Urteil vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 K 200/14

Tatbestand

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Der klagende Drittschuldner wendet sich gegen eine vorgerichtlich aufgehobenen Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Beklagten.

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Der Kläger, Inhaber der Firma A, war ausweislich einer Quittung über "anteilige Miete v. 01. 01. - 31.12.2013" für Oktober 2013 in Höhe von 220,- €" Untermieter eines Büroraums im östlichen Anbau des Hauses X-Straße ... in B, in der der Hauptschuldner C und D wohnen.

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Mit Schreiben vom 25.10.2013 ordnete die Berufsgenossenschaft XX, Bezirksverwaltung ..., E, (Gläubigerin) gegenüber dem Beklagten die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner wegen Forderungen der Gläubigerin gegen den Hauptschuldner aus den Jahren 1996 bis 1998 in Höhe von insgesamt 3.292,98 € an. Hierin bescheinigte die Gläubigerin die Vollstreckbarkeit der Forderungen.

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Nachdem der Beklagte Kenntnis davon erlangt hatte, dass der Kläger einen als Büro genutzten Raum in der Privatwohnung des Hauptschuldners gemietet hatte, erließ er die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 03.12.2013 gegen den Kläger als Drittschuldner, die dem Kläger am 10.12.2013 zugestellt wurde. Die Pfändung bezieht sich auf den "Anspruch auf Zahlung der fälligen und künftig fällig werdenden Mietzinsen aus der Vermietung von Geschäfts- und Wohnraum in der X-Straße ... in B".

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Mit Schreiben vom 11.01.2013 beantragte der Kläger die Aufhebung der ihn belastenden Verfügung sowie die vorläufige Aussetzung der Vollziehung. Gleichzeitig erhob er Dienstaufsichtsbeschwerde. Als Untermieter eines Teils der Wohnung X-Straße ... in B gäben die Hauptmieter den Mietzins für die von ihm angemieteten Büroräume lediglich an die Vermieter weiter. Anders als bei der Untervermietung einer eigenständigen Wohnung, bedeute der Mietzins keine Einnahme für die Untervermieter, sondern stelle eine Kostenbeteiligung an dem gesamten Mietzins - wie bei einer Wohngemeinschaft - dar. Der Hauptschuldner und Frau D müssten sofort aus der Wohnung ausziehen, wenn sie auf die gepfändete Zahlung nicht mehr zugreifen könnten. Der Hauptschuldner habe gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ebenfalls Einspruch eingelegt. Im Übrigen sei das Vorgehen des Beklagten widersprüchlich: Einerseits habe er am ... 2013 in seinen Büroräumen u. a. einen ausweislich der Bildschirmanzeige "A" dem Kläger gehörenden Computer YY gepfändet und dabei trotz eindeutigen Hinweises des Hauptschuldners widerrechtlich seine Büroräume betreten. Andererseits erkenne der Beklagte durch die Pfändung des Mietzinses das Mietverhältnis für die Büroräume und damit den Kläger als Inhaber dieser Büroräume an.

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Der Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 13.01.2014 den Eingang des auf den 11.01.2013 datierten klägerischen Schreibens und teilte mit, dass er es als Einspruch Werte.

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Mit Schreiben vom 20.01.2014 teilte der Kläger mit, dass er das Mietverhältnis zum 31.01.2014 gekündigt habe.

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Nachdem mit Schreiben vom 11.07.2014 die Gläubigerin den Vollstreckungsauftrag zurückgezogen hatte, hob der Beklagte mit Schreiben vom 25.07.2014 die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 03.12.2013 auf. Mit Schreiben vom 30.07.2014 teilte der Kläger mit, dass die Sache damit nicht abgeschlossen sei. Der Beklagte habe widerrechtlich seinen Computer gepfändet und sei in sein Büro eingedrungen.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 15.10.2014 wurde der Einspruch des Klägers als unzulässig verworfen. Aus § 350 AO ergebe sich, dass ein Einspruch gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung nur von demjenigen eingelegt werden könne, der hierdurch beschwert sei. Werde die Verfügung aufgehoben oder zurückgenommen, entfalle die Beschwer und damit auch das Rechtsschutzbedürfnis.

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Mit der am 16.11.2014 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Erledigung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung bewirke nicht, dass der hierdurch Beschwerte keinen Anspruch mehr auf Klarstellung habe, dass die Verfügung rechtswidrig gewesen sei. Im Übrigen werde wegen des "wohl einmaligen willkürlichen Verhaltens" des Beklagten sowie der übergeordneten Stellen geprüft, ob der Straftatbestand des § 339 StGB erfüllt sei. Die Klage beziehe sich auf das in den Anlagen zur Klagbegründung vom 29.03.2015 beschriebene rechtswidrige und willkürliche Verhalten des Beklagten. Dies bestehe darin, dass er in den vom Kläger gemieteten Büroräumen seinen YY pfände und ihn gleichzeitig als Drittschuldner in Anspruch nehme. Er verwies hierbei auf sein Schreiben vom 11.01.2013, seine Antwort vom 03.02.2014 auf die Entscheidung des Beklagten über die Dienstaufsichtsbeschwerde vom 29.01.2014, sein Schreiben vom 12.02.2014 an das Bundesministerium der Finanzen sowie sein Schreiben an den Beklagten vom 03.08.2014. Die vom Beklagten in der Klagerwiderung zitierten Unterlagen seien ihm nicht bekannt.

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Mit Schriftsatz vom 04.06.2015 teilte der Kläger mit, dass wegen des Bestandes des Mietvertrages eine Wiederholung des rechtswidrigen Vorgehens möglich sei und daher ein Feststellungsinteresse vorliege.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,
festzustellen, dass die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Beklagten vom 03.12.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2014 rechtswidrig war.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag.

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Bei der Entscheidung haben vorgelegen die Sachakten des Beklagten (Heft I, Heft II). Auf den Inhalt wird ergänzend verwiesen.

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Mit Beschluss vom 22.04.2015 hat der Senat den Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen. Die hiergegen mit Schriftsatz vom 29.03.2015 erhobene Gehörsrüge hat der Senat mit Beschluss vom 03.06.2015 als unzulässig verworfen (4 K 78/15). Den gleichzeitig gestellten Antrag, die Richter, die den Einzelrichterbeschluss unterschrieben haben, wegen Befangenheit abzulehnen, hat der Senat mit Beschluss vom 15.05.2015 als unzulässig verworfen bzw. als unbegründet zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Im Einverständnis der Beteiligten (Bl. 17, 40 der Akte) ergeht die Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 90 Abs. 2 FGO).

II.

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Eine Auslegung des materiellen Begehrens des Klägers unter Berücksichtigung der hierfür von der Finanzgerichtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe ergibt, dass der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Beklagten vom 03.12.2013 rechtswidrig war. Zwar rügt er auch die Rechtswidrigkeit der Pfändung eines nach seinem Vortrag ihm gehörenden Computers YY in den von ihm angemieteten Geschäftsräumen in der Wohnung des Hauptschuldners. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Kläger jedoch mit Schriftsatz vom 11.06.2015 mitgeteilt, dass sich die Klage nur gegen die Pfändung- und Überweisungsverfügung richten soll.

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Die so verstandene Klage ist, soweit sie zulässig ist (dazu 1.), unbegründet (dazu 2.).

20

1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage teilweise zulässig.

21

1.1 Da die Pfändung- und Überweisungsverfügung ein Verwaltungsakt ist, hinsichtlich dessen die Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) statthaft ist, ist nach der Erledigung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung durch ihre Aufhebung am 25.07.2014 die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 S. 4 FGO die statthafte Klageart.

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1.2 Das Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich aus der Wiederholungsgefahr. Zuletzt hat der Kläger vorgetragen, dass das Untermietverhältnis weiter bestehe. Da nicht absehbar ist, wann der Hauptschuldner seine nicht unerheblichen Forderungen beglichen haben wird, besteht die Möglichkeit, dass der Beklagte erneut einen Auftrag erhält, bestandskräftige Verwaltungsakte durch Pfändung einer Forderung des Hauptschuldners zu vollstrecken. Ein Feststellungsinteresse besteht auch dann, wenn - wie der Kläger zuletzt im Telefonat mit dem Einzelrichter am 08.07.2015 vorgetragen hat - eine vertragliche Vereinbarung zwischen ihm und dem Hauptschuldner mit dem Inhalt bestünde, dass der Untermietvertrag aufgelöst wird, sobald Ansprüche auf Zahlung des Untermietzinses gepfändet werden. Zwar mag es in diesem Fall keine vertraglichen Ansprüche auf Zahlung eines Untermietzinses gemäß § 535 Abs. 2 BGB (mehr) geben. Möglicherweise wären auch die Ansprüche auf Nutzungsentschädigung (§ 546a Abs. 1 BGB) und weiteren Schadensersatz gemäß § 571 Abs. 1 BGB hierdurch konkludent - was zum Nachteil des Vermieters zulässig wäre (siehe Weidenkaff, in: Palandt, 74. Aufl. 2015, § 546a, Rn. 2 und § 571 Abs. 3 BGB) - abbedungen. Da der Kläger die Räume jedoch weiter nutzt, hätte der Hauptschuldner einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB auf Nutzungsentschädigung in Höhe des ortsüblichen (Unter-)Mietzinses (zu diesem Anspruch siehe: Sprau, in: Palandt, 74. Aufl. 2015, § 812, Rn. 11; KG Berlin, Urt. v. 07.03.2005, 8 U 166/03, juris, Rn. 19; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.01.1988, 10 U 89/87, juris, Rn. 26). Da es sich hierbei um einen Anspruch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis handeln würde, könnten der Kläger und der Hauptschuldner dessen Entstehen nicht durch eine Vereinbarung ausschließen.

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1.3 Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig, soweit der Kläger Einwendungen gegen die gepfändete Forderung selbst erhebt. Insoweit wäre nämlich die vor der Erledigung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung statthafte Anfechtungsklage ebenfalls nicht zulässig gewesen. Einwendungen gegen die Forderung, in die vollstreckt worden ist, muss der Drittschuldner nämlich vor dem Gericht geltend machen, vor dem der Vollstreckungsgläubiger gegen den Drittschuldner klagen könnte (Brockmeyer, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 309, Rn. 34; Kruse, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 122. EL, Januar 2010, § 310 AO, Rn. 57; Kögel, in: Beermann/Gosch, AO/FGO, 83. EL, Juli 2010, § 310 AO, Rn. 144). Der Kläger macht vorliegend geltend, dass eine mietrechtliche Forderung des Hauptschuldners ihm gegenüber nicht bestehe. Damit bestreitet er den Bestand einer mietrechtlichen Forderung, für die die Zivilgerichte zuständig sind.

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2. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 100 Abs. 1 S. 4 FGO auf Feststellung, dass die Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Beklagten vom 03.12.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2014 rechtswidrig war. Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung war im Zeitpunkt ihrer Erledigung rechtmäßig (dazu 2.1). Dies gilt auch für die Einspruchsentscheidung (dazu 2.2).

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2.1 Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung war im Zeitpunkt ihrer Erledigung - am 25.07.2014 - rechtmäßig.

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2.2.1 Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung lagen vor. Sie richten sich gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes (VwVG), wenn es um die Vollstreckung zu Gunsten der bundesunmittelbaren Körperschaften geht. Die Gläubigerin ist eine solche rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 2 der Satzung der Berufsgenossenschaft XX 2005). Die gemäß § 3 Abs. 1, 1. Halbs. VwVG nötige Vollstreckungsanordnung, durch die die Zwangsvollstreckung eingeleitet wird, erging durch Schreiben der Gläubigerin vom 25.10.2013 an den Beklagten. Eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht (§ 3 Abs. 1, 2. Halbs. VwVG). Aus der Vollstreckungsanordnung ergibt sich auch, dass die weiteren Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung vorlagen (§ 3 Abs. 2 VwVG). Die im Einzelnen aufgeführten Bescheide aus den Jahren 1997-2000 sind seit dem 15.05.2000 fällig und der Hauptschuldner wurde zuletzt mit Mahnung vom 04.10.2013 zur Zahlung aufgefordert.

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Der Beklagte ist die örtlich zuständige Vollstreckungsbehörde (§ 5 Abs. 1 VwVG i. V. m. § 249 Abs. 1 S. 3, 1. Halbs. AO).

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2.2.2 Die Voraussetzungen für die Pfändung und Einziehung der Forderung gemäß § 5 Abs. 1 VwVG i. V. m. § 309 ff. AO lagen vor. Nach § 309 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 AO muss die Pfändungsverfügung dem Drittschuldner zugestellt werden. Sie soll den beizutreibenden Geldbetrag nur in einer Summe bezeichnen (§ 309 Abs. 2 S. 2 AO). Die Einziehungsverfügung (§ 314 Abs. 1 AO) kann mit der Pfändungsverfügung verbunden werden (§ 314 Abs. 2 AO). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Mit der Pfändung- und Einziehungsverfügung vom 03.12.2013, die die Höhe der beizutreibenden Hauptforderung bezeichnete, wurden die Forderungen des Hauptschuldners gegen den Kläger auf Zahlung der fälligen und künftig fällig werdenden Mietzinsen aus der Vermietung von Geschäfts- und Wohnraum in der X-Straße ..., B, gleichzeitig gepfändet und eingezogen. Selbst wenn die Klage hinsichtlich der Einwendungen gegen den Bestand der gepfändeten Forderung zulässig wäre - was sie nicht ist (siehe oben 1.3) -, würde die Pfändung hierdurch nicht rechtswidrig. Der Kläger hat nämlich keine Einwendungen gegen den Bestand einer pfändbaren Forderung geltend gemacht. Dies gilt insbesondere für den zuletzt erhobenen Einwand, dass der Untermietvertrag unter der auflösenden Bedingung stehe, dass die Untermietzinsforderung des Hauptschuldners gepfändet wird. Der durch den Eintritt dieser Bedingung entfallene vertragliche Anspruch des Hauptschuldners (= Vermieters) würde nämlich ersetzt werden durch einen bereicherungsrechtlichen Nutzungsersatzanspruch, der ebenfalls der Pfändung unterliegen würde. Die Pfändung wird auch nicht dadurch rechtswidrig, dass der Kläger - wie er ebenfalls am 08.07.2015 telefonisch gegenüber dem Einzelrichter erklärt hat - den Untermietzins direkt an den Vermieter zahlt. Bei der hier in Rede stehenden Forderungspfändung wird nämlich nicht ein bestimmter Geldbetrag, sondern eine Forderung gepfändet. Die Forderung besteht hier in dem (mietvertraglichen oder gesetzlichen) Anspruch des Hauptschuldners gegen den Kläger auf Zahlung eines Untermietzinses bzw. einer Nutzungsentschädigung. Ob und an wen der Geldbetrag gezahlt wird, betrifft nur die Erfüllung dieser Forderung, nicht aber deren Bestand.

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2.2.3 Ermessensfehler bei der Durchführung der Vollstreckung (§ 249 Abs. 1 S. 1 AO) sind nicht zu erkennen. Hierbei prüft das Gericht nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 102 S. 1 FGO). Derartige Ermessensfehler liegen nicht vor. Insbesondere führt der Umstand, dass der Beklagte wenige Monate vor der hier angegriffenen Pfändungs- und Überweisungsverfügung in der X-Straße ... eine Sachpfändung durchgeführt hat, bei der ein angeblich im Eigentum des Klägers stehender Computer YY unter angeblicher Missachtung der mietvertraglich fundierten Besitzverhältnisse gepfändet wurde, nicht zu Ermessensfehlerhaftigkeit der Pfändungs- und Überweisungsverfügung. Dies gilt auch dann, wenn man den Vortrag des Klägers als wahr unterstellt, dass dem Beklagten jedenfalls bei Erlass der Pfändungs- und Überweisungsverfügung bewusst war, dass der gepfändete Computer im Eigentum des Klägers steht. So wie das Mietrecht des Klägers plausibel macht, warum sich Gegenstände, die in seinem Eigentum stehen, in den Wohnräumen des Hauptschuldners befinden, ergeben sich aus dem Mietrecht mögliche Anknüpfungspunkte für weitere Vollstreckungshandlungen. Es wäre also nur folgerichtig, wenn der Beklagte in dem Moment, in dem er bemerkt, dass sich der Computer YY im Eigentum des Klägers befindet, den Anspruch des Vermieters (Hauptschuldner) gegen den Mieter (Kläger) pfändet und einzieht. Das Einzige, das man dem Beklagten bei einer solchen - unterstellten - Sachlage vorwerfen könnte, wäre, dass er die Pfändung des Computers nicht sofort aufgehoben hat. Eine solche - unterstellte - Pflichtwidrigkeit hätte jedoch keine Auswirkung auf die Ermessensausübung hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Pfändungs- und Überweisungsverfügung. Das Gesetz sieht nämlich nicht vor, dass eine Vollstreckungshandlung nur dann durchgeführt werden darf, wenn eine frühere Vollstreckungshandlung, die möglicherweise rechtswidrig war, vollständig rückgängig gemacht worden ist.

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2.2.4 Der Senat konnte entscheiden, ohne dass dem Kläger die in der Klageerwiderung vom 13.04.2015 in Bezug genommenen Unterlagen erneut übersandt werden. Der Kläger hat zwar in seinem Schriftsatz vom 29.03.2015 moniert, dass ihm die in der Klageerwiderung genannten Unterlagen nicht vorlägen. In der Klageerwiderung verweist der Beklagte jedoch lediglich auf seine Entscheidung über den Einspruch des Klägers gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügung sowie seine Entscheidung über die vom Kläger erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde vom 29.01.2014. Beide Schreiben sind dem Kläger bekannt. Dies ergibt sich daraus, dass er gegen die Einspruchsentscheidung Klage erhoben und auf die Entscheidung über die Dienstaufsichtsbeschwerde mit Schreiben vom 03.02.2014 Stellung genommen hat.

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2.2 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Einspruchsentscheidung rechtswidrig war. Der Beklagte hat den Einspruch nämlich zu Recht als unzulässig verworfen. Im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung am 15.10.2014 fehlte dem Kläger die Beschwer gemäß § 350 AO, weil der Beklagte die Pfändungs- und Überweisungsverfügung bereits am 11.07.2014 aufgehoben hatte. Anders als im gerichtlichen Verfahren gibt es kein behördliches Fortsetzungsfeststellungsverfahren mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes nachträglich feststellen zu lassen (Bartone, in: Beermann/Gosch, AO/FGO, 73. EL, Februar 2009, § 350 AO, Rn. 41 m. w. N.).

III.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

33

Die Revision war nicht gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, weil es im vorliegenden Fall um die Anwendung einer gefestigten Rechtsprechung auf einen konkreten Sachverhalt geht.

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