Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 1 K 2502/15

Tenor

1. Der Bescheid über die Einkommensteuer für 2008 vom 11. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2015 wird mit der Maßgabe geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um xxx Euro gemindert werden und der Beklagte die danach festzusetzende Einkommensteuer zu berechnen hat. Der Beklagte hat den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Bescheid über die Einkommensteuer für 2008 mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 20 %, der Beklagte 80 %.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob im Laufe eines Insolvenzverfahrens erstattete Umsatzsteuern und Zinsen als nachträgliche gewerbliche Einkünfte bei der Einkommensteuerfestsetzung des ehemaligen Insolvenzschuldners zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger erzielte als Einzelunternehmer seit 1988 gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb mehrerer Spielhallen in A, B und C. Die Spielotheken in B und C wurden zum xx.xx. 2003 abgemeldet. Grund für die Gewerbeabmeldungen der Hauptniederlassung in B und der Zweigstelle in C war die Betriebsaufgabe zum xx.xx. 2003. Am xx.xx. 2003 eröffnete das Amtsgericht (AG) C das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers. Während des Insolvenzverfahrens ging der Kläger keiner gewerblichen Tätigkeit nach. Seine Spielhallen in A wurden zum xx.xx. 2003 abgemeldet. Auch diese Gewerbeabmeldungen wurden mit der vollständigen Betriebsaufgabe begründet. Das Insolvenzverfahren wurde nach Vollzug der Schlussverteilung und rechtskräftig erteilter Restschuldbefreiung durch das AG C mit Beschluss vom xx.xx. 2010 aufgehoben. Der Kläger hat aus der Insolvenzmasse kein Vermögen zurückerhalten.
Die vom Kläger mit Geldspielautomaten erzielten Umsätze wurden vom beklagten Finanzamt (FA) zunächst in den Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1991 bis 1993 und 1996 bis 2002 der Umsatzsteuer unterworfen. Die hiergegen geführten Einspruchsverfahren waren bis zur Wiederaufnahmeerklärung durch den Insolvenzverwalter unterbrochen. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BStBl II 2005, 617) im Anschluss an die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 17. Februar 2005 (C-453/02 „Edith Linneweber“ und C-462/02 „Savvas Akritidis“) entschieden hatte, dass sich ein Aufsteller von Geldspielautomaten auf die Umsatzsteuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann, berichtigte das FA im Jahr 2008 die Steuerfestsetzungen der Veranlagungszeiträume 1991 bis 1993 und 1996 bis 2002 und behandelte die mit den Geldspielautomaten erzielten Umsätze als umsatzsteuerfrei. Für das Kalenderjahr 1993 errechnete das FA mit Bescheid vom 29. April 2008 jedoch eine Nachzahlung auf die Umsatzsteuer i. H. von xxx EUR und Zinsen hierauf i. H. von xxx EUR. Dies führte -einschließlich Zinsen- zu einer Steuererstattung in Höhe von insgesamt xxx EUR. Inhaltsadressat der geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen war jeweils der Kläger, Bekanntgabeadressat der Insolvenzverwalter. Der Erstattungsbetrag wurde im Jahr 2008 an den Insolvenzverwalter ausbezahlt und setzte sich wie folgt zusammen:
Jahr   
Umsatzsteuererstattung
Erstattungszinsen
Bescheid vom
                                
1991   
                        
1992   
                        
1993   
                        
1996   
                        
1997   
                        
1998   
                        
1999   
                        
2000   
                        
2001   
                        
2002   
                        
                                
Summe   
                        
Von den insgesamt festgesetzten Erstattungszinsen i. H. von xxx EUR entfällt nach der Berechnung des FA ein Teilbetrag von xxx EUR auf den Zeitraum bis zum xx.xx. 2003 (Gewerbeabmeldung des Klägers) und ein Teilbetrag von xxx EUR auf die Zeit danach.
Weil die Kläger für den Veranlagungszeitraum 2008 zunächst keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatten, schätzte das FA -mit Bescheid vom 2. Dezember 2010- im Rahmen einer Einzelveranlagung die Besteuerungsgrundlagen des Klägers. Dabei erfasste das FA die Umsatzsteuererstattung und die Erstattungszinsen (xxx EUR) als nachträgliche Betriebseinnahmen des Klägers. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein.
Am 8. November 2011 reichten die Kläger eine Einkommensteuererklärung für 2008 nach, mit der sie die Zusammenveranlagung beantragten. Mit dieser setzten die Kläger die Umsatzsteuererstattung und die Erstattungszinsen zwar als nachträgliche Betriebseinnahmen des Klägers an. Die Einkünfte des Klägers aus dessen Gewerbebetrieb errechneten sie -nach Abzug nachträglicher Betriebsausgaben i. H. von xxx EUR- mit insgesamt xxx EUR. Sie beantragten aber, die Umsatzsteuererstattung und die Erstattungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht zu berücksichtigen und die Einkommensteuer insoweit abweichend festzusetzen.
Den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung lehnte das FA mit Bescheid vom 21. November 2013 ab. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde damit begründet, dass die aus dem Einkommensteuerbescheid 2008 resultierende Steuerforderung eine Masseverbindlichkeit und keine Neuforderung gegen das insolvenzfreie Vermögen des Klägers sei. Die durch die Umsatzsteuererstattung ausgelöste Einkommensteuer beruhe auf einer Verwaltungshandlung des Insolvenzverwalters. Der Kläger habe lediglich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Umsatzsteuerbescheide Einsprüche eingelegt. Der Insolvenzverwalter habe das unterbrochene Einspruchsverfahren aufgenommen und die Umsatzsteuererstattung nach Änderung der Umsatzsteuerbescheide zur Insolvenzmasse eingezogen.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens veranlagte das FA die Kläger mit Bescheid vom 4. Dezember 2013 zusammen zur Einkommensteuer. Dabei setzte das FA die gewerblichen Einkünfte des Klägers wie erklärt mit xxx EUR an. Außerdem zog es einen Verlustvortrag i. H. von xxx EUR ab. Die Einkommensteuer setzte das FA mit xxx EUR fest, den verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2008 -ebenfalls mit Bescheid vom 4. Dezember 2013- auf 0 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 11. Dezember 2013 wurde die Einkommensteuer 2008 auf xxx EUR herabgesetzt. Grund war die zusätzliche Berücksichtigung eines für den Kläger festgestellten Verlustrücktrags aus 2009 i. H. von xxx EUR. Die Kläger legten am 3. Januar 2014 Einspruch gegen die Änderungsbescheide ein.
10 
Das FA wies die Einsprüche wegen Einkommensteuer 2008, Verlustfeststellung und abweichender Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen mit Bescheid vom 31. Juli 2015 als unbegründet zurück. Die aus der Umsatzsteuererstattung als nachträgliche Betriebseinnahme resultierende Einkommensteuer 2008 sei als Jahressteuer erst nach Insolvenzeröffnung entstanden. Es liege daher keine Insolvenzforderung vor. Die Einkommensteuer 2008 beruhe auch nicht auf einer Handlung des Insolvenzverwalters und sei damit keine Masseverbindlichkeit. Da der Spielhallenbetrieb bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt worden sei, hätte der Insolvenzverwalter hinsichtlich des laufenden Betriebs keine Verwaltungsmaßnahmen mehr treffen können. Die Verfolgung eines Rechtsstreits sei keine Rechtshandlung, die die Entstehung der Steuer begründet habe. Das FA sei daher Neugläubiger geworden und könne auf das insolvenzfreie Vermögen des Klägers zugreifen.
11 
Eine abweichende Steuerfestsetzung käme mangels Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit nicht in Betracht. Die sich aus der Steuererhebung ergebenden Härten würden nicht den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Eine Aufrechnung des Umsatzsteuererstattungsanspruchs mit der Einkommensteuerforderung für 2008 sei während des Insolvenzverfahrens nicht möglich gewesen. Die Umsatzsteuererstattung sei in die Insolvenzmasse gefallen und hätte der Befriedigung der Insolvenzgläubiger gedient. Das FA hätte von der Umsatzsteuererstattung aber nicht profitieren können, weil es zu keinem Zeitpunkt Insolvenzgläubiger gewesen sei. Für die aus der Umsatzsteuererstattung entstandene Einkommensteuer könne es nur auf das insolvenzfreie Vermögen zugreifen.
12 
Mit ihrer am 3. September 2015 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die aus der Umsatzsteuersteuererstattung im Jahr 2008 entstandene Einkommen-steuer sei eine unbefriedigt gebliebene Masseverbindlichkeit gewesen. Die Einkommensteuerfestsetzung gegenüber den Klägern sei daher bereits deswegen rechtswidrig, weil eine Festsetzung gegenüber dem (früheren) Insolvenzverwalter hätte erfolgen müssen. Dieser habe während des Insolvenzverfahrens mangels einer Freigabeerklärung die steuerlichen Pflichten des Klägers zu erfüllen gehabt. Für die im Laufe des Insolvenzverfahrens entstehenden Steuerforderungen könne der Kläger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr in Haftung genommen werden, weil er keine Insolvenzmasse zurückerhalten habe. Eine Nachhaftung des früheren Insolvenzschuldners sei auf die Vermögensgegenstände beschränkt, über die er nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurückerhalte.
13 
Das FA gehe zu Unrecht von einer Betriebsaufgabe vor Insolvenzeröffnung aus. Tatsächlich sei der Betrieb erst durch den Insolvenzverwalter am xx.xx. 2003 aufgegeben worden, was die hierdurch begründete Einkommensteuer ebenfalls zu einer Masseverbindlichkeit mache. Aber selbst wenn man mit dem FA von einer Betriebsaufgabe durch den Kläger ausgehe, stelle die Umsatzsteuererstattung im Laufe des Insolvenzverfahrens ein auf die Betriebsaufgabe rückwirkendes Ereignis dar. Die Einkommensteuer 2008 wäre dann eine Insolvenzforderung, für die der Kläger nach der Restschuldbefreiung nicht mehr in Anspruch genommen werden dürfte. Jedenfalls liege keine Neuforderung vor, weil der Kläger nach Insolvenzeröffnung keine Handlungen vorgenommen habe, die Grundlage seiner Besteuerung sein könnten.
14 
Unabhängig von der Rechtswidrigkeit der gegen die Kläger festgesetzten Einkommensteuer 2008 sei eine abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen unter Außerachtlassung der Umsatzsteuererstattung als nachträgliche Einkünfte geboten. Der Kläger solle Einkommensteuer auf Beträge entrichten, die nicht ihm, sondern dem Insolvenzverwalter zugeflossen und allein den Insolvenzgläubigern zugutegekommen seien.
15 
Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 21. November 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2015 aufzuheben und das FA -ggf. im Wege einer Billigkeitsmaßnahme i.S. von § 163 der Abgabenordnung (AO)- zu verpflichten, den Bescheid über die Einkommensteuer für 2008 vom 11. Dezember 2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2015 zu ändern und dabei die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um xxx Euro zu mindern.
16 
Das FA beantragt unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung,
die Klage abzuweisen.
17 
Das FA trägt ergänzend vor, dass es letztlich irrelevant sei, ob eine Masseverbindlichkeit oder eine „Neuforderung“ vorliege, da der Kläger als früherer Insolvenzschuldner mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens seine Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zurückerhalten habe. Dementsprechend könnten während des Insolvenzverfahrens begründete Steuerschulden noch gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht, so dass der Einkommensteuerbescheid an die Kläger zu adressieren gewesen sei. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens entfielen die insolvenzrechtlichen Beschränkungen, so dass die nicht befriedigten Steuerforderungen vollstreckt werden könnten.

Entscheidungsgründe

18 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), soweit darin die Umsatzsteuererstattung i. H. von xxx EUR und die bis zur Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 entstandenen Erstattungszinsen i.H. von xxx EUR als gewerbliche Einkünfte des Klägers enthalten sind (1.). Die nach dem xx.xx. 2003 entstandenen Erstattungszinsen hat das FA zu Recht als nachträgliche gewerbliche Einkünfte des Klägers behandelt (2.) und festgesetzt (3.). Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen war insoweit nicht geboten (4.).
19 
1. Die im Jahr 2008 erstattete Umsatzsteuer und die hieraus bis zur Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 entstandenen Zinsen sind nicht als im Jahr 2008 zugeflossene Betriebseinnahmen, sondern als Aufgabegewinn im Jahr 2003 zu erfassen. Die Erstattung der Umsatzsteuer im Jahr 2008 ist ein auf den Aufgabegewinn im Jahr 2003 zurückrückwirkendes Ereignis.
20 
a) Der Umsatzsteuererstattungsanspruch war bei der Betriebsaufgabe noch nicht bilanzierungsfähig.
21 
Der Kläger war für seine gewerbliche Tätigkeit zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich verpflichtet (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG- i. V. m. § 238 Handelsgesetzbuch -HGB-). Dementsprechend hätte er die Forderungen gegen das FA auf Erstattung von Umsatzsteuer nach dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip in dem Zeitpunkt in seiner Steuerbilanz ansetzen müssen, in welchem der daraus resultierende Gewinn realisiert wurde. Forderungen sind zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind. Bestrittene oder ungewisse Forderungen dürfen erst dann bilanziell angesetzt werden, wenn das Bestreiten aufgegeben wird (vgl. BFH-Urteile vom 26. Februar 2014 I R 12/14, BFH/NV 2014, 1544; vom 15. November 2011 I R 96/10, BFH/NV 2012, 991; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BStBl II 2006, 650; vom 15. März 2000 II R 15/98, BStBl II 2000, 588 und vom 26. April 1989 I R 147/84, BStBl II 1991, 213).
22 
Nach diesen Grundsätzen waren die Umsatzsteuererstattungsansprüche in Zusammenhang mit dem Betrieb von Geldspielautomaten, die vom FA bestritten worden waren, zum ersten Bilanzstichtag zu aktivieren, der auf die vorbehaltlose Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) im BStBl II vom 30. September 2005 folgte (BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190). Im Streitfall wäre daher der 31. Dezember des Wirtschaftsjahres 2005 der maßgebliche Bilanzstichtag gewesen. Allerdings ist für das Jahr 2005 keine Steuerbilanz mehr erstellt worden, weil der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit bereits in 2003 i.S. von § 16 Abs. 3 EStG aufgegeben hatte.
23 
b) Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs als Veräußerung, die zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG ist ein tatsächlicher Vorgang. Er liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637). Bei einer Betriebsaufgabe ist der Wert des Betriebsvermögens wie bei der Betriebsveräußerung durch eine Bilanz zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG).
24 
Die zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitige Betriebsaufgabe im Jahr 2003 beruhte darauf, dass der Kläger seine in angemieteten Räumen betriebenen Spielhallen in B und C zum xx.xx. 2003 abgemeldet hatte, nachdem die Mietverträge gekündigt worden waren. Das Inventar der Spielhalle in C verkaufte der Kläger. Die Spielgeräte der ebenfalls abgemeldeten Spielhallen in A verkaufte der Insolvenzverwalter am und mit Wirkung zum 21. Juli 2003. Damit war die Betriebs- und Geschäftsausstattung vollständig verwertet und die eigene wirtschaftliche Tätigkeit der Insolvenzmasse beendet (vgl. Bericht des Insolvenzverwalters vom 27. August 2003, Niederschrift über den Berichts- und Prüfungstermin vom 28. August 2003 und Bericht des Insolvenzverwalters vom 3. Dezember 2003).
25 
Soweit die Beteiligten wegen dieser sowohl vom Kläger als auch vom Insolvenzverwalter verwirklichten Aufgabe- und Veräußerungshandlungen darüber streiten, ob die Betriebsaufgabe vor oder nach Insolvenzeröffnung am xx.xx. 2003 stattgefunden hat, ist diese Frage im vorliegenden Zusammenhang nicht rechtserheblich. Die Betriebsaufgabe war im Jahr 2003 abgeschlossen. Der betriebliche Organismus war spätestens am 21. Juli 2003 zerschlagen.
26 
c) Die Umsatzsteuererstattung gehört nicht zu den nachträglichen Betriebseinnahmen i.S. von § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG im Streitjahr 2008. Sie ist vielmehr ein auf die Betriebsaufgabe im Jahr 2003 zurückwirkendes Ereignis, das den nach § 16 Abs. 3 EStG zu ermittelnden Aufgabegewinn erhöht.
27 
aa) Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Umsatzsteuererstattungen aus der geänderten Rechtsprechung zu Glückspielumsätzen als nachträgliche Betriebseinnahme nach § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG zu behandeln, wenn der Betrieb wie im vorliegenden Fall bereits veräußert oder aufgegeben wurde (Bundesfinanzministerium -BMF-, Schreiben vom 5. Juli 2006 IV B 2 - S 2141 - 7/06, BStBl I 2006, 418, Tz. 7). Eine Änderung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns soll damit nicht verbunden sein.
28 
bb) Dem folgt der Senat nicht. Die Zahlung des FA auf eine bei der Betriebsaufgabe wegen ihrer Ungewissheit nicht bilanzierungsfähigen Erstattungsforderung stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar (wie hier Finanzgericht -FG- Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2016, 1443). Bei einer nachträglichen Vereinnahmung einer ehemals ungewissen oder bestrittenen Forderung tritt der tatsächlich vereinnahmte Betrag an Stelle des gemeinen Wertes der Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe. Bestrittene betriebliche Forderungen können nicht in das Privatvermögen übernommen werden und bleiben auch nach einer Betriebsaufgabe Betriebsvermögen. Der Betriebsaufgabegewinn wird so ermittelt, als sei die Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nach Grund und Höhe unstreitig gewesen. Der Gewinn wird nach Maßgabe des tatsächlich aus der ungewissen Forderung erlösten Betrags angesetzt. Da es sich bei dem nach Betriebsaufgabe vereinnahmten Betrag um einen Teil des Betriebsaufgabegewinns handele, stellt der tatsächliche Zahlungseingang ein rückwirkendes Ereignis dar (BFH-Urteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564; ebenso BFH-Beschluss vom 23. Februar 1995 III B 134/94, BFH/NV 1995, 1060 sowie grundlegend zum Verhältnis zwischen § 24 Nr. 2 EStG und § 16 EStG in Bezug auf Forderungen BFH, Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897).
29 
d) Ein auf den Betriebsaufgabegewinn zurückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt auch in Bezug auf die Zinsen nach § 233a AO vor, soweit die Erstattungszinsen im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe wirtschaftlich entstanden sind (BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190). Das FA hat diesen Betrag mit xxx EUR errechnet. Dabei ist es zutreffend von einer Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 ausgegangen.
30 
aa) Auch bei mehraktigen Aufgabevorgängen ist die Aufgabebilanz notwendigerweise einheitlich und umfassend auf einen bestimmten Zeitpunkt zu erstellen, weil der Wert des aufgegebenen Betriebsvermögens nach § 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG für den Zeitpunkt der Aufgabe zu ermitteln ist. Dieser Zeitpunkt ist gesetzlich nicht bestimmt. Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. der Einstellung der produktiven Tätigkeit oder der Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1993 IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385). Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es -anders als im Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen- nicht (vgl. BFH-Urteil vom 3. April 2014 X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038, m.w.N.). Der Beginn der Betriebsaufgabe setzt nicht die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen voraus. Vielmehr kann auch die Veräußerung beweglichen (sonstigen) Anlagevermögens den Beginn der Betriebsaufgabe markieren (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 1992 X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659), wenn der Steuerpflichtige dadurch für den Gesamtbetrieb den Willen bekundet, die gewerbliche Tätigkeit endgültig einzustellen. Er beginnt in diesem Fall damit, seine Absicht ins Werk zu setzen. Die Betriebsaufgabe ist beendet, wenn die letzte wesentliche Betriebsgrundlage veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden ist.
31 
bb) Wegen der bereits Anfang Mai 2003 gekündigten Mietverträge über die überwiegend auf angemieteten Flächen betriebenen Spielhallen, der vom Kläger im unmittelbaren Anschluss begonnenen Veräußerung von Spielgeräten und der von ihm am xx.xx. 2003 erklärten Gewerbeabmeldungen ist das FA zu Recht von einer Betriebsaufgabe zu diesem Zeitpunkt ausgegangen. Der Insolvenzverwalter hat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am xx.xx. 2003 die vom Kläger bereits ins Werk gesetzte Betriebsaufgabe nur noch vollendet.
32 
Zwar ist für die Gewinnverwirklichung im Rahmen einer Betriebsaufgabe nicht der Beginn der Betriebsaufgabe, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant, so dass der Betriebsaufgabegewinn in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen kann (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 32/05, BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, m.w.N.). Ebenso kann ein Aufgabegewinn teils vor, teils nach der Insolvenzeröffnung entstanden sein. Vorliegend geht es aber nicht um die Entstehung eines Aufgabegewinns in verschiedenen Veranlagungszeiträumen, sondern um die Aufteilung von Zinsen, die im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2003 wirtschaftlich entstanden waren. Für diese Aufteilung ist es sachgerecht, auf die Gewerbeabmeldungen und Betriebseinstellungen am xx.xx. 2003 abzustellen.
33 
2. Die nach der Betriebsaufgabe entstandenen Zinsen i. H. von xxx EUR hat das FA zu Recht im Einkommensteuerbescheid 2008 als gewerbliche Einkünfte des Klägers berücksichtigt. Insoweit ist die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung 2008 rechtmäßig.
34 
Die in der Zeit nach der Betriebsaufgabe entstandenen Zinsen sind nicht mehr vom Betriebsaufgabegewinn umfasst. Ein auf den Betriebsaufgabegewinn zurückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt nur in Bezug auf die Zinsen nach § 233a AO vor, die im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bereits entstanden waren. Danach entstandene Zinsen sind als nachträgliche Betriebseinnahmen nach § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG nach dem bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG geltenden Zuflussprinzips i.S. von § 11 EStG zu berücksichtigen (vgl. FG des Saarlandes, Urteil vom 12. Mai 2011 1 K 1099/06, juris; BFH-Beschluss vom 5. Juni 2012 I R 51/11, BFH/NV 2012, 1800). Dieser Zinsanteil ist im Jahr der Zahlung 2008 zu erfassen und nicht begünstigt zu besteuern. Erstattungszinsen nach § 233a AO sind keine außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG. Solche Zinsen erfüllen weder den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG noch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 2014 III R 5/12, BFHE 247, 226, BStBl II 2015, 220).
35 
3. Die nach der Betriebsaufgabe entstandenen und im Streitjahr zugeflossenen Zinsen begründen einen Einkommensteueranspruch für 2008, den das FA gegen den Kläger festsetzen durfte. Der Einkommensteuerfestsetzung 2008 steht hier weder entgegen, dass dem Kläger Restschuldbefreiung erteilt wurde, noch dass er nach Abschluss des Insolvenzverfahrens möglicherweise nur begrenzt für Masseverbindlichkeiten haftet.
36 
a) Nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO werden Steuern, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Nach § 87 der Insolvenzordnung (InsO) können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Sie haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dementsprechend sind Insolvenzforderungen i.S. von § 38 InsO während eines Insolvenzverfahrens nach § 251 Abs. 3 AO nicht durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern allenfalls durch Verwaltungsakt festzustellen. Diese Einschränkungen gelten nicht für Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO, die durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen sind (vgl. BFH-Urteile vom 29. August 2007 IX R 4/07, BStBl II 2010, 145, und vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682).
37 
Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens können Insolvenzgläubiger ihre restlichen Insolvenzforderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen (§ 201 Abs. 1 InsO). Diese Nachhaftung tritt nicht ein, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt (§ 300 Abs. 1 InsO) und nicht widerrufen wurde (§ 303 Abs. 1 InsO). Für nicht getilgte Masseverbindlichkeiten ist streitig, ob die Nachhaftung insolvenzrechtlich auf die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens an den Schuldner herausgegebenen Gegenstände zu beschränken ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16, BFHE 260, 26).
38 
b) Die gegen den Kläger -in geänderter Höhe- festzusetzende Einkommensteuer 2008 ist eine durch den Insolvenzverwalter bewirkte Masseverbindlichkeit, keine bereits bei Insolvenzeröffnung begründete Insolvenzforderung.
39 
aa) In Bezug auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung des Steueranspruchs darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand vor oder nach der Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist. Liegt die Verwirklichung nach der Insolvenzeröffnung, sind sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben, die gemäß § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind. Demgegenüber liegt eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO vor, wenn die Forderung bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet war. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung sowie deren Fälligkeit kommt es nicht an.
40 
Die insolvenzrechtliche Begründetheit eines Steueranspruchs ist zu bejahen, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt, der zu der Entstehung des Steueranspruchs führt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Hierfür können auch zivilrechtliche Umstände maßgeblich sein. Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen. Der Veranlagungszeitraum wird durch die Insolvenzeröffnung zwar nicht unterbrochen, allerdings sind die im Veranlagungszeitraum erzielten Einkünften aufzuteilen: Vor Insolvenzeröffnung begründete Steuerforderungen sind Insolvenzforderungen, gemäß § 55 InsO begründete Steuerforderungen sind Masseverbindlichkeiten und sonstige -insolvenzfeste- Einkünfte sind insolvenzfreie Forderungen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429). Bezogen auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung folglich darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand -insbesondere die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 EStG- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2016 IV B 119/15,BFH/NV 2017, 320; BFH-Urteile vom 09. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852; vom 16. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759 und vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193).
41 
bb) Nach diesen Grundsätzen liegt im vorliegenden Fall keine von der Restschuldbefreiung erfasste Insolvenzforderung, sondern eine Masseverbindlichkeit vor. Entscheidend für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung ist bei der Einkommensteuer die Art der Gewinnermittlung. Wird der Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach ist der Tatbestand für die Einkommensbesteuerung erst vollständig verwirklicht, wenn die Einnahmen bezogen sind, d.h. dem Steuerpflichtigen zufließen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852). Die in der Zeit nach der Betriebsaufgabe 2003 entstandenen Erstattungszinsen sind einkommensteuerlich daher erst im Zeitpunkt ihrer Zahlung im Jahr 2008 und damit nach Insolvenzeröffnung zu erfassende Betriebseinnahmen. Diese begründen eine Masseverbindlichkeit und keine Neuforderung. Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründeten Verbindlichkeiten, die nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehören.
42 
Die Einkommensteuer 2008 als Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO geht darauf zurück, dass der Kläger Einspruch gegen die ursprünglichen Umsatzsteuerfestsetzungen eingelegt hatte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden die Einspruchsverfahren unterbrochen. Der Insolvenzverwalter hat das Verfahren wiederaufgenommen. Die Wiederaufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Insolvenzverwalter ist eine Handlung i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, die zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für diese Jahre und als Folge geänderter Abrechnungen zu Erstattungsansprüchen geführt hat (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443, vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 14. Juni 2017 X B 118/16, BFH/NV 2017, 1437).
43 
Eine Masseverbindlichkeit ergibt sich jedenfalls daraus, dass mit der Fortführung des Rechtsbehelfsverfahrens durch den Insolvenzverwalter eine Masseverbindlichkeit „in anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet wurde (Fall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO). Dass es sich hierbei um eine die Insolvenzmasse betreffende Maßnahme handelt, war dem Insolvenzverwalter auch bewusst, da er den möglichen Erstattungsanspruch gegen das FA in seinem Bericht vom 27. August 2003 mit über xxx EUR geschätzt hatte. Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich bei der Einkommensteuer 2008 daher nicht um eine durch den Kläger als Insolvenzschuldner im Insolvenzverfahren veranlasste insolvenzfeste Neuforderung. Entscheidend war die Aufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Insolvenzverwalter und die von ihm zugunsten der Masse vereinnahmte Umsatzsteuererstattung einschließlich der Zinsen.
44 
c) Der Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger steht auch nicht entgegen, dass er als (ehemaliger) Insolvenzschuldner im Fall der Vollstreckung von Masseverbindlichkeiten die Einrede der beschränkten Haftung erheben könnte. Dabei handelt es sich um eine nicht die Steuerfestsetzung, sondern die Steuererhebung und -vollstreckung betreffende Frage.
45 
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) besteht eine sog. Haftungsbeschränkung für Masseverbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2010, 69 m. w. N.). Der Insolvenzschuldner bleibe zwar Schuldner aller durch die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseverbindlichkeiten. Allerdings beschränke sich die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse. Es handele sich um eine dem Insolvenzverfahren immanente Haftungsbeschränkung. Für diese sei maßgeblich, dass der Verwalter nicht befugt sei, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten, weil seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sei. Der BGH verweist dabei auf eine frühere Entscheidung, in der er eine entsprechende Beschränkung der Inanspruchnahme auch für die Zeit nach Beendigung der (Zwangs-)Verwaltung bejaht hat, nachdem also das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wieder auf den Vermögensinhaber übergegangen ist (BGH-Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339). Eine Ausnahme von der auf die Insolvenzmasse begrenzten Haftung besteht nur für sog. oktroyierte Masseverbindlichkeiten, die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind. Hier soll es bei der unbeschränkten Haftung des Insolvenzschuldners bereits während des Insolvenzverfahrens verbleiben (vgl. BGH-Urteil vom 28. Juni 2007 IX ZR 73/06, Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht -NZI- 2007, 670). Die hier streitige Einkommensteuer 2008 wäre keine oktroyierte Masseverbindlichkeit, weil sie auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruht und nicht aus der Handlungs- und Verfügungssphäre des Insolvenzschuldners stammt, wie es für vor Insolvenzeröffnung begründeten Dauerschuldverhältnisse typisch ist (vgl. § 90 InsO).
46 
bb) Die insolvenzrechtliche Haftungsbeschränkung soll auch für Steuerforderungen gelten, die während des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten darstellen (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 7. März 2017 13 K 178/15, EFG 2017, 1189; kritisch hierzu BFH-Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16, BFHE 260, 26). Dagegen ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass während des Bestehens des Insolvenzverfahrens begründete Steuerschulden nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelungen gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht und auch vollstreckt werden können (Anwendungserlass zur Abgabenordnung 2018 -AEAO- zu § 251 AO Nr. 14).
47 
cc) Die Frage, ob dem Kläger die Einrede einer begrenzten Nachhaftung zusteht, kann im vorliegenden, die Steuerfestsetzung betreffenden Verfahren offenbleiben. Auch bei Bestehen einer insolvenzimmanenten Erhebungs- und Vollstreckungsbeschränkung würde diese nicht zum Erlöschen des Steueranspruchs und damit zu einem Festsetzungsverbot führen. Beschränkt wäre nur die Durchsetzbarkeit der Steuerforderung. Sie ist zwar erfüllbar, kann aber gegen den Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Mai 2013 VII R 2/12, BFH/NV 2013, 1543). Deshalb kann die Frage, ob eine Erhebungs- und Vollstreckungsbeschränkung besteht, nicht im Festsetzungsverfahren, sondern nur im Abrechnungsverfahren geklärt werden (ebenso: Niedersächsisches FG, Urteile vom 12. Juli 2013 3 K 436/12, EFG 2013, 1985 und vom 7. März 2017 13 K 178/15, EFG 2017, 1189). Es verhält sich ähnlich wie in den Fällen der beschränkten Erbenhaftung, deren Umfang ebenfalls im Abrechnungsverfahren geprüft wird (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 10. November 2015 VII R 35/13, BStBl II 2016, 372).
48 
d) Offen bleiben kann auch, ob der Einkommensteuerbescheid 2008 insoweit rechtswidrig ist, als er trotz einer möglichen Haftungsbeschränkung des Klägers ein Leistungsgebot enthält. Eine hiergegen gerichtete Klage wäre unzulässig, weil die Kläger nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2008, nicht aber gegen das darin enthaltene Leistungsgebot Einspruch eingelegt haben. Insoweit ist das gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden. Selbst ein mit dem Einspruch gestellter Antrag auf Aussetzung eines Einkommensteuerbescheids kann nicht zugleich als Einspruch gegen das Leistungsgebot ausgelegt werden (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 VII B 66/02, BFH/NV 2003, 592). Im Übrigen darf eine Masseverbindlichkeit grundsätzlich mittels Leistungsgebot festgesetzt werden (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443 m.w.N.).
49 
4. Der Klage kann auch aus Billigkeitsgründen nicht vollständig stattgegeben werden.
50 
Nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über den Erlass von Steuern i.S. des § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die nach § 102 FGO vom Gericht nur auf Ermessensfehler hin überprüft werden kann.
51 
Für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist im vorliegenden Fall kein Raum. Über die Frage, ob der Kläger für die ihm anteilig zurechenbaren Erstattungszinsen des Jahres 2008 nach Abschluss des Insolvenzverfahrens einkommensteuerlich einzustehen hat, ist aus den oben genannten Gründen nicht im Verfahren der Steuerfestsetzung, sondern der Steuererhebung und -vollstreckung zu entscheiden.
52 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
53 
6. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.

Gründe

18 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), soweit darin die Umsatzsteuererstattung i. H. von xxx EUR und die bis zur Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 entstandenen Erstattungszinsen i.H. von xxx EUR als gewerbliche Einkünfte des Klägers enthalten sind (1.). Die nach dem xx.xx. 2003 entstandenen Erstattungszinsen hat das FA zu Recht als nachträgliche gewerbliche Einkünfte des Klägers behandelt (2.) und festgesetzt (3.). Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen war insoweit nicht geboten (4.).
19 
1. Die im Jahr 2008 erstattete Umsatzsteuer und die hieraus bis zur Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 entstandenen Zinsen sind nicht als im Jahr 2008 zugeflossene Betriebseinnahmen, sondern als Aufgabegewinn im Jahr 2003 zu erfassen. Die Erstattung der Umsatzsteuer im Jahr 2008 ist ein auf den Aufgabegewinn im Jahr 2003 zurückrückwirkendes Ereignis.
20 
a) Der Umsatzsteuererstattungsanspruch war bei der Betriebsaufgabe noch nicht bilanzierungsfähig.
21 
Der Kläger war für seine gewerbliche Tätigkeit zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich verpflichtet (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG- i. V. m. § 238 Handelsgesetzbuch -HGB-). Dementsprechend hätte er die Forderungen gegen das FA auf Erstattung von Umsatzsteuer nach dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip in dem Zeitpunkt in seiner Steuerbilanz ansetzen müssen, in welchem der daraus resultierende Gewinn realisiert wurde. Forderungen sind zu aktivieren, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind. Bestrittene oder ungewisse Forderungen dürfen erst dann bilanziell angesetzt werden, wenn das Bestreiten aufgegeben wird (vgl. BFH-Urteile vom 26. Februar 2014 I R 12/14, BFH/NV 2014, 1544; vom 15. November 2011 I R 96/10, BFH/NV 2012, 991; vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BStBl II 2006, 650; vom 15. März 2000 II R 15/98, BStBl II 2000, 588 und vom 26. April 1989 I R 147/84, BStBl II 1991, 213).
22 
Nach diesen Grundsätzen waren die Umsatzsteuererstattungsansprüche in Zusammenhang mit dem Betrieb von Geldspielautomaten, die vom FA bestritten worden waren, zum ersten Bilanzstichtag zu aktivieren, der auf die vorbehaltlose Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 12. Mai 2005 V R 7/02 (BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617) im BStBl II vom 30. September 2005 folgte (BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190). Im Streitfall wäre daher der 31. Dezember des Wirtschaftsjahres 2005 der maßgebliche Bilanzstichtag gewesen. Allerdings ist für das Jahr 2005 keine Steuerbilanz mehr erstellt worden, weil der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit bereits in 2003 i.S. von § 16 Abs. 3 EStG aufgegeben hatte.
23 
b) Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs als Veräußerung, die zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG ist ein tatsächlicher Vorgang. Er liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637). Bei einer Betriebsaufgabe ist der Wert des Betriebsvermögens wie bei der Betriebsveräußerung durch eine Bilanz zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG).
24 
Die zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitige Betriebsaufgabe im Jahr 2003 beruhte darauf, dass der Kläger seine in angemieteten Räumen betriebenen Spielhallen in B und C zum xx.xx. 2003 abgemeldet hatte, nachdem die Mietverträge gekündigt worden waren. Das Inventar der Spielhalle in C verkaufte der Kläger. Die Spielgeräte der ebenfalls abgemeldeten Spielhallen in A verkaufte der Insolvenzverwalter am und mit Wirkung zum 21. Juli 2003. Damit war die Betriebs- und Geschäftsausstattung vollständig verwertet und die eigene wirtschaftliche Tätigkeit der Insolvenzmasse beendet (vgl. Bericht des Insolvenzverwalters vom 27. August 2003, Niederschrift über den Berichts- und Prüfungstermin vom 28. August 2003 und Bericht des Insolvenzverwalters vom 3. Dezember 2003).
25 
Soweit die Beteiligten wegen dieser sowohl vom Kläger als auch vom Insolvenzverwalter verwirklichten Aufgabe- und Veräußerungshandlungen darüber streiten, ob die Betriebsaufgabe vor oder nach Insolvenzeröffnung am xx.xx. 2003 stattgefunden hat, ist diese Frage im vorliegenden Zusammenhang nicht rechtserheblich. Die Betriebsaufgabe war im Jahr 2003 abgeschlossen. Der betriebliche Organismus war spätestens am 21. Juli 2003 zerschlagen.
26 
c) Die Umsatzsteuererstattung gehört nicht zu den nachträglichen Betriebseinnahmen i.S. von § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG im Streitjahr 2008. Sie ist vielmehr ein auf die Betriebsaufgabe im Jahr 2003 zurückwirkendes Ereignis, das den nach § 16 Abs. 3 EStG zu ermittelnden Aufgabegewinn erhöht.
27 
aa) Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Umsatzsteuererstattungen aus der geänderten Rechtsprechung zu Glückspielumsätzen als nachträgliche Betriebseinnahme nach § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG zu behandeln, wenn der Betrieb wie im vorliegenden Fall bereits veräußert oder aufgegeben wurde (Bundesfinanzministerium -BMF-, Schreiben vom 5. Juli 2006 IV B 2 - S 2141 - 7/06, BStBl I 2006, 418, Tz. 7). Eine Änderung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns soll damit nicht verbunden sein.
28 
bb) Dem folgt der Senat nicht. Die Zahlung des FA auf eine bei der Betriebsaufgabe wegen ihrer Ungewissheit nicht bilanzierungsfähigen Erstattungsforderung stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar (wie hier Finanzgericht -FG- Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2016, 1443). Bei einer nachträglichen Vereinnahmung einer ehemals ungewissen oder bestrittenen Forderung tritt der tatsächlich vereinnahmte Betrag an Stelle des gemeinen Wertes der Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe. Bestrittene betriebliche Forderungen können nicht in das Privatvermögen übernommen werden und bleiben auch nach einer Betriebsaufgabe Betriebsvermögen. Der Betriebsaufgabegewinn wird so ermittelt, als sei die Forderung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nach Grund und Höhe unstreitig gewesen. Der Gewinn wird nach Maßgabe des tatsächlich aus der ungewissen Forderung erlösten Betrags angesetzt. Da es sich bei dem nach Betriebsaufgabe vereinnahmten Betrag um einen Teil des Betriebsaufgabegewinns handele, stellt der tatsächliche Zahlungseingang ein rückwirkendes Ereignis dar (BFH-Urteil vom 10. Februar 1994 IV R 37/92, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564; ebenso BFH-Beschluss vom 23. Februar 1995 III B 134/94, BFH/NV 1995, 1060 sowie grundlegend zum Verhältnis zwischen § 24 Nr. 2 EStG und § 16 EStG in Bezug auf Forderungen BFH, Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897).
29 
d) Ein auf den Betriebsaufgabegewinn zurückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt auch in Bezug auf die Zinsen nach § 233a AO vor, soweit die Erstattungszinsen im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe wirtschaftlich entstanden sind (BFH-Urteil vom 31. August 2011 X R 19/10, BFHE 234, 420, BStBl II 2012, 190). Das FA hat diesen Betrag mit xxx EUR errechnet. Dabei ist es zutreffend von einer Betriebsaufgabe am xx.xx. 2003 ausgegangen.
30 
aa) Auch bei mehraktigen Aufgabevorgängen ist die Aufgabebilanz notwendigerweise einheitlich und umfassend auf einen bestimmten Zeitpunkt zu erstellen, weil der Wert des aufgegebenen Betriebsvermögens nach § 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 EStG für den Zeitpunkt der Aufgabe zu ermitteln ist. Dieser Zeitpunkt ist gesetzlich nicht bestimmt. Die Betriebsaufgabe beginnt mit der ersten vom Aufgabeentschluss getragenen Handlung, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs gerichtet ist, wie z.B. der Einstellung der produktiven Tätigkeit oder der Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1993 IV R 42/93, BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385). Der Abgabe einer Aufgabeerklärung bedarf es -anders als im Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen- nicht (vgl. BFH-Urteil vom 3. April 2014 X R 16/10, BFH/NV 2014, 1038, m.w.N.). Der Beginn der Betriebsaufgabe setzt nicht die Veräußerung oder Entnahme wesentlicher Betriebsgrundlagen voraus. Vielmehr kann auch die Veräußerung beweglichen (sonstigen) Anlagevermögens den Beginn der Betriebsaufgabe markieren (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 1992 X R 77-78/90, BFH/NV 1992, 659), wenn der Steuerpflichtige dadurch für den Gesamtbetrieb den Willen bekundet, die gewerbliche Tätigkeit endgültig einzustellen. Er beginnt in diesem Fall damit, seine Absicht ins Werk zu setzen. Die Betriebsaufgabe ist beendet, wenn die letzte wesentliche Betriebsgrundlage veräußert oder in das Privatvermögen überführt worden ist.
31 
bb) Wegen der bereits Anfang Mai 2003 gekündigten Mietverträge über die überwiegend auf angemieteten Flächen betriebenen Spielhallen, der vom Kläger im unmittelbaren Anschluss begonnenen Veräußerung von Spielgeräten und der von ihm am xx.xx. 2003 erklärten Gewerbeabmeldungen ist das FA zu Recht von einer Betriebsaufgabe zu diesem Zeitpunkt ausgegangen. Der Insolvenzverwalter hat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am xx.xx. 2003 die vom Kläger bereits ins Werk gesetzte Betriebsaufgabe nur noch vollendet.
32 
Zwar ist für die Gewinnverwirklichung im Rahmen einer Betriebsaufgabe nicht der Beginn der Betriebsaufgabe, sondern der Zeitpunkt des einzelnen Aufgabeteilakts relevant, so dass der Betriebsaufgabegewinn in verschiedenen Veranlagungszeiträumen entstehen kann (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 32/05, BFHE 224, 217, BStBl II 2009, 634, m.w.N.). Ebenso kann ein Aufgabegewinn teils vor, teils nach der Insolvenzeröffnung entstanden sein. Vorliegend geht es aber nicht um die Entstehung eines Aufgabegewinns in verschiedenen Veranlagungszeiträumen, sondern um die Aufteilung von Zinsen, die im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2003 wirtschaftlich entstanden waren. Für diese Aufteilung ist es sachgerecht, auf die Gewerbeabmeldungen und Betriebseinstellungen am xx.xx. 2003 abzustellen.
33 
2. Die nach der Betriebsaufgabe entstandenen Zinsen i. H. von xxx EUR hat das FA zu Recht im Einkommensteuerbescheid 2008 als gewerbliche Einkünfte des Klägers berücksichtigt. Insoweit ist die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung 2008 rechtmäßig.
34 
Die in der Zeit nach der Betriebsaufgabe entstandenen Zinsen sind nicht mehr vom Betriebsaufgabegewinn umfasst. Ein auf den Betriebsaufgabegewinn zurückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt nur in Bezug auf die Zinsen nach § 233a AO vor, die im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bereits entstanden waren. Danach entstandene Zinsen sind als nachträgliche Betriebseinnahmen nach § 24 Nr. 2 i.V.m. mit § 15 EStG nach dem bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG geltenden Zuflussprinzips i.S. von § 11 EStG zu berücksichtigen (vgl. FG des Saarlandes, Urteil vom 12. Mai 2011 1 K 1099/06, juris; BFH-Beschluss vom 5. Juni 2012 I R 51/11, BFH/NV 2012, 1800). Dieser Zinsanteil ist im Jahr der Zahlung 2008 zu erfassen und nicht begünstigt zu besteuern. Erstattungszinsen nach § 233a AO sind keine außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG. Solche Zinsen erfüllen weder den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG noch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 25. September 2014 III R 5/12, BFHE 247, 226, BStBl II 2015, 220).
35 
3. Die nach der Betriebsaufgabe entstandenen und im Streitjahr zugeflossenen Zinsen begründen einen Einkommensteueranspruch für 2008, den das FA gegen den Kläger festsetzen durfte. Der Einkommensteuerfestsetzung 2008 steht hier weder entgegen, dass dem Kläger Restschuldbefreiung erteilt wurde, noch dass er nach Abschluss des Insolvenzverfahrens möglicherweise nur begrenzt für Masseverbindlichkeiten haftet.
36 
a) Nach § 155 Abs. 1 Satz 1 AO werden Steuern, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Nach § 87 der Insolvenzordnung (InsO) können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Sie haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dementsprechend sind Insolvenzforderungen i.S. von § 38 InsO während eines Insolvenzverfahrens nach § 251 Abs. 3 AO nicht durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern allenfalls durch Verwaltungsakt festzustellen. Diese Einschränkungen gelten nicht für Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO, die durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen sind (vgl. BFH-Urteile vom 29. August 2007 IX R 4/07, BStBl II 2010, 145, und vom 29. Januar 2009 V R 64/07, BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682).
37 
Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens können Insolvenzgläubiger ihre restlichen Insolvenzforderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen (§ 201 Abs. 1 InsO). Diese Nachhaftung tritt nicht ein, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt (§ 300 Abs. 1 InsO) und nicht widerrufen wurde (§ 303 Abs. 1 InsO). Für nicht getilgte Masseverbindlichkeiten ist streitig, ob die Nachhaftung insolvenzrechtlich auf die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens an den Schuldner herausgegebenen Gegenstände zu beschränken ist (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16, BFHE 260, 26).
38 
b) Die gegen den Kläger -in geänderter Höhe- festzusetzende Einkommensteuer 2008 ist eine durch den Insolvenzverwalter bewirkte Masseverbindlichkeit, keine bereits bei Insolvenzeröffnung begründete Insolvenzforderung.
39 
aa) In Bezug auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung des Steueranspruchs darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand vor oder nach der Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist. Liegt die Verwirklichung nach der Insolvenzeröffnung, sind sonstige Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben, die gemäß § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind. Demgegenüber liegt eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO vor, wenn die Forderung bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet war. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung sowie deren Fälligkeit kommt es nicht an.
40 
Die insolvenzrechtliche Begründetheit eines Steueranspruchs ist zu bejahen, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt, der zu der Entstehung des Steueranspruchs führt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Hierfür können auch zivilrechtliche Umstände maßgeblich sein. Ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht und damit insolvenzrechtlich begründet ist, richtet sich auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen. Der Veranlagungszeitraum wird durch die Insolvenzeröffnung zwar nicht unterbrochen, allerdings sind die im Veranlagungszeitraum erzielten Einkünften aufzuteilen: Vor Insolvenzeröffnung begründete Steuerforderungen sind Insolvenzforderungen, gemäß § 55 InsO begründete Steuerforderungen sind Masseverbindlichkeiten und sonstige -insolvenzfeste- Einkünfte sind insolvenzfreie Forderungen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429). Bezogen auf die Einkommensteuer kommt es für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung folglich darauf an, ob der einzelne (unselbständige) Besteuerungstatbestand -insbesondere die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 EStG- vor oder nach Insolvenzeröffnung verwirklicht worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2016 IV B 119/15,BFH/NV 2017, 320; BFH-Urteile vom 09. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852; vom 16. Mai 2013 IV R 23/11, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759 und vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193).
41 
bb) Nach diesen Grundsätzen liegt im vorliegenden Fall keine von der Restschuldbefreiung erfasste Insolvenzforderung, sondern eine Masseverbindlichkeit vor. Entscheidend für die insolvenzrechtliche Begründung der Steuerforderung ist bei der Einkommensteuer die Art der Gewinnermittlung. Wird der Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Danach ist der Tatbestand für die Einkommensbesteuerung erst vollständig verwirklicht, wenn die Einnahmen bezogen sind, d.h. dem Steuerpflichtigen zufließen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2014 X R 12/12, BFHE 253, 482, BStBl II 2016, 852). Die in der Zeit nach der Betriebsaufgabe 2003 entstandenen Erstattungszinsen sind einkommensteuerlich daher erst im Zeitpunkt ihrer Zahlung im Jahr 2008 und damit nach Insolvenzeröffnung zu erfassende Betriebseinnahmen. Diese begründen eine Masseverbindlichkeit und keine Neuforderung. Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründeten Verbindlichkeiten, die nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehören.
42 
Die Einkommensteuer 2008 als Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO geht darauf zurück, dass der Kläger Einspruch gegen die ursprünglichen Umsatzsteuerfestsetzungen eingelegt hatte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden die Einspruchsverfahren unterbrochen. Der Insolvenzverwalter hat das Verfahren wiederaufgenommen. Die Wiederaufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Insolvenzverwalter ist eine Handlung i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, die zu einer Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen für diese Jahre und als Folge geänderter Abrechnungen zu Erstattungsansprüchen geführt hat (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443, vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 14. Juni 2017 X B 118/16, BFH/NV 2017, 1437).
43 
Eine Masseverbindlichkeit ergibt sich jedenfalls daraus, dass mit der Fortführung des Rechtsbehelfsverfahrens durch den Insolvenzverwalter eine Masseverbindlichkeit „in anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet wurde (Fall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO). Dass es sich hierbei um eine die Insolvenzmasse betreffende Maßnahme handelt, war dem Insolvenzverwalter auch bewusst, da er den möglichen Erstattungsanspruch gegen das FA in seinem Bericht vom 27. August 2003 mit über xxx EUR geschätzt hatte. Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich bei der Einkommensteuer 2008 daher nicht um eine durch den Kläger als Insolvenzschuldner im Insolvenzverfahren veranlasste insolvenzfeste Neuforderung. Entscheidend war die Aufnahme des Einspruchsverfahrens durch den Insolvenzverwalter und die von ihm zugunsten der Masse vereinnahmte Umsatzsteuererstattung einschließlich der Zinsen.
44 
c) Der Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger steht auch nicht entgegen, dass er als (ehemaliger) Insolvenzschuldner im Fall der Vollstreckung von Masseverbindlichkeiten die Einrede der beschränkten Haftung erheben könnte. Dabei handelt es sich um eine nicht die Steuerfestsetzung, sondern die Steuererhebung und -vollstreckung betreffende Frage.
45 
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) besteht eine sog. Haftungsbeschränkung für Masseverbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung durch Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (BGH-Teilurteil vom 24. September 2009 IX ZR 234/07, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2010, 69 m. w. N.). Der Insolvenzschuldner bleibe zwar Schuldner aller durch die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung begründeten Masseverbindlichkeiten. Allerdings beschränke sich die Haftung während des Verfahrens auf die Gegenstände der Insolvenzmasse. Es handele sich um eine dem Insolvenzverfahren immanente Haftungsbeschränkung. Für diese sei maßgeblich, dass der Verwalter nicht befugt sei, den Schuldner persönlich mit seinem insolvenzfreien Vermögen zu verpflichten, weil seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beschränkt sei. Der BGH verweist dabei auf eine frühere Entscheidung, in der er eine entsprechende Beschränkung der Inanspruchnahme auch für die Zeit nach Beendigung der (Zwangs-)Verwaltung bejaht hat, nachdem also das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wieder auf den Vermögensinhaber übergegangen ist (BGH-Urteil vom 25. November 1954 IV ZR 81/54, NJW 1955, 339). Eine Ausnahme von der auf die Insolvenzmasse begrenzten Haftung besteht nur für sog. oktroyierte Masseverbindlichkeiten, die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind. Hier soll es bei der unbeschränkten Haftung des Insolvenzschuldners bereits während des Insolvenzverfahrens verbleiben (vgl. BGH-Urteil vom 28. Juni 2007 IX ZR 73/06, Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht -NZI- 2007, 670). Die hier streitige Einkommensteuer 2008 wäre keine oktroyierte Masseverbindlichkeit, weil sie auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruht und nicht aus der Handlungs- und Verfügungssphäre des Insolvenzschuldners stammt, wie es für vor Insolvenzeröffnung begründeten Dauerschuldverhältnisse typisch ist (vgl. § 90 InsO).
46 
bb) Die insolvenzrechtliche Haftungsbeschränkung soll auch für Steuerforderungen gelten, die während des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten darstellen (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 7. März 2017 13 K 178/15, EFG 2017, 1189; kritisch hierzu BFH-Urteil vom 28. November 2017 VII R 1/16, BFHE 260, 26). Dagegen ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass während des Bestehens des Insolvenzverfahrens begründete Steuerschulden nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelungen gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht und auch vollstreckt werden können (Anwendungserlass zur Abgabenordnung 2018 -AEAO- zu § 251 AO Nr. 14).
47 
cc) Die Frage, ob dem Kläger die Einrede einer begrenzten Nachhaftung zusteht, kann im vorliegenden, die Steuerfestsetzung betreffenden Verfahren offenbleiben. Auch bei Bestehen einer insolvenzimmanenten Erhebungs- und Vollstreckungsbeschränkung würde diese nicht zum Erlöschen des Steueranspruchs und damit zu einem Festsetzungsverbot führen. Beschränkt wäre nur die Durchsetzbarkeit der Steuerforderung. Sie ist zwar erfüllbar, kann aber gegen den Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Mai 2013 VII R 2/12, BFH/NV 2013, 1543). Deshalb kann die Frage, ob eine Erhebungs- und Vollstreckungsbeschränkung besteht, nicht im Festsetzungsverfahren, sondern nur im Abrechnungsverfahren geklärt werden (ebenso: Niedersächsisches FG, Urteile vom 12. Juli 2013 3 K 436/12, EFG 2013, 1985 und vom 7. März 2017 13 K 178/15, EFG 2017, 1189). Es verhält sich ähnlich wie in den Fällen der beschränkten Erbenhaftung, deren Umfang ebenfalls im Abrechnungsverfahren geprüft wird (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 10. November 2015 VII R 35/13, BStBl II 2016, 372).
48 
d) Offen bleiben kann auch, ob der Einkommensteuerbescheid 2008 insoweit rechtswidrig ist, als er trotz einer möglichen Haftungsbeschränkung des Klägers ein Leistungsgebot enthält. Eine hiergegen gerichtete Klage wäre unzulässig, weil die Kläger nur gegen den Einkommensteuerbescheid 2008, nicht aber gegen das darin enthaltene Leistungsgebot Einspruch eingelegt haben. Insoweit ist das gemäß § 44 Abs. 1 FGO erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden. Selbst ein mit dem Einspruch gestellter Antrag auf Aussetzung eines Einkommensteuerbescheids kann nicht zugleich als Einspruch gegen das Leistungsgebot ausgelegt werden (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2002 VII B 66/02, BFH/NV 2003, 592). Im Übrigen darf eine Masseverbindlichkeit grundsätzlich mittels Leistungsgebot festgesetzt werden (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2016 10 K 2384/10 E, EFG 2016, 1443 m.w.N.).
49 
4. Der Klage kann auch aus Billigkeitsgründen nicht vollständig stattgegeben werden.
50 
Nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über den Erlass von Steuern i.S. des § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die nach § 102 FGO vom Gericht nur auf Ermessensfehler hin überprüft werden kann.
51 
Für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist im vorliegenden Fall kein Raum. Über die Frage, ob der Kläger für die ihm anteilig zurechenbaren Erstattungszinsen des Jahres 2008 nach Abschluss des Insolvenzverfahrens einkommensteuerlich einzustehen hat, ist aus den oben genannten Gründen nicht im Verfahren der Steuerfestsetzung, sondern der Steuererhebung und -vollstreckung zu entscheiden.
52 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
53 
6. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.

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