Urteil vom Verwaltungsgericht Trier (9. Kammer) - 9 K 3336/19.TR

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die diesem selbst zur Last fallen, trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Folgen der Renaturierung des Schantelbaches und insbesondere darüber, ob infolge dieser Renaturierung Wasser in den Keller der Klägerin eindringt und die Beklagte Maßnahmen zu ergreifen hat, um einen weiteren Wassereintritt zu verhindern.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks ... in Leiwen. Hinter dem Grundstück verläuft der Schantelbach, ein Gewässer III. Ordnung, welches durch die Beklagte renaturiert wurde. Die Renaturierung des hier streitgegenständlichen Teils des Baches erfolgte in den Jahren 2012 und 2013 auf Grundlage einer Plangenehmigung des Beigeladenen vom 25. April 2012. Ziel der Renaturierung war es insbesondere, Defizite in den Bereichen der Gewässermorphologie, der biologischen Durchgängigkeit und der Hochwasserlage auszugleichen. Zu diesem Zweck sollten Renaturierungsmaßnahmen zur Gewässer-Strukturverbesserung, zur Wiederherstellung und Fortentwicklung naturnaher Gewässerauen, zur Sicherung von Ufergrundstücken, zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit von Fließgewässern und für einen naturnahen Gewässerausbau und eine naturnahe Gewässerunterhaltung durchgeführt werden.

3

Für den hier streitgegenständlichen Bereich des Schantelbaches beinhalteten diese Maßnahmen konkret, dass naturferne Sohlsicherungen (Beton und/oder Steinstickung) entfernt und Sohlabstürze rückgebaut wurden. In Bereichen mit hohen Ufermauern/Aufschüttungen wurde ein Bachbett mit ausreichend dimensionierter Sohlbreite und Niedrigwasserrinne sowie beidseitiger Berme im Wasserwechselbereich angelegt. Soweit Überbauungen des Baches vorhanden waren, wurden diese zurückgebaut und der Bach offengelegt.

4

Eine wasserbehördliche Abnahme der Renaturierungsarbeiten erfolgte am 7. November 2018 durch den Beigeladenen. In der Niederschrift über die Abnahme ist vermerkt, dass die Maßnahme im Wesentlichen der Plangenehmigung entspreche und insbesondere im Bereich des Grundstücks der Klägerin keine Mängel festgestellt worden seien.

5

Die Klägerin hat am 12. August 2016 Klage vor dem Landgericht Trier erhoben.

6

Sie trägt vor, infolge der Renaturierung sei die Sohle des Schantelbaches um ca. 60cm angehoben worden. Dies und die zusätzliche Anhebung der Bachsohle durch die Verlegung einer Bentonitabdichtung um weitere ca. 20cm habe dazu geführt, dass nunmehr Wasser in ihren Keller dringe. Das eindringende Wasser habe das Mauerwerk durchfeuchtet, sodass dieses porös geworden sei.

7

Der in einem durch die Nachbarn ... angestrengten selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Trier beauftragte Sachverständige ... habe in seinen Gutachten bestätigt, dass es bei den Nachbarn aufgrund der Sohlerhöhung zu einem Wassereintritt in den Kellern komme. Anders als die Beklagte vortrage, sei der Schantelbach auch nicht von ihrem Grundstück weggelegt worden.

8

Zuletzt stehe die bestandskräftige Plangenehmigung dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, da die durchgeführten Maßnahmen von der Planung nicht gedeckt seien, sondern „völlig gewillkürt“ vorgenommen worden seien. Dies werde darin deutlich, dass der Bachlauf laut Plan in einer Länge von 99m überbaut werden sollte und tatsächlich nur 55m überbaut werden konnten. Zudem weise der Bachlauf am Nachbargrundstück statt einer Breite von 1,65m nunmehr eine Breite von 4,8m auf und verlaufe 2,41m näher am Grundstück des Nachbarn als geplant. Insoweit nehme sie auch zutreffenderweise die Beklagte als Vorhabenträgerin in Anspruch.

9

Nach der teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Trier beantragt die Klägerin nun:

10

Die Beklagte wird verurteilt, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, das Eindringen von Wasser aus dem Bett des Schantelbaches auf das Grundstück des Klägers und die dort aufstehenden Gebäude zu verhindern.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor, dass es im Bereich des Grundstücks der Klägerin nicht zu einer Anhebung der Bachsohle gekommen sei. Es sei in diesem Bereich insbesondere auch keine nachträgliche Bentonitfolie verlegt worden. Der Schantelbach sei im Bereich des Grundstücks der Klägerin tatsächlich sogar bis zu 8m vom Grundstück weggelegt worden. Aufgrund dieser anderen tatsächlichen Umstände könne auch das Gutachten des Sachverständigen ... aus dem Verfahren der Nachbarn für den hiesigen Rechtsstreit keine Aussage treffen. Sie bestreite zudem die vorgetragenen Folgen des Feuchtigkeitseintritts.

14

Ohnehin sei die Renaturierung aufgrund einer bestandskräftigen Plangenehmigung erfolgt, was einem Anspruch der Klägerin entgegenstehe. Sie sei gehalten gewesen, Rechtsmittel gegen die Plangenehmigung einzulegen und habe sich insoweit an den Beigeladenen und nicht an die Beklagte wenden müssen. Die durchgeführten Maßnahmen seien auch plankonform erfolgt.

15

Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf einen bestimmten Grundwasserstand oder ein unverändertes Fließverhalten des Grundwassers und müsse ihr Gebäude eigenverantwortlich fachgerecht abdichten.

16

Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.

17

Er gibt an, dass eine Ortsbesichtigung im Oktober 2019 ergeben habe, dass die Renaturierung des Schantelbaches im hier maßgeblichen Bereich - unter Berücksichtigung der üblicherweise bei Renaturierungsmaßnahmen (naturnaher Wasserbau) geringfügigen Abweichungen - nach optischem Eindruck im Wesentlichen plankonform ausgeführt worden sei. Die von der Klägerin vorgetragene Erhöhung des Bachbettes sei jedenfalls nicht vorab mit ihm - dem Beigeladenen - besprochen worden.

18

Das Landgericht Trier hat mit Beschluss vom 22. November 2016 Beweis durch Einholung eines Sachverständigen über eine Reihe von Behauptungen der Klägerin erhoben. Auf Antrag der Beklagten hat das Landgericht Trier mit Beweisbeschluss vom 4. November 2017 den Auftrag an den Gutachter erstmals ergänzt.

19

Mit Beschluss vom 1. Juli 2019 hat das Landgericht Trier den oben aufgeführten Klageantrag der Klägerin abgetrennt und den Rechtsstreit insoweit teilweise an das Verwaltungsgericht Trier verwiesen.

20

Mit Beschluss vom 7. Juni 2019, verkündet am 2. Juli 2019, hat das Landgericht Trier den Beweisbeschluss vom 22. November 2016 erneut ergänzt. Der Beweisbeschluss in seiner letzten Fassung kam nicht zur Ausführung und wurde durch das erkennende Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung und nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 4. Dezember 2019 aufgehoben.

21

Der Sachverständige ... hat in der mündlichen Verhandlung die im selbständigen Beweisverfahren (11 OH 32/14) der Nachbarn der Klägerin erstellten Gutachten erläutert. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

22

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Akte des selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Trier (11 OH 32/14) sowie der Planungsunterlagen zur Renaturierung des Schantelbaches verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Ferner wird auf das diesbezügliche Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

23

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

24

Die Klage ist zulässig.

25

Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Das Verwaltungsgericht ist an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Trier vom 1. Juli 2019 gebunden, mit dem sich dieses Gericht teilweise für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit insoweit an das Verwaltungsgericht verwiesen hat. Dies folgt aus § 17a Abs. 2 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -. Insbesondere sind Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unrichtigkeit des Verweisungsbeschlusses nicht ersichtlich. Die Zuständigkeit der Kammer ist trotz der vorherigen Übertragung auf den Einzelrichter durch das verweisende Gericht gegeben, ohne dass es insoweit einer Rückübertragung bedurfte (vgl.: Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 6, Rn. 4).

26

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft, da sich die Klägerin weder gegen einen Verwaltungsakt wendet noch den Erlass eines solchen begehrt (vgl. § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), sondern von der Beklagten die Vornahme eines Realakts - geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Feuchtigkeitseintritt - verlangt.

27

Die Klägerin ist gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Nach dieser Vorschrift, die auf die Leistungsklage entsprechende Anwendung findet (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 42, Rn. 62 mvwN), ist die Klage nur dann zulässig, wenn die Klägerin geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die Klägerin beansprucht vorliegend die Vornahme geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Feuchtigkeitseintritts auf ihrem Grundstück. Dies ist bei verständiger Würdigung als öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch zu verstehen. Hierbei handelt es sich - ungeachtet der Herleitung des Anspruchs aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip und/oder den Grundrechten - um einen bundes- oder landesgesetzlich nicht ausdrücklich geregelten materiell-rechtlichen Anspruch (OVG RP, Urteil vom 26. Februar 2014 - 7 A 11038/13 -, NVwZ-RR 2014, 582, 584). Voraussetzung für das Bestehen eines solchen Anspruchs ist, dass ein hoheitlicher Eingriff vorliegt, der ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt. Für diesen Betroffenen muss dadurch ein rechtswidriger Zustand entstanden sein, der noch andauert (BVerwG, Urteil vom 26. August 1993 - 4 C 24.91 - NVwZ 1994, 275). Für die Zulässigkeit der Klage genügt es insoweit, dass die behauptete Rechtsverletzung nur möglich erscheint. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Verletzung eigener subjektiver Rechte nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist, was vorliegend mit Bezug auf die Klägerin der Fall ist.

II.

28

Die Klage ist indes unbegründet.

29

Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin ist nicht gegeben. Der Anspruch scheitert einerseits bereits an der Ausschlusswirkung des § 75 Abs. 2 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - infolge der genehmigten Planung (hierzu: 1). Zum anderen wäre selbst bei einer Überschreitung der genehmigten Planung der geltend gemachte Anspruch der Klägerin nicht gegeben (hierzu: 2).

30

1. Nach § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG sind Ansprüche auf Unterlassung eines Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung errichteter Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen, wenn ein Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden ist. Diese Vorschrift schließt an die Bestandskraft eines festgestellten oder genehmigten Planes an und soll dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit Rechnung tragen. Sie findet auf die vorliegende Gewässerrenaturierung Anwendung: Zunächst ist sie gem. § 74 Abs. 6 S. 2 VwVfG auch auf Plangenehmigungen anwendbar. Der hier vorgenommene Gewässerausbau bedurfte dabei gem. § 68 Abs. 1, 2 Wasserhaushaltsgesetz - WHG - einer Planfeststellung bzw. einer Plangenehmigung für welche gem. § 70 Abs. 1 2. HS WHG wiederum die §§ 72 bis 78 VwVfG gelten.

31

Die Ausschlusswirkung umfasst neben privatrechtlichen insbesondere öffentlich-rechtliche Ansprüche wie den hier gegenständlichen Folgenbeseitigungsanspruch, mit dem die Klägerin sich gegen die Folgen der Renaturierung wendet und über den sie eine Änderung des geschaffenen Zustandes begehrt. Der der Renaturierung im hier relevanten 2. Bauabschnitt des Schantelbaches zugrundeliegende Ausbauplan ist durch den mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid vom 25. April 2012 genehmigt worden. Er ist von der Klägerin nicht angefochten worden und aufgrund des zwischenzeitlichen Verstreichens der Frist des § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO in Verbindung mit § 70 VwVfG auch nicht länger anfechtbar.

32

Damit gilt zugunsten der genehmigten Planung im Allgemeinen die Ausschlusswirkung des § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG. Hiervon sind grundsätzlich auch unvorhersehbare Auswirkungen der Planung betroffen; insoweit haben Betroffene gem. § 75 Abs. 2 S. 2 - 5 VwVfG lediglich einen Anspruch auf Schutzvorkehrungen oder angemessene Entschädigung, um unbillige Folgen auszugleichen. Die Ausschlusswirkung erstreckt sich jedoch, wie die Klägerin zutreffend geltend macht, nicht auf Maßnahmen, die ein Vorhabenträger „außerhalb“ der genehmigten Planung vornimmt; letzterer kann insoweit den Schutz des Abs. 2 S. 1 nicht beanspruchen (vgl.: Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Auflage 2018, VwVfG, § 75 Rn. 61). Weiter ist zu beachten, dass nicht jede Planüberschreitung einen Abwehranspruch zu begründen vermag, sondern nur solche Auswirkungen betroffen sind, die gerade durch die Abweichung von der Planung verursacht werden (Wickel in Fehling/Kastner/Störmer, 4. Auflage 2016, VwVfG, § 75, Rn. 31 mwN).

33

Die hier streitgegenständlichen Renaturierungsmaßnahmen im Speziellen entsprechen der genehmigten Planung hinreichend, als dass für sie die beschriebene Ausschlusswirkung greift:

34

Die Klägerin trägt im Einzelnen vor, die renaturierte Bachsohle sei entlang ihres Grundstückes ca. 60cm höher als geplant angelegt worden. Eine weitere Erhöhung des Bachbettes um ca. 20cm sei durch die Verlegung einer Bentonitfolie erfolgt, mit welcher das Bachbett - erfolglos - habe abgedichtet werden sollen. Der im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu den örtlichen Begebenheiten befragte Sachverständige ... hat demgegenüber erklärt, dass eine Bentonitbahn nicht in dem an das Grundstück der Klägerin grenzenden Bachabschnitt verlegt worden sei, sondern nur entlang von Grundstücken bachaufwärts. Dies wird ferner dadurch gestützt, dass die Bentonitbahn im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens der Nachbarn der Klägerin verlegt wurde, um Abhilfe zu schaffen, und nicht im gesamten Bachbett. Das Gericht sieht keine Veranlassung, an der Angabe des Sachverständigen zu zweifeln, die im Übrigen auch von der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht beanstandet wurde.

35

Auch die damit verbleibende Sohlerhöhung von 60cm wird zur Überzeugung des Gerichts durch den genehmigten Plan gedeckt:

36

In diesem heißt es, dass die Bachsohle „naturnah“ ausgestaltet werden sollte (S. 13 der Genehmigungsplanung). „Naturferne Sohlsicherungen (Beton, Steinstickung)“ sollten hierfür im Bereich mit mäßig hohen Ufermauern aus der Bachsohle entfernt und „Sohlabstürze rückgebaut“ werden (ebd.). Für Bereiche, in denen ein solches Vorgehen aus Platzgründen nicht in Betracht kam, sollte ein vollständiges neues Bachbett entwickelt und ein „Uferaufbau mit zwei Böschungen“ angelegt werden (ebd.). Weiter heißt es im Plan, dass die Gewässersohle „im gesamten Bereich naturnah ausgebildet“ werden sollte: „Sohlstickungen werden aufgenommen und als Schüttungen wieder eingebaut, die betonierten Teile der Sohle werden entfernt und durch Natursteinschüttungen ersetzt“ (S. 14).

37

Für das „Durchlassbauwerk ...“ wird im Plan ausgeführt, dass in diesem Bereich die Bachsohle um 0,54 Meter angehoben werden sollte, um die „steile Rampe“ oberhalb des Bauwerks zu beseitigen (S. 16). Bezüglich der in diesem Bauwerk befindlichen Abwasserleitung heißt es an anderer Stelle, dass die „genaue Lage“ von Ver- und Entsorgungsanlagen im Bereich der drei innerörtlichen Durchlassbauwerke nur teilweise bekannt seien und eine „weitere Konkretisierung und Abstimmung“ im Rahmen der Ausführungsplanung erfolgen sollte (S. 4).

38

Die Erhöhung der Bachsohle wird im Plan bezüglich des Durchlassbauwerkes direkt, im Übrigen nur indirekt angesprochen. Ob der Plan hingegen hinreichend bestimmt oder seine Regelungsdichte den erforderlichen Umfang erreicht, ist infolge des bestandskräftigen Genehmigungsbescheides und der daraus folgenden Unanfechtbarkeit des Plans nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Diese beschränkt sich darauf, die Vereinbarkeit der durchgeführten mit den geplanten Maßnahmen im Sinne einer planungskonformen Ausführung zu überprüfen.

39

Insoweit geht das Gericht davon aus, dass die durchgeführte Sohlerhöhung der Genehmigungsplanung entspricht. So ist zunächst beachtlich, dass die geplante „naturnahe“ Ausgestaltung des Bachbettes bereits für sich genommen eine Erhöhung der Bachsohle umfassen kann. Ein natürlicher Höhenausgleich durch ein langsames Gefälle, wie es typischerweise durch Fließgewässer geschaffen wird, entspricht den natürlichen Begebenheiten. Dies gilt umso mehr für den genehmigten Rückbau von „Sohlabstürzen“, die beim Schantelbach ausweislich des Sachverständigen vormals einen „treppenartigen“ Höhenausgleich verursachten, der durch das nun notwendige natürliche Gefälle denknotwendig in einigen Bereichen zu einer Sohlerhöhung führen muss. Auch das Aufschütten des Bachbettes durch die vormaligen Sohlstickungen dürfte eine weitere Anhebung der Sohle zur Folge haben. Auch die mehrfache Erklärung des Sachverständigen in seinen schriftlichen Gutachten, dass diese Erhöhung „planmäßig“ gewesen sei, stützt die Auffassung des Gerichts.

40

Weiter ist im Plan für den Bereich des Durchlassbauwerks ... eine Erhöhung der Bachsohle um 0,54m gezielt angesprochen worden. Eine solche Erhöhung der Bachsohle an einer Stelle bachaufwärts bedingt indes nachvollziehbarerweise - schon zur Herstellung des angesprochenen, natürlichen Gefälles -, dass auch bachabwärts eine Erhöhung erfolgen muss, wenn ein natürliches Gefälle ohne Sohlabstürze erreicht werden soll. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Erhöhung im Bereich des Durchlassbauwerks im Ergebnis wohl deutlich über die geplanten 0,54m hinausging. Dies ist indes schon deshalb unbeachtlich, weil das Durchlassbauwerk nicht an das Grundstück der Klägerin angrenzt und ausweislich der Angaben der Klägerin im Bachabschnitt, welcher an ihr Grundstück grenzt, gleichwohl nur eine Erhöhung der Bachsohle um 60cm erfolgte.

41

Soweit die Klägerin vorträgt, die „völlig gewillkürte“ Überschreitung der Planung zeige sich schon darin, dass „nur 55m [des Bachlaufs] überbaut werden konnten“, geht dies in mehrerer Hinsicht fehl. Zunächst sollte der Bachlauf keineswegs überbaut werden, sondern vorhandene Überbauungen gerade entfernt werden. Zudem erschließt sich nicht, weshalb eine (vorgenommene oder ausgebliebene) Überbauung für den Wassereintritt auf dem Grundstück der Klägerin ursächlich sein soll. Gleiches gilt für die vorgetragenen Abweichungen auf dem Grundstück des Nachbarn. Inwieweit hiervon eine Beeinträchtigung des Grundstücks der Klägerin einhergehen soll, ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.

42

Die vorstehenden Ausführungen werden ferner durch die durchgeführte Abnahme des Beigeladenen vom 7. November 2018 gedeckt, ausweislich derer die Maßnahme „im Wesentlichen“ entsprechend der Plangenehmigung durchgeführt worden sei und - im hier streitgegenständlichen Gewässerabschnitt - keine Mängel festgestellt worden seien. Die vorgenannte Aussage hat der Beigeladene nach erneuter Ortsbesichtigung unter Hinzuziehung der Fachbehörde nochmals bestätigt.

43

Nach alledem ist es der Klägerin aufgrund der Ausschlusswirkung des § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG verwehrt, Ansprüche gegen die Folgen der Renaturierung geltend zu machen, da die durchgeführten Maßnahmen der genehmigten und unangreifbaren Planung entsprechen. Soweit sie zum Ausgleich dieser Rechtsfolge gegebenenfalls die Errichtung von Schutzvorrichtungen zum Ausschluss der nachteiligen Wirkungen gem. § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG verlangen könnte, wäre ein entsprechender Anspruch gegenüber dem Beigeladenen geltend zu machen.

44

2. Selbständig tragend ist der geltend gemachte Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten auch deswegen ausgeschlossen, weil sie den Wassereintritt auf ihrem Grundstück zu dulden hat und zwar unabhängig davon, ob die im Einzelnen vorgenommenen Maßnahmen der genehmigten Planung entsprachen oder nicht. Dies folgt einerseits daraus, dass der Wassereintritt in diesem Fall adäquat kausal nicht auf die Renaturierung, sondern auf die fehlende Abdichtung des Kellers der Klägerin zurückgeht. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Klägerin als Grundstückeigentümer, ihr Gebäude durch hinreichende Isolierung vor einem Wassereintritt zu schützen. Zuletzt sind die bestehenden Folgen der Renaturierung nicht rechtswidrig.

45

Das nunmehr offene Bachbett des Schantelbaches sorgt dafür, dass im Vergleich zu der früheren Ausgestaltung des Baches in einem „Trog“ mit wasserundurchlässigen Uferwänden, Steinstickung, Sohlabstürzen und Durchfluss in Rohrleitungen im Rahmen eines Durchlassbauwerks, nunmehr durch die naturnahe Ausgestaltung Wasser nicht nur nach unten aus der Bachsohle austreten kann, sondern auch seitlich durch die Uferböschungen. Auch der Wasseraustritt nach unten ist zudem durch die aufgenommene Steinstickung, welche das Bachbett zumindest teilweise abdichtete, gestiegen. Insoweit können sich die Fließwasserverhältnisse unter und um den Schantelbach durch die Renaturierungsmaßnahmen verändert haben.

46

Der Keller der Klägerin ist zudem zur Überzeugung des Gerichts nicht hinreichend gegen eintretende Feuchtigkeit abgedichtet. Dies folgt zum einen bereits aus dem hohen Alter des Gebäudes. Darüber hinaus würde es bei einer bestehenden und funktionsfähigen Abdichtung des Kellers bereits denknotwendig nicht zu dem streitgegenständlichen Wassereintritt kommen.

47

Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem eindringenden Wasser um „Sickerwasser“ oder „drückendes Wasser“ handelt, hat sich durch den Feuchtigkeitseintritt ein Baugrundrisiko verwirklicht hat, welches in die Risikosphäre der Klägerin fällt (vgl. LG Arnsberg, Urteil vom 30. August 2007 - 2 O 65/06 -, BeckRS 2013, 4452). Damit ist zwar möglicherweise die Renaturierung des Schantelbaches notwendige Bedingung für den Wassereintritt. Unter Verwendung der zivilrechtlichen Nomenklatur ist es indes die fehlende Abdichtung der Gebäude, die adäquat kausal für den Feuchtigkeitseintritt ist; letzterer ist also die vorhersehbare Folge der fehlenden Abdichtungen. Das erkennende Gericht sieht keine Veranlassung, insoweit von der zivilrechtlichen Kausalitätsbestimmung abzuweichen: Tritt in einen neben einem natürlichen Bachlauf befindlichen Keller Wasser aus dem Bachbett ein, so ist die normative Ursache dieses Wassereintritts für einen verständigen und objektiven Dritten die insoweit fehlende Abdichtung des jeweiligen Gebäudes.

48

Ferner scheitert der geltend gemachte Anspruch auch daran, dass sich die Klägerin nicht auf die vormals bestehende Ausgestaltung des Schantelbaches, aufgrund derer ihr Grundstück von eindringendem Wasser geschützt war, berufen kann. Darauf, dass der Bach in einem naturfernen „Trog“ mit dichten Seitenwänden, Steinstickung im Bachbett und Sohlabstürzen zur Überwindung von Gefälle fließt, bestand zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch der Klägerin. Dies gilt umso mehr, als dass der Schantelbach als Gewässer dritter Ordnung im (Mit-)Eigentum der Klägerin selbst stand, § 4 Abs. 2 Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz. Ihr kam die so bestehende Situation zwar zugute. Sie vermag indes keinen Folgenbeseitigungsanspruch daraus abzuleiten, dass sie bislang einen Lagevorteil genossen hat oder der Bach vormals gegen austretende Feuchtigkeit hinreichend abgedichtet war (vgl. auch: OVG RP, Beschluss vom 2. April 2002 - 1 A 10201/02.OVG -, n.v.; OVG RP, Beschluss vom 21. Juli 2006 - 1 B 10656/06.OVG -, n.v.). Es ist vielmehr „Aufgabe eines jeden Hauseigentümers selbst, für eine ausreichende Isolierung seines Anwesens Sorge zu tragen“ (OVG RP, Beschluss vom 2. April 2002 - 1 A 10201/02.OVG -, n.v.).

49

Zuletzt sind die Folgen der Renaturierung auch nicht rechtswidrig, sodass ein Folgenbeseitigungsanspruch auch insoweit nicht in Betracht kommt. Allein aus der Tatsache, dass der Klägerin bislang die oben beschriebene Ausgestaltung des Schantelbaches zugutekam, indem diese die unzureichende Isolierung ihres Kellers ausglich, kann nicht abgeleitet werden, dass dieser Zustand auf unbestimmte Zeit fortbestehen müsste oder infolge der Renaturierung nunmehr der bislang rechtsgrundlos bestehende faktische Schutz ihres Grundstücks durch eine anderweitige Schutzmaßnahme auszugleichen wäre (OVG RP, Beschluss vom 2. April 2002, a.a.O.).

50

Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

51

Der vom verweisenden Gericht erlassene und zuletzt am 2. Juli 2019 geänderte Beweisbeschluss war vom erkennenden Gericht aufzuheben, da es auf die insoweit erhobenen Fragen nicht entscheidungserheblich ankam. Einwände hiergegen wurden seitens der zuvor angehörten Beteiligten nicht erhoben.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Danach entspricht es nicht der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt. Er hat seine außergerichtlichen Kosten daher selbst zu tragen.

53

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 709 Zivilprozessordnung.

54

Die Berufung war durch die Kammer nicht gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat noch ein Fall der Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vorliegt.

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