Beschluss vom Bundesgerichtshof (1. Zivilsenat) - I ZB 78/16

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart - 10. Zivilkammer - vom 4. August 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: 663,34 €

Gründe

1

A. Der Gläubiger, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ist die unter der Bezeichnung "Südwestrundfunk" tätige Landesrundfunkanstalt in den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Er betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Rundfunkbeiträge, Säumniszuschläge und Nebenforderungen von insgesamt 663,34 €.

2

Der Gläubiger richtete an das Amtsgericht Böblingen - Gerichtsvollzieherverteilerstelle - ein Vollstreckungsersuchen, in dem er die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen - unter anderem der Bestimmung eines Termins zur Abnahme der Vermögensauskunft gemäß § 802f Abs. 1 ZPO - gegen den Schuldner beantragte. Für den Fall, dass der Beitragsschuldner seiner Pflicht zur Vermögensauskunft nicht nachkommen sollte, beantragte der Gläubiger darüber hinaus, bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Bundeszentralamt für Steuern die in § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO bestimmten Daten zu erheben bzw. abzurufen und zu übersenden. Mit Schreiben vom 7. Mai 2016 teilte die Gerichtsvollzieherin dem Gläubiger mit, dass der Schuldner trotz ordnungsgemäßer Zustellung der Zahlungsaufforderung und Ladung nicht zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erschienen ist. Weiter führte die Gerichtsvollzieherin aus:

Die Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO konnte nicht durchgeführt werden, aufgrund fehlender Voraussetzungen. Die Einholung von Drittauskünften ist im § 15 LVwVG nicht vorgesehen.

3

Mit Beschluss vom 5. Juli 2016 hat das Vollstreckungsgericht die gegen die teilweise Zurückweisung von Vollstreckungsmaßnahmen gerichtete Erinnerung des Gläubigers vom 6. Juni 2016 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag auf Einholung der Drittauskünfte gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO weiter.

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B. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Gläubigers für zulässig, aber unbegründet gehalten. Es hat angenommen, dass die Gerichtsvollzieherin nicht zur Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO verpflichtet sei, weil diese Maßnahme im für die Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen in Baden-Württemberg maßgeblichen Verwaltungsvollstreckungsgesetz für Baden-Württemberg (LVwVG BW) nicht vorgesehen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt:

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Zwar fänden gemäß § 15a Abs. 3 LVwVG BW die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung und damit auch die Bestimmung des § 802l ZPO Anwendung, wenn die Beitreibung von Forderungen im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens durch den Gerichtsvollzieher durchgeführt werde. Allerdings gehe § 16 Abs. 3 LVwVG BW dieser Bestimmung als speziellere Regelung vor, wenn die Vollstreckungsbehörde beim Gerichtsvollzieher die Abnahme der Vermögensauskunft im Sinne von §§ 802c ff. ZPO beantragt habe. Die Bestimmung des § 16 Abs. 3 LVwVG BW verweise für das Verfahren vor den Amtsgerichten lediglich auf die §§ 802c bis 802i, 802j Abs. 1 und 3 und §§ 882b bis 882d ZPO, nicht aber auf die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 802l ZPO. Diese Verweisungsregelung sei abschließend.

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C. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

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I. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Gerichtsvollzieher ist im Rahmen der Beitreibung von Rundfunkgebühren im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für Baden-Württemberg verpflichtet, auf Antrag des Gläubigers nach Maßgabe des § 802l Abs. 1 ZPO die dort aufgeführten Informationen im Wege der Drittauskunft einzuholen.

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1. Rückständige Rundfunkbeiträge werden gemäß § 10 Abs. 5 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 17. Dezember 2010 (RBStV) durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 6 RBStV). Die Vollstreckung erfolgt im Land Baden-Württemberg gemäß § 13 Abs. 1 LVwVG BW durch Beitreibung.

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2. Beantragt der Gläubiger im schriftlichen Vollstreckungsersuchen die Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l Abs. 1 ZPO, ist der Gerichtsvollzieher im Rahmen der Beitreibung von Rundfunkgebühren im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW verpflichtet, gemäß § 802l Abs. 1 ZPO die in dieser Bestimmung aufgeführten Informationen im Wege der Drittauskunft einzuholen.

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a) Der Gläubiger hat in seinem Vollstreckungsersuchen beantragt, bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Bundeszentralamt für Steuern die in § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO bestimmten Daten zu erheben bzw. abzurufen und zu übersenden. Gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO darf der Gerichtsvollzieher für den Fall, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt, bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben (Nr. 1). Außerdem darf der Gerichtsvollzieher gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 AO).

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b) Die Bestimmung des § 802l ZPO findet auf die vorliegend maßgebliche Beitreibung von Rundfunkbeiträgen gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW Anwendung.

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aa) Für die Beitreibung von Rundfunkbeiträgen durch den Gerichtsvollzieher auf Ersuchen der Vollstreckungsbehörden gelten in Baden-Württemberg die in § 15a Abs. 3 LVwVG BW geregelten Vollstreckungsvoraussetzungen (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2015 - I ZB 64/14, AfP 2016, 48 Rn. 27; Beschluss vom 8. Oktober 2015 - VII ZB 11/15, NJW-RR 2016, 378 Rn. 14; Beschluss vom 21. Oktober 2015 - I ZB 6/15, NVwZ-RR 2016, 117 Rn. 20; Beschluss vom 27. April 2017 - I ZB 91/16, WM 2017, 1868 Rn. 19). Nach § 15a Abs. 3 Satz 1 LVwVG finden die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels das schriftliche Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbehörde tritt und es keiner Zustellung des Vollstreckungsersuchens bedarf (§ 15a Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW).

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bb) Von der in § 15a Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW angeordneten Verweisung ist nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift auch die Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l ZPO erfasst. § 15a Abs. 3 LVwVG BW erklärt für die Beitreibung durch den Gerichtsvollzieher die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung für anwendbar. Die Bestimmung des § 802l ZPO ist im Achten Buch der Zivilprozessordnung enthalten. Eine Einschränkung auf bestimmte, im Achten Buch der Zivilprozessordnung aufgeführte Vollstreckungsmaßnahmen oder ein Ausschluss der Verweisung in Bezug auf die Maßnahmen gemäß § 802l ZPO findet sich im Wortlaut des § 15a LVwVG nicht.

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cc) Aus dem Zweck des § 15a Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW ergibt sich ebenfalls, dass die Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l ZPO zu den von der Verweisung umfassten Vollstreckungsmaßnahmen gehört. Mit der in § 15a Abs. 3 LVwVG BW geregelten Verweisung auf die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung soll der Gleichlauf von ziviler Zwangsvollstreckung und Verwaltungsvollstreckung hergestellt werden (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks. 15/2404, Seite 7).

15

dd) Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts ist die Bestimmung des § 15a Abs. 3 LVwVG BW und die darin erfolgte Verweisung auf § 802l ZPO im Streitfall nicht ausgeschlossen, weil § 16 Abs. 3 LVwVG BW als die speziellere Vorschrift anzusehen und danach die Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l ZPO nicht vorgesehen ist.

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(1) Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 LVwVG BW kann die Vollstreckungsbehörde selbst die Vermögensauskunft von ihren eigenen Schuldnern abnehmen, soweit sich deren Wohnsitz, Sitz oder ihr gewöhnlicher Aufenthaltsort im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Vollstreckungsbehörde befindet. Macht die Vollstreckungsbehörde von dieser Befugnis keinen Gebrauch, hat der Pflichtige auf Antrag der Vollstreckungsbehörde beim Gerichtsvollzieher beim Amtsgericht Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe des § 802c der Zivilprozessordnung zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben (§ 16 Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW). Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW gelten für das Verfahren vor den Amtsgerichten die §§ 802c bis 802i, 802j Abs. 1 und 3 und §§ 882b bis 882d der Zivilprozessordnung entsprechend.

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Diese Bestimmung steht einer Anwendung der allgemeinen Verweisungsvorschrift des § 15a Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW im Streitfall nicht entgegen.

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(2) Das Beschwerdegericht hat angenommen, zwar gelte § 16 LVwVG BW nach seinem Wortlaut nur für die Abgabe der Vermögensauskunft durch den Schuldner selbst. Die Einholung von Auskünften Dritter sei indes ebenso wie die Abgabe der Vermögensauskunft durch den Schuldner eine Maßnahme zur Sachaufklärung und setze voraus, dass zuvor die Abnahme der Vermögensauskunft versucht worden sei. Die Drittauskünfte seien mithin subsidiär zur Abgabe der Vermögensauskunft (Selbstauskunft) nach den §§ 802c ff. ZPO. Die Bestimmung des § 802l ZPO stehe daher in untrennbarem Zusammenhang mit der in § 16 LVwVG BW geregelten Abgabe der Vermögensauskunft. § 16 Abs. 3 LVwVG BW verweise zudem nicht nur auf die Bestimmungen zur Abnahme der Vermögensauskunft, sondern auch auf die Vorschriften über den Haftbefehl sowie die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis. Aus systematischen Gründen sei daher davon auszugehen, dass die Verweise in § 16 Abs. 3 LVwVG BW die Möglichkeit der Vollstreckungsbehörden, den Gerichtsvollzieher mit der Abnahme der Vermögensauskunft einschließlich der daraus resultierenden Folgemaßnahmen (Haftbefehl, Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis) zu beauftragen, abschließend regeln. Aufgrund des in § 16 Abs. 3 LVwVG BW fehlenden Verweises auf § 802l ZPO sei die Einholung von Drittauskünften durch den Gerichtsvollzieher mithin nicht möglich. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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(3) Die im Streitfall maßgebliche Befugnis des Gerichtsvollziehers zur Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l Abs. 1 ZPO ist bereits vom Wortlaut des § 16 Abs. 3 LVwVG BW nicht erfasst, so dass § 16 Abs. 3 LVwVG BW im Hinblick auf diese Vollstreckungsmaßnahme nicht als lex specialis zur allgemeinen Verweisungsvorschrift gemäß § 15a Abs. 3 LVwVG BW angesehen werden kann. § 16 Abs. 3 LVwVG BW betrifft nach seinem Wortlaut allein die Auskunftserteilung gemäß § 802c ZPO. In § 802c ZPO geht es um die Verpflichtung des Schuldners selbst zur Auskunft über sein Vermögen. Dagegen ist in § 802l ZPO nicht die Auskunft des Schuldners selbst, sondern diejenige von Dritten geregelt, bei denen typischerweise Informationen über die Vermögensverhältnisse des Schuldners zu erwarten sind. Soweit § 16 Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW die §§ 802c bis 802i, 802j Abs. 1 und 3 und §§ 882b bis 882d der Zivilprozessordnung für entsprechend anwendbar erklärt, gilt dies lediglich für das Verfahren der Auskunftserteilung durch den Schuldner selbst vor den Amtsgerichten. Die im Streitfall maßgebliche Bestimmung des § 802l Abs. 1 Fall 1 ZPO betrifft jedoch nicht das Verfahren der Auskunftserteilung des Schuldners vor dem Amtsgericht, sondern setzt lediglich tatbestandlich voraus, dass ein solches Verfahren erfolglos geblieben ist.

20

(4) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Berechtigung zur Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l Abs. 1 ZPO aus systematischen Gründen deswegen in den Regelungsbereich von § 16 Abs. 3 LVwVG BW fällt, weil diese Bestimmung nicht nur das Verfahren der Auskunftserteilung durch den Schuldner selbst erfasst, sondern auch damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Maßnahmen der Zwangsvollstreckung.

21

Dem Wortlaut der Vorschrift, die allein auf das Verfahren zur Auskunftserteilung abhebt, lässt sich ein auf die Drittauskunft gemäß § 802l Abs. 1 ZPO erweiterter Anwendungsbereich nicht entnehmen.

22

Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Beschwerdegericht als maßgebend erachteten Umstand, dass in § 16 Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW nicht nur auf die Vorschriften zur Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802f ZPO) Bezug genommen wird, sondern auch auf diejenigen über die Erzwingungshaft (§§ 802g ff. ZPO) und die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis (§§ 882b ff. ZPO).

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Anders als die Drittauskunft im Sinne von § 802l Abs. 1 ZPO sind die Erzwingungshaft und die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis Bestandteile des in § 16 Abs. 3 ZPO ausdrücklich genannten Verfahrens zur Abnahme der Vermögensauskunft des Schuldners. Die Möglichkeit des Erlasses eines Haftbefehls dient gemäß § 802g Abs. 1 Satz 1 ZPO der Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft und ist deshalb ein Teil des Verfahrens zur Abgabe der Vermögensauskunft. Gleiches gilt für die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis. Durch die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis wird der Umstand der Nichtabgabe oder Unergiebigkeit der Vermögensauskunft verlautbart (§ 882b Abs. 3 Nr. 2, § 882c Abs. 1 ZPO) und damit das Verfahren der Selbstauskunft des Schuldners zu einem Abschluss gebracht.

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Demgegenüber hat der Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift des § 802l Abs. 1 ZPO eine über die Selbstauskunft des Schuldners hinausgehende Möglichkeit geschaffen, Informationen von Dritten einzuholen, bei denen typischerweise Informationen zu Vermögenswerten, nämlich Angaben zu Lohnansprüchen, Kontoguthaben und Kraftfahrzeugen vorliegen (vgl. Wagner in MünchKomm.ZPO, 5. Aufl., § 802l Rn. 1; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 802l Rn. 1). Diese Möglichkeit der Einholung von Drittauskünften gemäß § 802l ZPO steht, wie auch die Aufzählung der Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers in § 802a Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO zeigt, systematisch selbständig neben der Einholung der Vermögensauskunft des Schuldners im Sinne von § 802c ZPO.

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(5) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts hat sich der Landesgesetzgeber auch nicht bewusst dagegen entschieden, in § 16 Abs. 3 Satz 2 LVwVG BW einen Verweis auf die Bestimmung des § 802l ZPO aufzunehmen. Zwar hat der Landesgesetzgeber den von Verbänden anlässlich der Schaffung der Drittauskunftsmöglichkeit gemäß § 802l Abs. 1 ZPO gemachten Vorschlag, in das Landesvollstreckungsgesetz eine ausdrückliche Verweisung auf diese Vorschrift aufzunehmen, abgelehnt (Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks. 15/2404, Seite 11). Die abgelehnte Verweisung betraf allerdings allein die Einholung von Drittauskünften durch die Vollstreckungsbehörde selbst und damit eine Gleichstellung der Befugnisse der Vollstreckungsbehörde mit denen der Gerichtsvollzieher (vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drucks. 15/2404, Seite 10 f.). Im Streitfall geht es jedoch nicht um die Einholung von Drittauskünften durch die Vollstreckungsbehörde selbst, also durch den Gläubiger als die zuständige Landesrundfunkanstalt (vgl. BGH, WM 2017, 1868 Rn. 31 ff.). Gegenstand des Vollstreckungsersuchens ist vielmehr die Beitreibung durch den Gerichtsvollzieher. Für die durch den Gerichtsvollzieher zu treffenden Vollstreckungsmaßnahmen gelten gemäß § 15a Abs. 3 Satz 1 LVwVG die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung mit den in § 15a Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 LVwVG BW geregelten Maßgaben entsprechend, um einen Gleichlauf von ziviler Zwangsvollstreckung und Verwaltungsvollstreckung herzustellen.

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(6) Dem Ersuchen nach § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO zum sogenannten Kontoabrufverfahren steht auch nicht § 93 Abs. 8 Satz 2 AO entgegen.

27

Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Durchführung des Kontoabrufverfahrens gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO komme vorliegend nicht in Betracht, weil nach der dort in Bezug genommenen Vorschrift des § 93 Abs. 8 Satz 2 AO ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern durch ein Bundesgesetz zugelassen sein müsse. Zwar sei § 802l ZPO ein Bundesgesetz, nicht aber § 15a Abs. 3 Satz 1 LVwVG BW. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.

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Gemäß § 802l Abs. 1 Satz 1 Fall 1 Nr. 2 ZPO darf der Gerichtsvollzieher für den Fall, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt, das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 AO). In § 93 Abs. 8 Satz 1 AO ist geregelt, dass Behörden, die für die Verwaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz und des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz zuständig sind, das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen dürfen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 bezeichneten Daten abzurufen, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an den Betroffenen nicht zum Ziel geführt hat. Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Abs. 1 AO bezeichneten Daten nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist (§ 93 Abs. 8 Satz 3 AO).

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Durch den Vorbehalt der Anordnung durch ein Bundesgesetz wird sichergestellt, dass in Fällen, in denen der Bundesgesetzgeber einen Kontenabruf für andere nichtsteuerliche Zwecke ermöglicht, die datenschutzrechtlichen Anforderungen der Absätze 9 und 10 des § 93 AO grundsätzlich zu beachten sind. Abweichungen von diesen Grundsätzen müssen ausdrücklich in dem Gesetz angeordnet werden, um die Absätze 9 und 10 des § 93 AO als lex specialis zu verdrängen (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks. 16/4841, Seite 83 zu Buchstabe b; Koenig/Wünsch, AO, 3. Aufl., § 93 Rn. 35; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 93 Rn. 61). Diesen Anforderungen genügt das in § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO geregelte Abrufersuchen des Gerichtsvollziehers (Klein/Rätke aaO § 93 Rn. 61). Diese Vorschrift, ein Bundesgesetz, gewährleistet durch die Regelungen in § 802l Abs. 2 und 3 ZPO die Einhaltung der maßgeblichen datenschutzrechtlichen Anforderungen. Damit sind die Anforderungen, die den Gesetzgeber zur Einfügung des Bundesgesetzesvorbehalts bewogen haben, erfüllt. Daran ändert sich auch nichts, wenn § 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht unmittelbar im Rahmen einer zivilprozessualen Zwangsvollstreckung zur Anwendung kommt, sondern einschränkungslos im Rahmen einer gesetzlichen Verweisung durch ein landesrechtliches Verwaltungsvollstreckungsgesetz.

30

II. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO).

31

1. Das Vollstreckungsersuchen des Gläubigers erfüllt die weiteren Voraussetzungen gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 bis 6 LVwVG BW. Außerdem sind die Voraussetzungen nach § 802l Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO erfüllt.

32

Der Schuldner ist bei einem ordnungsgemäß bestimmten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht erschienen und ist damit seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen (§ 802l Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO). Ob die zu vollstreckende Hauptforderung die Wertgrenze von 500 € gemäß § 802l Abs. 1 Satz 2 ZPO in der vom 1. Januar 2013 bis zum 25. November 2016 gültigen Fassung übersteigt, kann auf sich beruhen, weil die Wertgrenze in der seit dem 26. November 2016 gültigen Gesetzesfassung, die der Senat mangels einer Übergangsregelung zu berücksichtigen hat, ersatzlos gestrichen worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2017 - VII ZB 17/14, DGVZ 2017, 174 Rn. 5 f.).

33

Die Erhebung und das Ersuchen sind auch erforderlich im Sinne von § 802l Abs. 1 Satz 2 ZPO. Durch diese Voraussetzung soll ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung vermieden werden. Eine Drittauskunft ist so lange erforderlich, wie nicht aus den Angaben des Schuldners oder anderen offensichtlichen Umständen deutlich wird, dass die Drittauskünfte keine Erkenntnisse für die Zwangsvollstreckung des Gläubigers erbringen können (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2015 - I ZB 77/14, NJW 2015, 2509 Rn. 17). Im Streitfall hat das Beschwerdegericht bislang keine Anhaltspunkte festgestellt, die dafür sprechen könnten, dass die beantragten Drittauskünfte keine derartigen Erkenntnisse erbringen können. Es sind auch sonst keine Umstände festgestellt worden, die darauf hindeuten, dass das grundrechtlich geschützte Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers und dem allgemeinen Interesse an einer wirksamen Zwangsvollstreckung von Rundfunkbeiträgen überwiegt.

34

2. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, ist der Gerichtsvollzieher nach § 802l Abs. 1 ZPO nicht nur dazu berechtigt, sondern verpflichtet, die vom Gläubiger begehrten Drittauskünfte einzuholen. Dem Gerichtsvollzieher steht schon im Hinblick auf die zu schützenden Grundrechte des Gläubigers kein Ermessen zu (BGH, NJW 2015, 2509 Rn. 34).

35

III. Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil eine abschließende Prüfung der Erforderlichkeit der Einholung von Drittauskünften durch den Tatrichter noch nicht erfolgt ist.

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Schwonke

      

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Marx     

      

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