Teilurteil vom Amtsgericht Halle (Saale) - 120 C 4307/12

Tenor

1.) Der Beklagte zu 2) wird verurteilt - soweit die Beklagten zu 1) ebenfalls verurteilt werden sollen, neben diesen als Gesamtschuldner - an die Klägerin 1.716,16 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 11.10.2012 sowie 123,45 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 30.01.2013, die weitergehende Klage gegen den Beklagten zu 2) wird abgewiesen.

2.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

3.) Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil Vorbehalten.

und beschlossen:

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

 a) Stilllegungsantrag:

 2.000,00 €

 b) Anbindungsantrag:

 750,00 €

 c) Zahlungsantrag:

 7.831,15 €

 d) Gesamtstreitwert:

 10.581,15 €.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umgang mit einer Fußbodenheizung in der Wohnung der Beklagten.

2

Die Beklagte zu 1) ist am 14.07.2013 verstorben, nachdem das Verfahren bereits anhängig war. Ein Erbschein ist noch nicht erteilt. Sie war verheiratet mit dem Beklagten zu 2). Beide hatten die Wohneinheit 3 im ersten Obergeschoss des Objektes der Wohnungseigentumsanlage ... straße .. in Halle inne.

3

Die Teilungserklärung stammt vom 11.04.1996. Unter I. "Objektbeschreibung" heißt es in Absatz 4:

4

"Die ... GmbH beabsichtigt, die Gebäude im eigenen Namen zu sanieren und zu modernisieren, wie sich dies aus der verlesenen und zur Anlage dieser Urkunde genommenen Baubeschreibung ergibt ..." (Blatt 4, Band II).

5

Die Baubeschreibung ist als Anlage zur notariellen Urkunde beigefügt, in der die Teilungserklärung aufgenommen worden ist. Dort heißt es unter Ziffer 6. "Heizungsinstallation" im letzten Absatz:

6

"Die Lieferung und Montage von Heizflächen in der Wohnung richtet sich nach den baulichen Gegebenheiten und der Wärmemengenbedarfsrechnung. Die Heizflächen sind im Farbton weiß, bestehend mit Thermostatköpfen und Rücklaufverschraubung. Die Verteilung des Heizsystems erfolgt durch CU-Rohr in Decken- und im Bodenbereich unter Verlauf der Wände".

7

Der Beklagte zu 2) und seine verstorbene Gattin waren seinerzeit die ersten, welche vom Bauträger die Wohnung erwarben. Sie vereinbarten mit dem Bauträger als Sonderwunsch den Einbau einer Fußbodenheizung in drei Räumen des Objektes (Küche, großes Bad, kleines Bad). Die Wohnung ist insgesamt 137,8 m2 groß, auf die drei genannten Räume entfallen davon 24,15 m2.

8

Die Heizung war komplett eingebaut, als das Wohneigentum dem Beklagten zu 2) und seiner Gattin am 13.06.1997 übergeben wurde (Abnahmeprotokoll Blatt 108 Band I). Am 20.06.1997 wurden die Wohnungsgrundbücher angelegt (Blatt 107 Band I). Am 01.06.1999 wurden der Beklagte zu 2) und seine Ehefrau als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

9

Der Beklagtenseite liegt ein Schreiben des ... Energieservice vom 25.09.1997 vor (Blatt 21 Band III). Es ist an den seinerzeitigen Wohnungseigentümerverwalter gerichtet. Darin heißt es: "Eine eindeutige Abrechnung kann es in ihrem Objekt nicht geben, da die Fußbodenheizung nicht durch Wärmezähler gemessen wird".

10

Am 17.10.1997 kam es zu einer Zusammenkunft der seinerzeitigen Wohnungseigentümer. Dazu gibt es eine Protokollniederschrift des damaligen Verwalters, des Zeugen ... (Blatt 109, Band I). Unter Ziffer 3. "Heizkostenverteiler" heißt es:

11

" Herr (der Beklagte zu 2.) hat die vorliegenden Angebote geprüft und dazu Stellung bezogen. Die Gemeinschaft hat bestimmt, dass die Firma ... den Auftrag erhält. Die Verträge sind durch den Verwalter in Zusammenarbeit mit Herrn abzuschließen".

12

Unter dem 23.10.1997 erteilte der Beklagte zu 2) einen Auftrag für drei Wärmemengenzähler bezüglich der Fußbodenheizung an den ... Energieservice (Blatt 110, Band I). Zu einem Einbau dieser Wärmemengenzähler kam es nicht.

13

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ließ ab 1998 Heizkostenabrechnungen erstellen. Diese bildeten die Grundlage für die Jahresabrechnungen. Dabei erfolgte die Abrechnung der Jahre 1997 und 1998 gemeinsam. Die Folgejahre wurden jeweils gesondert abgerechnet. Die entsprechenden Beschlussfassungen über die Jahresabrechnung geschahen regelmäßig im Folgejahr, nur in 2003 wurde die beiden zurückliegenden Jahre abgerechnet. Die Erstabrechnung für 2008 erfolgte am 30.06.2009, diejenige für 2009 am 15.06.2010 und diejenige für 2010 am 20.09.2011 (Blatt 111, Band II).

14

Die Unterlagen für die Heizkostenabrechnung 2000 liegen nicht mehr vor.

15

Alle Heizkostenabrechnungen legten 30 % der Heizkosten nach der Wohnfläche um, 70 % nach Verbrauch (Blatt 8 bis 20, Band III sowie Blatt 113 bis 133, Band I). Die Abrechnung für 1997 / 1998 und die für 1999 erfolgte in DM, die Abrechnungen ab 2001 geschahen in EUR.

16

Der siebzigprozentige Verbrauchskostenanteil für die Heizung belief sich für die Wohnung des Beklagten zu 2) auf folgende Werte:

17

1997/1998: 202,82 €,

18

1999: 252,89 €,

19

2000: Es liegen keine Zahlen vor,

20

2001: 469,47 €

21

2002: 556,05 €,

22

2003: 653,01 €,

23

2004: 622,24 €,

24

2005: 1.046,99 €,

25

2006: 1.089,25 €,

26

2007: 1.324,86 €,

27

2008: 1.532,33 €,

28

2009: 1.686,52 €,

29

2010: 1.626,42 €.

30

Dabei wurden sämtliche Heizkostenabrechnungen allein auf der Grundlage der Wärmemengenzähler an den vorhandenen Heizkörpern erstellt. In einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung vom 18.02.2010 fasste die Wohnungseigentümerversammlung einen Mehrheitsbeschluss, wonach der Beklagte zu 2) und seine Ehefrau dazu verpflichtet sein sollten, die Heizkosten der Fußbodenheizung durch Wärmemengenzähler zu erfassen. Der Beklagte zu 2) und seine Ehefrau fochten diesen Beschluss an. Im Verfahren 122 C 1057/10 vor dem Amtsgericht Halle (Saale) hatten sie mit der Anfechtung Erfolg. Das Gericht stützte seine Entscheidung nach Einholung eines Sachverständigengutachtens im Wesentlichen darauf, dass eine der Heizkostenverordnung entsprechende Abrechnung bei dem im Objekt vorliegenden Mischsystem (Heizkörper und Fußbodenheizung) nicht korrekt möglich sei. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig geworden.

31

Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft steht auf dem Standpunkt, es obliege den Eigentümern der Wohnungseinheit Nr. 3, die Fußbodenheizungen vom Heizkreislauf abzukoppeln, um diesen anschließend funktionsfähig wiederherzustellen. Sie behaupten, der Wohnungseigentümergemeinschaft sei die abrechnungsfreie Nutzung der Fußbodenheizung erst mit einem Schreibens des Abrechnungsunternehmens vom 14.10.2009 (Blatt 115 Band II) im Oktober 2009 bekannt geworden. Die Klägerin meint, es liege eine bauliche Änderung vor, die zurückzunehmen sei.

32

Des Weiteren steht die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Standpunkt, ihr stehe gegen den Beklagten zu 2) ein Ersatzanspruch zu. Dieser habe seine Fußbodenheizung auf Kosten der übrigen Wohnungseigentümer betrieben. Zur Höhe diese Anspruches bezieht sich die Klägerin auf eine Berechnung ihrer Verwalterin (Blatt 42 bis 47, Band I).

33

Die Klägerin beantragt,

34

1. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, die in der Wohnung mit der Bezeichnung WE 3 im 1. Obergeschoß Vorderhaus des Objektes der Wohnungseigentumsanlage ... straße ... ... Halle (Saale) in der Küche, im großen und im kleinen Bad installierten Fußbodenheizungen jeweils durch technische Abkoppelung der verlegten Fußbodenheizkreise am Rücklauf der zentralen Heizanlage des Objektes, Ausbau des FB-Anschlusskasten und Verfüllen der im Fußboden verlegten Heizschleifen mit Epoxidharz still zu legen,

35

2. der Beklagte zu 2) wird darüber hinaus verpflichtet, die nach Stilllegung der Fußbodenheizungen zurückbleibender offenen Rücklaufleitungen sach- und fachgerechte an die zentralen Heizanlage des Objektes wieder anzubinden und damit einen geschlossenen, ordnungsgemäßen Heizkreislauf herzustellen,

36

3. den Beklagten zu 2) zu verurteilen. 7.831 15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2012 sowie 430 66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

37

Der Beklagte zu 2) beantragt,

38

die Klage abzuweisen.

39

Er ist der Auffassung, seine verstorbene Ehefrau und er seien notwendige Streitgenossen gewesen; deshalb müsse das Verfahren insgesamt unterbrochen werden.

40

In der Sache steht er auf dem Standpunkt, eine etwaige Abkopplung jedenfalls nicht alleine durchführen zu müssen, das sei Angelegenheit der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft. Er behauptet, der Wohnungseigentümergemeinschaft sei jedenfalls ab dem 25.09.1997 (Schreiben Blatt 21, Band III) der Zustand bezüglich der Fußbodenheizung bekannt gewesen. Man habe in der Zusammenkunft am 17.10.1997 zudem ausdrücklich darüber gesprochen. Wenn gleichwohl falsch abgerechnet werde, sei das nicht ihm anzulasten. Abgesehen davon seien die ins Feld geführten Beträge deutlich zu hoch.

41

Zudem beruft sich der Beklagte zu 2) auf Verjährung (Blatt 106, Band I).

42

Ergänzend werden für den Sachvortrag der Parteien die wechselseitig eingereichten Schriftsätze samt Anlagen in Bezug genommen; einschließlich des klägerischen Schriftsatzes vom 01.10.2013.

43

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und ... Für den Inhalt der Aussagen wird die Protokollniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2013 in Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

44

Die Klage ist bezüglich des Zahlungsantrages teilweise begründet, im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

45

1. Das Verfahren konnte gegen den Beklagten zu 2) weitergeführt werden, nachdem dasjenige gegen seine verstorbene Ehefrau das Verfahren nach §§ 246 Abs. 1, 239 Abs. 1 ZPO ausgesetzt ist. Denn bei dem Beklagten zu 2) und seiner Ehegattin handelte es sich nicht um notwendige Streitgenossen (im Sinne von § 62 Abs. 1 ZPO). Eine notwendige Streitgenossenschaft ist nur gegeben, wenn das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden kann oder die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grunde eine notwendige ist. Bei einem - wie hier - Passivprozess von Mitberechtigten und als Gesamtschuldner in Anspruch Genommenen muss nicht notwendig gemeinsam auf Leistung geklagt werden. Die Titel können auch nacheinander erstritten werden (Zöller/Vollkommer, ZPO, § 62 RN 17 mit weiteren Nachweisen). Ob für Klagen gegen Gesamtheitseigentümer etwas anderes gilt (vgl. Zöller/Vollkommer, § 62 Rdnr. 18) kann dahinstehen. Denn vorliegend waren der Beklagte zu 2) und seine verstorbene Ehefrau Bruchteilseigentümer (§ 1008 BGB).

46

2. Für die Klageanträge war allein auf diejenigen aus der mündlichen Verhandlung zurück zu greifen. Die Klageerweiterung im nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 01.10.2013 ist unzulässig. Sachanträge sind - wie sich aus §§ 261 II, 297 ZPO ergibt - spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung zu stellen (Zöller/Greger, ZPO, § 296a RN 2a m.w.N.).

47

Der Schriftsatz bietet auch keinen durchgreifenden Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO). Zum einen hatte das Gericht bereits mit Beschluss vom 13.03.13 auf seine Zweifel an einer alleinigen Herstellungsverpflichtung der Beklagtenseite hingewiesen. Zum anderen stellt der nunmehr angekündigte Hilfsantrag erneut auf eine Herstellung durch die Beklagtenseite ab, wenngleich nun auf Kosten der Gemeinschaft. Und schließlich fehlte dem neuerlichen Hilfsantrag nach nunmehriger Sachlage das Rechtsschutzinteresse. Denn primär ist es Angelegenheit der Wohnungseigentümerversammlung, über die Angelegenheiten der Gemeinschaft zu entscheiden (§§ 21 I, 23 I WEG). Die vorherige Befassung der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem hilfsweise begehrten Vorgehen ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

48

3. Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft ist aktivlegitimiert, Dabei kann dahinstehen, ob Ansprüche auf bauliche Änderungen und die hier geltend gemachten Zahlungsansprüche schon ursprünglich der Wohnungseigentümergemeinschaft zustehen oder aber den einzelnen Wohnungseigentümern. Denn jedenfalls können diese Ansprüche gemeinschaftlich geltend gemacht werden. Damit stand es den Wohnungseigentümern frei, durch einen Beschluss die etwaigen Individualrechte auf den Verband zu übertragen (§ 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG; BGH vom 08.02.2013 - V ZR 238/11). Durch den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.09.2012 (TOP 7 und 8, Blatt 12 und 13, Band I) hat die Wohnungseigentümergemeinschaft von diesem Zugriffsermessen Gebrauch gemacht.

49

4. Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft hat keinen Anspruch gegen den Beklagten zu 2), den Bauzustand bezüglich der Fußbodenheizung zu ändern.

50

Bauliche Veränderungen, die konkrete Beeinträchtigungen anderer Wohnungseigentümer ergeben, sind grundsätzlich zustimmungsbedürftig (§ 22 Abs. 1 Satz 1 WEG). Dem entspricht ein Beseitigungsanspruch, wenn solche Veränderungen gleichwohl ohne die erforderliche Zustimmung durchgeführt werden. Indes liegt keine bauliche Veränderung (im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG) vor, wenn bereits der Bauträger in Abweichung von der Teilungserklärung das Wohnungseigentum errichtet. Denn dann mangelt es an der baulichen Veränderung eines zunächst entsprechend der Teilungserklärung errichteten Objektes. Vielmehr wurde das Objekt dann bereits ursprünglich abweichend von der Teilungserklärung hergestellt. Dann aber kann nur ein Anspruch bestehen, das Gebäude - nun erstmals - in einen den ursprünglichen Plänen entsprechenden Zustand zu versetzen (OLG Frankfurt vom 24.07.2007 - 20 W 538/05). Diese erstmalige plangemäße Errichtung obliegt aber nicht etwa nur denjenigen Parteien der Wohnungseigentümergemeinschaft, in deren Sondereigentumsobjekten sich die Planabweichung materialisiert hat sondern der Gesamtheit der Wohnungseigentümer. Dafür kommt es auch nicht darauf an, wer die Veränderung veranlasst hatte. Denn dies ändert nichts an der alleinigen Zuständigkeit der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft für die erstmalige Errichtung des Objektes (OLG Frankfurt a.a.O.).

51

Ausgehend davon sind hier die geltend gemachten Ansprüche auf bauliche Stilllegung der Fußbodenheizung und anschließende Herstellung des verbleibenden Heizkreislaufs nicht gegeben. Denn unstreitig (Band II, Blatt 81) installierte der Bauträger die Fußbodenheizung, bevor auch nur der erste Erwerber (der Beklagte zu 2) und seine Ehefrau) den Besitz an ihrem Sondereigentum erhielten und als Berechtigte im Grundbuch eingetragen worden und damit bereits sogar vor Entstehung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Denn diese erfordert zumindest die Besitzerlangung an der Wohnung (BGH vom 11.05.2012 - V ZR 196/11).

52

5. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat einen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.716,16 € gegen den Beklagten zu 2) (§§ 280 Abs. 1, Satz 1, 241 Abs. 1 und 2 BGB). Der Beklagte zu 2) hat die ihm obliegenden Pflichten aus dem besonderen Näheverhältnis zwischen den Wohnungseigentümern schuldhaft verletzt. Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander ist durch eine besondere Dichte von Rücksichtnahmen geprägt, die insbesondere auch auf eine gerechte Lastentragung ausgerichtet sind (§§ 14, 22 Abs. 1 Satz 1 und insbesondere 16 Abs. 1 Satz 2 WEG). Diese Sonderrechtsverbindung (im Sinne von § 241 Abs. 1 Satz 1 BGB) bringt es mit sich, sein Verhalten speziell auch im Hinblick auf eine den Miteigentumsanteilen entsprechende Kostentragung daran auszurichten, die Rechte und Interessen der anderen Beteiligten an diesem Schuldverhältnis nur insoweit zu beeinträchtigten, als es dem Charakter des zugrundeliegenden Näheverhältnisses entspricht. Damit war es vorliegend Sache des Beklagten zu 2), den Verband zum einen auf die Existenz der nicht von Wärmemengenzählern erfassten Fußbodenheizung hinzuweisen. Zum anderen musste er die anderen Wohnungseigentümer auch darauf aufmerksam machen, dass - selbst wenn diesen grundsätzlich die Existenz der Fußbodenheizung bekannt sein sollte - deren Einbeziehung in die Heizkostenrechnung mangels Ablesegeräten unterblieb. Denn hier tritt zu den besonderen Rücksichtspflichten im Näheverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander noch der besondere Vorsprung des Beklagten zu 2) hinzu, den dieser bezüglich Erkennbarkeit und Kontrolle für die Durchführung der Heizkostenablesung innehat. Denn es ist allein die Sphäre seines Sondereigentums, in der diese Ablesung stattfinden kann und die dem Zugriff der anderen grundsätzlich entzogen ist.

53

Diesen seinen Verpflichtungen ist der Beklagte zu 2) nicht nachgekommen. Vor dem Schreiben des Ableseunternehmens vom 14.10.2009 haben die Wohnungseigentümer keine tragfähige Information erhalten, wonach die Fußbodenheizung bei der Abrechnung außen vor bleibt. Sogar wenn das Schreiben des Raab Karcher Energieservice vom 25.09.1997 (Blatt 21, Band III) den damaligen Verwalter erreichte (was nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht erwiesen ist) und man die Kenntnis des Verwalters dem Verband der Wohnungseigentümer zurechnet (§ 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG), so erfolgte doch die erste Heizkostenabrechnung erst mehr als ein Jahr später (nach Ablauf des 31.12.1998, Blatt 8, Band III). Eine zwischenzeitliche Thematisierung der Fußbodenheizung im Kreise der Wohnungseigentümer war - wie die Vernehmung der Zeugen ... und ... ergeben hat - nicht erfolgt. Selbst wenn man den Sachvortrag des Beklagten zu 2) zugrunde legt, wonach er nach der Zusammenkunft der Wohnungseigentümer am 17.10.1997 es unternommen habe, Messgeräte für die Fußbodenheizung zu beschaffen, so schlug doch dieser Versuch ebenfalls nach seinen eigenen Darlegungen fehl. Spätestens das hätte ihm Anlass bieten müssen, den anderen Wohnungseigentümern das sich zu ihrem Nachteil anbahnende Abrechnungsproblem mitzuteilen. Dies hat er nicht getan. Auch sämtliche Abrechnungsperioden hat der Beklagte zu 2) in dem Wissen verstreichen lassen, dass der Wärmeverbrauch, der En seiner Wohnung installierten Fußbodenheizung unberücksichtigt blieb. Dieses Verhalten ist schuldhaft, da es zumindest gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstieß (§ 276 Abs. 2 BGB).

54

Der Höhe nach ist der Schaden zu berücksichtigen, welcher in den Abrechnungsjahren 1997 bis 2008 entstand.

55

In Richtung Vergangenheit ergibt sich dabei keine zeitliche Begrenzung. Die Verjährungseinrede des Beklagten zu 2) greift nicht (§ 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Danach verjähren Schadensersatzansprüche, die - wie hier - nicht höchstpersönliche Rechtsgüter betreffen, ohne Rücksicht auf die Kenntnis in 10 Jahren von ihrer Entstehung an. Allerdings beginnt bei Dauerhandlungen die Verjährung nicht, so lange der Eingriff noch andauert (BGH vom 28.09.1973 - I ZR 133/71). Dieser Konstellation ist hier gegeben. Durch die bauliche Integration der Fußbodenheizung in das gesamte Heizsystem liegt ein dauerhafter noch nicht beendeter Eingriff seitens des Beklagten zu 2) in die Rechte der anderen vor, der so lange andauert, bis eine Wärmemengenerfassung ermöglicht wird. Der Verjährungslauf hat mithin noch nicht begonnen.

56

Allerdings steht der Klägerin für die beiden Jahre 2009 und 2010 kein Schadensersatzanspruch (mehr) zu. Insoweit entfalten die am 15.06.2010 und 20.09.2011 in zwischenzeitlicher Kenntnis aller Umstände getroffenen Abrechnungsbeschlüsse eine Ausschlusswirkung. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschieht gemeinschaftlich durch die Wohnungseigentümer (§ 1 Abs. 1 WEG). Konkret geschieht dies durch entsprechende Beschlussfassungen (§ 23 Abs. 1 WEG). Dabei kann der Regelungsgehalt naturgemäß nur diejenigen Umstände erfassen, von denen die Wohnungseigentümer Kenntnis haben oder jedenfalls haben müssten. Während diese für die unterbleibende Berücksichtigung der Fußbodenheizung bei der Heizkostenabrechnung bis zum Schreiben des Abrechnungsunternehmens im Oktober 2009 nicht der Fall war, war die Wohnungseigentümergemeinschaft anschließend über die Sachlage informiert. Gleichwohl fasste sie zunächst am 15.06.2010 einen Beschluss über die Jahresabrechnung für 2009 und am 20.09.2011 einen solchen für das Jahr 2010. Beide Beschlüsse wuchsen in Bestandskraft, sie wurden nicht angefochten.

57

Für die Berechnung der Höhe des Schadens in den Jahren 1997 bis 2008 macht das Gericht von seiner Befugnis Gebrauch, die Höhe des Schadens zu schätzen (§ 287 Abs. 2 ZPO). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war hier nicht vorrangig. Denn es mangelt an entscheidenden Anknüpfungstatsachen für eine Berechnung, die einen spürbaren Zugewinn an Genauigkeit bringen könnte. Insbesondere fehlt es an jeglichen tragfähigen Angaben, die das genaue Heizverhalten in der Wohnung des Beklagten zu 2) differenziert nach den einzelnen Räumlichkeiten für den sich über mehr als zehn Jahre erstreckenden Zeitraum erhellen könnte. Deshalb ist das Gericht wie folgt vorgegangen:

58

Die Wohnung des Beklagten zu 2) ist insgesamt 137,8 m2 groß. Die Räume mit Fußbodenheizung erstrecken sich über 24,15 m2 (Blatt 105, Band I). Damit machen sie 17,52 % der Gesamtwohnfläche jener Wohnung aus. Umgekehrt ausgedrückt bilden die tatsächlich erfassten und abgerechneten Heizkosten nur 82,48 % der Wohnfläche ab.

59

Dieses Manko macht sich für die 30 % der Heizkosten, die ohnehin nach Quadratmetern abgerechnet werden, nicht bemerkbar. Es wirkt sich nur hinsichtlich der 70 % der Heizkosten aus, welche nach Verbrauch abgerechnet werden. Der Beklagte zu 2) hat sämtliche Heizkostenabrechnungen (mit Ausnahme des Jahres 2000) vorgelegt In allen Heizkostenabrechnungen sind die 70 %, die nach Verbrauch abgerechnet wurden, beziffert. Dieser Betrag deckt nach obigen Ausführungen mithin 82,48 % der Wohnfläche ab. Das Gericht hat die fehlenden 17,52 % errechnet und schätzt diese Beträge als die fehlenden Verbrauchskosten, die nicht zu Lasten des Beklagten zu 2) erfasst wurden.

60

Rechnerisch ergibt sich damit folgendes Bild:

61

Für 1997/1998 wurden als 70 % der Verbrauchskosten 202,82 € abgerechnet. Wenn dies 82,48 % der tatsächlich angefallenen verbrauchsabhängigen Kosten sind, dann belaufen sich 100 % auf 245,90 €. Die noch offene Differenz beträgt 43,08 €.

62

Bei einem Ausgangswert von 252,89 € für das Jahr 1999 fehlen dort noch 53,71 €, bei einem Ausgangswert für 2001 von 469,47 € fehlen noch 99,72 €, beim Ausgangswert für 2002 von 556,05 € fehlen noch 118,17 €, beim Ausgangswert von 653,01 € für 2003 fehlen noch 138,70 €, beim Ausgangswert von 622,24 € für 2004 fehlen noch 132,17 €, beim Ausgangswert von 1.046,99 € für 2005 fehlen noch 222,39 €, bei einem Ausgangswert von 1.089,25 € für 2006 fehlen noch 231,37 €, bei einem Ausgangswert von 1.324,86 € für 2007 fehlen noch 281,42 €, bei einem Ausgangswert von 1.532,33 € für 2008 fehlen noch 325,49 €.

63

Den insgesamt unbelegten Wert für das Jahr 2000 schätzt das Gericht unter Berücksichtigung der anderen Jahreswerte auf 70,00 €. Hiermit ergibt sich der Gesamtbetrag von 1.716,16 €.

64

6. Der Zinsanspruch ist gerechtfertigt aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.

65

7. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 ZPO.

66

8. Den Streitwert hat das Gericht nach § 49a WEG festgesetzt. Ausgangspunkt ist das Interesse der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung (§ 49a Abs. 1 Satz 1 WEG).

67

Dieses umfasst für den Antrag zu 1. (Stilllegung) zum einen die Baukosten, zum anderen die Schwierigkeiten mit der jeweiligen Jahresabrechnung, auch im Hinblick auf etwaige Mieter. Beide Gesichtspunkte beziffert das Gericht auf jeweils 2.000,00 €, das sind insgesamt 4.000,00 €. Davon sind 50 % festzusetzen (§ 49a Abs. 1 Satz 1 GKG). Für den Antrag zu Ziffer 2. (Anbindung) schätzt das Gericht das Interesse der Parteien angesichts der damit verbundenen Baukosten auf 1.500 €, 50 % davon sind 750 €.

68

Der Zahlungsantrag (7.831,15 €) geht in votier Höhe in den Streitwert ein, da bei der Streitwertfestsetzung das Interesse des Klägers an der Entscheidung nicht unterschritten werden darf (§ 49a Abs. 1 Satz 2 GKG). Die Streitwerte der einzelnen Streitgegenstände waren zu addieren (§ 39 Abs. 1 GKG).


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