Der vorhabenbezogene Bebauungsplan „...“ der Stadt ... vom 10. Juli 2018 wird für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
| |
| Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin richtet sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „...“ der Antragsgegnerin. Der Bebauungsplan wurde vom Gemeinderat der Antragsgegnerin am 10. Juli 2018 als Satzung beschlossen. Der Satzungsbeschluss wurde am 13. August 2018 ortsüblich bekanntgemacht. |
|
| Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans (Plangebiet) erstreckt sich auf das Grundstück Flst.-Nr. ... in .... Im Umfeld des Plangebiets finden sich insbesondere Betriebsstätten verschiedener Unternehmen, unter anderem ein ..., und auch Wohnnutzungen. Das Plangebiet, die Betriebe in seinem Umfeld im Bereich der ... Straße, das ... und auch das Grundstück der Antragstellerin lagen zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über den angegriffenen Bebauungsplan nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. |
|
| Der angegriffene Bebauungsplan setzt in seinem zeichnerischen Teil insbesondere vier mit „MU“ bezeichnete Flächen fest („MU1“ bis „MU4“). In Nr. 1.1 und Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen ist die Art der Nutzung wie folgt geregelt: |
|
|
|
| Im Rahmen der festgesetzten Nutzungen sind im MU nur solche Vorhaben zulässig, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Änderungen und Ergänzungen des Durchführungsvertrags oder der Abschluss eines neuen Durchführungsvertrags sind zulässig.“ |
|
|
|
| Die Eintragung zur Art der baulichen Nutzung in der Planzeichnung bedeutet: |
|
|
|
| Im gesamten MU (bestehend aus MU1, MU2, MU3 und MU4) sind nur die folgenden Nutzungen zulässig: |
|
|
|
| - Geschäfts- und Bürogebäude, |
|
|
|
|
|
| Mindestens 25% der Geschossflächen sind gemäß § 6 Abs. 4 Satz 4 BauNVO im gesamten MU für gewerbliche Nutzungen zu verwenden. |
|
|
|
| - Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, |
|
| - Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, |
|
|
|
|
|
| Bestandteil des Bebauungsplans ist auch ein aus sechs Planunterlagen („VE 01“ bis „VE 06“) vom 16. April 2018 bestehender Vorhaben- und Erschließungsplan (im Folgenden: VEP). Er sieht ein Mehrfamilienhaus im Baugebiet „MU2“ im Norden des Plangebiets vor. Laut Planunterlage „VE 01“ („Übersichtsplan, Außenanlagen, Stellplätze“) bildet es den „1. Bauabschnitt“. Für seine Errichtung ist das „Bestandsgebäude“ abzubrechen. Planunterlage „VE 01“ zeigt außerdem noch ein zweites Haus mit 8 Wohneinheiten in einem „2. Bauabschnitt“ im „MU4“ sowie insbesondere Stellplätze, einen Spielplatz und Grünflächen; die Planunterlagen „VE 02“ bis „VE 06“ zeigen diese weiteren Nutzungen (insbesondere das zweite Wohnhaus) allerdings nur zum Teil. |
|
| Ein zwischen der Antragsgegnerin und ..., vertreten durch Herrn ... (im Folgenden: Vorhabenträger), geschlossener Durchführungsvertrag zum Bebauungsplan regelt insbesondere Folgendes: |
|
|
|
|
|
| 1. Gegenstand dieses Vertrages ist das Vorhaben zur Errichtung von einem Wohngebäude mit 17 Wohneinheiten. Das Gebäude soll im vorderen Bereich entlang der ... Straße entstehen und über zwei Vollgeschosse zzgl. einem Staffelgeschoss verfügen. In den beiden Vollgeschossen sollen je 8 Wohneinheiten entstehen und das Staffelgeschoss soll ein einzelnes Penthouse werden. |
|
| Desweiteren soll in einem zweiten Abschnitt ein kleineres Wohngebäude im mittleren Bereich des Plangebietes entstehen und in beiden Geschossen über je 4 Wohneinheiten verfügen (angebotsbezogener Teil des Bebauungsplans). |
|
| Im Vorgartenbereich sind 14 Stellplätze und 20 Fahrradstellplätze vorgesehen. Im seitlichen Grundstücksbereich nochmal 24 Stellplätze und im Bereich zwischen den beiden Wohngebäuden soll ein Spielplatz mit ca. 90 m² Fläche entstehen. |
|
|
|
| 2. Das Vertragsgebiet umfasst die im Lageplan Anlage 1 (Übersichtsplan Geltungsbereich) umgrenzte Fläche von ca. 0,9 ha und die Flurstücke Nummer ... und ... vollständig sowie teilweise das Flurstück Nummer ... der Gemarkung .... |
|
|
|
| Beschreibung des Vorhabens |
|
| In dem Plangebiet soll ein Wohngebäude mit 17 Wohneinheiten errichtet werden. Im Vorgartenbereich sind Stellplätze und Fahrradstellplätze vorgesehen. Im Hofbereich soll ein Spielplatz mit ca. 90 m² Fläche entstehen. |
|
| Durchführungsverpflichtung |
|
| 1. Der Vorhabenträger ist in der Lage und verpflichtet sich zur unverzüglichen Durchführung des Vorhabens nach den Regelungen und Grundlagen dieses Vertrages. |
|
| 2. Er verpflichtet sich ferner, spätestens 6 Monate nach Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplans einen Antrag auf Baugenehmigung einzureichen. Er wird spätestens 6 Monate nach Rechtskraft der jeweiligen vollzugsfähigen Baugenehmigung bzw. Baufreigabe im Kenntnisgabeverfahren mit dem Bauvorhaben beginnen und es spätestens innerhalb von 18 Monaten nach Rechtskraft fertig stellen. |
|
| Auf Antrag kann mit Zustimmung der Gemeinde die Frist um maximal 2 Jahre verlängert werden.“ |
|
|
|
|
|
| 1. Der Vorhabenträger trägt die Kosten seiner Durchführung, die Planungs- und Gutachterkosten sowie die Kosten für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan. |
|
|
|
| Die Antragstellerin ist Eigentümerin des südwestlich an das Plangebiet angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. ... (im Folgenden: Antragstellergrundstück). Die bauliche Nutzung dieses Grundstücks ist Gegenstand einer Reihe von Bau(genehmigungs)bescheiden, unter anderem eines Baubescheids vom 16. Dezember 1955 für den Neubau einer Fabrikhalle mit Nebenräumen und (zuletzt) einer Baugenehmigung vom 2. August 2006 für den „Neubau von Lagerhallen“ (und Stellplätzen), deren Geltungsdauer durch Bescheid vom 6. Juli 2018 bis 2. August 2021 verlängert wurde. Derzeit befindet sich auf dem Grundstück unter anderem eine Halle, die nach Kenntnis der Antragstellerin aufgrund des Baubescheids vom 16. Dezember 1955 errichtet wurde. |
|
| Mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 11. Juli 2019 rügte die Antragstellerin die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens. Die Antragsgegnerin habe gegen § 34 Abs. 1 Satz 7 und § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO verstoßen, denn die Ratssitzungen vom 17. April und 10. Juli 2018, in denen der Plan beraten und beschlossen worden sei, seien weder rechtzeitig bekanntgegeben worden noch öffentlich gewesen. Zwischen den Sitzungen und ihrer Bekanntgabe im Stadtanzeiger habe jeweils nur ein Werktag und ein Wochenende gelegen. Die Öffentlichkeit sei nicht gewahrt gewesen, weil die Bekanntmachungen den Zusatz enthielten, die „Einwohner“ der Antragsgegnerin seien herzlich eingeladen. Unabhängig hiervon seien die negativen Wirkungen der Planung für die bestehenden Betriebe nicht zutreffend ermittelt und bewertet worden, obwohl die Industrie- und Handelskammer (IHK) darauf hingewiesen habe, dass die Entwicklungsmöglichkeiten der vorhandenen und zukünftigen gewerblichen Nutzungen auf den benachbarten Grundstücken eingeschränkt würden. Der im Rahmen der Bebauungsplanaufstellung vorgelegte Fachbeitrag Schall trage nicht zur Lösung des Lärmschutzproblems bei. Seine Ergebnisse beruhten auf unzutreffenden Annahmen. Er berücksichtige nicht, dass von ihrem Grundstück auf der Grundlage der genehmigten Nutzungen sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit Emissionen auf die geplanten Wohnnutzungen einwirken könnten und einwirkten. Stattdessen gehe er unzutreffend davon aus, ein uneingeschränkter Nachtbetrieb sei wegen bereits bestehender Wohnbebauung ohnehin unmöglich. Die Antragsgegnerin habe aber auch gegen § 1 Abs. 7 BauGB verstoßen. Dies folge schon aus den Mängeln bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials. Zudem habe sich Nr. 5.5.1 der Bebauungsplanbegründung, wonach das Wohnen primär im nordöstlichen Teil des Gebiets stattfinden und im Südwesten gewerbliche Nutzungen vorherrschen sollten, in den Festsetzungen des Plans nicht niedergeschlagen. |
|
| Mit ihrem am 11. Juli 2019 eingegangenen Normenkontrollantrag wiederholt und ergänzt sie ihren Vortrag. Sie trägt vor, das gesamte Gebiet, in dem sich auch das Plangebiet befinde, sei industriell geprägt. Die einzelnen Wohngebäude südlich der Bahnlinie seien entweder von vornherein einem gewerblichen Betrieb zugeordnet (gewesen) oder bildeten einzelne Ausreißer. Die Halle auf ihrem Grundstück sei an gewerbliche Mieter vermietet, die im Rahmen ihrer Tätigkeit auf dem Grundstück Lärm verursachten. Sie habe aber - wie auch ihre Rechtsvorgänger - weder ganz noch teilweise dauerhaft auf den Baubescheid vom 16. Dezember 1955 verzichtet oder eine davon gedeckte industrielle/gewerbliche Nutzung der Halle ganz oder teilweise endgültig aufgegeben. Seit dem Erwerb des Grundstücks (1995) wolle sie die Halle weiterhin aufgrund des Bescheids vom 16. Dezember 1955 ohne Einschränkungen selbst nutzen oder Dritten zur Nutzung überlassen, und zwar zur Herstellung von Maschinen und/oder als Lagerhalle. Der Bebauungsplan lasse in den Baugebieten MU1, MU2, MU3 und MU4 Wohnnutzungen zu, die geeignet seien, ihren Gewerbestandort und dessen zukünftige Entwicklung zu beeinträchtigen. Insoweit liege auch ein erheblicher Mangel im Abwägungsvorgang vor. Zudem seien der Wunsch nach Wohnbebauung überbewertet und die Belange der Antragstellerin und „anderer gewerblicher Grundstückseigentümer“ unterbewertet worden. Der Bebauungsplan, der VEP und der Durchführungsvertrag widersprächen einander zudem; so sei etwa der 2. Bauabschnitt Gegenstand des VEP, obwohl der Vertrag ihn als „angebotsbezogenen Teil des Bebauungsplans“ bezeichne. Darüber hinaus habe im Bebauungsplan die Erwägung aus Ziff. 5.5.1 seiner Begründung keinen Ausdruck gefunden (s.o.). Zudem verstoße der Bebauungsplan gegen § 12 Abs. 4 BauGB, weil sein Geltungsbereich deutlich mehr als nur einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des VEP einbeziehe. Die Antragsgegnerin habe auch gegen das Gebot der Konfliktbewältigung verstoßen, denn nach Aktenlage habe sie sich im Bebauungsplanverfahren nicht mit dem Konflikt befasst, der zwischen den vorhandenen gewerblichen Nutzern in der Nachbarschaft und den zulässigen neuen Wohnnutzungen im Plangebiet im Hinblick auf den Lärmschutz bestehe; erst recht habe die Antragsgegnerin diesen Konflikt nicht einer Lösung zugeführt. Die Festsetzung urbaner Gebiete i. S. v. § 6a BauNVO sei außerdem auch deshalb unwirksam, weil es sich dabei um einen Etikettenschwindel handele. Der Antragsgegnerin gehe es im Kern um ein neues Wohngebiet. Gewerbliche Nutzungen seien im Plangebiet offenbar nicht geplant. Zudem seien gemäß Ziff. 1.2 der textlichen Festsetzungen viele der in urbanen Gebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ausgeschlossen, und zwar insbesondere auch solche, die nach § 6a Abs. 1 Satz 1 BauNVO prägend seien. Die von der Antragsgegnerin angenommene Entwicklung des Plangebiets zu einem Urbanen Gebiet sei von vornherein unrealistisch und beruhe wohl auf dem Wunsch, dass für die Wohnnutzungen im Plangebiet nicht die für Wohngebiete geltenden Lärmrichtwerte eingehalten werden müssten. |
|
| Die Antragstellerin beantragt, |
|
| den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „...“ der Antragsgegnerin vom 10. Juli 2018 für unwirksam zu erklären. |
|
| Die Antragsgegnerin beantragt, |
|
|
|
| Sie trägt vor, bei Aufstellung des angegriffenen Plans sei im Bereich entlang der ... Straße südöstlich der Bahnlinie eine Reihe von Wohngebäuden vorhanden gewesen, die ganz überwiegend nur zu Wohnzwecken genutzt worden seien und genutzt würden, ohne einen Bezug zu gewerblichen Nutzungen zu haben. Auch das Wohnhaus in der ...x werde seit langer Zeit nur noch ohne gewerblichen Bezug genutzt. Jenseits der nördlich des Antragstellergrundstücks verlaufenden Bahnlinie befänden sich Wohngebiete. Das Antragstellergrundstück selbst werde gewerblich genutzt; seine tatsächliche und rechtliche Ausgangssituation sei aber eine andere als nach Auffassung der Antragstellerin. Das Grundstück sei im Wesentlichen mit einem Büro- und Verwaltungsgebäude und einer Halle - wohl aus der Zeit Mitte der 1950er Jahre/Anfang der 1960er Jahre - bebaut. Bauakten und Genehmigungsunterlagen dazu habe die Antragsgegnerin (jedenfalls bis zum hiesigen Normenkontrollverfahren) nicht gehabt. Auch die zuständige untere Baurechtsbehörde habe keine älteren Bauakten mehr. Nach Kenntnis der Antragsgegnerin sei ursprünglich wohl eine Werkhalle für die Herstellung von Maschinenteilen genehmigt worden. Sie bestreite aber, dass die ursprüngliche Baugenehmigung für eine industrielle Nutzung auf dem Niveau von § 9 BauNVO erteilt worden sei. Jedenfalls gebe es eine solche Nutzung auf dem Grundstück seit Jahrzehnten nicht mehr. Die mit Bescheid vom 2. August 2006 genehmigte Nutzung entspreche ebenfalls nur einer gewerblichen Nutzung auf dem Niveau eines Gewerbegebiets gemäß § 8 BauNVO. Die Antragstellerin habe von der Baugenehmigung vom 2. August 2006 zudem keinen Gebrauch gemacht. Die von ihr gegen den Bebauungsplan erhobenen Rügen seien unbegründet. Die Gemeinderatssitzungen vom 17. April und 10. Juli 2018 seien rechtzeitig gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 GemO bekannt gemacht worden, nämlich jeweils drei Tage vor der Sitzung. Die Verwendung des Begriffs „Einwohner“ in den bekanntgemachten Einladungen sei nicht zu beanstanden; die Formulierung sei eher als Höflichkeitsfloskel zu verstehen. Es seien auch nicht mehr Flächen in den Bebauungsplan einbezogen worden als gemäß § 12 Abs. 4 BauGB zulässig. Die Festsetzung urbaner Gebiete nach § 6a BauNVO sei kein „Etikettenschwindel“. Wegen der Durchmischung südwestlich und nördlich der ... (......x) sei eine Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe entsprechend der allgemeinen Zweckbestimmung eines gemischten Gebiets und zudem aufgrund der Nähe zum Bahnhof auch die Entwicklung eines urbanen Gebiets beabsichtigt gewesen. Es habe kein Anlass bestanden, urbane Gebiete im Hinblick auf die Immissionsrichtwerte festzusetzen, denn der Fachbeitrag Schall zeige, dass im Plangebiet sogar die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet eingehalten würden. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin habe es im rückwärtigen Bereich des Plangebiets zum Zeitpunkt der Bebauungsplanaufstellung eine ausgeprägte gewerbliche Nutzung gegeben; der Bereich werde auch weiterhin gewerblich genutzt. Nutzungsänderungen oder neue Gebäude seien auch künftig nur gemäß den planungsrechtlichen Festsetzungen in Nr. 1.2 und mit den dort festgelegten MU-Nutzungen zulässig. Damit müsse das Plangebiet auch bei künftigen Änderungen im Sinne von § 6a Abs. 1 BauNVO durchmischt sein. Es sei auch nicht so, dass im Plangebiet viele der in urbanen Gebieten gemäß § 6a BauGB allgemein oder ausnahmsweise zulässige Nutzungen ausgeschlossen seien. Der in Nr. 1.2 des Textteils des Bebauungsplans festgesetzte Ausschluss in § 6a Abs. 2 Nr. 5 BauNVO genannter Anlagen bedeute nicht per se, dass die in § 6a Abs. 1 BauNVO genannte Unterbringung von sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen insgesamt ausgeschlossen sei. Der Begriff „Anlagen“ meine nämlich eigenständige bauliche Anlagen, während sich „Einrichtungen“ auf einzelne Einheiten in baulichen Anlagen/Gebäuden, in denen auch noch andere Nutzungen stattfänden, beziehe. So sei vorliegend die Zulassung sozialer, kultureller und anderer Einrichtungen durchaus noch möglich, und zwar in Wohn-, Geschäfts- und Bürogebäuden sowie sonstigen Gewerbebetrieben neben den genannten anderen Nutzungen. Der Bebauungsplan verstoße auch nicht gegen das Gebot der Konfliktbewältigung, denn die Belange der Antragstellerin im Hinblick auf die gewerbliche Nutzung ihres Grundstücks seien ausreichend berücksichtigt worden. Im Zuge der Planaufstellung sei ein Fachbeitrag Schall erstellt worden, der Teil der Planunterlagen sei. Seine Ergebnisse seien Teil der Planbegründung. Daraus sei ersichtlich, dass der Schallgutachter die Lärmbetroffenheit des Plangebiets umfassend überprüft und dabei auch die gewerblichen Nutzungen um das Plangebiet sowie die Gebote der städtebaulichen Konfliktminderung und Konfliktvermeidung in den Blick genommen habe. Er habe zudem nicht nur den aktuellen Umfang der gewerblichen Tätigkeit, sondern auch die grundsätzliche Möglichkeit der Entwicklung der Betriebe berücksichtigt und die allgemein für Industrie- und Gewerbegebiete maßgeblichen Emissionskennwerte zugrundegelegt. Zutreffenderweise habe er - abweichend von den Vorgaben der DIN 18005 für die Nachtzeit - einen um 15 dB(A) verringerten „Immissionsansatz“ gewählt, weil im Umfeld der emittierenden Nutzungen auch heute schon Wohnnutzungen vorhanden seien, die in der Nacht nach TA Lärm einen um 15 dB(A) erhöhten Schutzanspruch im Vergleich zum Tag hätten. Dies sei sowohl hinsichtlich der tatsächlichen Situation der Wohnnutzungen in der Umgebung korrekt als auch hinsichtlich der rechtlichen Situation der zugelassenen und möglichen gewerblichen Nutzungen auf dem Antragstellergrundstück. Denn wegen der Wohnbebauung auf der Nordseite der Bahnlinie sei eine gewerbliche Nutzung auf dem Niveau eines Industriegebiets gemäß § 9 BauNVO von Anfang an, das heißt seit den 1950er Jahren unzulässig gewesen, insbesondere zur Nachtzeit. Nach dem Wegfall der ursprünglichen „Produktionsnutzung“ seien Nachfolgenutzungen und insbesondere eine Lagernutzung in der bestehenden Werkhalle nur unter Wahrung der Schutzansprüche der inzwischen hinzugekommenen weiteren Wohnnutzungen in der Umgebung - auch in der ... Straße - zulässig. Hinzu komme, dass auch das Gebäude ...... auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... mindestens seit den 1990er Jahren nur noch zu Wohnzwecken ohne jeglichen Bezug zu Gewerbezwecken genutzt werde. Auch die Baugenehmigung vom 2. August 2006 lasse keine Lagerhaltung auf dem Niveau eines GI oder für einen uneingeschränkten 24-Stunden-Betrieb zu. Hiernach seien auch die gerügten Abwägungsmängel nicht gegeben. Die gewerbliche Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin sei bei der Planaufstellung in den Blick genommen und im Fachbeitrag Schall hinsichtlich der Lärmimmissionen geprüft und bewertet worden. Ihr Gewerbeareal sei vom Gemeinderat in der Sitzung vom 17. April 2018 mit der Billigung des Bebauungsplanentwurfs einschließlich des Fachbeitrags und in der Gemeinderatssitzung vom 10. Juli 2018 im Zuge der abschließenden Abwägung somit durchaus berücksichtigt worden. Die wesentlichen Ergebnisse des Fachbeitrags seien in der Gemeinderatssitzung am 17. April 2018 vorgestellt worden. Der Fachbeitrag sei ebenso wie die IHK-Stellungnahme in die Abwägung eingestellt worden. |
|
| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakten sowie auf die dem Senat vorgelegte Verfahrensakte der Antragsgegnerin (1 Ordner) verwiesen. |
|
| Der Normenkontrollantrag hat Erfolg, denn er ist zulässig und begründet. |
|
| A. Der Antrag ist zulässig. |
|
| I. Die Antragstellerin hat ihn gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung des Beschlusses des angegriffenen Bebauungsplans beim Verwaltungsgerichtshof gestellt. |
|
| II. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. |
|
| Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch den Plan oder seine Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Eigentümer außerhalb des Plangebiets gelegener Grundstücke, wie hier die Antragstellerin, können eine Verletzung ihres Rechts aus § 1 Abs. 7 BauGB auf die fehlerfreie Abwägung ihrer abwägungsbeachtlichen privaten Belange geltend machen. Abwägungsbeachtlich sind dabei solche schutzwürdigen planbedingten Betroffenheiten, die mehr als geringfügig, in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar waren. Um die fehlerhafte Abwägung solcher Belange nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend zu machen, obliegt dem Antragsteller ein substantiierter Tatsachenvortrag, der die fehlerhafte Behandlung zumindest möglich erscheinen lässt (vgl. Senatsurteil vom 20.10.2021 - 5 S 3125/20 - juris Rn. 38 m. w. N.). |
|
| Die Antragstellerin hat als Eigentümerin eines an das Plangebiet angrenzenden, gewerblich (oder industriell) genutzten Grundstücks grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse daran, von einer heranrückenden Wohnbebauung verschont zu bleiben, die zu Einschränkungen in der aktuellen oder künftigen Betriebsführung auf ihrem Grundstück führen könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.6.2021 - 8 S 1384/19 - UA S. 9). Nach ihrem substantiierten Vortrag zu den Nutzungen im Umfeld des Plangebiets, einschließlich ihres eigenen Grundstücks Flst.-Nr. ..., ist auch nicht von vornherein auszuschließen, dass die durch den Plan zugelassenen Wohnnutzungen die aktuelle und künftige Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mehr als geringfügig und für die Antragsgegnerin erkennbar beeinträchtigen und dies vom Gemeinderat fehlerhaft abgewogen wurde. |
|
| III. Die Antragstellerin hat auch ein Rechtschutzinteresse. Dieses entfällt insbesondere nicht durch den von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung berichteten Umstand, dass im Norden des Plangebiets zwischenzeitlich ein Wohngebäude errichtet wurde. Das Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses soll verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann (Senatsurteil vom 16.2.2022 - 5 S 2207/20 - juris Rn. 26 m. w. N.). Für die Antragstellerin ist eine Aufhebung des angegriffenen Bebauungsplans schon deshalb nicht wertlos, weil die Festsetzungen, durch welche die Antragstellerin die Nutzung ihres Grundeigentums beeinträchtigt sieht, sich nicht auf den zwischenzeitlich neu bebauten Teil des Plangebiets beschränken. |
|
| B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, denn der angegriffene Bebauungsplan weist Fehler auf, die zu seiner Unwirksamkeit führen. |
|
| I. Es ist schon zweifelhaft, ob er formell rechtmäßig zustande kam. |
|
| 1. Dies gilt zunächst im Hinblick auf §§ 34, 35 GemO. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich; gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 GemO sind Zeit, Ort und Tagesordnungen der öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats rechtzeitig ortsüblich bekannt zu geben. Der Senat hat Bedenken, ob die hier allein maßgebliche Ratssitzung vom 10. Juli 2018, in der der angegriffene Bebauungsplan beschlossen wurde, als „öffentliche“ Sitzung i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 7 und § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO bekannt gemacht wurde. Denn die Bekanntmachung war zwar mit „Einladung zur öffentlichen Sitzung des Gemeinderates“ überschrieben. Bedenklich erscheint aber, dass die Einladung am Ende den Zusatz enthielt, die „Einwohner“ seien herzlich eingeladen, denn dies könnte von einem juristisch Unerfahrenen auch so verstanden werden, dass die Sitzung lediglich „Einwohner-öffentlich“ ist. Wegen der nachfolgend unter II. festgestellten materiellen Fehler bedarf dies jedoch keiner abschließenden Entscheidung. |
|
| |
| Gemäß § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, zu ermitteln und zu bewerten. Zu diesen Belangen gehören die Auswirkungen, die der Plan auf Nutzungen auf benachbarten Grundstücken und deren Entwicklungsmöglichkeiten wegen des mit ihnen verbundenen Lärms hat. Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin die mit der Planung verbundenen Lärmkonflikte ordnungsgemäß ermittelt hat. |
|
| Methodisch zweifelhaft erscheint insbesondere, dass der Fachbeitrag Schall für die Grundstücke, auf denen im Umfeld des Plangebiets Betriebe vorhanden sind, in Anlehnung an Nr. 5.2.3 der DIN 18005 pauschal einen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 60 dB(A) am Tag ansetzt. |
|
| Nach Nr. 5.2.3 der DIN 18005 ist für die Berechnung der in der Umgebung eines geplanten Industrie- oder Gewerbegebiets ohne Emissionsbegrenzung zu erwartenden Beurteilungspegel dieses Gebiets eine Flächenschallquelle mit bestimmten flächenbezogenen Schallleistungspegeln (nämlich 65 dB für Industriegebiete und 60 dB für Gewerbegebiete 60 dB, jeweils tags und nachts) anzusetzen, wenn die Art der unterzubringenden Anlagen nicht bekannt ist. Gegenstand des Fachbeitrags Schall zum angegriffenen Bebauungsplan ist aber kein geplantes Industrie- oder Gewerbegebiet, in dem Anlagen unterzubringen sind, die ihrer Art und ihrem Lärm nach noch unbekannt sind, sondern ein geplantes urbanes Gebiet, das den Emissionen konkreter gewerblicher oder industrieller Betriebe ausgesetzt ist, die im Umfeld des Plangebiets schon bestehen. |
|
| Der Ansatz eines für Gewerbegebiete geltenden flächenbezogenen Schalleistungspegels von 60 dB entsprechend Nr. 5.2.3 der DIN 18005 ist als Ausgangspunkt der Berechnung zwar auch dann nicht grundsätzlich zu beanstanden, wenn es um die Planung von Wohn- und Mischgebieten geht, die an (bestehende) Gewerbegebiete angrenzen (vgl. HessVGH, Urteil vom 19.11.2020 - 4 C 1813/19.N - juris Rn. 27). Denn damit steht die Lärmermittlung - dem Vorsorgeprinzip der Bauleitplanung entsprechend - auf der „sicheren Seite“ und trägt dem Planungsgrundsatz vorbeugender Konfliktvermeidung Rechnung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.10.2011 - 3 S 942/10 - juris Rn. 41, 49). Ein festgesetztes Gewerbegebiet (vgl. VGH Bad.-Württ., ebd., Rn. 41) war dem Fachbeitrag Schall zum angegriffenen Bebauungsplan aber nicht zugrunde zu legen. Denn im Umfeld des Plangebiets existieren zwar zahlreiche Betriebe, diese liegen aber nicht in einem festgesetzten Gewerbegebiet. |
|
| Ob und inwieweit der Ansatz von Nr. 5.2.3 der DIN 18005 auf die Berechnung von Lärmimmissionen übertragbar ist, die sich aus den künftigen Entwicklungsmöglichkeiten bestehender Industrie- und Gewerbebetriebe ergeben können, die nicht in einem schon festgesetzten oder neu festzusetzenden Baugebiet liegen (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 4.8.2017 - 9 N 15.378 - juris Rn. 61), kann dahinstehen. Denn die rechnerische Prognose von Immissionen durch schon bestehende baulichen Nutzungen setzt grundsätzlich zumindest die Kenntnis der Art dieser bestehenden Nutzungen und deren Emissionen voraus. Diese Kenntnis ist im Fall bestehender Gewerbebetriebe grundsätzlich auch nicht etwa durch einen Ansatz der Grundstücke dieser Betriebe als (fiktives) Gewerbegebiet zu ersetzen, denn bestehende Betriebe können (rechtmäßigerweise) auch zu erheblichen Belästigungen führen, mit denen sie in einem Gewerbegebiet unzulässig wären. Erforderlich ist grundsätzlich vielmehr eine Betrachtung der konkret vorhandenen (genehmigten) Nutzungen und des von ihnen ausgehenden Lärms. Davon dürfte auch Nr. 5.2.3 der DIN 18005 ausgehen. Dies zeigt sich daran, dass es in Nr. 5.2.3 der DIN 18005 (a.E.) heißt: „Vor der Ausweisung neuer schutzbedürftiger Gebiete im Einwirkungsbereich bestehender Industrie- und Gewerbegebiet sind die erforderlichen Abstände aus den dort vorhandenen oder noch zulässigen Schallemissionen zu ermitteln.“ Zudem setzt Nr. 5.2.3 der DIN 18005 eine Ermittlung der konkreten baulichen Nutzung auch insoweit voraus, als die Norm die Höhe des anzusetzenden flächenbezogenen Schallleistungspegels an die Zuordnung der jeweiligen Nutzungen zu einer bestimmten Gebietsart - Gewerbe- oder Industriegebiet - anknüpft; eine bestehende bauliche Nutzung, für die keine Gebietsfestsetzung gilt, eindeutig einer dieser Gebietsarten zuzuordnen, ist ohne Kenntnis der konkreten Nutzung aber kaum möglich. Infrage kommen könnte dies allenfalls bei dem Ansatz eines Industriegebiets als „worst-case“-Betrachtung. Auch dies kann hier aber dahinstehen. Denn der Fachbeitrag Schall zum angegriffenen Bebauungsplan setzt für die Betriebe im Umfeld des Plangebiets einen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 60 dB tags an, den Nr. 5.2.3 der DIN 18005 für Gewerbegebiete (nicht für Industriegebiete) vorsieht. Die Aufstellungsvorgänge lassen nicht erkennen, dass dieser Ansatz auf einer Kenntnis der konkret vorhandenen Betriebe und deren Emissionen beruht. Dementsprechend hat auch die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Gutachter bei der Betrachtung der bestehenden Nutzungen von den Genehmigungen ausgegangen seien, die „greifbar“ gewesen seien. Etwaige Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, dass die Bestandserfassung von der Mitwirkung von Grundstückseigentümern oder Betriebsinhabern abhängt, dürften im Übrigen nicht für die Notwendigkeit und den Umfang der Bestandserfassung, sondern allenfalls für die Abwägung der Belange der betreffenden Eigentümer oder Betriebsinhaber relevant sein (vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.11.2021 - 2 D 140/20.NE - juris Rn. 87). |
|
| II. Der angegriffene Bebauungsplan ist jedenfalls materiell rechtswidrig. |
|
| |
| Gemäß § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Die Voraussetzung der „Erforderlichkeit“ der Planung gilt nicht nur für die Planaufstellung als solche, sondern auch für den konkreten Planinhalt, das heißt für jede einzelne Festsetzung (vgl. § 9 Abs. 1 BauGB, BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239, juris Rn. 9, und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 43). Welche Festsetzung in einem Bebauungsplan erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 44 f.). Die Planungskonzeption der Antragsgegnerin beinhaltet der Planbegründung zufolge das Ziel, im Plangebiet im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ein urbanes Gebiet festzusetzen, in welchem der gewerbliche Charakter des Gebietes erhalten bleibt und Wohnnutzung ermöglicht wird. Mit Blick auf den Lärmschutz heißt es hierzu in der Planbegründung weiter, die Festlegung als urbanes Gebiet solle ein nutzungsverträgliches Nebeneinander von Einzelhandel, kulturellen und anderen Einrichtungen, sowie Gewerbe und Wohnen sichern, so dass künftige Planungen sowohl von vorhandenen Gewerbebetrieben baurechtlich geordnet möglich sind. Diesen Passagen der Planbegründung entspricht es noch, dass der angegriffene Bebauungsplan ein urbanes Gebiet festsetzt. Denn die besondere Funktion urbaner Gebiete besteht nach § 6a Abs. 1 Satz 1 BauNVO gerade darin, dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen zu dienen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören; § 6a BauNVO erweitert die Funktion des urbanen Gebiets so im Vergleich zum Mischgebiet um soziale, kulturelle und andere Einrichtungen und macht damit eine größere Bandbreite an Nutzungsmischungen zum wesensbestimmenden Merkmal des urbanen Gebiets (Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 8/2021, § 6a BauNVO Rn. 13). Für eine entsprechende Bandbreite an Nutzungen war es aber nicht i. S. v. § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, das „MU“ in Kombination mit den in Nr. 1.1 und Nr. 1.2 enthaltenen Regelungen zur Art der Nutzung festzusetzen. |
|
| Eine Festsetzung ist nur erforderlich i. S. v. § 1 Abs. 3 BauGB, wenn sie nach dem städtebaulichen Konzept vernünftigerweise geboten erscheint (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.6.2021 - 8 S 3260/19 - UA S.10). Nicht erforderlich ist sie hingegen jedenfalls dann, wenn sie nicht dem wirklichen planerischen Willen der Gemeinde entspricht, sondern nur vorgeschoben ist, um eine andernfalls unerreichbare Nutzung zu ermöglichen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 3.2.2014 - 1 NE 13.2508 - juris Rn. 8). Setzt die Gemeinde ein Baugebiet im Sinne der BauNVO fest, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie einen entsprechenden Planungswillen hat, das heißt auch tatsächlich eine Nutzung anstrebt, die der normativ - durch die BauNVO - bestimmten besonderen Funktion des jeweiligen Baugebietstyps entspricht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.5.2013 - 8 S 313/11 - ZfBR 2013, 692 <693> und Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 44 f.). Bestehen insoweit allerdings nicht unerhebliche Zweifel, ist es Sache der Gemeinde, diese Zweifel zur Überzeugung des Normenkontrollgerichts auszuräumen. Gelingt ihr dies nicht, lässt dies nur den Schluss zu, dass die getroffene Gebietsfestsetzung von ihr nicht angestrebt wird, sodass diese sich als nicht erforderlich erweist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 44 f.). So verhält es sich auch hier. |
|
| Dass die Festsetzung eines „MU“ in Kombination den in Nr. 1.1 und 1.2 getroffenen textlichen Festsetzungen vernünftigerweise geboten war, weil die Antragsgegnerin eine der besonderen Funktion urbaner Gebiete nach § 6a Abs. 1 BauNVO entsprechende Nutzung tatsächlich anstrebte, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest. |
|
| a) Dem Ziel, planerisch eine § 6a Abs. 1 BauNVO entsprechende Bandbreite an Nutzungen zu bewirken, dient es nicht, ein urbanes Gebiet festzusetzen und dieses mit Detailfestsetzungen zur Art der baulichen Nutzung so zu gestalten, dass die Gebietsfunktion nicht mehr von der Funktion unterscheidbar ist, die § 6 Abs. 1 BauNVO Mischgebieten zuweist. Die besondere Funktion eines urbanen Gebiets unterscheidet sich von der eines Mischgebiets dadurch, dass das urbane Gebiet stärker auf eine Mischung von Wohnen und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen ausgerichtet ist (vgl. auch die Begründung zur Schaffung des urbanen Gebiets im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt BT-Drs. 18/10942 S. 56). Gemäß § 6a Abs. 1 Satz 2 BauNVO muss die Mischung der Nutzungsarten nicht gleichgewichtig sein. Das Vorhandensein einer Nutzungsmischung nach § 6a Absatz 1 Satz 1 BauNVO ist aber ein charakteristisches Merkmal des urbanen Gebiets (Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BT-Drs. 18/11439, S. 22). Das heißt, dass außer Wohnen und Gewerbe auch soziale, kulturelle und andere Einrichtungen den Gebietscharakter prägen (vgl. Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2017, 817 <824>; Bönker in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl., § 6a Rn. 45). Diesen Charakter müssen etwa auch Festsetzungen zum Ausschluss bestimmter Nutzungsarten wahren (vgl. Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2017, 817 <824>), denn die allgemeine Zweckbestimmung eines Gebiets darf durch weitere Festsetzungen nicht verloren gehen, weil sonst die Pflicht aus § 1 Abs. 3 Satz 1 BauNVO verletzt würde, im Bebauungsplan ein in § 1 Abs. 2 BauNVO bezeichnetes Baugebiet festzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.12.1989 - 4 NB 32.89 - juris Rn. 3; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 18.11.1993 - 5 S 2916/92 - juris Rn. 20). |
|
| Die Festsetzung eines „MU“ im angegriffenen Bebauungsplan führt in Kombination mit den textlichen Festsetzungen Nr. 1.1 und 1.2 hingegen dazu, dass das festgesetzte „MU“ - wie ein Mischgebiet nach § 6 Abs. 1 BauNVO - allein dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben dient, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Gemäß Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen sind im gesamten „MU“ nämlich nur Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude sowie sonstige Gewerbebetriebe nach § 6a Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig. Nach Nr. 1.1 sind im Rahmen der festgesetzten Nutzungen im „MU“ nur solche Vorhaben zulässig, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Im Durchführungsvertrag verpflichtet sich der Vorhabenträger zur Errichtung eines Wohngebäudes mit 17 Wohneinheiten (mit Stellplätzen im Vorgartenbereich und Spielplatz im Hofbereich). Eine Nutzungsmischung i. S. v. § 6a Abs. 1 BauNVO wird mit diesen Festsetzungen eher verhindert, als dass sie die getroffenen Festsetzungen als vernünftigerweise geboten erscheinen lässt. |
|
| b) Die Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin eine der besonderen Funktion urbaner Gebiete nach § 6a Abs. 1 BauNVO entsprechende Nutzung tatsächlich anstrebt, hat sie im Normenkontrollverfahren nicht ausgeräumt. |
|
| Insbesondere ist - entgegen der im Normenkontrollverfahren geäußerten Auffassung der Antragsgegnerin - Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen nicht so zu verstehen, dass danach soziale, kulturelle und andere Einrichtungen zulässig wären, soweit es sich nicht um eigenständige bauliche Anlagen handelt, sondern nur um einzelne Einheiten in baulichen Anlagen/Gebäuden, in denen auch noch andere Nutzungen stattfinden. Ein solches Verständnis liegt schon nach dem Wortlaut von Nr. 1.2 fern, denn hiernach sind außer Wohngebäuden sowie Geschäfts- und Bürogebäuden nur sonstige Gewerbebetriebe nach § 6a Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig. Aber auch die bei der Auslegung des Bebauungsplans zu berücksichtigende Planbegründung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - juris Rn. 15) bietet keine belastbaren Anzeichen dafür, dass im festgesetzten „MU“ auch soziale, kulturelle und andere Einrichtungen zulässig wären. In der Begründung der Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung heißt es nämlich, entsprechend dem Planungsziel und unter Berücksichtigung der Umgebung werde ein urbanes Gebiet festgesetzt. Aufgrund der nicht zentralen Lage an einer Ortszufahrt, zum Schutz der Innenstadt, zur Ermöglichung der geplanten Nutzungen und zur Generierung des beabsichtigten Gebietscharakters seien die zulässigen Nutzungen auf Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude und sonstige Gewerbebetriebe beschränkt. Eine Mindestgeschossfläche für Wohnungen und Gewerbe sichere das Nebeneinander dieser Nutzungen. Durch den Ausschluss der anderen möglichen Nutzungen sollten die gewünschten Nutzungen gesichert und ihre Störung vermieden werden. Zum Schutz vor beidseitigen Immissionen durch Gewerbelärm und bestandsorientiert solle das Wohnen primär im nordöstlichen Teil des Gebietes stattfinden und im Südwesten gewerbliche Nutzungen vorherrschen. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten diene außerdem der Verhinderung eines Trading-down Effektes. Hieraus ergibt sich nicht, dass das die Antragsgegnerin im als „MU“ festgesetzten Baugebiet mehr als nur Gewerbe- und Wohnnutzungen anstrebt. |
|
| Aus dem Argument der Antragsgegnerin, sie habe im Hinblick auf die Immissionsrichtwerte kein „MU“ festsetzen müssen, sondern hätte stattdessen auch ein Mischgebiet festsetzen können, folgt ebenfalls gerade nicht, dass die getroffenen Festsetzungen vernünftigerweise geboten und damit erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB waren. |
|
| 2. Der angegriffene Bebauungsplan leidet auch an Festsetzungsfehlern. |
|
| a) Er ist unbestimmt und damit rechtswidrig, weil er unklar lässt, welchen Bereich des Plangebiets Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen betrifft. Denn aus dem Bebauungsplan ergibt sich zwar hinreichend bestimmt, dass Nr. 1.1 nur für einen Teil des Plangebiets gilt (aa), nicht aber für welchen (bb). |
|
| aa) Der Bebauungsplan ist so zu verstehen, dass Nr. 1.1 nur für denjenigen Bereich des „MU“ gilt, der Gegenstand eines im Durchführungsvertrag vereinbarten Vorhabens (im Folgenden: Vorhabenbereich) ist. |
|
| (1) Dem Wortlaut nach scheint Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen zwar für das ganze „MU“ zu gelten, denn Nr. 1.1 regelt die bauliche Nutzung „im MU“. Bei diesem „MU“ handelt es sich um ein einziges Baugebiet, das sich aus den mit „MU1“ bis „MU4“ bezeichneten Flächen zusammensetzt. Dies folgt aus Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen und der Planbegründung. Denn Nr. 1.2 regelt die Art der Nutzung im „gesamten MU (bestehend aus MU1, MU2, MU3 und MU4)“; der Planbegründung zufolge wird im Plangebiet ein urbanes Gebiet festgesetzt (Begründung S. 27, 31 - Unterstreichung hinzugefügt). Die Untergliederung in Teilflächen mit eigenen Bezeichnungen (hier: „MU1“ bis „MU4“) und teilweise verschiedene Detailfestsetzungen zu den einzelnen Teilflächen stehen der Annahme, dass es sich dabei insgesamt lediglich um ein einziges Baugebiet handelt, nicht entgegen (vgl. NdsOVG, Urteil vom 7.10.2021 - 1 KN 3/20 - juris LS 2 und Rn. 25). |
|
| (2) Die Festsetzung in Nr. 1.1 ist aber trotz ihres Wortlauts jedenfalls nicht so auszulegen, dass sie die bauliche Nutzung im gesamten „MU“ betrifft. Dies folgt aus der Überschrift von Nr. 1.1 in Verbindung mit dem VEP. |
|
| Der Überschrift „Vorhabensbezogene Festsetzungen (§ 12 Abs. 3a BauGB)“ zufolge regelt Nr. 1.1 die Art der Nutzung speziell des Vorhabenbereichs. |
|
| Der Vorhabenbereich umfasst jedenfalls nicht das ganze „MU“. Dies ergibt sich aus dem VEP, der Bestandteil des Bebauungsplans ist. Ein Vorhaben- und Erschließungsplan beschreibt (seiner gesetzlichen Bezeichnung in § 12 BauGB entsprechend) die Vorhaben (und die Erschließung der Vorhaben), die Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplans sind (vgl. Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 12 Rn. 7). Der im Vorhaben- und Erschließungsplan geregelte Bereich und damit die Vorhaben können kleiner sein als das Plangebiet des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 - 5 S 920/10 - juris Rn. 108); dies folgt aus § 12 Abs. 4 BauGB, wonach einzelne Flächen jenseits des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden können (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 8/2021, § 12 Rn. 122). Dem VEP zum hier angegriffenen Bebauungsplan zufolge ist der für das hier vereinbarte Vorhaben vorgesehene Bereich kleiner als das Plangebiet des Bebauungsplans. Insbesondere erfasst der Vorhabenbereich das im Bebauungsplan festgesetzte „MU“ nur teilweise. Dies ergibt sich daraus, dass der VEP für einen Teil des „MU“ nur Aussagen zur bestehenden Bebauung enthält, aber keine planerische, das heißt zukunftsgerichtete Aussage. Auch der zeichnerische Teil des angegriffenen Bebauungsplans bestätigt, dass nur ein Teil des „MU“ für ein im Durchführungsvertrag vereinbartes Vorhaben beansprucht wird. Denn der zeichnerische Teil des Bebauungsplans enthält nachrichtlich (als „Hinweis“) eine „Abgrenzung des Vorhaben- und Erschließungsplans“. Die Flächen „MU1“ und „MU3“ sowie ein Teil der Flächen „MU2“ und „MU4“ liegen jenseits des durch diese Abgrenzung markierten Vorhabenbereichs. |
|
| bb) Aus dem Bebauungsplan ergibt sich aber nicht hinreichend bestimmt, welcher Teil des „MU“ zum Vorhabenbereich gehört. |
|
| (1) Eine entsprechende Konkretisierung der Planung ist weder den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans (dort Teil A - 1) noch den „Planfestsetzungen durch Zeichnung, Farbe, Schrift und Text“ (Teil A - 3) zu entnehmen. |
|
| (2) Der VEP (Teil A - 4 des Bebauungsplans) ist ebenfalls ungeeignet, denjenigen Teil des „MU“ abzugrenzen, der zum Vorhabenbereich gehört, auf den sich Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen bezieht. Denn eine Abgrenzung des Vorhabengebiets vom restlichen Plangebiet ist in den zum VEP gehörenden Planunterlagen nicht dargestellt und ihnen auch sonst nicht zu entnehmen. Sie nennen zwar ein konkretes Bauvorhaben, das sie als „Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit 17 Wohneinheiten, Errichtung KFZ-Stellplätzen […]“ bezeichnen. Ein solches Mehrfamilienhaus ist auch Gegenstand der Zeichnungen in den Planunterlagen („VE 01“ bis „VE 06“). Planunterlage „VE 01“ zeigt aber neben einem „Haus 1“ mit 17 Wohneinheiten in einem „1. Bauabschnitt“ zusätzlich auch ein „Haus 2“ mit 8 Wohneinheiten in einem „2. Bauabschnitt“, das in den Planunterlagen „VE 02“ bis „VE 06“ nicht enthalten ist. Sie zeigt außerdem einen Spielplatz, der in den übrigen Planunterlagen nur zum Teil erkennbar ist. Damit ist unklar, wo die Grenze zwischen den Vorhabengebiet und dem restlichen Plangebiet verläuft. Insbesondere kann nicht hinreichend sicher festgestellt werden, ob nicht auch die für das „Haus 2“ und den Spielplatz vorgesehenen Flächen Teil der (Vorhaben-)Planung durch den VEP sind. Für diese Auslegung spricht immerhin auch der im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans enthaltene Hinweis auf die Abgrenzung des Vorhaben- und Erschließungsplans, weil sich „Haus 2“ und der Spielplatz nach dieser Abgrenzung innerhalb des Bereichs des „MU“ befinden, der Gegenstand des VEP ist. Gegen eine Auslegung des VEP, wonach auch die Flächen für „Haus 2“ und den Spielplatz zum Vorhabenbereich gehören, spricht aber wiederum, dass die im VEP genannte Bezeichnung des Vorhabens - „Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit 17 Wohneinheiten“ - gerade kein zweites Haus (und keinen Spielplatz) beinhaltet und diese baulichen Anlagen auch nicht Gegenstand der Unterlagen „VE 02“ bis „VE 06“ sind. |
|
| (3) Eine hinreichende Bestimmtheit desjenigen „MU“-Bereichs, der für ein im Durchführungsvertrag vereinbartes Vorhaben vorgesehen ist, ist dem Bebauungsplan auch nicht unter Heranziehung des Durchführungsvertrags zu entnehmen, den die Antragsgegnerin mit dem Vorhabenträger geschlossen hat. Denn auf den Durchführungsvertrag zu einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan kann zu dessen Auslegung nicht zurückgegriffen werden, weil er nicht Bestandteil der Bauleitplanung ist und von anderen Planbetroffenen nicht eingesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 3.02 - BVerwGE 119, 45, juris Rn. 24; vgl. auch die entsprechenden Zweifel im Senatsurteil vom 26.10.2011 - 5 S 920/10 - juris Rn. 106). Unabhängig davon ergibt sich auch aus dem Durchführungsvertrag keine klare räumliche Abgrenzung des Vorhabengebiets vom restlichen Plangebiet. Zwar ist der Durchführungsvertrag so zu verstehen, dass auch der Spielplatz, aber nicht „Haus 2“ Vertragsgegenstand ist. Denn § 1 des Vertrags bezeichnet das Wohngebäude im 2. Bauabschnitt als „angebotsbezogenen Teil des Bebauungsplans“. Zudem enthält § 3 des Vertrags eine Beschreibung des Vorhabens, zu dem sich der Vorhabenträger gemäß § 4 des Vertrags verpflichtet, und diese Beschreibung beinhaltet lediglich ein einziges Wohngebäude mit 17 Wohneinheiten, einen Spielplatz sowie Stellplätze und Fahrradstellplätze im Vorgartenbereich. Wo die Grenze zwischen dem Vorhabengebiet und dem restlichen Plangebiet in der Fläche verläuft, ist dieser Beschreibung jedoch nicht zu entnehmen. |
|
| (4) Die Begründung eines Bebauungsplans ist dagegen zwar öffentlich zugänglich und grundsätzlich als Auslegungshilfe zur Bestimmung des Festsetzungsgehalts heranzuziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 3.02 - BVerwGE 119, 45, juris Rn. 24). Die Begründung des angegriffenen Bebauungsplans hilft allerdings nicht bei der Bestimmung, welchen Teil des „MU“ die Festsetzung in Nr. 1.1 als Vorhabenbereich betrifft. Denn die Planbegründung beschreibt lediglich ein Konzept mit zwei Wohngebäuden mit 17 bzw. 8 Wohneinheiten in zwei Bauabschnitten (Begründung S. 27), ohne Aufschluss darüber zu geben, was davon Gegenstand des Vorhabens ist, das im Durchführungsvertrag vereinbart und in Nr. 1.1 in Bezug genommen ist. |
|
| b) Darüber hinaus ist Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen mit § 6a Abs. 4 Nr. 3 und 4 BauNVO unvereinbar. Nach § 6a Abs. 4 Nr. 3 BauNVO kann für urbane Gebiete oder Teile solcher Gebiete festgesetzt werden, dass in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine im Bebauungsplan bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist; gemäß § 6a Abs. 4 Nr. 4 BauNVO gilt dasselbe für gewerbliche Nutzungen. Entgegen einer in Teilen des Schrifttums vertretenen Ansicht, wonach Festsetzungen nach § 6a Abs. 4 Nr. 3 oder 4 BauNVO auf das Baugrundstück zu beziehen sind und das Tatbestandsmerkmal „in Gebäuden“ nicht erfordert, dass die festgesetzte Quote mit Geltung für jedes einzelne Gebäude auf dem Baugrundstück festgesetzt wird (vgl. Schimpfermann/Stühler in Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl., § 6a Rn. 31; Blechschmidt in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 8/2021, § 6a BauNVO Rn. 64 m. w. N.; Hornmann in Spannowsky/Hornmann/Kämper, BeckOK BauNVO, Werkstand 4/2022, § 6a Rn. 67 i. V. m. § 4a Rn. 86; vgl. auch Ziegler in Brügelmann, BauGB, Werkstand 1/2022, § 4a BauNVO Rn. 104 f. zu § 4a Abs. 4 Nr. 2 BauNVO), ist der Senat der Auffassung, dass der für Wohnungen oder gewerbliche Nutzungen zu verwendende Anteil der zulässigen Geschossfläche nach § 6a Abs. 4 Nr. 3 oder 4 BauNVO gebäudebezogen festzusetzen ist (vgl. Bönker in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl., § 6a Rn. 100; vgl. auch NdsOVG, Urteil vom 7.10.2021 - 1 KN 92/19 - juris Rn. 120 zu § 4a Abs. 4 Nr. 2 BauNVO). Dies folgt aus dem insoweit klaren Wortlaut von § 6a Abs. 4 Nr. 3 und 4 BauNVO. Ob eine Festsetzung zulässig wäre, wonach der für Wohnungen zu verwendende Anteil oder die Größe der Geschossfläche auf mehrere Gebäude eines Grundstücks beliebig aufgeteilt werden darf (vgl. Schimpfermann/Stühler in Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl., § 4a Rn. 32.1), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Quotenregelung in Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen des hier angegriffenen Bebauungsplans bestimmt den Wohnungs- und Gewerbeanteil gebietsbezogen („im gesamten MU“) und ohne jeglichen Gebäudebezug. |
|
| c) Der Bebauungsplan ist außerdem nicht mit § 12 Abs. 4 BauGB vereinbar. Gemäß § 12 Abs. 4 BauGB können einzelne Flächen außerhalb des Vorhaben- und Erschließungsplans in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden. In den angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan wurden mehr als nur „einzelne Flächen“ außerhalb des VEP einbezogen. Dies gilt - unabhängig davon, dass aus dem Bebauungsplan schon nicht mit hinreichender Bestimmtheit hervorgeht, wie weit sich der VEP-Bereich genau erstreckt (s.o. a) bb)) - zumindest für die Baugebiete „MU1“ und „MU3“, die jedenfalls jenseits des Vorhabenbereichs liegen und etwa ein Drittel des gesamten Geltungsbereichs des Bebauungsplans ausmachen. Denn einzelne Flächen i. S. v. § 12 Abs. 4 BauGB sind nur solche Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans, die zum einen in quantitativer Hinsicht gegenüber dem Vorhabengebiet im Grundsatz nur von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.9.2014 - 4 C 1328/12.N - juris Rn. 96). Zum anderen muss deren Einbeziehung in qualitativer Hinsicht in den Bebauungsplan städtebaulich in Bezug auf ein Vorhaben erforderlich sein, dessen Zulässigkeit nach § 12 Abs. 1 BauGB bestimmt wird. Es muss sich um sachnotwendige Ergänzungen des VEP handeln (vgl. OVG NRW, Urteil vom 4.5.2012 - 2 D 11/11.NE - BauR 2012, 1357, juris Rn. 47). Nicht dazu gehören Flächen, die allein einem vom Vorhaben- und Erschließungsplan unabhängigen Vorhaben dienen (vgl. SächsOVG, Urteile vom 7.12.2007 - 1 D 18/06 - juris Rn. 134 und vom 9.12.2011 - 1 C 23/08 - juris Rn. 33; OVG NRW, Urteil vom 11.9.2008 - 7 D 74/07.NE - juris Rn. 74; Bank in Brügelmann, BauGB, Werkstand 1/2022, § 12 Rn. 163 f.). |
|
| Nach diesen Maßgaben sind die Flächen der Baugebiete „MU1“ und „MU3“ keine einzelnen Flächen im Sinne des § 12 Abs. 4 BauGB. Sie sind quantitativ nicht untergeordnet und qualitativ für das in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen vorgesehene Vorhaben nicht städtebaulich erforderlich. Eine solche Erforderlichkeit folgt auch nicht aus dem Argument der Antragsgegnerin, dass auf diesen Flächen ohne ihre Einbeziehung in den Plan weitere Wohnnutzungen ohne Weiteres zulässig wären, dadurch wiederum gewerbliche Nutzungen im Plangebiet verdrängt werden könnten und das Gebiet dann „kippte“. Denn die Gestaltung des Vorhabens muss sich an den vorhandenen Gegebenheiten orientieren. Die Einbeziehung zusätzlicher Flächen im Sinne des § 12 Abs. 4 BauGB darf nicht dazu dienen, - wie hier - zunächst die grundlegenden planungsrechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, ein Vorhaben mit den Mitteln eines VEP zu verwirklichen. |
|
| 3. Der angegriffene Bebauungsplan leidet zudem an einem beachtlichen Verstoß gegen das Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB. |
|
| a) Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Ein Verstoß hiergegen kann sich aus einer mangelnden Zielidentität zwischen einem Bebauungsplan und seiner Begründung ergeben (BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - juris Rn. 16; vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.2.1990 - 5 S 3179/88 - juris Rn. 29). Der angegriffene Bebauungsplan leidet unter solch einer mangelnden Zielidentität. Seinen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung liegt nach Nr. 5.5.1 der Planbegründung die Erwägung zugrunde, zum Schutz vor beidseitigen Immissionen durch Gewerbelärm und bestandsorientiert Wohnnutzung primär im nordöstlichen Teil und gewerbliche Nutzungen vor allem im südwestlichen Teil des Gebietes zuzulassen. Der Bebauungsplan trägt dieser Erwägung allenfalls durch die Festsetzung von Mindestgeschossflächen für Wohnen und Gewerbe in Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen sowie dadurch Rechnung, dass Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen zu Wohnnutzungen im nordöstlichen Plangebiet führen soll. Abgesehen davon, dass sowohl Nr. 1.1 (wegen Unbestimmtheit) als auch die Festsetzung von Mindestgeschossflächen in Nr. 1.2 (mangels Gebäudebezugs i. S. v. § 6a Nr. 3 und 4 BauNVO) unwirksam sind (s.o.), sichern diese Festsetzungen jedenfalls kein Vorherrschen gewerblicher Nutzungen im Südwesten des Plangebiets. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der von einem Vertreter des mit der Planung beauftragten Architektur- und Stadtplanungsbüros in der mündlichen Verhandlung geäußerten Erwartung, dass die in Nr. 1.2 festgesetzten Quoten faktisch zu gewerblichen Nutzungen im Südwesten zwingen würden, sobald die im VEP bezeichneten zwei Bauabschnitte erst einmal realisiert seien. |
|
| b) Der hierin liegende Fehler im Abwägungsvorgang ist nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlich, denn er ist offensichtlich, weil er aus einem Vergleich der Festsetzungen des Plans und dessen Begründung hervorgeht, und er hat das Abwägungsergebnis auch beeinflusst, weil die aus der Planbegründung hervorgehende Absicht im Fall ihrer Umsetzung zu einer anderen Festsetzung geführt hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - juris Rn. 16). |
|
| c) Der Fehler ist auch nicht nach § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden, denn die Antragstellerin hat ihn innerhalb der dafür geltenden Frist von einem Jahr seit Bekanntmachung der Satzung durch ihr Schreiben an die Antragsgegnerin vom 11. Juli 2019 unter Darlegung des die Rechtsverletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht. |
|
| III. Der angegriffene Bebauungsplan ist wegen der aufgezeigten Verstöße insgesamt unwirksam. Mängel einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führen nur dann ausnahmsweise nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 67 und Senatsurteil vom 16.2.2022 - 5 S 2207/20 - UA S. 18, jeweils m. w. N.). Der angegriffene Bebauungsplan bewirkte ohne seine rechtswidrigen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung und ohne seine mit § 12 Abs. 4 BauGB unvereinbare Abgrenzung des Plangebiets keine sinnvolle städtebauliche Ordnung, von der mit Sicherheit anzunehmen wäre, dass der Gemeinderat sie auch ohne die unwirksamen Festsetzungen beschlossen hätte. |
|
| |
| D. Die Revision ist nicht zuzulassen, denn ein Zulassungsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtsauffassung des Senats zu § 6a Abs. 4 Nr. 3 und 4 BauNVO ist für die Unwirksamerklärung des angegriffenen Bebauungsplans nicht von ausschlaggebender Bedeutung. |
|
|
|
| |
| Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.8.1 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (veröffentlicht unter https://www.bverwg.de/rechtsprechung/streitwertkatalog) endgültig auf 30.000 Euro festgesetzt. |
|
| Der Beschluss ist unanfechtbar |
|
| Der Normenkontrollantrag hat Erfolg, denn er ist zulässig und begründet. |
|
| A. Der Antrag ist zulässig. |
|
| I. Die Antragstellerin hat ihn gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung des Beschlusses des angegriffenen Bebauungsplans beim Verwaltungsgerichtshof gestellt. |
|
| II. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. |
|
| Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch den Plan oder seine Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Eigentümer außerhalb des Plangebiets gelegener Grundstücke, wie hier die Antragstellerin, können eine Verletzung ihres Rechts aus § 1 Abs. 7 BauGB auf die fehlerfreie Abwägung ihrer abwägungsbeachtlichen privaten Belange geltend machen. Abwägungsbeachtlich sind dabei solche schutzwürdigen planbedingten Betroffenheiten, die mehr als geringfügig, in ihrem Eintritt zumindest wahrscheinlich und für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar waren. Um die fehlerhafte Abwägung solcher Belange nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend zu machen, obliegt dem Antragsteller ein substantiierter Tatsachenvortrag, der die fehlerhafte Behandlung zumindest möglich erscheinen lässt (vgl. Senatsurteil vom 20.10.2021 - 5 S 3125/20 - juris Rn. 38 m. w. N.). |
|
| Die Antragstellerin hat als Eigentümerin eines an das Plangebiet angrenzenden, gewerblich (oder industriell) genutzten Grundstücks grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse daran, von einer heranrückenden Wohnbebauung verschont zu bleiben, die zu Einschränkungen in der aktuellen oder künftigen Betriebsführung auf ihrem Grundstück führen könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.6.2021 - 8 S 1384/19 - UA S. 9). Nach ihrem substantiierten Vortrag zu den Nutzungen im Umfeld des Plangebiets, einschließlich ihres eigenen Grundstücks Flst.-Nr. ..., ist auch nicht von vornherein auszuschließen, dass die durch den Plan zugelassenen Wohnnutzungen die aktuelle und künftige Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mehr als geringfügig und für die Antragsgegnerin erkennbar beeinträchtigen und dies vom Gemeinderat fehlerhaft abgewogen wurde. |
|
| III. Die Antragstellerin hat auch ein Rechtschutzinteresse. Dieses entfällt insbesondere nicht durch den von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung berichteten Umstand, dass im Norden des Plangebiets zwischenzeitlich ein Wohngebäude errichtet wurde. Das Erfordernis eines Rechtsschutzinteresses soll verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann (Senatsurteil vom 16.2.2022 - 5 S 2207/20 - juris Rn. 26 m. w. N.). Für die Antragstellerin ist eine Aufhebung des angegriffenen Bebauungsplans schon deshalb nicht wertlos, weil die Festsetzungen, durch welche die Antragstellerin die Nutzung ihres Grundeigentums beeinträchtigt sieht, sich nicht auf den zwischenzeitlich neu bebauten Teil des Plangebiets beschränken. |
|
| B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet, denn der angegriffene Bebauungsplan weist Fehler auf, die zu seiner Unwirksamkeit führen. |
|
| I. Es ist schon zweifelhaft, ob er formell rechtmäßig zustande kam. |
|
| 1. Dies gilt zunächst im Hinblick auf §§ 34, 35 GemO. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO sind die Sitzungen des Gemeinderats öffentlich; gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 GemO sind Zeit, Ort und Tagesordnungen der öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats rechtzeitig ortsüblich bekannt zu geben. Der Senat hat Bedenken, ob die hier allein maßgebliche Ratssitzung vom 10. Juli 2018, in der der angegriffene Bebauungsplan beschlossen wurde, als „öffentliche“ Sitzung i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 7 und § 35 Abs. 1 Satz 1 GemO bekannt gemacht wurde. Denn die Bekanntmachung war zwar mit „Einladung zur öffentlichen Sitzung des Gemeinderates“ überschrieben. Bedenklich erscheint aber, dass die Einladung am Ende den Zusatz enthielt, die „Einwohner“ seien herzlich eingeladen, denn dies könnte von einem juristisch Unerfahrenen auch so verstanden werden, dass die Sitzung lediglich „Einwohner-öffentlich“ ist. Wegen der nachfolgend unter II. festgestellten materiellen Fehler bedarf dies jedoch keiner abschließenden Entscheidung. |
|
| |
| Gemäß § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, zu ermitteln und zu bewerten. Zu diesen Belangen gehören die Auswirkungen, die der Plan auf Nutzungen auf benachbarten Grundstücken und deren Entwicklungsmöglichkeiten wegen des mit ihnen verbundenen Lärms hat. Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin die mit der Planung verbundenen Lärmkonflikte ordnungsgemäß ermittelt hat. |
|
| Methodisch zweifelhaft erscheint insbesondere, dass der Fachbeitrag Schall für die Grundstücke, auf denen im Umfeld des Plangebiets Betriebe vorhanden sind, in Anlehnung an Nr. 5.2.3 der DIN 18005 pauschal einen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 60 dB(A) am Tag ansetzt. |
|
| Nach Nr. 5.2.3 der DIN 18005 ist für die Berechnung der in der Umgebung eines geplanten Industrie- oder Gewerbegebiets ohne Emissionsbegrenzung zu erwartenden Beurteilungspegel dieses Gebiets eine Flächenschallquelle mit bestimmten flächenbezogenen Schallleistungspegeln (nämlich 65 dB für Industriegebiete und 60 dB für Gewerbegebiete 60 dB, jeweils tags und nachts) anzusetzen, wenn die Art der unterzubringenden Anlagen nicht bekannt ist. Gegenstand des Fachbeitrags Schall zum angegriffenen Bebauungsplan ist aber kein geplantes Industrie- oder Gewerbegebiet, in dem Anlagen unterzubringen sind, die ihrer Art und ihrem Lärm nach noch unbekannt sind, sondern ein geplantes urbanes Gebiet, das den Emissionen konkreter gewerblicher oder industrieller Betriebe ausgesetzt ist, die im Umfeld des Plangebiets schon bestehen. |
|
| Der Ansatz eines für Gewerbegebiete geltenden flächenbezogenen Schalleistungspegels von 60 dB entsprechend Nr. 5.2.3 der DIN 18005 ist als Ausgangspunkt der Berechnung zwar auch dann nicht grundsätzlich zu beanstanden, wenn es um die Planung von Wohn- und Mischgebieten geht, die an (bestehende) Gewerbegebiete angrenzen (vgl. HessVGH, Urteil vom 19.11.2020 - 4 C 1813/19.N - juris Rn. 27). Denn damit steht die Lärmermittlung - dem Vorsorgeprinzip der Bauleitplanung entsprechend - auf der „sicheren Seite“ und trägt dem Planungsgrundsatz vorbeugender Konfliktvermeidung Rechnung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.10.2011 - 3 S 942/10 - juris Rn. 41, 49). Ein festgesetztes Gewerbegebiet (vgl. VGH Bad.-Württ., ebd., Rn. 41) war dem Fachbeitrag Schall zum angegriffenen Bebauungsplan aber nicht zugrunde zu legen. Denn im Umfeld des Plangebiets existieren zwar zahlreiche Betriebe, diese liegen aber nicht in einem festgesetzten Gewerbegebiet. |
|
| Ob und inwieweit der Ansatz von Nr. 5.2.3 der DIN 18005 auf die Berechnung von Lärmimmissionen übertragbar ist, die sich aus den künftigen Entwicklungsmöglichkeiten bestehender Industrie- und Gewerbebetriebe ergeben können, die nicht in einem schon festgesetzten oder neu festzusetzenden Baugebiet liegen (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 4.8.2017 - 9 N 15.378 - juris Rn. 61), kann dahinstehen. Denn die rechnerische Prognose von Immissionen durch schon bestehende baulichen Nutzungen setzt grundsätzlich zumindest die Kenntnis der Art dieser bestehenden Nutzungen und deren Emissionen voraus. Diese Kenntnis ist im Fall bestehender Gewerbebetriebe grundsätzlich auch nicht etwa durch einen Ansatz der Grundstücke dieser Betriebe als (fiktives) Gewerbegebiet zu ersetzen, denn bestehende Betriebe können (rechtmäßigerweise) auch zu erheblichen Belästigungen führen, mit denen sie in einem Gewerbegebiet unzulässig wären. Erforderlich ist grundsätzlich vielmehr eine Betrachtung der konkret vorhandenen (genehmigten) Nutzungen und des von ihnen ausgehenden Lärms. Davon dürfte auch Nr. 5.2.3 der DIN 18005 ausgehen. Dies zeigt sich daran, dass es in Nr. 5.2.3 der DIN 18005 (a.E.) heißt: „Vor der Ausweisung neuer schutzbedürftiger Gebiete im Einwirkungsbereich bestehender Industrie- und Gewerbegebiet sind die erforderlichen Abstände aus den dort vorhandenen oder noch zulässigen Schallemissionen zu ermitteln.“ Zudem setzt Nr. 5.2.3 der DIN 18005 eine Ermittlung der konkreten baulichen Nutzung auch insoweit voraus, als die Norm die Höhe des anzusetzenden flächenbezogenen Schallleistungspegels an die Zuordnung der jeweiligen Nutzungen zu einer bestimmten Gebietsart - Gewerbe- oder Industriegebiet - anknüpft; eine bestehende bauliche Nutzung, für die keine Gebietsfestsetzung gilt, eindeutig einer dieser Gebietsarten zuzuordnen, ist ohne Kenntnis der konkreten Nutzung aber kaum möglich. Infrage kommen könnte dies allenfalls bei dem Ansatz eines Industriegebiets als „worst-case“-Betrachtung. Auch dies kann hier aber dahinstehen. Denn der Fachbeitrag Schall zum angegriffenen Bebauungsplan setzt für die Betriebe im Umfeld des Plangebiets einen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 60 dB tags an, den Nr. 5.2.3 der DIN 18005 für Gewerbegebiete (nicht für Industriegebiete) vorsieht. Die Aufstellungsvorgänge lassen nicht erkennen, dass dieser Ansatz auf einer Kenntnis der konkret vorhandenen Betriebe und deren Emissionen beruht. Dementsprechend hat auch die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Gutachter bei der Betrachtung der bestehenden Nutzungen von den Genehmigungen ausgegangen seien, die „greifbar“ gewesen seien. Etwaige Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, dass die Bestandserfassung von der Mitwirkung von Grundstückseigentümern oder Betriebsinhabern abhängt, dürften im Übrigen nicht für die Notwendigkeit und den Umfang der Bestandserfassung, sondern allenfalls für die Abwägung der Belange der betreffenden Eigentümer oder Betriebsinhaber relevant sein (vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.11.2021 - 2 D 140/20.NE - juris Rn. 87). |
|
| II. Der angegriffene Bebauungsplan ist jedenfalls materiell rechtswidrig. |
|
| |
| Gemäß § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Die Voraussetzung der „Erforderlichkeit“ der Planung gilt nicht nur für die Planaufstellung als solche, sondern auch für den konkreten Planinhalt, das heißt für jede einzelne Festsetzung (vgl. § 9 Abs. 1 BauGB, BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239, juris Rn. 9, und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 43). Welche Festsetzung in einem Bebauungsplan erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 44 f.). Die Planungskonzeption der Antragsgegnerin beinhaltet der Planbegründung zufolge das Ziel, im Plangebiet im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ein urbanes Gebiet festzusetzen, in welchem der gewerbliche Charakter des Gebietes erhalten bleibt und Wohnnutzung ermöglicht wird. Mit Blick auf den Lärmschutz heißt es hierzu in der Planbegründung weiter, die Festlegung als urbanes Gebiet solle ein nutzungsverträgliches Nebeneinander von Einzelhandel, kulturellen und anderen Einrichtungen, sowie Gewerbe und Wohnen sichern, so dass künftige Planungen sowohl von vorhandenen Gewerbebetrieben baurechtlich geordnet möglich sind. Diesen Passagen der Planbegründung entspricht es noch, dass der angegriffene Bebauungsplan ein urbanes Gebiet festsetzt. Denn die besondere Funktion urbaner Gebiete besteht nach § 6a Abs. 1 Satz 1 BauNVO gerade darin, dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen zu dienen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören; § 6a BauNVO erweitert die Funktion des urbanen Gebiets so im Vergleich zum Mischgebiet um soziale, kulturelle und andere Einrichtungen und macht damit eine größere Bandbreite an Nutzungsmischungen zum wesensbestimmenden Merkmal des urbanen Gebiets (Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 8/2021, § 6a BauNVO Rn. 13). Für eine entsprechende Bandbreite an Nutzungen war es aber nicht i. S. v. § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, das „MU“ in Kombination mit den in Nr. 1.1 und Nr. 1.2 enthaltenen Regelungen zur Art der Nutzung festzusetzen. |
|
| Eine Festsetzung ist nur erforderlich i. S. v. § 1 Abs. 3 BauGB, wenn sie nach dem städtebaulichen Konzept vernünftigerweise geboten erscheint (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.6.2021 - 8 S 3260/19 - UA S.10). Nicht erforderlich ist sie hingegen jedenfalls dann, wenn sie nicht dem wirklichen planerischen Willen der Gemeinde entspricht, sondern nur vorgeschoben ist, um eine andernfalls unerreichbare Nutzung zu ermöglichen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 3.2.2014 - 1 NE 13.2508 - juris Rn. 8). Setzt die Gemeinde ein Baugebiet im Sinne der BauNVO fest, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie einen entsprechenden Planungswillen hat, das heißt auch tatsächlich eine Nutzung anstrebt, die der normativ - durch die BauNVO - bestimmten besonderen Funktion des jeweiligen Baugebietstyps entspricht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.5.2013 - 8 S 313/11 - ZfBR 2013, 692 <693> und Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 44 f.). Bestehen insoweit allerdings nicht unerhebliche Zweifel, ist es Sache der Gemeinde, diese Zweifel zur Überzeugung des Normenkontrollgerichts auszuräumen. Gelingt ihr dies nicht, lässt dies nur den Schluss zu, dass die getroffene Gebietsfestsetzung von ihr nicht angestrebt wird, sodass diese sich als nicht erforderlich erweist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 44 f.). So verhält es sich auch hier. |
|
| Dass die Festsetzung eines „MU“ in Kombination den in Nr. 1.1 und 1.2 getroffenen textlichen Festsetzungen vernünftigerweise geboten war, weil die Antragsgegnerin eine der besonderen Funktion urbaner Gebiete nach § 6a Abs. 1 BauNVO entsprechende Nutzung tatsächlich anstrebte, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest. |
|
| a) Dem Ziel, planerisch eine § 6a Abs. 1 BauNVO entsprechende Bandbreite an Nutzungen zu bewirken, dient es nicht, ein urbanes Gebiet festzusetzen und dieses mit Detailfestsetzungen zur Art der baulichen Nutzung so zu gestalten, dass die Gebietsfunktion nicht mehr von der Funktion unterscheidbar ist, die § 6 Abs. 1 BauNVO Mischgebieten zuweist. Die besondere Funktion eines urbanen Gebiets unterscheidet sich von der eines Mischgebiets dadurch, dass das urbane Gebiet stärker auf eine Mischung von Wohnen und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen ausgerichtet ist (vgl. auch die Begründung zur Schaffung des urbanen Gebiets im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt BT-Drs. 18/10942 S. 56). Gemäß § 6a Abs. 1 Satz 2 BauNVO muss die Mischung der Nutzungsarten nicht gleichgewichtig sein. Das Vorhandensein einer Nutzungsmischung nach § 6a Absatz 1 Satz 1 BauNVO ist aber ein charakteristisches Merkmal des urbanen Gebiets (Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BT-Drs. 18/11439, S. 22). Das heißt, dass außer Wohnen und Gewerbe auch soziale, kulturelle und andere Einrichtungen den Gebietscharakter prägen (vgl. Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2017, 817 <824>; Bönker in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl., § 6a Rn. 45). Diesen Charakter müssen etwa auch Festsetzungen zum Ausschluss bestimmter Nutzungsarten wahren (vgl. Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2017, 817 <824>), denn die allgemeine Zweckbestimmung eines Gebiets darf durch weitere Festsetzungen nicht verloren gehen, weil sonst die Pflicht aus § 1 Abs. 3 Satz 1 BauNVO verletzt würde, im Bebauungsplan ein in § 1 Abs. 2 BauNVO bezeichnetes Baugebiet festzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.12.1989 - 4 NB 32.89 - juris Rn. 3; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 18.11.1993 - 5 S 2916/92 - juris Rn. 20). |
|
| Die Festsetzung eines „MU“ im angegriffenen Bebauungsplan führt in Kombination mit den textlichen Festsetzungen Nr. 1.1 und 1.2 hingegen dazu, dass das festgesetzte „MU“ - wie ein Mischgebiet nach § 6 Abs. 1 BauNVO - allein dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben dient, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Gemäß Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen sind im gesamten „MU“ nämlich nur Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude sowie sonstige Gewerbebetriebe nach § 6a Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig. Nach Nr. 1.1 sind im Rahmen der festgesetzten Nutzungen im „MU“ nur solche Vorhaben zulässig, zu deren Durchführung sich der Vorhabenträger im Durchführungsvertrag verpflichtet. Im Durchführungsvertrag verpflichtet sich der Vorhabenträger zur Errichtung eines Wohngebäudes mit 17 Wohneinheiten (mit Stellplätzen im Vorgartenbereich und Spielplatz im Hofbereich). Eine Nutzungsmischung i. S. v. § 6a Abs. 1 BauNVO wird mit diesen Festsetzungen eher verhindert, als dass sie die getroffenen Festsetzungen als vernünftigerweise geboten erscheinen lässt. |
|
| b) Die Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin eine der besonderen Funktion urbaner Gebiete nach § 6a Abs. 1 BauNVO entsprechende Nutzung tatsächlich anstrebt, hat sie im Normenkontrollverfahren nicht ausgeräumt. |
|
| Insbesondere ist - entgegen der im Normenkontrollverfahren geäußerten Auffassung der Antragsgegnerin - Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen nicht so zu verstehen, dass danach soziale, kulturelle und andere Einrichtungen zulässig wären, soweit es sich nicht um eigenständige bauliche Anlagen handelt, sondern nur um einzelne Einheiten in baulichen Anlagen/Gebäuden, in denen auch noch andere Nutzungen stattfinden. Ein solches Verständnis liegt schon nach dem Wortlaut von Nr. 1.2 fern, denn hiernach sind außer Wohngebäuden sowie Geschäfts- und Bürogebäuden nur sonstige Gewerbebetriebe nach § 6a Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig. Aber auch die bei der Auslegung des Bebauungsplans zu berücksichtigende Planbegründung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - juris Rn. 15) bietet keine belastbaren Anzeichen dafür, dass im festgesetzten „MU“ auch soziale, kulturelle und andere Einrichtungen zulässig wären. In der Begründung der Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung heißt es nämlich, entsprechend dem Planungsziel und unter Berücksichtigung der Umgebung werde ein urbanes Gebiet festgesetzt. Aufgrund der nicht zentralen Lage an einer Ortszufahrt, zum Schutz der Innenstadt, zur Ermöglichung der geplanten Nutzungen und zur Generierung des beabsichtigten Gebietscharakters seien die zulässigen Nutzungen auf Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude und sonstige Gewerbebetriebe beschränkt. Eine Mindestgeschossfläche für Wohnungen und Gewerbe sichere das Nebeneinander dieser Nutzungen. Durch den Ausschluss der anderen möglichen Nutzungen sollten die gewünschten Nutzungen gesichert und ihre Störung vermieden werden. Zum Schutz vor beidseitigen Immissionen durch Gewerbelärm und bestandsorientiert solle das Wohnen primär im nordöstlichen Teil des Gebietes stattfinden und im Südwesten gewerbliche Nutzungen vorherrschen. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten diene außerdem der Verhinderung eines Trading-down Effektes. Hieraus ergibt sich nicht, dass das die Antragsgegnerin im als „MU“ festgesetzten Baugebiet mehr als nur Gewerbe- und Wohnnutzungen anstrebt. |
|
| Aus dem Argument der Antragsgegnerin, sie habe im Hinblick auf die Immissionsrichtwerte kein „MU“ festsetzen müssen, sondern hätte stattdessen auch ein Mischgebiet festsetzen können, folgt ebenfalls gerade nicht, dass die getroffenen Festsetzungen vernünftigerweise geboten und damit erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB waren. |
|
| 2. Der angegriffene Bebauungsplan leidet auch an Festsetzungsfehlern. |
|
| a) Er ist unbestimmt und damit rechtswidrig, weil er unklar lässt, welchen Bereich des Plangebiets Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen betrifft. Denn aus dem Bebauungsplan ergibt sich zwar hinreichend bestimmt, dass Nr. 1.1 nur für einen Teil des Plangebiets gilt (aa), nicht aber für welchen (bb). |
|
| aa) Der Bebauungsplan ist so zu verstehen, dass Nr. 1.1 nur für denjenigen Bereich des „MU“ gilt, der Gegenstand eines im Durchführungsvertrag vereinbarten Vorhabens (im Folgenden: Vorhabenbereich) ist. |
|
| (1) Dem Wortlaut nach scheint Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen zwar für das ganze „MU“ zu gelten, denn Nr. 1.1 regelt die bauliche Nutzung „im MU“. Bei diesem „MU“ handelt es sich um ein einziges Baugebiet, das sich aus den mit „MU1“ bis „MU4“ bezeichneten Flächen zusammensetzt. Dies folgt aus Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen und der Planbegründung. Denn Nr. 1.2 regelt die Art der Nutzung im „gesamten MU (bestehend aus MU1, MU2, MU3 und MU4)“; der Planbegründung zufolge wird im Plangebiet ein urbanes Gebiet festgesetzt (Begründung S. 27, 31 - Unterstreichung hinzugefügt). Die Untergliederung in Teilflächen mit eigenen Bezeichnungen (hier: „MU1“ bis „MU4“) und teilweise verschiedene Detailfestsetzungen zu den einzelnen Teilflächen stehen der Annahme, dass es sich dabei insgesamt lediglich um ein einziges Baugebiet handelt, nicht entgegen (vgl. NdsOVG, Urteil vom 7.10.2021 - 1 KN 3/20 - juris LS 2 und Rn. 25). |
|
| (2) Die Festsetzung in Nr. 1.1 ist aber trotz ihres Wortlauts jedenfalls nicht so auszulegen, dass sie die bauliche Nutzung im gesamten „MU“ betrifft. Dies folgt aus der Überschrift von Nr. 1.1 in Verbindung mit dem VEP. |
|
| Der Überschrift „Vorhabensbezogene Festsetzungen (§ 12 Abs. 3a BauGB)“ zufolge regelt Nr. 1.1 die Art der Nutzung speziell des Vorhabenbereichs. |
|
| Der Vorhabenbereich umfasst jedenfalls nicht das ganze „MU“. Dies ergibt sich aus dem VEP, der Bestandteil des Bebauungsplans ist. Ein Vorhaben- und Erschließungsplan beschreibt (seiner gesetzlichen Bezeichnung in § 12 BauGB entsprechend) die Vorhaben (und die Erschließung der Vorhaben), die Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplans sind (vgl. Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 12 Rn. 7). Der im Vorhaben- und Erschließungsplan geregelte Bereich und damit die Vorhaben können kleiner sein als das Plangebiet des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2011 - 5 S 920/10 - juris Rn. 108); dies folgt aus § 12 Abs. 4 BauGB, wonach einzelne Flächen jenseits des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden können (vgl. Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 8/2021, § 12 Rn. 122). Dem VEP zum hier angegriffenen Bebauungsplan zufolge ist der für das hier vereinbarte Vorhaben vorgesehene Bereich kleiner als das Plangebiet des Bebauungsplans. Insbesondere erfasst der Vorhabenbereich das im Bebauungsplan festgesetzte „MU“ nur teilweise. Dies ergibt sich daraus, dass der VEP für einen Teil des „MU“ nur Aussagen zur bestehenden Bebauung enthält, aber keine planerische, das heißt zukunftsgerichtete Aussage. Auch der zeichnerische Teil des angegriffenen Bebauungsplans bestätigt, dass nur ein Teil des „MU“ für ein im Durchführungsvertrag vereinbartes Vorhaben beansprucht wird. Denn der zeichnerische Teil des Bebauungsplans enthält nachrichtlich (als „Hinweis“) eine „Abgrenzung des Vorhaben- und Erschließungsplans“. Die Flächen „MU1“ und „MU3“ sowie ein Teil der Flächen „MU2“ und „MU4“ liegen jenseits des durch diese Abgrenzung markierten Vorhabenbereichs. |
|
| bb) Aus dem Bebauungsplan ergibt sich aber nicht hinreichend bestimmt, welcher Teil des „MU“ zum Vorhabenbereich gehört. |
|
| (1) Eine entsprechende Konkretisierung der Planung ist weder den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans (dort Teil A - 1) noch den „Planfestsetzungen durch Zeichnung, Farbe, Schrift und Text“ (Teil A - 3) zu entnehmen. |
|
| (2) Der VEP (Teil A - 4 des Bebauungsplans) ist ebenfalls ungeeignet, denjenigen Teil des „MU“ abzugrenzen, der zum Vorhabenbereich gehört, auf den sich Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen bezieht. Denn eine Abgrenzung des Vorhabengebiets vom restlichen Plangebiet ist in den zum VEP gehörenden Planunterlagen nicht dargestellt und ihnen auch sonst nicht zu entnehmen. Sie nennen zwar ein konkretes Bauvorhaben, das sie als „Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit 17 Wohneinheiten, Errichtung KFZ-Stellplätzen […]“ bezeichnen. Ein solches Mehrfamilienhaus ist auch Gegenstand der Zeichnungen in den Planunterlagen („VE 01“ bis „VE 06“). Planunterlage „VE 01“ zeigt aber neben einem „Haus 1“ mit 17 Wohneinheiten in einem „1. Bauabschnitt“ zusätzlich auch ein „Haus 2“ mit 8 Wohneinheiten in einem „2. Bauabschnitt“, das in den Planunterlagen „VE 02“ bis „VE 06“ nicht enthalten ist. Sie zeigt außerdem einen Spielplatz, der in den übrigen Planunterlagen nur zum Teil erkennbar ist. Damit ist unklar, wo die Grenze zwischen den Vorhabengebiet und dem restlichen Plangebiet verläuft. Insbesondere kann nicht hinreichend sicher festgestellt werden, ob nicht auch die für das „Haus 2“ und den Spielplatz vorgesehenen Flächen Teil der (Vorhaben-)Planung durch den VEP sind. Für diese Auslegung spricht immerhin auch der im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans enthaltene Hinweis auf die Abgrenzung des Vorhaben- und Erschließungsplans, weil sich „Haus 2“ und der Spielplatz nach dieser Abgrenzung innerhalb des Bereichs des „MU“ befinden, der Gegenstand des VEP ist. Gegen eine Auslegung des VEP, wonach auch die Flächen für „Haus 2“ und den Spielplatz zum Vorhabenbereich gehören, spricht aber wiederum, dass die im VEP genannte Bezeichnung des Vorhabens - „Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit 17 Wohneinheiten“ - gerade kein zweites Haus (und keinen Spielplatz) beinhaltet und diese baulichen Anlagen auch nicht Gegenstand der Unterlagen „VE 02“ bis „VE 06“ sind. |
|
| (3) Eine hinreichende Bestimmtheit desjenigen „MU“-Bereichs, der für ein im Durchführungsvertrag vereinbartes Vorhaben vorgesehen ist, ist dem Bebauungsplan auch nicht unter Heranziehung des Durchführungsvertrags zu entnehmen, den die Antragsgegnerin mit dem Vorhabenträger geschlossen hat. Denn auf den Durchführungsvertrag zu einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan kann zu dessen Auslegung nicht zurückgegriffen werden, weil er nicht Bestandteil der Bauleitplanung ist und von anderen Planbetroffenen nicht eingesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 3.02 - BVerwGE 119, 45, juris Rn. 24; vgl. auch die entsprechenden Zweifel im Senatsurteil vom 26.10.2011 - 5 S 920/10 - juris Rn. 106). Unabhängig davon ergibt sich auch aus dem Durchführungsvertrag keine klare räumliche Abgrenzung des Vorhabengebiets vom restlichen Plangebiet. Zwar ist der Durchführungsvertrag so zu verstehen, dass auch der Spielplatz, aber nicht „Haus 2“ Vertragsgegenstand ist. Denn § 1 des Vertrags bezeichnet das Wohngebäude im 2. Bauabschnitt als „angebotsbezogenen Teil des Bebauungsplans“. Zudem enthält § 3 des Vertrags eine Beschreibung des Vorhabens, zu dem sich der Vorhabenträger gemäß § 4 des Vertrags verpflichtet, und diese Beschreibung beinhaltet lediglich ein einziges Wohngebäude mit 17 Wohneinheiten, einen Spielplatz sowie Stellplätze und Fahrradstellplätze im Vorgartenbereich. Wo die Grenze zwischen dem Vorhabengebiet und dem restlichen Plangebiet in der Fläche verläuft, ist dieser Beschreibung jedoch nicht zu entnehmen. |
|
| (4) Die Begründung eines Bebauungsplans ist dagegen zwar öffentlich zugänglich und grundsätzlich als Auslegungshilfe zur Bestimmung des Festsetzungsgehalts heranzuziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2003 - 4 CN 3.02 - BVerwGE 119, 45, juris Rn. 24). Die Begründung des angegriffenen Bebauungsplans hilft allerdings nicht bei der Bestimmung, welchen Teil des „MU“ die Festsetzung in Nr. 1.1 als Vorhabenbereich betrifft. Denn die Planbegründung beschreibt lediglich ein Konzept mit zwei Wohngebäuden mit 17 bzw. 8 Wohneinheiten in zwei Bauabschnitten (Begründung S. 27), ohne Aufschluss darüber zu geben, was davon Gegenstand des Vorhabens ist, das im Durchführungsvertrag vereinbart und in Nr. 1.1 in Bezug genommen ist. |
|
| b) Darüber hinaus ist Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen mit § 6a Abs. 4 Nr. 3 und 4 BauNVO unvereinbar. Nach § 6a Abs. 4 Nr. 3 BauNVO kann für urbane Gebiete oder Teile solcher Gebiete festgesetzt werden, dass in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine im Bebauungsplan bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist; gemäß § 6a Abs. 4 Nr. 4 BauNVO gilt dasselbe für gewerbliche Nutzungen. Entgegen einer in Teilen des Schrifttums vertretenen Ansicht, wonach Festsetzungen nach § 6a Abs. 4 Nr. 3 oder 4 BauNVO auf das Baugrundstück zu beziehen sind und das Tatbestandsmerkmal „in Gebäuden“ nicht erfordert, dass die festgesetzte Quote mit Geltung für jedes einzelne Gebäude auf dem Baugrundstück festgesetzt wird (vgl. Schimpfermann/Stühler in Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl., § 6a Rn. 31; Blechschmidt in Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Werkstand 8/2021, § 6a BauNVO Rn. 64 m. w. N.; Hornmann in Spannowsky/Hornmann/Kämper, BeckOK BauNVO, Werkstand 4/2022, § 6a Rn. 67 i. V. m. § 4a Rn. 86; vgl. auch Ziegler in Brügelmann, BauGB, Werkstand 1/2022, § 4a BauNVO Rn. 104 f. zu § 4a Abs. 4 Nr. 2 BauNVO), ist der Senat der Auffassung, dass der für Wohnungen oder gewerbliche Nutzungen zu verwendende Anteil der zulässigen Geschossfläche nach § 6a Abs. 4 Nr. 3 oder 4 BauNVO gebäudebezogen festzusetzen ist (vgl. Bönker in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl., § 6a Rn. 100; vgl. auch NdsOVG, Urteil vom 7.10.2021 - 1 KN 92/19 - juris Rn. 120 zu § 4a Abs. 4 Nr. 2 BauNVO). Dies folgt aus dem insoweit klaren Wortlaut von § 6a Abs. 4 Nr. 3 und 4 BauNVO. Ob eine Festsetzung zulässig wäre, wonach der für Wohnungen zu verwendende Anteil oder die Größe der Geschossfläche auf mehrere Gebäude eines Grundstücks beliebig aufgeteilt werden darf (vgl. Schimpfermann/Stühler in Fickert/Fieseler, BauNVO, 13. Aufl., § 4a Rn. 32.1), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Quotenregelung in Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen des hier angegriffenen Bebauungsplans bestimmt den Wohnungs- und Gewerbeanteil gebietsbezogen („im gesamten MU“) und ohne jeglichen Gebäudebezug. |
|
| c) Der Bebauungsplan ist außerdem nicht mit § 12 Abs. 4 BauGB vereinbar. Gemäß § 12 Abs. 4 BauGB können einzelne Flächen außerhalb des Vorhaben- und Erschließungsplans in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden. In den angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan wurden mehr als nur „einzelne Flächen“ außerhalb des VEP einbezogen. Dies gilt - unabhängig davon, dass aus dem Bebauungsplan schon nicht mit hinreichender Bestimmtheit hervorgeht, wie weit sich der VEP-Bereich genau erstreckt (s.o. a) bb)) - zumindest für die Baugebiete „MU1“ und „MU3“, die jedenfalls jenseits des Vorhabenbereichs liegen und etwa ein Drittel des gesamten Geltungsbereichs des Bebauungsplans ausmachen. Denn einzelne Flächen i. S. v. § 12 Abs. 4 BauGB sind nur solche Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans, die zum einen in quantitativer Hinsicht gegenüber dem Vorhabengebiet im Grundsatz nur von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.9.2014 - 4 C 1328/12.N - juris Rn. 96). Zum anderen muss deren Einbeziehung in qualitativer Hinsicht in den Bebauungsplan städtebaulich in Bezug auf ein Vorhaben erforderlich sein, dessen Zulässigkeit nach § 12 Abs. 1 BauGB bestimmt wird. Es muss sich um sachnotwendige Ergänzungen des VEP handeln (vgl. OVG NRW, Urteil vom 4.5.2012 - 2 D 11/11.NE - BauR 2012, 1357, juris Rn. 47). Nicht dazu gehören Flächen, die allein einem vom Vorhaben- und Erschließungsplan unabhängigen Vorhaben dienen (vgl. SächsOVG, Urteile vom 7.12.2007 - 1 D 18/06 - juris Rn. 134 und vom 9.12.2011 - 1 C 23/08 - juris Rn. 33; OVG NRW, Urteil vom 11.9.2008 - 7 D 74/07.NE - juris Rn. 74; Bank in Brügelmann, BauGB, Werkstand 1/2022, § 12 Rn. 163 f.). |
|
| Nach diesen Maßgaben sind die Flächen der Baugebiete „MU1“ und „MU3“ keine einzelnen Flächen im Sinne des § 12 Abs. 4 BauGB. Sie sind quantitativ nicht untergeordnet und qualitativ für das in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen vorgesehene Vorhaben nicht städtebaulich erforderlich. Eine solche Erforderlichkeit folgt auch nicht aus dem Argument der Antragsgegnerin, dass auf diesen Flächen ohne ihre Einbeziehung in den Plan weitere Wohnnutzungen ohne Weiteres zulässig wären, dadurch wiederum gewerbliche Nutzungen im Plangebiet verdrängt werden könnten und das Gebiet dann „kippte“. Denn die Gestaltung des Vorhabens muss sich an den vorhandenen Gegebenheiten orientieren. Die Einbeziehung zusätzlicher Flächen im Sinne des § 12 Abs. 4 BauGB darf nicht dazu dienen, - wie hier - zunächst die grundlegenden planungsrechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, ein Vorhaben mit den Mitteln eines VEP zu verwirklichen. |
|
| 3. Der angegriffene Bebauungsplan leidet zudem an einem beachtlichen Verstoß gegen das Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB. |
|
| a) Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Ein Verstoß hiergegen kann sich aus einer mangelnden Zielidentität zwischen einem Bebauungsplan und seiner Begründung ergeben (BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - juris Rn. 16; vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.2.1990 - 5 S 3179/88 - juris Rn. 29). Der angegriffene Bebauungsplan leidet unter solch einer mangelnden Zielidentität. Seinen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung liegt nach Nr. 5.5.1 der Planbegründung die Erwägung zugrunde, zum Schutz vor beidseitigen Immissionen durch Gewerbelärm und bestandsorientiert Wohnnutzung primär im nordöstlichen Teil und gewerbliche Nutzungen vor allem im südwestlichen Teil des Gebietes zuzulassen. Der Bebauungsplan trägt dieser Erwägung allenfalls durch die Festsetzung von Mindestgeschossflächen für Wohnen und Gewerbe in Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen sowie dadurch Rechnung, dass Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen zu Wohnnutzungen im nordöstlichen Plangebiet führen soll. Abgesehen davon, dass sowohl Nr. 1.1 (wegen Unbestimmtheit) als auch die Festsetzung von Mindestgeschossflächen in Nr. 1.2 (mangels Gebäudebezugs i. S. v. § 6a Nr. 3 und 4 BauNVO) unwirksam sind (s.o.), sichern diese Festsetzungen jedenfalls kein Vorherrschen gewerblicher Nutzungen im Südwesten des Plangebiets. Gegenteiliges folgt auch nicht aus der von einem Vertreter des mit der Planung beauftragten Architektur- und Stadtplanungsbüros in der mündlichen Verhandlung geäußerten Erwartung, dass die in Nr. 1.2 festgesetzten Quoten faktisch zu gewerblichen Nutzungen im Südwesten zwingen würden, sobald die im VEP bezeichneten zwei Bauabschnitte erst einmal realisiert seien. |
|
| b) Der hierin liegende Fehler im Abwägungsvorgang ist nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlich, denn er ist offensichtlich, weil er aus einem Vergleich der Festsetzungen des Plans und dessen Begründung hervorgeht, und er hat das Abwägungsergebnis auch beeinflusst, weil die aus der Planbegründung hervorgehende Absicht im Fall ihrer Umsetzung zu einer anderen Festsetzung geführt hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - juris Rn. 16). |
|
| c) Der Fehler ist auch nicht nach § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden, denn die Antragstellerin hat ihn innerhalb der dafür geltenden Frist von einem Jahr seit Bekanntmachung der Satzung durch ihr Schreiben an die Antragsgegnerin vom 11. Juli 2019 unter Darlegung des die Rechtsverletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht. |
|
| III. Der angegriffene Bebauungsplan ist wegen der aufgezeigten Verstöße insgesamt unwirksam. Mängel einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führen nur dann ausnahmsweise nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.7.2020 - 8 S 499/18 - juris Rn. 67 und Senatsurteil vom 16.2.2022 - 5 S 2207/20 - UA S. 18, jeweils m. w. N.). Der angegriffene Bebauungsplan bewirkte ohne seine rechtswidrigen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung und ohne seine mit § 12 Abs. 4 BauGB unvereinbare Abgrenzung des Plangebiets keine sinnvolle städtebauliche Ordnung, von der mit Sicherheit anzunehmen wäre, dass der Gemeinderat sie auch ohne die unwirksamen Festsetzungen beschlossen hätte. |
|
| |
| D. Die Revision ist nicht zuzulassen, denn ein Zulassungsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtsauffassung des Senats zu § 6a Abs. 4 Nr. 3 und 4 BauNVO ist für die Unwirksamerklärung des angegriffenen Bebauungsplans nicht von ausschlaggebender Bedeutung. |
|
|
|
| |
| Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.8.1 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (veröffentlicht unter https://www.bverwg.de/rechtsprechung/streitwertkatalog) endgültig auf 30.000 Euro festgesetzt. |
|
| Der Beschluss ist unanfechtbar |
|