Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 12 K 5275/10

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Schadensersatz.
Der Kläger war bis zum 30.09.2009 Soldat bei der Bundeswehr. Am 26.03.2009 zog er nach einem Zugfest in der G.-Kaserne zusammen mit einem Kameraden den C. R. in dessen Stube aus dem Bett. Sie trugen ihn in den Duschraum und stellten die Dusche über ihm an. Sie ließen ihn darunter liegen und gingen in ihre Stube zurück. Kurz darauf kam C. R. in ihre Stube und stellte sie zur Rede. Im Flur kam es dann zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Kläger auf C. R. einschlug.
Deswegen begab sich C. R. in truppenärztliche und in andere ärztliche Behandlung. C. R. war dann vom 27.03.2009 bis 30.03.2009 dienstunfähig. Während dieser Zeit erhielt er weiterhin den Wehrsold.
Mit Verfügung vom 03.04.2009 wurde wegen dieses Vorgangs gegen den Kläger als Disziplinarmaßnahme eine Ausgangsbeschränkung von einer Woche und eine Disziplinarbuße von 300,00 EUR verhängt. Weiter verhängte das Amtsgericht B. gegen den Kläger mit Strafbefehl vom 18.06.2009 eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu 10,00 EUR wegen vorsätzlicher Körperverletzung.
Mit Schreiben vom 05.08.2010 hörte die WBV Süd den Kläger zur Heranziehung wegen des entstandenen Schadens an. Der Kläger machte daraufhin geltend, er sei schon hart bestraft worden. Bei dem Vorgang sei er alkoholisiert gewesen. C. R. habe ein Mitverschulden getroffen. Er befinde sich in Ausbildung und verdiene nur 450,00 EUR monatlich.
Mit Leistungsbescheid vom 31.08.2010 verlangte die Wehrbereichsverwaltung Süd vom Kläger Schadensersatz in Höhe von 280,74 EUR für die Kosten ärztlicher Behandlungen des C. R. und für Wehrsold in der Zeit der Dienstunfähigkeit. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe C. R. mehrfach ins Gesicht geschlagen und so verletzt, dass dieser sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen. Es habe eine vorsätzliche Verletzung der Pflicht zur Achtung des Kameraden vorgelegen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Er berief sich darauf, die Höhe des Schadens werde bestritten. Die Kosten des Sanitätsbereichs der Bundeswehr wären sowieso angefallen. Auch der Wehrsold für C. R. hätte sowieso gezahlt werden müssen. Eine konkrete Abrechnung der entstandenen ärztlichen Kosten sei nicht vorgelegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2010 wies die Wehrbereichsverwaltung Süd den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie zusätzlich aus, der Schaden sei aufgrund der Kosten der notwendigen Behandlungen und der Weiterzahlung des Wehrsolds entstanden.
Am 27.12.2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht zusätzlich geltend, es sei zwar richtig, dass es eine Auseinandersetzung mit einem C. R. gegeben habe. Er - der Kläger - sei aber nicht verantwortlich für die Auseinandersetzung und auch nicht für die Verletzungen von C. R. Dessen Verletzungen würden bestritten. Ebenfalls werde die Notwendigkeit von Behandlungen bestritten. Bezüglich der Kosten bei der Gemeinschaftspraxis Dres. A. werde davon ausgegangen, dass es einen Rahmenvertrag mit der Beklagten gebe, so dass diese Kosten ebenfalls sowieso entstanden wären.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
den Leistungsbescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 31.08.2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 23.11.2010 aufzuheben.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Sie beruft sich zusätzlich darauf, die Körperverletzungen von C. R. seien auch dem Umfang nach durch die erfolgten ärztlichen Behandlungen hinreichend belegt. Abrechnungsgrundlage des Leistungsbescheids sei der einheitliche Bewertungsmaßstab gewesen; es seien nicht Ziffern der GOÄ herangezogen worden. Der Schadensersatzanspruch, der C. R. zugestanden habe, sei auf die Beklagte übergegangen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 87 b, 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
18 
Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers ist § 24 Abs. 1 SG. Danach hat ein Soldat, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
19 
Der Kläger hat zum einen die sich aus § 12 SG (Kameradschaft) ergebenden Pflichten verletzt, indem er durch Schläge seinen Kameraden C. R. verletzte (offen gelassen bei BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, DÖV 1999, 645). Nach dieser Vorschrift beruht der Zusammenhang der Bundeswehr wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein..
20 
Der Kläger hat weiter die in § 7 SG normierte Treuepflicht verletzt, die es u. a. gebietet, den Dienstherrn vor Schaden zu bewahren (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Diese Pflicht wird insbesondere dann verletzt, wenn bei einem anderen Bediensteten des Dienstherrn ein Gesundheitsschaden hervorgerufen wird, für den der Dienstherr aufkommen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
21 
Der Kläger schlug nach seinen eigenen Angaben bei dem Vorfall am 26.03.2009 den C. R. So gab der Kläger bei der Beschuldigten-Vernehmung beim Polizeirevier B. am 03.04.2009 an, er habe auf dem Flur die Beherrschung verloren und dem C.R. drei Ohrfeigen gegen die Backe gegeben. Ähnlich äußerte sich der Kläger nach der "Niederschrift über die Vernehmung eines Soldaten" vom 27.03.2009. Dort sagte er aus, plötzlich seien die Emotionen "übergekocht" und er habe dem C. R. ca. 2 "Backpfeifen", Schläge mit der flachen Hand, ins Gesicht gegeben.
22 
Aufgrund dieses Verhaltens des Klägers erlitt C. R. Verletzungen, die zur Dienstunfähigkeit vom 27.03.2009 bis 30.03.2009 führten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den in den Akten vorhandenen Angaben der Beteiligten der Auseinandersetzung und den ärztlichen und sonstigen Äußerungen.
23 
So gab C. R. im Strafantrag vom 27.03.2009 an die Polizeistation B. an, durch die Schläge ins Gesicht habe er eine Augapfelprellung und einen Hörsturz, verbunden mit einem Trommelfellriss, erlitten, die am Donnerstag und Freitag hätten ärztlich versorgt werden müssen. Bei der Zeugenvernehmung vom 02.04.2009 gab er an, er habe neben der Schramme an der Wange noch ein blaues Auge gehabt.. Bei der Vernehmung am 04.06.2009 gab C. R. weiter an, der Kläger sei der einzige gewesen, der ihn geschlagen habe. Dieser habe gar nicht wahrnehmen können, wohin er geschlagen habe, denn er habe wahllos auf ihn eingeschlagen. Zur Darstellung von C. R. passen die Beschreibungen der ärztlich erbrachten Leistungen. So wurde u. a. eine Tonschwellenaudiometrie und eine binokulare Untersuchung des Augenhintergrundes durchgeführt. Nach der Bestätigung des Truppenarztes vom 14.07.2009 waren die Heilbehandlungsmaßnahmen und die Dienstunfähigkeit Folgen des Vorfalles vom 26.03.2009.
24 
Der Kläger kann mit seinen dagegen erhobenen Einwendungen nicht durchdringen. Er hat nicht nur selbst eingeräumt, dass er dem C. R. Schläge verabreicht hat. Auch der Schütze M. M. gab bei seiner Zeugenvernehmung am 27.03.2009 an, der Kläger habe dem C. R. zwei Backpfeifen gegeben. Das Handgemenge sei so schnell verlaufen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, schlichtend einzugreifen. Der Kläger sei auch alkoholisiert gewesen. Unter diesen Umständen sind die Angaben von C. R. nachvollziehbar, dass der Kläger gar nicht habe erkennen können, wohin genau er geschlagen habe.
25 
Schläge ins Gesicht sind auch grundsätzlich geeignet, zu den behaupteten Verletzungen zu führen. Darüber hinaus hat der Kläger keine Umstände dargelegt, aus denen sich eine andere Ursache für die durchgeführten ärztlichen Behandlungen entnehmen ließe. Insoweit gilt der Beweis des ersten Anscheins für die Verursachung der Verletzungen durch das Handeln des Klägers.
26 
Dem Dienstherrn ist auch ein Schaden entstanden. Für den Schaden ist maßgebend der Schadensbegriff des § 249 BGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Die Kosten, die der Dienstherr für Heilfürsorge aufwendet, sind ohne weiteres als Schaden anzunehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Dies gilt einmal für die bei der Gemeinschaftspraxis Dres. A. und bei Dr. V. angefallenen Kosten. Aber auch die Kosten, die für den Sanitätsbereich der Bundeswehr angesetzt wurden, sind erstattungsfähig. Denn es lässt sich für diese Kosten ein Marktwert ermitteln; unerheblich ist demgegenüber, ob die Kosten "sowieso" angefallen wären (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1995, NJW 1996, 921, und Urt. v. 07.03.2001, NJW-RR 2001, 887). Ein solcher Marktwert besteht unzweifelhaft für ärztliche Leistungen.
27 
Auch beim Ausfall von Arbeitszeit wird ein Schaden bejaht, wenn sich ein Marktwert ermitteln lässt (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1995, a.a.O.). Dies wird bejaht für den Ausfall von Arbeitskraft bei Weiterzahlung der Bezüge (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz [Stand Oktober 2007], § 78 BBG Rdnr. 45 b; so wohl auch BVerwG, Urt. v. 07.05.1990, NVwZ 1990, 1171, und Urt. v. 12.10.1978, NJW 1979, 885).
28 
Dem steht nicht die Konstruktion des Wehrsolds bei Wehrpflichtigen entgegen, den der Geschädigte C. R. während der Zeit der Dienstunfähigkeit weiter erhielt. Auch insoweit ist ein Gegenseitigkeitsverhältnis anzunehmen. Der Anspruch auf Wehrsold ergab sich aus §§ 1 Satz 1, 2 Wehrsoldgesetz. Dem stand die Dienstpflicht des Soldaten nach § 7 SG gegenüber. Dabei war nach § 1 Abs. 1 SG auch Soldat, wer aufgrund der Wehrpflicht in einem Wehrdienstverhältnis stand. Auch § 31 Abs. 1 SG spricht ausdrücklich von einem "Dienst- und Treueverhältnis" des Soldaten. Schließlich spricht dafür auch, dass die Wehrpflicht eine der wenigen gesetzlich besonders vorgesehenen Pflichten darstellte (vgl. Steinlechner/Walz, Wehrpflichtgesetz, 7. Aufl. [2009], § 1 Rdnr. 2).
29 
Das Verhalten des Klägers war auch schuldhaft. Dabei muss sich das Verschulden lediglich auf die Pflichtverletzung beziehen, die hier allerdings die Verursachung des Schadens mit umfasste. Auf die Folgen der Pflichtverletzung, die Art und den Umfang des eingetretenen Schadens, muss sich das Verschulden dagegen nicht erstrecken (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Der Kläger hätte vorliegend erkennen können und müssen, dass sein Handeln zu einer Verletzung des C. R. führen konnte, die sowohl ärztliche Behandlungen als auch Dienstunfähigkeit mit der Folge nach sich ziehen konnten, dass der Beklagten als Dienstherrn dadurch Kosten entstehen konnten und es zur Zahlung von Wehrsold kommen konnte, ohne dass dem eine Gegenleistung des C. R. gegenüber stand.
30 
Beim Verschulden ist der Rechtsgedanke des § 282 BGB heranzuziehen. Danach trifft einen Beamten oder Soldaten, der objektiv seine Dienstpflicht verletzt hat, die materielle Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung ohne ein für die Haftung ausreichendes Verschulden begangen hat. Obwohl der Beamte oder Soldat nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit haftet, geht es beim Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung und eines dadurch verursachten Schadens zu seinen Lasten, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass er die Pflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Dies ist vorliegend der Fall.
31 
Anhaltspunkte für Schuldunfähigkeit des Klägers bestehen nicht. So gab der Schütze M. M. bei seiner Vernehmung als Zeuge am 27.03.2009 an, man habe mit dem Kläger trotz Alkoholisierung normal reden können. Der Kläger gab bei der Beschuldigten-Vernehmung am 07.04.2009 zwar an, sie hätten "in Alkohollaune" C. R. den Streich gespielt. Bei seiner Vernehmung am 27.03.2009 gab der Kläger aber an, er habe (nur) ca. 5 Bier und 2 Schnäpse getrunken. Auch die Schilderung der Vorbereitungen des "Streichs", die der Kläger bei der Beschuldigten-Vernehmung machte, zeigt, dass das Denken noch gut funktioniert hatte.
32 
Der Schaden wurde durch die Dienstpflichtverletzung des Klägers auch adäquat verursacht. Dabei ist eine ursächliche Verbindung zwischen Dienstpflichtverletzung und Schadenseinrichtung adäquat, wenn die begangene Dienstpflichtverletzung nach allgemeiner Lebenserfahrung für einen objektiven Betrachter geeignet war, den Schaden herbeizuführen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Es lag hier nicht fern, dass bei Schlägen auf den Kopf die geschilderten Verletzungen und im Zusammenhang damit Dienstunfähigkeit eintreten und dass dadurch Kosten für ärztliche Behandlungen entstehen und Auszahlung von Wehrsold ohne Gegenleistung erfolgt.
33 
Auch die durchgeführte Berechnung des Schadens ist nicht zu beanstanden.
34 
Die von der Wehrbereichsverwaltung Süd angegebene Schadenshöhe ist nicht zu beanstanden. Die Höhe des Wehrsolds wird nicht in Frage gestellt. Für die Berechnung der - fiktiven - Behandlungskosten im Sanitätsbereich der Bundeswehr konnten die EBM-Gebührenordnungspositionen angesetzt werden. Die in der Gemeinschaftspraxis Dres. A. und bei Dr. V entstandenen - konkreten - Behandlungskosten ergeben sich aus den EBM-Gebührenordnungspositionen, die von der Gemeinschaftspraxis Dres. A. und von Dr. V. auf Anfragen der Wehrbereichsverwaltung Süd mitgeteilt worden waren.
35 
Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass der Kläger für den gesamten Betrag herangezogen wurde. Es wird zwar vertreten, dass er nicht allein hätte herangezogen werden können, wenn der Geschädigte C. R. eine Mitschuld getragen hätte (vgl. BayVGH, Beschl. v. 04.04.2007 - 15 C 06.3386 -, juris). Hier kann offenbleiben, ob dem zu folgen ist. Denn es ist - auch nach der Schilderung des Klägers selbst - nicht ersichtlich, dass C. R. eine Mitschuld trug.
36 
Nach den Angaben des Klägers selbst und auch nach den Angaben von C. R. und M. M. war der Kläger der einzige, der zuschlug. C. R. dagegen war nach den vorhandenen Angaben zwar aggressiv und schrie, ebenso wie es der Kläger tat, er schlug aber nicht zu. Die Aggressivität von C. R. führte dabei nicht zu einem Mitverschulden, denn sie war - in Anbetracht des ihm gespielten "Streiches" - durchaus verständlich und in dieser Situation gerechtfertigt.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
38 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
16 
Im Einverständnis der Beteiligten kann der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 87 b, 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
18 
Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers ist § 24 Abs. 1 SG. Danach hat ein Soldat, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
19 
Der Kläger hat zum einen die sich aus § 12 SG (Kameradschaft) ergebenden Pflichten verletzt, indem er durch Schläge seinen Kameraden C. R. verletzte (offen gelassen bei BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, DÖV 1999, 645). Nach dieser Vorschrift beruht der Zusammenhang der Bundeswehr wesentlich auf Kameradschaft. Sie verpflichtet alle Soldaten, die Würde, die Ehre und die Rechte des Kameraden zu achten und ihm in Not und Gefahr beizustehen. Das schließt gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen ein..
20 
Der Kläger hat weiter die in § 7 SG normierte Treuepflicht verletzt, die es u. a. gebietet, den Dienstherrn vor Schaden zu bewahren (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Diese Pflicht wird insbesondere dann verletzt, wenn bei einem anderen Bediensteten des Dienstherrn ein Gesundheitsschaden hervorgerufen wird, für den der Dienstherr aufkommen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
21 
Der Kläger schlug nach seinen eigenen Angaben bei dem Vorfall am 26.03.2009 den C. R. So gab der Kläger bei der Beschuldigten-Vernehmung beim Polizeirevier B. am 03.04.2009 an, er habe auf dem Flur die Beherrschung verloren und dem C.R. drei Ohrfeigen gegen die Backe gegeben. Ähnlich äußerte sich der Kläger nach der "Niederschrift über die Vernehmung eines Soldaten" vom 27.03.2009. Dort sagte er aus, plötzlich seien die Emotionen "übergekocht" und er habe dem C. R. ca. 2 "Backpfeifen", Schläge mit der flachen Hand, ins Gesicht gegeben.
22 
Aufgrund dieses Verhaltens des Klägers erlitt C. R. Verletzungen, die zur Dienstunfähigkeit vom 27.03.2009 bis 30.03.2009 führten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den in den Akten vorhandenen Angaben der Beteiligten der Auseinandersetzung und den ärztlichen und sonstigen Äußerungen.
23 
So gab C. R. im Strafantrag vom 27.03.2009 an die Polizeistation B. an, durch die Schläge ins Gesicht habe er eine Augapfelprellung und einen Hörsturz, verbunden mit einem Trommelfellriss, erlitten, die am Donnerstag und Freitag hätten ärztlich versorgt werden müssen. Bei der Zeugenvernehmung vom 02.04.2009 gab er an, er habe neben der Schramme an der Wange noch ein blaues Auge gehabt.. Bei der Vernehmung am 04.06.2009 gab C. R. weiter an, der Kläger sei der einzige gewesen, der ihn geschlagen habe. Dieser habe gar nicht wahrnehmen können, wohin er geschlagen habe, denn er habe wahllos auf ihn eingeschlagen. Zur Darstellung von C. R. passen die Beschreibungen der ärztlich erbrachten Leistungen. So wurde u. a. eine Tonschwellenaudiometrie und eine binokulare Untersuchung des Augenhintergrundes durchgeführt. Nach der Bestätigung des Truppenarztes vom 14.07.2009 waren die Heilbehandlungsmaßnahmen und die Dienstunfähigkeit Folgen des Vorfalles vom 26.03.2009.
24 
Der Kläger kann mit seinen dagegen erhobenen Einwendungen nicht durchdringen. Er hat nicht nur selbst eingeräumt, dass er dem C. R. Schläge verabreicht hat. Auch der Schütze M. M. gab bei seiner Zeugenvernehmung am 27.03.2009 an, der Kläger habe dem C. R. zwei Backpfeifen gegeben. Das Handgemenge sei so schnell verlaufen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, schlichtend einzugreifen. Der Kläger sei auch alkoholisiert gewesen. Unter diesen Umständen sind die Angaben von C. R. nachvollziehbar, dass der Kläger gar nicht habe erkennen können, wohin genau er geschlagen habe.
25 
Schläge ins Gesicht sind auch grundsätzlich geeignet, zu den behaupteten Verletzungen zu führen. Darüber hinaus hat der Kläger keine Umstände dargelegt, aus denen sich eine andere Ursache für die durchgeführten ärztlichen Behandlungen entnehmen ließe. Insoweit gilt der Beweis des ersten Anscheins für die Verursachung der Verletzungen durch das Handeln des Klägers.
26 
Dem Dienstherrn ist auch ein Schaden entstanden. Für den Schaden ist maßgebend der Schadensbegriff des § 249 BGB (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Die Kosten, die der Dienstherr für Heilfürsorge aufwendet, sind ohne weiteres als Schaden anzunehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Dies gilt einmal für die bei der Gemeinschaftspraxis Dres. A. und bei Dr. V. angefallenen Kosten. Aber auch die Kosten, die für den Sanitätsbereich der Bundeswehr angesetzt wurden, sind erstattungsfähig. Denn es lässt sich für diese Kosten ein Marktwert ermitteln; unerheblich ist demgegenüber, ob die Kosten "sowieso" angefallen wären (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1995, NJW 1996, 921, und Urt. v. 07.03.2001, NJW-RR 2001, 887). Ein solcher Marktwert besteht unzweifelhaft für ärztliche Leistungen.
27 
Auch beim Ausfall von Arbeitszeit wird ein Schaden bejaht, wenn sich ein Marktwert ermitteln lässt (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1995, a.a.O.). Dies wird bejaht für den Ausfall von Arbeitskraft bei Weiterzahlung der Bezüge (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz [Stand Oktober 2007], § 78 BBG Rdnr. 45 b; so wohl auch BVerwG, Urt. v. 07.05.1990, NVwZ 1990, 1171, und Urt. v. 12.10.1978, NJW 1979, 885).
28 
Dem steht nicht die Konstruktion des Wehrsolds bei Wehrpflichtigen entgegen, den der Geschädigte C. R. während der Zeit der Dienstunfähigkeit weiter erhielt. Auch insoweit ist ein Gegenseitigkeitsverhältnis anzunehmen. Der Anspruch auf Wehrsold ergab sich aus §§ 1 Satz 1, 2 Wehrsoldgesetz. Dem stand die Dienstpflicht des Soldaten nach § 7 SG gegenüber. Dabei war nach § 1 Abs. 1 SG auch Soldat, wer aufgrund der Wehrpflicht in einem Wehrdienstverhältnis stand. Auch § 31 Abs. 1 SG spricht ausdrücklich von einem "Dienst- und Treueverhältnis" des Soldaten. Schließlich spricht dafür auch, dass die Wehrpflicht eine der wenigen gesetzlich besonders vorgesehenen Pflichten darstellte (vgl. Steinlechner/Walz, Wehrpflichtgesetz, 7. Aufl. [2009], § 1 Rdnr. 2).
29 
Das Verhalten des Klägers war auch schuldhaft. Dabei muss sich das Verschulden lediglich auf die Pflichtverletzung beziehen, die hier allerdings die Verursachung des Schadens mit umfasste. Auf die Folgen der Pflichtverletzung, die Art und den Umfang des eingetretenen Schadens, muss sich das Verschulden dagegen nicht erstrecken (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Der Kläger hätte vorliegend erkennen können und müssen, dass sein Handeln zu einer Verletzung des C. R. führen konnte, die sowohl ärztliche Behandlungen als auch Dienstunfähigkeit mit der Folge nach sich ziehen konnten, dass der Beklagten als Dienstherrn dadurch Kosten entstehen konnten und es zur Zahlung von Wehrsold kommen konnte, ohne dass dem eine Gegenleistung des C. R. gegenüber stand.
30 
Beim Verschulden ist der Rechtsgedanke des § 282 BGB heranzuziehen. Danach trifft einen Beamten oder Soldaten, der objektiv seine Dienstpflicht verletzt hat, die materielle Beweislast dafür, dass er die Pflichtverletzung ohne ein für die Haftung ausreichendes Verschulden begangen hat. Obwohl der Beamte oder Soldat nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit haftet, geht es beim Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung und eines dadurch verursachten Schadens zu seinen Lasten, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass er die Pflichtverletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Dies ist vorliegend der Fall.
31 
Anhaltspunkte für Schuldunfähigkeit des Klägers bestehen nicht. So gab der Schütze M. M. bei seiner Vernehmung als Zeuge am 27.03.2009 an, man habe mit dem Kläger trotz Alkoholisierung normal reden können. Der Kläger gab bei der Beschuldigten-Vernehmung am 07.04.2009 zwar an, sie hätten "in Alkohollaune" C. R. den Streich gespielt. Bei seiner Vernehmung am 27.03.2009 gab der Kläger aber an, er habe (nur) ca. 5 Bier und 2 Schnäpse getrunken. Auch die Schilderung der Vorbereitungen des "Streichs", die der Kläger bei der Beschuldigten-Vernehmung machte, zeigt, dass das Denken noch gut funktioniert hatte.
32 
Der Schaden wurde durch die Dienstpflichtverletzung des Klägers auch adäquat verursacht. Dabei ist eine ursächliche Verbindung zwischen Dienstpflichtverletzung und Schadenseinrichtung adäquat, wenn die begangene Dienstpflichtverletzung nach allgemeiner Lebenserfahrung für einen objektiven Betrachter geeignet war, den Schaden herbeizuführen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1999, a.a.O.). Es lag hier nicht fern, dass bei Schlägen auf den Kopf die geschilderten Verletzungen und im Zusammenhang damit Dienstunfähigkeit eintreten und dass dadurch Kosten für ärztliche Behandlungen entstehen und Auszahlung von Wehrsold ohne Gegenleistung erfolgt.
33 
Auch die durchgeführte Berechnung des Schadens ist nicht zu beanstanden.
34 
Die von der Wehrbereichsverwaltung Süd angegebene Schadenshöhe ist nicht zu beanstanden. Die Höhe des Wehrsolds wird nicht in Frage gestellt. Für die Berechnung der - fiktiven - Behandlungskosten im Sanitätsbereich der Bundeswehr konnten die EBM-Gebührenordnungspositionen angesetzt werden. Die in der Gemeinschaftspraxis Dres. A. und bei Dr. V entstandenen - konkreten - Behandlungskosten ergeben sich aus den EBM-Gebührenordnungspositionen, die von der Gemeinschaftspraxis Dres. A. und von Dr. V. auf Anfragen der Wehrbereichsverwaltung Süd mitgeteilt worden waren.
35 
Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass der Kläger für den gesamten Betrag herangezogen wurde. Es wird zwar vertreten, dass er nicht allein hätte herangezogen werden können, wenn der Geschädigte C. R. eine Mitschuld getragen hätte (vgl. BayVGH, Beschl. v. 04.04.2007 - 15 C 06.3386 -, juris). Hier kann offenbleiben, ob dem zu folgen ist. Denn es ist - auch nach der Schilderung des Klägers selbst - nicht ersichtlich, dass C. R. eine Mitschuld trug.
36 
Nach den Angaben des Klägers selbst und auch nach den Angaben von C. R. und M. M. war der Kläger der einzige, der zuschlug. C. R. dagegen war nach den vorhandenen Angaben zwar aggressiv und schrie, ebenso wie es der Kläger tat, er schlug aber nicht zu. Die Aggressivität von C. R. führte dabei nicht zu einem Mitverschulden, denn sie war - in Anbetracht des ihm gespielten "Streiches" - durchaus verständlich und in dieser Situation gerechtfertigt.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
38 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

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