Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (7. Kammer) - 7 K 2085/18.TR

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19. Februar 2018 wird aufgehoben, soweit der Reparaturauftrag vom 10. April 2017 beanstandet wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die aufsichtsbehördliche Beanstandung einer Eilentscheidung ihres Ortsbürgermeisters über die Reparatur eines gemeindeeigenen Traktors sowie des in der Folge erteilten Reparaturauftrages.

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Mit Kaufvertrag vom 1. Dezember 2015 hat die Klägerin den streitbefangenen Traktor in gebrauchtem Zustand (Baujahr 1991) zu einem Kaufpreis von 11.300,00 Euro (netto wie brutto) erworben. Im Kaufpreis enthalten war zugleich ein gebrauchter Böschungsmulcher. Nachdem in den Jahren 2015 und 2016 bereits Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 4.185,85 Euro (Bl. 138 der Verwaltungsakte) für den Traktor entstanden waren, erlitt dieser Anfang Februar 2017 einen weiteren Defekt, war hierdurch nicht mehr fahrtauglich und wurde zunächst abgeschleppt. Am 29. März 2017 wurde er sodann in der Werkstatt der Firma ***, ***, geöffnet, wobei eine Schadensursache nicht bestimmt werden konnte. Ausweislich der daraufhin von der Firma ** erstellten Kostenaufstellung wurden für die Reparatur des Traktors Materialkosten in Höhe von 3.074,24 Euro (netto) sowie 70 bis 80 Arbeitsstunden zu je 48,00 (netto) Euro veranschlagt. Zudem wurde in der Kostenaufstellung darauf hingewiesen, dass ein weiterer Aufpreis in Höhe von 450 Euro (netto) entstünde, sofern alle Lager des Schaltgetriebes ersetzt werden sollten.

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Diese Kostenaufstellung ließ der Ortsbürgermeister der Klägerin Ortsbürgermeister - am Freitag, dem 31. März 2017, den Mitgliedern des Gemeinderates zukommen. Sodann wandte er sich sonntags, am 2. April 2017, an die Verbandsgemeindeverwaltung Kell am See - Verbandsgemeindeverwaltung - und bat darum, die Firma *** gemäß der beigefügten Kostenaufstellung mit der Reparatur des Traktors (einschließlich der Erneuerung sämtlicher Lager) zu beauftragen. Da hinsichtlich des Einsatzes des Traktors Dringlichkeit bestünde, halte er eine Eilentscheidung für erforderlich. Übergangsweise könne die Klägerin jedoch auf einen privaten Traktor zurückgreifen.

4

Daraufhin bat die Verbandsgemeindeverwaltung den Ortsbürgermeister am Montag, dem 3. April 2017, die Angelegenheit abschließend im Gemeinderat beraten zu lassen. Dies lehnte der Ortsbürgermeister am 4. April 2017 ab, da die Klägerin so bald wie möglich den eigenen Traktor benötige. Der CDU-Fraktion, welche mit Schreiben vom 2. April 2017, beim Ortsbürgermeister am 4. April 2017 eingegangen, die Durchführung einer Gemeinderatssitzung beantragt hatte, teilte er mit, der Antrag laufe ins Leere, da bereits eine Eilentscheidung erfolgt sei.

5

Nachdem er die Verbandsgemeindeverwaltung am 6. April 2017 zunächst erfolglos um Übersendung einer Kopie des Auftragsschreibens gebeten hatte, setzte der Ortsbürgermeister der Verbandsgemeindeverwaltung sodann am 7. April 2017 eine Frist zur Vorlage des Auftragsschreibens an die Firma *** bis zum 10. April 2017, 10 Uhr und kündigte an, dass er das Auftragsschreiben andernfalls selbst überstellen werde.

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Mit Schreiben vom 7. April 2017 wies die Kreisverwaltung Trier-Saarburg Kreisverwaltung - den Ortsbürgermeister unter Bezugnahme auf § 120 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung (Gesetz vom 31. Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 02.03.2017 (GVBl. S. 21)) - GemO - und § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die gesetzlichen Voraussetzungen einer Eilentscheidung nach § 48 GemO nicht vorlägen und bat ihn, bis Montag, den 10. April 2017, mitzuteilen, warum er keinen Beschluss des Gemeinderates herbeigeführt habe. Daraufhin antwortete der Ortsbürgermeister am selben Tag, die Eilentscheidung sei wegen Dringlichkeit erforderlich gewesen.

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Mit handschriftlich unterzeichnetem Schreiben vom 10. April 2017 beauftragte der Ortsbürgermeister (unter seiner Amtsbezeichnung) schließlich die Firma *** mit der Reparatur des streitgegenständlichen Traktors gemäß der vorigen Kostenaufstellung (einschließlich des Austauschs der Lager). Die Reparatur wurde in der Folge am 26. April 2017 fertiggestellt. Da hierbei ein höherer Material- und Zeitaufwand entstand, als ursprünglich veranschlagt, stellte die Firma *** der Klägerin am 8. Mai 2017 11.356,53 Euro brutto (9.543,30 Euro netto) in Rechnung. Diese Rechnung leitete der Ortsbürgermeister an die Verbandsgemeindeverwaltung weiter. Die Forderung ist mittlerweile beglichen.

8

Am 11. Mai 2017, zugestellt am 15. Mai 2017, erließ die Kreisverwaltung nach Anhörung der Klägerin den an den Ortsbürgermeister adressierten streitgegenständlichen Bescheid, mit welchem sie die Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters vom 2. April 2017 und den im Zusammenhang damit erteilten Reparaturauftrag vom 10. April 2017 gemäß § 121 GemO beanstandet. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre vorigen Ausführungen. Insbesondere bestreite sie, dass der Klägerin ein schwerer und praktisch nicht wiedergutzumachender Schaden gedroht habe, zumal übergangsweise die Ersatzmaschine zur Verfügung gestanden habe. Zudem habe es an der Unaufschiebbarkeit der Entscheidung über die Reparatur gefehlt, da es im Zeitraum zwischen dem Eintritt des Schadens und der Erteilung des Reparaturauftrags am 10. April 2017 und selbst in der Zeit zwischen der Eilentscheidung vom 2. April 2017 bis zur Erteilung des Auftrags möglich gewesen sei, einen Gemeinderatsbeschluss herbeizuführen.

9

Gegen diesen Bescheid legte der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 8. Juni 2017 „namens und in Auftrag des Ortsbürgermeisters“ Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, eine nachträgliche isolierte Beanstandung ohne Aufhebung der beanstandeten Entscheidung sei nach § 121 GemO nicht möglich.

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Darüber hinaus läge ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs vor. Bei der Ermessensausübung sei insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass die Kreisverwaltung bereits seit dem 2. April 2017 Kenntnis von der Eilentscheidung gehabt und dennoch bis zur Auftragserteilung keine kommunalaufsichtlichen Maßnahmen ergriffen habe. Schließlich sei die Beanstandung unverhältnismäßig.

11

Mit Beschluss vom 4. September 2017 bestätigte der Gemeinderat der Klägerin in der Folge die Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters sowie die Auftragserteilung zur Reparatur des gemeindeeigenen Traktors. Am 18. September 2017 beschloss der Gemeinderat ferner, dass er die Eilentscheidung und Auftragsvergabe als erledigt ansehe und diesbezüglich nicht beabsichtige, Ansprüche geltend zu machen. In einem weiteren Beschluss vom 12. Oktober 2017 bestätigte der Gemeinderat der Klägerin schließlich die Erteilung der Prozessvollmacht an die jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Einlegung des Widerspruchs.

12

Am 21. Dezember 2017 übersandte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kell am See - Verbandsgemeinde - der Kreisverwaltung sowie der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion - ADD - die Rechnung für die Reparatur des Traktors unter Bezugnahme „auf das laufende Widerspruchsverfahren im Zusammenhang mit einer Eilentscheidung von Ortsbürgermeister ***".

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Die ADD wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2018, der Klägerin zugestellt am 27. Februar 2018, zurück. Zur Begründung trug sie vor, der Widerspruch sei bereits unzulässig, da die Ortsgemeinde als Widerspruchsführerin nach § 68 Abs. 1 S. 1 GemO bei Widerspruchseinlegung nicht durch die Verbandsgemeindeverwaltung vertreten worden sei. Im Übrigen sei der Widerspruch auch unbegründet. Indem der Ortsbürgermeister den Reparaturauftrag erteilt habe, habe er trotz der internen Kompetenzüberschreitung als Organ der Gemeinde gehandelt. Diese Maßnahme sei zu beanstanden gewesen, da sie mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 GemO das geltende Recht verletze. Auch habe der Ortsbürgermeister die Eilentscheidung nicht im Einvernehmen mit den Beigeordneten getroffen. Unschädlich sei, dass die Beanstandung keine Aufhebungsverfügung enthalte, denn der Erlass einer solchen sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Bescheid nach § 121 GemO, sondern lediglich eine weitere Handlungsmöglichkeit der Aufsichtsbehörde. Ebenso sei unerheblich, dass die Folgen der Eilentscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten, denn es stehe im Ermessen der Behörde, ob sie eine Rückgängigmachung verlange. Die isolierte Beanstandung behalte vorliegend ihren Sinn, da sie die Klägerin für die Zukunft sensibilisiere und einer Wiederholung in ähnlichen Fällen vorbeuge. Da die vorigen Mitteilungen und Unterrichtungen wirkungslos geblieben seien, sei sie zu diesem Zweck erforderlich.

14

Nach einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss hat die Klägerin am 26. März 2018 durch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen das Vorbringen ihres Ortsbürgermeisters im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt sie vor, der Widerspruch sei zulässig. In § 68 GemO sei nicht ausdrücklich geregelt, dass die Verbandsgemeinde im Widerspruchsverfahren vertretungsbefugt sei. Da die Vorwürfe der Kreisverwaltung den Ortsbürgermeister persönlich getroffen hätten, habe dieser auch Widerspruch einlegen können. Zudem sprächen die Gesamtumstände für eine Rechtsscheinvertretung. Schließlich seien sowohl die Verbandsgemeindeverwaltung, als auch der Beklagte aus Fürsorgegesichtspunkten verpflichtet gewesen, die Klägerin auf das Erfordernis der Widerspruchseinlegung durch die Verbandsgemeindeverwaltung hinzuweisen.

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Sie beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19. Februar 2018 aufzuheben.

17

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung bezieht er sich auf seine Ausführungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid.

20

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen sowie den Verwaltungsakten des Beklagten. Die genannten Unterlagen lagen vor und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Beanstandung des Reparaturauftrages richtet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

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I. Die Klage ist in Gestalt einer Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO statthaft, denn bei der streitgegenständlichen Beanstandung handelt es sich um einen belastenden Verwaltungsakt (PdK RhPf B-1, GemO § 121, Ziff. 1.3, beck- online), der gegenüber der Klägerin die verbindliche Feststellung enthält, dass die Eilentscheidung sowie der Reparaturauftrag gegen geltendes Recht verstoßen (PdK RhPf B-1, GemO § 121, Ziff. 4.1., beck-online). Obschon seit dem 4. September 2017 ein Gemeinderatsbeschluss zur Eilentscheidung und Auftragserteilung vorliegt, ist die Beanstandung nicht gegenstandslos geworden, denn der Gemeinderat hat durch die Bestätigung der Eilentscheidung zum Ausdruck gebracht, dieser im Innenverhältnis der gemeindlichen Organe als Grundlage für die Auftragserteilung weiterhin rechtliche Wirkung beizumessen. Die Auftragserteilung ihrerseits entfaltet nach wie vor Rechtswirkung, da der Vertrag über die Reparatur des Traktors Rechtsgrund für das Behaltendürfen der beiderseits erbrachten vertraglichen Leistungen ist.

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Des Weiteren ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Zwar ist die Beanstandung an den Ortsbürgermeister der Klägerin adressiert, jedoch kann die Klägerin sich jedenfalls deshalb auf eine mögliche Verletzung ihrer Rechte aus Art. 49 Abs. 3 S. 1 der rheinland-pfälzischen Landesverfassung (Gesetz vom 18. Mai 1947 (VOBl. S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Mai 2015 (GVBl. S. 35)) - LV - und Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz - GG - berufen, weil der Widerspruchsbescheid ausweislich seines Rubrums an die Ortsgemeinde gerichtet war.

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Ferner wurde das nach § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderliche Vorverfahren durchgeführt, denn der Ortsbürgermeister der Klägerin hat am 8. Juni 2017 durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt, § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO. Hierbei ist unschädlich, dass der Widerspruch „namens und in Auftrag des Ortsbürgermeisters“ eingelegt wurde, denn in dieser Formulierung setzt sich lediglich fort, dass der Beklagte seinerseits im Bescheid den Ortsbürgermeister der Klägerin persönlich angesprochen hat, anstatt die Beanstandung ausdrücklich an die Ortsgemeinde zu adressieren. Überdies ergibt eine am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung nach §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - (hierzu: BVerwG, Beschluss vom 13. September 1999 - 11 B 14/99 -, juris), dass der Ortsbürgermeister gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 GemO in seiner Eigenschaft als Vertreter der Gemeinde gehandelt hat, denn er beruft sich zur Begründung seines Widerspruchs nicht auf eigene, ihm als Organ der Klägerin oder als natürliche Person zustehende Rechte, sondern auf das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin und die Pflicht des Beklagten zu gemeindefreundlichem Verhalten. Ebenso hat ausweislich des Widerspruchsbescheids auch der Beklagte den Widerspruch ausgelegt.

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Darüber hinaus ist letztlich unschädlich, dass die Klägerin im Vorverfahren durch den Ortsbürgermeister anstelle des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde vertreten wurde. Zwar folgt aus § 68 Abs. 1 S. 1 der rheinland- pfälzischen Gemeindeordnung (Gesetz vom 31. Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.03.2017 (GVBl. 2017, 21)) - GemO -, dass die Vertretung der Klägerin im Widerspruchsverfahren dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde als Leiter der Verbandsgemeindeverwaltung (§ 64 Abs. 3 S. 1 GemO), obliegt (VG Trier, Urteil vom 06. April 2018 - 7 K 7497/17.TR -, juris, VG Neustadt, Urteil vom 19. August 2014 - 5 K 1129/13.NW -, juris), denn die Vertretung im Widerspruchsverfahren unterfällt dem Begriff des „Verwaltungsgeschäfts“ (hierzu mit ausführlicher Begründung: VG Trier, Urteil vom 06. April 2018, a. a. O., Rn. 31 ff.).

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Der demnach bei der Einlegung des Widerspruchs durch den Ortsbürgermeister vorliegende Vertretungsmangel wurde jedoch nach der analog anwendbaren Vorschrift des § 177 BGB rückwirkend (§ 184 Abs. 1 BGB) geheilt (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 17. April 1984 - GmS-OGB 2/83 -, BGHZ 91, 111-117, BVerwGE 69, 380-383, Rn. 13; vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 62 Rn. 17), da der Bürgermeister der Verbandsgemeinde die Widerspruchseinlegung konkludent genehmigt hat, indem er am 21. Dezember 2017 unter Bezugnahme auf das laufende Widerspruchsverfahren die Rechnung für die Reparatur des Traktors an die Kreisverwaltung sowie die ADD gesendet hat, ohne Einwände gegen die Widerspruchseinlegung zu erheben. Hierdurch hat er aus Sicht eines objektiven Empfängers zum Ausdruck gebracht, dass er die Einlegung des Widerspruchs billigt, denn andernfalls hätte es ihm infolge der Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Klägerin (§ 70 Abs. 1 GemO) oblegen, seine Einwände ausdrücklich geltend zu machen. Dies hätte dem Verbandsbürgermeister in seiner Eigenschaft als Leiter der Verbandsgemeindeverwaltung auch bewusst sein müssen. Die Genehmigung war unter Zugrundelegung der Rechtsgrundsätze der §§ 89 Abs. 2 und 579 Abs. 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung - ZPO - durch den Ablauf der Widerspruchsfrist nicht ausgeschlossen (vgl. VG Trier, Urteil vom 06. April 2018, a. a. O.).

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II. Die Klage, deren übrige Zulässigkeitsvoraussetzungen ebenfalls vorliegen, ist begründet, soweit die Klägerin sich gegen die Beanstandung des Reparaturauftrags vom 10. April 2017 wendet. Die aufsichtsbehördliche Beanstandung des Reparaturauftrags in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Maßgeblich ist hierbei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchbescheids, da sich vorliegend aus dem materiellen Recht nichts Abweichendes ergibt (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. Juli 1987 - 7 A 62/86 -; grds.: BVerwG, Beschluss vom 3. November 2006 - 10 B 19/06 -, juris).

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Zwar lagen bei Erlass des Ausgangsbescheids am 11. Mai 2017 die zur Beanstandung des Reparaturauftrags erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 121 S. 1 GemO vor (1.), jedoch ist der Widerspruchsbescheid rechtswidrig, da der im Innenverhältnis zunächst fehlende Ratsbeschluss noch während des Vorverfahrens nachgeholt wurde (2.).

29

1. Der Reparaturauftrag war tauglicher Gegenstand einer aufsichtsbehördlichen Beanstandung gegenüber der Ortsgemeinde, da es sich um eine „sonstige Maßnahme der Gemeindeverwaltung" handelt. Unter diesen Begriff fallen alle rechtserheblichen Maßnahmen von Einzelpersonen der Gemeinde, soweit sie als Organ oder Amtsträger tätig werden. Sie können öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sein (PdK RhPf B-1, Gemo § 121, Ziff. 2.3, beck-online). Von der Staatsaufsicht ausgenommen sind nach § 127 Abs. 2 GemO lediglich bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde, die im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen sind. Dies zugrunde gelegt stellt die Erteilung des Reparaturauftrags eine beanstandungsfähige Maßnahme dar, denn hierdurch hat der Ortsbürgermeister in Vertretung der Klägerin den Vertrag über die Reparatur des Traktors abgeschlossen. In dieser Situation greift der Ausschlusstatbestand des § 127 Abs. 2 GemO noch nicht ein, da die zivilrechtliche Verpflichtung, welche später im Zivilrechtsweg durchzusetzen wäre, hierdurch erst begründet wurde (vgl. Hendler/Hufen/Jutzi, Landesrecht Rheinland-Pfalz, 6. Auflage 2012, § 3 Rn. 171).

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Die Auftragserteilung verstieß zudem gegen bestehendes Recht. Obschon sie den Vorgaben des § 49 Abs. 1 S. 1 GemO entsprach und als zivilrechtliche Willenserklärung des vertretungsbefugten Ortsbürgermeisters (§ 47 Abs. 1 S. 1 GemO) im Außenverhältnis von Beginn an wirksam war, überschritt dieser bei der Auftragserteilung im Innenverhältnis seine organschaftlichen Kompetenzen, da ein Gemeinderatsbeschluss über den Reparaturauftrag nicht vorlag.

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Ein solcher war nach § 32 Abs. 1 S. 2 GemO erforderlich, da die Entscheidung über die Reparatur des Traktors nicht der laufenden Verwaltung gemäß § 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GemO unterfiel. Zu den Geschäften der laufenden Verwaltung gehören die Angelegenheiten, die für die Gemeinde weder nach der wirtschaftlichen noch nach der grundsätzlichen Seite von wesentlicher Bedeutung sind und die mit einer gewissen Häufigkeit wiederkehren (OVG RP, Urteil vom 12. Januar 1999 - 6 A 10972/98.OVG -, ESOVG, m. w. N.), so dass nach feststehenden Grundsätzen verfahren wird (PdK RhPf B-1, GemO § 47, Ziff. 2.3.2, beck-online). Die Entscheidung über die Reparatur des Traktors stellte keine derartige Routineangelegenheit dar, denn sie erforderte umfassende Zweckmäßigkeitserwägungen. Hierbei war insbesondere über die Wirtschaftlichkeit der Reparatur zu entscheiden, da die Reparaturkosten sich bereits nach dem Kostenvoranschlag auf 6.434,24 Euro bis 7.364,24 Euro (jeweils netto), d. h. circa 57 bis 65 Prozent des Kaufpreises beliefen und (ausgehend von 7.364,24 Euro) zusammen mit den bereits zuvor angefallenen Reparaturkosten den Kaufpreis für Traktor und Böschungsmulcher überschritten. Hinzu kam, dass der Traktor bereits 26 Jahre alt war, denn insofern war nicht auszuschließen, dass weitere Reparaturen erforderlich würden. Schließlich fiel die Reparatur auch finanziell ins Gewicht, da das Haushaltsvolumen der 580 bis 600 Einwohner starken Ortsgemeinde nach den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung lediglich circa 400.000 bis 500.000 Euro beträgt. Ohne dass die Wirtschaftlichkeit der Reparatur im vorliegenden Rechtsstreit einer Entscheidung bedürfte, hätten diese Besonderheiten jedenfalls eine Beschlussfassung des Gemeinderates erfordert.

32

Der erforderliche Ratsbeschluss konnte durch die Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters vom 2. April 2017 nicht ersetzt werden, denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 S. 1 GemO waren nicht erfüllt.

33

§ 48 GemO ist als Ausnahmeregelung eng auszulegen, wobei streng zu prüfen ist, ob die Entscheidung wirklich eilbedürftig ist und worin der zu erwartende Nachteil besteht. Um zu verhindern, dass die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung zwischen Bürgermeister und Gemeinderat leichtfertig unterlaufen wird, ist zu verlangen, dass ein schwerer und praktisch nicht wiedergutzumachender Schaden verhindert werden muss. Auch ist zu prüfen, ob unter Ausnutzung der gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 GemO vorgesehenen Möglichkeit der Verkürzung der Einberufungsfrist der Gemeinderat nicht doch noch zur Vermeidung des Nachteils eingeschaltet werden kann. Eine Eilentscheidung nach § 48 GemO kommt daher nur in ganz dringenden Fällen in Betracht, in denen eine Entscheidung binnen weniger Stunden getroffen werden muss (OVG RP, Urteil vom 13. April 2006 - 1 A 11596/05 -, Rn. 28, juris).

34

Ausgehend von diesem strengen Maßstab bestand vorliegend evident keine Eilbedürftigkeit.

35

Zunächst ist schon nicht feststellbar, dass der Klägerin überhaupt ein schwerwiegender, unumkehrbarer Schaden gedroht hat. Weder hat sie substantiiert vorgetragen, noch ist sonst ersichtlich, dass Anfang April - nachdem der Traktor bereits seit circa zwei Monaten funktionsunfähig war - unvermittelt gemeindliche Maßnahmen anstanden, die nur mittels des gemeindeeigenen Traktors erledigt werden konnten und deren Aufschub einen erheblichen Schaden verursacht hätte. Insbesondere hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt dargelegt, um welche konkrete Aufgabe es sich gehandelt haben soll und warum diese nicht auf andere Weise hätte erledigt werden können. Auch fehlen jegliche dezidierten Angaben zur Größenordnung des befürchteten Schadens. Soweit die Klägerin angeführt hat, der Traktor habe die Werkstatt der Firma *** blockiert und zudem sei das Provisorium von Ratsmitgliedern beanstandet worden, ist nicht nachvollziehbar, inwiefern hieraus für die Ortsgemeinde ein schwerwiegender Schaden resultiert. Insbesondere waren die Kosten für das Zerlegen des Traktors zu diesem Zeitpunkt ohnehin bereits angefallen.

36

Darüber hinaus wäre es dem Ortsbürgermeister der Klägerin - selbst wenn ein Nachteil im Sinne des § 48 S. 1 GemO gedroht hätte - möglich gewesen, noch rechtzeitig eine Gemeinderatssitzung einzuberufen. Insoweit belegt der Umstand, dass die Auftragserteilung letztlich erst am 10. April 2017, d. h. acht Tage nach der Eilentscheidung, erfolgt ist, ohne dass die Klägerin geltend macht, aufgrund dessen einen Schaden erlitten zu haben, dass gerade keine Entscheidung innerhalb weniger Stunden erforderlich war, um einen Nachteil zu vermeiden. Vielmehr wird hieran deutlich, dass es möglich gewesen wäre, unter Wahrung der regulären Ladungsfrist des § 34 Abs. 3 S. 1 GemO eine Gemeinderatssitzung einzuberufen. Im Übrigen hätte der Gemeinderat jedenfalls unter Verkürzung der Ladungsfrist noch rechtzeitig einen Beschluss fassen können, denn wenn die Voraussetzungen des § 48 S. 1 GemO zu bejahen gewesen wären, hätte auch Dringlichkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 S. 2 GemO bestanden (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2006, a. a. O., Rn. 29).

37

Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass im Zeitpunkt der Auftragserteilung Eilbedürftigkeit i. S. d. § 48 S. 1 GemO eingetreten war, denn die Klägerin hat weder dargelegt, noch ist sonst ersichtlich, dass sich die vorstehende Sachlage im Zeitraum bis zum 10. April 2017 dahingehend geändert hat, dass der Ortsgemeinde ein schwerwiegender Nachteil gedroht hätte.

38

Auf die Frage, ob der Ortsbürgermeister gemäß § 48 S. 1 GemO im Benehmen mit den Beigeordneten gehandelt hat, kommt es nach alledem nicht an, da es bereits an der Eilbedürftigkeit gefehlt hat.

39

2. Dennoch ist der streitgegenständliche Bescheid in Gestalt des Widerspruchbescheids rechtswidrig, denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 121 GemO sind noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids entfallen. Der Reparaturauftrag verstieß zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegen das bestehende Recht, denn ausgehend von den Rechtsgedanken des § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG sowie der §§ 182, 184 BGB hat der Gemeinderat den Kompetenzverstoß des Ortsbürgermeisters durch den Ratsbeschluss vom 4. September 2017 geheilt. Hierdurch wurde der im Innenverhältnis fehlende Mitwirkungsakt nachgeholt, da der Gemeinderat deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass der Reparaturauftrag seinem Willen entspricht. Dies war dem Gemeinderat unbenommen, denn es unterfällt dem Selbstverwaltungsrecht der Klägerin, darüber zu befinden, ob sie der erfolgten Auftragserteilung in der Sache zustimmt und diese im Innenverhältnis mitträgt. Insbesondere standen keine schutzwürdigen Vertrauenspositionen Dritter entgegen, da die Auftragserteilung, wie oben bereits ausgeführt, im Außenverhältnis von vornherein wirksam war.

40

Diese Änderung der Sach- und Rechtslage durfte die ADD bei der Entscheidung über den Widerspruch nicht unberücksichtigt lassen (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. Juli 1987 - 7 A 62/86 -), denn als nächsthöhere Fachbehörde nach § 118 Abs. 2 GemO oblag es ihr, Recht- und Zweckmäßigkeit der Beanstandung umfassend zu prüfen. Hiervon ausgehend hätte sie dem Widerspruch abhelfen müssen, denn durch die Nachholung des Gemeinderatsbeschlusses war bereits im Vorverfahren ein rechtmäßiger Zustand hergestellt worden, so dass Sinn und Zweck der kommunalen Aufsicht (§ 117 S. 1 GemO) ein Einschreiten nicht mehr erforderten. Im Übrigen war es nach Entfallen des beanstandeten Rechtsverstoßes jedenfalls unverhältnismäßig, die Beanstandung aufrecht zu erhalten.

41

III. Demgegenüber ist die Klage unbegründet, soweit sie sich gegen die Beanstandung der Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters vom 2. April 2017 richtet. Insoweit ist die Beanstandung nach § 121 GemO rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

42

Zunächst ist die Beanstandung gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG hinreichend bestimmt. Zwar hat der Beklagte sich im Ausgangsbescheid an den Ortsbürgermeister gewandt, jedoch genügt es, dass die erforderliche Bestimmtheit durch den Widerspruchsbescheid hergestellt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. September 2004 - 6 C 29/03 -, BVerwGE 122, 29-53). Dieser bringt sowohl im Rubrum, als auch in der Begründung unzweifelhaft zum Ausdruck, dass die Beanstandung an die Ortsgemeinde gerichtet ist.

43

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 121 GemO waren hinsichtlich der Eilentscheidung auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchbescheids weiterhin erfüllt, denn diese war gemäß vorstehenden Ausführungen mangels Eilbedürftigkeit rechtswidrig und wurde - im Gegensatz zum Reparaturauftrag - durch den Gemeinderatsbeschluss vom 4. September 2017 nicht geheilt. Maßgeblich ist insoweit, dass dem Ortsbürgermeister die sachliche Zuständigkeit für die Entscheidung über die Reparatur des Auftrags gefehlt hat, da die Voraussetzungen des § 48 GemO nicht vorlagen. Auf diesen Zuständigkeitsverstoß findet § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG keine entsprechende Anwendung (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2006, a. a. O., Rn. 34 m. w. N.), denn die Regelungen der Gemeindeordnung zur sachlichen Zuständigkeit können nicht nachträglich durch die Gemeindeorgane abbedungen werden. Auch sieht die Gemeindeordnung keine Möglichkeit vor, eine Eilentscheidung, die ohne jegliche Eilbedürftigkeit getroffen wurde, nachträglich zu bestätigen (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2006, a. a. O., Rn. 34). Vielmehr eröffnet § 32 Abs. 1 S. 2 GemO ausschließlich die Möglichkeit, Entscheidungen im Vorhinein auf den Bürgermeister zu übertragen.

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Die Anwendbarkeit des § 121 GemO war zudem nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Folgen der Eilentscheidung, d. h. die Erteilung des Reparaturauftrags, nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten. Die aufsichtsbehördliche Beanstandung behielt dennoch ihren Sinn, da sie die Klägerin künftig vor der Wiederholung gleichartiger Rechtsverstöße bewahren sollte (vgl. OVG RP, Urteil vom 1. Juli 1974 - 7 A 16/72 -, Leitsatz bei juris; VGH BW, Urteil vom 5. August 2002 - 1 S 379/01 -, Rn. 25, juris; entgegen: BayVGH, Urteil vom 27. Mai 1992 - 4 B 91.190 -, juris und VG Regensburg, Urteil vom 30. Juni 1999 - RO 3 K 98.749 - Rn. 44, juris). Darüber hinaus belegt der Wortlaut des § 121 S. 2 GemO, wonach die Aufsichtsbehörde „ferner“ verlangen kann, dass die Folgen der Maßnahme rückgängig gemacht werden, dass die Beanstandung nicht zwingend mit einem Folgenbeseitigungsverlangen verbunden sein muss. Im Übrigen erfordert eine effektive Kommunalaufsicht auch in solchen Fällen die Möglichkeit einer Beanstandung, denn andernfalls würde § 121 GemO durch den schnellen, unumkehrbaren Vollzug rechtswidriger Beschlüsse und Maßnahmen ausgehebelt.

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Entgegen der Auffassung der Klägerin ermächtigt § 121 S. 1 GemO die Aufsichtsbehörde überdies, einen Gemeinderatsbeschluss bzw. eine Maßnahme der Gemeindeverwaltung zu beanstanden, ohne zugleich die Aufhebung des Beschlusses bzw. der Maßnahme zu verlangen (entgegen VG Gera, Beschluss vom 5. Februar 2002 - 2 E 38/02 GE - juris). Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der Vorschrift, denn die Formulierung „kann" bezieht sich grammatikalisch auf beide Halbsätze des § 121 S. 1 GemO. Doch auch in materieller Hinsicht macht der in § 117 S. 2 GemO enthaltene Grundsatz, wonach die Aufsicht so zu führen ist, dass Entschlusskraft und Verantwortungsfreude der Gemeinde gefördert werden, deutlich, dass es der Aufsichtsbehörde nicht verwehrt sein darf, eine isolierte Beanstandung auszusprechen. Eine solche greift gegenüber einer Beanstandung mit Aufhebungsverlangen nämlich weniger stark in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde ein, da dieser hinsichtlich der Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes ein Entscheidungsspielraum verbleibt. Zeigt sich eine Gemeinde kooperativ, mag es im Einzelfall ausreichen, sie auf diese Weise zum Handeln im Einklang mit dem Recht anzuleiten. Schließlich entspricht eine derartige Auslegung auch dann Sinn und Zweck der Kommunalaufsicht, wenn die Aufhebung eines Gemeinderatsbeschlusses oder einer Maßnahme - etwa wegen schutzwürdiger Interessen Dritter - unmöglich ist, denn in diesen Fällen ist es - wie hier - zur Sicherstellung der Rechtskonformität künftigen Gemeindehandelns erforderlich, zumindest eine Beanstandung auszusprechen, um die Gemeinde vor künftigen gleichartigen Verstößen zu bewahren.

46

Im Übrigen wäre, selbst wenn man dies anders beurteilen und ein Aufhebungsverlangen für erforderlich halten würde, nicht die Beanstandung rechtswidrig, sondern die Unterlassung des Aufhebungsverlangens (vgl. Lange, Kommunalaufsicht, 2013, S. 1151).

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Des Weiteren hat der Beklagte das ihm in § 121 S. 1 GemO eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sofern man nicht ohnehin von intendiertem Ermessen ausgeht, wurde das Fehlen von Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid geheilt (vgl. BeckOK VwVfG/Aschke VwVfG § 40 Rn. 99, beck-online).

48

Auch ist das Abwägungsergebnis des Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beanstandung war wie vorstehend ausgeführt geeignet, um die Klägerin in Zukunft von gleichartigen Verstößen gegen § 48 GemO abzuhalten. Zu diesem Zweck war sie auch erforderlich, denn die Klägerin hat trotz mehrfacher Hinweise der Verbandsgemeinde sowie der Kreisverwaltung auf ihrer Rechtsauffassung beharrt und durch die Bestätigung der Eilentscheidung zum Ausdruck gebracht, dieser als Grundlage für die Auftragserteilung im Innenverhältnis weiterhin Rechtswirkungen beizumessen. In dieser Situation hat der Beklagte mit der isolierten Beanstandung das mildeste Mittel gewählt, um der Klägerin für die Zukunft die Rechtswidrigkeit einer solchen Vorgehensweise vor Augen zu führen. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beanstandung angesichts der offenkundigen Missachtung der Voraussetzungen des § 48 GemO zudem verhältnismäßig. Daran vermag auch der Umstand, dass der Beklagte die Beanstandung nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt ausgesprochen hat, nichts zu ändern, denn die Aufsichtsbehörde war nicht verpflichtet, sich der vom Ortsbürgermeister gesetzten Frist, die erkennbar jedweden sachlichen Grundes entbehrt hat, zu beugen. Vielmehr ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zunächst das Mittel der Unterrichtung nach § 120 GemO gewählt hat, um den Sachverhalt einer Klärung zuzuführen. Letztlich verkennt die Klägerin in diesem Zusammenhang, dass der Ortsbürgermeister als gemeindliches Organ unabhängig vom Vorgehen der Aufsichtsbehörde zur Einhaltung des geltenden Rechts verpflichtet ist.

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Nach alledem war der Klage nur im tenorierten Umfang stattzugeben.

50

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.

51

V. Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

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VI. Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§§ 124, 124 a VwGO).

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