Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 6 S 2239/21

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin zu 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 7. Juli 2021 - 3 K 1902/21 - teilweise geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den weiteren Betrieb der Spielhalle „...“ in der ..., ..., bis zur Entscheidung über den Widerspruch der Antragstellerin zu 2 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.06.2021 zu dulden.

Im Übrigen werden die Beschwerden der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 7. Juli 2021 - 3 K
1902/21 - zurückgewiesen.

Die Antragstellerin zu 1 trägt die Hälfte, die Antragstellerin zu 2 1/3 und die Antragsgegnerin 1/6 der Gerichtskosten in beiden Rechtszügen.

Die Antragstellerin zu 1 trägt die Hälfte, die Antragstellerin zu 2 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 2. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerinnen begehren die vorläufige Duldung des Weiterbetriebs der Spielhallen „...“ und „...“ in ....
Die Antragstellerinnen betreiben die oben genannten Spielhallen im Gebäude ..., .... Für den Betrieb lag seit 2003 je eine der Antragstellerin zu 1 erteilte Erlaubnis nach § 33i GewO vor. In der Umgebung der streitgegenständlichen Spielhallen befinden sich in einem Umkreis von weniger als 500 Metern Luftlinie vier weitere Spielhallen am Standort ....... Im Umkreis von 500 Metern Luftlinie befinden sich zudem zwei Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, nämlich eine Einrichtung des Vereins Lernen Fördern ... e.V. in der ... sowie eine Wohnung für betreute Jugendliche der ... gGmbH in der ....
Auf Antrag vom 18.02.2016 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1 für den Betrieb der Spielhalle „...“ mit Bescheid vom 29.06.2017 eine Erlaubnis unter Erteilung einer Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 LGlüG befristet bis zum 30.06.2021. Der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb der benachbarten Spielhalle „...“ wurde abgelehnt.
Der von der Antragstellerin zu 1 mit Schreiben vom 18.07.2017 und nur hinsichtlich der Spielhalle „...“ erhobene Teilwiderspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2020 zurückgewiesen. Die dagegen von der Antragstellerin zu 1 erhobene Klage ist unter dem Aktenzeichen 3 K 2358/20 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen anhängig.
Der Weiterbetrieb der Spielhalle „...“ wurde von der Antragsgegnerin bis zum 30.06.2021 geduldet.
Am 26.02.2021 beantragten beide Antragstellerinnen sowie der Geschäftsführer der Antragstellerin zu 2 je eine glücksspielrechtliche Erlaubnis ab dem 01.07.2021 befristet bis zum 30.06.2036 für den Betrieb der Spielhallen „... ...“ und „...“ sowie die vorläufige Duldung des Weiterbetriebs bis zum Abschluss des Erlaubnisverfahrens.
Mit Bescheid vom 25.06.2021 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge auf Erlaubniserteilung für die Spielhalle „...“ mit der Begründung ab, der Antragstellerin zu 1 als Personenhandelsgesellschaft könne keine Spielhallenerlaubnis erteilt werden. Die Antragstellerin zu 2 könne als juristische Person zwar Inhaberin der beantragten Erlaubnis sein, doch stehe der Erteilung der Erlaubnis § 42 Abs. 3 LGlüG entgegen. Ein die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auslösender Betreiberwechsel sei vorliegend gegeben, da es sich bei der Antragstellerin zu 2 ungeachtet des Umstands, dass sie Komplementärin der Antragstellerin zu 1 sei, um eine selbstständige juristische Person handle. Die ursprüngliche Erlaubnis nach § 33i GewO sei allein der Antragstellerin zu 1 erteilt worden.
Über den hiergegen eingelegten Widerspruch wurde noch nicht entschieden.
Der Erlaubnisantrag für die Spielhalle „...“ wurde noch nicht beschieden.
10 
Mit Bescheid vom 29.06.2021 wurde der ... GmbH eine Erlaubnis zum Weiterbetrieb der in der ... in ... gelegenen Spielhalle „......“ nach § 41 LGlüG erteilt. Hiergegen haben die Antragstellerinnen Drittwiderspruch eingelegt.
11 
Bereits am 18.06.2021 haben die Antragstellerinnen beim Verwaltungsgericht Sigmaringen beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Betrieb der Spielhallen „..." und „..." in der ... in ... zu dulden, bis über den Erlaubnisantrag vom 26.02.2021 rechtskräftig entschieden ist, hilfsweise die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Betrieb der Spielhalle „..." in der ... in ... zu dulden, bis über den Erlaubnisantrag vom 26.02.2021 rechtskräftig entschieden ist.
12 
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 07.07.2021 insgesamt mit der Begründung abgelehnt, keine der beiden Antragstellerinnen habe einen sicherungsfähigen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 LGlüG glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin zu 1 habe schon deshalb keinen Anspruch auf Erlaubniserteilung, weil es sich bei ihr um eine Kommanditgesellschaft und damit um eine Personenhandelsgesellschaft handle. Bezüglich der Antragstellerin zu 2 sei der Anordnungsanspruch zu verneinen, weil die Spielhallen das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 3 LGlüG nicht erfüllten. Dabei könne offenbleiben, ob § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG von vornherein nur – zeitlich beschränkt – bei der Erteilung von Erlaubnissen unter Befreiung von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Abs. 1 und 2 LGlüG nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 Satz 1 LGlüG in Verbindung mit § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG ergänzend zur Anwendung komme oder losgelöst hiervon „Altspielhallen“ generell privilegiert werden sollten. Ebenso bedürfe es keiner Entscheidung, ob § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG im vorliegenden Fall infolge eines Betreiberwechsels nach § 51 Abs. 4 Satz 4 LGlüG nicht zur Anwendung gelangen könne. Dahinstehen könne insbesondere die Frage, ob sich die Antragsgegnerin auf einen Betreiberwechsel berufen könne, nachdem sie selbst jahrelang – nach ihrer Lesart – der Antragstellerin zu 1 und demnach insoweit formal in rechtswidriger Weise Spielhallenerlaubnisse erteilt habe. § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG könne in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation jedenfalls aus teleologischen Erwägungen nicht zur Anwendung gelangen. Bei der Vorschrift handle es sich um eine Vertrauensschutzregelung für Altspielhallen. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Tatbestand nach Sinn und Zweck der Vorschrift dann nicht zur Anwendung gelangen könne, wenn für ein schutzwürdiges Vertrauen kein Grund mehr bestehe. Der Betreiber einer Spielhalle begebe sich auch dann des durch § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG vermittelten Vertrauensschutzes, wenn er sich zunächst mit einer regelmäßig auf die Gültigkeitsdauer des GlüStV 2011 befristeten „Härtefallbefreiung“ von den Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG begnüge und einen weitergehenden Antrag erst gar nicht stelle oder die Befristungsentscheidung als Nebenbestimmung bestandskräftig werden lasse. Sofern ein Antragsteller einen isolierten Antrag auf eine befristete Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 LGlüG unter Erteilung einer Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG stelle oder im Fall eines weitergehenden Erlaubnisantrags gegen eine auf Grundlage des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG ausgesprochene Befristung keine Rechtsmittel einlege mit der Folge, dass dieser Teil der Entscheidung in Bestandskraft erwachse, führe dies zugleich dazu, dass ein nach § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG geschütztes Vertrauen nur bis zum Ablauf der beantragten bzw. gewährten Übergangsfrist bestehen könne. Ein später gestellter Antrag auf Erteilung einer „Vollerlaubnis“ über den Befristungsstichtag hinaus sei in diesen Fällen entsprechend § 51 Abs. 4 Satz 4 LGlüG als Neuantrag zu werten, der sich an den Voraussetzungen von § 42 Abs. 3 LGlüG messen lassen müsse. Dies zugrunde gelegt habe sich die Antragstellerin zu 2 des durch § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG vermittelten Vertrauensschutzes begeben. Sie habe keine weitergehende Verpflichtungsklage auf Erteilung einer auf 15 Jahre befristeten Erlaubnis nach § 41 LGlüG für die Spielhalle „...“ erhoben. Hinsichtlich der Spielhalle „...“ habe sie nach vollständiger Ablehnung des diesbezüglichen Antrags nur Klage auf Erteilung einer befristeten (Härtefall-)Erlaubnis „vom 01.06.2017 bis zum 30.06.2021“ erhoben. Auf eine von der Antragstellerin zu 2 ins Auge gefasste Auswahlentscheidung zwischen ihren Spielhallen und den vier konkurrierenden Spielhallen im Gebäude ..., ... komme es nach alldem nicht mehr an.
II.
13 
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin zu 2 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg (2.). Die von der Antragstellerin zu 2 in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben dem Senat Veranlassung, den angefochtenen Beschluss insoweit ändern und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den weiteren Betrieb der Spielhalle „...“ in der ..., ..., bis zur Entscheidung über den Widerspruch der Antragstellerin zu 2 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.06.2021 zu dulden. Soweit die Antragstellerin zu 2 darüber hinausgehend die Duldung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Erlaubnisantrag vom 26.02.2021 sowie die Duldung des weiteren Betriebs der in demselben Gebäudekomplex befindlichen Spielhalle „...“ begehrt hat, besteht keine Veranlassung, den angefochtenen Beschluss zu ändern. Die ebenfalls zulässige Beschwerde der Antragstellerin zu 1 ist demgegenüber insgesamt unbegründet (1.).
14 
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu ist nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, dass ein Anordnungsgrund besteht, d.h. eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, und ein Anordnungsanspruch gegeben ist, also die tatsächlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt sind.
15 
1. Daran gemessen hat das Verwaltungsgericht die Anträge der Antragstellerin zu 1 mangels Anordnungsanspruchs zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass ihr als Personenhandelsgesellschaft keine Erlaubnis nach § 41 LGlüG erteilt werden kann. Personenhandelsgesellschaften sind zwar nach § 124 Abs. 1 und § 161 Abs. 2 HGB rechtsfähig. Sie können jedoch mangels Rechtspersönlichkeit nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen – vgl. § 1 Abs. 1 GewO: „jedermann“ – und außerhalb des Handwerksrechts – vgl. insoweit § 1 Abs. 1 HwO – kein Gewerbe ausüben und ihnen können dementsprechend gewerberechtliche Erlaubnisse auch nicht erteilt werden. Als Gewerbetreibende sind vielmehr der bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter anzusehen (siehe allg. Winkler, in: Ennuschat/Wank/Winkler, Gewerbeordnung, 9. Aufl., § 1 Rn. 79 f.; zum Spielhallenbetrieb: NdsOVG, Beschluss vom 12.05.2015 - 7 ME 1/15 -, NVwZ-RR 2015, 613 m.w.N. zur Rechtsprechung).
16 
Diese gewerberechtlichen Grundsätze sind auch auf das Spielhallenrecht nach §§ 40 ff. LGlüG anzuwenden. Ableiten lässt sich dies im Ausgangspunkt aus der in § 51 Abs. 3 LGlüG getroffenen Übergangsregelung. Nach deren Satz 1 ist § 33i GewO für die Erteilung von Erlaubnissen für Unternehmen nach § 40 Satz 1 letztmals bis zum Inkrafttreten des LGlüG anzuwenden. Nach Satz 2 finden im Übrigen die Gewerbeordnung und die Spielverordnung sowie die auf diesen Grundlagen erlassenen Bestimmungen in der jeweils geltenden Fassung weiterhin Anwendung. Die Vorschrift bringt ebenso wie die Spielhallendefinition in § 40 LGlüG („im stehenden Gewerbe“) deutlich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber jedenfalls das Spielhallenrecht des LGlüG als besonderes Gewerberecht begreift, das lediglich § 33i GewO nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG verdrängen soll (vgl. Ennuschat, in: Ennuschat/Wank/Winkler, Gewerbeordnung, 9. Aufl., § 33i Rn. 21 f.). Auch hat der Landesgesetzgeber – anders als etwa auf bundesrechtlicher Ebene in § 1 Abs. 1 HwO – im LGlüG nicht zum Ausdruck gebracht, dass von der in § 1 Abs. 1 GewO („jedermann“) zum Ausdruck kommenden Grundregel, dass nur natürliche und/oder juristische Personen ein Gewerbe ausüben können, abgewichen werden soll. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Ausgestaltung des Genehmigungserfordernisses für den Spielhallenbetrieb. Die Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG ist insbesondere nicht ausschließlich sach- bzw. vorhabenbezogen, sondern wird dem jeweiligen Gewerbetreibenden zumindest auch als Personalkonzession erteilt. Dies liegt bereits aus systematischen Gründe nahe, da andernfalls insbesondere die gewerberechtlichen Vorschriften des allgemeinen Teils – §§ 1-12 GewO – und die allgemeinen Erfordernisse für stehendes Gewerbe – §§ 14, 15 und 35 GewO –, die ihrerseits auf Personalkonzessionen zugeschnitten sind, anders als von § 51 Abs. 3 Satz 2 LGlüG vorgesehen kaum ohne systematische Brüche zur Anwendung gelangen könnten.
17 
Dass die Erlaubnis nach § 41 LGlüG zumindest auch Personalkonzession ist, kommt in den Vorschriften des LGlüG deutlich zum Ausdruck (vgl. bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.05.2017 - 6 S 306/16 -, ZfWG 2017, 416 ). So stellt § 2 Abs. 1 Nr. 3 LGlüG ebenso wie § 33i GewO auf die Zuverlässigkeit des Betreibers einer Spielhalle ab. Der Betreiber der Spielhalle ist nach § 2 Abs. 5 Nr. 1 LGlüG in der Erlaubnis zu nennen. Insbesondere kann die Erlaubnis nach § 2 Abs. 7 LGlüG nicht auf einen anderen übertragen oder einem anderen zur Ausübung überlassen werden. In § 7 Abs. 1 LGlüG ist in diesem Zusammenhang und mit Blick auf die Verpflichtung zur Vorlage eines Sozialkonzepts von der die Erlaubnis innehabenden Person nach § 2 LGlüG die Rede.
18 
Der Regelungszusammenhang des LGlüG, insbesondere § 51 Abs. 3 Satz 1 LGlüG, bringt vor diesem Hintergrund deutlich zum Ausdruck, dass die Erlaubnis nach § 41 LGlüG als gleichartige Erlaubnis an die Stelle von § 33i GewO treten soll, wenngleich der Landesgesetzgeber die Erlaubniserteilung entsprechend den Vorgaben des GlüStV von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig macht.
19 
Dass die Erlaubnis nach § 41 LGlüG nicht ausschließlich Personalkonzession ist, sondern sich zugleich auf eine bestimmte Spielhalle bezieht, führt ebenfalls nicht dazu, dass die Erlaubnis auch Personengesellschaften erteilt werden könnte (a.A. – zu § 16 AG GlüStV NRW – VG Köln, Urteil vom 16.11.2018 - 9 K 16288/17 -, juris Rn. 197 ff.). Dafür spricht schon der Umstand, dass sich die rechtliche Ausgestaltung der Spielhallenerlaubnis nach § 41 LGlüG nicht von der Ausgestaltung der Erlaubnis nach § 33i GewO unterscheidet, die ebenfalls nicht nur personen-, sondern auch sachbezogen ist (st. Rspr. seit BVerwG, Urteil vom 09.10.1984 - 1 C 21.83 -, BVerwGE 70, 180 <184>; vgl. ferner etwa Urteil vom 23.11.2005 - 6 C 8.05 -, NVwZ 2006, 600; Beschluss vom 25.01.2016 - 8 B 12.15 -, ZfWG 2016, 217 ; Urteil vom 05.04.2017 - 8 C 16.16 -, ZfWG 2017, 394 , dort jeweils auch zur Erteilung der Erlaubnis an den Gewerbetreibenden). Auch zu § 33i GewO ist indes anerkannt, dass die Erlaubnis dem Gewerbetreibenden erteilt wird und dementsprechend – nach den oben beschriebenen allgemeinen Grundsätzen – Personengesellschaften nicht erteilt werden kann (vgl. NdsOVG, Beschluss vom 12.05.2015 - 7 ME 1/15 -, NVwZ-RR 2015, 613 ).
20 
2. Der Antragstellerin zu 2 fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (a), ihr Antrag ist nicht auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet (b) und sie hat sowohl einen Anordnungsgrund (c) als auch – bezüglich der Spielhalle „...“ und begrenzt bis zur Entscheidung der Widerspruchsbehörde – einen Anordnungsanspruch (d) glaubhaft gemacht.
21 
a) Am Rechtsschutzbedürfnis mangelt es nur, wenn das prozessuale Vorgehen einem Antragsteller offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.03.2014 - 1 C 5.13 -, juris Rn. 8; Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 -, BVerwGE 121, 1 ; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.05.2021 - 1 S 1048/21 -, juris Rn. 21). Dies ist hier nicht der Fall.
22 
Insbesondere geht der Senat nicht davon aus, dass sich die Antragstellerin zu 2 bzw. deren gesetzliche Vertreter und Mitarbeiter auch bei Vorliegen einer auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhenden aktiven Duldung des Betriebs der Spielhalle der Verfolgung wegen einer Straftat nach § 284 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB oder einer Ordnungswidrigkeit nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 LGlüG ausgesetzt sähen und daher die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Duldung des Spielhallenbetriebs der Antragstellerin zu 2 nichts nützen könnte. Zwar bewirkt eine bloße Duldung des Weiterbetriebs einer Spielhalle – anders als etwa eine (vorläufige) glücksspielrechtliche Erlaubnis – nicht die formelle Legalisierung des Betriebs und vermag es deshalb möglicherweise auch nicht, die objektiven Tatbestände des § 284 Abs. 1 StGB und des § 48 Abs. 1 Nr. 1 LGlüG entfallen zu lassen. Ihr muss aber eine das Straf- und Ordnungswidrigkeitenunrecht ausschließende Wirkung beigemessen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um eine nach verwaltungsrechtlichen Maßstäben rechtmäßige aktive Duldung handelt, die der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Erlaubnisverfahrens sowie der Gewährung effektiven Rechtsschutzes dient (vgl. eingehend VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.07.2021 - 6 S 2237/21 -, juris Rn. 7 ff. m.w.N.).
23 
b) Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache steht dem Erlass der einstweiligen Anordnung nicht entgegen. Denn die von der Antragstellerin zu 2 begehrte Duldung des Weiterbetriebs ihrer Spielhalle würde die Hauptsache nicht vorwegnehmen. In der Hauptsache begehrt die Antragstellerin zu 2 die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis. Ihr Begehren ist also darauf gerichtet, die Spielhalle formell legal zu betreiben. Die von der Antragstellerin zu 2 mit dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz begehrte Duldung bleibt hinter diesem Begehren zurück, weil die bloße Duldung des Weiterbetriebs – anders als eine vorläufige glücksspielrechtliche Erlaubnis – nicht die formelle Legalisierung des Betriebs bewirkt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.2021 - 6 S 2716/21 -, juris Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 26.09.2019 - 4 B 255/18 -, ZfWG 2019, 516 m.w.N.).
24 
c) Die Antragstellerin zu 2 hat auch den notwendigen Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht.
25 
Ob eine vorläufige Regelung „nötig erscheint“, ist auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu beantworten. Es ist zu prüfen, ob es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.
26 
Gemessen daran ist die einstweilige Anordnung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich, um wesentliche Nachteile für die Antragstellerin zu 2 abzuwenden. Der weitere Betrieb der Spielhallen ohne Duldung würde die Antragstellerin zu 2 der Gefahr von ordnungswidrigkeiten- und/oder strafrechtlichen Konsequenzen (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 LGlüG oder § 284 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB) aussetzen. Es ist ihr nicht zuzumuten, die für die Ahndung im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren erforderliche Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „auf der Anklagebank“ zu erleben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.2021 - 6 S 2716/21 -, juris Rn. 31; OVG NRW, Beschluss vom 26.09.2019 - 4 B 255/18 -, a.a.O. Rn. 76 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 7.4.2003 - 1 BvR 2129/02 -, BVerfGK 1, 107 ).
27 
Ohne den Ausspruch der vorläufigen Duldung des Weiterbetriebs der Spielhallen wäre die Antragstellerin zu 2, wenn sie sich jedenfalls rechtskonform verhalten möchte, gezwungen, ihren Betrieb aufzugeben. Eine Betriebsaufgabe würde wegen der jedenfalls teilweise nicht rückgängig zu machenden wirtschaftlichen Folgen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung ihrer durch Art. 19 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 12 und 14 GG grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bedeuten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.2021, a.a.O. Rn. 32).
28 
Darauf, dass die Antragsgegnerin die Schließung der Spielhallen bislang nicht angeordnet hat, kommt es demnach nicht an. Denn die Gefahr von ordnungswidrigkeiten- und/oder strafrechtlichen Konsequenzen besteht bereits wegen der fehlenden Erlaubnis.
29 
d) Die Antragstellerin zu 2 hat einen im Wege der einstweiligen Anordnung sicherungsfähigen Anspruch auf Duldung des Weiterbetriebs ihrer Spielhalle „...“ bis zur Entscheidung über ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.06.2021 glaubhaft gemacht. Die Nichteinhaltung des Mindestabstandsgebots zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche gemäß § 42 Abs. 3 LGlüG kann der Antragstellerin zu 2 nicht entgegen gehalten werden (aa). Das Verbundverbot gemäß § 42 Abs. 2 LGlüG steht zwar der Erteilung einer Erlaubnis für beide Spielhallen, nicht aber der Teilnahme mit einer der beiden Spielhallen an dem Auswahlverfahren zwischen den untereinander das Mindestabstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG nicht einhaltenden Spielhallen entgegen (bb). Das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG erfordert in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG, § 41 LGlüG vorliegend den Ausspruch einer verfahrenssichernden aktiven Duldung bis zu einer Entscheidung durch die Widerspruchsbehörde, weil die Erfolgsaussichten der Antragstellerin zu 2 bei ordnungsgemäßer Berücksichtigung im Rahmen der behördlichen Auswahlentscheidung offen sind (cc).
30 
aa) Die Nichteinhaltung des Mindestabstandsgebots zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche gemäß § 42 Abs. 3 LGlüG kann der Antragstellerin zu 2 nicht entgegen gehalten werden.
31 
Unstreitig befinden sich im Umkreis von 500 Metern Luftlinie zwei Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im Sinne des § 42 Abs. 3 LGlüG, nämlich eine Einrichtung des Vereins Lernen Fördern ... e.V. in der ... sowie eine Wohnung für betreute Jugendliche der ... gGmbH in der ....
32 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin zu 2 ist die Anwendung des § 42 Abs. 3 LGlüG nicht bereits nach der Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG ausgeschlossen, nach welcher das in § 42 Abs. 3 LGlüG normierte Mindestabstandsgebot auf vor Inkrafttreten des Landesglückspielgesetzes genehmigte Bestandsspielhallen grundsätzlich nicht anwendbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.2021 - 6 S 2716/21 -, juris). Denn die Erlaubnis nach § 33i GewO war nicht ihr, sondern der Antragstellerin zu 1 erteilt worden. Die Antragstellerin zu 2 wurde in der Erlaubnisurkunde lediglich in einem Klammerzusatz als Komplementärin der Antragstellerin zu 1 nachrichtlich aufgeführt. Eine Auslegung der Erlaubnis dahingehend, diese sei auch – oder gar ausschließlich – der Komplementär-GmbH erteilt worden, verbietet sich angesichts der eindeutigen und unmissverständlichen Formulierung. Trotz ihrer Stellung als Komplementärin der Antragstellerin zu 1 handelt es sich bei der Antragstellerin zu 2 um eine eigenständige juristische Person, so dass ein Betreiberwechsel vorliegt, der im Regelfall dazu führt, dass die in § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG vorgesehene Privilegierung als Bestandsspielhalle entfällt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.2021, a.a.O. Rn. 23).
33 
Es liegt jedoch ein ausnahmsweise unschädlicher Betreiberwechsel vor, der der Antragstellerin zu 2 nach dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht entgegengehalten werden kann. Die Antragsgegnerin dürfte zunächst bereits die ihr nach § 25 Abs. 1 LVwVfG auferlegte Beratungspflicht dadurch verletzt haben, dass sie die Antragstellerinnen im Verwaltungsverfahren zu keinem Zeitpunkt darauf hinwies, dass der Antragstellerin zu 1 als Kommanditgesellschaft keine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt werden kann. Durch die wiederholte Erlaubniserteilung an die Antragstellerin zu 1 – zunächst im Jahr 2003 und nochmals im Jahr 2017 bei Erteilung der Härtefallerlaubnis – hat sie einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand geschaffen, der es gebietet, der Antragstellerin zu 2 die Privilegierung des § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG zugute kommen zu lassen. Den Antragstellerinnen war und ist es egal, ob die erforderliche Erlaubnis der Antragstellerin zu 1 oder aber der Antragstellerin zu 2 erteilt wird. Es besteht daher kein vernünftiger Zweifel daran, dass bei entsprechender Beratung die Antragstellerin zu 2 den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 33i GewO gestellt hätte und ihr die Erlaubnis auch erteilt worden wäre. Damit hat die Antragsgegnerin die wesentliche Ursache dafür gesetzt, dass die Antragstellerin zu 2 sich heute nicht unmittelbar auf die Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG berufen kann. Das Vertrauen ist auch schutzwürdig, da keine Anhaltspunkte für eine etwaige Bösgläubigkeit der Antragstellerin zu 2 ersichtlich sind. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass sie die Rechtswidrigkeit der Erlaubnis nach § 33i GewO gekannt oder grob fahrlässig nicht gekannt haben könnte. Von den Antragstellerinnen kann keine bessere Rechtskenntnis als von der Antragsgegnerin erwartet werden, die über lange Jahre davon ausging, dass die Antragstellerin zu 1 Inhaberin einer Erlaubnis nach § 33i GewO bzw. nach § 41 in Verbindung mit § 51 Abs. 5 LGlüG sein könne.
34 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin zu 2 sich des durch § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG vermittelten Vertrauensschutzes nicht dadurch begeben, dass sie im Härtefallverfahren keine weitergehende Verpflichtungsklage auf Erteilung einer auf 15 Jahre befristeten Erlaubnis erhoben hat. § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG ist eine gegenüber § 51 Abs. 5 Satz 1 - 4 LGlüG eigenständige Regelung, die nicht an das Vorliegen eines Härtefalls anknüpft und deren Anwendung deshalb nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass Rechtsmittel bezüglich der teilweisen Versagung der Härtefallerlaubnis eingelegt wurden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.2021 - 6 S 2716/21 -, juris Rn. 19). Die Antragstellerin zu 2 war auch nicht gehalten, den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis aufgrund der zu treffenden Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen konkurrierenden Spielhallen, die zueinander den Mindestabstand gemäß § 42 Abs. 1 LGlüG nicht einhalten, zu einem früheren Zeitpunkt zu stellen, weil ein Auswahlverfahren nach der Rechtsprechung des Senats erst nach Ablauf der vorrangigen Härtefallerlaubnisse, vorliegend mithin zum 01.07.2021, durchzuführen war (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.04.2018 - 6 S 2250/17 -, ZfWG 2018, 319). Nachdem die Antragstellerin zu 2 den auf Verpflichtung zur Erteilung einer Duldung gerichteten Eilantrag vorliegend vor Ablauf der Härtefallerlaubnis gestellt hat, ist hier eine nahtlose Fortführung des Spielhallenbetriebs möglich (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.10.2021 - 6 S 2763/21 -, juris Rn. 17). Eine schädliche Zäsur ist nach alldem nicht eingetreten.
35 
bb) Das Verbundverbot gemäß § 42 Abs. 2 LGlüG steht zwar der Erteilung einer Erlaubnis für beide Spielhallen, nicht aber der Teilnahme der Antragstellerin zu 2 mit einer der beiden Spielhallen an dem Auswahlverfahren zwischen den untereinander den Mindestabstand gemäß § 42 Abs. 1 LGlüG nicht einhaltenden Spielhallen entgegen.
36 
Zwecks Vermeidung eines Verstoßes gegen das in § 42 Abs. 2 LGlüG normierte Verbundverbot, welches nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 04.04.2014 - 6 S 1795/13 -, NVwZ-RR 2014, 643 und vom 16.04.2018 - 6 S 2250/17 -, ZfWG 2018, 319 m.w.N.; StGH [jetzt VerfGH] Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 1 VB 15/13 -, juris; BVerfG, Beschlüsse vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, BVerfGE 145, 20 und vom 04.06.2019 - 1 BvR 1011/19 -, juris Rn. 2), obliegt dem Betreiber mehrerer Spielhallen die Entscheidung, mit welcher seiner Spielhallen er an einem Erlaubnis- bzw. Auswahlverfahren teilnehmen möchte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.02.2020 - 6 S 279/18 -, n.v.). Hier möchte die Antragstellerin zu 2 mit beiden Spielhallen am Auswahlverfahren teilnehmen, hat aber im Verwaltungsverfahren zu erkennen gegeben, dass sie die Spielhalle „...“ priorisiert. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin zunächst auch nur über den Erlaubnisantrag für diese Spielhalle entschieden. Auch im gerichtlichen Verfahren hat die Antragstellerin durch Stellung des entsprechenden Hilfsantrags deutlich gemacht, dass sie – wenn die Duldung des Weiterbetriebs beider Spielhallen nicht in Betracht kommt – die Duldung des Weiterbetriebs der Spielhalle „...“ erstrebt.
37 
cc) Das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG erfordert in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG, § 41 LGlüG vorliegend bezüglich der Spielhalle „...“ den Ausspruch einer verfahrenssichernden aktiven Duldung bis zu einer Entscheidung durch die Widerspruchsbehörde, weil die Erfolgsaussichten der Antragstellerin zu 2, die einen (Dritt-)Widerspruch gegen den der Betreiberin der Spielhalle „......“ eine Erlaubnis erteilenden Bescheid vom 29.06.2021 erhoben hat, bei ordnungsgemäßer Berücksichtigung im Rahmen der behördlichen Auswahlentscheidung offen sind.
38 
Die von der Behörde nach Ablauf der Übergangsfrist des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG zwischen mehreren Betreibern von Spielhallen, die zueinander das Mindestabstandsgebot nicht einhalten, zu treffende Auswahlentscheidung ist eine Ermessensentscheidung, die nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur daraufhin unterliegt, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (OVG NRW, Beschluss vom 10.03.2020 - 4 B 362/19 -, juris Rn. 24 m.w.N.).
39 
Das Gesetz sieht diesbezüglich weder Verfahrensvorschriften vor noch regelt es explizit Kriterien für die durch die Behörde zu treffende Auswahlentscheidung. Das Fehlen von Kriterien für die bei der Entscheidung zu treffende Auswahl zwischen bestehenden Spielhallen verstößt allerdings nicht gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (vgl. für das saarländische Landesrecht: BVerfG, Beschluss vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, BVerfGE 145, 20 ). Denn dem Landesglücksspielgesetz lassen sich Anhaltspunkte für die anzulegenden Maßstäbe noch in einem hinreichenden Maße entnehmen.
40 
Insofern gebietet die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Zudem sind bei der Auswahlentscheidung die Ziele des § 1 GlüStV zu beachten, was sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung ergibt (vgl. für die Härtefallbefreiung nach § 12 Abs. 2 Saarl. SpielhG: BVerfG, Beschluss vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, a.a.O. ; VG Sigmaringen, Urteil vom 20.10.2020 - 3 K 2934/20 -, juris Rn. 110 m.w.N.). Erforderlich ist insofern ein Vergleich der konkurrierenden Spielhallen daraufhin, welche besser geeignet ist, die Ziele des Staatsvertrags zu erreichen. Unterschiede können sich unter anderem aus Besonderheiten des Umfelds des jeweiligen Standorts oder aus der Art der zu erwartenden Betriebsführung der einzelnen Betreiber ergeben (VG Karlsruhe, Beschluss vom 01.10.2021 - 1 K 2308/21 -, juris Rn. 53).
41 
Vorgaben für die Betriebsführung, durch die der Gesetzgeber die abstrakten Zielvorgaben des § 1 GlüStV 2021 konkretisiert hat, finden sich insbesondere in den Vorschriften, die in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 LGlüG in Bezug genommen werden, also die Jugendschutzanforderungen nach § 4 Abs. 3 GlüStV 2021, das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV 2021, die Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV 2021, die Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV 2021 und die Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV 2021. Darüber hinaus ist § 41 Abs. 2 Nr. 4 LGlüG in den Blick zu nehmen, der unter anderem verlangt, dass der Betrieb der Spielhalle weder eine Gefährdung der Jugend noch eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs befürchten lassen darf. Der Glücksspielstaatsvertrag selbst fordert in § 6 Satz 2 GlüStV 2021 zudem, dass die Vorgaben des Anhangs zum Glücksspielstaatsvertrag „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ von den Spielhallenbetreibern zu erfüllen sind. Auch in diesen Richtlinien finden sich qualitative Anforderungen an die Betriebsführung (VG Karlsruhe, Beschluss vom 01.10.2021 - 1 K 2308/21 -, juris Rn. 54 m.w.N.; vgl. zum Ganzen: VG Sigmaringen, Urteil vom 20.10.2020 - 3 K 2934/20 -, juris Rn. 112 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 12.05.2020 - 18 K 10575/18 -, juris Rn. 63, 66 ff.; vgl. zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen: OVG NRW, Urteil vom 10.10.2019 - 4 A 1826/19 -, GewArch 2020, 29 und Beschluss vom 26.09.2019 - 4 B 255/18 -, ZfWG 2019, 516 m.w.N.).
42 
Unter Beachtung der dargelegten Maßstäbe begegnet die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin im Rahmen der gemäß § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkten gerichtlichen Prüfung durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Spielhalle „...“ zu Unrecht nicht in das Auswahlverfahren einbezogen wurde. Ob eine rechtmäßige Auswahlentscheidung wiederum zum Nachteil der Antragstellerin zu 2 ausgehen würde, ist offen. Zwar kann im Rahmen der Auswahlentscheidung die Nähe einer Spielhalle zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im Sinne des § 42 Abs. 3 LGlüG und eine sich daraus ergebende Gefährdungslage bei der Ermessensausübung durchaus berücksichtigt werden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.09.2021 - 6 S 2716/21 -, juris Rn. 21), doch handelt es sich lediglich um eines von vielen Kriterien, dem kein ausschlaggebendes Gewicht zukommen muss. Dies gilt hier umso mehr, als nach Aktenlage auch die von der Antragsgegnerin ausgewählte Spielhalle im Abstand von weniger als 500 Metern Luftlinie zu einer Einrichtung für Kinder und Jugendliche liegt.
43 
Das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG erfordert in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG und § 41 LGlüG jedenfalls in solchen Fällen, in denen – wie hier (s.o.) – alle gesetzlichen Anforderungen an die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 Abs. 2 LGlüG erfüllt werden und es nach Einlegen eines Widerspruchs gegen die die Antragstellerin zu 2 nicht berücksichtigende Auswahlentscheidung offen ist, ob diese bei Überprüfung durch die Widerspruchsbehörde Bestand haben wird, den Ausspruch einer verfahrenssichernden aktiven Duldung, die eine Fortführung des Spielhallenbetriebs unter Ausschluss straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlicher Konsequenzen bis zu einer Entscheidung durch die Widerspruchsbehörde sicherstellt. Denn ansonsten wäre der unterlegene, die Auswahlentscheidung durch Widerspruch beanstandende Spielhallenbetreiber mit für ihn unabsehbaren wirtschaftlichen Konsequenzen vom Markt ausgeschlossen, während die im behördlichen Auswahlverfahren erfolgreich gebliebenen Konkurrenten um die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis auch vor Abschluss des behördlichen Auswahlverfahrens durch Widerspruchsbescheid weiter tätig sein könnten. Insoweit ist aber gerade mit Blick auf das Recht der Spielhallenbetreiber aus Art. 12 Abs. 1 GG die Besonderheit zu berücksichtigen, dass hier die Fortführung einer bisher rechtmäßig betriebenen Spielhalle in Konkurrenz zu weiteren Spielhallen, von denen nach der gesetzgeberischen Konzeption auf Grund des Abstandsgebots des § 42 Abs. 1 LGlüG nur einige übrig bleiben sollen, in Rede steht und dass deren Auswahl lediglich allgemein vorgegeben ist, was eine einzelfallbezogene Betrachtung und die Möglichkeit, diese im Widerspruchsverfahren und ggf. später im gerichtlichen Verfahren zu überprüfen, erfordert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, a.a.O. ; OVG NRW, Beschluss vom 18.07.2018 - 4 B 179/18 -, ZfWG 2018, 476 ; VG Karlsruhe, Beschluss vom 01.10.2021 - 1 K 2308/21 -, juris Rn. 63).
44 
Art. 19 Abs. 4 GG gebietet jedoch nicht – wie beantragt – die Verpflichtung zur Duldung des Betriebs der Spielhalle bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erlaubnisverfahrens, sondern lediglich bis zur Entscheidung über den Widerspruch der Antragstellerin zu 2 gegen den Bescheid vom 25.06.2021.
III.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.
46 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 Satz 1, 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Da die Anträge nicht auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sind, ist der für zwei Spielhallen im Hauptsacheverfahren anzusetzende Streitwert nach Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs zu halbieren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2019 - 6 S 199/19 -, VBlBW 2020, 508 m.w.N.). Die Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht, welches von einer Halbierung mit Blick auf eine angenommene Vorwegnahme der Hauptsache abgesehen hat, erweist sich gleichwohl im Ergebnis als richtig und bedarf keiner Änderung. Denn der sich bei einer Halbierung ergebende Streitwert von 15.000,-- EUR für zwei Spielhallen ist für jede Antragstellerin gesondert anzusetzen, weil die Antragstellerinnen jeweils aus eigenem Recht die Erteilung der Duldungen für sich begehren. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts besteht keine Veranlassung, die subjektive Antragshäufung bei der Streitwertfestsetzung außer Betracht zu lassen.
47 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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