Urteil vom Bundesgerichtshof (8. Zivilsenat) - VIII ZR 26/14
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 18. Dezember 2013 aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Mit Kaufvertrag vom 4. Oktober 2007 erwarb der Kläger von dem Beklagten einen gebrauchten Mercedes Benz ML 55 AMG zum Preis von 33.000 €. Der Verkauf erfolgte über den Streithelfer, einen Gebrauchtwagenhändler, der das Fahrzeug im Auftrag des Beklagten veräußerte. Der Kaufvertrag enthält einen formularmäßigen Gewährleistungsausschluss, wonach das Fahrzeug
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"[…] gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung im Hinblick auf sichtbare und unsichtbare Mängel, insbesondere bezüglich des Kilometerstandes, früherer Unfälle und etwa auftretender Schäden infolge früherer Unfälle […]."
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veräußert wird. Auf der Rückseite des Kaufvertragsformulars ist unter der Überschrift "Gewährleistung" zusätzlich bestimmt:
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"Das Fahrzeug ist verkauft unter Ausschluss jeder Gewährleistung. Ansprüche auf Wandlung, Minderung oder Schadensersatz sind, soweit das gesetzlich zulässig ist, ausgeschlossen, und zwar sowohl wegen erkennbarer als auch wegen verborgener Mängel […]."
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Das Fahrzeug, welches einen Kilometerstand von 59.000 km aufwies, wurde dem Kläger am 12. Oktober 2007 übergeben. Am 13. Oktober 2007 bemerkte er ein "Klackern" des Motors.
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Mit der Behauptung, das Fahrzeug habe bei Übergabe an ihn einen Motorschaden aufgewiesen, verlangt der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Das Landgericht hat die auf Rückzahlung des Kaufpreises und Ersatz von Aufwendungen nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs samt vom Kläger angeschaffter Sommerreifen sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichtete Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Der Gewährleistungsausschluss sei wirksam, weil der Kläger nicht bewiesen habe, dass der Streithelfer den Sachmangel arglistig verschwiegen habe. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
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Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg.
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I.
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Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
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Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Ersatz vergeblicher Aufwendungen zu. Der Beklagte habe die Gewährleistung im Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen. § 444 BGB stehe dem nicht entgegen, denn der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Streithelfer, dessen Wissen der Beklagte sich gemäß § 166 BGB zurechnen lassen müsse, den Sachmangel arglistig verschwiegen habe.
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Zwar habe der Kläger den Sachmangel bewiesen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen weise das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 59.000 einen schwerwiegenden Mangel auf, der nur durch Einbau eines Austauschmotors behoben werden könne. Der Motor habe keine ausreichende Kompression mehr. Das "Klappern" komme von nicht mehr festsitzenden Kolben. Ein Totalausfall des Motors sei nur eine Frage der Zeit.
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Der Senat entnehme jedoch der Aussage des Zeugen B. , den der Streithelfer vor dem Verkauf an den Kläger wegen eines "Klackerns" des Motors gebeten habe, das Fahrzeug zu untersuchen, dass dem Streithelfer kein konkreter Befund mitgeteilt worden sei, der ihn dazu hätte veranlassen müssen, weitere Untersuchungen in Auftrag zu geben. Den Aussagen der übrigen Zeugen lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Umstand, dass der Streithelfer das Fahrzeug in eine Werkstatt gebracht habe, begründe noch keine Bösgläubigkeit, weil die Werkstatt ihn nicht ausreichend über einen Verdacht auf einen Motorschaden in Kenntnis gesetzt habe.
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Da der Kläger eine Arglist des Streithelfers nicht bewiesen habe, könne dahinstehen, ob er das Vorliegen eines Mangels bei Übergabe bewiesen habe.
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II.
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Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
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Die im Revisionsverfahren nur noch geltend gemachten Ansprüche des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 346 Abs. 1 in Verbindung mit § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 323 Abs. 1 BGB sowie Ersatz vergeblicher Aufwendungen gemäß § 437 Nr. 3 Alt. 2, § 284 BGB scheitern nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, an dem im Kaufvertrag vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger zwar nicht bewiesen, dass der Streithelfer des Beklagten den Sachmangel des Fahrzeugs arglistig verschwiegen hat (§ 444 Alt. 1 BGB). Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass der formularmäßige Ausschluss der Sachmängelhaftung der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen am Maßstab des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB nicht standhält und deshalb unwirksam ist.
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1. Bei dem in den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsurteils in Bezug genommenen Ausschluss der Sachmängelhaftung handelt es sich, was die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, sowohl nach der Erscheinungsform des Textes als auch nach dessen Inhalt um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB). Diese sind vom Beklagten verwendet worden. Zwar stammt das Vertragsformular nicht von diesem, sondern von dem in seinem Auftrag tätig gewordenen Streithelfer. Die vorformulierten Vertragsbedingungen sind jedoch gleichwohl vom Beklagten "gestellt" (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB), weil der Streithelfer kein Dritter, sondern Abschlussgehilfe des Beklagten war (§ 278 BGB; vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2010 - VIII ZR 143/10, WuM 2011, 96 Rn. 7).
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a) Die vom Beklagten gestellten Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies gilt selbst dann, wenn er den Streithelfer nur für ein einzelnes Geschäft eingeschaltet haben sollte. Denn Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen auch dann vor, wenn sie - wie hier - für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, selbst wenn die Vertragspartei, die die Klauseln stellt, sie nur in einem einzigen Vertrag verwenden will (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 10 mwN).
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b) Wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat, ist eine umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der die Haftung des Klauselverwenders - wie im vorliegenden Gebrauchtwagenkaufvertrag - auch für Körper- und Gesundheitsschäden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a BGB) sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden (§ 309 Nr. 7 Buchst. b BGB) ausgeschlossen ist, wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders unwirksam (Senatsurteile vom 22. November 2006 - VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 10; vom 19. September 2007 - VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 Rn. 10 ff.; siehe auch Senatsurteile vom 29. Mai 2013 - VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rn. 15; vom 19. Juni 2013 - VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 30; jeweils mwN). Dies gilt gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB selbst dann, wenn der Kläger das Fahrzeug nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer erworben haben sollte (vgl. Senatsurteil vom 19. September 2007 - VIII ZR 141/06, aaO Rn. 13 ff.).
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c) Der Zusatz "soweit das gesetzlich zulässig ist" beseitigt die Unwirksamkeitsfolge der gegen die gesetzlichen Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen verstoßenden Klauseln nicht (vgl. Senatsurteile vom 26. November 1984 - VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29, 48; vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 231/90, NJW 1991, 2630 unter II 5; jeweils mwN). Derartige salvatorische Klauseln sind ihrerseits unwirksam, weil sie gegen das Verständlichkeitsgebot verstoßen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. November 2012 - VIII ZR 137/12, juris Rn. 3 [Hinweisbeschluss]; vom 5. März 2013 - VIII ZR 137/12, NJW 2013, 1668 Rn. 3 [Zurückweisungsbeschluss]).
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2. Das Berufungsurteil stellt sich auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, dass es an einem gemäß § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB erforderlichen Nacherfüllungsverlangen des Klägers fehle und der Beklagte die Nacherfüllung auch nicht ernsthaft und endgültig verweigert habe (§ 437 Nr. 2, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB), hat das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
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III.
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Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Fetzer
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Dr. Bünger Kosziol
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Referenzen
- BGB § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag 3x
- BGB § 307 Inhaltskontrolle 1x
- ZPO § 561 Revisionszurückweisung 1x
- BGB § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung 1x
- VIII ZR 214/83 1x (nicht zugeordnet)
- VIII ZR 174/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils 1x
- VIII ZR 72/06 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 444 Haftungsausschluss 2x
- VIII ZR 137/12 2x (nicht zugeordnet)
- VIII ZR 67/09 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte 1x
- VIII ZR 141/06 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 323 Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung 3x
- VIII ZR 231/90 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung 1x
- VIII ZR 143/10 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen 1x
- VIII ZR 183/12 1x (nicht zugeordnet)