Urteil vom Amtsgericht Krefeld - 1 C 464/13
Tenor
hat das Amtsgericht Krefeld im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 20.02.2014 durch den Richter am Amtsgericht Bußmannfür Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 554,62 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.11.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2(von der Darstellung wird abgesehen)
3Entscheidungsgründe:
4I. Die zulässige Klage ist weitestgehend begründet.
5II. Die Klage ist zulässig. Der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten liegt in Krefeld. Die Ausführungen des Beklagten, wonach maßgeblich der Ort des Unfalls sei, verfangen nicht, da hierdurch kein ausschließlicher, sondern nur ein weiterer Gerichtsstand begründet wird.
6III. Die Klage ist – abgesehen von einem Teil der geltend gemachten Zinsen – auch begründet.
7Die Klägerin hat gegen den Beklagte aufgrund der Abtretung einen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 249 ff. BGB in Höhe von 554,62 Euro.
81. Die Abtretung des Anspruches an die Klägerin durch Frau begegnet keinen Bedenken. Anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem RDG.
92. Auch der Höhe nach ist der Anspruch begründet. Gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung den Geldbetrag als Schadensersatz verlangen, der zur Wiederherstellung des Zustands erforderlich ist, der vor dem schädigenden Unfallereignis bestanden hat. Hierzu gehört auch der Ersatz der objektiv erforderlichen Mietwagenkosten. Objektiv erforderlich sind nur diejenigen Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist dabei gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
10Inwieweit dies der Fall ist, hat der Tatrichter auf Grund des Vortrags des darlegungs- und beweisbelasteten Geschädigten gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Dabei muss er nicht die Kalkulationsgrundlagen des Autovermietungsunternehmens im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachvollziehen. Der zu erstattende Aufwand für die erforderlichen Mietwagenkosten war daher gemäß § 287 ZPO wie folgt zu schätzen: Ausgangspunkt für die Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten ist zunächst der Normaltarif, der regelmäßig den Mindestbetrag der für den Geschädigten ersatzfähigen Mietwagenkosten darstellt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.05.2000, 1 U 172/99, NZV 2000, 366-369). Dass der Zedentin ohne Weiteres ein günstigerer örtlicher Tarif im konkreten Anmietfall zur Verfügung stand, ist nicht ersichtlich.
11Soweit der Beklagte aus dem Internet entnommene Vergleichstarife der Unternehmen B., C. N. und T. vorgelegt hat, sind diese gerade nicht vergleichbar mit den jeweiligen Anmietsituationen. Denn diese Vergleichstarife beziehen sich auf die günstigste Anmietung bei jeweils schon im Anmietzeitpunkt vorgegebener Mietdauer in Düsseldorf mit Überschneidung zur vorliegenden Mietzeit (B 2, Bl. 33 ff.), im Dezember 2013 mit drei Tagen Vorlaufzeit (B 3, Bl. 36 ff.), in Düsseldorf im Februar 2012 mit zwei Tagen Vorlaufzeit (wiederum als B3 bezeichnete Anlage, Bl. 89 ff.), im März 2012 in Düsseldorf mit vier Tagen Vorlaufzeit (Anlage ohne Bezeichnung, Bl. 91 ff.), im Februar 2012 in Düsseldorf mit zwei Tagen Vorlaufzeit (Anlage ohne Bezeichnung, Bl. 97 ff.), im März 2012 in Essen mit vier Tagen Vorlaufzeit (Anlage ohne Bezeichnung, 99 ff.), im Februar 2012 in Düsseldorf mit zwei Tagen Vorlaufzeit (B 5, Bl. 106 ff.) und in Düsseldorf am Flughafen im März 2012 mit vier Tagen Vorlaufzeit (Anlagen ohne Bezeichnung, Bl. 109 ff., Bl. 114 ff., Bl. 117 ff. sowie Bl. 120 ff.) . Demgegenüber erfolgte die konkrete Anmietung hier im August/September 2011 in Viersen.
12Die im Internet werbenden Großanbieter wie T. oder B. weisen zudem regelmäßig darauf hin, dass im Einzelfall konkret nachgefragt werden muss, ob das betreffende Fahrzeug auch verfügbar ist; dies gilt auch für Vermittlungsportale wie C. N.. Auch insoweit fehlt es an einem vergleichbaren und annahmefähigen Angebot. Hinzu kommt der Umstand, dass es sich bei Angeboten aus dem Internet um einen Sondermarkt handelt, der nicht ohne Weiteres mit dem allgemeinen regionalen Markt vergleichbar ist. Unverbindliche Internetangebote, wie die vorgelegten Vergleichstarife der Firmen T., B. und C. N., sind damit als Schätzgrundlage und als Nachweis des Zugangs zu einem günstigeren örtlichen Tarif ohnehin nicht geeignet. Es handelt sich um zeitpunktbezogene Angebotspreise, die erheblichen Schwankungen bis hin zur Nichtverfügbarkeit der beispielhaft angebotenen Fahrzeuge unterliegen. Derartige zeitpunktbezogene und damit von der jeweiligen Auslastung abhängige Angebote sind nicht geeignet, die Zugänglichkeit eines günstigeren örtlicheren Tarifs im konkreten Anmietzeitpunkt darzulegen oder als Schätzgrundlage zu fungieren.
13Der als Ausgangspunkt für die Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten zu bestimmende Normaltarif, der den Mindestbetrag der dem Geschädigten zu ersetzenden Mietwagenkosten darstellt, kann dementsprechend in Ausübung des durch § 287 ZPO eingeräumten Ermessens auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels für den jeweiligen Postleitzahlbereich ermittelt werden. Der Schwacke-Mietpreisspiegel stellt für diese Schadensschätzung eine geeignete Grundlage dar (LG Krefeld, Urt. v. 13.08.2009, 3 S 41/08). Das Gericht hat daher keinen Anlass, statt des Schwacke-Mietpreisspiegels eine andere Schätzgrundlage, insbesondere die Erhebung des Fraunhofer-Instituts zu den Mietwagenpreisen, zugrunde zu legen. Denn die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Einwände sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH, Urt. v. 11.03.2008, VI ZR 164/07). Solche konkreten Tatsachen sind vorliegend jedoch nicht vorgetragen worden. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus allgemeinen Erwägungen bezüglich der nach Einschätzung der Beklagten vorzugswürdigen Erhebung des Fraunhofer Instituts, zumal die von der Beklagten favorisierte Erhebung des Fraunhofer Instituts eine Vorlaufzeit von einer Woche für die Buchung voraussetzt, die hier nicht zur Verfügung stand. Damit scheidet sie als Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO aus.
14Bei der Schätzung des Normaltarifs anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels ist dabei auf den Wochenpreis sowie zusätzlich den Drei-Tages- und den Ein-Tages-Preis abzustellen. Vorliegend entsprach das verunfallte Fahrzeug, ein VW Polo, der Gruppe 3 des Schwacke-Mietpreisspiegels. Ersparte Aufwendungen sowie etwaige Abzüge aufgrund des Alters des Fahrzeuges sind dadurch hinreichend berücksichtigt, dass das gemietete Fahrzeug der Gruppe 2 zuzuordnen ist.
15Danach ergeben sich zunächst angemessene Mietkosten für ein Fahrzeug nach Klasse zwei auf der Basis der Schwacke-Liste in Höhe von 940,05 Euro (533,63 Euro pro Woche, 294,69 Euro für drei Tage und 111,73 Euro für einen weiteren Tag, jeweils arith. Mittel, da Modus nicht verfügbar). Zu den erforderlichen Mietwagenkosten sind die unbestrittenen Haftungsbefreiungskosten hinzuzurechnen. Die Kosten für eine Teil- bzw. Vollkaskoversicherung sind bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs grundsätzlich erstattungsfähig, da einem Geschädigten nicht das Haftungsrisiko aufgebürdet werden kann. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob diese Versicherungen auch für das eigene Auto bestanden, denn bei dessen Beschädigung kann der Geschädigte selbst entscheiden, ob, wann und wie Reparaturen oder Ersatzanschaffungen erfolgen. Bei einer verschuldeten Beschädigung eines Mietwagens tritt dagegen unmittelbar eine Zahlungspflicht ein. Hier sind nach der Schwacke-Liste 220 Euro zu berücksichtigen (Modus). Für unbestrittene Zustellung und Abholung sind weitere 46,00 Euro (Modus) anzusetzen.
16Die erforderlichen Mietwagenkosten berechnen sich daher zumindest wie folgt:
17Mietwagenkosten (Schwackeliste, Gruppe 3) |
€ |
940,05 |
Haftungsbefreiungskosten |
€ |
220,00 |
Zustellung/Abholung |
€ |
46,00 |
zumind. erforderliche Mietwagenkosten: |
€ |
1.206,05 |
Damit sind – unabhängig von der Frage, ob die Klägerin einen Aufschlag im Hinblick auf unfallbedingte Zusatzleistungen geltend machen kann, – jedenfalls die in Rechnung gestellten 1.130,77 Euro als erforderlich anzusehen. Auf diese hat der Beklagte durch seine Versicherung 567,63 Euro zahlen lassen. Es verbleibt ein restlicher Anspruch in Höhe von 563,14 Euro, wovon die Klägerin mit der Klage einen Teilbetrag von 554,62 Euro geltend macht.
193. Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, 288, 291 BGB auf die ausgeurteilte Klageforderung Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe ab Rechtshängigkeit verlangen. Vorheriger Verzug ist nicht dargelegt.
20IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
21V. Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht. Den Parteien waren im Hinblick auf die weiteren Ausführungen in den nach dem Beschluss vom 31.01.2014 eingegangenen Schriftsätzen keine weiteren Fristen zu setzen, da die Klägervertreter auf den Schriftsatz vom 31.01.2014 bereits innerhalb der gesetzten Frist erwidert haben und die weiteren Ausführungen der Klägervertreter im Schriftsatz vom 14.02.2014 ohnehin nur Rechtsfragen betreffen und für die Entscheidung nicht maßgeblich sind.
22Streitwert: 554,62 Euro
23Rechtsbehelfsbelehrung:
24Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
25a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
26b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
27Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Krefeld, Nordwall 131, 47798 Krefeld, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
28Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Krefeld zu begründen.
29Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Krefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
30Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- BGB § 7 Wohnsitz; Begründung und Aufhebung 1x
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- 3 S 41/08 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 823 Schadensersatzpflicht 1x
- BGB § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes 1x
- §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 249 ff. BGB 3x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung 4x
- BGB § 2 Eintritt der Volljährigkeit 1x
- BGB § 286 Verzug des Schuldners 1x
- ZPO § 495a Verfahren nach billigem Ermessen 1x
- ZPO § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen 1x
- BGB § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 1x
- BGB § 291 Prozesszinsen 1x
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- VI ZR 164/07 1x (nicht zugeordnet)
- 1 U 172/99 1x (nicht zugeordnet)