Urteil vom Amtsgericht Detmold - 7 C 108/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger ist befugt, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus einem steuerberatungsrechtlichen Mandat.
3Die Beklagte beauftragte den Kläger mit der Erstellung der Lohn- und Finanzbuchführung für die Jahre 2012-2014 sowie mit der Erstellung der Jahresabschlüsse bzw. der Bilanzen.
4Entsprechend erstellte der Kläger die Lohn- und Finanzbuchführung für den Zeitraum Januar 2014 bis Mai 2014. Diese Leistungen stellte der Kläger der Beklagten mit Rechnung vom 22.12.2014 unter Berücksichtigung einer bereits geleisteten Vorschusszahlung i.H.v. 570,00 EUR mit 110,67 EUR in Rechnung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung vom 22.12.2014, Bl. 12 der Akte verwiesen.
5Daneben erstellte der Kläger vorläufige Umsatzsteuervoranmeldungen nach telefonischer Datendurchgabe durch die Beklagte für die Jahre 2012, 2013 und 2014. Hierüber rechnete der Kläger ebenfalls mit Rechnungen vom 22.12.2014 ab. Die Rechnungen schlossen mit einem Gesamtbetrag von 826,94 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die weiteren Rechnungen vom 22.12.2014, Bl. 13-17 der Akte verwiesen.
6Nachdem eine Zahlung seitens der Beklagten nicht erfolgte, macht der Kläger die Rechnungsbeträge nunmehr im streitigen Verfahren geltend.
7Der Kläger behauptet, die in den Rechnungen angesetzten Gebühren seien insgesamt angemessen. Darüber hinaus habe ein Auftrag zur Erstellung geschätzter Umsatzsteuervoranmeldungen vorgelegen. Der Kläger ist der Ansicht, die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen sei nach § 24 Abs. 1 Nr. 7 StBVV abzurechnen. Hierzu behauptet der Kläger, dass die handschriftliche Erfassung der telefonisch durch die Beklagte durchgegebenen Zahlen zu einem nicht unerheblichen Mehraufwand geführt habe.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen, an ihn 937,61 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 06.01.2015 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte behauptet, die Vereinbarung zwischen den Parteien sei so gewesen, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen mit den veranschlagten Gebühren für die Lohn- und Finanzbuchhaltung abgegolten gewesen seien.
13Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer zu, da er gegenüber ihr nicht binnen sechs Monaten nach Leistungserbringung abgerechnet habe. Ferner sei die Klage aufgrund doppelter Rechtshängigkeit teilweise unzulässig. Der Rechtsstreit vor dem Landgericht D zu dem Az. 9 O 228/14 erfasse ebenfalls die Umsatzsteuervoranmeldungen für die Jahre 2012 und 2013.
14Wegen des weiteren wechselseitigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
17I.
18Zwar ist die Klage zulässig.
19Entgegen dem Vorbringen der Beklagten liegt auch hinsichtlich der „geschätzten“ Umsatzsteuervoranmeldungen für die Jahre 2012 und 2013 keine doppelte Rechtshängigkeit vor. Insoweit ergibt sich aus der durch das Gericht beigezogenen Akte des Verfahrens vor dem Landgericht D zu dem Az. 9 O 228/14, dass etwaige Gebühren für Umsatzsteuervoranmeldungen in den Jahren 2012 und 2013 in diesem Verfahren nicht streitgegenständlich sind. Vor diesem Hintergrund scheidet eine doppelte Rechtshängigkeit aus.
20II.
21Die Klage ist jedoch unbegründet.
22Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung steuerberatungsrechtlicher Gebühren i.H.v. 937,61 EUR aus den Rechnungen vom 22.12.2014 gemäß §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 34 Abs. 2, 33 Abs. 1, 24 Abs. 1 Nr. 7 StBVV.
231.
24Zunächst hat der Kläger gegen die Beklagte keinen weiteren Anspruch auf Zahlung der Gebühren für die Lohn- und Finanzbuchführung für den Zeitraum von Januar bis Mai 2014 i.H.v. 110,67 EUR gemäß §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 34 Abs. 2, 33 Abs. 1 StBVV.
25Die Voraussetzungen eines solchen Anspruches liegen nicht vor.
26Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger entsprechend dem Vorbringen der Beklagten an der Geltendmachung der Umsatzsteuer gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 UStG gehindert ist.
27Denn allenfalls stand dem Kläger nach Ausführung der Arbeiten ein Vergütungsanspruch i.H.v. 286,31 EUR brutto zu.
28Dieser ist bezüglich der Vergütung für die Lohnbuchführung i.H.v. 100,00 EUR netto sowie der Bürokosten von 35,00 EUR netto unstreitig.
29Im Übrigen steht dem Kläger entgegen seinem eigenen Vorbringen für die Finanzbuchführung für das Jahr 2014 lediglich ein Vergütungsanspruch i.H.v. 105,60 EUR netto zu.
30Der Kläger hat nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, dass die in der Rechnung vom 22.12.2014 angesetzte 10/10 Gebühr angemessen ist. Zwar hat der Kläger zunächst entsprechenden Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten. Diesen Beweisantritt hat der Kläger in des zurückgezogen. Ferner war auch kein Beweis gemäß § 144 Abs. 1 ZPO zu erheben. Insoweit ist der Kostenvorschuss für die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch den beweisbelasteten Kläger nicht gezahlt worden.
31Vor diesem Hintergrund war im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der Rechnung vom 22.12.2014 in Ermangelung eigener Sachkunde des Gerichts die Mindestgebühr von 2/10 in Ansatz zu bringen. Hiernach errechnen sich angemessene Gebühren für die Finanzbuchführung für das Jahr 2014 i.H.v. 105,60 EUR netto.
32Insgesamt ergibt sich ein Anspruch von 240,60 EUR netto bzw. 286,31 EUR brutto.
33Dieser ist jedenfalls durch unstreitige Vorschusszahlung der Beklagten i.H.v. 570,00 EUR gemäß § 362 BGB vollständig erfüllt worden. Ein darüber hinausgehender Anspruch des Klägers besteht nicht.
342.
35Der Kläger hat weiterhin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für „geschätze“ Umsatzsteuervoranmeldungen in den Jahren 2012 bis 2014 entsprechend den weiteren Rechnungen vom 22.12.2014 in Höhe von insgesamt 826,94 EUR brutto gemäß §§ 611 Abs. 1 612 Abs. 2 BGB i.V.m. § 24 Abs. 1 Nr. 7 StBVV.
36Auch die Voraussetzungen eines solchen Anspruches liegen nicht vor.
37Entgegen dem Vorbringen des Klägers kann dieser gegenüber der Beklagten für die von ihm durchgeführten Leistungen keine Gebühr nach § 24 Abs. 1 Nr. 7 StBVV beanspruchen. Vielmehr ist die Gebühr für die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen bereits gemäß § 33 Abs. 8 StBVV mit der Gebühr für die Buchführung abgegolten.
38Unstreitig hat der Kläger aufgrund des ihm erteilten Mandates in den Jahren 2012 bis 2014 für die Beklagte sowohl die Lohn- und die Finanzbuchführung als auch die Umsatzsteuervoranmeldungen übernommen. Mithin sind in sämtlichen Jahren auch die Gebühren für die Lohn- und Finanzbuchführung im Sinne des § 33 Abs. 8 StBVV angefallen.
39Entgegen dem Vortrag des Klägers ergibt sich eine andere Beurteilung auch nicht vor dem Hintergrund, dass vorliegend unstreitig die Umsatzsteuervoranmeldungen nicht über das dem Steuerberater zur Verfügung stehende System bei Vorliegen der entsprechenden Zahlen der Finanzbuchführung erstellt worden sind. Zwar liegt der Regelung des § 33 Abs. 8 StBVV gerade der Gedanke zu Grunde, dass bei Vorliegen der Zahlen nach Erstellung der Finanzbuchführung kein besonderer vergütungswerter Aufwand bei der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen auf Seiten des Steuerberaters entsteht. Demgegenüber entspricht der hier vorliegende Sachverhalt unstreitig nicht dem Sachverhalt, welcher grundsätzlich von § 33 Abs. 8 StBVV erfasst wird. Denn vorliegend waren die Umsatzsteuervoranmeldungen nicht Ausfluss der Finanzbuchführung.
40Jedoch ist insoweit auf den Inhalt des steuerberatungsrechtlichen Mandates abzustellen. Wenn, wie vorliegend unstreitig, Inhalt des Mandates ist, dass Lohn- und Finanzbuchführung sowie entsprechend Umsatzsteuervoranmeldungen für den Mandanten erstellt werden, ist dies der typische Anwendungsfall des § 33 Abs. 8 StBVV. Die Anwendung des § 33 Abs. 8 StBVV kann in einem solchen Fall nicht allein dadurch ausgeschlossen werden, dass der Steuerberater tatsächlich weitergehende Aufwendungen tätigt, indem er vorab die für die Erstellung einer Steuervoranmeldung erforderlichen Daten telefonisch beim Mandanten erfragt. In diesem Fall hätte der Steuerberater es im Rahmen des einheitlichen Mandates in der Hand, durch seine eigene Art der Arbeit die Anwendung von § 33 Abs. 8 StBVV auszuschließen. Dies ist mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Dies ist auch nicht unbillig. Es steht dem Steuerberater nämlich insoweit frei, in dem Moment, in dem die Voraussetzungen für die Erstellung einer Umsatzsteuervoranmeldung aufgrund vorliegender Buchführung nicht vorliegen, den Mandanten darauf hinzuweisen und einen gesonderten Auftrag zur Erstellung einer nicht buchführungsbasierten Umsatzsteuervoranmeldung anzufragen. Wird dementsprechend ein weiterer Auftrag durch den Mandanten erteilt, so fällt dieser dann wieder ohne Weiteres unter § 24 Abs. 1 Nr. 7 StBVV.
41Ein entsprechender Auftrag ist seitens der Beklagten indes nicht erteilt worden. Zwar hat der Kläger dies ursprünglich im Rahmen seiner Klageschrift vorgetragen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2016 hat der Kläger jedoch selbst ausgeführt, dass im Rahmen der Telefonate lediglich die Zahlen abgefragt worden seien. Ein gesonderter Auftrag sei nicht erteilt worden. Insbesondere sei nicht über etwaige Zusatzkosten gesprochen worden.
42Die Anwendung des § 33 Abs. 8 StBVV ist auch ferner nicht deshalb unbillig, weil die Tatsache der Erforderlichkeit der Erstellung der entsprechenden „geschätzten“ Umsatzsteuervoranmeldungen letztlich auf dem Umstand beruht, dass seitens der Beklagten die Unterlagen für die Finanzbuchführung nicht zeitnah beigebracht worden sind. Insoweit ist es dem Kläger anzurechnen, wenn er bemüht ist, etwaige negative Folgen für die Mandantin durch Zusatzarbeit abzuwenden. Hierzu ist er jedoch im Rahmen des Dienstverhältnisses nach § 611 BGB nicht verpflichtet. Liegen die Voraussetzungen für die Erstellung der Buchführung auf Seiten des Steuerberaters nicht vor und hat dies der Mandant zu vertreten, so ist der Steuerberater bereits tatsächlich an der Erbringung seiner Leistung gehindert. Insoweit ist der jedenfalls vor dem Hintergrund der Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht auf Seiten des Mandanten seinerseits zur Leistungsverweigerung nach § 273 Abs. 1 BGB berechtigt.
43Soweit der Kläger vorträgt, dass sich aus dem Sachverständigengutachten vom 18.08.2016 ergebe, dass gleichwohl auch bei einem Sachverhalt, wie vorliegend eine Abrechnung im Hinblick auf die Umsatzsteuervoranmeldungen nach § 24 Abs. 1 Nr. 7 StBVV erfolgen müsse, so ist dies grundsätzlich korrekt, für das Gericht jedoch nicht zu berücksichtigen. Bei der Frage der Anwendbarkeit des § 33 Abs. 8 StBVV handelte sich um eine Rechtsfrage, welche dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich ist.
44Darüber hinaus stehen auch die vom Kläger zitierte Kommentarliteratur sowie Rechtsprechung nicht im Widerspruch zu der vom Gericht vertretenen Rechtsauffassung. Insoweit bleibt es dabei, dass auch in einem solchen Sachverhalt, wie vorliegend, eine Abrechnung nach § 24 Abs. 1 Nr. 7 StBVV grundsätzlich möglich ist. Erforderlich ist jedoch ein neuer Auftrag.
45Nach alledem besteht schon dem Grunde nach kein weitergehender Gebührenanspruch für die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen in den Jahren 2012-2014.
463.
47Mangels begründeter Hauptforderung besteht auch kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung eines etwaigen Zinsschadens gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
48III.
49Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
50Der Streitwert wird auf 937,61 EUR festgesetzt.
51Rechtsbehelfsbelehrung:
52Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
531. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
542. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
55Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Detmold, 32756 Detmold, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
56Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Detmold zu begründen.
57Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Detmold durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
58Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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