Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Berufungskammer) - 2 Sa 16/20

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund vom 20.11.2019 zum Aktenzeichen 3 Ca 170/19 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Nichtberücksichtigung des Klägers bei einer Stellenbesetzung.

2

Der im August 1978 geborene, verheiratete Kläger hat mit seiner Familie (Ehefrau, 2 Kinder, geboren 2007 und 2012) einen Wohnsitz in A-Stadt und ist seit Januar 2015 am Universitätsklinikum in L., wo er einen weiteren Wohnsitz unterhält, als Lagerungspfleger beschäftigt. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 40 einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Unter Übersendung des Gleichstellungsbescheides bewarb sich der Kläger mit Schreiben vom 16.11.2017 auf die von der Beklagten unter Kennziffer 17/R/14 ausgeschriebene, ab Februar 2018 zu besetzende Stelle als Lagerungsassistent.

3

Mit Email vom 12.01.2018 erteilt die Beklagte dem Kläger im Bewerbungsverfahren eine Absage.

4

Am 29.03.2019 ging der Beklagten das Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 14.03.2019 zu, mit welchem der Kläger Schadensersatzansprüche wegen Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung geltend gemacht hat. Unter Hinweis auf § 15 Abs. 4 AGG wies die Beklagte mit Schreiben vom 10.04.2019 Ansprüche ab.

5

Mit am 12.06.2019 bei Gericht eingegangener – der Beklagten am 19.06.2019 zugestellter – Klage verfolgt der Kläger sein Schadensersatzbegehren weiter. Er geht davon aus, dass die Beklagte ihm einen finanziellen Schaden wegen einer Vergütungsdifferenz zwischen dem von ihm erzielten und dem für die ausgeschriebene Stelle vorgesehenen Einkommen für den Zeitraum Februar 2018 bis 17. Juni 2018 in Höhe von 3.391,75 Euro brutto zu erstatten habe sowie Kosten für die Anmietung der Wohnung in L. für den Zeitraum von Februar 2018 bis Mai 2019 in Höhe von 6.805,00 Euro, für eine Hausratsversicherung in Höhe von 66,69 Euro, für einen Mobilfunkvertrag in Höhe von 400,00 Euro, für eine Haushaltshilfe in Höhe von 2.400,00 Euro, für Fahrten in Höhe von 10.476,00 Euro, insgesamt 20.147,69 Euro.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn als bestgeeignetsten Bewerber nicht für die ausgeschriebene Stelle eingestellt habe. § 15 Abs. 4 AGG komme nicht zur Anwendung, weil er seine Klage nicht auf eine Benachteiligung wegen Behinderung stütze.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.147,69 Euro sowie 3.391,75 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

9

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus der Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Klägers vom 16.11.2017 als Lagerungsassistent der Ausschreibung mit der Kennziffer 17/R/14 resultieren.

10

Die Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Die Beklagte hat klägerische Schadensersatzansprüche unter Hinweis auf die Frist gemäß § 15 Abs. 4 AGG geleugnet und die Auffassung vertreten, die Frist gelte für alle Ansprüche, die auf denselben Lebenssachverhalt gestützt würden. Ein Schadensersatzanspruch sei nach § 839 Abs. 3 BGB zudem ausgeschlossen, weil der Kläger es zumindest fahrlässig unterlassen habe, Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger der bestqualifizierteste Bewerber sei.

13

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichtes Stralsund vom 20.11.2019 Bezug genommen.

14

Das Arbeitsgericht Stralsund hat die Klage mit Urteil vom 20.11.2019 zum Aktenzeichen 3 Ca 170/19 abgewiesen mit der Begründung, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch bereits deshalb nicht zu, weil er nicht den vorrangigen Primärrechtsschutz im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in Anspruch genommen habe. Deshalb komme es nicht mehr darauf an, was der Kläger im Übrigen nicht substantiiert dargelegt habe, ob der Kläger als am besten geeignetster Bewerber über einen Einstellungsanspruch verfüge.

15

Gegen das ihm am 12.12.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 09.01.2020 beim Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt und diese mit am 12.03.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

16

Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, das erstinstanzliche Gericht habe verkannt, dass er keinen Primärrechtsschutz habe einlegen können, weil die ausgeschriebene Stelle zum Zeitpunkt der Email am 12.01.2018 bereits besetzt gewesen sei. Mit der endgültigen Übertragung der Stelle auf den Mitbewerber sei das Stellenbesetzungsverfahren endgültig beendet. Einstweiliger Rechtsschutz setze die Verfügbarkeit der Stelle voraus, weil mit einer Doppelbesetzung unzulässig in die Organisationsgewalt des öffentlichen Arbeitgebers eingegriffen würde und ein Anspruch auf „Wiederfreimachung“ der Stelle nicht bestehe.

17

Der Kläger vertritt die Auffassung, er habe als bestqualifizierter Bewerber eingestellt werden müssen. Er erfülle die Anforderungen der Ausschreibung aufgrund seiner seit Januar 2015 andauernden Tätigkeit als Lagerungspfleger und, weil ihm die Räumlichkeiten der Operationssäle bei der Beklagten infolge dort geleisteter Praktika bekannt seien. Dem gegenüber weise der zur Stellenbesetzung ausgewählte Mitbewerber keinerlei einschlägige Berufserfahrung auf, verfüge vielmehr über eine Qualifikation in der Landwirtschaft.

18

Schließlich sei die Frist des § 15 Abs. 4 AGG nicht versäumt, da sich die Klärung des Sachverhaltes nach Aussage des Pflegevorstandes noch in der Schwebe befunden habe und die Frist deshalb nicht in Gang gesetzt worden sei. Darüber hinaus gelte die Frist vorliegend nicht, weil es ihm um seine Nichtberücksichtigung als am besten geeigneter und qualifizierter Bewerber gehe und der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG mithin nicht unterlaufen werde.

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Der Kläger behauptet, er habe die Beklagte unverzüglich und mehrfach auf das fehlerhafte Stellenbesetzungsverfahren hingewiesen. Mit Email vom 22.01.2018 habe er Herrn B. von der Schwerbehindertenvertretung informiert, der Frau R. von der Personalabteilung und den Inklusionsbeauftragten aufgeklärt habe. Unmittelbar darauf habe er sein Anliegen der Sekretärin des Pflegevorstandes Herrn H. dargelegt, die Herrn H. informiert habe. Herr H. sei mit ihm in Kontakt getreten, habe erklärt, dass eine Lösung für das fehlerhafte Vorgehen gefunden werde und zugesichert, sich wieder zu melden.

20

Der Kläger beantragt:

21

Unter Abänderung des am 20.11.2019 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichtes Stralsund, Az.: 3 Ca 170/19,

22

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 20.147,69 Euro netto sowie 3.391,75 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.A. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

23

2. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus der Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Klägers vom 16.11.2017 als Lagerungsassistent der Ausschreibung mit der Kennziffer 17/R/14 resultieren.

24

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

26

Die Beklagte stützt das erstinstanzliche Urteil. Sie weist darauf hin, dass es dem Kläger möglich gewesen sei, eine Stellenbesetzung durch Primärrechtsschutz zu verhindern, der Lauf der sehr wohl einschlägigen Frist des § 15 Abs. 4 AGG mit dem Zugang der Ablehnung am 12.01.2018 begonnen habe, wegen Nichteinhaltung der Ausschlussfrist sämtliche vermeintlichen Ansprüche des Klägers verfallen seien.

27

Die Beklagte bestreitet den ihrer Ansicht nach unsubstantiierten Vortrag des Klägers, „unverzüglich und mehrfach auf ein fehlerhaftes Stellenbesetzungsverfahren hingewiesen zu haben, dass sich die „Klärung des Sachverhaltes nach Aussage des Pflegevorstandes noch in der Schwebe befunden habe“, der Kläger der „bestqualifizierte Bewerber“ gewesen sei. Die Beklagte bestreitet ein Herantreten des Klägers an den Pflegevorstand und in diesem Zusammenhang vorgetragene Äußerungen des Pflegevorstandes. Die Beklagte meint, selbst wenn der klägerische Vortrag zuträfe, ergebe sich daraus keine Geltendmachung des hier klageweise verfolgten Anspruches, sondern lediglich ein Hinweis auf das aus klägerischer Sicht fehlerhafte Vorgehen. Eine fristgerechte Geltendmachung des streitigen Anspruches liege darin jedenfalls nicht. Dies trage auch der Kläger selbst nicht vor.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

29

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

30

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte wegen Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung auf die mit der Kennziffer 17/R/14 ausgeschriebene Stelle als Lagerungsassistent kein Schadensersatzanspruch zu. Ein derartiger Anspruch ergibt sich weder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Artikel 33 Abs. 2 GG noch aus § 15 Abs. 1, 2 AGG.

31

Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

1.

32

Ein Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG entfällt bereits deshalb, weil der Kläger die Frist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nicht eingehalten hat.

33

Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 1, 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung. Voraussetzung ist eine Erklärung des Arbeitgebers, die als Reaktion auf eine Bewerbung erfolgt. Eine „Ablehnung durch den Arbeitgeber“ iSv. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG setzt eine auf den Beschäftigten bezogene ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Arbeitgebers voraus, aus der sich für den Beschäftigten aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers eindeutig ergibt, dass seine Bewerbung keine Aussicht auf Erfolg hat (BAG, Urteil v. 29.06.2017 - 8 AZR 402/15 -, Rn. 20, juris). Da § 15 Abs. 4 AGG für die Ablehnung keine bestimmte Form vorschreibt, muss diese weder schriftlich noch sonst verkörpert erfolgen und kann deshalb auch mündlich erklärt werden (BAG, Urteil v. 29.06.2017 - 8 AZR 402/15 -, Rn. 24, juris).

34

Vorliegend ist die Ablehnung unstreitig per Email am 12.01.2018 dem Kläger zugegangen. Der Kläger hat einen Entschädigungsanspruch nicht innerhalb der vorgesehenen Frist geltend gemacht. Eine Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches ist vielmehr erst mit anwaltlichem Schreiben vom 14.03.2019, der Beklagten am 29.03.2019 zugegangen, erfolgt. In diesem Schreiben ist erstmalig von einem Schadensersatzanspruch die Rede. Soweit der Kläger darauf verweist, er habe gegenüber verschiedenen Personen unverzüglich auf das fehlerhafte Vorgehen im Bewerbungsverfahren hingewiesen, ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht, zu welchem konkreten Zeitpunkt der Kläger gegenüber welcher konkret namentlich bezeichneten Person einen Entschädigungsanspruch, den er in vorliegendem Verfahren verfolgt, geltend gemacht hätte. Allein mit einem gegebenenfalls erfolgten Hinweis auf ein fehlerhaftes Vorgehen wird eine Entschädigung nicht geltend gemacht. Die Forderung nach einer Entschädigung ist jedoch zur Fristeinhaltung gemäß § 15 Abs. 4 AGG erforderlich. Es sind zwar in dem geforderten Geltendmachungsschreiben nach § 15 Abs. 4 AGG keine Angaben zur Höhe der geltend gemachten Entschädigung zur Fristwahrung notwendig, entscheidend ist jedoch, dass sich dem Schreiben ein Verlangen auf Entschädigung entnehmen lässt. Das ist vorliegend bei den vom Kläger vorgetragenen mündlichen Äußerungen nicht der Fall. Erstmalig im anwaltlichen Schreiben vom 14.03.2019 sind Schadensersatzansprüche angesprochen. Dieses Schreiben liegt jedoch weit außerhalb der Dreimonatsfrist, welche nach Zugang der Absage am 12.01.2018 am 12.04.2018 endete.

35

Dem Kläger ist es verwehrt, sich darauf zu beziehen, der Fristlauf habe noch nicht begonnen. Dieser ist nämlich im Gesetz detailliert festgelegt. Es kommt nicht darauf an, ob ein Arbeitgeber noch irgendwelche Äußerungen fällt, entscheidend ist allein der Zugang der Absage bezüglich der beworbenen Stelle.

2.

36

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers bereits daran scheitert, dass es der Kläger in vorwerfbarer Weise unterlassen hat, die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung vom 16.11.2017 im Wege des einstweiligen Rechtschutzes anzugreifen. Dem Kläger ist es deshalb verwehrt, sich im vorliegenden Rechtsstreit darauf zu berufen, die Beklagte habe ihn schuldhaft nicht in die Bewerberauswahl einbezogen und ihn als am besten qualifizierten Bewerber einstellen müssen.

37

Ein übergangener Bewerber kann Schadensersatz wegen der Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung verlangen, wenn ein Arbeitgeber, der bei seiner Auswahlentscheidung an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, eine zu besetzende Stelle zu Unrecht an einen Konkurrenten vergibt, die bei ordnungsgemäßer Auswahl ihm hätte übertragen werden müssen, und der Bewerber es nicht unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwehren. Der Schadensersatzanspruch folgt - unabhängig vom Amtshaftungsanspruch (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) - aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG als Schutzgesetz. Er richtet sich gemäß § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB auf Geldersatz (BAG, Urteil v. 28.01.2020 - 9 AZR 91/19 - Rn. 28, juris).

38

Primärrechtsschutz hat dabei Vorrang vor dem Sekundärrechtsschutz. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat. Es soll nicht erlaubt sein, den Schaden entstehen oder größer werden zu lassen, um ihn schließlich, gewissermaßen als Lohn für eigene Untätigkeit, dem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes in Rechnung zu stellen. § 839 Abs. 3 BGB ist eine besondere Ausprägung des Mitverschuldensprinzips, das in allgemeiner Form in § 254 BGB niedergelegt ist und für das gesamte private und öffentliche Haftungsrecht gilt. Dieser Grundsatz gilt auch für Schadensersatzansprüche von Bewerbern, die sich – wie der Kläger – um ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst bewerben (LAG Rheinland Pfalz, Urteil vom 01.08.2019 – 5 Sa 420/18 –, Rn. 30, juris). Ein Wahlrecht des Bewerbers zwischen alsbaldigem Primärrechtsschutz gegen eine seiner Auffassung nach rechtswidrige, seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzende Entscheidung des öffentlichen Arbeitgebers einerseits und einem späteren Schadensersatzbegehren andererseits besteht nicht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.08.2019 – 5 Sa 420/18 -, Rn. 31, juris).

39

Ein Schadensersatzanspruch wegen Nichtberücksichtigung einer Bewerbung nach Artikel 33 Abs. 2 GG setzt deshalb stets voraus, dass die Stelle der Bewerberin oder dem Bewerber bei ordnungsgemäßer Auswahl hätte übertragen werden müssen und die Bewerberin oder der Bewerber es nicht in vorwerfbarer Weise unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwehren (vgl. BAG, Urteil vom 12.12.2017 – 9 AZR 152/17 - Rn. 22 m.w.N., juris).

40

Hat eine Bewerberin oder ein Bewerber gegen eine für rechtswidrig erachtete Auswahlentscheidung keinen einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch genommen, obwohl dies möglich und zumutbar gewesen wäre, ist sie oder er von anschließenden Schadensersatzansprüchen in Anwendung des Rechtsgedankens des § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen (BAG, Urteil vom 12.12.2017 – 9 AZR 152/17 - Rn. 41 ff., juris).

41

Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger, selbst wenn er tatsächlich der am besten geeignete Bewerber gewesen sein sollte, mangels rechtzeitiger Inanspruchnahme von Rechtsschutz kein Schadensersatzanspruch zu. Zwischen dem Zugang der Absage vom 12.01.2018 bis zur Besetzung der Stelle ab dem 01.02.2018 hatte der Kläger ausreichend Zeit, um seinen Bewerbungsverfahrensanspruch im Wege des Eilrechtsschutzes zu sichern. Dadurch hätte er den nunmehr behaupteten Schaden abwenden können. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur vorläufigen Untersagung der Besetzung einer Stelle ist als Mittel allgemein anerkannt, die Besetzung einer Stelle entgegen den Grundsätzen des Artikels 33 Abs. 2 GG zu verhindern, und wird von öffentlichen Arbeitgebern in der Regel auch beachtet, da andernfalls Schadensersatzansprüche drohen können.

42

Der Kläger hätte nach der Absage vom 12.01.2018 umgehend rechtliche Schritte einleiten müssen. Dies hat er jedoch unterlassen. Soweit der Kläger vorträgt, zu diesem Zeitpunkt sei die Stelle bereits besetzt gewesen, legt er keinerlei Tatsachen dar, aus denen sich ergibt, wann ein Arbeitsvertrag mit dem Konkurrenten mit welchem vorgesehenen Beginn des Beschäftigungsverhältnisses abgeschlossen worden sein soll. Ausgeschrieben war die Stelle zur Besetzung für Februar 2018. Es sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, aus denen sich eine frühere Besetzung der Stelle ergeben könnte.

43

Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der ausgeschriebenen Stelle nicht um eine des Beamtenrechts handelt, sondern sie durch einen Arbeitnehmer besetzt wurde. Üblicherweise werden mit Arbeitnehmern Arbeitsverträge unter einer Probezeitvereinbarung geschlossen, während der es möglich ist, sich unter erleichterten Bedingungen wieder von dem Arbeitsverhältnis zu lösen. Auch greift bis zu einer Dauer von sechs Monaten kein Kündigungsschutz für den eingestellten Arbeitnehmer ein, so dass die ordentliche Kündigung, ohne dass sie sozial gerechtfertigt sein müsste, von dem Arbeitgeber ausgesprochen werden könnte. Eine alsbaldige Inanspruchnahme von Rechtsschutz durch den Kläger hätte eine Schadensentstehung somit verhindern können.

44

Dass die Beklagte ihn treuwidrig von der Einlegung eines Rechtsmittels abgehalten hätte, hat der Kläger nicht behauptet. Wenn er es dennoch unterlässt, einstweiligen Rechtsschutz wegen der Stellenbesetzung anzuwenden, ist es ihm verwehrt, sich auf eine Haftung der Beklagten zu beziehen.

III.

45

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

46

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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