|
|
| Die Berufungen der Kläger sind nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie sind aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die zulässigen Klagen zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Feststellung, dass ihre Ämter als Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure über die in § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG festgesetzte Höchstaltersgrenze hinaus fortbestehen. |
|
| Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG erlischt das Amt des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs mit Ablauf des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet. Dieser Erlöschenstatbestand ist bei Klägern gegeben. |
|
| Die Höchstaltersgrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). |
|
| 1. Sowohl der sachliche als auch der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sind eröffnet, wie zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit steht. |
|
| Der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs hat dazu im Beschluss vom 10.08.2016 (5 S 852/16) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt: |
|
| „Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG umfasst der sachliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes bei selbstständiger Erwerbstätigkeit die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg. Eine Benachteiligung aus einem in § 1 AGG genannten Grund (§ 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG) liegt vor, denn die Höchstaltersgrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG ist eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, da mit ihrem Überschreiten die Bestellung zum ÖbV kraft Gesetzes erlischt. Betroffen ist auch eine selbstständige Erwerbstätigkeit. Als selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG ist jede Tätigkeit anzusehen, die unabhängig von Weisungen, also frei in Bezug auf die Organisation der Arbeit ist sowie gegen Vergütung und auf eigene Rechnung erfolgt. Erfasst sind damit unter anderem freiberufliche und unternehmerische Dienste (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2011 - 8 C 46.09 -, BVerwGE, 139, 1, Rn. 22), wozu auch die Tätigkeit als ÖbV gehört. Zu den Bedingungen für den Zugang zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zählen die Voraussetzungen, die für die Ausübung der Tätigkeit erforderlich sind oder die die rechtliche Grundlage für die Aufnahme der Tätigkeit darstellen. Entscheidend dafür, ob der Zugang zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit durch die in Rede stehende Höchstaltersgrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG beschränkt wird, ist, ob die Regelung geeignet ist, die Nachfrage nach den von den Antragstellern angebotenen Dienstleistungen zu beschränken (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - C-341/08 -, „Domnica Petersen“, Slg. 2010, I-47, Rn. 33). Dies ist der Fall, da die Antragsteller mit Erlöschen ihrer Bestellungen zu ÖbV die mit diesem Amt übertragenen Aufgaben nicht mehr ausüben, sie also vor allem keine Katastermessungen mehr vornehmen dürfen. Anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Januar 2011 (a. a. O.) entschiedenen Fall ist die Bestellung zum ÖbV nach baden-württembergischem Landesrecht nicht von vornherein befristet, sondern sie wird auf Antrag einmal verliehen und gilt dann bis zum Eintritt eines der in § 13 Abs. 1 VermG genannten Erlöschenstatbestände (Entlassung, Erreichen der Altersgrenze, Amtsverlust infolge strafgerichtlicher Verurteilung, Amtsenthebung, Ableben). Der ÖbV muss also nicht immer wieder neu „Zugang“ zur Bestellung als ÖbV beantragen, sondern diese wird ihm unbefristet verliehen und nur kraft Gesetzes genommen. Bereits insoweit stellt sich die Frage, ob der sachliche Anwendungsbereich von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG eröffnet ist, der im Einklang mit der Richtlinie 2000/78/EG nur die Zugangsbedingungen zu einer selbstständigen Tätigkeit dem AGG unterstellt. |
|
| Die Beantwortung sowohl dieser als auch der Frage nach der Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs hängt entscheidungserheblich davon ab, wie der Begriff des Zugangs zur Erwerbstätigkeit zu verstehen ist. Denn nach § 6 Abs. 3 AGG gelten die Vorschriften des Abschnitts 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes über den Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend, soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft. Das Verwaltungsgericht hat die Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs ohne nähere Begründung unter Hinweis auf die Bestimmung des § 6 Abs. 3 AGG bejaht (siehe ähnlich BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 - 10 CN 1.14 -, juris, Rn. 17, zum Erlöschen der Anerkennung als Prüfsachverständiger mit Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren, sowie Urteil vom 1. Februar 2012 - 8 C 24.11 -, BVerwGE 141, 385, und vom 11. Mai 2016 - 10 C 2.15 -, Urteilsabdruck, Rn. 9). Vor dem Hintergrund, dass die Bestellung als ÖbV kraft Gesetzes erlischt und der mit der Bestellung verbundene Tätigkeitsbereich endet, erscheint es fraglich, ob insoweit der „Zugang zur Erwerbstätigkeit“ betroffen ist. Aus Sicht des Senats spricht einiges dafür, den Begriff des Zugangs erweiternd als „fortgesetzten Zugang“ auszulegen. Denn ein zu enges Begriffsverständnis vermag das Problem nicht zuverlässig zu lösen, in dem eine altersbezogene Maßnahme zur Beendigung einer Tätigkeit führt - hier das Erlöschen der Bestellung zum ÖbV mit Erreichen der Höchstaltersgrenze -, während der Betroffene in der nächsten logischen Sekunde einen Antrag auf Bestellung zum ÖbV beantragen könnte und ihm diese nicht unter Hinweis auf das Alter versagt werden könnte, nur um im nächsten Moment mit Blick auf die Altersgrenze die Bestellung wieder zu verlieren (vgl. zu dieser „Karussellproblematik“ und zum Meinungsstand Bauer/Arnold, AGG-Probleme bei vertretungsberechtigten Organmitgliedern, ZIP 2008, 993 m. w. N.). Diese erweiternde Auslegung findet in den Erwägungsgründen 4, 9, 11 und 12 der Richtlinie 2000/78/EG, die das AGG umsetzt, eine Stütze. Sie betonen die Wichtigkeit des Schutzes vor Diskriminierung (Erwägungsgrund 4) und von Beschäftigung und Beruf als Bereiche, die für die Gewährleistung gleicher Chancen für alle und für eine volle Teilhabe der Bürger am wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben sowie für die individuelle Entfaltung von entscheidender Bedeutung sind (Erwägungsgrund 9). Angesichts dessen kann eine Diskriminierung wegen Alters die Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren (Erwägungsgrund 11), sodass jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters gemeinschaftsweit untersagt werden sollte (Erwägungsgrund 12). Diesen Erwägungen des Unionsgesetzgebers ist zu entnehmen, dass es ihm um einen möglichst weitreichenden und umfassenden Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsleben ging. Im Lichte des unionsrechtlichen Auslegungsgrundsatzes „effet utile“ dürfte daher, um die praktische Wirksamkeit der Richtlinienbestimmung zu erreichen, die erweiternde Auslegung geboten sein.“ |
|
| Dem schließt sich der Senat an. |
|
|
|
| a) Zu § 8 Abs. 1 AGG hat der VGH Baden-Württemberg im Beschluss vom 10.08.2016 (a. a. O.) ausgeführt: |
|
| „Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Diese Bestimmung setzt Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG um, zu der der Gerichtshof der Europäischen Union in der Vergangenheit mehrfach Gelegenheit zur Auslegung hatte (vgl. Urteil vom 12. Januar 2010 - C-229/08 -, „Wolf“, Slg. 2010, I-1, vom 13. September 2011 - C-447/09 -, „Prigge“, Slg. 2011, I-8003, und vom 13. November 2014 - C-416/13 -, „Perez“, ECLI:EU:C:2014:2371). In diesen Urteilen hat der EuGH zunächst betont, dass Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG eine Ausnahme zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung darstellt und daher eng auszulegen ist. Ferner hat er betont, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen muss. Jene ist nur rechtmäßig, wenn sie ihrerseits als eine angemessene berufliche Anforderung einzustufen ist. |
|
| Im Urteil „Wolf“ hat der EuGH festgestellt, dass eine Maßnahme, durch die für die Einstellung in die Laufbahn des mittleren feuerwehrtechnischen Dienstes das Höchstalter auf 30 Jahre festgelegt wird, verhältnismäßig ist, da diese Grenze erforderlich ist, um die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren des Dienstes zu gewährleisten. Der EuGH ist zu diesem Ergebnis jedoch erst gekommen, nachdem er anhand der ihm vorgelegten wissenschaftlichen Daten festgestellt hatte, dass einige der den Angehörigen des mittleren feuerwehrtechnischen Dienstes übertragenen Aufgaben wie die Brandbekämpfung eine „außergewöhnlich hohe“ körperliche Eignung erfordern und dass nur sehr wenige der Beamten, die älter als 45 Jahre sind, über die hinreichende körperliche Eignung verfügen, um eine solche Tätigkeit auszuüben. Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass eine Einstellung im fortgeschrittenen Alter zur Folge hätte, dass eine zu große Zahl von Beamten nicht für die körperlich anspruchsvollsten Aufgaben verwendet werden könnte. Außerdem würde eine solche Einstellung nicht ermöglichen, die so eingestellten Beamten über einen hinreichend langen Zeitraum für diese Aufgaben zu verwenden. Schließlich muss für eine angemessene Organisation der Berufsfeuerwehr für den mittleren technischen Dienst eine Wechselbeziehung zwischen den körperlich anspruchsvollen und für die ältesten Beamten ungeeigneten Stellen und den körperlich weniger anspruchsvollen und für diese Beamten geeigneten Stellen bestehen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - C-229/08 -, „Wolf“, Slg. 2010, I-1, Rn. 41 und 43). In Fortsetzung dieser Rechtsprechung hat der EuGH die körperliche Leistungsfähigkeit und ihre altersbedingte Abnahme bei Piloten als „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG anerkannt, aber sie als unangemessen verworfen, da Piloten unter bestimmten Umständen auch noch nach Überschreiten der im streitigen Fall geltenden Höchstaltersgrenze des maßgeblichen Manteltarifvertrags weiterhin als Piloten tätig sein durften (vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - C-447/09 -, „Prigge“, Slg. 2011, I-8003). In gleicher Weise hat der EuGH in seinem Urteil „Perez“ anerkannt, dass das Vorhandensein besonderer körperlicher Fähigkeiten als eine „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 in Bezug auf die Ausübung des Berufs eines örtlichen Polizeibeamten angesehen werden kann. Allerdings stellte er - unter Hinweis auf sein Urteil „Wolf“ - fest, dass ein derartiges Höchstalter kein verhältnismäßiges Erfordernis darstelle, da die den Beamten der örtlichen Polizei zugewiesenen Aufgaben die Eignung, über die die Beamten für die Erfüllung bestimmter dieser Aufgaben verfügen müssten, nicht immer mit der „außergewöhnlich hohen“ körperlichen Eignung vergleichbar sei, die der Feuerwehr insbesondere bei der Brandbekämpfung regelmäßig abverlangt werde. |
|
| Übertragen auf den vorliegenden Fall erscheint es nicht gänzlich fernliegend, dass die körperliche Leistungsfähigkeit wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit als ÖbV ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss zutreffend die Tätigkeiten des ÖbV beschrieben und die damit verbundenen körperlichen Anforderungen illustriert. Die Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit erreichen aber wohl nicht den hohen Stellenwert, den der EuGH der Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG für die Rechtfertigung einer Diskriminierung wegen des Alters unterstellt. Denn eine außergewöhnlich hohe körperliche Eignung ist für die Tätigkeit eines ÖbV, insbesondere für die Durchführung von Katastermessungen, nicht vonnöten. Hiervon geht im Übrigen offensichtlich auch der Gesetzgeber selbst aus. Denn er normiert als Höchstalterseintrittsgrenze in § 11 Abs. 3 Nr. 2 VermG für die Bestellung zum ÖbV die Vollendung des 60. Lebensjahrs.“ |
|
| Der Senat teilt diese Auffassung. Die Ansicht des Beklagten, aus der ergangenen Rechtsprechung des EuGH komme hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass ein seinem Alter entsprechend durchschnittlich veranlagter Mensch aufgrund seiner körperlichen und geistigen Verfassung noch gewährleisten können müsse, die mit seinem Beruf einhergehenden Anforderungen erfüllen zu könne, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie ergibt nicht, dass § 8 Abs. 1 AGG wegen seines Ausnahmecharakters nicht eng auszulegen wäre und die Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit des ÖbV nicht den hohen Stellenwert erreichen, den der EuGH für die Rechtfertigung einer Diskriminierung wegen des Alters fordert. Der Beklagte nimmt nicht hinreichend in den Blick, dass der EuGH die „sehr hohen Anforderungen“ nicht zur Rechtfertigung einer „sehr niedrigen Altersgrenze aufgestellt hat“, sondern zur Rechtfertigung einer Diskriminierung wegen des Alters. Die Anforderungen an die Rechtfertigung sinken jedoch nicht mit zunehmendem Alter; Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/78 ist nicht nur im Falle einer „niedrigen“ Altersgrenze eng auszulegen (vgl. auch EuGH, Urteil vom 13.11.2014 - C-416/13 -, „Perez“, NVwZ 2015, 427). |
|
| b) Nach § 10 Satz 1 und 2 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters aber auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. |
|
| Nach der (neueren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht (vgl. nur Urteil vom 13.09.2011 - C-447/09 -, „Prigge“, Slg. 2011, I-8003), sind nur sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung legitime Ziele im Sinne des § 10 AGG (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 01.02.2012 - 8 C 24.11 -, BVerwGE 141, 385), die eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters rechtfertigen können. Die Beantwortung der Frage, ob eine Maßnahme - hier die gesetzliche Höchstaltersgrenze in § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG - ein sozialpolitisches Ziel verfolgt, ist in einem ersten Schritt aus der Bestimmung selbst zu entnehmen. Lässt sich - wie hier - aus der Vorschrift hierzu jedoch nichts herleiten, so können andere - aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete - Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können (vgl. EuGH, Urteil vom 16.10.2007 - C-411/05 -, „Palacios“, Slg. 2007, I-8531, Rn. 57, vom 05.03.2009 - C-388/07 -, „Age Concern England“, Slg. 2009, I-1569, Rn. 45, und vom 12.01.2010 - C-341/08 -, „Domnica Petersen“, Slg. 2010, I-47, Rn. 40; BVerwG, Beschluss vom 29.01.2016 - 10 B 10.15 -, juris, Rn. 5; Sächs. OVG, Urteil vom 11.11.2014 - 4 A 784/13 -, juris, Rn. 24). Dabei kann auch auf das Vorbringen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.2016 - 10 C 2.15 -, NVwZ-RR 2016, 865). |
|
| Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Senat der Auffassung, dass § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG (auch) sozialpolitische Ziele in Form der Schaffung beziehungsweise Beibehaltung einer ausgewogenen Altersstruktur durch eine landesweit flächendeckende Versorgung mit hoheitlichen Vermessungsdienstleistungen verfolgt. |
|
| Die Höchstaltersgrenze in § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG ist erstmals durch Art. 67 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums - Verwaltungsstruktur-Reformgesetz (VRG; GBl. 2004, S. 469) eingeführt worden. In der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 13/3201, S. 342) heißt es zu § 13 Abs. 1 VermG: |
|
| „Absatz 1 übernimmt, redaktionell angepasst, im Wesentlichen die Regelungen des § 20 der ÖbV-Berufsordnung. |
|
| Künftig erlischt das Amt des ÖbV auch mit Ablauf des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet. Damit soll vermieden werden, dass ein ÖbV seinen Amtspflichten altersbedingt nicht mehr in genügendem Maß nachkommen kann. Für ÖbV, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben, gilt diese Bestimmung nicht (§ 20 Abs. 3). [...]“ |
|
| Aus dieser Begründung kann abgeleitet werden, dass der Landesgesetzgeber davon ausgeht, dass der ÖbV mit Erreichen des 70. Lebensjahrs nicht mehr hinreichend in der Lage ist, die ihm kraft öffentlicher Bestellung übertragenen Aufgaben wahrzunehmen. Dass mit fortschreitendem Alter ein Abfall der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit einhergeht, ist eine taugliche allgemeingültige Annahme des Gesetzgebers, die insbesondere keine individuelle Nachforschung erfordert (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.2011 - 8 C 46.09 -, BVerwGE 139, 1, Rn. 39; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.08.2016, a. a. O.). Dahinter wiederum ist die Befürchtung des Gesetzgebers zu sehen, dass angesichts des durch den Alterungsprozess bedingten Abbaus der körperlichen und geistigen Fähigkeiten die den ÖbV übertragenen Aufgaben nicht mehr - ausreichend - erfüllt werden und es hierdurch letztlich zur Gefährdung der öffentlichen Aufgabenerfüllung im Vermessungswesen, mithin der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des amtlichen Vermessungswesens kommt. Indes hat der Gesetzgeber mit dem ausdrücklich geäußerten Wunsch nach Vermeidung einer altersbedingten unzureichenden Erledigung der Amtspflichten nach Auffassung des Senats auch den „dahinterstehenden“ sozialpolitischen Zweck einer durchmischten Altersstruktur verfolgt. Zwar hat der Gesetzgeber auf diesen Gesetzeszweck nicht ausdrücklich hingewiesen (vgl. zu einem solchen ausdrücklichen Hinweis im maßgeblichen Landesrecht Sächs. OVG, Urteil vom 11.11.2014 - 4 A 784/13 -, juris, Rn. 29, sowie BT-Drs. 11/8307, S. 18 in Bezug auf die Einführung einer Höchstaltersgrenze für Notare). Dies ist jedoch vor dem Hintergrund nicht entscheidend, dass noch vor Inkrafttreten des Vermessungsgesetzes und nach der ÖbVI-Berufsordnung keine Höchstaltersgrenze galt und die grundlegenden Bestimmungen zur Bestellung und Amtsausübung des ÖbV und zum Erlöschen des Amts, die bisher teilweise lediglich im Wege einer Rechtsverordnung des Wirtschaftsministeriums (ÖbV-Berufsordnung) geregelt waren, nunmehr gesetzlich geregelt und bedarfsgerecht fortgeschrieben werden sollten (vgl. LT-Drs. 13/3201, S. 327; s. a. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.08.2016, a. a. O.). Dass § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG ein sozialpolitisches Ziel verfolgt, ergibt sich vor allem auch aus § 11 Abs. 3 Nr. 2 VermG, der ebenfalls durch das Verwaltungsstruktur-Reformgesetz in das Vermessungsgesetz eingefügt wurde. Danach darf zum Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur nicht bestellt werden, wer das 60. Lebensjahr vollendet hat. Bereits zur Vorgängervorschrift in § 1 Abs. 2 Nr. 1 ÖbV-VO war anerkannt, dass sie mit Rücksicht auf die erwünschte Kontinuität des Amtes des ÖbV, die Altersstruktur des Berufsstandes und die besonderen Leistungsanforderungen des Berufs des ÖbV erforderlich ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.08.2016, a. a. O.; Strobel, Vermessungsrecht für Baden-Württemberg, 2. Aufl., § 11, Rn. 20). § 11 VermG hat diese Regelungen im Wesentlichen übernommen (vgl. LT-Drs. 13/3201, S. 339). Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass es nicht plausibel ist, dass zwar die gesetzliche Einstellungshöchstaltersgrenze von 60 Jahren gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 2 VermG sozialpolitische Zwecke im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verfolgt, dies für die streitgegenständliche Altersgrenze gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 VermG aber gerade nicht gelten soll, obwohl beide Altersgrenzen mit demselben legislativen Vorgang in das Vermessungsgesetz eingeführt worden sind. Dass der Gesetzgeber beide gesetzlichen Altersgrenzen für Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure mit unterschiedlichen Zielsetzungen hat einführen wollen, ist nicht erkennbar. |
|
| Abgesehen davon hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass die streitgegenständliche gesetzliche Altersgrenze auf Vorschlag des Berufsverbandes des BDVI in das Vermessungsgesetz eingeführt worden sei. Der BDVI vertrete wie jeder andere Berufsverband auch „die Interessen seiner Mitglieder untereinander sowie gegenüber Politik, Wirtschaft und Verwaltung“. Die Annahme, dass es dem BDVI just im vorliegenden Fall gerade nicht um diese Interessen, sondern um ganz andere Dinge gegangen sein könnte, erscheine realitätsfern. Vielmehr liege es auf der Hand, dass es dem BDVI damals selbstverständlich um die Interessen seiner jüngeren Mitglieder gegangen sei, die bei Ausscheiden älterer öffentlich bestellter Vermessungsingenieure deren Marktanteile übernehmen könnten. Dies hat auch der Prozessvertreter der Kläger, der ausweislich der Homepage (...) seit 1974 als Justitiar des BDVI tätig ist, nicht in Abrede gestellt. Dass der Gesetzgeber den Vorschlag des Verbandes aus anderen Gründen übernommen hat, ergibt sich nicht. |
|
| Danach bestehen hier jedenfalls aus dem allgemeinen Kontext der Regelung ableitbare Anhaltspunkte für die Verfolgung des sozialpolitischen Ziels einer altersmäßigen Durchmischung des Berufsstandes der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Der Umstand, dass die Norm auch andere Zwecke verfolgt, ist unschädlich. |
|
| c) Davon unabhängig ist die Ungleichbehandlung auch nach Art. 2 Abs. 5 RL 2000/78/EG gerechtfertigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu im Beschluss vom 10.08.2016 (a. a. O.) ausgeführt: |
|
| „Die Bestimmung des Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG, nach der diese Richtlinie nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen berührt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind, wurde zwar nicht in das AGG übernommen. Umgekehrt hat der Bundesgesetzgeber auf den Sicherheitsvorbehalt auch nicht bewusst verzichtet. Hierfür fehlt es an Anhaltspunkten im Wortlaut des Gesetzes und in der Gesetzesbegründung. Damit steht das Schweigen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anderweitigen Regelungen des innerstaatlichen Rechts außerhalb dieses Gesetzes nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2012 - 8 C 24.11 -, NJW 2012, 1018, 1019 f., und vom 11. Mai 2016 - 10 C 2.15 -, Urteilsabdruck, Rn. 10). Mit dem Erlass dieses Sicherheitsvorbehalts wollte der Unionsgesetzgeber auf dem Gebiet von Beschäftigung und Beruf dem Entstehen eines Spannungsfelds zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung zum einen und der notwendigen Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit, der Verhütung von Rechtsverstößen sowie dem Schutz der individuellen Rechte und Freiheiten, die für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich sind, zum anderen vorbeugen und vermittelnd eingreifen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - C-447/09 -, „Prigge“, Slg. 2011, I-8003, Rn. 55). Die Bestimmung ist eng auszulegen, weil sie eine Abweichung vom Grundsatz des Verbots der Diskriminierung begründet (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - C-341/08 -, „Domnica Petersen“, Slg. 2010, I-47, Rn. 60, und vom 13. September 2011 - C-447/09 -, „Prigge“, Slg. 2011, I-8003, Rn. 56). |
|
| Anders als die Antragsteller meinen, ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Bestimmung des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG - unabhängig von den momentanen konkreten Verhältnissen - einen unionsrechtskonformen Sicherheitsvorbehalt darstellt. Unter Beachtung der zu Art. 2 Abs. 5 Richtlinie 2000/78/EG ergangenen und oben aufgeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht nicht ohne Weiteres fest, dass die - jedenfalls auch - verfolgte Zielsetzung der Höchstaltersgrenze, nämlich die Funktionsfähigkeit des amtlichen Vermessungswesens, [erg: nicht] als eine Maßnahme anzusehen ist, die für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Denn ausweislich § 5 Abs. 2 VermG dienen die den ÖbV zugewiesenen Katastervermessungen zur Fortführung des Liegenschaftskatasters, das durch eine am Grundeigentum ausgerichtete Einteilung von Grund und Boden die Liegenschaften und die Flurstücksentwicklung auf der Grundlage von Liegenschaftsvermessungen landesweit nachweist und insbesondere der Sicherung des Grundeigentums, dem Grundstücksverkehr, der Besteuerung sowie der Ordnung von Grund und Boden dient und Grundlage für weitere raumbezogene Informationssysteme ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 VermG). Die den ÖbV zugewiesenen Tätigkeiten dienen damit unter anderem der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Verwirklichung eines ordnungsgemäßen Grundstücksverkehrs und der Gewährleistung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Charta der Grundrechte der Europäischen Union). |
|
| Die Höchstaltersgrenze dürfte auch zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG notwendig sein. Eine Maßnahme ist im Sinne dieser Regelung notwendig, wenn sie zur Verfolgung eines legitimen Zieles geeignet, erforderlich und angemessen ist und mit dem Kohärenzgebot in Einklang steht (BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2016 - 10 C 2.15 -, Urteilsabdruck, Rn. 12). Diese Voraussetzungen dürften vorliegen. Denn ein generelles Höchstalter ist geeignet, ÖbV, bei denen (inzwischen) altersbedingt nicht mehr die Gewähr gegeben ist, dass sie jederzeit die durch die öffentliche Bestellung an sie gestellten Anforderungen voll erfüllen, aus dem Kreis der ÖbV herauszunehmen und damit der Gefahr, altersbedingt den Amtspflichten nicht mehr nachkommen zu können, zu begegnen. Die Höchstaltersgrenze ist auch erforderlich. Zwar wäre eine individuelle Überprüfung der Leistungsfähigkeit des jeweiligen ÖbV ein milderes Mittel, da es den individuellen Leistungsabbau berücksichtigen könnte (§ 13 Abs. 4 Nr. 3 in Verbindung mit § 11 Abs. 3 Nr. 1 VermG). Sie ist aber nicht in gleicher Weise wie eine Höchstaltersgrenze dazu geeignet, weil sie zu spät käme. Eine altersbedingt nicht mehr ausreichende Leistungsfähigkeit würde erst festgestellt werden, wenn sie bereits eingeschränkt ist. Die öffentliche Bestellung würde noch fortbestehen bis bei der nächsten Überprüfung die Mängel zu Tage treten. Die Regelung des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne und den betroffenen Antragstellern zumutbar. Mit der Festlegung des Höchstalters auf die Vollendung des 70. Lebensjahres ist das generelle Ende der öffentlichen Bestellung bereits deutlich über der allgemeinen Altersgrenze angesetzt (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2011 - 8 C 46.09 -, BVerwGE 139, 1, Rn. 36 ff., und vom 11. Mai 2016 - 10 C 2.15 -, Urteilsabdruck, Rn. 13 ff.). Schließlich dürfte auch die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erforderliche Kohärenz vorliegen. Hierbei ist zu prüfen, ob die Ausnahmen von der in Rede stehenden Altersgrenze die Kohärenz der betreffenden Regelung nicht in der Weise beeinträchtigen, dass sie zu einem diesem Ziel entgegenwirkenden Ergebnis führen. Eine Regelung ist nämlich nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - C-341/08 -, „Domnica Petersen“, Slg. 2010, I-47, Rn. 53, und vom 10. März 2009 - C-169/07 -, „Hartlauer“, Slg. 2009, I-1721, Rn. 55). Auch dies ist der Fall. Zwar unterliegen nicht Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure hinsichtlich ihrer Tätigkeit keiner Altersgrenze, während dies für ÖbV angesichts § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG der Fall ist. Die unterschiedliche Behandlung ist dennoch kohärent, denn das Ziel der gesetzlichen Bestimmung besteht nicht darin, Schutz vor nicht mehr ausreichend leistungsfähigen Vermessungsingenieuren zu bieten, sondern um die Funktionsfähigkeit des staatlichen Vermessungswesens zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2011 - 8 C 46.09 -, BVerwGE 139, 1, Rn. 42, und vom 11. Mai 2016 - 10 C 2.15 -, Urteilsabdruck, Rn. 17 ff.).“ |
|
| Vor diesem Hintergrund geht der Senat nach umfassender Prüfung im Hauptsacheverfahren davon aus, dass die Höchstaltersgrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG als eine Maßnahme anzusehen ist, die im Sinne von Art. 2 Abs. 5 RL 2000/78/EG für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Zur Begründung wird auf die überzeugenden Ausführungen des 5. Senats Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. |
|
| Bei der Funktionsfähigkeit des amtlichen Vermessungswesens handelt es sich um ein gesetzgeberisches Ziel von hohem Rang. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass mit den den ÖbV zugewiesenen Tätigkeiten die Reichweite des Eigentums an Grund und Boden in räumlicher Hinsicht festgelegt wird und Bürger, Wirtschaft, Politik und Verwaltung etwa in Bezug auf den Eigentumsschutz, den Grundstücksverkehr bzw. die Besteuerung auf die von der amtlichen Vermessungsverwaltung vorgehaltenen Geodaten angewiesen sind. Die Rüge der Kläger, es fehle an der Notwendigkeit der Höchstaltersgrenze, da mildere Mittel gegeben seien, mit denen dem Sicherheitsvorbehalt in genauso effektiver Art und Weise Rechnung getragen werden könne, bleibt ohne Erfolg. Die Kläger verweisen auf die im Land Brandenburg mit § 15 Abs. 1 Nr. 1 des ÖbVI-Gesetzes geschaffene Regelung, nach der die Aufsichtsbehörde die Zulassung mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen habe, wenn nachträglich Tatsachen einträten, aufgrund derer die Aufsichtsbehörde nach § 3 des Gesetzes berechtigt wäre, die Zulassung zu versagen, und die fehlende erforderliche geistige und körperliche Leistungsfähigkeit vermutet werde, wenn die öffentlich bestellte Vermessungsingenieurin oder der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur das 70. Lebensjahr vollendet habe. Diese Vermutung sei widerlegbar mit der Folge, dass die Zulassung unbegrenzt fortgelte. Einer derartigen Verfahrensweise auch für das Land Baden-Württemberg ließe sich nicht entgegenhalten, dass eine individuelle Überprüfung der Leistungsfähigkeit eines ÖbV „zu spät käme“ und eine altersbedingt nicht mehr ausreichende Leistungsfähigkeit erst dann festgestellt werde, wenn sie bereits eingeschränkt sei. Die Kläger lassen indes bereits außer Betracht, dass eine Regelung wie die von ihnen in Bezug genommene nicht gleichermaßen wie eine generelle Höchstaltersgrenze geeignet ist, der Gefahr vorzubeugen, dass ein ÖbV altersbedingt seinen Amtspflichten nicht mehr nachkommen kann. Denn eine lediglich einmalige Überprüfung der Leistungsfähigkeit bzw. Widerlegung der gesetzlichen Vermutung bei Vollendung des 70. Lebensjahres ist ungeeignet, zukünftigen Gefahren vorzubeugen. Weitere Überprüfungen aber sind nicht vorgesehen und könnten auch, wie oben dargelegt, zu spät kommen. Dies gilt zumal mit Blick auf die auch in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannte allgemeine Lebenserfahrung, dass mit fortschreitendem Lebensalter ein Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte regelmäßig zu erwarten ist und die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter steigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.2016 - 10 C 2.15 -, NVwZ-RR 2016, 865 m. w. N. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). |
|
| Danach geht auch die Rüge der Kläger fehl, bezogen auf ÖbV sei es eine bloße Behauptung, dass sie mit Vollendung des 70. Lebensjahres nicht mehr voll leistungsfähig seien und ihnen Fehler bei der Ausübung ihrer (hoheitlichen) Tätigkeit unterliefen. Dass die Regelung nicht notwendig im Sinne von Art. 2 Abs. 5 RL 2000/78/EG wäre, ergibt sich daraus jedenfalls nicht. Dies gilt zumal in Ansehung der Einschätzungsprärogative und der Typisierungsbefugnis des Normgebers (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 11.05.2016 und vom 26.01.2011, jeweils a. a. O.). Beide werden nicht dadurch verengt, dass auch in anderen Rechtsbereichen ohne Höchstaltersgrenze Gefahren durch den mit zunehmendem Alter einhergehenden Leistungsabbau entstehen könnten (vgl. dazu die von den Klägern zitierte Anmerkung von Bleutge [IBR 2015, 334]). |
|
| Eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. |
|
|
|
|
|
| Beschluss vom 26. Februar 2019 |
|
| Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG auf 45.000,-- EUR festgesetzt. |
|
|
|