Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 12 S 1357/21

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller, ein im Jahr 1947 geborener evangelischer Pfarrer im Ruhestand, begehrt nach § 80 Abs. 7 VwGO die Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23.04.2019 (12 S 675/19), mit dem die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den seine Erlaubnis zur Kindertagespflege zurücknehmenden Bescheid des Antragsgegners vom 14.12.2018 abgelehnt worden ist.
Nachdem dem Antragsteller und seiner Ehefrau erstmals mit Bescheid vom 05.08.2013 eine Erlaubnis zur Kindertagespflege nach § 43 SGB VIII von dem Antragsgegner erteilt worden war, erlangte dieser in der Folge von einem anonymen Hinweisgeber Kenntnis davon, dass der Antragsteller wegen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in den 1990er Jahren verurteilt worden sei. Nach den Feststellungen im Bescheid vom 14.12.2018 habe er im Rahmen eines Gesprächs mit dem Jugendamt am 20.02.2015 auf Vorhalt angegeben, es seien Jugendliche ab 12 Jahren betroffen gewesen. Er stamme aus den „68ern", in denen es unter anderem um sexuelle Befreiung gegangen sei. Das Strafgericht habe ihn zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Ihm sei zu Gute gehalten worden, dass die Taten hauptsächlich von den Jugendlichen ausgegangen seien. Nach den Taten habe er eine zweijährige Therapie absolviert. Ein in der Kirche geführtes Disziplinarverfahren habe mit Freispruch geendet. Er sei nicht versetzt worden. Seine Ehefrau sei vollumfänglich informiert. Nach den Feststellungen des Antragsgegners habe diese in einem Gespräch am 23.02.2015 angegeben, durch ihren Ehemann über dessen Verurteilung informiert worden zu sein. Ihr zugrunde gelegen hätten Taten gegenüber 15 bzw. 16 Jahren alten Jungen. Die Jungen seien freiwillig zu ihrem Ehemann gegangen. Nach einem in der Verwaltungsakte befindlichen Aktenvermerk vom 23.02.2015 hat die Gleichstellungsbeauftragte und Anlaufstelle bei sexuellen Übergriffen von Pfarrern der Evangelischen Kirche dem Antragsgegner auf Nachfrage mitgeteilt, in diesem Zusammenhang bereits im Jahr 2014 Kontakt mit dem Antragsteller gehabt zu haben. Er habe sich nicht einsichtig gezeigt und ihre Sorge nicht ernst genommen. Als Reaktion der Kirche sei er damals unmittelbar versetzt und zudem für zwei Jahre beurlaubt worden.
Mit Bescheid vom 24.02.2015 widerrief der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die dem Antragsteller erteilte Erlaubnis zur Kindertagespflege und wies mit Bescheid vom 23.06.2015 den von ihm erhobenen Widerspruch zurück. Auf den beim Verwaltungsgericht S. gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (7 K 2300/15) stellte das Gericht mit Beschluss vom 03.09.2015 die aufschiebende Wirkung der zwischenzeitlich erhobenen Klage (7 K 3409/15) wieder her. Mit Urteil vom 24.03.2017 hob das Verwaltungsgericht S. den Bescheid des Antragsgegners vom 24.02.2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 23.06.2015 auf.
Im Rahmen des Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht S. legte der Antragsteller einen ärztlichen Bericht des Prof. Dr. F. vom 13.10.1995 vor. Aus diesem geht unter anderem hervor, dass der Antragsteller zur Behandlung pädophiler Delikte an insgesamt 80 Therapiestunden teilgenommen habe. Die Behandlung sei Ende Januar 1995 abgeschlossen worden. Bei ihm könne eine Pädophilie im Sinne einer sexuellen Devianz mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Dem Antragsteller sei es gelungen, rational-intellektuell wie emotional zu erkennen, aus welchen Gründen er die Handlungen mit den Jugendlichen begangen habe. Die Prognose bezüglich solcher pädophiler Handlungen sei gut.
Vor Ablauf der Geltungsdauer der Erlaubnis zur Kindertagespflege stellte der Antragsteller am 11.06.2018 einen Antrag auf erneute Erteilung einer Tagespflegeerlaubnis. Mit Bescheid vom 24.07.2018 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller eine bis zum 21.07.2023 befristete Erlaubnis nach § 43 SGB VIII. Danach wurde ihm gestattet, maximal 2 gleichzeitig anwesende fremde Kinder, insgesamt jedoch höchstens 3 angemeldete fremde Kinder zu betreuen. Zusätzlich sei er geeignet, in Vertretung seiner Ehefrau, der ebenfalls erneut eine Erlaubnis zur Kindertagespflege erteilt wurde, insgesamt maximal 5 gleichzeitig anwesende fremde Kinder und bis zu 8 angemeldete fremde Kinder zu betreuen. Versehen war die Erlaubnis unter anderem mit der Auflage, nach 2,5 Jahren eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen.
Mit Schreiben vom 11.10.2018 wandte sich der Landesverband K. an das Jugendamt des Antragsgegners und teilte diesem mit, der T.-Verein in S. H. habe ein anonymes Schreiben erhalten, wonach der Antragsteller vor mehr als 20 Jahren wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern verurteilt worden sei. Unabhängig von diesem Vorgang sei man zudem von einer mit dem Antragsteller persönlich bekannten Person angesprochen worden, die sehr besorgt sei, dass die von den Eheleuten betreuten Kinder Opfer von sexuellem Missbrauch würden.
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 14.12.2018, der an jenem Tag per Fax an den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt wurde, nahm der Antragsgegner die dem Antragsteller erteilte Erlaubnis zur Kindertagespflege unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf Grundlage des § 45 SGB X zurück. Zur Begründung wurde unter anderem vorgebracht, die Tätigkeit als Tagespflegeperson setze gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII die Eignung der Person voraus. In diesem Zusammenhang gebe § 72a SGB VIII vor, dass jemand, der aufgrund einer der dort genannten Straftaten verurteilt worden sei, die Eignung zur Kindertagespflege nicht besitze. Eine derartige Verurteilung liege beim Antragsteller vor. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut gelte der Tätigkeitsausschluss gemäß § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII unabhängig davon, ob die Straftat noch im Bundeszentralregister aufgeführt sei. Die Begehung einer der in § 72a SGB VIII genannten Straftaten stehe in diametralem Widerspruch zur Tätigkeit als Tagespflegeperson, weshalb der dauerhafte Tätigkeitsausschluss auch mit Art. 12 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar sei. Angesichts der Schwere eines drohenden Schadens im Falle eines sexuellen Missbrauchs seien keine hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts zu stellen. Allein der Zeitablauf seit der Verurteilung stelle eine Gefahr im Bereich des Kinderschutzes nicht in Frage. Zu berücksichtigen sei zudem, dass der Antragsteller eine besonders schwere Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verübt habe. Die Einsicht, dass eine Begehung derartiger Straftaten die weitere Betreuung von Kindern unmöglich mache, liege beim Antragsteller nicht vor. Er habe seine Taten verharmlost. Verharmlosungstendenzen ergäben sich auch aus den unterschiedlichen Angaben des Antragstellers und seiner Ehefrau zum Alter der missbrauchten Jungen. Bis zuletzt habe der Antragsteller nicht zur widerspruchsfreien Aufklärung der Umstände, welche den Straftaten zugrunde lägen, beigetragen. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass der Antragsteller in einem Gespräch am 20.02.2015 mitgeteilt habe, dass ein kirchliches Disziplinarverfahren mit einem „Freispruch" geendet habe, eine Versetzung sei nicht erfolgt, was angesichts einer Mitteilung der Vertreterin des Evangelischen Oberkirchenrates S. nicht zutreffe. Er werde im polizeilichen System mit „2 Fällen" geführt, die sich über einen Zeitraum von insgesamt 5 Jahren erstreckten. Ebenfalls dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller im Jahr 2018 auf seiner Facebook-Seite „Tod in Venedig" von Thomas Mann und „Dorian Gray" von Oscar Wilde als Bücher von besonderem Interesse bezeichnet habe. Insgesamt zeuge das Verhalten des Antragstellers von fehlender Einsicht und Verharmlosung der Vorgänge. Ferner habe die Kinder- und Jugendpsychiatrie S. H. mitgeteilt, einen Unterstützungsbedarf für seinen 13-jährigen Sohn zu sehen. Auch habe dieser eine Straftat in Form einer Beleidigung begangen. Damit habe er sich als ungeeignet erwiesen, den eigenen Sohn zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu erziehen, was einer Eignung als Tagespflegeperson ebenfalls entgegenstehe. Schließlich sei von Relevanz, dass der Antragsteller zwischenzeitlich 71 Jahre alt sei. Es sei davon auszugehen, dass ihm eine geeignete Betreuung aufgrund körperlicher und psychischer Einschränkungen nicht mehr uneingeschränkt möglich sei. All dies führe in einer Gesamtwürdigung zu der Einschätzung, dass die Eignung zur Kindertagespflege fehle. Nachdem die Rechtsprechung bereits unhygienische Zustände für die Versagung der Kindertagespflegeerlaubnis ausreichen ließe, müsse selbst bei Verneinung einer Kindeswohlgefährdung vorliegend aufgrund der schwerwiegenden pädophilen Straftat, einem völlig unkooperativen Verhalten gegenüber dem Jugendamt, einem hohen Lebensalter von 71 Jahren sowie erheblichen Problemen bei der Entwicklung des eigenen Kindes von einer mangelnden Eignung ausgegangen werden. Die Aufhebung der Tagespflegeerlaubnis sei zum Schutz der Kinder geeignet und auch erforderlich. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Dies gelte insbesondere für den nachträglichen Erlass einer Nebenbestimmung. Schließlich sei die Aufhebung der Erlaubnis auch angemessen. Dabei werde nicht verkannt, dass die Ausübung der Tätigkeit in der Kindertagespflege unmöglich gemacht und damit Art. 12 GG berührt werde. Es sei allerdings zu berücksichtigen, dass eine Beschäftigung von Personen, welche Straftaten im Zusammenhang mit der sexuellen Selbstbestimmung von Kindern begangen hätten, in keiner Weise mit den Zielen der Kinder- und Jugendhilfe vereinbar sei. Ein Missbrauch könne schlimmste Folgen für das Kindeswohl haben.
Ende Dezember 2018 gelangte der Antragsgegner in den Besitz des Strafurteils des Landgerichts S. vom 14.01.1994 (3 KLs 177/93, 22 Js 7355/93).
Am 07.01.2019 führte der Antragsgegner einen unangemeldeten Hausbesuch bei dem Antragsteller durch. Hierbei habe dieser laut des hierzu angefertigten Aktenvermerks, nachdem er über den Grund des Hausbesuchs aufgeklärt und auf das Verbot der Ausübung der Kindertagespflege hingewiesen worden sei, mitgeteilt, dass sich derzeit zwei Tageskinder im Haus befänden, die von seiner Ehefrau betreut würden. Diese habe keine Kenntnis vom Aufhebungsbescheid. Er habe ihr diesen vorenthalten, um sie zu schonen, da er befürchte, sie würde sich sonst umbringen. Daraufhin sei die Ehefrau des Antragstellers durch die Mitarbeiter des Antragsgegners aufgeklärt worden und sie habe angegeben, nichts davon gewusst und durchgehend Kinder betreut zu haben. Die Mitarbeiter des Antragsgegners forderten die Eheleute auf, den Eltern der betreuten Tageskinder noch am selben Tag mitzuteilen, dass die Betreuung nicht fortgesetzt werden könne.
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Am 08.01.2019 meldete sich eine der betroffenen Mütter telefonisch beim Antragsgegner und teilte mit, der Antragsteller habe ihr bekanntgegeben, dass eine Betreuung ihres Sohnes derzeit nicht stattfinden könne. Sie habe in Erfahrung bringen wollen, ob ihr Kind einer Gefahr ausgesetzt gewesen sei.
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Am 09.01.2019 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14.12.2018 ein. Zu dessen Begründung brachte er vor, Vertrauensschutz zu genießen. Insbesondere sei zu beachten, dass es sich bei der Tagespflege um seine Erwerbstätigkeit handle und er in diesem Rahmen Vermögensdispositionen, wie den Erwerb eines Hauses, getätigt habe. Zudem seien die Umstände, die nun die Rücknahme rechtfertigen sollten, bereits bei Erteilung der Erlaubnis bekannt gewesen.
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In einem Telefonat mit einer weiteren Mutter am 14.01.2019 brachte der Antragsgegner in Erfahrung, dass deren Kind S. wöchentlich 20 Stunden vom Antragsteller betreut würde und auch in dieser Woche die Betreuung fortgesetzt werde. Daraufhin unternahm der Antragsgegner am 16.01.2019 erneut einen unangemeldeten Hausbesuch bei dem Antragsteller. Hierbei wurde festgestellt, dass sowohl dieser als auch seine Ehefrau je ein Kind betreuten. Das Betreuungsverhältnis mit dem vom Antragsteller betreuten Tageskind sei dem Jugendamt bis dahin nicht mitgeteilt worden. Auch sei berichtet worden, dass das Kind S. in den nächsten Tagen voraussichtlich erneut zur Betreuung gebracht werde. Der Antragsteller habe zur Rechtfertigung der fortgesetzten Betreuung ausgeführt, alle Eltern über die Aufhebung der Erlaubnisse informiert zu haben und dabei eine private Betreuung ohne Erlaubnis angeboten zu haben. Außer einem Elternpaar seien alle Eltern damit einverstanden gewesen. Entsprechende schriftliche Einverständnisse würden noch eingeholt.
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Auf Nachfrage des Antragsgegners teilte die Mutter des Kindes S. am 24.01.2019 telefonisch mit, ihr Kind werde weiterhin regelmäßig vom Antragsteller betreut. Sie wünsche keine andere Betreuung für ihre Tochter. Diese fühle sich beim Antragsteller sehr wohl. Zudem habe sie keine Zeit für eine neue Eingewöhnung. In voraussichtlich zwei Monaten würde sie beruflich bedingt in einen anderen Landkreis verziehen. Bis dahin solle der Antragsteller ihre Tochter weiter betreuen. Sie vertraue dem Ehepaar, unabhängig von dem, was vorgefallen sei. Sie werde den Dauerauftrag an das Jugendamt für die monatlich fälligen Elternbeiträge beenden und verlange die bezahlten Elternbeiträge ab dem 15.12.2018 zurück. Am 29.01.2019 teilte die Mutter von S. dem Antragsgegner per E-Mail mit, dass ihr Kind im Dezember 2018 nicht und im Januar nur die vorgeschriebenen 15 Stunden betreut worden sei.
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Unter dem 25.01.2019 stellte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht S. einen Antrag auf Wiedererstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners.
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Mit Schreiben vom 07.02.2019 gab der Antragsgegner dem Antragsteller die der Aufhebungsentscheidung zugrundeliegenden Tatsachen bekannt und brachte unter anderem ergänzend vor, er habe die Betreuungstätigkeit trotz der aufgehobenen Erlaubnis fortgesetzt und an mehreren Kontrollterminen im Januar 2019 Kinder betreut. Auch trotz erneuter Aufforderung, die Betreuung zu unterlassen, habe er diese fortgesetzt. Seiner Ehefrau habe er die Aufhebung der Tagespflegeerlaubnis sogar vorenthalten. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass er bereits 71 Jahre alt und davon auszugehen sei, dass eine geeignete Betreuung aufgrund körperlicher und psychischer Einschränkungen nicht mehr uneingeschränkt möglich sei.
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Mit Beschluss vom 21.02.2019 (17 K 618/19) stellte das Verwaltungsgericht S. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14.12.2018 unter den Auflagen wieder her, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine männlichen Kinder betreuen dürfe und der Antragsgegner die Einhaltung dieser Auflage regelmäßig, mindestens 14-tägig unangekündigt zu kontrollieren habe.
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Unter dem 04.03.2019 führte der Antragsgegner erneut einen unangekündigten Hausbesuch durch. Hierbei ist nach einem hierzu angefertigten Aktenvermerk festgestellt worden, dass die Ehefrau des Antragstellers nicht anwesend gewesen ist. Gleichwohl sei ein dieser zur Betreuung zugewiesenes Mädchen im Haus des Antragstellers gewesen. Dieser habe ausgeführt, seine Ehefrau sei „nur kurz weg" und während dieser Zeit betreue er das Kind. Weitere Kinder hätten sich nicht zur Betreuung befunden. Am 13.03.2019 führte der Antragsgegner erneut einen Hausbesuch beim Antragsteller durch und stellte hierbei fest, dass von der Ehefrau des Antragstellers zwei Kinder betreut worden seien. Zudem sei mitgeteilt worden, dass am Nachmittag ein Mädchen erscheinen und vom Antragsteller betreut werde. Bei einem weiteren Hausbesuch am 18.03.2019 hat nach dem hierzu angefertigten Aktenvermerk die Türklingel am Haus der Eheleute nicht funktioniert, der Antragsteller war jedoch daheim. Man sei diesem auf der Straße bei einem Spaziergang mit dem seiner Ehefrau zugewiesenen Tageskind M. begegnet. Der Antragsteller habe auf Nachfrage ausgeführt, seine Ehefrau sei beim Einkaufen. Der Antragsteller habe zudem angegeben, an diesem Tag keine weiteren Kinder zu betreuen. Nach dem Aktenvermerk zum Hausbesuch am 25.03.2019 ist der Antragsteller erneut bei der Betreuung von dem Kind M. angetroffen worden, wobei an diesem Tag ein weiteres Mädchen zur Betreuung hinzukommen sollte. Beide Kinder seien der Ehefrau des Antragstellers zugeteilt gewesen. Diese sei jedoch nicht anwesend gewesen, sie hätte vom Antragsteller telefonisch nicht erreicht werden können und dieser habe angegeben, den Aufenthaltsort und den Zeitpunkt der Rückkehr seiner Ehefrau nicht zu kennen. Auf die Frage, ob seine Ehefrau arbeite, da sie mehrfach nicht habe angetroffen werden können, habe der Antragsteller erneut darauf verwiesen, nicht zu wissen, wo sie sei.
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Unter dem 05.04.2019 konnte die Ehefrau des Antragstellers bei einem Hausbesuch angetroffen werden. Diese hatte nach einem hierzu angefertigten Aktenvermerk einen ihr zur Betreuung zugeteilten Jungen bei sich; weitere Tageskinder waren nicht vor Ort. Auf die Abwesenheit bei den letzten Besuchen angesprochen, habe die Ehefrau des Antragstellers ausgeführt, jeweils kurz einkaufen gewesen zu sein, um ihren Ehemann zu entlasten. Auf den Vorhalt, dieser habe angegeben, ihren Aufenthaltsort nicht zu kennen, habe sie geschwiegen. Sie sei darauf hingewiesen worden, dass eine Anwesenheitspflicht bestehe, wenn zugeordnete Kinder betreut würden. Eine Vertretung dürfe nur etwa bei Arztbesuchen, einer Erkrankung oder Urlaub erfolgen. Laut Aktenvermerk zum Hausbesuch am 11.04.2019, bei dem zwei von der Ehefrau des Antragstellers betreute Kinder anwesend waren, hatten die Eheleute erneut gefragt, wie die Vertretungsregelung umgesetzt werden könne. Ihnen seien als Beispiele besondere Gründe wie Fortbildungen, Krankheit oder dringend erforderliche Arztbesuche genannt worden.
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Mit Beschluss vom 23.04.2019 (12 S 675/19) änderte der Senat auf die Beschwerde des Antragsgegners den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.02.2019 und lehnte den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs ab. Der Senat sah aufgrund der in der Vergangenheit praktizierten pädophilen Neigungen des Antragstellers ein nicht verantwortbares Risiko, das seine Eignung als Tagespflegeperson ausschließe und eine Rücknahme der Tagespflege nach § 45 Abs. 1, 2 SGB X eröffne. Zwar sei offen, ob bereits ein Tätigkeitsausschluss aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung nach § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bestehe. Ein Ausschluss ergebe sich jedenfalls aus § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VIII. Es sei nicht belegt, dass der Antragsteller durch die psychotherapeutische Behandlung, die er Ende Januar 1995 abgeschlossen habe, so gefestigt sei, dass keinerlei Risiken für die Betreuung von Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter bestehe. Eine sichere fachärztliche Prognose liege insoweit nicht vor. Unabhängig davon sei auch bei einer Abwägung zwischen dem Interesse an der Sicherheit von Kindern vor sexuellen Übergriffen und dem Interesse des Antragstellers an der Ausübung der Kindertagespflege der Antrag erfolglos, da das Interesse an der sofortigen Vollziehung der Rücknahme der Tagespflegeerlaubnis überwiege.
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Nachdem der Antragsgegner Kenntnis davon erlangt hatte, dass die Ehefrau des Antragstellers einer ihrer Ausbildung entsprechenden Beschäftigung in einem Kindergarten nachging, teilte der Arbeitgeber dem Antragsgegner unter dem 25.04.2019 mit, dass die Ehefrau des Antragstellers an einem Wochentag beschäftigt gewesen sei. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass die gegenseitige Vertretung mit ihrem Ehemann in der Kindertagespflege zwar im Krankheitsfall, nicht aber in anderen Fällen zulässig sei. Als dies bekannt geworden sei, habe die Ehefrau des Antragstellers um einen Aufhebungsvertrag zum frühestmöglichen Zeitpunkt gebeten. Diesem Wunsch sei man nachgekommen und habe das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet.
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Bei einem Hausbesuch am 30.04.2019 stellte der Antragsgegner fest, dass keine betreuten Tageskinder vor Ort waren. Der Antragsteller habe angegeben, alle Eltern informiert zu haben. Auf Nachfrage habe er ausgeführt, diesen mitgeteilt zu haben, bei Hausbesuchen habe das Jugendamt „Dinge herausgefunden", weshalb sie nicht mehr betreuen dürften. Auch wüssten die Eltern Bescheid, dass er in den 80er Jahren während der sexuellen Befreiung Kinder zu nah an sich herangelassen und zu viel Nähe zugelassen habe. Allerdings sei dies schon lange her und er habe sich seither nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Seiner Ehefrau sei nicht bewusst gewesen, dass eine Vertretung durch ihn nicht während einer Berufstätigkeit habe stattfinden dürfen. Nachdem sie hiervon erfahren habe, habe sie die Tätigkeit unmittelbar beendet.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2019 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers zurück. Ergänzend führte er aus, der Antragsteller sei entgegen den Anforderungen nicht während der gesamten Dauer der Ausübung der Tagespflege zuverlässig gewesen. Es sei zu berücksichtigen, dass er sich nach der Aufhebung der Erlaubnis völlig unkooperativ gezeigt habe. Zudem habe er im Zusammenhang mit der Ausübung der Tagespflege falsche Angaben gemacht.
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Zuvor, am 07.06.2019, hat der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht S. erhoben. Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 04.12.2019 ein Sachverständigengutachten bei der Fachärztin für Nervenheilkunde Prof. Dr. D. eingeholt.
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Die Gutachterin hat in ihrem forensisch-psychiatrischen Prognosegutachten vom 21.06.2020 in Beantwortung der an sie gerichteten Fragen unter anderem ausgeführt, es könne aus gutachterlicher Sicht ausgeschlossen werden, dass vom Antragsteller die Gefahr pädophiler Handlungen an Kindern bzw. Kleinkindern in der Tagespflege ausgehe. Der Antragsteller habe zu keiner Zeit Mädchen missbraucht, weshalb für diese keine Gefahr bestehe. Ebenfalls habe er noch nie männliche Kinder unter 10 Jahren missbraucht; auch insoweit bestehe keinerlei Gefahr. Für männliche Kinder im Alter zwischen 10 und 14 Jahren bestehe die Gefahr sexuellen Missbrauchs zu weniger als einem Prozent, da es keine absoluten Prognosen gebe. Zur Herleitung dieser Einschätzung gibt das Gutachten eine Zusammenfassung der Aktenlage, die eigenen Befunde hinsichtlich der Familienanamnese, der sexuellen- und Beziehungsanamnese, der Delinquenzanamnese, der Alkohol- und Drogenanamnese, der Eigenanamnese sowie der Allgemeinanamnese, einen psychologischen Querschnittsbefund sowie eine Zusammenfassung und Beurteilung unter Bezugnahme auf wissenschaftlichen Methoden wieder. So bestehe nach dem Prognoseinstrument Static-99 in der Version von 2003 ein statistisch niedriges Rückfallrisiko und nach dem Stable-2007 sei von keinem bis zu einem niedrigen Rückfallrisiko auszugehen.
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Auf die Einwände des Antragsgegnervertreters, die im Gutachten wiedergegebenen Angaben des Antragstellers gegenüber der Gutachterin machten erneut deutlich, dass diesem entgegen seiner Behauptung, nach der Therapie bei Prof. Dr. F. einen „Bewusstseinsquantensprung" unternommen zu haben, jegliches Unrechts- und Problembewusstsein fehle, weshalb die von der Gutachterin gezogenen Schlussfolgerungen nicht ohne Weiteres verständlich seien, hat diese unter dem 29.09.2020 eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme abgegeben. Hierin hat sie insbesondere ausgeführt, der Antragsteller habe sich gerade zu den Fragen seiner Delinquenz der Bagatellisierung bedient. Dieser Abwehrmechanismus werde von allen Menschen zum Selbstschutz unbewusst genutzt. Nach außen sehe dies zwar zunächst so aus, als fühle sich der Antragsteller für die Taten nicht verantwortlich, mit dem Empathiedefizit im Rahmen des angewandten wissenschaftlichen Stable-2007 habe dies jedoch wenig zu tun. Erfasst würden damit vielmehr insbesondere egozentrische Personen, deren Interaktionen zeitlebens egoistisch, rücksichtslos und gleichgültig gegenüber den Rechten und dem Wohlergehen anderer seien und deren Beziehungen zu anderen sich ausschließlich am Nutzen orientierten. Dies sei bei dem Antragsteller, der seit 25 Jahren verheiratet, Vater von vier Kindern und karitativ tätig sei, gerade nicht der Fall.
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In Reaktion auf diese ergänzenden gutachterlichen Ausführungen hat der Antragsgegner vorgebracht, nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs sei ein „Restrisiko“ pädophiler Handlungen in der Kinder- und Jugendhilfe nicht hinzunehmen. Ein solches Restrisiko bestehe beim Antragsteller, nachdem auch die Gutachterin ihm „pädophile Nebenströmungen“ bestätigt habe. Insgesamt erscheine die Gutachterin sich des Kontextes der Begutachtung nicht bewusst zu sein, nachdem sie wiederholt von einer lebenslangen Betreuung und Kontrolle gesprochen und wiederholt die Staatsanwaltschaft kontaktiert habe. Demgegenüber belege eine von ihm selbst in Auftrag gegebene Stellungnahme ein bestehendes Restrisiko des sexuellen Missbrauchs durch den Antragsteller. Zudem sei der Antragsteller auch aus anderen Gründen ungeeignet. So fehle es an der notwendigen Kooperationsbereitschaft. Er habe seine Ehefrau zunächst nicht von dem Entzug der Tagespflegeerlaubnis unterrichtet und zudem offensichtlich die Mutter eines betreuten Kindes zu falschen Angaben gegenüber dem Jugendamt bewegt.
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Zusammen mit der Stellungnahme hat der Antragsgegner eine schriftliche „sachverständige Drittmeinung“ der Diplom-Psychologin Dr. W. vom 12.10.2020 vorgelegt. Diese ist zu der Einschätzung gelangt, die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls sei aufgrund der langen Straffreiheit und vor dem Hintergrund sogenannter Basisraten als sehr niedrig einzustufen. Allerdings falle noch immer eine Bagatellisierung der Taten auf, die entsprechend den Ausführungen der Gutachterin zwar zur Stabilisierung des eigenen Selbstkonzeptes dienen könne, gleichwohl als für Missbrauchstäter typische kognitive Verzerrung als Risikofaktor zu berücksichtigen sei. Der Gutachterin sei in der Einschätzung zuzustimmen, dass die Taten Ausdruck einer pädophilen Nebenströmung und keiner Kernpädophilie gewesen seien und dass das Rückfallrisiko deshalb äußerst gering sei. Dies bedeute jedoch nicht, dass eine Gefahr für die Kinder ausgeschlossen werden könne. Es müsse berücksichtigt werden, dass bei den zurückliegenden Taten keine hochspezifische Täter-Opfer-Konstellation vorgelegen habe; die Opfer wirkten austauschbar. Es bleibe daher unklar, ob der Antragsteller, hätte er Zugang zu jüngeren Kindern gehabt, die Missbrauchstaten an diesen begangen hätte, gerade weil bei ihm keine Kernpädophilie, die häufig mit einer Fixierung auf ein bestimmtes Alter verbunden sei, vorliege. Im Rahmen der anzustellenden Prognose seien zudem Konstellationen zu diskutieren, die das geringe Risiko für Kinder unter 6 Jahren erhöhen könnten. Aufgrund der narzisstischen Persönlichkeitsstruktur, die auch die Gutachterin festgestellt habe, könne es in einer (ehelichen) Krisensituation zu einer Kränkung kommen, in der sich der Antragsteller erneut in erotisierender Weise sexuell auch jüngeren Kindern nähere. Hierbei bestehe auch ein - wenngleich sehr geringes - Restrisiko für den Missbrauch jüngerer Kinder und von Mädchen. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass es aus kriminalprognostischer Sicht beim Antragsteller mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu sexuellen Übergriffen auf unter 6-jährige Kinder kommen werde. Allerdings lägen Risikofaktoren vor, die die Wahrscheinlichkeit für pädophile Handlungen in der Tagespflege begünstigen bzw. erhöhen könnten. Beim Antragsteller bestehe daher ein Restrisiko, welches über dem Restrisiko einer beliebigen Person ohne vergleichbare Anlasstaten bzw. ohne eine vergleichbare Risikokonstellation liege.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.11.2020 wurde die Sachverständige Prof. Dr. D. ergänzend angehört, wobei sie an dem von ihr gefundenen Ergebnis der Begutachtung festhielt. Frau Dr. W. wurde informatorisch angehört und blieb ebenfalls bei ihrer Einschätzung. Jedenfalls in Krisensituationen sah sie ein höheres Risiko auch für andere als von der Gutachterin Prof. Dr. D. angesprochene Altersgruppen. Den Einfluss der Beziehung des Antragstellers zu seiner Ehefrau stufte sie hinsichtlich der Rückfallwahrscheinlichkeit aufgrund der jeweiligen die Taten verharmlosenden Äußerungen anders ein als bei einer stabileren, funktionaleren Beziehung.
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Mit Urteil vom 18.11.2020 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Antragsgegners vom 14.12.2018 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 27.06.2019 aufgehoben.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für die Rücknahme der Erlaubnis zur Kindertagespflege lägen nicht vor. Deren Erteilung erweise sich nicht als rechtswidrig. Der Antragsteller habe sich im Zeitpunkt des Erlasses der Erlaubnis als für die Kindertagespflege geeignet erwiesen. Ein Ausschlusstatbestand nach § 43 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 72a Abs. 1 SGB VIII habe nicht entgegengestanden. Der Berücksichtigung der Verurteilung des Antragstellers wegen einer Straftat unter anderem nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 und § 176 Abs. 1 Var. 1 und 2 StGB stehe das Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG entgegen. Es könne offen bleiben, ob die Erteilung einer Erlaubnis zur Kindertagespflege vom Anwendungsbereich des § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG erfasst werde. Denn der Ausnahmetatbestand sei deshalb nicht eröffnet, weil er nur eine Regelung für den Zugang zu einer bestimmten Betätigung treffe, aber nicht für Maßnahmen, die die betreffende Betätigung beendeten. Eine entsprechende Anwendung des § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG scheide aus systematischen Gründen aus. Es fehle auch nicht an einer der in § 43 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 SGB VIII genannten Voraussetzungen. Die Persönlichkeit des Antragstellers spreche nicht gegen seine Eignung als Tagespflegeperson. Dies gelte zunächst hinsichtlich der von dem Antragsgegner angenommenen Gefahr pädophiler oder sonstiger sexualisierter Handlungen gegenüber den von ihm betreuten Kindern. Im Rahmen von jugendhilferechtlichen Entscheidungen gehe es um eine Risikoeinschätzung, die grundsätzlich auch aufgrund deutlich niedrigschwelligerer Hinweise und Anhaltspunkte für eine Gefährdung der betreuten Kinder als einer strafrechtlichen Verurteilung getroffen werden könnte. Durch das forensisch-psychiatrische Prognosegutachten von Prof. Dr. D. vom 21.06.2020, ihre ergänzende Stellungnahme vom 29.09.2020 und ihre mündliche Stellungnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei nachvollziehbar und schlüssig ausgeschlossen worden, dass vom Antragsteller die Gefahr pädophiler Handlungen an Kindern bzw. Kleinkindern in der Tagespflege ausgehe. Die „sachverständige Drittmeinung“ von Frau Dr. W. vom 12.10.2020 könne keine Zweifel an der Einschätzung der Gutachterin begründen.
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Die geltend gemachten Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers aufgrund fehlerhafter Angaben zu seiner Verurteilung im Rahmen der Stellung des Antrags auf Verlängerung bzw. Neuerteilung hat das Verwaltungsgericht nicht geteilt. Eine anfängliche Rechtswidrigkeit der Erlaubnis zur Kindertagespflege ergebe sich auch nicht aus einer fehlenden Eignung des Antragstellers aufgrund seines Alters. Die weiteren Vorwürfe, die der Antragsgegner im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erhoben habe, könnten nicht Grundlage für die angegriffene Rücknahme der erteilten Erlaubnis sein. Eine Rücknahme komme nur in Betracht, wenn der Verwaltungsakt bei seinem Erlass bereits rechtswidrig gewesen sei. Umstände, die erst später eingetreten seien, könnten allenfalls einen Widerruf oder eine Aufhebung rechtfertigen. Die möglicherweise unzutreffenden Angaben des Antragstellers zum Aufenthaltsort seiner Ehefrau im Rahmen der Hausbesuche nach Erlass der Rücknahmeverfügung, die hierbei festgestellten mutmaßlichen Verstöße gegen die Pflicht zur höchstpersönlichen Betreuung, die Fortsetzung der Betreuung trotz Verbots und die vorgebrachte Verleitung von Eltern betreuter Kinder zu falschen Angaben gegenüber dem Jugendamt führten selbst bei Wahrunterstellung nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Erlaubnis zur Tagespflege im Zeitpunkt der Erteilung. Die Tagespflegeerlaubnis sei auch nicht wegen fehlender Sachkompetenz des Antragstellers rechtswidrig aufgrund von Vorfällen bzw. eines Unterstützungsbedarfs hinsichtlich seines Sohnes. Ihm mangele es auch nicht an der Kooperationsbereitschaft i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII. Dieses Merkmal beziehe sich auf die Erziehungsberechtigten und andere Tagespflegepersonen, nicht jedoch auf das Jugendamt und dessen Mitarbeiter. Der Antragsteller verfüge zudem über kindgerechte Räume i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII. Vor diesem Hintergrund könne sich auch bei einer Gesamtwürdigung nichts anderes ergeben.
32 
Das Verwaltungsgericht ist zu der Auffassung gelangt, dass der rechtswidrige Rücknahmebescheid auch nicht in einen rechtmäßigen Widerrufs- und Aufhebungsbescheid umgedeutet werden könne, da weder die Widerrufsvoraussetzungen nach § 47 Abs. 1 SGB X noch die Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorlägen. Der Vorwurf, der Antragsteller habe im Rahmen diverser Hausbesuche falsche Angaben zum Aufenthaltsort seiner Ehefrau getätigt, habe keinen Eignungsmangels hinsichtlich einer erforderlichen konkreten Gefährdung der zu diesem Zeitpunkt betreuten Kinder zu begründen vermocht. Zudem habe der Antragsgegner weder geprüft, wo sich die Ehefrau des Antragstellers aufgehalten hätten habe, noch, ob dem Antragsteller dies bekannt gewesen sei. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur höchstpersönlichen Betreuung der Kinder stehe ebenso wenig fest. Der Antragsgegner habe hierzu weder Nachweise vorgelegt noch hätte ein unterstellter Verstoß aus Sicht des Gerichts eine Aufhebung der Tagepflegeerlaubnis gerechtfertigt. Dem Antragsteller sei in der Erlaubnis ausdrücklich die Vertretung seiner Ehefrau gestattet worden und die Anzahl der insgesamt zu betreuenden anwesenden Kinder (5) habe deutlich über der Anzahl der ohne Vertretungsfall zu betreuenden anwesenden Kinder (2) gelegen. Diese Grenze sei zu keiner Zeit überschritten worden. Dem Antragsteller könne auch keine Verletzung der Pflicht zur höchstpersönlichen Betreuung vorgeworfen werden, wenn er Kinder betreue, die seiner Ehefrau zugeteilt gewesen seien. Der zudem erhobene Vorwurf, der Antragsteller habe die Eltern der von ihm betreuten Kinder dazu bewegt, gegenüber dem Jugendamt falsche Angaben zu machen, entbehre jeglicher Grundlage. Schließlich könne eine fehlende Eignung auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Antragsteller nach der erfolgten Rücknahme der Tagespflegeerlaubnis die Betreuungstätigkeit fortgesetzt habe. Denn der Antragsgegner habe nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen einer erlaubnispflichtigen Tagespflegebetreuung vorgelegen hätten.
33 
Gegen das am 27.01.2021 zugestellte Urteil vom 18.11.2020 hat der Antragsgegner am 17.02.2021 die vom Verwaltungsgericht S. zugelassene Berufung eingelegt und diese begründet.
34 
Am 14.04.2021 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der in diesem Verfahren erhobenen Klage gestellt. Er macht geltend, die Erfolgsaussichten der von dem Antragsgegner gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts S. vom 18.11.2020 eingelegten Berufung seien als zweifelhaft anzusehen. Die sich in der Hauptsache stellenden Rechtsfragen hinsichtlich der Verwertbarkeit der Verurteilung aus den 1990er Jahren, der Berücksichtigungsfähigkeit der Straftaten im Rahmen der Eignungsprüfung und der Frage, ob durch die Erteilung der Erlaubnis trotz Kenntnis der wesentlichen Umstände aus der Vergangenheit ein schutzwürdiges Vertrauen an seiner Eignung geschaffen worden sei, könnten im vorliegenden Verfahren nicht abschließend beurteilt werden. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung sei auf Seiten des Antragstellers sowohl zu berücksichtigen, dass er die Kindertagespflege als Erwerbstätigkeit ausübe als auch das zwischenzeitlich ergangene stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts S. Jedenfalls könne aufgrund des eingeholten Fachgutachtens eine latente Gefahr für das Kindeswohl als überragendes Rechtsgut ausgeschlossen werden. Die von dem Antragsgegner behauptete Gefährdung für die betreuten Kinder sei durch das Gutachten nahezu ausgeschlossen. Dass eine Gefährdung nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden könne, entspreche dem Stand der wissenschaftlichen Forschung.
35 
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Er bringt im Wesentlichen vor, die Entscheidung des Senats vom 23.04.2019 (12 S 675/19) müsse bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin fortbestehen. Die Aufhebungsentscheidung sei rechtmäßig verfügt worden. Der Antragsteller sei aus mehreren, im Einzelnen angeführten Gründen als nicht zur Kindertagespflege geeignet i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII anzusehen. Die Gründe führten jeweils für sich genommen zur Ungeeignetheit des Antragstellers. Jedenfalls in einer Gesamtschau aller Gründe sei von einer Ungeeignetheit auszugehen. Die Aufhebungsentscheidung sei in verhältnismäßiger Weise unter besonderer Berücksichtigung der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ergangen.
36 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von dem Verwaltungsgericht vorgelegten Gerichtsakten (17 K 618/19 und 17 K 3773/19 sowie 17 K 444/19, 17 K 3772/19 und 3915/19 ) und Behördenakten (jeweils 2 Bände) sowie auf die Akten des Senats im vorliegenden Verfahren, dem anhängigen Berufungsverfahren (12 S 632/21) und dem abgeschlossenen Beschwerdeverfahren (12 S 675/19) sowie auf die parallelen Verfahren der Ehefrau des Antragstellers (12 S 602/21 , 12 S 676/19 und 12 S 2032/21 § 80 Abs. 7 VwGO>) verwiesen.
II.
37 
Der Senat ist für die Entscheidung über den Antrag zuständig. Nach Eingang der Berufung in dem zugehörigen Hauptsacheverfahren (12 S 632/21) ist er das Gericht der Hauptsache i.S.d. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 20.07.2020 - 2 B 255/20.A -, juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 80 Rn. 142; für den Fall eines Berufungszulassungsverfahrens BVerwG, Beschluss vom 04.11.2021 - 6 AV 9/21 -, juris Rn. 13; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.03.2021 - 7 B 10450/21 -, juris Rn. 2).
38 
Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die in einem Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ergangene Entscheidung richtig ist; es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage eine andere Entscheidung bezüglich der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. 03.2011 - 8 VR 2.11 -, juris Rn. 8, vom 26.07.2017 - 1 VR 6. 17 -, juris Rn. 3, und vom 14.03.2019 - 6 VR 1.19 -, juris Rn. 5; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2015 - 8 S 492/15 -, juris Rn. 9).
39 
Eine Veränderung der Umstände kann in nachträglich eingetretenen tatsächlichen Verhältnissen oder auch in einer nachträglichen Änderung der Rechtslage bestehen. Sie kann - etwa aufgrund neuer Erkenntnisse im Hauptsacheverfahren - auch in nachträglich eingetretenen tatsächlichen Verhältnissen liegen, die die Interessenabwägung beeinflussen können. Dazu gehören auch erst nachträglich zur Verfügung stehende Beweismittel, wenn durch sie die bisherige Entscheidung überholt ist und neu überdacht werden muss. Voraussetzung ist, dass die jeweiligen Umstände entscheidungserheblich sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.03.2016 - 8 B 1341/15 -, juris Rn. 19 ff., m. w. N.; Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 185, m. w. N.). Zudem kann nicht jede Veränderung in diesem Sinne eine beachtliche Veränderung der Prozesslage bewirken. Mit Blick auf die „innere Festigkeit“ (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 12.06.1996 - 10 Q 1293/95 -, juris Rn. 2) eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO, der immerhin begrenzte Rechtskraft hat und als Vollstreckungstitel dienen kann, sowie unter Einbeziehung des Aspekts der Rechtssicherheit muss es sich um eine Veränderung handeln, die das bisherige Ergebnis der Interessenabwägung umkehren kann (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 20.07.1998 - 11a B 993/98.NE -, juris Rn. 17, vom 28.11.2012 - 1 M 83/12 -, juris Rn. 42, und vom 23.07.2020 - 7 B 803/20 -, juris Rn. 4; Bayerischer VGH, Beschluss vom 19.07.2012 - 2 NE 12.1520 -, juris Rn. 3).
40 
Der danach von dem Antragsteller gestellte Antrag, der sachdienlich (s. Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 22.04.2021) als ein solcher nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO mit dem Ziel der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von ihm erhobenen Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14.12.2018 auszulegen ist, ist zulässig. Insbesondere trägt er mit dem von ihm angesprochenen, im Rahmen des Klageverfahrens eingeholten Gutachten der Prof. Dr. D. vom 21.06.2020 jedenfalls einen neuen, im ursprünglichen Verfahren nicht geltend gemachten Umstand vor, aus dem sich die Möglichkeit einer Änderung des Beschlusses des Senats vom 23.04.2019 (12 S 675/19), mit dem ein darauf gerichteter Antrag abgelehnt worden war, ergeben kann.
41 
Der Antrag ist allerdings unbegründet. Das nun vorliegende Gutachten der Prof. Dr. D. vom 21.06.2021 und ihre ergänzende schriftliche Stellungnahme vom 29.09.2020 sowie ihre mündlichen Erläuterungen in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 18.11.2020 und das darauf basierende stattgebende Urteil führen im Ergebnis nicht zu einer vom früheren Aussetzungsverfahren abweichenden Beurteilung der Sach- oder Rechtslage und einer darauf fußenden Interessenabwägung.
42 
Zum einen ist nach wie vor offen, ob ein Ausschluss des Antragstellers aus dem Kreis der Personen, die eine Tagespflegeerlaubnis erhalten können, bereits deswegen erfolgen könnte (§ 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII), weil er rechtskräftig wegen einer der in § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII aufgezählten Katalogstraftaten verurteilt worden ist (dazu 1.). Zum anderen teilt der Senat bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage, bei der er das von dem Antragsteller ausdrücklich zu seinen Gunsten angeführte, im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens durch Beweisbeschluss vom 04.12.2019 eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. D. berücksichtigt, nicht die Auffassung des Antragstellers und des Verwaltungsgerichts, wonach sich der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der nach § 45 SGB X zurückgenommenen Erlaubnis zweifellos als i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII geeignet zur Betreuung von Kindern in der Tagespflege erwiesen hat (dazu 2.). Auch erscheint dem Senat eine Umdeutung des Rücknahmebescheids in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X nicht unter jedem der von dem Antragsgegner angeführten Gründe ausgeschlossen zu sein (dazu 3.). Schließlich lässt es nach wie vor auch eine Interessenabwägung nicht zu, den Antragsteller trotz der noch nicht endgültig geklärten rechtlichen und tatsächlichen Fragen die kindertagespflegerische Tätigkeit i.S.d. § 43 SGB VIII bis zum rechtskräftigen Abschluss der gegen die Rücknahme seiner Tagespflegeerlaubnis gerichteten Klage fortsetzen zu lassen (dazu 4.).
43 
1. Unabhängig von dem nun vorliegenden, von dem Antragsteller für eine Änderung der Sach- und Rechtslage angeführten Gutachten der Prof. Dr. D. ist es - wie der Antragsteller im Übrigen selbst ausführt - nach wie vor noch nicht abschließend berufungsgerichtlich geklärt, ob ein Ausschluss des Antragstellers aus dem Kreis der Personen, die eine Tagespflegeerlaubnis erhalten können, bereits deswegen hätte erfolgen können (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII), weil er seinen eigenen Angaben zufolge wegen einer der in § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII aufgezählten Katalogstraftaten verurteilt worden ist. Der auf § 45 Abs. 1, 2 SGB X basierende Rücknahmebescheid vom 14.12.2018 könnte - aufgrund eines im Zeitpunkt der Erteilung der Tagespflegeerlaubnis vom 24.07.2018 möglicherweise bestehenden gesetzlichen Eignungshindernisses - allein aus diesem Grund zu Recht erlassen worden sein. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 18.11.2020 diese Rechtsfrage nach der Verwertbarkeit der Verurteilung zwar verneint. Es hat ihre abschließende Klärung allerdings zugleich für grundsätzlich bedeutsam erachtet und aus diesem Grund die vom Antragsgegner in der Folge eingelegte Berufung gegen sein Urteil nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen. Bei der von dem Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 18.11.2020 vorgenommenen rechtlichen Einzelfallbeurteilung, die sich von derjenigen der zweiten Instanz im Beschluss des Beschwerdeverfahrens vom 23.04.2019 (12 S 675/19) in einzelnen Punkten unterscheidet, handelt es sich vor diesem Hintergrund schon nicht um eine relevante Änderung der Sach- und Rechtslage i.S.d. § 80 Abs. 7 VwGO, die das bisherige Ergebnis der vom Senat in seinem Beschluss vom 23.04.2019 vorgenommenen Interessenabwägung (dort unter II. 2.) umkehren könnte (vgl. im Übrigen zu den engen Grenzen einer in diesem Sinne relevanten Änderung der Rechtsprechung etwa Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 80 Rn. 153 m.w.N.; Hoppe in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 134 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 80 Rn. 197 m.w.N.). Die Klärung der strittigen Frage, ob die rechtskräftige Verurteilung wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Rahmen des § 43 Abs. 2 Satz 4, § 72a Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VIII nicht mehr vorgehalten bzw. auch nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen oder ob hiervon aufgrund der Vorschrift des § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG (kein Vorhalte- und Verwertungsverbot bei sicherheitsrelevanten Zulassungs- und Erlaubnisverfahren) auch im Fall der Rücknahme einer - aus Gründen des Kinderschutzes jeweils nur für die Dauer von fünf Jahren - erteilten Tagespflegeerlaubnis eine Ausnahme zu machen ist, ist in einem Hauptsacheverfahren abschließend zu klären (vgl. zu § 51 Abs. 1 BZRG Schindler/Smessaert in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 72a Rn. 25; Kößler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 72a Rn. 23 unter Bezugnahme auf DIJuF - Gutachten v. 26.07.2017, SN_2017_0319 Sm; vgl. zu § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG: BT-Drs. 19/18019, S. 2 f. und BR-Drs. 63/22, S. 3; BVerwG, Urteil vom 26.03.1996 - 1 C 12/95 -, juris , und Beschluss vom 30.10.2014 - 2 B 109/13 -, juris ; Bücherl in: BeckOK StPO, § 52 Rn. 8 ).
44 
2. Der Senat teilt bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage, bei der er das von dem Antragsteller ausdrücklich zu seinen Gunsten angeführte, im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens durch Beweisbeschluss vom 04.12.2019 eingeholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. D. berücksichtigt, nicht die Auffassung des Antragstellers und des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 18.11.2020, wonach sich der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung der nach § 45 SGB X zurückgenommenen Erlaubnis unter Berufung auf die Sachverständige Prof. Dr. D. und unter Zurückweisung des Vorbringens der Antragsgegnerseite als i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII geeignet zur Betreuung von Kindern in der Tagespflege erwiesen hat. Auch mit Blick hierauf hat eine Änderung des Beschlusses des Senats vom 23.04.2019 (12 S 675/19) zu unterbleiben.
45 
Nach § 43 Abs. 2 SGB VIII wird die Erlaubnis zur Kindertagespflege erteilt, wenn die Person hierfür geeignet ist. Geeignet sind nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, ihre Sachkompetenz und ihre Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen und zum anderen über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Der Begriff der Eignung der Tagespflegeperson ist dabei nicht in das Ermessen der zuständigen Behörde, also des örtlichen Jugendamtes, gestellt, sondern es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 24.02.2020 - 3 B 262/19 -, juris Rn. 5; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.07.2012 - 12 B 815/12 -, juris Rn. 3; Busse in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 43 Rn. 31 ).
46 
Wie im Beschluss des Senats vom 23.04.2019 (12 S 675/19) bereits ausgeführt, kann dem Antragsteller, der seinen eigenen Angaben zufolge in den 1990er Jahren wegen seiner praktizierten pädophilen bzw. hebephilen Neigungen rechtskräftig verurteilt worden ist, diese Verurteilung nach Ablauf der Tilgungsfrist möglicherweise nicht mehr entgegengehalten werden. Allerdings setzt die Annahme der fehlenden Eignung der Betreuungsperson für sich genommen keine Anklageerhebung oder gar eine Verurteilung im strafrechtlichen Sinne voraus. Die fehlende Verurteilung aufgrund von Straftaten nach § 72a SGB VIII ist nur eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die persönliche Eignung im Sinne von § 43 SGB VIII. Im Rahmen der Eignungsprüfung nach § 43 Abs. 2 SGB VIII geht es entsprechend der präventiven, auf die Vermeidung eines künftigen Schadenseintritts gerichteten und daher vom Zweck des strafgerichtlichen Verfahrens abweichenden Zielsetzung des Erlaubnisvorbehalts um eine Risikoeinschätzung für eine jugendhilferechtliche Entscheidung, die grundsätzlich auch aufgrund deutlich niederschwelligerer Hinweise und Anhaltspunkte für eine Gefährdung der betreuten Kinder als einer strafrechtlichen Verurteilung getroffen werden kann.
47 
Mit Blick auf die in § 43 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VIII deutlich erkennbare Zielrichtung des § 43 Abs. 2 SGB VIII, über das Merkmal der Eignung der Tagespflegeperson Qualitätsstandards zu setzen und eine kindgerechte Pflege der zu betreuenden Kinder sicherzustellen, kann sich eine Tagespflegeperson unter anderem nur dann durch ihre Persönlichkeit und Sachkompetenz im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII „auszeichnen“, wenn sie den zu betreuenden Kindern ein in jeder Beziehung kindgerechtes Umfeld zur Verfügung stellt und die Kinder bei der Tagespflege nicht Risiken oder Gefährdungen ausgesetzt werden, die ihrer Entwicklung schaden können (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.01.2015 - 12 C 14.2846 -, juris Rn. 16; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.09.2008 - 12 B 1224/08 -, juris Rn. 15; VG Würzburg, Urteil vom 17.01.2019 - W 3 K 18.67 -, juris Rn. 48; VG Aachen, Beschluss vom 15.05.2006 - 2 L 193/06 -, juris Rn. 25; VG Osnabrück, Beschluss vom 26.11.2009 - 4 B 28/09 -, juris Rn. 15).
48 
Die persönliche Eignung der Pflegeperson ist nicht gegeben, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass sie das sittliche Wohl des Kindes oder Jugendlichen gefährden könnte (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.06.2016 - 12 A 2086/14 -, juris Rn. 43 [zu § 43 SGB VIII] und Beschluss vom 17.03.2016 - 12 A 140/15 -, juris Rn. 7 [zu § 44 SGB VIII]). Pädophile Neigungen können, selbst ohne eine Verurteilung, bei der Eignungsprüfung im Rahmen des Erlaubnisverfahrens berücksichtigt werden (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 14.11.2017 - 4 A 16/16 -, juris Rn. 26; Kößler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 72a Rn. 17 ; Schindler/Smessaert in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 72a Rn. 2 und Rn. 25). Die Frage der Geeignetheit ist dabei auch nicht gleichzusetzen mit der einer Kindeswohlgefährdung im engeren Sinne. Denn die Voraussetzungen für die Annahme einer Kindeswohlgefährdung sind keineswegs deckungsgleich mit den Voraussetzungen des hier einschlägigen § 43 Abs. 2 SGB VIII. Mit dem insbesondere in § 8a SGB VIII verwendeten Begriff der Kindeswohlgefährdung knüpft das Kinder- und Jugendhilferecht an den aus § 1666 Abs. 1 BGB bekannten Terminus an. Er markiert dort die Interventionsschwelle, von der an der Staat in Gestalt des Familiengerichts in das elterliche Sorgerecht eingreifen darf und auch muss, um in Ausübung seines Wächteramtes (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) das Kind vor Gefahren zu schützen, wenn die Eltern nicht fähig oder nicht willens sind, diese Gefahren abzuwehren. Eine Kindeswohlgefährdung liegt dann vor, wenn eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt; typische Anwendungsfälle sind Kindesmisshandlung, sexuelle Gewalt und Vernachlässigung. Mit Blick auf die Zielrichtung des § 43 Abs. 2 SGB VIII, über das Merkmal der Eignung der Tagespflegeperson unter anderem Qualitätsstandards zu setzen und eine in jeder Beziehung kindgerechte Pflege der zu betreuenden Kinder sicherzustellen, liegt es auf der Hand, dass die Eignung einer Tagespflegeperson nicht erst dann verneint werden kann, wenn im Rahmen der Tagespflege eine Gefahr im soeben umschriebenen Sinne droht (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.07.2015 - 12 B 606/15 -, juris Rn. 27).
49 
Die Einstufung des Risiko- bzw. Gefahrengrades steht zudem in einer Wechselbeziehung zu der Schadensträchtigkeit für das Kindeswohl. Je gravierender und schwerwiegender sich der Schaden für das in der Tagespflege betreute Kind darstellt, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit der Gefahr für das Wohl des Kindes zu stellen, sofern die Wahrscheinlichkeit über die Annahme aufgrund bloßer Vermutungen hinausgeht. Maßgeblich sind die Gesamtumstände.
50 
Sexuell unangemessene Handlungen an bzw. gegenüber Kindern sind dabei in hohen Maße persönlichkeitsschädigend und damit besonders schadensträchtig, weil sie in den Reifeprozess eines jungen Menschen eingreifen und nachhaltig die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit gefährden können. Ein Kind oder Jugendlicher kann wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife das Erlebte intellektuell und psychisch in der Regel gar nicht oder nur sehr schwer verarbeiten. Insbesondere ein sexueller Missbrauch kann langfristige seelische Traumatisierungen zur Folge haben, die es dem betroffenen Menschen auf lange Zeit oder dauerhaft unmöglich machen, ein von psychischer Beeinträchtigung freies und selbstbestimmtes Leben zu führen. Zugleich benutzt der Täter sein kindliches Opfer als Mittel der Befriedigung seines Geschlechtstriebs. In der Herabminderung zum bloßen Objekt seines eigenen Sexualverhaltens liegt eine grobe Missachtung der Menschenwürde und der Persönlichkeitsrechte des betroffenen Kindes (zu den Wirkungen eines sexuellen Missbrauchs auf Kinder: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2015 - DB 13 S 1634/15 -, juris Rn. 52).
51 
Aufgrund dieser von sexuellen Handlungen ausgehenden hohen Schadensträchtigkeit für das Kind muss eine Prognose vorliegen, wonach pädophile Handlungen in der Kindestagespflegestelle ausgeschlossen sind (vgl. ähnlich: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.06.2006 - 12 B 800/06 -, juris Rn. 10; VG Würzburg, Urteil vom 22.03.2012 - W 3 K 11.463 -, juris Rn. 26). Das in der Tagespflege betreute Kind darf insoweit keinem Risiko ausgesetzt sein. Vor diesem Hintergrund dürfte der von dem Verwaltungsgericht seiner Entscheidung vom 18.11.2020 (17 K 3773/19) zugrunde gelegte Maßstab, wonach ein Fehlen der persönlichen Eignung für die Kindertagespflege im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VIII nur dann anzunehmen sei, wenn der festgestellte charakterliche Mangel negative Auswirkungen von nicht unerheblichem Gewicht auf die betreuten Kinder konkret befürchten lasse (s. dort UA S. 37, 47 f.), im Hinblick auf die Konkretheit der Gefahr im Sinne einer qualitativen Betrachtungsweise zu präzisieren und anzupassen sein.
52 
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei der Beurteilung der prognostischen Wahrscheinlichkeit einer Kindeswohlgefährdung nicht der strafrechtliche Grundsatz „in dubio pro reo“ - „Im Zweifel für den Angeklagten“-, sondern die Formel „in dubio pro infante“ - „Im Zweifel für das (Klein-)Kind“ - zur Anwendung kommt (vgl. Mörsberger in: Wiesner, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 43 Rn. 23a und § 44 Rn. 18a).
53 
Unter Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls lässt sich nach wie vor nicht hinreichend verlässlich feststellen, dass die bereits einmal in entsprechenden Handlungen nach außen manifestierte pädophile bzw. hebephile Neigung des Antragstellers eine solche Veränderung erfahren hat, dass eine Gefährdung von Kindern auszuschließen wäre.
54 
Der Antragsteller hat seine pädophile bzw. hebephile Neigung selbst eingeräumt und angegeben, in den 1990er Jahren wegen sexueller Übergriffe strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein. Er hat im Verfahren nach dem Bekanntwerden seiner strafrechtlichen Verurteilung aufgrund der Mitteilung eines anonymen Hinweisgebers auch eine Stellungnahme des ihn seinerzeit behandelnden Arztes Prof. Dr. F. vom 13.10.1995 vorgelegt, worin ihm der Sektionsleiter für Forensische Psychiatrie bescheinigt, dass er sich von August 1993 bis Januar 1995 in regelmäßiger ambulanter psychotherapeutischer Behandlung mit insgesamt 80 Therapiestunden befunden habe. Anlass für die Behandlung seien pädophile Delikte gewesen, die der Antragsteller begangen hätte. Aus Sicht des behandelnden Arztes war die psychotherapeutische Behandlung Ende Januar 1995 erfolgreich abgeschlossen. Beim Antragsteller soll danach keine Pädophilie i.S. einer sexuellen Devianz (sexuellen Perversion) vorgelegen haben und es sei ihm sowohl rational-intellektuell wie emotional möglich gewesen zu erkennen, aus welchen Gründen er die Handlungen mit den Jugendlichen begangen hätte. Die Prognose bezüglich solcher pädophiler Handlungen war aus Sicht des behandelnden Arztes gut. Diese positive Prognose ist allerdings in Zusammenhang mit dem seinerzeit ausgeübten Beruf eines Pfarrers zu sehen, den der Antragsteller nach seiner Verurteilung im Bereich der Altenseelsorge weiter ausgeübt hat. Dies lässt sich dem vorgelegten ärztlichen Bericht im letzten Absatz deutlich entnehmen. Die vorgelegte ärztliche Äußerung verhält sich somit nicht zur Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn der Antragsteller sein - berufliches - Betätigungsfeld ändert und nunmehr Kleinkinder und Kinder im Vorschulalter betreut, auch wenn die bekannt gewordenen Übergriffe länger zurückliegen und sich auf ältere männliche Kinder und Jugendliche beschränkt haben sollen.
55 
Dass der Antragsteller durch die Therapie so gefestigt ist, dass keinerlei Risiken für diese Gruppe von Kindern bestehen, steht - auch unter Berücksichtigung des im Rahmen des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens eingeholten Sachverständigengutachtens der Prof. Dr. D. vom 21.06.2020 und ihrer ergänzenden schriftlichen und mündlichen Erläuterungen - nicht hinreichend sicher fest. Dieses Gutachten kann Zweifel an der Geeignetheit des Antragstellers für die Kindertagespflege nicht gänzlich ausräumen.
56 
Die Gutachterin hat danach festgestellt, dass beim Antragsteller eine sog. „pädophile Nebenströmung“ vorgelegen hat (s. Gutachten Prof. Dr. D. vom 21.06.2020, S. 18, ergänzende Stellungnahme vom 29.09.2020, S. 3 und Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 3) und eine narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung, wenn auch ohne pathologisches Korrelat, besteht (s. Gutachten Prof. Dr. D. vom 29.09.2020, S. 14 und Protokoll der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts, S. 3). Zudem hat sie die Beziehung des Antragstellers zu seiner Ehefrau deshalb als problematisch angesehen, weil diese Kenntnis von dem Missbrauch hatte, in diesen Zeitraum auch die Verbindung der Eheleute gefallen ist und die Ehefrau die Taten wie der Antragsteller bagatellisiert (Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 3). Psychodynamisch hat sie die Beziehung als problematisch angesehen, weil der Antragsteller eine schutzbefohlene Konfirmandin geheiratet habe und etwa angegeben habe, die Tagespflege allein seiner Frau zuliebe zu betreiben, was ihn insoweit erpressbar mache (Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 4).
57 
Zwar ist die Gutachterin zu dem Ergebnis gelangt, dass für Kinder in dem Alter von 0 bis 6 Jahren gegenüber der Allgemeinbevölkerung kein erhöhtes Risiko bestehe und sie eine Gefährlichkeit für Kinder in diesem Alter nicht sehe. Ein erhöhtes Risiko hat sie lediglich im Bereich pubertierender Jungen im Alter von 10 bis 14 Jahren angenommen (s. Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 3; Gutachten vom 21.06.2020, S. 9, 11). Zu sehen ist dabei allerdings auch, dass sie zu ihrer Auffassung auf der Grundlage von Prognoseinstrumenten (Stable-2007 und Static-99) gelangt ist, nach deren Anwendung sie „keine Dringlichkeit von Betreuung und Kontrolle“ feststellen konnte. Dieser von der Gutachterin zugrunde gelegte Maßstab, den sie in ihren gutachterlichen Stellungnahmen an mehreren Stellen aufführt (s. Gutachten Prof. Dr. D. vom 21.06.2020, S. 19, ergänzende Stellungnahme vom 29.09.2020, S. 5), wirft jedenfalls - da es im vorliegenden Fall nicht um eine strafrechtliche Prognose für eine „lebenslange Betreuung und Kontrolle“ geht, wie sie etwa im Rahmen der Führungsaufsicht vorzunehmen ist - weiter aufzuklärende Zweifel an der Validität des von der Gutachterin gefundenen Ergebnisses auf. Dabei ist mit dem Verwaltungsgericht zwar davon auszugehen, dass die Gutachterin spätestens in der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel mehr daran gehabt haben dürfte, dass es sich um eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit betreffend die Eignung zur Ausübung der Kindertagespflege handelt. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Gutachterin bei der Bewertung des Restrisikos einen rein strafrechtlichen Prognose- bzw. Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt hat, der sich von dem kinder- und jugendhilferechtlichen Eignungsmaßstab unterscheiden dürfte (s. dazu: Boetticher/Koller/Böhm/Brettel/Dölling/Höffler/Müller-Metz/Pfister/Schneder/ Schöch/Wolf, Empfehlungen für [strafrechtliche] Prognosegutachten, NStZ 2019, 553 ff. und zur Hinnahme von Restrisiken in diesem Bereich insb. S. 553 und 556), und sie die von ihr zugrundegelegten wissenschaftlichen Instrumente auf diese (strafrechtlich relevante) Zielrichtung angewendet hat.
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Unter Zugrundelegung verschiedener Prognoseinstrumente, unter anderem der sog. Tanner Stadien, ist die Gutachterin zudem zunächst zu dem Ergebnis gelangt, dass hebephile und pädophile Taten ausgeschlossen werden könnten (s. Gutachten Prof. Dr. D. vom 21.06.2020, S. 18), wobei sie auf Seite 20 des Gutachtens dahingehend formulierte, dass für männliche Kinder von 10 bis 14 Jahren ein Restrisiko bestehe, da es keine absoluten Prognosen gebe. Diese in sich nicht ganz stimmige Feststellung korrigierte sie im Rahmen ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht aufgrund einer unrichtigen Zuordnung der Altersgruppen bei Anwendung der sog. Tanner Stadien. Ein erhöhtes Risiko bei Kindern im Alter zwischen 0 und 6 Jahren schloss sie dennoch aus, weil der Antragsteller insoweit noch nie Taten begangen habe und er trotz der Streitigkeiten um die Kindertagespflege spätestens seit dem Jahr 2015 nicht rückfällig geworden sei; zudem stellte sie darauf ab, dass der Antragsteller aufgrund seiner Tätigkeit als evangelischer Pfarrer im Missbrauchszeitraum „sicherlich Kontakte zu Kindern im Altersspektrum von 0 bis 6 Jahren“ gehabt habe. Hinsichtlich Letzterem ist allerdings auch zu sehen, dass der Antragsteller sowohl bei seiner ersten Anhörung durch den Antragsgegner als auch im Rahmen der von der Gutachterin durchgeführten Anamnese angegeben hat, dass die Opfer der sexuellen Übergriffe freiwillig zu ihm gekommen seien und er sich vorstellen könne, „wenn Mädchen zu ihm gekommen wären, es ebenfalls hätte passieren können“, wobei er hinzufügte, „damals zu viel Respekt vor Mädchen gehabt [zu] habe[n]“ (s. Gutachten vom 21.06.2020, S. 10). Mit Blick hierauf steht auch ein Gefährdungsrisiko für Kinder (einschließlich Mädchen) im Alter von 0 bis 6 Jahren im Raum. Insbesondere werden Kinder in der Kindertagespflege nicht unfreiwillig zu ihm kommen. Diese werden dem Antragsteller von ihren Eltern gerade zur Betreuung anvertraut und möglicherweise gerne bei ihm sein. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob die Gutachterin die spezifische Tagespflegekonstellation bei der Betreuung von Kleinkindern im Blick hatte. Denn diese umfasst nicht nur die Ergreifung pflegerischer Maßnahmen im Intimbereich der Kinder, sondern ist auch durch ein spezielles Näheverhältnis zwischen der Betreuungsperson und dem Kleinkind geprägt; die Kontakte im Zusammenhang mit der Betreuung von kleinen Kindern sind in körperlicher Hinsicht etwa beim Trösten, dem Kleider wechseln oder auch dem Toilettengang wesentlich intimer als dies bei der Betreuung von älteren Personen der Fall ist.
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Der Einwand des Antragsgegners, dass die eine Gefahr für Kinder zwischen 0 und 6 Jahren verneinende Einschätzung der Gutachterin im schriftlichen Gutachten letztlich auf einer Vermutung basiere, an der sie auch in der mündlichen Verhandlung ohne wissenschaftliche Begründung festgehalten habe, ist daher nicht von der Hand zu weisen. Er ist - zusammen mit den aufgeführten Unstimmigkeiten einzelner ihrer Ausführungen und dem von ihr bei der Anwendung der Prognoseinstrumente zugrunde gelegten Maßstab einer „weiteren Betreuung und Kontrolle“ - geeignet, die Validität des Begutachtungsergebnisses der Sachverständigen Prof. Dr. D. in Bezug auf die Betreuung von Kindern unter 10 Jahren durch den Antragsteller in Frage zu stellen.
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Mit Blick hierauf kann zudem die vom Antragsgegner eingeholte sachverständige Drittmeinung der Dr. W. vom 12.10.2020 nicht unberücksichtigt bleiben. Die Diplom-Psychologin ist - ohne eigene Begutachtung des Antragstellers, aber unter Heranziehung der Befunderhebung durch Prof. Dr. D. - zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt und hat ein Rückfallrisiko für neuerliche sexuelle Übergriffe zum Nachteil von Jungen und Mädchen auch in einem Alter von unter 6 Jahren bejaht. An diesem Ergebnis hat sie im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht festgehalten. Inwieweit die vor dem Hintergrund der festgestellten pädophilen Nebenströmung aus ihrer Sicht gefahrerhöhend wirkenden Umstände und risikobehafteten Dynamiken, die sie auf der Grundlage der Befunderhebung von Prof. Dr. D. im Gutachten vom 21.06.2020 herausgearbeitet hat und unter anderem in der Externalisierung der Verantwortung, der festgestellten narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung, dem Bagatellisieren des Missbrauchs, kognitiven Verzerrungen und der auch von der Gutachterin Prof. Dr. D. festgestellten problematischen Beziehung zur Ehefrau sieht (s. sachverständige Drittmeinung vom 12.10.2020, S. 17 ff.), eine Rolle spielen können, bedarf dabei ebenfalls einer näheren Betrachtung im Berufungsverfahren. Dass der Antragsteller Verantwortung von sich weist und kein Schuldbewusstsein hinsichtlich der von ihm begangenen pädophilen Delikte zeigt, veranschaulichen seine Angaben im Rahmen der Befunderhebung durch die Gutachterin Prof. Dr. D. (s. Gutachten vom 21.06.2020). In diesem Rahmen hat er unter anderem Aussagen wie „er glaube nicht, dass er jemanden langfristig geschädigt habe“ (S. 10), „bis auf die Entgleisungen sei er eine sehr gute Bezugsperson gewesen“ (S. 10), „die Jungs hätten damals ihn aufgesucht und wegen seiner offenen Art die Gelegenheit zum Sex genutzt“ (S. 10), „sein Problem sei das Nichtaufzeigen von Grenzen gewesen“ (S. 11) getätigt. Steht danach nicht fest, dass der Antragsteller keinerlei Disposition zu pädophilen Handlungen mehr aufweist, ist - auch wenn es im Rahmen seiner Tätigkeitsausübung in der Kindertagespflege bislang zu keinen Beanstandungen gekommen ist - ein Risiko für die ihm anvertrauten Kinder nicht hinreichend sicher ausgeschlossen und seine Eignung dadurch nach wie vor in Frage gestellt. Mit seiner Entscheidung, einen Beruf in der Kindertagespflege aufzunehmen, hat er eine Tätigkeit aufgenommen, die das Restrisiko von pädophilen Handlungen begünstigt - ein solches Restrisiko ist in der Kinder- und Jugendhilfe allerdings nicht hinnehmbar.
61 
Folglich können sich auch keine Änderungen in Bezug auf die Erwägungen des Senats zum Vertrauensschutz i.S.d. § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X und dem von dem Antragsgegner ausgeübten Rücknahmeermessen ergeben (vgl. Beschluss des Senats vom 23.04.2019 - 12 S 675/19 -, BA S. 11 f.). Insbesondere steht kein für den Antragsteller milderes Mittel zur Verfügung, mit welchem einem Gefährdungsrisiko gleich wirksam, aber für den Antragsteller weniger belastend als durch eine Rücknahme der Tagespflegeerlaubnis begegnet werden könnte. Eine Beschränkung der Tagespflege etwa auf weibliche Kleinkinder wäre ungeachtet dessen, dass es nach wie vor nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass weibliche Kinder keinesfalls dem Risiko pädophiler Handlungen durch den Antragsteller ausgesetzt wären, sowohl wenig praktikabel als auch vom Antragsgegner kaum lückenlos zu überwachen. Hinzu kommt, dass auch die verlässliche Befolgung etwaiger Auflagen durch den Antragsteller und seine Ehefrau aufgrund des in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - hierzu sogleich - in Frage steht.
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3. Abgesehen davon erscheint dem Senat eine Umdeutung des Rücknahmebescheids in einen - vom Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung ebenfalls in Erwägung gezogenen, im Ergebnis aber für nicht möglich befundenen - rechtmäßigen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X nicht unter jedem der von dem Antragsgegner angeführten Gründe ausgeschlossen zu sein. Auch aus diesem Grund dürfte es im Ergebnis an der Entscheidungserheblichkeit des von dem Antragsteller für eine relevante Änderung der Umstände angeführten Begutachtungsergebnisses der Prof. Dr. D. im Gutachten vom 21.06.2020 mangeln.
63 
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. In den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll er abweichend hiervon bereits ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Als Änderung der Verhältnisse, die beim Erlass der Erlaubnis zur Tagespflege vorgelegen haben, kommen solche Umstände in Betracht, die nun die Eignung des Antragstellers entfallen lassen, im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung aber noch nicht vorgelegen haben (vgl. hierzu: Steinwedel in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 45 SGB X Rn. 24 ). Insoweit können sich Eignungszweifel i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII aus einem nach Aufhebung der Tagespflegeerlaubnis gezeigten unkooperativen Verhalten des Antragstellers und wegen etwaig erfolgten falschen Angaben im Zusammenhang mit der Ausübung der Tagespflege ergeben, was gegebenenfalls einer weiteren Aufklärung im Hauptsacheverfahren bedarf.
64 
Zur persönlichen Eignung i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Var. 1 SGB VIII gehört, dass sich die Tagespflegeperson durch ihre Persönlichkeit auszeichnet. Die charakterlichen Eigenschaften sollen die Pflegeperson dazu befähigen, die in § 22 Abs. 2 und 3 SGB VIII geregelten Ziele erfüllen zu können. Hierzu zählen unter anderem die Zuverlässigkeit, das Verantwortungsbewusstsein und die Vorbildfunktion der Tagespflegeperson (vgl. Busse in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 43 Rn. 35 m.w.N.). Eine geeignete Tagespflegeperson muss in der Lage sein, ihr Handeln zu begründen und zu reflektieren, sowie mit Konflikten und Kritik konstruktiv umzugehen. Sie muss nach § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Var. 3 SGB VIII außerdem zur Kooperation mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen bereit sein (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.08.2008 - 12 B 1224/08 -, juris Rn. 17; Busse in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 43 Rn. 40 f. ).
65 
Der Antragsteller hat ausweislich seiner eigenen Angaben bis zur Kontrolle am 07.01.2019 weder seiner Ehefrau als weiterer Tagespflegeperson noch den Eltern der von seiner Ehefrau und ihm betreuten Kinder mitgeteilt, dass seine und die Tagespflegeerlaubnis seiner Ehefrau am 14.12.2018 von dem Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehoben worden ist. Er hatte nach Aktenlage vielmehr selbst die Tagespflege fortgesetzt und zwei ihm zugewiesene Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, betreut, für die er offenbar auch eine entsprechende Vergütung durch den Landkreis H. und den Antragsgegner erwartet hat (vgl. Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 13.09.2019 17 K 3773/19> und Schreiben des Landratsamts H. vom 30.01.2019 ). Dies lässt nicht nur auf eine mangelnde Kooperationsbereitschaft zu den Eltern der betreuten Kinder und zu seiner Ehefrau als Tagepflegeperson schließen, sondern wirft auch Zweifel an seinem Verantwortungsbewusstsein und seiner Zuverlässigkeit und damit seiner persönlichen und sachlichen Eignung auf.
66 
Dass der Antragsteller - wie im Übrigen auch seine Ehefrau - die Tagespflege trotz Aufhebung der Erlaubnis auch noch nach dem Hausbesuch von Mitarbeitern des Antragsgegners am 07.01.2019 fortgesetzt hat, wirft weitere Fragen hinsichtlich seiner Verlässlichkeit und seinem Verantwortungsbewusstsein auf. Zwar haben der Antragsteller und seine Ehefrau - unter Berufung auf die erlaubnisfreie Tagespflege nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII - angegeben, die ihnen jeweils zugeordneten Kinder in der Folge unentgeltlich und in einem Umfang von unter 15 Stunden in der Woche betreut zu haben. Allerdings ist insoweit auch zu sehen, dass nicht nur die Angaben der Mutter des Kindes S. hinsichtlich des Betreuungsumfangs und -zeitraums variieren (s. hierzu die von dem Antragsgegner angefertigten Aktenvermerke), sondern der Antragsteller auch Widerspruch gegen die Einstellung der Gewährung der laufenden Geldleistung bzw. die Rückforderung bereits gewährter Leistungen für die zweite Dezemberhälfte 2018 bei dem Antragsgegner eingelegt hat (s. Bescheid des Antragsgegners vom 24.01.2019). Auch dies bedarf gegebenenfalls einer weiteren Aufklärung im Hauptsacheverfahren.
67 
Gleiches gilt in Bezug auf den von dem Antragsgegner angeführten möglichen Verstoß gegen die persönliche Zuordnung der Kinder zu ihrer jeweiligen Betreuungsperson am 18.03.2019 und am 25.03.2019, in einer Zeit, in der die Wirkung der Rücknahme der Erlaubnisse des Antragstellers und seiner Ehefrau aufgrund des stattgebenden Eilbeschlusses des Verwaltungsgerichts S. suspendiert gewesen ist und der Antragsteller von seiner Erlaubnis zur Tagespflege grundsätzlich Gebrauch machen durfte. Insoweit wurde der Antragsteller bei den entsprechend dokumentierten Kontrollen am 04.03.2019, 18.03.2019 und 25.03.2019 ohne seine Ehefrau bei der Betreuung von Kindern angetroffen, die - nach den vom Antragsgegner vorgelegten Anmeldebögen - seiner Ehefrau zugeordnet waren.
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Bei der Kindertagespflege handelt es sich um eine an eine spezifische Tagespflegeperson gebundene, von dieser grundsätzlich höchstpersönlich zu erbringende soziale Dienstleistung, auf die die Eltern der den Betreuungspersonen überlassenen Kinder vertrauen können sollen. Dies lässt sich bereits aus der Formulierung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII ableiten („Kindertagespflege wird von einer geeigneten Tagespflegeperson […] geleistet.“). Schon eine geringfügige Abweichung von diesem Grundprinzip lässt auf ein mangelndes Problembewusstsein und damit eine fehlende Verlässlichkeit schließen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.2017 - 12 S 102/15 -, juris Rn. 43; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.01.2022 - 12 B 1966/21 -, juris Rn. 7, 10). Eine Verletzung der höchstpersönlich zu erbringenden Dienstleistung liegt grundsätzlich schon dann vor, wenn die Erfüllung - selbst wenn dies in Absprache mit den Eltern erfolgt - zeitweise auf eine andere, nicht zur Betreuung des Kindes zugeordnete Person übertragen wird (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 07.07.2016 - 4 A 644/15 -, juris Rn. 7). Die Höchstpersönlichkeit gehört zum Kern des Schutzauftrags, den die Tagespflegeperson in der besonderen Betreuungskonstellation in diesem Bereich - der Unterbringung von Kleinkindern außerhalb der institutionalisierten Kindertagespflege in öffentlichen Kindertageseinrichtungen - übernimmt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.01.2022 - 12 B 1966/21 -, juris Rn. 10).
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Unter Zugrundelegung der von dem Antragsgegner bei dem Arbeitgeber der Ehefrau des Antragstellers eingeholten Auskünfte spricht einiges dafür, dass die Ehefrau bei den jeweiligen Hausbesuchen nicht - wie vom Antragsteller angegeben - „kurz Einkäufe erledigt“ oder sich an einem ihm unbekannten Ort aufgehalten hat, sondern an jenen Tagen einer Tätigkeit als Erzieherin in einem Kindergarten nachgegangen ist, was der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner nicht offenbaren wollte. Ob dies so war, bedarf gegebenenfalls einer weiteren Aufklärung im Hauptsacheverfahren. Die Ausübung einer anderweitigen Tätigkeit dürfte dabei - auch unter Berücksichtigung der in der Tagespflegeerlaubnis vorgesehenen gegenseitigen Vertretungsregelung - keine die Abweichung vom Erfordernis der Höchstpersönlichkeit rechtfertigende Ausnahmesituation begründen können. Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung der Betreuungstätigkeit und damit einhergehend auch der Aufsichtspflicht auf den Antragsteller auch für den Fall einer Abwesenheit seiner Ehefrau aufgrund einer anderweitigen beruflichen Beschäftigung vom Antragsgegner geduldet bzw. gar von diesem aufgrund der in der Tagespflegeerlaubnis getroffenen Vertretungsregelung zugelassen werden sollte, sind nicht ersichtlich. Dies wäre angesichts des gesetzlichen Leitbilds der höchstpersönlichen Zuordnung der Tagespflegekinder zu ihrer Betreuungsperson auch nicht zulässig. Eine Betriebserlaubnis für eine Tageseinrichtung nach § 45 SGB VIII liegt nach Aktenlage ebenfalls nicht vor. All dies dürfte dem Antragsteller auch bekannt gewesen sein, nachdem er von einer Mitarbeiterin des Antragsgegners bereits in einer E-Mail vom 30.08.2018 darauf hingewiesen worden ist, dass die Betreuungspersonen der zur Tagespflege anvertrauten Kinder nicht beliebig gewechselt werden könnten, da sie keinen „Betreuungspool“ hätten (s. Aktenvermerk vom 05.02.2019, S. 150 d. Akte des Verwaltungsgerichtshofs im Verfahren 12 S 632/21). Aus dem Aktenvermerk geht zudem hervor, dass bereits zuvor ein Hinweis erfolgt sein soll, wonach eine Betreuung durch die Vertretung nur im Krankheitsfall erfolgen dürfe und eine gemischte Betreuung nicht vorgesehen sei. Die persönliche Zuordnung der Kinder zu einer Betreuungsperson war und ist ein elementares Wesensmerkmal der Kindertagespflege. Es ist neuerdings - auch für einen Zusammenschluss von mehreren Kindertagespflegepersonen - ausdrücklich gesetzlich verankert worden (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 SGB VIII in der seit 10.06.2021 geltenden Fassung; siehe zur Vertretungsregelung auch BT-Drs. 19/28870, S. 93) und war bereits zuvor als elementares Prinzip von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 25.01.2022 - 12 B 1966/21 -, juris Rn. 7, 10, und vom 29.01.2020 - 12 B 655/19 -, juris Rn. 15; Sächsisches OVG, Beschluss vom 07.07.2016 - 4 A 644/15 -, juris Rn. 7). Der Antragsgegner dürfte insoweit auch zu Recht darauf hinweisen, dass der Antragsteller in einem solchen Fall die Betreuung der nicht persönlich zugeordneten Kinder nicht hätte übernehmen dürfen, sondern hätte ablehnen müssen.
70 
4. Abgesehen von alldem ließe es schließlich auch eine Interessenabwägung nach wie vor nicht zu, trotz der noch nicht abschließend geklärten Rechts- und Tatsachenfragen und der damit im Zusammenhang stehenden Eignungszweifel den Antragsteller seine Tätigkeit in der Kindertagespflege bis zum rechtskräftigen Abschluss der gegen die Rücknahme seiner Tagespflegeerlaubnis gerichteten Klage wiederaufnehmen zu lassen. Die Abwägung führt zu dem Ergebnis, dass das Interesse am Sofortvollzug der Rücknahme der Tagespflegerlaubnis schwerer wiegt als das Interesse des Antragstellers an der Fortsetzung seiner (Berufs-)Tätigkeit.
71 
Bei der Gewichtung des Nachteils für den Antragsteller ist zwar zu berücksichtigen, dass er durch die sofortige Vollziehung der Rücknahme der Pflegeerlaubnis eine Quelle seines Lebensunterhalts verliert, was umso schwerer wiegt, als aus demselben Sachverhalt auch seiner Ehefrau die Tagespflegerlaubnis entzogen worden ist, mit der die Betreuung der Kinder gemeinsam ausgeübt wurde (siehe dazu: Beschluss des Senats vom heutigen Tag - 12 S 2032/
21 -). Andererseits ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller als Pfarrer im Ruhestand bereits aus dieser Tätigkeit über ein Ruhegehalt verfügt, das nach seinen Angaben im Rahmen der sachverständigen Begutachtung der Prof. Dr. D. bei 3.000,- EUR liegt. Seine Ehefrau hat den Beruf der Erzieherin gelernt und dürfte angesichts des Fehlens von qualifizierten Kräften im Bereich der Kindererziehung nach wie vor in der Lage sein, eine Beschäftigung als Erzieherin zu finden. Das versetzt den Antragsteller und seine Ehefrau in die Lage, ihren Lebensunterhalt weiterhin bestreiten zu können.
72 
Der Nachteil, den im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung die vom Antragsteller künftig betreuten Kinder erleiden würden, wenn sich der gegen den Antragsteller erhobene Vorwurf später bestätigt und die Kinder Opfer von pädophilen Handlungen würden, wiegt dabei weitaus schwerer als der Nachteil, den der Antragsteller im Falle der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung dadurch erleidet, dass er vorläufig den Beruf des Kindertagespflegers nicht mehr ausüben kann, auch wenn sich später herausstellen sollte, dass von ihm keinerlei Risiko für die Kinder mehr ausgeht. Dem Schutz der Kinder - der den Antragsgegner zu entsprechendem Handeln verpflichtet - kommt im Kinder- und Jugendhilferecht besondere Bedeutung zu (vgl. zu den Rechten des Kindes und dem Schutz vor sexuellem Missbrauch etwa Art. 3 und Art. 34 UN-Kinderrechtskonvention sowie dazu auch Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, § 1 Rn. 4 f., Rn. 55 ),
73 
5. Vor dem Hintergrund obenstehender Ausführungen sieht der Senat auch keinen Anlass, seinen Beschluss vom 23.04.2019 (12 S 675/19) nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu ändern.
74 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 188 VwGO gerichtskostenfrei.
75 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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