unbeschränkt genehmigten Diskothekenbetrieb auf der Grundlage des bisherigen Betriebskonzepts des Beigeladenen zu 2) ausgeht bzw. ausging. Bei genauerer Betrachtung kristallisiert(e) sich dabei als wesentlich störende Schallquelle nicht der durch Musikdarbietungen und Innengeräusche hervorgerufene Teilpegel heraus; auch der Antragsteller selbst behauptet letztlich nicht, dass der Gaststätten- und Clubbetrieb im Inneren - auch unter Berücksichtigung der bereits ergriffenen Schutzmaßnahmen (Einsatz eines Pegelbegrenzers bei der Beschallungsanlage, Schließen der Schallschutzfenster ab 22 Uhr u.a.; vgl. auch die Auflagen unter Nr. 4 der dem Beigeladenen zu 2) erteilten gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 01.07.2016 sowie dessen am 13.10.2016 vorgelegtes ergänzendes Betriebskonzept, AS 86 der Bauakten) - den maßgeblichen Nachtwert nicht einzuhalten vermag, wenngleich die Musikbeschallung selbstredend immer auch außerhalb des Gebäudes deutlich wahrnehmbar sein wird. Vielmehr ist die sachverständig festgestellte Richtwertüberschreitung maßgeblich auf die „sozialen Geräusche“ zurückzuführen, die - beim Betrieb auf der Grundlage des genehmigten Betreiberkonzepts - von Gästen bzw. Passanten hauptsächlich im Eingangsbereich und im angrenzenden öffentlichen Straßenraum ausgehen; der Beurteilungspegel ist ersichtlich stark abhängig von der Frequentierung der Anlage sowie dem Verhalten der Besucher im Außenbereich. Zu Recht ordnet die schalltechnische Untersuchung des Büros H + J dabei jedenfalls sich im der Eingangskontrolle dienenden „Sperrbereich“ vor der Eingangstür aufhaltende Personen bzw. die von diesen ausgehenden Geräusche der Anlage zu (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 - 6 B 12.03 -, GewArch 2003, 300; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2002 - 14 S 2736/01 -, a.a.O., m.w.N.; BayVGH, Urteil vom 16.09.2010 - 22 B 10.289 -, UPR 2011, 39), ohne dass in diesem Zusammenhang weiter vertieft werden muss, ob und in welchem Umfang ggf. noch weitergehend Lebensäußerungen von Passanten, die sich außerhalb des Einflussbereichs des Gaststättenbetreibers aufhalten, gleichermaßen als Anlagengeräusche qualifiziert werden müssen. Die Schalltechnische Untersuchung des Büros H + J hat für die lauteste Nachstunde (zwischen 01.00 und 02.00 Uhr) konkret in der für die Messungen ausgewählten Nacht vom 08.04.2017 auf den 09.04.2017 einen Messwert von 45,8 dB(A) für die Innengeräusche („Musik“) - zzgl. Impulshaltigkeitszuschlag aber noch ohne Messwertabschlag nach Nr. 6.9 TA Lärm, für den hier auch keine Veranlassung besteht (BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.05.2005 - 1 LB 4/05 -, Juris; VG München, Beschluss vom 16.12.2015 - M 8 SN 15.4541 -, Juris) - ermittelt. Die Nähe zum Richtwert von 45 dB(A) zeigt, dass derselbe sogar mit dem ursprünglich genehmigten Diskothekenbetrieb dem Antragsteller gegenüber zumindest eingehalten werden kann, wenn sichergestellt ist, dass keine nennenswerten Lärmereignisse aus dem Außenbereich der Anlage hinzugerechnet werden müssen (wovon im Übrigen auch die im Genehmigungsverfahren erstellte Schalltechnische Stellungnahme der S vom 07.12.2015/02.02.2016 sowie die Stellungnahme des Landratsamts B - Immissionsschutzbehörde - vom 12.10.2016 ausgingen); unbeachtlich ist dabei der als Vollzugsproblem zu qualifizierende Umstand, dass der Richtwert womöglich auch insoweit in der Vergangenheit überschritten wurde. Indiziell bestätigen auch die Wahrnehmungen des Antragstellers und der weiteren Nachbarschaft selbst die vorstehende Einschätzung; dem Vermerk der Antragsgegnerin über ein Gespräch vom 07.11.2016 mit der Nachbarschaft zufolge bestehe (noch) nicht (einmal) mit den Publikumszuströmen und deren Lärm an den Wochenenden bis 24.00 bzw. 01.00 Uhr ein Problem, der jedoch kein Dauerzustand sein könne; ein zentraler Punkt sei u.a. der Lärm verursachende dauerhafte Besucherabfluss über mehrere Stunden der Nacht. Der durch die modifizierende Anordnung der Antragsgegnerin vom 12.10.2017 stark beschränkte „Regelbetrieb“ als Gaststätte mit kupierter - praktisch ohnehin kaum zu realisierender - Diskothekennutzung bis 24 Uhr führt jedenfalls schon deshalb nach Aktenlage nicht zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen in der Nachbarschaft, weil ein solchermaßen ausgestalteter „Clubbetrieb“ keinesfalls eine vergleichbare Magnetwirkung für Besucherströme hat bzw. hätte, wie sie in der Nacht vom 08.04.2017 auf den 09.04.2017 bei der durchgeführten Messung und auch sonst im ursprünglich genehmigten Diskothekenbetrieb festzustellen war. Es wäre völlig lebensfremd anzunehmen, dass zeitlich auf 24.00 Uhr begrenzte Clubveranstaltungen - sollten sie in dieser Form überhaupt in der Praxis durchführbar sein und vom Publikum angenommen werden - zu einem auch nur annähernd vergleichbaren Besucheraufkommen und entsprechenden Lärmereignissen vor der Eingangstür führen könnten; ein reiner Gaststättenbetrieb ist üblicherweise - wovon auch hier auszugehen ist - ohnehin nicht mit im faktischen Kerngebiet unzumutbarem Lärm verbunden. Selbst im unbeschränkten Diskothekenbetrieb, wie er bei vom Büro H + J untersucht wurde, hat sich - im Zusammenhang mit der Ermittlung der lautesten Nachtstunde (Gutachten, S. 14) - gezeigt, dass die Zeit zwischen 22.00 und 24.00 Uhr noch deutlich störungsärmer war als die der Begutachtung schlussendlich zugrunde gelegte lauteste Nachtstunde zwischen 01.00 und 02.00 Uhr. |
|
| Die Kammer sieht auch keine Veranlassung, die begehrte aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers anzuordnen, soweit die streitige Baugenehmigung in ihrer aktuellen Gestalt den Beigeladenen - ausnahmsweise - auch die Durchführung von zehn Veranstaltungen im Jahr mit Clubbetrieb bis zur allgemeinen Sperrzeit gestattet. Insoweit kommen dem Widerspruch allenfalls offene Erfolgsaussichten zu, die in der Beurteilung der Kammer u.a. auch deshalb nicht zu einem Überwiegen des Suspensivinteresses des Antragstellers führen, weil der Beigeladene zu 2) als Betreiber derzeit ohnehin beabsichtigt, ein gänzlich überarbeitetes Betriebskonzept zur Genehmigung zu stellen und dass die Antragsgegnerin in ihrer Anordnung vom 12.10.2017 im Rahmen der Ermessensausübung deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Auswirkungen ihres Einschreitens überwachen und ggf. weiter einschreiten will. Es spricht derzeit jedenfalls vieles dafür, dass der Antragsteller zehnmaligen Clubbetrieb im Jahr wird hinnehmen müssen. |
|
| Es erscheint sachgerecht, als Orientierungshilfe für die Beurteilung der Zumutbarkeit derartiger (Sonder-)Veranstaltungen vorläufig die Bestimmungen in Nr. 7.2 TA Lärm für sog. seltene Ereignisse entsprechend heranzuziehen. Diese Regelungen sind Ausfluss einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2016 - 8 S 136/14 -, Juris; Urteil vom 26.06.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483). Mit der Begrenzung auf eine bestimmte Zahl von typischen Clubveranstaltungen will die Antragsgegnerin gerade einerseits sicherstellen, dass für die Nachbarschaft keine unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen entstehen, und andererseits in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie u.a. etwa die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz derartiger Veranstaltungen berücksichtigen, was dem im Verfahren vielfach betonten und nicht von der Hand zu weisenden Bedürfnis nach einem entsprechenden Angebot in der Innenstadt der Antragsgegnerin Rechnung trägt. Mit Blick auf den Umstand, dass eine Diskothek am Vorhabenstandort - wie dargelegt - als Vergnügungsstätte bauplanungsrechtlich allgemein zulässig und mit überarbeitetem Betriebskonzept auch genehmigungsfähig realisierbar sein dürfte, erscheint es - auch unter Berücksichtigung der womöglich existenziellen Folgen für den Beigeladenen zu 2) bei einer kompletten Untersagung des Clubbetriebs - vertretbar, den bereits ausgeübten Diskothekenbetrieb in nunmehr deutlich reduziertem Umfang im Grundsatz einstweilen weiter zu gestatten (vgl. hierzu etwa auch den in Nummer 3.2.2 c) TA Lärm zum Ausdruck kommenden und auf die Interessenabwägung übertragbaren Rechtsgedanken). |
|
| Nach Nummer 7.2 TA Lärm kann eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für genehmigungsbedürftige Anlagen zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte nach den Nummern 6.1 und 6.2 auch bei Einhaltung des Standes der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Durch die Beschränkung auf lediglich eine - schon allein durch die hierfür erforderliche Werbung für die betroffene Nachbarschaft in der gebotenen Weise „vorhersehbare“ - Veranstaltung je Kalendermonat stellt die genehmigungsmodifizierende Anordnung vom 12.10.2017 sicher, dass die von Nummer 7.2 TA Lärm vorgesehenen Zeitabstände gewahrt bleiben. Ferner bestimmt die Anordnung - wie geboten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 -, VBlBW 2008, 377) - hinreichend genau den Inhalt der zugelassenen Veranstaltungen und regelt - wenn auch nur im begründenden und nicht im verfügenden Teil (S. 17) - auch, dass „die Beurteilungspegel nach TA Lärm Werte von tags 70 dB(A), nachts 55 dB(A) und einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen, die die nach Ziffer 6.1 b [gemeint: d] TA Lärm geltenden Werte um tags nicht mehr als 20 dB(A), nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten“ dürfen. Damit dürfte vorläufig in hinreichender Weise gewährleistet sein, dass auch die vorstehend in Bezug genommenen Immissionsrichtwerte für seltene Ereignisse nach Nr. 6.3 TA Lärm eingehalten werden, was trotz der vom Büro H + J im April 2017 konkret festgestellten Überschreitung gleichwohl möglich bleibt. Auch wenn die in der Schalltechnischen Untersuchung vom 08.06.2017 festgestellten Gesamtimmissionen (einschließlich aller Fremdgeräusche) den Richtwert von 55 dB(A) mit 56,2 dB(A) nachts in der lautesten Stunde bei den Messungen im April überschritten haben, muss berücksichtigt werden, dass der Pegelanteil des hier streitigen Vorhabens („Musik“ + „Gäste im Sperrbereich“) lediglich mit 47,8 dB(A) (mit Zuschlägen: 52,1 dB(A)) ermittelt wurde (vgl. die tabellarische Darstellung auf S. 22 des Gutachtens); der vorgefundene, vom Betrieb des Vorhabens unabhängige „Fremdgeräuscheanteil“ von isoliert 55,5 dB(A) wurde damit um mehr als 6 dB(A) unterschritten, sodass die von der Anlage bei Sonderveranstaltungen ggf. ausgehende Zusatzbelastung nicht zwingend als relevant angesehen werden muss (vgl. Nr. 3.2.1 Satz 2 und 3 TA Lärm). Hinzu kommt, dass der Beigeladene zu 2) zwischenzeitlich weitere Maßnahmen zum Lärmschutz ergriffen hat - wie etwa die Verlegung der Eingangskontrolle in den Innenbereich des Gebäudes -, sodass die Richtwerte für seltene Ereignisse wohl auch bei „vollwertigem“ Disko- oder Clubbetrieb durchaus eingehalten werden können, wofür die Beigeladenenseite und die Antragsgegnerin Sorge zu tragen haben. Vergleichbares gilt letztlich auch für womöglich zu besorgende kurzzeitige Geräuschspitzen, die hier nachts 65 dB(A) nicht überschreiten dürfen. In der Nacht vom 08.04.2017 auf den 09.04.2017 traten während der vom Büro H + J durchgeführten Messung zwar Geräuschspitzen mit einem Spitzenpegel von 70 dB(A) auf, die von Personen ausgingen, die sich im der Anlage zuzurechnenden „Sperrbereich“ aufgehalten haben (darüber hinausgehende Geräuschspitzen von Passanten - bis zu 74 dB(A) - dürften demgegenüber dem öffentlichen Straßenraum zuzuordnen sein); unter Berücksichtigung insbesondere der bereits ins Werk gesetzten organisatorischen Verbesserungsmaßnahmen (Verlegung der Einlasskontrolle ins Gebäudeinnere) vermag die Kammer aber derzeit nicht anzunehmen, dass eine Einhaltung des Richtwerts für Geräuschspitzen ausgeschlossen ist. (...)“ |
|
| An diesen Ausführungen hält die Kammer nunmehr auch abschließend im Hauptsacheverfahren fest. Der Verwaltungsgerichtshof hat den rechtlichen Grundansatz, die Beurteilung der Zumutbarkeit der von dem „Clubbetrieb“ ausgehenden Lärmimmissionen an Nr. 7.2 der TA Lärm auszurichten, im Beschluss vom 02.07.2018 - 8 S 119/18 - ausdrücklich gebilligt. Eben dies tut auch die Neufassung der Beschränkung der Baugenehmigung durch Nummer 1 Satz 1 des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen, die sich – was der Kammer im kassatorisch angelehnten Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO mangels entsprechender Gestaltungsmöglichkeiten bei der Tenorierung verwehrt war – noch enger und passgenau an den Wortlaut der Nummer 7.2 Satz 1 TA Lärm anlehnt. Die Erwägungen der Kammer im Eilbeschluss sind vor diesem Hintergrund auf die neu gestaltete Genehmigungslage ohne Weiteres übertragbar. Dem haben die Kläger auch nichts von Substanz entgegengesetzt. |
|
| Soweit die Kläger bemängeln, die derzeitigen Nebenbestimmungen würden eine verpflichtende Einhaltung der zehn außergewöhnlichen Ereignisse nach der TA Lärm nicht garantieren – wobei sie allerdings primär auf das von ihnen beanstandete Vollzugsdefizit und die Anzahl und die Art der tatsächlich durchgeführten Veranstaltungen abzielen –, ist zunächst herauszustellen, dass hier keine Fallkonstellation in Rede steht, bei der konkrete Lärmrichtwerte in Gestalt von Auflagen der Baugenehmigung (zugunsten der Kläger bzw. der Anlieger) beigefügt wurden; die Nebenbestimmung unter B. 1. h) der ursprünglichen Baugenehmigung bezieht sich nur auf benachbarte Wohnräume innerhalb des Gebäudes und auch das vor der Baufreigabe geforderte Schallschutzgutachten hatte eine dementsprechende Schutzrichtung, konkrete Richtwerte in Gestalt der nach Nummer 7.2 Satz 4, Nummer 6.3 TA Lärm maßgeblichen Werte gibt aber – im begründenden Teil – der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 07.10./21.10.2019 vor. Dass diese Werte bei den zugelassenen zehn Veranstaltungen pro Kalenderjahr hinreichend verlässlich eingehalten werden können, wenn die Veranstaltungen genehmigungskonform durchgeführt werden (auch unter Beachtung der außerhalb des Baugenehmigungsverfahrens verfügten Auflagen, vgl. etwa Nr. 4 der gaststättenrechtlichen Erlaubnis für den Beigeladenen zu 2) vom 01.07.2016), ergibt sich aus dem Gutachten der Sachverständigen J und R vom 08.06.2017, mit dem sich die Kammer inhaltlich bereits im zitierten Eilbeschluss auseinandergesetzt hat. Den daraus abgeleiteten Ergebnissen kommt eine gesteigerte Aussagekraft deshalb zu, weil das Gutachten die Beobachtungen einer konkreten Messung im „Echt“-Betrieb darstellt und auswertet und sich gerade nicht mit rechnerischen Prognosen bei unsicheren Prämissen begnügen muss. Dass für die Kläger das Risiko eines (echten oder jedenfalls von ihnen wahrgenommenen) Vollzugdefizits verbleibt, ist der Zulassung eines emittierenden Vorhabens in der unmittelbaren Nachbarschaft immanent; dass ein etwaiges Vollzugsdefizit als solches bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung und des von ihr allein legalisierten Genehmigungsinhalts allerdings unbeachtlich ist, wurde dem Klägervertreter bereits mehrfach aufgezeigt und von ihm aufgenommen (vgl. den Schriftsatz vom 20.11.2018). |
|
| Soweit die Kläger einwenden, in Bezug auf die zugelassene Anzahl von Veranstaltungen als sog. seltenen Ereignissen werde das Schützenfest mit für sich genommen bereits zehn Tagen Lärmbelastung übergangen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Beschwerdeverfahren herausgestellt, dass das Schützenfest schon deshalb in diesem Zusammenhang keine Berücksichtigung finden kann, weil es sich nicht um eine dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterfallende und als solche in die Gesamtbetrachtung nach Nr. 7.2 Satz 5 TA Lärm einzubeziehende andere „Anlage“ handelt, zumal im Kontext des Schützenfestes im Wesentlichen Freizeitanlagen in Rede stehen, die vom Anwendungsbereich der TA Lärm auch sonst von vorneherein ausgenommen sind (Nummer 1 Abs. 2 lit. b TA Lärm). |
|
| d) Es lässt sich nicht feststellen, dass die durch die genehmigte Situation ausgelöste Stellplatzsituation gegenüber den Klägern rücksichtslos wäre. Wie die Kammer und der Verwaltungsgerichtshof bereits im Eilverfahren ausgeführt haben, vermitteln die bauordnungsrechtlichen Stellplatzverpflichtungen gemäß § 37 LBO keinen Drittschutz zugunsten eines Nachbarn. Ein Mangel an Stellplätzen kann im Einzelfall zwar einen Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme begründen, allerdings nur ausnahmsweise, wenn er unter Berücksichtigung der Vorbelastung und nach Abwägung aller Umstände unzumutbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2019 - 5 S 1790/17 -, NVwZ-RR 2020, 521; Beschluss vom 10.01.2008 - 3 S 2773/07 -, NVwZ-RR 2008, 600). Dergleichen, insbesondere eine unzumutbare Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Nutzung des eigenen Grundstücks, haben die Kläger aber in der Sache nicht geltend gemacht oder gar dargelegt. Sie haben sich vielmehr nur abstrakt mit der Zahl der vorgeblich erforderlichen (bzw. abzulösenden) Stellplätze befasst und hierzu angeführt, dass eine zutreffende Berechnung nicht vorgenommen werden könne, solange – aus ihrer Sicht – der Baugenehmigungsgegenstand (Diskothek oder Gaststätte) nicht einwandfrei feststehe. Damit werden keine konkreten Beeinträchtigungen durch den – im Übrigen bereits seit langer Zeit aufgenommenen – Betrieb für ihre eigene Grundstücksnutzung aufgezeigt. Solche sind für die Kammer auch sonst nicht ersichtlich, zumal in unmittelbarer Nähe ein großes Parkhaus / Tiefgarage vorhanden ist. |
|
| 2. Die in Satz 2 in Nummer 1 des an die Beigeladene zu 1) gerichteten Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.10.2019 zugunsten der Bauherrin verfügte auflösende Bedingung zu der in Satz 1 dieser Nummer 1 angeordneten Beschränkung der streitigen Baugenehmigung ist demgegenüber rechtswidrig. |
|
| Die Kläger haben diese Regelung in zulässiger Weise zum Gegenstand ihres Anfechtungsbegehrens machen können, auch wenn sie – formal – nur in dem direkt an die Beigeladene zu 2) gerichteten Widerspruchsbescheid in deren Widerspruchsverfahren (21-24/..., gerichtet gegen die nachträgliche Beschränkung ihrer Baugenehmigung durch die Anordnung der Beklagte vom 12.10.2017) tenoriert worden ist. Denn diese Einschränkung der gerade zugunsten der Kläger erfolgten Modifikation der Baugenehmigung durch Satz 1 in Nummer 1 beider Widerspruchsbescheide belastet die Kläger eigenständig; durch die Bezugnahme auf die auflösende Bedingung „aufgrund des Betreiberwiderspruchs“ im begründenden Teil des an die Kläger gerichteten Widerspruchsbescheids (S. 11) hat das Regierungspräsidium auch eine Verknüpfung zwischen den sachlich insoweit ohnehin untrennbaren Regelungen geschaffen, sodass die in der mündlichen Verhandlung auf Hinweis der Kammer erfolgte Konkretisierung des Klagebegehrens nicht als – im Übrigen andernfalls ohnehin sachdienliche – Klageerweiterung anzusehen ist. |
|
| Die Beifügung der genannten auflösenden Bedingung ist schon wegen ihrer Unbestimmtheit rechtswidrig, verletzt die Kläger, zu deren Schutz (zu Recht) die Beschränkung in Nummer 1 Satz 1 des Widerspruchsbescheids verfügt wurde (vgl. abermals VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2019 - 5 S 1913/18 -, juris; Beschluss vom 02.10.2019 - 3 S 1470/19 -, NVwZ-RR 2020, 580, m.w.N.), damit in ihren Rechten und ist daher aufzuheben. |
|
| Das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG erfordert zum einen, dass der Adressat einer Regelung in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist; zum Anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können (hierzu und zum folgenden statt vieler VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.01.2013 - 8 S 2919/11 -, ESVGH 63, 163). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, Beschluss vom 13.10.2010 - 7 B 50.10 -, juris; Urteil vom 02.07.2008 - 7 C 38.07 -, BVerwGE 131, 259). Dabei muss sich die „Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG) nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urteil vom 25.04.2001 - 6 C 6.00 -, BVerwGE 114, 160). Geht es um die Bestimmtheit von (aufschiebenden oder auflösenden) Bedingungen, müssen die Voraussetzungen für den Bedingungseintritt so vollständig, klar und unzweideutig bezeichnet sein, dass sich der Eintritt oder Ausfall der Bedingung ohne Weiteres feststellen lässt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.07.2016 - VI-Kart 3/16 (V) -, BB 2016, 1741; VG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2012 - 11 K 2593/11 -, juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 23.01.2013 - 11 A 4635/12 -, juris). Diesen Anforderungen genügt die hier in Rede stehende auflösende Bedingung nicht. |
|
| Der auflösenden Bedingung in Nummer 1 Satz 2 des an die Beigeladene zu 1) gerichteten Widerspruchsbescheids vom 21.10.2019 zufolge soll die (auch und gerade) zugunsten der Kläger verfügte Beschränkung der Baugenehmigung auf zehn „seltene“ Clubveranstaltungen wegfallen, wenn „nachgewiesen werden kann, dass die Lärmgrenzwerte im Zusammenhang mit den Tanz-/Diskoveranstaltungen (...) auch im Außenbereich eingehalten werden“. Dabei ist zwar wohl noch ohne Weiteres durch Auslegung unter Heranziehung der Bescheidbegründung zu ermitteln, welche Lärmgrenzwerte damit in Bezug genommen werden sollen, nämlich diejenigen nach Nummer 6.1 lit. d) TA Lärm. Unklar ist aber bereits, was mit dem „Außenbereich“ gemeint sein soll. Zwar wird im begründenden Teil des an die Kläger gerichteten Widerspruchsbescheids vom 07.10.2019 – wohlgemerkt aber nur dort (und nicht im an die Beigeladene zu 2) gerichteten Widerspruchsbescheid vom 21.10.2019 – von „zurechenbare[n] Geräusche[n] auf der Straße“ gesprochen, sodass augenscheinlich die vom Vorhabenbetrieb ausgehenden oder diesem zuzurechnenden Geräusche gemeint sein sollen. Die insoweit gebotene nähere rechtliche Abgrenzung bleibt der Widerspruchsbescheid indes schuldig, wenn auch im begründenden Teil des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2019 (S. 9) nur allgemein geäußert wird, eine Zurechnung der Gespräche „jedenfalls im/vor dem Eingangs- bzw. Ausgangsbereich (...) zum Betrieb“ habe „aufgrund des räumlich/sachlichen Zusammenhangs zu erfolgen (zur – gerade auch hier – streitigen Zurechnung von Lärm vgl. in diesem Zusammenhang zuletzt nur BVerwG, Urteil vom 12.12.2019 - 8 C 3.19 -, juris). |
|
| Insbesondere aber ergibt sich die mangelnde Bestimmtheit der auflösenden Bedingung aus dem Umstand, dass nicht klar geregelt ist, wie der geforderte Nachweis zu führen ist. In der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2019 heißt es hierzu – die Unbestimmtheit deutlich aufzeigend –, dass dies „in geeigneter Form“ geschehen könne. Die in Klammer hinzugesetzte nicht abschließende Aufzählung diesbezüglicher Beispiele („Lärmgutachten, erhöhte Kontrolldichte des Kommunalen Ordnungsdienstes, ...“) vermag insoweit keine Vorhersehbarkeit und Bestimmtheit zu bieten, weil bereits die unterschiedlichen Wahrnehmungen des Betriebs in seiner bisherigen Praxis deutlich aufgezeigt haben, dass auch insoweit weiter Streit bestehen würde, für dessen Entscheidung der Widerspruchsbescheid selbst keine handhabbaren und klaren Kriterien an die Hand gibt. Es bleibt im Unklaren, ob allein die Vorlage eines – wie auch immer gearteten (und ausgefallenen) – Lärmgutachtens bereits den Bedingungseintritt zur Folge haben soll oder ob es dazu noch behördlicher Kontrollen (falls ja, wie viele, nach welchen Maßgaben und mit welchem Ergebnis?) oder gar darüber hinaus – wie die Fortsetzung in der Formulierung mit „...“ andeutet – noch weiterer Feststellung bedürfen soll. Die vorstehend nur beispielhaft aufgezeigten Unklarheiten dürfen nach den dargelegten Maßgaben zur Gestaltung von Auflagen, die die Einhaltung von Lärmrichtwerten sichern sollen, keinesfalls zu Lasten der Kläger als unmittelbar betroffenen Nachbarn gehen. |
|
| Unabhängig von alledem wäre die Fassung der Baugenehmigung durch die Beschränkung in Satz 1 und die auflösende Bedingung in Satz 2 der ergänzenden Regelung(en) des Regierungspräsidiums aber auch als unzulässige Verlagerung von dem Baugenehmigungsverfahren immanenten Prüffragen und Konflikten in die Vollzugsebene anzusehen. Die Frage der Zulässigkeit einer baurechtlich relevanten Nutzungsart ist insoweit bereits in der Baugenehmigung als deren Kernbestandteil zu klären und darf nicht gewissermaßen einer Art Testphase nach Genehmigungserteilung und Nutzungsaufnahme überantwortet werden (vgl. zur u.U. allenfalls möglichen Auslagerung von bautechnischen Fragen – konkret der Standsicherheit – in das Verfahren der Baufreigabe VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.12.2018 - 8 S 2440/18 -, NVwZRR 2019, 257; vgl. ansonsten VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.01.2019 - 5 S 1913/18 -, juris). |
|
| Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die tenorierte Teilstattgabe gewichtet die Kammer im Verhältnis zum klagabweisenden Teil als unwesentlich ein, sodass eine im Grundsatz alleinige Kostentragung der Kläger angezeigt erscheint. Die in diesem Zusammenhang anzustellenden Billigkeitserwägungen veranlassen die Kammer, den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2 aufzuerlegen, da dieser zur Sache vorgetragen und einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, VBIBW 2011, 279). Diese Voraussetzungen sind demgegenüber für die Beigeladene zu 1), die sich weder inhaltlich am Verfahren beteiligt hat noch in der mündlichen Verhandlung vertreten war, nicht erfüllt, sodass deren außergerichtliche Kosten nicht den Klägern aufzuerlegen sind. Die Kammer sieht keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§§ 124, 124a VwGO). |
|