Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 5 S 1790/20

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. Mai 2020 - 10 K 3353/19 - teilweise geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung von Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 3. Januar 2019 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 14. Oktober 2019 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Errichtung einer weiteren Zufahrt zu dem Grundstück FIst.-Nr. ... in ... von der Straße „..." entsprechend der Darstellung in dem dem Schreiben vom 28.04.2016 beigefügten Lageplan unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 3/4, die Beklagte 1/4 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Hinzuziehung einer Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Anlage einer weiteren Grundstückszufahrt vom Anliegergebrauch umfasst ist, hilfsweise die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis.
Er ist Eigentümer des Grundstücks ...weg 1 in ..., Flst. Nr. .../7. Dieses von Westen nach Osten stark abfallende Grundstück liegt im Geltungsbereich des in den 1970er Jahren geänderten Bebauungsplans „... ..." vom 15. Oktober 1963 und ist mit einem zweigeschossigen Wohngebäude samt Garage bebaut. Es grenzt im Osten an den ...weg. Von dieser Straße aus können die an der nördlichen Grundstücksgrenze zum Flst.-Nr. ... befindliche Garage sowie die im Vorgartenbereich gelegenen Stellplätze auf dem Klägergrundstück angefahren werden. Im Süden und im Westen grenzt das Grundstück des Klägers an die Straße „A...“, die entlang der Südgrenze als etwa 4,5 m breite Fahrbahn mit beiderseitigen Gehwegen ausgebaut ist und sich auf Höhe der westlichen Grundstücksgrenze des Klägergrundstücks zu einer größeren Verkehrsfläche (von den Beteiligten als „Wendeplatte“ oder „Wendehammer“ bezeichnet) aufweitet. Von dort aus werden die Grundstücke Flst.-Nr. .../5, .../10, .../12, .../15, .../16, .../17, .../17, .../19 verkehrlich erschlossen. Der östliche Bereich dieser Verkehrsfläche - entlang der Grenze zum Grundstück Flst.-Nr. .../7 des Klägers - ist als Parkfläche markiert und wird als solche auch genutzt. Zwischen dieser Parkfläche und der Grenze zum Klägergrundstück verläuft ein etwa 1 m breiter, durch Bordstein abgegrenzter Gehweg.
Am 28. April 2016 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um Mitteilung, ob die Errichtung eines Stellplatzes entlang der Grenze zum Grundstück Flst.- Nr. .../5 mit Zufahrt über die Wendeplatte „A..." möglich sei. Gegebenenfalls solle eine entsprechende Befreiung erteilt werden. Zur Beschreibung des Vorhabens legte er einen Lageplan mit Einzeichnung vor.
Mit Schreiben vom 12. Mai 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Anlage von Stellplätzen verfahrensfrei möglich sei. Dies gelte jedoch ausschließlich für Stellplätze in einfacher Form. Mit weiteren Schreiben vom 30. August 2016 und vom 28. Dezember 2016 wurde der Kläger darüber informiert, dass das Vorhaben nach Prüfung des maßgeblichen Bebauungsplanes und nach Rücksprache mit der unteren Baubehörde zwar „verfahrensfrei und zulässig“ sei, dennoch aber im Hinblick auf die vorgesehene Einfahrt von der Wendeplatte „A...“ der straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bedürfe.
Daraufhin beantragte der Kläger am 12. September 2017 die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Schaffung einer weiteren Zufahrt und begründete dies im weiteren Schriftverkehr mit dem Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten u.a. damit, dass Holz zum Heizen sinnvoll nur über die geplante westliche Zufahrt angeliefert werden könne; auch sei die im Obergeschoss seines Anwesens lebende, 89jährige Frau W... auf einen barrierefreien Zugang zum Haus und zur Wohnung angewiesen.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2019 lehnte die Beklagte die beantragte Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Zufahrt sei in Baden-Württemberg ohne Weiteres zulässig. Der Kläger verfüge aber bereits über eine Zufahrt zu seiner Garage und zu insgesamt drei weiteren Stellplätzen vom ...weg her. Eine weitere, zweite Zufahrt sei nicht mehr vom Gemeingebrauch oder dem gesteigerten Gemeingebrauch in Form des Anliegergebrauchs gedeckt, sondern bedürfe einer Sondernutzungserlaubnis. Diesbezüglich werde auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18.03.2016 - 4 K 2029/15 - verwiesen. Aus Sicht der Beklagten sei die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs bei einer weiteren Zufahrt direkt in die Wendeplatte beeinträchtigt. Dies gelte sowohl in Bezug auf die grundhafte Funktion der Wendeplatte wie auch in Bezug auf die tatsächlich festgestellte dortige Parkierung. Letztere sei aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die Beklagte wäge das Interesse des Klägers an einer weiteren Zufahrt - auch im Hinblick auf die Bewohnerin im ersten Obergeschoss - gegenüber den weiteren Interessen insoweit ab, dass das Interesse des Klägers zurücktrete. Um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen, sei auch ein Fußweg zum Wendehammer möglich.
Mit Schriftsatz vom 8. Januar 2019 legte die Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 11. Januar 2019 ausgeführt, die Anlage einer zweiten Zufahrt zum Grundstück ...weg 1 über den Wendehammer stelle aufgrund der gegebenen Örtlichkeiten keine erlaubnispflichtige Sondernutzung dar. Es handele sich um keine Nutzung über den Anliegergebrauch hinaus. Ein barrierefreier Zugang zu der Wohnung im Obergeschoss könne nur über einen Stellplatz erfolgen, der über den Weg „A..." erfolge. Der vorliegende Fall unterscheide sich von dem zitierten, vom Verwaltungsgericht Freiburg entschiedenen Fall bereits insoweit, als dort bereits mehrere gleichwertige Grundstückszufahrten vorhanden gewesen seien, was hier nicht der Fall sei. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die benötigte weitere Zufahrt nicht vom Anliegergebrauch gedeckt sei, müsse jedenfalls eine Sondernutzungserlaubnis erteilt werden. Das gem. § 16 Abs. 2 StrG auszuübende Ermessen reduziere sich aufgrund der vorliegend gegebenen Umstände unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes, den der Gesetzgeber behinderten Menschen gewähre, auf null. Durch die Zufahrt werde zudem weder die Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs noch der ruhende Verkehr beeinträchtigt. Die Tatsache, dass auf dem Wendehammer mangels ausreichender Stellplätze auf den Grundstücken A... 17-23 geparkt werde, könne nicht zulasten des Klägers gehen. Das Parken auf dem Wendehammer sei unzulässig. Das Wenden sei die grundhafte Funktion der Wendeplatte. Diese werde durch die Anlage der beabsichtigten Zufahrt nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr gefördert, da vor der Zufahrt nicht geparkt werden dürfe und ein Wenden auf dem Wendehammer dadurch wieder ermöglicht werde. Zudem führe das Parken auf dem Wendehammer dazu, dass dieser von Rettungsfahrzeugen nicht mehr befahren werden könne.
Am 16. Juli 2019 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Untätigkeitsklage erhoben und zur Begründung seinen bisherigen Vortrag wiederholt. Den am 14. Oktober 2019 ergangenen Widerspruchsbescheid der Beklagten hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Februar 2020 in das Verfahren einbezogen.
Mit Urteil vom 6. Mai 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt: Die Feststellungsklage sei unbegründet, weil das baden-württembergische Straßengesetz dem Anlieger kein subjektives Recht auf eine Verbindung seines Grundstücks zum öffentlichen Wegenetz gewähre und zum verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich des genehmigungsfrei zulässigen Anliegergebrauchs lediglich solche Zufahrten gehörten, die im Interesse einer angemessenen Grundstücksnutzung zur Zugänglichkeit des Grundstücks erforderlich seien. Der grundrechtlich geschützte Anliegergebrauch gewährleiste hingegen nicht die Bequemlichkeit oder die Leichtigkeit des Zu- oder Abgangs zu einem Grundstück. Da das Klägergrundstück bereits über eine Zufahrt vom ...weg her verfüge, sei die nunmehr begehrte zweite Zufahrt nicht erforderlich, um eine verkehrliche Kommunikation zwischen seinem Grundstück und dem öffentlichen Straßenraum zu gewährleisten. Derartige zusätzliche Zufahrten seien vielmehr als erlaubnispflichtige Sondernutzung einzustufen, zumal die Schaffung solcher Zufahrten geeignet sei, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und auch die Interessen anderer Anlieger und Straßennutzer zu beeinträchtigen. Aus dem Umstand, dass das Klägergrundstück als Eckgrundstück an zwei selbständige Erschließungsstraßen grenze und für bei beide Straßen Erschließungsbeiträge entrichtet worden seien, folge nichts Anderes, da mit dem Erschließungsbeitrag nicht der straßenrechtliche Anliegergebrauch abgegolten worden sei.
10 
Der Hilfsantrag bleibe ebenfalls ohne Erfolg. Die Verpflichtungsklage sei zwar zulässig, obgleich der Widerspruchsbescheid nicht mehr innerhalb der Klagefrist des § 74 VwGO in das Klageverfahren einbezogen worden sei, jedoch unbegründet. Denn der Kläger könne lediglich eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis beanspruchen, wobei sich das Gericht darauf beschränke zu prüfen, ob die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen kein dem Zweck der Ermächtigung entsprechender Gebrauch gemacht worden sei. Beides sei hier nicht festzustellen. Die Beklagte habe ihr Ermessen gesehen und rechtsfehlerfrei angewendet. Es sei nicht zu beanstanden, dass sie bei der Straße „A... ...“ sowohl die Wendefunktion als auch die Parkfunktion in den Blick genommen und den Interessen des Klägers gegenübergestellt habe. Es begegne auch keinen Bedenken, dass sie davon ausgegangen sei, der ersatzlose Wegfall von Parkplätzen werde die im dortigen Bereich bereits angespannte Parksituation weiter verschärfen. Die Mitteilung an den Kläger, die Einrichtung von einfachen Stellplätzen sei verfahrensfrei möglich, mache die Ermessenserwägungen nicht fehlerhaft, denn dieser Umstand habe nicht den erforderlichen Bezug zur Straße. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Sondernutzungserlaubnis nicht mit Blick auf den Vortrag, es solle ein barrierefreier Zugang zur Obergeschosswohnung geschaffen werden, erteilt worden sei. Ungeachtet der Frage des Bezugs zur Straße sei dieser Umstand bei einer Entscheidung über eine Sondernutzungserlaubnis nicht zu berücksichtigen. Offenbleiben könne, dass an dem diesbezüglichen Vortrag des Klägers Zweifel bestünden. Denn die betagte Bewohnerin der Obergeschosswohnung wohne nicht mehr in dem Gebäude, auch müssten an dem Gebäude und auf dem Grundstück nicht unerhebliche bauliche Maßnahmen ergriffen werden, um vom Obergeschoss ebenerdig zu den geplanten Stellplätzen zu gelangen. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Maßnahmen in die Wege geleitet seien.
11 
Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2020 hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Zu deren Begründung führt er aus: Er benötige die Stellplätze auf seinem Hanggrundstück, um für die im Obergeschoss des Hauses gelegene Wohnung einen barrierefreien Zugang herstellen zu können. Die bestehende Zufahrt vom ...-weg her sei von dort aus nicht barrierefrei zu erreichen. Im Zeitpunkt seiner Nachfrage und auch noch längere Zeit danach, allerdings nicht mehr im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, sei die Wohnung von einer 90jährigen Dame bewohnt gewesen, welche die Treppen zur Zufahrt vom ...weg her immer schlechter habe nutzen können. Ihm stehe ein subjektives Recht auf Verbindung seines Grundstücks mit der Wendeplatte aus dem Anliegergebrauch heraus zu. Denn zu diesem Recht gehöre eine zur angemessenen Nutzung seines Grundstücks erforderliche Zufahrt. Die Zufahrt sei hier zwar nicht erforderlich, um auf das Grundstück zu gelangen, wohl aber, um das Obergeschoss barrierefrei nutzen zu können. Der Anliegergebrauch sei im vorliegenden Fall im Lichte des Eigentumsgrundrechts auszulegen, wozu gehöre, dass Anlagen auf dem Grundstück barrierefrei nutzbar seien. Denn auch eine Behinderung als personenbezogener Umstand sei bei der Auslegung und Anwendung vorwiegend grundstücksbezogener Vorschriften zu berücksichtigen. Der Begriff der Barrierefreiheit sei auf nationaler wie auf internationaler Ebene in die Rechtsordnung eingeführt worden, um die Gestaltung der Umwelt vermehrt an die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung auszurichten. Ein entsprechendes Berücksichtigungsgebot ergebe sich auch aus Art. 3 GG. Zu beachten sei auch die doppelte Erschlossenheit seines Grundstücks, für die er höhere Erschließungsbeiträge bezahlt habe.
12 
Der zusätzlichen Grundstückszufahrt stehe hier nicht der Grundsatz der Gemeinverträglichkeit entgegen. Denn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs werde durch die begehrte Zufahrt nicht derart beeinträchtigt, dass sie die Interessen des Eigentümers am barrierefreien Zugang überwiege. Zwar sei richtig, dass auch an der Stelle, an der die Zufahrt errichtet werden solle, Fahrzeuge auf dem Wendehammer parkten. Hierbei handele es sich aber um Fahrzeuge von Anwohnern der Grundstücke A... Nr. 17-23, deren Gebäude ohne ausreichende Stellplätze auf den eigenen Grundstücken errichtet worden seien. Dieser Umstand könne nicht zu seinen Lasten gehen. Auf dem Wendehammer dürfe ohnehin nicht geparkt werden, weil es sich i.S.v. § 12 StVO um eine enge Stelle handele und die Verkehrsanlage dem Wenden von Fahrzeugen, also dem fließenden Verkehr, gewidmet sei. Dieser Zweck werde durch die Anlage der Zufahrt nicht beeinträchtigt, sondern eher gefördert, weil sie verhindere, dass vor der Zufahrt geparkt werde. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Wendehammer von Rettungsfahrzeugen (Feuerwehr etc.) nicht mehr hinreichend befahren und genutzt werden könne, wenn dort geparkte Fahrzeuge stünden und die Parksituation durch die Anlage der begehrten Stellplätze insgesamt entlastet werde. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18. März 2016 betreffe die hier nicht einschlägige Fallkonstellation, dass die Schaffung einer weiteren Zufahrt den fließenden Verkehr beeinträchtige. Es werde darauf hingewiesen, dass auch auf der der bestehenden Zufahrt gegenüberliegenden Grundstücksseite eine Zufahrt zu einem Stellplatz geschaffen worden sei, der einen erstmaligen barrierefreien Zugang zu einer Wohnung ermögliche. Schließlich sei auch aufgrund der Angaben der Gemeinde in deren Schreiben vom 12. Mai 2016 von der Zulässigkeit des Vorhabens auszugehen. Die Gemeinde habe darin nicht nur Informationen der Baurechtsbehörde weitergegeben, sondern sich diese zu eigen gemacht. Hierauf habe er vertrauen können. Dies gelte erst Recht mit Blick darauf, dass die Gemeinde Trägerin der Straßenbaulast sei und auf eine etwaige straßenrechtliche Unzulässigkeit der Zufahrt hätte hinweisen müssen. Infolgedessen müsse sie sich an ihrer Zusage festhalten lassen.
13 
Hilfsweise sei zumindest dem Hilfsantrag stattzugeben. Das von der Gemeinde auszuübende Ermessen sei unter dem Blickwinkel des Art. 14 GG auf null reduziert.
14 
Der Kläger beantragt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. Mai 2020 - 10 K 3353/19 - zu ändern und unter Aufhebung der Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 3. Januar 2019 und ihres insoweit ergangenen Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2019 festzustellen, dass die Anlage einer Grundstückszufahrt für zwei weitere Stellplätze auf dem Grundstück FIst.-Nr. ... in ... auf die Straße „A..." entsprechend der Darstellung in dem dem Schreiben vom 28. April 2016 beigefügten Lageplan vom Anliegergebrauch umfasst ist,
16 
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, hierfür eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen,
17 
und die Hinzuziehung einer Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Sie hält die Einbeziehung des Widerspruchsbescheids in das Klageverfahren für bedenklich, weil diesem Bescheid eigenständige Bedeutung in Bezug auf die Bestandskraft des Ausgangsbescheides zukomme, und die erhobene Untätigkeitsklage deshalb für unzulässig. Der Kläger leite sein Feststellungsinteresse nicht daraus her, dass mit dem Bau der Zufahrt bereits begonnen worden sei. Ein solches Feststellungsinteresse dürfe wohl auch im jetzigen Verfahrensstand nicht angenommen werden. In prozessualer Hinsicht stelle sich die weitere Frage, ob der Hauptantrag nicht vorrangig als Verpflichtungsklage oder als Zwischenfeststellungsklage (vergleichbar § 256 Abs. 2 ZPO) hätte verfolgt werden müssen.
21 
Zum Sachverhalt und zur rechtlichen Würdigung sei vorzutragen: Das Grundstück biete vom ...weg her Abstellmöglichkeiten für vier Fahrzeuge. Dies sei für das Gebäude ausreichend. Von Süden her könne ohne Berücksichtigung der Wendeplatte ein barrierefreier fußläufiger Zugang, ggf. auch ein Stellplatz, geschaffen werden. Es stehe dem Kläger frei, auch in Richtung Westen einen barrierefreien Zugang zu schaffen. Ein weiterer Stellplatz sei damit nicht zwingend verbunden. Soweit der Kläger sich in seiner Berufungsbegründung mit der Barrierefreiheit auseinandersetze, vermenge er diese Frage mit dem bauordnungsrechtlichen Problem des barrierefreien Zugangs zur Wohnung. Soweit der Kläger die Befahrbarkeit der Wendeplatte mit Rettungsfahrzeugen anspreche, werde darauf hingewiesen, dass die Feuerwehr ...... am 5. Mai 2020 eine Stellprobe durchgeführt habe mit dem Ergebnis, das auch dann, wenn auf der Wendeplatte geparkt werde, keine Beeinträchtigungen für einen Feuerwehreinsatz bestünden. Wenn dies für die Feuerwehr gelte, dann erst Recht für andere Rettungseinsätze. Die heute markierten Parkflächen seien vom Rechtsvorgänger des Klägers an die Gemeinde veräußert worden, woraufhin man den Bebauungsplan geändert habe. Hieran sei der Kläger im Rahmen öffentlich-rechtlicher Pflichtensukzession gebunden. In rechtlicher Hinsicht habe sich das Verwaltungsgericht zutreffend mit der Abgrenzung von Gemeingebrauch und Sondernutzung auseinandergesetzt. Eine Zufahrt werde vom Anliegergebrauch nur umfasst, soweit sie zur Zugänglichkeit des Grundstücks erforderlich sei. Dies sei hier nicht der Fall; insbesondere bestehe bei Hanggrundstücken kein Anspruch darauf, von jedem Höhenniveau aus eine Zufahrt zu erhalten. Ein Rechtsanspruch bestehe auch nicht über § 12 StVO, da diese Vorschrift den Anliegergebrauch nicht modifiziere, sondern eigenständige straßenverkehrsrechtliche Bedeutung habe. Soweit der Kläger eine Sondernutzung verfolge, seien Ermessensfehler nicht vorgetragen.
22 
Die beim Verwaltungsgericht vorgelegten Behördenakten der Beklagten zum Bebauungsplanverfahren „...“ (2 Ordner) und zum Stellplatz ...-...weg (1 Ordner) sowie die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens (10 K 3353/19) haben dem Senat vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schrift-sätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

23 
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Anlage einer Grundstückszufahrt von der Wende- und Parkfläche der Straße „A...“ her auf das Grundstück Flst.-Nr. .../7 des Klägers entsprechend den Einzeichnungen des Klägers in dem Lageplan, der seinem Schreiben vom 28. April 2016 beigefügt war. Dagegen ist im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu entscheiden, ob die begehrte Zufahrt - in der in dem Lageplan eingezeichneten Breite - der Erreichbarkeit eines Stellplatzes oder zweier Stellplätze dient. Dies haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2022 übereinstimmend klargestellt.
24 
A. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. Mai 2020 - 10 K 3353/19 - hat in dem aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
25 
I. Sie ist bereits vom Verwaltungsgericht zugelassen worden und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger hat seine Berufung gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 25. Mai 2020 zugestellte Urteil mit am selben Tage eingegangenem Schriftsatz vom 10. Juni 2020 fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt und mit am selben Tage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom 7. Juli 2020 fristgerecht begründet. Die Berufungsbegründung entspricht den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO.
26 
II. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Zwar hat das Verwaltungsgericht zu Recht den auf Feststellung gerichteten Hauptantrag abgewiesen (dazu 1.). Jedoch hat der Hilfsantrag des Klägers insoweit Erfolg, als er von der Beklagten zwar nicht die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, wohl aber eine Neubescheidung seines dahingehenden Antrages beanspruchen kann (dazu 2.)
27 
1. Die mit dem Hauptantrag verfolgte Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg
28 
a) Sie ist allerdings zulässig.
29 
aa) Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der Frage, ob die Anlage einer weiteren Grundstückszufahrt von der Straße „A......“ auf das Klägergrundstück vom Anliegergebrauch gedeckt ist oder nicht, um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handelt. Denn die Beteiligten streiten konkret um die Reichweite des Anliegergebrauchs und damit um die Frage, ob dieser dem Kläger gegenwärtig einen subjektiven Anspruch auf Einrichtung einer weiteren Grundstückszufahrt vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.8.2007 - 7 C 2.07 - juris Rn. 21).
30 
bb) Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, ob dieses Rechtsverhältnis besteht. Denn ein solches Interesse liegt bei jedem rechtlich oder tatsächlich schutzwürdigen Interesse, auch wirtschaftlicher und ideeller Art, vor, das geeignet ist, die Rechtsposition des Klägers zu verbessern (BVerwG, Beschluss vom 18.11.1997 - 1 WB 46.97 - juris Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Hier wäre bei durchgreifender Feststellung die Errichtung der Zufahrt straßenrechtlich ohne weiteres zulässig und bedürfte es keiner Entscheidung mehr über den vom Kläger zusätzlich gestellten Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis.
31 
cc) Die begehrte Feststellung ist hier nicht gem. § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen, weil der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage hätte verfolgen können. Denn dieser ist der Auffassung, dass sein Vorhaben, einen Stellplatz mit weiterer Grundstückszufahrt von der Straße „Ax ...“ her zu errichten, vom Anliegergebrauch umfasst ist und deshalb schon nicht der (nur hilfsweise) beantragten Sondernutzungserlaubnis bedarf. In einem solchen Fall kommt eine Verpflichtungs- oder sonstige Leistungsklage von seinem Rechtsstandpunkt aus nicht in Betracht, da es ihm nicht zuzumuten ist, diesen aufzugeben (BVerwG, Urteil vom 17.1.1972 - I C 33.68 - juris Rn. 7; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 43 Rn. 131). Hinzu kommt, dass in der vorliegenden Fallkonstellation die Feststellungsklage einen Rechtsschutz bietet, der weiter reicht, als er mit der Leistungs- oder Gestaltungsklage erlangt werden könnte (BVerwG, Beschluss vom 26.3.2014 - 4 B 55.13 - juris Rn. 4).
32 
Anders als die Beklagte meint, hätte die begehrte Feststellung auch nicht vorrangig in Form der Zwischenfeststellung nach § 173 VwGO i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO verfolgt werden müssen. § 256 Abs. 2 ZPO betrifft den Fall, dass ein in Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zum einen hatte sich der Kläger nicht erst im Laufe des Klageverfahrens, sondern bereits vor Klageerhebung mit Schriftsatz vom 3. September 2018 darauf berufen, dass die Anlage einer zweiten Zufahrt sich im Rahmen des Anliegergebrauchs halte und keinen Fall der Sondernutzung darstelle. Zum anderen handelt es sich bei dieser Frage nicht um ein der Zwischenfeststellung zugängliches vorgreifliches Rechtsverhältnis, sondern um das der Klage nach § 43 Abs. 2 VwGO zugängliche feststellungsfähige Rechtsverhältnis selbst (s.o.).
33 
b) Die mithin zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Denn die vom Kläger begehrte zweite Grundstückszufahrt von der Straße „A...“ her ist nicht mehr vom Anliegergebrauch gedeckt, sondern bedarf als Sondernutzung gem. § 16 Abs. 1 StrG der Erlaubnis.
34 
aa) Das Straßengesetz für Baden-Württemberg enthält keine Vorschrift, die dem Anlieger einer öffentlichen Straße ausdrücklich ein subjektives Recht auf - Aufrechterhaltung der - Verbindung seines Grundstücks mit dem öffentlichen Wegenetz einräumt. Vielmehr bestimmt § 15 Abs. 1 StrG, dass ihm kein Anspruch darauf zusteht, dass die Straße nicht geändert oder nicht eingezogen wird. Die Ersatz- und Entschädigungsregelungen in § 15 Abs. 2 bis 4 StrG setzen jedoch ein subjektives Recht des Straßenanliegers auf eine Verbindung seines Grundstücks mit dem öffentlichen Wegenetz voraus. Diese subjektiv geschützte Rechtsposition ist allerdings auf die Befugnisse beschränkt, die der Gesetzgeber dem Anlieger zur Vermeidung einer mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG nicht zu vereinbarenden unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts mindestens zu gewährleisten hat (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 8.6.2017 - 5 S 2030/16 - juris Rn. 37; vom 22.3.2016 - 5 S 531/13 - juris Rn. 26, vom 26.1.2016 - 5 S 1229/14 - juris Rn. 20, und vom 28.2.2002 - 5 S 1121/00 - ESVGH 52, 149). Danach werden die Bedürfnisse der Anlieger nur in ihrem Kern geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11.9.1990 - 1 BvR 988/90 - NVwZ 1991, 358, und vom 10.6.2009 - 1 BvR 198/08 - NVwZ 2009, 1426). Das Straßengesetz für Baden-Württemberg schützt als subjektives Recht des Straßenanliegers folglich auch nur den verfassungsrechtlich gewährleisteten Kern des Anliegergebrauchs. Dazu gehört die Zufahrt mit einem Fahrzeug nur insoweit, als der Anlieger zur angemessenen Nutzung seines Grundstücks unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten darauf angewiesen ist. Denn die Zufahrt bzw. der Zugang zur Straße schafft die Grundvoraussetzungen, derer es bedarf, um an der verkehrlichen Kommunikation teilzunehmen (vgl. die o.g. Senatsurteile und BVerwG, Beschluss vom 11.5.1999 - 4 VR 7.99 - NVwZ 1999, 1341).
35 
Da zur angemessenen Nutzung eines Wohngrundstücks jedenfalls die Zufahrtsmöglichkeit mit einem Personenkraftfahrzeug gehört, wird der aus dem Anliegergebrauch abzuleitende Anspruch des Klägers bereits durch die bestehende Zufahrtsmöglichkeit vom ...weg her erfüllt. Bei der begehrten zweiten Grundstückszufahrt von der Straße „A...“ her handelt es sich deshalb um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung i.S.v. § 16 Abs. 1 StrG. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers besteht hier mit Blick darauf, dass er die im Obergeschoss gelegene Wohnung barrierefrei nutzen möchte, keine Veranlassung, den Anliegergebrauch erweiternd im Lichte des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG auszulegen. Denn zur barrierefreien Nutzung der Obergeschosswohnung ist der Kläger nicht auf die Einrichtung einer zweiten Grundstückszufahrt angewiesen. Ihm bleibt es unbenommen, die baulichen Voraussetzungen für einen barrierefreien Umbau der Wohnung bzw. seines Hauses zu schaffen. Insoweit wird er durch die bestehende Zugangs- und Zufahrtssituation von vorne herein nicht eingeschränkt. Um die behauptete fehlende Erreichbarkeit des Wohnhauses für mobilitätseingeschränkte Personen zu erreichen, wäre es außerdem ausreichend, eine höhengleiche Zugangsmöglichkeit zu dem Wohngebäude von der Straße „A...“ zu schaffen, entweder auf der Westseite oder auf der Südseite des Grundstücks. Es ist für den Senat nicht erkennbar, dass der Kläger oder ein sonstiger Berechtigter zum Zwecke der angemessenen Nutzung des Wohngrundstücks (auch) durch mobilitätseingeschränkte Personen gerade von der Straße „A...“ her auf das Grundstück herauffahren müsste. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2022 nachvollziehbar ausgeführt, dass es für eine mobilitätseingeschränkte, auf einen Rollstuhl oder Rollator angewiesene Person angesichts der vorhandenen topographischen Verhältnisse bequemer wäre, möglichst nah am Haus auf ebener Fläche in einen Personenkraftwagen einzusteigen. Dies ändert aber nichts daran, dass es einer zweiten Zufahrt nicht bedarf, um ein barrierefreies Wohnen auf dem Klägergrundstück überhaupt erst zu ermöglichen, zumal ein bequemer Fahrzeugeinstieg auf ebener Fläche auch außerhalb des Wohngrundstücks auf der (westlich gelegenen) Verkehrsfläche selbst zu bewerkstelligen wäre.
36 
bb) Der Kläger kann die begehrte Feststellung auch nicht daraus herleiten, dass ihm die Sondernutzungserlaubnisfreiheit der geplanten Errichtung einer zweiten Grundstückszufahrt in rechtlich verbindlicher Weise zugesichert worden wäre (§ 38 LVwVfG). Aus dem Schreiben vom 12. Mai 2016 ergibt sich eine solche Zusicherung schon deshalb nicht, weil sich die Beklagte darin - inhaltlich korrekt - nur zur Verfahrensfreiheit des Vorhabens nach § 50 LBO, nicht aber zur straßenrechtlichen Problematik äußert. Eine rechtsverbindliche Zusicherung liegt auch nicht in den Schreiben vom 30. August 2016 und vom 28. Dezember 2016, in welchen die Beklagte lediglich darauf hinweist, dass das Vorhaben auch straßenrechtlich zu prüfen sei und möglicherweise einer straßenrechtlichen Genehmigung bedürfe, die vom Kläger zu beantragen sei. Aus dem Umstand, dass die Beklagte - obwohl sie selbst die hierfür zuständige Straßenbaubehörde ist - bereits in dem Schreiben vom 12. Mai 2016 auf eine mögliche straßenrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit hätte hinweisen können und dies unterlassen hat, kann entgegen der Rechtsansicht des Klägers keine Zusage einer auch straßenrechtlich möglichen Herstellung der Stellplätze abgeleitet werden. Die Beklagte ist wegen ihrer unvollständigen Auskunft auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Notwendigkeit einer straßenrechtlichen Prüfung des Sachverhalts zu berufen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage, § 25 Rn. 25). Denn Treu und Glauben geböte es in dieser Situation allenfalls, den Kläger so zu stellen, wie er stünde, wenn ihm vollständige Auskunft erteilt worden wäre. Auch in diesem Falle wäre eine straßenrechtliche Prüfung aber vorzunehmen gewesen und hätte der Kläger ein notwendiges straßenrechtliches Genehmigungsverfahren durchführen müssen.
37 
2. Da der primär verfolgte Hauptantrag mithin erfolglos bleibt, ist über den hilfsweise gestellten Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu entscheiden, welcher als „Minus“ zugleich auch den Antrag umfasst, die Beklagte dann, wenn kein Erteilungsanspruch besteht, wenigstens zu einer Neubescheidung entsprechend der Rechtsauffassung des Senats zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, dazu BVerwG, Urteil vom 12.5.2020 - 6 B 53.19 (6 C 8.20) - juris Rn. 10).
38 
a) Die mit dieser Zielrichtung erhobene Untätigkeitsklage ist zulässig. Denn sie wurde am 16. Juli 2019 zu einem Zeitpunkt beim Verwaltungsgericht erhoben, in dem die Beklagte bereits mehr als drei Monate lang nicht über den am 10. Januar 2019 eingelegten Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung seines Antrages auf Erteilung einer Sondernutzung entschieden hatte. Der nach zulässiger Klageerhebung ergangene Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2019 konnte durch Erklärung des Klägers vom 11. Februar 2020 jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation, in welcher der Behörde keine Entscheidungsfrist gesetzt und das Verfahren nicht bis zum Ergehen der behördlichen Entscheidung ausgesetzt wurde, ohne Einhaltung einer Klagefrist in das Klageverfahren einbezogen werden. Denn es ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht vorgesehen und wäre unbillig, dem Kläger die bereits zulässige Klage wieder zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.12.1995 - 3 C 24.94 - juris Rn. 26; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.9.2012 - 9 S 2153/11 - juris Rn. 7 f und Urteil vom 23.8.1996 - 8 S 269/96 - juris Rn. 20). Der Hinweis der Beklagten, dass dem in das Verfahren einbezogenen Widerspruchsbescheid in Bezug auf die Bestandskraft des Ausgangsbescheides eigenständige Bedeutung zukomme und dort auch eine Teilabhilfe hätte erfolgen können, ändert hieran nichts.
39 
b) Die zulässige Verpflichtungsklage hat in der Sache teilweise Erfolg. Zwar kann der Kläger nicht beanspruchen, dass ihm die Beklagte die begehrte Sondernutzungserlaubnis erteilt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), er kann aber verlangen, dass diese über seinen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Dementsprechend waren die diesem Anspruch entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen der Beklagten (Nr. 1 des Bescheides vom 3. Januar 2019 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2019) aufzuheben.
40 
aa) Nach § 16 Abs. 1 StrG bedarf die Benutzung einer Straße über den Gemeinbedarf hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis. Eine solche ist hier nicht mit Blick auf die in § 16 Abs. 6 StrG angeordnete Verfahrenskonzentration entbehrlich. Denn die begehrte Benutzung der Straße dient hier der Herstellung eines Stellplatzes und damit einer baulichen Anlage, die nicht der Baugenehmigung bedarf, sondern nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Anhang Nr. 11 b) verfahrensfrei errichtet werden kann.
41 
bb) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für eine weitere Zufahrt zu seinem Grundstück.
42 
(1) Auf eine ihm erteilte Zusicherung (§ 38 LVwVfG) kann er sich auch in Zusammenhang mit seinem Hilfsantrag nicht stützen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ergibt sich aus den Schreiben vom 12. Mai 2016, 30. August 2016 und 28. Dezember 2016 schon keine rechtsverbindliche Selbstverpflichtung der Beklagten. Erst recht hat die Beklagte nicht zugesagt, dem Kläger auf Antrag eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen.
43 
(2) Auch das Straßengesetz vermittelt ihm keinen solchen Anspruch. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG entscheidet die Straßenbaubehörde - hier gemäß § 50 Abs. 3 Nr. 3 StrG die Beklagte, da es sich bei der Straße „A...“ um eine Gemeindestraße handelt - nach pflichtgemäßem Ermessen. Es ist nicht zu erkennen, dass dieses Ermessen hier ausnahmsweise „auf null“ reduziert wäre und die Beklagte ermessensfehlerfrei nur bei Erteilung der begehrten Sondernutzungserlaubnis hätte handeln können. Insbesondere besteht keine Veranlassung, eine solche Ermessensreduktion wegen der vom Kläger ins Feld geführten barrierefreien Erreichbarkeit der Obergeschosswohnung anzunehmen. Denn wie oben im Zusammenhang mit dem Anliegergebrauch bereits ausgeführt wurde, bedarf es einer zweiten Grundstückszufahrt von der Straße „Ax ...“ her hier nicht, um ein barrierefreies Wohnen auf dem Klägergrundstück zu ermöglichen.
44 
cc) Jedoch halten nicht sämtliche Erwägungen, auf welche die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung maßgeblich abgestellt hat, einer rechtlichen Prüfung stand. Deshalb kann der Kläger eine Neubescheidung seines Antrages auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats verlangen.
45 
§ 16 Abs. 2 Satz 1 StrG enthält keine ausdrücklichen normativen Maßgaben für das der Straßenbaubehörde eröffnete Ermessen über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis. Gemäß § 40 LVwVfG ist es entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens auszuüben. Die Ermessensausübung bei Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis hat sich in erster Linie an den Auswirkungen des beabsichtigten Verhaltens auf die widmungsgemäße Nutzung der Straße, insbesondere auf Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, sowie auch an sonstigen unmittelbar auf den Straßengrund bezogenen sachlichen Erwägungen zu orientieren. Auch das auf Art. 14 Abs. 1 GG gestützte Interesse eines Anliegers, sein Grundstück entsprechend seinen Vorstellungen zu nutzen, ist im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 16 Abs. 2 StrG mit dem ihm zukommenden Gewicht zu berücksichtigen (Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Auflage, Rn. 391, Lorenz/Will, Straßengesetz Baden-Württemberg, 2. Auflage § 16 Rn. 23). Denn auch insoweit handelt es sich um einen prinzipiell berücksichtigungsfähigen spezifisch straßenbezogenen Belang (Schnebelt/Sigel, Straßenrecht Baden-Württemberg, 2. Auflage, Rn. 250 f).
46 
Die gerichtliche Kontrolle der dabei getroffenen Behördenentscheidung beschränkt sich auf die Prüfung, ob dieser rechtliche Rahmen eingehalten worden ist (§ 114 Satz 1 VwGO), wobei nur die Gesichtspunkte maßgebend sind, welche die Ermessensentscheidung nach Maßgabe des Widerspruchsbescheids (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und im gerichtlichen Verfahren nachgeschobener ergänzender Erwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO tragen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.4.2021 - 5 S 1996/19 - juris Rn. 55).
47 
Unter Zugrundelegung dessen ergibt sich hier Folgendes:
48 
Die Beklagte hat in ihrer Ermessensentscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch die Zulassung einer weiteren Zufahrt beeinträchtigt werde. Hierbei handelt es sich im rechtlichen Ansatz um eine im Rahmen des Ermessenszwecks taugliche und geeignete Erwägung mit straßenrechtlichem Bezug. Denn die Straße „A......“ ist in dem streitgegenständlichen Bereich durch den Bebauungsplan „......-...“ als Verkehrsfläche gewidmet (§ 5 Abs. 6 StrG). Im Rahmen der Widmung darf sie deshalb sowohl als Wendefläche als auch als Parkfläche genutzt werden mit der Folge, dass die Beklagte etwaige Beeinträchtigungen dieser Nutzungen durch die beantragte Grundstückszufahrt bei ihrer Entscheidung berücksichtigen darf.
49 
(1) In Bezug auf die Parksituation ist die Beklagte ermessensfehlerfrei von einer solchen Beeinträchtigung ausgegangen. Denn es ist offensichtlich, dass nach Herstellung der begehrten Grundstückszufahrt vor dieser Zufahrt nicht mehr geparkt werden dürfte (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO) und damit zumindest einer der bislang vorhandenen Stellplätze verloren ginge mit der Konsequenz, dass sich die nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten ohnehin schon angespannte Parkplatzsituation in dem Gebiet weiter verschärfen würde. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Wohngebäude A...... Nr. 17 - 23 ohne ausreichende Stellplätze errichtet worden sind oder nicht. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, dürften die betroffenen Anwohner ihre Fahrzeuge jedenfalls auf der Verkehrsfläche der Straße „A...“ abstellen. Weshalb es sich dort um eine „enge Stelle“ i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO handeln sollte, die das Parken unzulässig macht, erschließt sich dem Senat nicht. Bei einem am 22. November 2017 durchgeführten Fahrversuch (Behördenakte der Beklagten, S. 19) konnte die Feuerwehr selbst mit einem größeren Einsatzfahrzeug trotz der auf der Park- und Wendefläche abgestellten Personenkraftwagen problemlos bis zum Ende der Straße gelangen.
50 
(2) Auch der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Umstand, dass bereits auf der Ostseite des Klägergrundstücks eine weitere, zusätzliche Zufahrt vom ...weg her zu einem Stellplatz geschaffen worden ist, begründet keinen Ermessensfehler unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Denn die Verkehrssituation im ...weg - einer Durchgangsstraße - ist von vornherein nicht mit der verkehrlichen Sondersituation auf dem als Park- und Wendefläche genutzten Teil der Straße „A...“ vergleichbar.
51 
(3) Entgegen dem Berufungsvortrag musste die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigen, dass nach Anlage des Stellplatzes auf dem Klägergrundstück eine Entlastung der Parksituation eintreten würde, weil die dort parkenden Fahrzeuge dann nicht mehr auf der Wendeplatte abgestellt werden müssten. Denn auf dem Klägergrundstück selbst standen nach dem unbestrittenen und in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2022 unbeanstandet wiederholten Vortrag der Beklagten bereits im Zeitpunkt des Ergehens der Ermessensentscheidung mindestens drei Stellplätze zur Verfügung. Daher drängte sich für die Beklagte die Annahme nicht auf, die Zulassung der zweiten Zufahrt führe zu einer Entspannung der schwierigen Parkplatzsituation auf der Park- und Wendefläche, weil der Kläger selbst dort nicht mehr parken müsste.
52 
(4) Ein Ermessensfehler ist ferner im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu erkennen. Zwar ist das auf Art. 14 Abs. 1 GG gestützte Interesse eines Anliegers, sein Grundstück entsprechend seinen Vorstellungen zu nutzen, wie ausgeführt auch im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 16 Abs. 2 StrG mit dem ihm zukommenden Gewicht zu berücksichtigen. Die Beklagte hat das Interesse des Klägers, die Wohnungen in seinem Gebäude auch für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung barrierefrei nutzen zu können, im Rahmen der von ihr getroffenen Ermessensentscheidungen (Ausgangsbescheid S. 5, Widerspruchsbescheid S. 6 und 7 f.) jedoch gesehen und in der erforderlichen Weise in ihre Überlegungen eingestellt. Es ist nicht zu beanstanden, dass sie das Klägerinteresse an einer zweiten Zufahrt zur Herstellung von Barrierefreiheit gegenüber den öffentlichen Interessen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs als nachrangig angesehen hat. Denn es ist richtig, dass bei Zulassung der begehrten Zufahrt zumindest ein weiterer Parkplatz verloren ginge und deshalb die ohnehin schon knappen Parkmöglichkeiten weiter beschränkt würden. Auch ist nachvollziehbar, dass mit weiteren Anwohneranfragen zur Schaffung von Grundstückszufahrten zur Park-und Wendefläche hin zu rechnen wäre. Dagegen wiegt das vom Kläger in Feld geführte Gegeninteresse nicht besonders schwer. Denn eine barrierefreie Nutzung der Wohnungen in seinem Haus ist auch ohne weitere Zufahrt von der Straße „Ax ...“ her möglich.
53 
(5) Ermessensfehlerhaft ist jedoch die Annahme der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, die Verkehrsfläche werde durch die Zulassung der Zufahrt auch in ihrer Funktion als Wendeplatte beeinträchtigt. Denn es ist nicht zu erkennen, dass das von der zusätzlichen Zufahrt zu erwartende Fahrzeugaufkommen durch Abbiege-, Einfädel- oder Rangiervorgänge den Verkehr auf der Wendefläche stören könnte, zumal dort ohnehin kein störungsempfindlicher „fließender Verkehr“ stattfindet. Bei realistischer Betrachtung sind auch keine Verschlechterungen für wendende Fahrzeuge zu erwarten. Denn beim Wenden auf der Verkehrsfläche ist bereits derzeit auf die dort parkenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen (vgl. die Lichtbilder in der VG-Akte). Die zusätzliche Zufahrt würde hieran nichts ändern und die Situation sogar erleichtern, weil für Wendemanöver zusätzlich der freizuhaltende Parkplatz vor der streitgegenständlichen Grundstückszufahrt zur Verfügung stünde.
54 
Insoweit hat die Beklagte eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs angenommen, die objektiv nicht besteht. Dies begründet einen Ermessensfehler in Form des Ermessensfehlgebrauchs, der auch in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2022 nicht - etwa durch Nachbesserung der maßgeblichen Ermessenserwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO) - ausgeräumt wurde. Der festgestellte Ermessensfehler ist konkret entscheidungsrelevant, denn er kann von den übrigen (fehlerfreien) Ermessenserwägungen der Beklagten nicht getrennt betrachtet werden. Ausweislich ihrer auf S. 5 des Bescheides vom 3. Januar 2019 und auf S. 7 des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2019 angestellten Überlegungen hat die Beklagte eine einheitliche Ermessensentscheidung getroffen und nicht zu erkennen gegeben, dass sie die Sondernutzungserlaubnis allein schon wegen der - ermessensfehlerfrei angenommenen - Beeinträchtigung der Parksituation auf der Park -und Wendefläche abgelehnt hätte.
55 
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig, weil es dem nicht rechtskundigen Kläger nach den vorliegenden Umständen nicht zuzumuten war, das Vorverfahren ohne anwaltliche Hilfe selbst zu führen.
56 
C. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
57 
Beschluss
58 
vom 17. März 2022
59 
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren - insoweit unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 20. Mai 2020 - und für das Berufungsverfahren wird auf jeweils 10.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).
60 
Gem. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG wird der Wert eines hilfsweise geltend gemachten Anspruchs mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit - wie hier - eine Entscheidung über ihn ergeht. Der Wert beider zusammenzurechnender Streitgegenstände beträgt jeweils 5.000 Euro, da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet (§ 52 Abs. 2 GKG). Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist die sich für ihn ergebende Bedeutung der Sache nicht mit 20.000 Euro (je 10.000 Euro pro Stellplatz) zu bemessen. Denn die - mit diesem Betrag bezifferten - Kosten für die Herstellung der Stellplätze sind für die Frage, ob die Schaffung einer Grundstückszufahrt vom Gemeingebrauch umfasst ist oder hierfür eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen ist, unerheblich.
61 
Der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts - welches ebenfalls über den Hilfsantrag entschieden hatte - war entsprechend abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
62 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

23 
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Anlage einer Grundstückszufahrt von der Wende- und Parkfläche der Straße „A...“ her auf das Grundstück Flst.-Nr. .../7 des Klägers entsprechend den Einzeichnungen des Klägers in dem Lageplan, der seinem Schreiben vom 28. April 2016 beigefügt war. Dagegen ist im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu entscheiden, ob die begehrte Zufahrt - in der in dem Lageplan eingezeichneten Breite - der Erreichbarkeit eines Stellplatzes oder zweier Stellplätze dient. Dies haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2022 übereinstimmend klargestellt.
24 
A. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. Mai 2020 - 10 K 3353/19 - hat in dem aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
25 
I. Sie ist bereits vom Verwaltungsgericht zugelassen worden und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger hat seine Berufung gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 25. Mai 2020 zugestellte Urteil mit am selben Tage eingegangenem Schriftsatz vom 10. Juni 2020 fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt und mit am selben Tage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom 7. Juli 2020 fristgerecht begründet. Die Berufungsbegründung entspricht den Anforderungen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO.
26 
II. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Zwar hat das Verwaltungsgericht zu Recht den auf Feststellung gerichteten Hauptantrag abgewiesen (dazu 1.). Jedoch hat der Hilfsantrag des Klägers insoweit Erfolg, als er von der Beklagten zwar nicht die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, wohl aber eine Neubescheidung seines dahingehenden Antrages beanspruchen kann (dazu 2.)
27 
1. Die mit dem Hauptantrag verfolgte Feststellungsklage bleibt ohne Erfolg
28 
a) Sie ist allerdings zulässig.
29 
aa) Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der Frage, ob die Anlage einer weiteren Grundstückszufahrt von der Straße „A......“ auf das Klägergrundstück vom Anliegergebrauch gedeckt ist oder nicht, um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handelt. Denn die Beteiligten streiten konkret um die Reichweite des Anliegergebrauchs und damit um die Frage, ob dieser dem Kläger gegenwärtig einen subjektiven Anspruch auf Einrichtung einer weiteren Grundstückszufahrt vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.8.2007 - 7 C 2.07 - juris Rn. 21).
30 
bb) Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung, ob dieses Rechtsverhältnis besteht. Denn ein solches Interesse liegt bei jedem rechtlich oder tatsächlich schutzwürdigen Interesse, auch wirtschaftlicher und ideeller Art, vor, das geeignet ist, die Rechtsposition des Klägers zu verbessern (BVerwG, Beschluss vom 18.11.1997 - 1 WB 46.97 - juris Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Hier wäre bei durchgreifender Feststellung die Errichtung der Zufahrt straßenrechtlich ohne weiteres zulässig und bedürfte es keiner Entscheidung mehr über den vom Kläger zusätzlich gestellten Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis.
31 
cc) Die begehrte Feststellung ist hier nicht gem. § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen, weil der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage hätte verfolgen können. Denn dieser ist der Auffassung, dass sein Vorhaben, einen Stellplatz mit weiterer Grundstückszufahrt von der Straße „Ax ...“ her zu errichten, vom Anliegergebrauch umfasst ist und deshalb schon nicht der (nur hilfsweise) beantragten Sondernutzungserlaubnis bedarf. In einem solchen Fall kommt eine Verpflichtungs- oder sonstige Leistungsklage von seinem Rechtsstandpunkt aus nicht in Betracht, da es ihm nicht zuzumuten ist, diesen aufzugeben (BVerwG, Urteil vom 17.1.1972 - I C 33.68 - juris Rn. 7; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 43 Rn. 131). Hinzu kommt, dass in der vorliegenden Fallkonstellation die Feststellungsklage einen Rechtsschutz bietet, der weiter reicht, als er mit der Leistungs- oder Gestaltungsklage erlangt werden könnte (BVerwG, Beschluss vom 26.3.2014 - 4 B 55.13 - juris Rn. 4).
32 
Anders als die Beklagte meint, hätte die begehrte Feststellung auch nicht vorrangig in Form der Zwischenfeststellung nach § 173 VwGO i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO verfolgt werden müssen. § 256 Abs. 2 ZPO betrifft den Fall, dass ein in Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt wird. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zum einen hatte sich der Kläger nicht erst im Laufe des Klageverfahrens, sondern bereits vor Klageerhebung mit Schriftsatz vom 3. September 2018 darauf berufen, dass die Anlage einer zweiten Zufahrt sich im Rahmen des Anliegergebrauchs halte und keinen Fall der Sondernutzung darstelle. Zum anderen handelt es sich bei dieser Frage nicht um ein der Zwischenfeststellung zugängliches vorgreifliches Rechtsverhältnis, sondern um das der Klage nach § 43 Abs. 2 VwGO zugängliche feststellungsfähige Rechtsverhältnis selbst (s.o.).
33 
b) Die mithin zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Denn die vom Kläger begehrte zweite Grundstückszufahrt von der Straße „A...“ her ist nicht mehr vom Anliegergebrauch gedeckt, sondern bedarf als Sondernutzung gem. § 16 Abs. 1 StrG der Erlaubnis.
34 
aa) Das Straßengesetz für Baden-Württemberg enthält keine Vorschrift, die dem Anlieger einer öffentlichen Straße ausdrücklich ein subjektives Recht auf - Aufrechterhaltung der - Verbindung seines Grundstücks mit dem öffentlichen Wegenetz einräumt. Vielmehr bestimmt § 15 Abs. 1 StrG, dass ihm kein Anspruch darauf zusteht, dass die Straße nicht geändert oder nicht eingezogen wird. Die Ersatz- und Entschädigungsregelungen in § 15 Abs. 2 bis 4 StrG setzen jedoch ein subjektives Recht des Straßenanliegers auf eine Verbindung seines Grundstücks mit dem öffentlichen Wegenetz voraus. Diese subjektiv geschützte Rechtsposition ist allerdings auf die Befugnisse beschränkt, die der Gesetzgeber dem Anlieger zur Vermeidung einer mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG nicht zu vereinbarenden unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts mindestens zu gewährleisten hat (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 8.6.2017 - 5 S 2030/16 - juris Rn. 37; vom 22.3.2016 - 5 S 531/13 - juris Rn. 26, vom 26.1.2016 - 5 S 1229/14 - juris Rn. 20, und vom 28.2.2002 - 5 S 1121/00 - ESVGH 52, 149). Danach werden die Bedürfnisse der Anlieger nur in ihrem Kern geschützt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11.9.1990 - 1 BvR 988/90 - NVwZ 1991, 358, und vom 10.6.2009 - 1 BvR 198/08 - NVwZ 2009, 1426). Das Straßengesetz für Baden-Württemberg schützt als subjektives Recht des Straßenanliegers folglich auch nur den verfassungsrechtlich gewährleisteten Kern des Anliegergebrauchs. Dazu gehört die Zufahrt mit einem Fahrzeug nur insoweit, als der Anlieger zur angemessenen Nutzung seines Grundstücks unter Berücksichtigung der Rechtslage und der tatsächlichen Gegebenheiten darauf angewiesen ist. Denn die Zufahrt bzw. der Zugang zur Straße schafft die Grundvoraussetzungen, derer es bedarf, um an der verkehrlichen Kommunikation teilzunehmen (vgl. die o.g. Senatsurteile und BVerwG, Beschluss vom 11.5.1999 - 4 VR 7.99 - NVwZ 1999, 1341).
35 
Da zur angemessenen Nutzung eines Wohngrundstücks jedenfalls die Zufahrtsmöglichkeit mit einem Personenkraftfahrzeug gehört, wird der aus dem Anliegergebrauch abzuleitende Anspruch des Klägers bereits durch die bestehende Zufahrtsmöglichkeit vom ...weg her erfüllt. Bei der begehrten zweiten Grundstückszufahrt von der Straße „A...“ her handelt es sich deshalb um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung i.S.v. § 16 Abs. 1 StrG. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers besteht hier mit Blick darauf, dass er die im Obergeschoss gelegene Wohnung barrierefrei nutzen möchte, keine Veranlassung, den Anliegergebrauch erweiternd im Lichte des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG auszulegen. Denn zur barrierefreien Nutzung der Obergeschosswohnung ist der Kläger nicht auf die Einrichtung einer zweiten Grundstückszufahrt angewiesen. Ihm bleibt es unbenommen, die baulichen Voraussetzungen für einen barrierefreien Umbau der Wohnung bzw. seines Hauses zu schaffen. Insoweit wird er durch die bestehende Zugangs- und Zufahrtssituation von vorne herein nicht eingeschränkt. Um die behauptete fehlende Erreichbarkeit des Wohnhauses für mobilitätseingeschränkte Personen zu erreichen, wäre es außerdem ausreichend, eine höhengleiche Zugangsmöglichkeit zu dem Wohngebäude von der Straße „A...“ zu schaffen, entweder auf der Westseite oder auf der Südseite des Grundstücks. Es ist für den Senat nicht erkennbar, dass der Kläger oder ein sonstiger Berechtigter zum Zwecke der angemessenen Nutzung des Wohngrundstücks (auch) durch mobilitätseingeschränkte Personen gerade von der Straße „A...“ her auf das Grundstück herauffahren müsste. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2022 nachvollziehbar ausgeführt, dass es für eine mobilitätseingeschränkte, auf einen Rollstuhl oder Rollator angewiesene Person angesichts der vorhandenen topographischen Verhältnisse bequemer wäre, möglichst nah am Haus auf ebener Fläche in einen Personenkraftwagen einzusteigen. Dies ändert aber nichts daran, dass es einer zweiten Zufahrt nicht bedarf, um ein barrierefreies Wohnen auf dem Klägergrundstück überhaupt erst zu ermöglichen, zumal ein bequemer Fahrzeugeinstieg auf ebener Fläche auch außerhalb des Wohngrundstücks auf der (westlich gelegenen) Verkehrsfläche selbst zu bewerkstelligen wäre.
36 
bb) Der Kläger kann die begehrte Feststellung auch nicht daraus herleiten, dass ihm die Sondernutzungserlaubnisfreiheit der geplanten Errichtung einer zweiten Grundstückszufahrt in rechtlich verbindlicher Weise zugesichert worden wäre (§ 38 LVwVfG). Aus dem Schreiben vom 12. Mai 2016 ergibt sich eine solche Zusicherung schon deshalb nicht, weil sich die Beklagte darin - inhaltlich korrekt - nur zur Verfahrensfreiheit des Vorhabens nach § 50 LBO, nicht aber zur straßenrechtlichen Problematik äußert. Eine rechtsverbindliche Zusicherung liegt auch nicht in den Schreiben vom 30. August 2016 und vom 28. Dezember 2016, in welchen die Beklagte lediglich darauf hinweist, dass das Vorhaben auch straßenrechtlich zu prüfen sei und möglicherweise einer straßenrechtlichen Genehmigung bedürfe, die vom Kläger zu beantragen sei. Aus dem Umstand, dass die Beklagte - obwohl sie selbst die hierfür zuständige Straßenbaubehörde ist - bereits in dem Schreiben vom 12. Mai 2016 auf eine mögliche straßenrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit hätte hinweisen können und dies unterlassen hat, kann entgegen der Rechtsansicht des Klägers keine Zusage einer auch straßenrechtlich möglichen Herstellung der Stellplätze abgeleitet werden. Die Beklagte ist wegen ihrer unvollständigen Auskunft auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gehindert, sich auf die Notwendigkeit einer straßenrechtlichen Prüfung des Sachverhalts zu berufen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage, § 25 Rn. 25). Denn Treu und Glauben geböte es in dieser Situation allenfalls, den Kläger so zu stellen, wie er stünde, wenn ihm vollständige Auskunft erteilt worden wäre. Auch in diesem Falle wäre eine straßenrechtliche Prüfung aber vorzunehmen gewesen und hätte der Kläger ein notwendiges straßenrechtliches Genehmigungsverfahren durchführen müssen.
37 
2. Da der primär verfolgte Hauptantrag mithin erfolglos bleibt, ist über den hilfsweise gestellten Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu entscheiden, welcher als „Minus“ zugleich auch den Antrag umfasst, die Beklagte dann, wenn kein Erteilungsanspruch besteht, wenigstens zu einer Neubescheidung entsprechend der Rechtsauffassung des Senats zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, dazu BVerwG, Urteil vom 12.5.2020 - 6 B 53.19 (6 C 8.20) - juris Rn. 10).
38 
a) Die mit dieser Zielrichtung erhobene Untätigkeitsklage ist zulässig. Denn sie wurde am 16. Juli 2019 zu einem Zeitpunkt beim Verwaltungsgericht erhoben, in dem die Beklagte bereits mehr als drei Monate lang nicht über den am 10. Januar 2019 eingelegten Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung seines Antrages auf Erteilung einer Sondernutzung entschieden hatte. Der nach zulässiger Klageerhebung ergangene Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2019 konnte durch Erklärung des Klägers vom 11. Februar 2020 jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation, in welcher der Behörde keine Entscheidungsfrist gesetzt und das Verfahren nicht bis zum Ergehen der behördlichen Entscheidung ausgesetzt wurde, ohne Einhaltung einer Klagefrist in das Klageverfahren einbezogen werden. Denn es ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht vorgesehen und wäre unbillig, dem Kläger die bereits zulässige Klage wieder zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.12.1995 - 3 C 24.94 - juris Rn. 26; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.9.2012 - 9 S 2153/11 - juris Rn. 7 f und Urteil vom 23.8.1996 - 8 S 269/96 - juris Rn. 20). Der Hinweis der Beklagten, dass dem in das Verfahren einbezogenen Widerspruchsbescheid in Bezug auf die Bestandskraft des Ausgangsbescheides eigenständige Bedeutung zukomme und dort auch eine Teilabhilfe hätte erfolgen können, ändert hieran nichts.
39 
b) Die zulässige Verpflichtungsklage hat in der Sache teilweise Erfolg. Zwar kann der Kläger nicht beanspruchen, dass ihm die Beklagte die begehrte Sondernutzungserlaubnis erteilt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), er kann aber verlangen, dass diese über seinen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Dementsprechend waren die diesem Anspruch entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen der Beklagten (Nr. 1 des Bescheides vom 3. Januar 2019 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2019) aufzuheben.
40 
aa) Nach § 16 Abs. 1 StrG bedarf die Benutzung einer Straße über den Gemeinbedarf hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis. Eine solche ist hier nicht mit Blick auf die in § 16 Abs. 6 StrG angeordnete Verfahrenskonzentration entbehrlich. Denn die begehrte Benutzung der Straße dient hier der Herstellung eines Stellplatzes und damit einer baulichen Anlage, die nicht der Baugenehmigung bedarf, sondern nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Anhang Nr. 11 b) verfahrensfrei errichtet werden kann.
41 
bb) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für eine weitere Zufahrt zu seinem Grundstück.
42 
(1) Auf eine ihm erteilte Zusicherung (§ 38 LVwVfG) kann er sich auch in Zusammenhang mit seinem Hilfsantrag nicht stützen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ergibt sich aus den Schreiben vom 12. Mai 2016, 30. August 2016 und 28. Dezember 2016 schon keine rechtsverbindliche Selbstverpflichtung der Beklagten. Erst recht hat die Beklagte nicht zugesagt, dem Kläger auf Antrag eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen.
43 
(2) Auch das Straßengesetz vermittelt ihm keinen solchen Anspruch. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG entscheidet die Straßenbaubehörde - hier gemäß § 50 Abs. 3 Nr. 3 StrG die Beklagte, da es sich bei der Straße „A...“ um eine Gemeindestraße handelt - nach pflichtgemäßem Ermessen. Es ist nicht zu erkennen, dass dieses Ermessen hier ausnahmsweise „auf null“ reduziert wäre und die Beklagte ermessensfehlerfrei nur bei Erteilung der begehrten Sondernutzungserlaubnis hätte handeln können. Insbesondere besteht keine Veranlassung, eine solche Ermessensreduktion wegen der vom Kläger ins Feld geführten barrierefreien Erreichbarkeit der Obergeschosswohnung anzunehmen. Denn wie oben im Zusammenhang mit dem Anliegergebrauch bereits ausgeführt wurde, bedarf es einer zweiten Grundstückszufahrt von der Straße „Ax ...“ her hier nicht, um ein barrierefreies Wohnen auf dem Klägergrundstück zu ermöglichen.
44 
cc) Jedoch halten nicht sämtliche Erwägungen, auf welche die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung maßgeblich abgestellt hat, einer rechtlichen Prüfung stand. Deshalb kann der Kläger eine Neubescheidung seines Antrages auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats verlangen.
45 
§ 16 Abs. 2 Satz 1 StrG enthält keine ausdrücklichen normativen Maßgaben für das der Straßenbaubehörde eröffnete Ermessen über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis. Gemäß § 40 LVwVfG ist es entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens auszuüben. Die Ermessensausübung bei Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis hat sich in erster Linie an den Auswirkungen des beabsichtigten Verhaltens auf die widmungsgemäße Nutzung der Straße, insbesondere auf Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, sowie auch an sonstigen unmittelbar auf den Straßengrund bezogenen sachlichen Erwägungen zu orientieren. Auch das auf Art. 14 Abs. 1 GG gestützte Interesse eines Anliegers, sein Grundstück entsprechend seinen Vorstellungen zu nutzen, ist im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 16 Abs. 2 StrG mit dem ihm zukommenden Gewicht zu berücksichtigen (Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Auflage, Rn. 391, Lorenz/Will, Straßengesetz Baden-Württemberg, 2. Auflage § 16 Rn. 23). Denn auch insoweit handelt es sich um einen prinzipiell berücksichtigungsfähigen spezifisch straßenbezogenen Belang (Schnebelt/Sigel, Straßenrecht Baden-Württemberg, 2. Auflage, Rn. 250 f).
46 
Die gerichtliche Kontrolle der dabei getroffenen Behördenentscheidung beschränkt sich auf die Prüfung, ob dieser rechtliche Rahmen eingehalten worden ist (§ 114 Satz 1 VwGO), wobei nur die Gesichtspunkte maßgebend sind, welche die Ermessensentscheidung nach Maßgabe des Widerspruchsbescheids (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und im gerichtlichen Verfahren nachgeschobener ergänzender Erwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO tragen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 21.4.2021 - 5 S 1996/19 - juris Rn. 55).
47 
Unter Zugrundelegung dessen ergibt sich hier Folgendes:
48 
Die Beklagte hat in ihrer Ermessensentscheidung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch die Zulassung einer weiteren Zufahrt beeinträchtigt werde. Hierbei handelt es sich im rechtlichen Ansatz um eine im Rahmen des Ermessenszwecks taugliche und geeignete Erwägung mit straßenrechtlichem Bezug. Denn die Straße „A......“ ist in dem streitgegenständlichen Bereich durch den Bebauungsplan „......-...“ als Verkehrsfläche gewidmet (§ 5 Abs. 6 StrG). Im Rahmen der Widmung darf sie deshalb sowohl als Wendefläche als auch als Parkfläche genutzt werden mit der Folge, dass die Beklagte etwaige Beeinträchtigungen dieser Nutzungen durch die beantragte Grundstückszufahrt bei ihrer Entscheidung berücksichtigen darf.
49 
(1) In Bezug auf die Parksituation ist die Beklagte ermessensfehlerfrei von einer solchen Beeinträchtigung ausgegangen. Denn es ist offensichtlich, dass nach Herstellung der begehrten Grundstückszufahrt vor dieser Zufahrt nicht mehr geparkt werden dürfte (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO) und damit zumindest einer der bislang vorhandenen Stellplätze verloren ginge mit der Konsequenz, dass sich die nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten ohnehin schon angespannte Parkplatzsituation in dem Gebiet weiter verschärfen würde. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Wohngebäude A...... Nr. 17 - 23 ohne ausreichende Stellplätze errichtet worden sind oder nicht. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, dürften die betroffenen Anwohner ihre Fahrzeuge jedenfalls auf der Verkehrsfläche der Straße „A...“ abstellen. Weshalb es sich dort um eine „enge Stelle“ i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO handeln sollte, die das Parken unzulässig macht, erschließt sich dem Senat nicht. Bei einem am 22. November 2017 durchgeführten Fahrversuch (Behördenakte der Beklagten, S. 19) konnte die Feuerwehr selbst mit einem größeren Einsatzfahrzeug trotz der auf der Park- und Wendefläche abgestellten Personenkraftwagen problemlos bis zum Ende der Straße gelangen.
50 
(2) Auch der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Umstand, dass bereits auf der Ostseite des Klägergrundstücks eine weitere, zusätzliche Zufahrt vom ...weg her zu einem Stellplatz geschaffen worden ist, begründet keinen Ermessensfehler unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Denn die Verkehrssituation im ...weg - einer Durchgangsstraße - ist von vornherein nicht mit der verkehrlichen Sondersituation auf dem als Park- und Wendefläche genutzten Teil der Straße „A...“ vergleichbar.
51 
(3) Entgegen dem Berufungsvortrag musste die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigen, dass nach Anlage des Stellplatzes auf dem Klägergrundstück eine Entlastung der Parksituation eintreten würde, weil die dort parkenden Fahrzeuge dann nicht mehr auf der Wendeplatte abgestellt werden müssten. Denn auf dem Klägergrundstück selbst standen nach dem unbestrittenen und in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2022 unbeanstandet wiederholten Vortrag der Beklagten bereits im Zeitpunkt des Ergehens der Ermessensentscheidung mindestens drei Stellplätze zur Verfügung. Daher drängte sich für die Beklagte die Annahme nicht auf, die Zulassung der zweiten Zufahrt führe zu einer Entspannung der schwierigen Parkplatzsituation auf der Park- und Wendefläche, weil der Kläger selbst dort nicht mehr parken müsste.
52 
(4) Ein Ermessensfehler ist ferner im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu erkennen. Zwar ist das auf Art. 14 Abs. 1 GG gestützte Interesse eines Anliegers, sein Grundstück entsprechend seinen Vorstellungen zu nutzen, wie ausgeführt auch im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 16 Abs. 2 StrG mit dem ihm zukommenden Gewicht zu berücksichtigen. Die Beklagte hat das Interesse des Klägers, die Wohnungen in seinem Gebäude auch für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung barrierefrei nutzen zu können, im Rahmen der von ihr getroffenen Ermessensentscheidungen (Ausgangsbescheid S. 5, Widerspruchsbescheid S. 6 und 7 f.) jedoch gesehen und in der erforderlichen Weise in ihre Überlegungen eingestellt. Es ist nicht zu beanstanden, dass sie das Klägerinteresse an einer zweiten Zufahrt zur Herstellung von Barrierefreiheit gegenüber den öffentlichen Interessen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs als nachrangig angesehen hat. Denn es ist richtig, dass bei Zulassung der begehrten Zufahrt zumindest ein weiterer Parkplatz verloren ginge und deshalb die ohnehin schon knappen Parkmöglichkeiten weiter beschränkt würden. Auch ist nachvollziehbar, dass mit weiteren Anwohneranfragen zur Schaffung von Grundstückszufahrten zur Park-und Wendefläche hin zu rechnen wäre. Dagegen wiegt das vom Kläger in Feld geführte Gegeninteresse nicht besonders schwer. Denn eine barrierefreie Nutzung der Wohnungen in seinem Haus ist auch ohne weitere Zufahrt von der Straße „Ax ...“ her möglich.
53 
(5) Ermessensfehlerhaft ist jedoch die Annahme der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, die Verkehrsfläche werde durch die Zulassung der Zufahrt auch in ihrer Funktion als Wendeplatte beeinträchtigt. Denn es ist nicht zu erkennen, dass das von der zusätzlichen Zufahrt zu erwartende Fahrzeugaufkommen durch Abbiege-, Einfädel- oder Rangiervorgänge den Verkehr auf der Wendefläche stören könnte, zumal dort ohnehin kein störungsempfindlicher „fließender Verkehr“ stattfindet. Bei realistischer Betrachtung sind auch keine Verschlechterungen für wendende Fahrzeuge zu erwarten. Denn beim Wenden auf der Verkehrsfläche ist bereits derzeit auf die dort parkenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen (vgl. die Lichtbilder in der VG-Akte). Die zusätzliche Zufahrt würde hieran nichts ändern und die Situation sogar erleichtern, weil für Wendemanöver zusätzlich der freizuhaltende Parkplatz vor der streitgegenständlichen Grundstückszufahrt zur Verfügung stünde.
54 
Insoweit hat die Beklagte eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs angenommen, die objektiv nicht besteht. Dies begründet einen Ermessensfehler in Form des Ermessensfehlgebrauchs, der auch in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2022 nicht - etwa durch Nachbesserung der maßgeblichen Ermessenserwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO) - ausgeräumt wurde. Der festgestellte Ermessensfehler ist konkret entscheidungsrelevant, denn er kann von den übrigen (fehlerfreien) Ermessenserwägungen der Beklagten nicht getrennt betrachtet werden. Ausweislich ihrer auf S. 5 des Bescheides vom 3. Januar 2019 und auf S. 7 des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2019 angestellten Überlegungen hat die Beklagte eine einheitliche Ermessensentscheidung getroffen und nicht zu erkennen gegeben, dass sie die Sondernutzungserlaubnis allein schon wegen der - ermessensfehlerfrei angenommenen - Beeinträchtigung der Parksituation auf der Park -und Wendefläche abgelehnt hätte.
55 
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig, weil es dem nicht rechtskundigen Kläger nach den vorliegenden Umständen nicht zuzumuten war, das Vorverfahren ohne anwaltliche Hilfe selbst zu führen.
56 
C. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
57 
Beschluss
58 
vom 17. März 2022
59 
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren - insoweit unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 20. Mai 2020 - und für das Berufungsverfahren wird auf jeweils 10.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).
60 
Gem. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG wird der Wert eines hilfsweise geltend gemachten Anspruchs mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit - wie hier - eine Entscheidung über ihn ergeht. Der Wert beider zusammenzurechnender Streitgegenstände beträgt jeweils 5.000 Euro, da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet (§ 52 Abs. 2 GKG). Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist die sich für ihn ergebende Bedeutung der Sache nicht mit 20.000 Euro (je 10.000 Euro pro Stellplatz) zu bemessen. Denn die - mit diesem Betrag bezifferten - Kosten für die Herstellung der Stellplätze sind für die Frage, ob die Schaffung einer Grundstückszufahrt vom Gemeingebrauch umfasst ist oder hierfür eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen ist, unerheblich.
61 
Der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts - welches ebenfalls über den Hilfsantrag entschieden hatte - war entsprechend abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
62 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen